BGH verhandelt ueber Deckert-Urteil |
Karlsruhe. Der BGH verhandelte heute ueber die Revision gegen das Deckert-
Urteil des Landgerichtes Mannheim. Die Urteilsbegruendung, in der die Richter
Respekt fuer die Person des angeklagten NPD-Vorsitzenden geaeussert hatten,
war weltweit auf Empoerung gestossen. Der BGH soll darueber entscheiden, ob
das Urteil Bestand hat. Das Landgericht Mannheim hatte Deckert wegen Leug-
nung der Judenmorde in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten Ende
Juni zu einem Jahr Haft auf Bewaehrung verurteilt.
Der BGH wird sein Urteil am Donnerstag naechster Woche verkuenden. Das gab
der Erste Strafsenat am Ende der muendlichen Verhandlung bekannt. |
Bundespraesident Herzog in Jerusalem |
Jerusalem. Bundespraesident Herzog ist heute zu einem zweitaegigen Besuch
nach Israel gereist. Er kuendigte an, mit schonungsloser Offenheit ueber
Rechtsextremismus und rassistische Tendenzen in Deutschland zu sprechen.
Herzog fuhr vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv, wo ihn der ihn der
israelische Staatspraesident Weizmann offiziell begruesste. Herzog besuchte
zunaechst die Holocaust-Gedenkstaette Yad Vashem (sp?) in Jerusalem, die an
die Vernichtung von sechs Millionen Juden durch den Nationalsozialismus
erinnert. Es wird erwartet, dass Herzog am Abend bei einem ihm zu Ehren
gegebenen Essen auch zu diesem Kapitel der deutsch-juedischen Vergangenheit
Stellung nehmen wird. Herzog wird auch mit Ministerpraesident Rabin und mit
Aussenminister Shimon Perez zusammentreffen. |
Weg fuer Sanierung von EKO frei |
Bruessel. Der Uebernahme von EKO-Stahl in Eisenhuettenstadt durch die bel-
gische Cockerill Sambre steht nichts mehr im Wege. Nach Frankreich hat heute
auch Grossbritannien seinen Widerstand gegen den Ueberlebensplan fuer das
ostdeutsche Stahlwerk aufgegeben. Dies verlautete aus EU-Kreisen in Bruessel.
Die beiden Laender hatten bisher im Ministerrat ihre Zustimmung zu dem Sanie-
rungskonzept fuer EKO verweigert. Sie hatten kritisiert, dass die von Bonn
geplanten Beihilfen in Hoehe von 910 Mill. DM zu hoch gewesen seien. Den An-
gaben zufolge wird auch Luxemburg einlenken, das ebenfalls Vorbehalte hatte.
Die formelle Entscheidung des EU-Ministerrates wird moeglicherweise noch vor
dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU Ende dieser Woche in
Essen folgen. |
Krankenkassen wollen in der Pflege weniger zahlen |
Bonn. Die Krankenkassen wollen sich offenbar staerker als bisher vorgesehen
aus der Versorgung Pflegebeduerftiger zurueckziehen. Einem vertraulichen
Diskussionspapier zufolge wollen sie kuenftig Spritzen, Infusionen und regel-
maessig wiederkehrende Untersuchungen von Pflegebeduerftigen nicht mehr be-
zahlen. Nach Angaben der "Sueddeutschen Zeitung" wollen die Kassen dies
stattdessen der Pflegeversicherung aufbuerden. |
Haerterer Kurs der SPD gegenueber der PDS bestaetigt |
Bonn. Der SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping hat sich mit seinem Abgrenzungs-
kurs gegenueber der PDS auch im Parteirat durchgesetzt. Das hoechste Gremium
zwischen den Parteitagen billigte den gestern vom SPD-Vorstand beschlossenen
haerteren Kurs gegen die SED-Nachfolgepartei. Am Rande der Tagung des
SPD-Parteirates waren erneut Meinungsverschiedenheiten deutlich geworden.
SPD-Bundesgeschaeftfuehrer Verheugen aeusserte sich ueberrascht ueber die
Einschaetzung von Sachsen-Anhalts Ministerpraesident Hoeppner, der Beschluss
gelte nur fuer den kommunistischen Teil der PDS. Mit einer solchen
Entscheidung gerate man ins falsche Fahrwasser.
Hoeppner hatte die Bundes-SPD in einem Zeitungsinterview aufgefordert, sich
der Erkenntnis zu stellen, dass PDS und Kommunisten nicht das gleiche seien.
Der SPD-Vorstand hatte gestern auf Betreiben Scharpings beschlossen, dass es
auf Bundes- und Laenderebene keine Koalitionen mit der PDS gebe. |
Kompromissvorschlag im PDS-Steuerstreit |
Berlin. Im Streit um die Steuernachforderungen an die PDS deutet sich eine
vorlaeufige Loesung an. Die Unabhaengige Kommission fuer DDR-Parteivermoegen
hat der SED-Nachfolgepartei heute einen Kompromissvorschlag gemacht. Danach
soll die Treuhandanstalt der PDS zum Ausgleich fuer die gepfaendeten
Wahlkampfkostenerstattungen einen Kredit in Hoehe von fast 3,2 Mill. DM aus
dem SED-Altvermoegen zahlen. Der Kommission zufolge muss sich die PDS aller-
dings verpflichten, der Treuhand eine Sicherungsgrundschuld auf Immobilien zu
uebrtragen, wenn diese der PDS zuerkannt werden. Die PDS signalisierte
bereits Verhandlungsbereitschaft. Ihr Vorsitzender Bisky sagte, der Vorstoss
werde geprueft, der Hungerstreik vorerst aber fortgesetzt.
Der PDS-Schatzmeister Bartsch sagte, der Vorschlag gehe in die richtige
Richtung; die PDS sei zu weiteren Gespraechen bereit.
Aus Protest gegen die Steuerforderungen von insgesamt ca. 68 Mill. DM
befinden sich derzeit elf PDS-Mitglieder, darunter Parteichef Bisky und der
Chef der PDS-Bundestagsgruppe, Gysi, im Hungerstreik. |
Mauerschuetzenprozess in Potsdam |
Potsdam. Vor dem Landgericht Potsdam hat am Morgen ein weiterer sogenannter
"Mauerschuetzenprozess" begonnen. Den drei Angeklagten wird Totschlag in
Tateinheit mit versuchtem Totschlag vorgeworfen. Sie sollen in der Nacht vom
3. zum 4. Maerz 1965 an der innerdeutschen Grenze nahe Potsdam auf einen
Studenten und seine Verlobte geschossen haben, die versuchten, die Sperran-
lagen zu ueberwinden. Laut Anklage sollen seinerzeit insgesamt 199 Schuesse
abgegeben worden sein. Der Student war toedlich getroffen worden. Seine Ver-
lobte ueberlebte mit einer Unterschenkelverletzung und wurde festgenommen.
Fuer den Prozess sind sechs Verhandlungstage angesetzt; das Urteil soll noch
vor Weihnachten gesprochen werden. |
Niedersaechsischer Landwirtschaftsminister laesst Amtsgeschaefte ruhen |
Hannover. Der niedersaechsische Landwirtschaftsminister Funke, SPD, will
seine Amtsgeschaefte ab sofort ruhen lassen. Wie Ministerpraesident Schroeder
mitteilte, wird Funke und einem Mitarbeiter im Zusammenhang mit Spesenabrech-
nungen Betrug vorgeworfen. Funke selbst habe die Staatsanwaltschaft in Hanno-
ver gebeten, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn zu pruefen. |
Jahresbericht des Bayerischen Rechnungshofes |
Muenchen. Der bayerische Ministerpraesident Stoiber gibt nach Ansicht des
Bayerischen Obersten Rechnungshofes zuviel Geld fuer Ministerien und die
Staatskanzlei aus. Im Jahresbericht 1994 verlangt der Rechnungshof deshalb
auch in diesem Bereich einen strikten Sparkurs. Die Ausgaben in der Staats-
kanzlei haetten in den letzten Jahren staerker als in anderen Ressorts
zugenommen. |
Hilfe fuer bayerische Schweinezuechter |
Muenchen. Die bayerische Staatsregierung hat beschlossen, den durch die
Schweinepest geschaedigten Bauern mit einem Sofortprogramm in Hoehe von 10
Mill. DM zu helfen. Das Geld wird durch Umschichtungen im Haushalt frei.
Damit sollen den Bauern in den Sperr- und Beobachtungsgebieten gesunde Mast-
schweine abgekauft werden, die ihr Schlachtgewicht ueberschritten haben und
wegen der Schweinepest-Schutzverordnung nicht verkauft werden duerfen.
Ausserdem bekommen in Not geratene Bauern verbilligte Kredite zwischen 10.000
und 15.000 DM. |
Boerse: schwach |
Die Boersen notierten schwaecher. DAX 2.046 (-25) Umlaufrendite 7,26% (+0,05) US-$ 1,5690 DM (-0,006) |
Kommentar: Kinkels besonnener Rueckzieher |
Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 06.12.1994 zum FDP-Parteitag
und den Aeusserungen von FDP-Chef Kinkel:
Klaus Kinkel hat eingesehen, dass er mit seiner unbedachten Ruecktritts-
drohung in Weimar der basisdemokratischen Aufwallung in seiner Partei nicht
Herr werden kann. Der Vorsitzende und die gesamte Fuehrung werden sich auf
dem Parteitag in Gera der Muehe unterziehen nuessen, ihrer desorientieren und
von Todesaensten bedraengten Partei in aller Gelassenheit vor Augen zu
fuehren, dass eine Trennung von Amt und Mandat kein Ausweg aus der Krise sein
kann. Wenn man die Traeume der Gruenen von direkter Demokratie kopiert, holt
man noch lange nicht die Waehler zurueck, die man an sie verloren hat.
In einer schoeneren Welt koennte man sich gut vorstellen, dass ein Minister
nicht Abgeordneter sein muss, dass Verantwortung auf moeglichst viele Schul-
tern verteilt und Macht besser kontrolliert wird. Aber die Verhaeltnisse sind
nun einmal nicht so ideal. [...] Die Idealvorstellung, in die sich die FDP-
Basis fluechtet, passt wenig zu unserm Typus gewachsener parlamentarischer
Demokratie.
Wenn dem Esel zu wohl ist, sagt das Sprichwort, geht er aufs Eis und bricht
sich ein Bein. In diesem Falle leistet sich eine Partei, die sich elendig
fuehlt, eine Pirouette, die in der Todesspirale enden koennte. Die Basis der
Liberalen fuehlt sich der Fuehrung ausgeliefert und will dennoch auftrumpfen.
Da ist kein Zuchtmeister, da ist eher ein Psychologe gefragt. Kinkel darf
nicht drohen. Er muss seiner Partei das Schwert, mit dem sie Harakiri begehen
will, behutsam aus der Hand nehmen. |
Quellen |
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