GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 18.05.1995



* Kinkel tritt als FDP-Vorsitzender zurueck
* Reaktionen auf Kinkels Ruecktritt
* Zur Person Klaus Kinkel
* SPD bringt Energiesteuern wieder in die Diskussion
* Gruene legen Modell fuer oekologische Steuerreform vor
* Bundestag lehnt Senkung der EU-Ausgleichszahlungen an deutsche Bauern ab
* Uebergangsmietrecht fuer Ostdeutschland verabschiedet
* Vermittlungsausschuss fordert Nachbesserungen beim Haushalt 1995
* Griefhahn fordert baldige Gesetzesentwuerfe zur Sommersmog-Regelung
* 60% der Pflegeversicherungsantraege bearbeitet
* Kohl spricht vor CDU-Europa-Parlamentariern
* Bohl warnt SPD vor rot-gruenem Buendnis in Nordrhein-Westfalen
* Unterschriftenaktion gegen Streichung eines 2. kirchlichen Feiertags
* Bankenfusion in Baden-Wuerttemberg gescheitert
* Schauspielerin Sabine Sinjen gestorben
* Kohl gratuliert Johannes Paul II zum 75. Geburtstag
* Deutsche Handballmannschaft trotz russischer Proteste im Halbfinale
* Boerse



Kinkel tritt als FDP-Vorsitzender zurueck

Der FDP-Vorsitzende Klaus Kinkel hat nach der Serie von Wahlniederlagen der Liberalen das Handtuch geworfen. Er bestaetigte heute seinen Ruecktritt vom Amt des Parteichefs. Auf dem Bundesparteitag im Juni im Mainz werde er nicht mehr fuer das Amt kandidieren. Nach einer Sondersitzung des Parteipraesidiums sagte Kinkel, die FDP brauche nach schwierigen Monaten eine neue Chance durch einen neuen Anfang. Kuenftig will Kinkel seine Kraefte auf das Amt des Aussenministers und des Vizekanzlers konzentrieren.


Reaktionen auf Kinkels Ruecktritt

Der Verzicht des FDP-Vorsitzenden Kinkel auf eine erneute Kandidatur fuer dieses Amt ist bei Regierung und Opposition in Bonn sowie bei den Freien Demokraten unterschiedlich aufgenommen worden. Bundeskanzler Kohl bedauerte die Entscheidung, zeigte sich aber zugleich zufrieden darueber, dass Kinkel als Aussenminister und Vizekanzler in der Regierungsverantwortung bleibe. Seitens der CDU und der CSU hiess es, das Buendnis in Bonn sei von dem Entschluss nicht betroffen. Dagegen erklaerte SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Verheugen, der Abnutzungsprozess der Koalition in Bonn sei beschleunigt worden. Buendnis 90 / Die Gruenen betonten, die Zeit der FDP sei offensichtlich vorbei, woran auch das Auswechseln von Personen nichts aendere. Zuvor hatte die FDP-Fraktion die Entscheidung Kinkels mit Respekt aufgenommen. Die hessische FDP forderte ihren Landesvorsitzenden Gerhard inzwischen auf, beim Bundesparteitag am 9. Juni in Mainz fuer die Kinkel-Nachfolge zu kandidieren.


Zur Person Klaus Kinkel

Klaus Kinkel, 1936 geboren, Klassen- und Schulsprecher auf dem Gymnasium, ein Junge fuer Fuehrungsposten. Sein Karrieregeist fuehrte ihn ueber ein Jurastudium fast zwangslaeufig in Bonner Ministerien. Als sein Ziehvater Genscher die politische Buehne verliess, folgte ihm Kinkel bald schon als liberaler Hauptdarsteller. 1991 Justizminister, ein Jahr spaeter Aussenminister, 1993 dann Parteivorsitzender. Der Beamte hatte sich endgueltig fuer die Politikerrolle entschieden. Erst spaet der FDP beigetreten, uebte er Gesten und Toene: "Ich moechte kaempfen und fuehren." Kaempfen und Fuehren heisst auch, gegen einen uebermaechtigen Bundeskanzler Kohl liberales Profil zu gewinnen. Genau das Gegenteil, naemlich "Schmusekurs", werfen ihm innerparteiliche Gegner vor. Moellemann revoltierte gegen Kinkel und wurde deshalb als Landesvorsitzender gestuerzt. In der naechsten Runde verlor Kinkel. Die Liberalen flogen am Wochenende aus dem Duesseldorfer Landtag, und heute packte auch Kinkel in Bonn ein. (Aus einem ARD-Bericht in der Sendung "Brennpunkt")


SPD bringt Energiesteuern wieder in die Diskussion

Bei den Verhandlungen zwischen Opposition und Regierung ueber die Steuerplaene von Finanzminister Waigel bringt die SPD die Energiesteuern wieder in die Diskussion. Der saarlaendische Ministerpraesident Lafontaine sagte, absehbare Steuerausfaelle ueber Milliarden muessten ausgegelichen werden. Moeglich sei dies durch die Streichung von Steuersubventionen. Es sei aber sinnvoll, sagte Lafontaine, auch oekologische Gesichtspunkte zu beruecksichtigen.


Gruene legen Modell fuer oekologische Steuerreform vor

Als erste Partei haben Buendnis 90 / Die Gruenen eine Modell fuer eine oekologische Steuerreform vorgelegt. Strom, Gas und Heizoel sollen jaehrlich um 7% teurer werden, die Mineraloelsteuer soll im ersten Jahr um 50 Pfennig, dann jaehrlich um 30 Pfennig pro Liter steigen. Mit den Mehreinnahmen wollen Buendnis 90 / Die Gruenen die Belastung durch Sozialabgaben senken.


Bundestag lehnt Senkung der EU-Ausgleichszahlungen an deutsche Bauern ab

Der Bundestag in Bonn lehnt die Plaene der Europaeischen Kommission zur Senkung der Ausgleichszahlungen fuer deutsche Bauern strikt ab. Alle im Parlament vertretenen Parteien werteten den Bruesseler Vorstoss als Vertrauensbruch, der auch die Akzeptanz der europaeischen Einigung gefaehrde. In einer Regierungserklaerung hatte Bundeslandwirtschaftsminister Borchert zuvor betont, es sei nicht hinnehmbar, dass Deutschland durch die starke D-Mark steigende Beitraege an die EU zahle, die Rueckfluesse aber gesenkt werden sollen. Der SPD-Agrarexperte Talheim warnte davor, den Waehrungsausgleich durch Zugestaendnisse bei der geplanten Senkung einiger Agrarpreise oder im Streit ueber die Tiertransporte zu erkaufen. Buendnis 90 / Die Gruenen forderten die Bundesregierung auf, den deutschen Landwirten notfalls einen nationalen Ausgleich zu zahlen.


Uebergangsmietrecht fuer Ostdeutschland verabschiedet

Der Bundestag hat heute das Ueberganngs-Mietrecht fuer die Neuen Laender verabschiedet. Damit duerfen vom 1. August an die Mieten bei bestehenden Vertraegen und bei Mieterwechsel um 15% steigen. 10% Mieterhoehung sind zulaessig bei Wohnungen, die nicht mit Bad und Zentralheizung ausgestattet sind.


Vermittlungsausschuss fordert Nachbesserungen beim Haushalt 1995

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat Nachbesserungen beim Bundeshaushalt 1995 gefordert. Einem entsprechendem Antrag der Sozialdemokraten stimmte das Gremium heute in Bonn mit seiner rot-gruenen Mehrheit zu. Damit brachte die SPD foermlich ihre Forderung nach zusaetzlichen Mitteln in Hoehe von 1,4 Milliarden DM an den Bund ein. Die Gelder sollen unter anderem fuer den sozialen Wohnungs- und den Hochschulbau verwendet werden, sowie fuer Werften, Forschung und die Bundesausbildungsfoerderung. Der Bundestag duerfte die Aenderungswuensche schon morgen mit den Stimmen der Koalitionsparteien zurueckweisen.


Griefhahn fordert baldige Gesetzesentwuerfe zur Sommersmog-Regelung

Die niedersaechsische Umweltministerin Griefhahn, SPD, hat die Bundesregierung heute aufgefordert, bis Ende Mai Vorschlaege fuer eine Sommersmog-Regelung zu unterbreiten. Frau Griefhahn sagte heute im Landtag in Hannover, wenn bis zu diesem Termin ein tauglicher Gesetzentwurf nicht vorgelegt werde, wollten die SPD-gefuehrten Bundeslaender am Pfingstmontag entsprechende Beschluesse fassen. Bundesumweltministerin Merkel, CDU, der es gestern im Kabinett nicht gelungen war, Massnahmen gegen den Sommersmog durchzusetzen, haelt allerdings an ihrer Absicht fest, bis Ende des Monats einen Gesetzentwurf fertigzustellen. Die Untaetigkeit der Bundesregierung im Kampf gegen den Sommersmog ist vom niedersaechsischen CDU-Landesvorsitzenden Wulf kritisiert worden. Er sagte der "Neuen Osnabruecker Zeitung", bei solcher Handlungsschwaeche haetten die Gruenen alle Chancen, politisch zu gewinnen.


60% der Pflegeversicherungsantraege bearbeitet

Etwa 60% der Neuantraege bei der Pflegeversicherung sind bearbeitet. Dies teilte der medizinische Dienst der Krankenkassen mit. Danach wurden 26% der Antraege abgelehnt, weil keine Pflegebeduerftigkeit im gesetzlichen Sinn vorlag. Ausserdem habe sich die Zahl der Antraege im April im Vergleich zu den Vormonaten halbiert. Der medizinische Dienst der Krankenkassen schaetzt, dass bis Mitte des Monats alle vorliegenden Antraege bearbeitet sind.


Kohl spricht vor CDU-Europa-Parlamentariern

Die wichtigste Aufgabe der deutschen Europapolitik besteht nach den Worten von Bundeskanzler Kohl darin, den europaeischen Einigungsprozess unumkehrbar zu machen. Vor den 47 deutschen CDU-Europa-Parlamentariern in Strassburg machte Kohl am Nachmittag zugleich deutlich, dass die Stabilitaetskriterien fuer die geplante Waehrungsunion keinesfalls zugunsten eines Termins aufgeweicht werden duerften. Am Abend ist der Kanzler in Strassburg als erster auslaendischer Regierungschef mit dem neuen franzoesichen Staatspraesident Girac zusammengekommen.


Bohl warnt SPD vor rot-gruenem Buendnis in Nordrhein-Westfalen

Kanzleramtsminister Bohl hat die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen aufgefordert, nicht mit den Gruenen eine Koalition zu bilden. Bohl meinte heute in einem Gespraech mit der Nachrichtenagentur ddp-adn in Bonn, Das bevoelkerungsreichste Bundesland duerfe nicht "als Test-Dummy fuer ein rot-gruenes Modell auf Bundesebene missbraucht werden". Der Vorstandssprecher von Buensnis 90 / Die Gruenen, Tretin, erklaerte der BILD-Zeitung, eine neue konservative Mehrheit in der Bundesrepublik koenne nur mit einem rot-gruenen Buendnis verhindert werden. Von einer Liebesheirat sei dann allerdings nicht die Rede.


Unterschriftenaktion gegen Streichung eines 2. kirchlichen Feiertags

Unter dem Motto "Kein Tag wie jeder andere" haben die evangelischen Landeskirchen in Baden und Wuerttemberg eine Unterschriftenaktion gegen die Streichung weiterer kirchlicher Feiertage gestartet. Landesbischoff Engelhard sagte, die evangelische Kirche in Deutschland werde dafuer kaempfen, dass der 2. Stufe der Pflegeversicherung nicht noch ein Feiertag zum Opfer falle.


Bankenfusion in Baden-Wuerttemberg gescheitert

Die von der grossen Koalition in Baden-Wuerttemberg angestrebte Bankenfusion ist gescheitert. Das Spitzengespraech im Stuttgarter Staatsministerium wurde ergebnislos beendet. Aus der CDU war zu hoeren, das besprochene Fusionsmodell sei als Loesung fuer eine Umstrukturierung der baden-wuerttembergischen Bankenlandschaft als zu klein angesehen worden. Die Bankenfusion ist seit mehreren Jahren Dauerthema. Zuletzt ging es um 2 Modelle: ein privatrechtliches sowie ein oeffentlich-rechtliches.


Schauspielerin Sabine Sinjen gestorben

Die Schauspielerin Sabine Sinjen ist im Alter von 52 Jahren gestorben. Sabine Sinjen war durch Theaterrollen an fuehrenden Buehnen aber auch durch ihre Arbeit fuer Film und Fernsehen bekannt geworden. Bis Ende letzten Jahres hatte sie am Theater in Aachen gearbeitet, musste aber Proben wegen ihres schlechten Gesundheitszustands abbrechen.


Kohl gratuliert Johannes Paul II zum 75. Geburtstag

Bundeskanzler Kohl hat heute Papst Johannes Paul II zu dessen 75. Geburtstag gratuliert. In einem Glueckwunschschreiben wuerdigte Kohl den unermuedlichen Einsatz des Papstes fuer Frieden, Gerechtigkeit und fuer die Menschenrechte.


Deutsche Handballmannschaft trotz russischer Proteste im Halbfinale

Der Protest der russischen Handballdelegation gegen die Wertung der Viertelfinalniederlage des Titelverteidigers gegen Deutschland ist abgewiesen worden. Die Kommission sah nach 5-stuendiger Verhandlung in der ausgebliebenen 2-Minuten-Strafe fuer einen deutschen Spieler nach der roten Karte fuer Bundestrainer Arno Eret keine spielentscheidende Beeintraechtigung. Die russische Delegation legte sofort erneut Protest ein. Dennoch bleibt es nach der Entscheidung voraussichtlich bei der Halbfinal-Begegnung zwischen Deutschland und Frankreich am Freitag.


Boerse

Bei der gestrigen Angabe des Dollar-Kurses ist ein Tippfehler passiert,
der richtige Dollar-Wert von gestern muss lauten: 1 US-$ = 1,4345 DM.
Hier die aktuellen Kurse von heute:

Einige Kurse:
Dollar          (1 US_$)          1,4462
ECU-Wert        (1 ECU)           1,86619
England         (1 Pfund)         2,27
Schweiz         (100 sfr)       119,71
Frankreich      (100 FF)         28,15
Italien         (1000 Lit)        0,87
Oesterreich     (100 oeS)        14,20
Spanien         (100 Ptas)        1,15
Japan           (100 Yen)         1,66

Einige Indizes:
DAX:             2087.13
Dowjones-Index:  4395.63
Nikkei-Index:   16312.56



Quellen

DLF    12:00 MESZ    19:00 MESZ
SWF3    14:00 MESZ
Radio7    17:00 MESZ