GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 04.09.1994



* Kritik an den ostdeutschen Arbeitsaemtern
* DAG fuer mehr Stellen fuer Schwerbehinderte
* Wahlparteitag der SPD
* Wahlparteitag der FDP
* NV-Grenzsoldaten schossen gezielt daneben
* EU plant Hilfe fuer Ruanda
* Gorbatchev zu Besuch in Deutschland



Kritik an den ostdeutschen Arbeitsaemtern

Dresden. Sachsens Ministerpraesident Biedenkopf wirft der Bundesanstalt fuer Arbeit vor, in Ostdeutschland versagt zu haben. In der Bild am Sonntag kuendigte Biedenkopf an, dass er, falls er bei den Landtagswahlen am kommenden Sonntag wieder gewaehlt wird, eine neue Organisation fuer die Arbeitsvermittlung schaffen will. Als Beispiel fuer das Versagen der Arbeitsaemter in den neuen Laendern nannte Biedenkopf den Fall Leipzig. Im Norden der Stadt seien Schweisser arbeitslos gemeldet, im Sueden der Stadt wuerden sie gesucht. Doch die zustaendigen Arbeitsaemter wuessten nichts voneinander. Biedenkopf will versuchen, zusammen mit den anderen ostdeutschen Regierungschefs eine erfolgreichere Arbeitsvermittlung aufzubauen. Arbeitsminister Bluem, CDU, hat die ostdeutschen Arbeitsaemter gegen die Kritik seines Parteikollegen Biedenkopf in Schutz genommen. Er unterstrich die Leistungen der Arbeitsaemter im Osten. Ueber Nacht seien 400.000 Stellen fuer Arbeitsbeschaffungsmassnahmen bereitgestellt, und 900.000 Plaetze in der Aus- und Fortbildung organisiert worden. Biedenkopf solle seine Aeusserungen ueberdenken, so Bluem.


DAG fuer mehr Stellen fuer Schwerbehinderte

Hamburg. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft DAG fordert hoehere Abgaben fuer Betriebe und Verwaltungen, die keine Schwerbehinderten beschaeftigen. Die Abgabe von derzeit 200DM sei geradezu ein Anreiz zum Freikauf, sagte das DAG-Vorstandsmitglied Freitag. Die Abgabe muesse auf 500DM angehoben werden, um die Betriebe zur Einstellung von Behinderten zu bewegen. Derzeit suchen 500,000 schwerbehinderter Menschen vergeblich einen Arbeitsplatz. Nach dem Gesetz sind Betriebe und Verwaltungen verpflichtet, 6% der Arbeitsplaetze an Schwerbehinderte zu vergeben.


Wahlparteitag der SPD

Dortmund. Am Morgen begann im Dortmunder Westfalenpark das Deutschland- treffen der SPD. Die Partei rechnet mit mehreren Zehntausend Besuchern bei der Veranstaltung, die eine Mischung aus Volksfest und Wahlkampf- kundgebung ist. Auf 15 Buehnen wird ein vielseitiges Unterhaltungsprogramm geboten. Am Nachmittag werden in Dortmund auch Nordrhein-Westfalens Ministerpraesident Rau, SPD-Kanzlerkandidat Scharping und der fruehere Bundeskanzler Schmidt sprechen. Scharping hat seine Partei zum Kampf um die Macht in Bonn aufgerufen. Um eine neue Poltik zu ermoeglichen muesse die Bundesregierung abgeloest werden, sagte Scharping vor 30.000 Anhaengern im Dortmunder Westfalenstadion. Der SPD-Chef griff Bundeskanzler Kohl an. Kohl missachte die Schwaecheren, Sozialhilfe- empfaenger und Arbeitslose wuerden vernachlaessigt.


Wahlparteitag der FDP

Nuernberg. Unter dem Motto "Diesmal gehts um Alles" steht der Wahlpartei- tag der Freien Demokraten in Nuernberg. In einem Wahlaufruf will die FDP ihr Bekenntnis zur Koalition mit CDU und CSU bekraeftigen. FDP-Chef Kinkel erklaerte vor dem Parteitag, jetzt gehe es darum, mit aller Kraft fuer den erneuten Einzug der FDP in den Bundestag zu kaempfen. Ein Bundestag ohne die FDP waere gleichbedeutend mit einer anderen Republik. Kinkel sprach von einer erfolgreichen Politik der Regierungskoalition, die es fortzusetzen gilt. In der FDP gibt es Befuerchtungen, durch Landtags- wahlen vor der Bundestagswahl in einen Abwaertstrend hineinzugeraten. Bei den Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Bayern muss die Partei nach Umfrageergebnissen fuerchten, aus den Landtagen zu fliegen. Dies koennte auch die Chancen bei der Bundestagswahl im Oktober verringern, so die Befuerchtungen.


NV-Grenzsoldaten schossen gezielt daneben

Berlin. Grenzsoldaten wurden in der DDR von ihren Vorgesetzten gedraengt, hoehere Trefferquoten gegen Fluechtlinge zu erzielen. In der Nationalen Volksarmee wurden Statistiken darueber gefuehrt, wieviel Schuss Munition mit welchem Erfolg auf sogenannte Grenzverletzer abgegeben wurden. Die berichtet der Leiter der Polizei-Ermittlungsstelle fuer die Regierungskriminalitaet in der DDR, Kicklaus. Der Berliner Morgenpost sagte Kicklaus, nach der DDR-Statistik seien an der Grenze bei 11 Fluchtversuchen ueber 400 Schuesse abgegeben worden, dabei seien nur 2 Fluechtlinge getroffen worden, einer davon toedlich. Diese Untersuchung belege, dass viele Grenzsoldaten nicht gezielt geschossen haben.


EU plant Hilfe fuer Ruanda

Bonn. Die Europaeische Union plant ein Sofortprogramm fuer den Wiederaufbau Ruandas. Dies kuendigte der Staatssekretaer im Entwicklungs- ministerium, Rednick, an. Er hatte mit einer europaeischen Delegation das vom Buergerkrieg zerstoerte Land bereist. Die Delegation will den europaeischen Ministerrat in Einzelheiten beraten, wie die fuer Ruanda vorgesehenen rund 200 Mio DM fuer den Aufbau des Landes investiert werden koennen. Bisher fehlt es in Ruanda noch an Unterkuenften, Wasser und medizinischer Versorgung, um die aus Zaire heimkehrenden Fluechtlinge aufnehmen zu koennen. In den Lagern entlang der zairischen Grenze leben derzeit noch rund 800.000 Menschen. Die Regierungen von Zaire und Ruanda wollen gemeinsam dafuer sorgen, die Fluechtlinge bis spaetestens Ende Oktober in ihre Heimat zurueckzubringen. In den Lagern sterben trotz internationaler Hilfe noch taeglich rund 250 Menschen, vor allem an Lungenentzuendung und Ruhr.


Gorbatchev zu Besuch in Deutschland

Erfurt. Der fruehere sowjetische Praesident Gorbatchev hat zu Beginn eines mehrtaegigen Deustchlandbesuches seine juengsten Aeusserungen zu den Enteignungen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone bestaetigt. Beim Empfang bei Thueringens Ministerpraesident Vogel sagte Gorbatchev, es habe zu diesem Thema kein eigenes Dokument gegeben, die Position der sowjetischen Seite bei den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung sei aber gewesen, dass alles, was bestanden habe, erhalten bleiben solle. So auch die Bodenreform aus den Jahren 1945 bis '49. Gorbatchev will nach Erfurt auch die Staedte Muenster, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt besuchen. Am Mittwoch will Bundeskanzler Kohl in Bonn mit Gorbatchev zusammentreffen. Dabei duerfte auch das Thema Enteignungen zur Sprache kommen.


Quellen

SWF3    10:00 MESZ    11:00 MESZ    12:00 MESZ    15:00 MESZ    20:00 MESZ