GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 03. 04. 2004



* Grossdemonstrationen gegen den Sozialabbau
* EU-Finanzminister sprechen ueber kuenftige Ausgaben
* Ablehnung der Ausbildungsplatzabgabe im Bundesrat angekuendigt
* Koehler: Standort Deutschland nicht schlecht reden
* Struck haelt Stationierungen im Kosovo weiterhin fuer notwendig
* Teufel kritisiert Plaene zur Neuordung bei Polizei und Verfassungschutz
* Daimler will in Woerth 600 neue Stellen schaffen
* Fingerabdruecke von allen US-Reisenden aus Deutschland
* Ingeborg Schaeuble erhaelt Hans-Rosenthal Ehrenpreis
* 15 Prozent der Kliniken in den naechsten 10 Jahren von Schliessung bedroht
* Krzysztof Michalski erhaelt Theodor-Heuss-Preis



Grossdemonstrationen gegen den Sozialabbau

Berlin/Koeln. Fast 500.000 Menschen sind in verschiedenen deutschen Staedten auf die Strasse gegangen, um gegen den Sozialabbau zu demonstrieren. Fuehrende Gewerkschafter kritisierten die Politik der Bundesregierung und forderten einen Kurswechsel. Bei der groessten Kundgebung in Berlin sagte DGB-Chef Sommer, es muesse Schluss sein mit einer Politik, die der Masse der Bevoelkerung schade und die Reichen immer reicher werden lasse. IG-Metall-Chef Peters kritisierte die Agenda 2010 der Bundesregierung als sozial ungerecht und gab auch ein vernichtendes Urteil ueber die Politik der Opposition ab. Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bsirske, forderte bei der Demonstration in Stuttgart ein Mindestniveau bei Lohn und Rente.Die Kundgebungen standen unter dem Motto "Aufstehn, damit es endlich besser wird".

Angesichts der Massenproteste gegen Sozialabbau ist Kritik an den Gewerkschaften laut geworden, die zu den Kundgebungen aufgerufen hatten. SPD-Chef Muentefering rief die Gewerkschaften im ZDF auf, konkrete Vorschlaege zur Sicherung des Sozialstaats vorzulegen, statt diesen nur zu verteidigen. Zugleich betonte er, die Regierung werde ihren Reformkurs fortfuehren. Arbeitgeberpraesident Hundt warf den Gewerkschaften vor, mit ihrer "Blockadepolitik" dem Land zu schaden. FDP-Chef Westerwelle sagte im DeutschlandRadio, die Funktionaere wuerden nicht mehr die Arbeitnehmerinteressen vertreten.

Wie in Deutschland haben auch in anderen europaeischen Laendern Tausende gegen Sozialabbau protestiert. In Rom gingen nach Gewerkschaftsangaben rund 500.000 Menschen gegen die Rentenreformplaene der Regierung von Ministerpraesident Berlusconi auf die Strasse. Auch aus ganz Frankreich wurden Proteste gegen die Reformplaene gemeldet. Allein in Paris folgte laut Polizei 5500, laut Gewerkschaft bis zu 15.000 Menschen dem Aufruf zu einem "europaweiten Aktionstag gegen Sozialabbau". Weitere Kundgebungen waren in Rumaenien, Slowenien, Grossbritannien, Oesterreich und der Slowakei geplant.


EU-Finanzminister sprechen ueber kuenftige Ausgaben

Beim Treffen der EU-Finanzminister im irischen Punchestown haben Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Schweden, die Niederlande und Oesterreich ihren Sparappell an die EU wiederholt. Die "Nettozahler-Laender" verlangen eine Begrenzung der EU-Ausgaben auf ein Prozent der EU-Wirtschaftsleistung, waehrend die Kommission mehr Geld fordert. Finanzminister Eichel erwartet nach eigenen Aussagen harte Verhandlungen. Einig wurde man sich indes ueber Nachfolgekandidaten fuer IWF-Chef Koehler: Es handelt sich um den franzoesischen Finanzexperte Lemierre und den scheidenden spanischen Wirtschaftsminister Rato


Ablehnung der Ausbildungsplatzabgabe im Bundesrat angekuendigt

Mainz/Hamburg. Der rheinland-pfaelzische Ministerpraesident Kurt Beck (SPD) hat bekraeftigt, die geplante Ausbildungsabgabe im Bundesrat abzulehnen. Er werde und koenne einer bundesweiten Ausbildungsumlage im Bundesrat nicht zustimmen, sagte Beck der "Bild am Sonntag". Er sei vielmehr fuer eine moeglichst verbindliche Regelung auf freiwilliger Basis und plaediere dafuer mit Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern jetzt das Gespraech zu suchen, so der stellvertretende SPD-Vorsitzende. Dann haette der Diskussionsprozess seine Wirkung in die richtige Richtung entfaltet und das "buerokratische Instrument" der Ausbildungsumlage koenne vermieden werden.Beck appellierte an den neuen SPD-Vorsitzenden Franz Muentefering, im Streit um die Abgabe einzulenken. Muentefering habe immer gesagt, er wolle, dass das Gesetz nicht wirksam werden muesse. "Wenn wir eine verbindliche freiwillige Vereinbarung treffen, waere er bestaetigt und nicht konterkariert", sagte Beck weiter. Bei diesem Weg verliere niemand sein Gesicht.

Frankfurt am Main. Die geplante Ausbildungsplatzabgabe stoesst auch bei den Staedten auf Widerstand. Der Staedtetag befuerchtet Mehr-Ausgaben von 300 Millionen Euro. Seine Praesidentin Roth forderte in einem Interview, die Staedte von der Abgabe zu befreien. Die Berechnungsgrundlage benachteilige die Staedte, da die Beamten-Anwaerter nicht in die Ausbildungsquote eingingen. Das wuerde nach Ansicht Roths dazu fuehren, dass viele Staedte erhebliche Strafzahlungen leisten muessten, obwohl sie ihrer Ausbildungspflicht nachkommen.


Koehler: Standort Deutschland nicht schlecht reden

Muenchen. Horst Koehler, der Kandidat von Union und FDP fuer das Amt des Bundespraesidenten, hat davor gewarnt, den Standort Deutschland schlecht zu reden. Es gebe viele Probleme, aber auch vieles, was erhaltenswert sei, sagte Koehler nach seiner Vorstellung bei der CSU. Die Deutschen haetten bewiesen, dass sie Probleme loesen koennen. Ministerpraesident Stoiber sagte nach dem Treffen in Muenchen, der Auftritt Koehlers habe ihn tief beeindruckt. Er sei fuer das Praesidentenamt der richtige Mann zur rechten Zeit.


Struck haelt Stationierungen im Kosovo weiterhin fuer notwendig

Verteidigungsminister Peter Struck haelt die Stationierung von etwa 3500 Soldaten der Bundeswehr im Kosovo auch kuenftig fuer notwendig. Vor einem Kurzbesuch im Krisengebiet am Montag sagte Struck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Wir koennen unsere Praesenz - entgegen meiner eigenen frueheren Annahme - nicht reduzieren." Um die Stabilisierung der Region voranzubringen, seien aber auch andere gefordert."Die verantwortlichen Politiker im Kosovo muessen von ihren Grossmachttraeumen Abschied nehmen. Nur wer akzeptiert, dass auch Serben in ihre Heimat zurueckkehren koennen, wird Platz in der europaeischen Voelkergemeinschaft finden", so Struck. Auch der Beauftragte der Vereinten Nationen im Kosovo, Harr Holkeri, muesse sich "staerker organisieren".Auch in Afghanistan werde der Einsatz der Bundeswehr laenger dauern als erwartet, sagte Struck der Zeitung. Ein Abzug nach den Wahlen, wie er urspruenglich geplant gewesen sei, sei "ausgeschlossen". Das Mandat der Bundeswehr ende im Oktober, "aber wir werden es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um ein weiteres Jahr verlaengern." Es werde aber nicht mehr als 2250 deutsche Soldaten


Teufel kritisiert Plaene zur Neuordung bei Polizei und Verfassungschutz

Stuttgart. Ministerpraesiden Erwin Teufel (CDU) hat Ueberlegungen kritisiert, Landeskriminalaemter und Landesaemter fuer Verfassungsschutz in die jeweiligen Bundesbehoerden einzugliedern. Gerade die Sach- und Ortsnaehe der Dienststellen im Land sei fuer die Sicherheit in Deutschland unverzichtbar. Polizei und Verfassungsschutz im Land arbeiteten hervorragend, sagte Teufel und warnte ausdruecklich davor, die grausamen Terror-Anschlaege von Madrid als Vorwand "fuer eine Zerschlagung der gewachsenen und bewaehrten Sicherheitsstrukturen in Deutschland zu nehmen". Statt Mammutbehoerden muesse es eine bessere Vernetzung und einen umfassenden Informations-Austausch zwischen den Aemtern geben.Teufel sprach sich auch gegen Ueberlegungen des SPD-Innenpolitikers Dieter Wiefelspuetz aus, eine Bundespolizei zu gruenden. Mit Sorge betrachte er die "zunehmenden Zentralisierungstendenzen des Bundes im Bereich der inneren Sicherheit", erklaerte Teufel in Stuttgart. Wiefelspuetz hatte als Konsequenz aus den Terroranschlaegen in Madrid vom 11. Maerz gefordert, der Bund muesse sich Gedanken ueber eine moegliche Bundespolizei machen.


Daimler will in Woerth 600 neue Stellen schaffen

Woerth. Der Daimler-Chrysler-Konzern will im LKW-Werk Woerth bis Ende April 600 neue Stellen schaffen. Das bestaetigte der Betriebsratsvorsitzende Rheude dem SWR. Der Konzern reagiert damit auf eine stark wachsende Auftragsentwicklung im Bereich der Lastwagen. Allerdings sei die von der Werksleitung angedachte Auslagerung von 400 Arbeitsplaetzen noch nicht vom Tisch, so der Betriebsrat. Zuvor hatte bereits "Die Rheinpfalz" von den neuen Stellen bei Daimler-Chrysler in Woerth berichtet. Dort sind 9.300 Mitarbeiter beschaeftigt.


Fingerabdruecke von allen US-Reisenden aus Deutschland

Die US-Regierung hat die Einreisevorschriften fuer alle Auslaender verschaerft. Nach Angaben des US-Aussenministeriums muessen von September an fast alle Besucher der USA bei ihrer Einreise zwei Fingerabdruecke abgeben und ein digitales Foto von sich aufnehmen lassen. Die neuen Vorschriften sollen auch fuer die Staaten gelten, die bislang unter das so genannte "Visa Waiver Program" fallen. Damit sind neben vielen anderen europaeischen Staatsbuergern auch Deutsche von der neuen Vorschrift betroffen. Lediglich Reisende aus Kanada und Mexiko sollen auch weiterhin ohne Fingerabdruecke und Fotos einreisen koennen.Urspruenglich hatte die US-Regierung geplant, nur Reisende ohne maschinenlesbaren Pass ab Oktober auf diese Weise zu erfassen. Das US-Aussenministerium begruendete die Ausweitung der Vorschriften mit Sicherheitsinteressen der USA. So solle die Identitaet der Reisenden ueberprueft werden. Ausserdem reagiere man auf die anhaltenden Schwierigkeiten der europaeischen Regierungen mit der geplanten Einfuehrung des so genannten biometrischen Passes, der auf einem Mikrochip etwa Gesichtsmerkmale oder Fingerabdruecke speichern soll. Innerhalb der Europaeischen Union ist bislang ungeklaert, welche biometrischen Daten in den Pass aufgenommen und welche Speichertechnik verwendet werden soll.


Ingeborg Schaeuble erhaelt Hans-Rosenthal Ehrenpreis

Landau. Die Vorsitzende der Deutschen Welthungerhilfe, Ingeborg Schaeuble, wird heute mit dem Hans-Rosenthal-Ehrenpreis 2004 ausgezeichnet. Die Ehefrau des CDU-Politikers Wolfgang Schaeuble erhaelt den mit 5.000 Euro dotierten Preis fuer ihr "humanitaeres und soziales Engagement". Der nach dem Fernsehmoderator Hans Rosenthal (1925-1987) benannte Preis wird von der Hans- Rosenthal-Stiftung und dem Verein "Hilfe in Not" verliehen und bei der 10. Hans-Rosenthal-Wohltaetigkeitsgala in Landau uebergeben.


15 Prozent der Kliniken in den naechsten 10 Jahren von Schliessung bedroht

Der Bundesrepublik steht nach Einschaetzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ein Kliniksterben bevor. Nach einer DKG-Prognose wuerden von den 2240 Krankenhaeusern in Deutschland in den naechsten zehn Jahren etwa 15 Prozent schliessen, schreibt die "Welt am Sonntag". Das waeren mehr als 330 Kliniken. Vor allem auf dem Land koennte dadurch die flaechendeckende Versorgung kuenftig gefaehrdet sein. Hauptgrund sei das neue Abrechnungssystem nach Fallpauschalen, so die Prognose. Das Gesundheitsministerium wies die Darstellung zurueck, das Problem sei eine Folge der Gesundheitsreform.


Krzysztof Michalski erhaelt Theodor-Heuss-Preis

Stuttgart. Der Philosoph Krzysztof Michalski ist in Stuttgart mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet worden. Mit der undotierten Auszeichnung werden nach Angaben der Heuss-Stiftung die Verdienste des 1948 in Warschau geborenen Michalski bei der Vertiefung des politischen und kulturellen Dialogs zwischen Ost und West gewuerdigt. Der ehemalige saechsische Ministerpraesident Kurt Biedenkopf bezeichnete den Wissenschaftler als einen "wahren Europaeer". Krzysztof Michalski ist Gruender und Rektor des Wiener Instituts fuer die Wissenschaften vom Menschen. Der gebuertige Pole und nun oesterreichische Staatsbuerger verbinde hoechste intellektuelle Ansprueche mit den Fragen politischer Umsetzbarkeit, hiess es von Seiten der Stiftung. Als Gaeste anwesend waren unter anderen Bundespraesident Johannes Rau, Alt-Bundespraesident Richard von Weizsaecker und die fruehere FDP-Politikerin und Gruendungsvorsitzende der Theodor-Heuss-Stiftung, Hildegard Hamm-Bruecher.Seit 1965 ehrt die Theodor-Heuss-Stiftung alljaehrlich Beispiele fuer demokratisches Engagement, Zivilcourage und den Einsatz fuer die Staerkung und Weiterentwicklung der Demokratie.


Quellen

DLF    12:00 MESZ    18:00 MESZ
BR5    06:00 MESZ    12:00 MESZ    18:00 MESZ
SWR3    12:00 MESZ    18:00 MESZ