GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 25.06.1995



* Oberbuergermeisterwahl in Frankfurt am Main
* Reichstag und (noch) kein Ende
* Koalitionsverhandlungen in NRW
* Koalitionsverhandlungen in Bremen
* Kinkel fuer staendigen Sitz Deutschlands im Weltsicherheitsrat
* Deutsche Beteiligung in Bosnien/Herzegowina weiter geplant
* Streit in der SPD
* Rechte Sonnwendfeierer wieder auf freiem Fuss
* Iraner planten Ermordung oppositioneller bei Demo in Deutschland



Oberbuergermeisterwahl in Frankfurt am Main

In Frankfurt am Main wird heute erstmals der Oberbuergermeister direkt gewaehlt. Beobachter erwarten ein Kopf an Kopf-Rennen zwischen dem bisherigen Oberbuergermeister Andreas von Schoeler SPD und der CDU-Kandidatin Petra Roth. von Schoeler hatte sich als Oberbuergermeister abwaehlen lassen, nachdem es ihm nicht gelungen war, im Frankfurter Stadtparlament seine Kandidatin fuer das Gesundheitsdezernat durchzusetzen. Von einem Wahlsieg erhofft er sich eine staerkere Position gegenueber seiner eigenen Fraktion. von Schoeler will die rot-gruene Koalition fortsetzen und wird von den Gruenen unterstuetzt. Insgesamt bewerben sich 11 Kandidaten um die Stimmen der rund 400000 Wahlberechtigten. Sollte heute keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erringen, findet Mitte Juli eine Stichwahl statt. Petra Roth hat beste Chancen, erste Frankfurter Oberbuergermeisterin zu werden. Die Zwischenzaehlung des Wahlergebnisses brachte fuer die Landtagsabgeoerdnete einen wachsenden Stimmenvorsprung vor ihrem Konkurrenten, dem auf eigenen Wunsch abgewaehlten Oberebuergermeister von Schoeler. Nach Auszaehlung von mehr als vier Fuenfteln der 543 Wahlbezirke kommt Petra Roth auf einen Stimmenanteil von 51,5%, waehrend von Schoeler bei 46,7% lag. Mit einem Stimmenanteil von ueber 50% waere die CDU-Politikerin gewaehlt und braeuchte nicht mehr zu einer Stichwahl am 16.Juli anzutreten. An der Wahl beteiligten sich nur rund 56% der Stimmberechtigten.


Reichstag und (noch) kein Ende

Schon am Morgen sind viele Menschen gekommen, um das Werk des Kuenstlerehepaares Jeanne-Claude und Christo zu bestaunen. Den verhuellten Reichstag koennen sie jetzt auch mit Haenden betasten. Der Reichstag bleibt noch bis zum 6.Juli verhuellt.


Koalitionsverhandlungen in NRW

In Bonn haben Buendnis 90/die Gruenen und SPD aus NRW ihre Gespraeche ueber eine Regierungsbildung in Duesseldorf fortgesetzt. Es wird zunaechst in kleiner Runde verhandelt. Am Nachmittag soll die gesamte Verhandlungskommission zusammentreten. Staatskanzleichef Clement hatte vor Beginn der Gespraeche erklaert, er koenne noch nicht sagen, ob dies der entscheidende Tag bei den Verhandlungen sei. Es seien sehr wichtige Entscheidungen zu treffen. Nach Clements Worten hat man sich in der Finanzpolitik auf eine kontinuierliche Verringerung der Nettokreditaufnahme des Landes geeinigt. Sie solle 1996 bei 6 Mia DM liegen und bis zum Jahr 2000 auf 1 Mia DM abgebaut werden. Baerbel Hoen sprach heute von der letzten Runde der Verhandlungen. Auf der Sitzung des Landesparteirats in Bonn muesse Bilanz gezogen werden. Allerdings koenne es auch sein, dass einzelne Punkte dann noch spaeter verhandelt werden wuerden. Weiterhin zu verhandelnde Punkte seien der umstrittene Braunkohletagebau Garzweiler II sowie die Anbindung des Flughafens Koeln-Bonn an das ICE-Netz der Deutschen Bundesbahn. Der Parteirat der NRW-Gruenen hat die bisherige Verhandlungs-Linie ihrer Vertreter bei den Koalitionsgespraechen mit der SPD gebilligt. Landessprecherin Steffens sagte nach dem Treffen, der Parteirat habe der Verhandlungskommission den Ruecken gestaerkt. Zu den noch strittigen Punkten zaehlten auch noch Fragen der Asyl- und der Chemiepolitik. Die am Mittag unterbrochenen Verhandlungen in der Landesvertreung in Bonn wurden inzwischen in kleinem Kreis fortgesetzt. Die Ergebnisse dieser Runden muessen von den Gesamt-Delegationen abgesegnet werden, die erst morgen Abend wieder zusammenkommen sollen.


Koalitionsverhandlungen in Bremen

SPD und CDU in Bremen wollen heute ihre Verhandlungen ueber die Bildung einer grossen Koalition in der Hansestadt abschliessen. Seit Freitag nachmittag verhandeln fuehrende Politiker beider Parteien im niedersaechsischen Ettelsimm ueber letzte Einzelheiten. Gestern waren die Gespraeche dem Vernehmen nach ins Stocken geraten, weil sowohl die SPD als auch die CDU das Wirtschaftsressort in Bremen fuer sich beanspruchten. Offen waren auch Fragen der Verkehrs- und Schulpolitik. Der kuenftige Regierungschef Henning Scherf, SPD, und der als sein Stellvertreter vorgesehene CDU-Politiker Ulrich Noelle wollen den Koalitionsvertrag am Nachmittag der Oeffentlichkeit vorstellen. Entgegen der urspruenglichen Planung konnten sich die Delegationen bei einer Klausurtagung im niedersaechsischen Ettelsimm noch nicht auf einen Koalitionsvertrag einigen. Der noch amtierende Buergermeister Wedemeier sagte vor Journalisten, die Verhandlungen seien unterbrochen worden und wuerden morgen fortgesetzt. Trotz der jetzt aufgetretenen Schwierigkeiten wollen am Nachmittag Scherf und Noelle wie geplant vor die Presse treten.


Kinkel fuer staendigen Sitz Deutschlands im Weltsicherheitsrat

Aus Anlass des 50. Jahrestags der Weltorganisation hat Bundesaussenminister Kinkel den Wunsch der Deutschen nach einem staendigen Sitz im Weltsicherheitsrat bekraeftigt. Die Bundesrepublik sei der drittgroesste Beitragszahler der UNO, und Deutschland koenne der Welt und ihren Problemen nicht einfach den Ruecken kehren, schrieb Kinkel in der Leipziger Volkszeitung. Fuer eine Reform der Weltorganisation sprach sich auch der ehemalige Bundespraesident von Weizsaecker aus. Er schlug vor, den Weltsicherheitsrat von derzeit 15 Mitgliedern auf 23 zu erweitern und gleichzeitig das Veto-Recht einzuschraenken.


Deutsche Beteiligung in Bosnien/Herzegowina weiter geplant

Bei einer deutschen Beteiligung an einem internationalen Militaereinsatz in Bosnien/Herzegowina werden Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr wahrscheinlich in der zweiten Julihaelfte zu ihrer Einsatzbasis in Italien verlegt. Das sagte Verteidigungsminister Ruehe dem ZDF. Das in Aussicht gestellte Feldlazarett solle bis Anfang August in Kroatien seine Arbeit aufnehmen, betonte Ruehe. Nach einem Beschluss von Bundesregierung und Bundestag ueber einen deutschen Einsatz in Bosnien strebt der Minister rasche Vereinbarungen mit NATO und UNO an. Das Kabinett in Bonn will morgen einen formellen Beschluss zur Entsendung von rund 1500 Soldaten fassen. Eine Entscheidung des Bundestages ist fuer den kommenden Freitag vorgesehen.


Streit in der SPD

In der SPD ist es jetzt zu einer offenen Kontroverse zwischen Partei- und Fraktionschef Scharping und anderen Fuehrungsmitgliedern gekommen. Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder wies eine von Scharping so bezeichnete Letzte Mahnung von Scharping an innerparteiliche Abweichler zurueck und kuendigte zugleich an, sich im Bundesrat gegen die Steuerpolitik der Bonner SPD auszusprechen. Die schleswig-holsteinische Ministerpraesidenting Simonis, die ebenso wie Schroeder von Scharping namentlich genannt worden war, erklaerte, sie lasse sich von niemandem die Leviten lesen. Schroeder widersprach auch der Bonner Parteilinie beim Thema Bosnieneinsatz der Bundeswehr. Waehrend der saarlaendische Ministerpraesident Lafontaine seine Partei aufrief, an der Politik des Gewaltverzichts festzuhalten, sprach Schroeder von einer Gewissensfrage, die nicht an Parteibeschluesse gebunden sei. Der IG Metall-Vorsitzende und SPD-Bundestagsabgeordnete Rappe erklaerte, er wolle im Parlament fuer einen deutschen Tornadoeinsatz stimmen.


Rechte Sonnwendfeierer wieder auf freiem Fuss

Wieder auf freiem Fuss sind die 84 jungen Leute aus der rechtsextremistischen Szene, die die Polizei in der letzten Nacht waehrend einer sogenannten Sonnenwendfeier im thueringischen Nordhausen festgenommen hatte. Von den rechtsgerichteten Jugendlichen seien die Personalien festgestellt worden, sagte ein Polizeisprecher. Der Verdacht, dass es sich bei den Festgenommenen um Mitglieder der verbotenen nationalsozialistischen Wiking-Jugend handele habe nicht bewiesen werden koennen. Sichergestellt wurden jedoch umfangreiches Propagandamaterial sowie Waffen und andere verbotene Gegenstaende.


Iraner planten Ermordung oppositioneller bei Demo in Deutschland

Iranische Diplomaten wollten nach einen Bericht der New York Times von ihrer Bonner Botschaft aus eine Kundgebung gegen Teheran in Deutschland stoeren, und hatten dabei unter anderem vor, die fuehrende iranische Dissidentin Mariam Radschawi zu ermorden. Das berichtet die Zeitung unter Berufung auf US-Geheimdienstbeamte. Etwa zur gleichen Zeit habe Deutschland 2 iranische Geheimdienstbeamte dazu aufgefordert, das Land zu verlassen. Frau Radschawi sei kurzfristig die Einreise nach Deutschland verboten worden. Wie das Blatt weiter berichtet, kamen amerikanische und deutsche Geheimdienstberichte zu dem Schluss, dass Teheran die Botschaft in Bonn als informelles Hauptquartier der Geheimdienste in Europa benutzt.


Quellen

WDR 2    9:00 MESZ    12:00 MESZ    15:00 MESZ    18:00 MESZ    20:00 MESZ