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DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 29.01.1996



* Bonner Koalition im Streit um Solidaritaetszuschlag
* Ruehe verabschiedet weitere Soldaten nach Bosnien
* Kinkel erkennt die Bundesrepublik Jugoslawien noch nicht an
* Dressler fordert grosse Rentenrunde wegen Milliardendefiziten
* Ostdeutsche CDU mit Aenderung des Rentenmodus nicht einverstanden
* Kohl soll noch vor Ostern erneut vor Plutoniumausschuss aussagen
* Prozess gegen Krenz in Berlin vormittags unterbrochen



Bonner Koalition im Streit um Solidaritaetszuschlag

Die Bonner Koalitionsparteien CDU, CSU und die FDP unternehmen heute erneut einen Versuch den Streit um die Fristen des Solidaritaetszuschlags zu beenden. Am Wochenende hatte Bundeskanzler Kohl in Wildbad Kreuth angekuendigt, dass in der Koalitionsrunde eine Formel gefunden werden solle. Finanzminister Waigel meinte, ein Abbau des Zuschlags waere schon 1997 moeglich, wenn die Laender dem Bund durch die Rueckgabe von Umsatzsteuerpunkten den noetigen Spielraum verschafften. FDP Generalsekretaer Westerwelle aeusserte sich zuversichtlich, dass sich die Regierungsparteien in dieser Woche einigen werden. Im Hamburger Abendblatt sagte er, die Gespraeche seien auf einem guten Weg.

Der Solidaritaetszuschlag soll zum 1. Juli 1997 abgebaut werden. Darauf einigten sich am Nachmittag Vertreter der Koalitionsparteien in Bonn. Wie Bundesfinanzminister Waigel und FDP Chef Gerhardt nach den Beratungen mitteilten, soll die Abgabe zunaechst von 7,5 auf 5,5 Prozent vermindert werden. Der Abbau der Sondersteuer duerfe weder zu einer Nettokreditaufnahme des Bundes noch zu einer Beeintraechtigung des weiterhin notwendigen Finanztransfers in die neuen Laender fuehren, hiess es. Zum Ausgleich sollen die Laender einen Teil ihrer Umsatzsteuereinnahmen an den Bund zurueckgeben.


Ruehe verabschiedet weitere Soldaten nach Bosnien

Verteidigungsminister Ruehe verabschiedete am Vormittag auf dem Flughafen Koeln/Bonn die ersten 150 Soldaten des Bundeswehr Hauptkontingents fuer die Bosnien-Friedenstruppe. Die Einheiten gehoeren zu einem Unterstuetzungsverband, der in Kroatien stationiert wird. Der Auftrag sei weder einfach noch ohne Risiko, sagte Ruehe, die Soldaten gingen aber bestens ausgebildet und sehr motiviert in den Einsatz. Deutschland leiste einen wesentlichen Beitrag fuer die Erhaltung des Friedens in Bosnien-Herzegowina. Das deutsche Kontingent umfasst insgesamt 4000 Mann.


Kinkel erkennt die Bundesrepublik Jugoslawien noch nicht an

Die europaeische Union erkennt die Bundesrepublik Jugoslawien noch nicht an. Bundesaussenminister Kinkel sagte heute nach Beratungen mit seinen EU Kollegen in Bruessel, die Nachrichtenlage ueber die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Restjugoslawien und der frueheren Teilrepublik Mazedonien sei noch zu unklar. Daher habe die Ministerrunde beschlossen, mit der von den USA ohnehin als verfrueht angesehenen Anerkennung, noch zu warten. Aus Belgrad sei heute berichtet worden, die jugoslawische Regierung sei bereit, Mazedonien anzuerkennen.


Dressler fordert grosse Rentenrunde wegen Milliardendefiziten

Der SPD Sozialexperte Dressler hat angesichts des befuerchteten Milliarden Defizits in der Rentenversicherung eine grosse Rentenrunde gefordert. Im saarlaendischen Rundfunk sagte Dressler, angesichts der Finanzprobleme sei ein Krisengespraech im grossen Kreis notwendig. Zugleich forderte er die Bundesregierung auf, den fuer 1997 gesetzlich vorgeschriebenen Rentenbericht bereits in diesem Jahr vorzulegen. Bundesarbeitsminister Bluem hatte zuvor im ZDF erklaert, die westdeutschen Renten wuerden zum 1. Juli zwar nicht kraeftig steigen, aber auch nicht ins Minus absinken. Die Ostrenten sollen nach den Plaenen des Ministers kuenftig wie im Westen nur noch einmal jaehrlich entsprechend der Lohnentwicklung im Vorjahr angepasst werden. Diese Vorstellungen stossen sowohl bei den ostdeutschen CDU Bundestagsabgeordneten als auch in der SPD auf Widerstand.


Ostdeutsche CDU mit Aenderung des Rentenmodus nicht einverstanden

Die ostdeutschen CDU Bundestagsabgeordneten sind nicht damit einverstanden, dass die Renten in den neuen Bundeslaendern im Juli geringer angehoben werden sollen als vorgesehen. Ihr Sprecher Krueger forderte heute frueh im Deutschlandfunk, am bisherigen Modus festzuhalten. Ebenso wie bei den Loehnen muessten sich auch die Renten schrittweise an das Westniveau angleichen. Der sozialpolitische Sprecher der SPD warf dem Arbeitsminister in der Neuen Osnabruecker Zeitung vor, die Rentenversicherung seit der deutschen Einheit schamlos belastet zu haben, um die Bundeskasse zu schonen. Solange dies nicht rueckgaengig gemacht werde, habe der Minister kein Recht, niedrigere Rentenerhoehungen zu verlangen.


Kohl soll noch vor Ostern erneut vor Plutoniumausschuss aussagen

Bundeskanzler Kohl soll nach dem Willen der SPD moeglichst rasch vor dem Plutoniumausschuss des Bundestages, noch vor Ostern, als Zeuge aussagen. Der SPD Sprecher im Ausschuss, Bachmeier, sagte in Bonn, es muesse geklaert werden, inwieweit Kohl im Sommer 1994 ueber den bevorstehenden Plutoniumschmuggel von Moskau nach Muenchen informiert gewesen sei. Bachmeier verwies auf einen Telefonanruf, den Kohl Ende Juli 1994 von Geheimdienstkoordinator Schmittbauer erhalten habe. Die SPD beantragte ausserdem, Schmittbauer und den Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) Porzner erneut vor dem Ausschuss zu vernehmen.


Prozess gegen Krenz in Berlin vormittags unterbrochen

Vor dem Berliner Landgericht ist der Prozess um den ehemaligen DDR Staats- und Parteichef Krenz und fuenf weitere einstige Mitglieder des SED Politbueros heute kurz nach Beginn unterbrochen worden. Grund war ein Befangenheitsantrag der Verteidigung. Die Anwaelte monierten, dass das Gericht bis zu Feststellung der Personalien der Angeklagten keine weiteren Erklaerungen mehr zulassen will. Das Verfahren wurde im Laufe des Tages fortgesetzt. Den beschuldigten wird Mitverantwortung fuer die Toetung von DDR Fluechtlingen an der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze zur last gelegt.


Quellen

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