Erweiterung der NATO nach Mittel- und Osteuropa wird diskutiert |
Washington. Fuer eine moeglichst rasche Erweiterung der NATO nach Mittel- und
Osteuropa hat sich der tschechische Staatspraesident Havel ausgesprochen.
In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagte der
Praesident, das derzeitige Sicherheitsvakuum im Osten gefaehrde die
Stabilitaet in ganz Europa. Keiner wisse, wie sich die Lage in Russland
weiter entwickeln werde, betonte Havel mit Blick auf den Krieg im Kaukasus.
Allein die NATO bietet Tschechien eine Sicherheitsgarantie.
Zuvor hatten Bundeskanzler Kohl und US-Praesident Clinton bei ihrem Treffen in
Washington ihre Zustimmung fuer die stufenweise Osterweiterung der westlichen
Allianz bekraeftigt. Dadurch duerften jedoch keine neuen Graeben in Europa
aufgerissen werden, betonten beide Politiker. |
SPD zum Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge |
Die SPD ist weiterhin gegen den Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge bei
einem moeglichen Abzug der Uno-Blauhelme aus Bosnien-Herzegowina. Der
Vorsitzende der Sozialdemokraten Scharping sagte der "Bildzeitung", sollte
die Notwendigkeit bestehen, die Friedenstruppe abzuziehen, muesse Deutschland
dabei helfen. Allerdings muessten die Mittel so gewaehlt werden, dass sie den
Konflikt nicht zusaetzlich verschaerften. Tornados, so Scharping, erhoehten
das Risiko der Eskalation des Krieges. Daran werde sich die SPD nicht
beteiligen. Er rief dazu auf, alles zu tun, damit die Blauhelme in Bosnien-
Herzegowina bleiben.
Eine Sprecherin der Sozialdemokraten erklaerte gegenueber der
Nachrichtenargentur AP, daraus den Schluss zu ziehen, die Entscheidung ueber
eine Ablehnung eines Tornado-Einsatzes sei bereits gefallen, waere falsch.
Die SPD wolle weiterhin offen lassen, ob sie an einem Einsatz zustimmen wuerde
oder nicht. |
Landrat von Buendnis 90/Die Gruenen in Kassel |
Kassel. In Kassel trat am Mittag der Landerrat von Buendnis 90/Die Gruenen
zusammen. Bei den zweitaegigen Beratungen geht es unter anderem um den
Bruch der Bremer Ampelkoalition sowie die anstehende Landtagswahl in Hessen.
Ausserdem wird sich der Laenderrat, das hoechste Parteigremium zwischen den
Parteitagen, mit dem Regierungsumzug nach Berlin und dem Aufbau Ost befassen.
Morgen ist eine Debatte ueber den Paragraphen 218 und ueber die doppelte
Staatsbuergerschaft geplant. Darueberhinaus wollen die Buendnis-Gruenen
Kassel zum Vogelschutzgebiet erklaeren. |
CDU-Politiker fordern staerkere Beteiligungsmoeglichkeiten fuer Mitglieder |
Fuehrende CDU-Politiker aus den Bundeslaendern haben sich fuer eine staerkere
Beteiligung der Mitglieder an Entscheidungen der Partei ausgesprochen. In
Interviews der "Berliner Zeitung am Sonntag" fordern sie, Urwahlen und
Mitgliederbefragungen moeglichst rasch in die Bundessatzung der CDU
aufzunehmen. Auch der Nachfolger von Bundeskanzler Kohl als CDU-Vorsitzender
solle direkt von den Mitgliedern gewaehlt werden. |
Scharping fordert stufenweise Abschaffung des Solidaritaetszuschlags |
Bonn. Eine Beibehaltung des Solidaritaetszuschlags wird nach Ansicht von
SPD-Chef Scharping die fuer 1996 vorgesehene Erhoehung der Renten gefaehrden.
In einem Zeitungsinterview wies Scharping darauf hin, dass sich die Renten an
den Nettoloehnen orientierten. Daher muesse dafuer gesorgt werden, dass die
Masseneinkommen wieder stiegen. Die Sozialdemokraten wuerden sich im
Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat dafuer einsetzen, dass der
seit Anfang des Jahres eingefuehrte Solidaritaetszuschlag stufenweise wieder
abgeschafft wird. Dabei muessten zuerst Buerger mit geringerem Einkommen
entlastet werden. |
Schadensersatz fuer Opfer von Straftaten |
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat Gerichte und
Staatsanwaltschaften aufgerufen, Opfern von Straftaten zu Schadensersatz zu
verhelfen. Bereits jetzt sehe das Strafprozessrecht vor, dass Betroffene im
Rahmen des Strafverfahrens gegen den Taeter auch Schadensersatz und
Schmerzensgeldansprueche stellen koennten, sagte die FDP-Politikerin der
Zeitung "Bild am Sonntag". Von dieser Moeglichkeit werde aber in der Praxis
selten Gebrauch gemacht. |
Finanzielle Beteilung bei Kindergartenplatz-Garantie lehnt Bund ab |
Bonn. Bei der Verwirklichung der Kindergartenplatz-Garantie kann sich der
Bund laut Finanzminister Waigel finanziell nicht beteiligen. Gegenueber den
Laendern und Kommunen sei Bonn nicht in der Lage, einen zusaetzlichen
Ausgleich zu schaffen. Beim Solidarpakt und dem Bund-Laender-Finanzausgleich
habe man sich grosszuegig verhalten, sagte Waigel. Bei der Finanzierung der
deutschen Einheit sei der Bund ueberproportional dabei. Die Gewerkschaft
OeTV verlangte dagegen, Bonn solle einen Sonderfond einrichten, um den
Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zu realisieren.
Die SPD verlangt von der Bundesregierung eine Beteiligung von 25% an den
Investitionskosten zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen
Kindergartenplatz. |
In neuen Laendern wird zu viel Geld verschwendet |
Berlin. Nach Ansicht von Rechnungspruefern wird in den neuen Laendern viel
Geld verschwendet. Die Betraege gingen in die Milliarden. Kritisiert wird,
dass einige Staedte und Gemeinden zu grosse und damit zu teure Projekte in
Angriff nahmen. |
Stuttgart will sparen |
Stuttgart. Die baden-wuerttembergische Landeshauptstadt will auch im laufenden
Jahr weiter eisern sparen. Das hat der Gemeinderat beschlossen. Der Gesamtetat
von Stuttgart betraegt 1995 3,9 Milliarden DM, der Schuldenstand soll zum
Jahresende 2,5 Milliarden DM betragen. Gleichzeitig hat der Stuttgarter
Gemeinderat eine Erhoehung der Gewerbesteuer um 15 auf 450 Punkte beschlossen. |
Tarifstreit in Metallindustrie |
Stuttgart. Rund 140 000 Beschaeftigte der baden-wuerttembergischen Metall- und
Elektroindustrie haben sich in den letzten beiden Wochen an den Warnstreiks
der IG-Metall beteiligt. Das waren mehr Streikende, als die Gewerkschaft
erwartet hatte. Gestern war ein neuer Hoehepunkt der Streikaktionen.
28 000 Beschaeftigte legten die Arbeit im Lande voruebergehend nieder oder
verliessen ihren Betrieb vorzeitig.
Arbeitgeberpraesident Murmann hat vor einem Streik in der Metallindustrie zum
gegenwaertigen Zeitpunkt gewarnt. Ein solcher Schritt werde weder zu dem
beginnenden Aufschwung noch zu dem Verstaendnis passen, das man von
fortschrittlicher Tarifpolitik im Interesse von mehr Arbeitsplaetzen haben
sollte, sagte Murmann in einem Gespraech mit der "Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung". Er halte es fuer moeglich in der aktuellen
Tarifauseinandersetzung, eine Kostenentlastung zu erzielen und dennoch
Lohnerhoehungen zuzugestehen.
IG-Metallchef Zwickel kuendigte heute in Hamburg an, das der
Gewerkschaftsvorstand am kommenden Dienstag das Scheitern der
Tarifverhandlungen beantragen und Urabstimmungen vorbereiten werde, wenn die
Arbeitgeber bis dahin kein substantielles Angebot machten. Man wolle jedoch
noch keine Termine festlegen, da die Gewerkschaftsfuehrung diese Entscheidung
nicht ohne Beteiligung der Tarifbezirke treffen wolle. |
Institut fuer Wirtschaftsforschung zu Lohnsteigerungen |
Koeln. Nach Einschaetzung des deutschen Instituts fuer Wirtschaftsforschung
sind Lohnsteigerungen um 3% unschaedlich fuer die Beschaeftigung. Sie liessen
sogar noch eine kraeftige Gewinnerhoehung zu. Das Institut verweist darauf,
dass es im vergangenen Jahr in einigen Branchen die bisher groesste
Kostenentlastung gab. |
Bankfusion Landesgirokasse mit Baden-Wuerttembergischer Bank in Stuttgart |
Stuttgart. In der Landeshauptstadt zeichnet sich eine Bankenfusion grossen
Stils ab. Zeitungsberichten zufolge steht der Zusammenschluss der
Landesgirokasse mit der Baden-Wuerttembergischen Bank kurz bevor.
Christof Baumann: "Demnach werden die beiden Banken, gemeinsames
Bilanzvolumen 50 Milliarden DM, vereinigt, um den Standort Stuttgart zu
verbessern. Ermoeglicht werde der Schritt unter anderem, weil die von Bosch
gefuehrte Rhein-Neckar-Bankbeteiligung GmbH ihren Widerstand bei der Baden-
Wuerttembergischen Bank gegen die Fusion aufgegeben habe. Die Landesgirokasse
gehoert je zur Haelfte dem Land und der Stadt Stuttgart. Gegen diese Fusion
wehrt sich der Sparkassenverband und sein Praesident, der
CDU-Landtagsabgeordnete Heinrich Haasis (sp?). Er befuerchtet, seine
Organisation werde geschwaecht und die Suedwest-LB koennte ihren Platz als
Spitzeninstitut der Sparkassen im Land verlieren." |
Erhoehung der Rundfunkgebuehren |
Stuttgart. Der baden-wuerttembergische Ministerpraesident Erwin Teufel hat
sich fuer eine Erhoehung der Rundfunkgebuehren ausgesprochen. Damit stellte
Teufel sich im aktuellen Streit um eine Reform der ARD gegen Bundeskanzler
Helmut Kohl. In einem Interview des Nachrichtenmagizins "Focus" erklaerte
Teufel, es werde zu einer massvollen Gebuehrenerhoehung nach Ablauf der
Vertraege kommen. Aehnlich aeusserte sich sein rheinland-pfaelzischer Kollege
und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Laender Beck (SPD). Dagegen warf
FDP-Generalsekretaer Westerwelle (sp?) Sozialdemokraten und Union vor, mit
solchen Ankuendigungen den Spardruck von den oeffentlich-rechtlichen Anstalten
zu nehmen.
Die Stimmen fuer eine Anhebung der Rundfunkgebuehren mehren sich. So schloss
der Vorsitzende der Komission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
Rundfunkanstalten Konrad gegenueber dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der
Spiegel" hoehere Gebuehren nicht aus. Anders lautende Aussagen von
Bundeskanzler Kohl stuenden nicht im Einklang mit den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts. |
RAF-Terroristin Christina Kobi entlassen |
Kiel. Die als RAF-Terroristin verurteilte Christine Kobi (sp?) kommt am
22. Februar frei. Dies hat das zustaendige Oberlandesgericht verfuegt. Kobi
war vor 16 Jahren wegen zweifachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft
verurteilt worden. |
Mielke beantragt seine Freilassung am Bundesverfassungsgericht |
Berlin. Der fruehere Stasi-Chef Mielke hat das Bundesverfassungsgericht
angerufen. Mielke moechte erreichen, dass er nach fast fuenf Jahren
Untersuchungshaft freigelassen wird. Mielkes Anwalt verband die
Verfassungsbeschwerde mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung. Die Karlsruher Richter sollen zu einer Eilentscheidung gezwungen
werden. |
NPD-Vorsitzender Deckert in Dresden in Polizeigewahrsam |
Dresden. Der NPD-Vorsitzende Deckert und 9 weitere mutmassliche Rechtsradikale
sind von der Dresdener Polizei in Gewahrsam genommen worden. Deckert und
seinen Gesinnungsgenossen wird vorgeworfen, in Dresden an einer verbotenen
Demonstration teilnehmen zu wollen. Im Auto-Konvoi Deckerts fand die Polizei
Nazi-Propaganda-Material. Das saechsische Oberverwaltungsgericht in Bauzen
hatte am Freitag Demonstrationsverbote der Stadt Dresden fuer die NPD und dem
NPD-nahen Bund fuer Gesamtdeutschland bestaetigt. Unter anderem wegen der
angekuendigten Teilnahme Deckerts sahen die Richter die Gefahr, dass bei
Aufmaerschen auf dem Dresdener Altmarkt Straftaten begangen werden koennten. |
Laborleiter der UMEG entlassen |
Stuttgart. Der Laborleiter der Gesellschaft fuer Umweltmessungen und
Umwelterhebungen der UMEG in Karlsruhe, der die Ergebnisse der landesweiten
Benzolmessungen gefaelscht hatte, ist entlassen. Den Beschluss des
Aufsichtsrates gab das Umweltministerium bekannt. Der Aufsichtsrat entschied
weiter, dass die Geschaeftsfuehrung den entstandenen Schaden ermitteln und
Regress geltend machen muesse. |
Ueberfall auf Geldtransport in Braunschweig |
Braunschweig. Rund 1 Million DM haben bewaffnete Taeter bei einem Ueberfall
auf einen Geldtransporter erbeutet. Sie fluechteten mit einem Gelaendewagen.
Norbert Maas: "Die Spur der beiden Maenner verliert sich am Ufer des
Braunschweiger Suedsees. Dorthin waren die Taeter gefluechtet und
offensichtlich von ihrem Tatfahrzeug in ein anderes Fahrzeug umgestiegen.
Seither sind sie spurlos verschwunden. Wie die Flucht spielte sich auch die
Tat selbst fast wie nach einem Drehbuch ab. Der Geldtransporter war gestern
abend von dem Gelaendewagen beim Verlassen des Supermarktparkplatzes gerammt
und damit zum Anhalten gezwungen worden. Die mit sogenannten Sturmhauben
vermummten Taeter bedrohten Fahrer und Beifahrer des Transporters mit einer
Panzerfaust und einem Gewehr und erzwangen die Herausgabe des Geldes einer
runden Million DM. Dann verschwanden sie zum Suedsee. Seither gibt es keine
Spur mehr von ihnen." |
Blutspendeaktion in Boeblingen |
Boeblingen. Mehr als 500 Feuerwehrleute aus dem Landkreis Boeblingen lassen
sich heute freiwillig Blut abnehmen. Sie wollen sich als Knochenmarkspender
fuer Leukaemie- und Anemiekranke bereitstellen. Initiator der Aktion ist die
deutsche Knochenmarksspendedatei. |
Notlandung eines Privatflugzeugs |
Mengen. Bei der Notlandung eines Privatflugzeuges ist der Pilot unverletzt
geblieben. An der zweimotorigen Cessna entstand nach Polizeiangaben rund
100 000 DM Sachschaden. Der Vorfall ereignete sich auf dem Flugplatz Mengen
im Kreis Sigmaringen. Der Mann aus Leutkirch im Allgaeu hatte das Fahrwerk
beim Landeanflug aus noch nicht geklaerter Ursache nicht ausgefahren. |
Drei Tote bei Lawinenunglueck |
Wien. Bei einem Lawinenunglueck im Tiroler Nawis-Tal sind drei Deutsche
Touristen ums Leben gekommen. Ein weiteres Mitglied der Gruppe des Deutschen
Alpenvereins wurde schwer verletzt. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. |
Zwei Braende in Suedbaden |
Freiburg. In Suedbaden haben zwei Braende Sachschaden in Millionenhoehe
angerichtet. Menschen wurden nicht verletzt. Im Freiburger Stadtteil Hochdorf
zerstoerten die Flammen eine Lagerhalle mit Reifen und Elektrogeraeten. In
Teningen, Kreis Emmendingen, hat ein Feuer in der vergangenen Nacht den
Gemeindebauhof Teningnen weitgehend zerstoert. Der Sachschaden betraegt
ungefaehr eine halbe Million DM. Die Brandursache ist noch unklar. |
Warum der Wahnsinn bis zum Schluss ? (Suedwest Presse Sa, 11.02.95) |
Dresden wird schoener. In den letzten fuenf Jahren ist der Wiederaufbau, sind Restaurierung und architektonischer Neubeginn zuegiger vorangegangen als in den 45 Jahren davor. Zu DDR-Zeiten dominierte die Bau-Fassade. Der Einsatz fuer die Substanz der Altstadt war zwar beeindruckend, aber es geschah auf Kosten der darniederliegenden Peripherie, der Vororte und Randbezirke. Noch immer zeigt das einstige Elbflorenz Spuren der Verwuestung. Ein halbes Jahrhundert ist es nun her, dass Dresdens laengste Nacht, seine Zerstoerung begann. Und noch immer wird die Frage gestellt: Warum diese Erbarmungslosigkeit gegen Frauen und Kinder, gegen Alte und Kranke, warum dieser Wahnsinn so kurz vor Ende des Krieges ? Februar 1945: Waehrend seit Jahren im uebrigen Reich Bomben einschlagen, ist die betulich-elegante Residenz saechsischer Herrscher bislang verschont geblieben. Dresden gilt auch in diesen letzten Kriegswochen als der sicherste und groesste Luftschutzkeller in Deutschland. Bombengeschaedigte aus Berlin und anderen schwer angeschlagenen Staedten suchen dort Schutz und Ruhe. An diesem 13. Februar, einem Faschingsdienstag, jedoch treffen um 22:03 britische Erstmarkierer ueber der saechsischen Hauptstadt ein. Sie beginnen mit dem Abwurf gruener Markierungsbomben und weisser Leuchtkaskaden, sogenannter Christbaeume, die, gut gezielt, die Stadt und das Elbtal ausleuchten. Drei Minuten spaeter warnt der Drahtfunkt die Bevoelkerung. Um 22:13 fallen die ersten Bomben. Zwischen den Abendstunden des 13. Februar und den Mittagsstunden des 14. Februar werfen bei drei Angriffen westalliierte Bomberflotten etwa 4000 Tonnen Spreng- und Brandbomben ueber der mit Fluechtlingen ueberfuellten Stadt ab. Vermutlich 35.000, mit Gewissheit aber mehr als 25.000 Menschen werden von den Bomben zerfetzt, ersticken in den Kellern oder kommen in den gigantischen Feuerstuermen um. Die Flaeche der Verwuestung ist ungefaehr 15 Quadratkilometer gross. Der gewaltigste Brandbombenangriff auf dem europaeischen Kriegsschauplatz hat stattgefunden. Die Zeitdifferenz zwischen den beiden Grossangriffen in der Nacht vom 13. zum 14. Februar ist vom britischen Bomberkommando genau berechnet worden. Denn in den drei Differenzstunden sollen sich die Flaechenbraende zum flaechendeckenden Feuersturm entwickeln; der zweite Angriff soll die Loescharbeiten stoppen. So wie es die Luftstrategen ausgetueftelt haben, so geschieht es. Die unter dem Bombenhagel und den Braenden zusammenbrechenden Strassenzuege versperren die Fluchtwege ins Freie und ueberantworten viele dem Feuertod. Es erhebt sich ein rasender Sturm, dessen Sog die Menschen in die Flammen reisst. Tausende von Brandbomben verspruehen im grossen Garten zwischen den dorthin Gefluechteten. Tausende von Schutzsuchenden in voellig intakten Schutzrauemen werden durch Heissluft, die aus Mauerdurchbruechen eindringt, toedlich verbrueht. In anderen, vom Einsturz bedrohten Kellern bricht Panik aus. Ausbrechende verknaeueln sich an den Ausgaengen. Phosphor fliesst in die Keller. Anfang Februar leben in Dresden 950.000 Menschen, rund 200.000 davon sind Fluechtlinge aus dem Osten, knapp 50.000 setzten sich aus Lazarettpatienten, Kriegsgefangenen sowie deutschen Reserveeinheiten und nichtdeutschen Hilfswilligen zusammen. In dieser infernalischen Nacht und bei den folgenden Tagesangriffen der Amerikaner werden 75.000 der etwa 220.000 Wohnungen im Stadtgebiet voellig zerstoert. Ausserdem wird hervorragendes Kulturgut dem Erdboden gleichgemacht oder schwer beschaedigt, so die Frauenkirche, das Schloss, die Semperoper, der Zwinger und die Hofkirche. Nicht zerstoert werden militaerische Anlagen. Dresden brennt eine Woche lang. Tagelang wird es nach diesem 14. Februar nicht mehr hell. Eine gelbbraune Rauchdecke verdunkelt den Himmel. In diesen Stunden, in denen die ungezaehlten Verletzten und Obdachlosen an das Ende aller Tage glauben - in diesen Stunden werden 6865 Bombenopfer auf dem Altmarkt verbrannt. Der Ausbruch von Seuchen wird befuerchtet. Eine Bestattung aller Toten in Massengraebern ist wegen der Grundwassergefaehrdung nicht moeglich. Selbst 50 Jahre nach diesem Grauen bleibt die Frage nach dem Warum. Die Initiative fuer den Angriff auf Dresden, das gilt heute als gesichert, geht vom britischen Premier Churchill aus. Seine Motive sind im wesentlichen politischer Natur. Im Februar will er sich mit Roosevelt und Stalin auf Jalta treffen. Die Westmaechte haben keine eindrucksvollen Bodengewinne vorzuweisen. Der sowjetische Diktator dagegen hat Mitte Januar eine gewaltige und erfolgreiche Offensive gegen das deutsche Ostheer gestartet. Die Zerstoerung Dresdens, meint Churchill, wuerde die westlichen Kriegsanstrengungen nachhaltig verdeutlichen. Die Angriffe wuerden riesige Verwirrung stiften und die Verlegung deutscher Truppen an die Ostfront behindern. Dagegen ist die Fuehrung des britischen Bomber Command von dem Angriffsplan auf Dresden nicht begeistert. Der Umfang der Luftverteidigung der Stadt ist weitgehend unbekannt, und nicht einmal eine Standard-Zielkarte ist fuer dieses Gebiet vorhanden. Das Unbehagen der Flieger vor dem Grosseinsatz kurz vor dem absehbaren Kriegsende soll schon Wochen spaeter eine kompetente Bestaetigung erfahren. Am 6. Maerz bereits muss sich der Premierminister im britischen Unterhaus kritische Bemerkungen zu Dresden und den Flaechenbombardements anhoeren. Am 28. Maerz gibt Churchill dem Chef der gesamten britischen Bomberverbaende, Sir Charles Portal, seinen revidierten Standpunkt bekannt: "Ich habe den Eindruck, dass es an der Zeit ist, die Frage der Bombenangriffe auf deutsche Staedte mit dem alleinigen Zeil, den Terror zu steigern, zu ueberdenken. Es wird sonst ein voellig ruiniertes Land in unsere Hand fallen." Der Hinweis auf die "Terrorangriffe", also die Distanzierung der politischen Fuehrung von ihren eigenen Auftraegen, empoert die Maenner der Royal Air Force, zumal schon aehnliche Absetzbewegungen aus den USA zu vernehmen sind. Als die britische Regierung ihre Soldaten am Ende des Krieges mit Ehrungen ueberhaeuft, wird das Bomber Command uebergangen. Der Tod von Dresden hat die Menschen nicht ruhen lassen. Noch immer gibt es Streit um Zahlen und Fakten. Nach dem Krieg geraten diese vor allem in die Strudel des Kalten Krieges zwischen Ost und West. 135.000 Tote - diese Zahl war auf jeden Fall zu hoch gegriffen. 35.000 Tote oder 25.000 Tote und 10.000 Vermisste: Sie alle sind letztlich Opfer des "Hoellenfeuers aus Menschenhand". Diese Worte hat der Dresdner Dichter Max Zimmering in den Gedenkstein auf dem Heidefriedhof einmeisseln lassen. Sie erinnern auch daran, dass zuerst Hitler das Hoellenfeuer zu anderen Voelkern gebracht hatte, ehe diese es unter den Deutschen auflodern liessen. |
Quellen |
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