GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 18.10.1997



* Gedenken an Hans-Martin Schleyer
* Querelen um Kohl-Nachfolge als Kanzler halten an
* Heftiger Streit in der Koalition um die 610-DM-Jobs
* Wahlprogramm der Gruenen loest massiven Krach in der Partei aus
* Noch keine Spur vom Kinderschaender
* Abschied von Matthias Hinze
* 1. Fussballbundesliga, 11.Spieltag



Gedenken an Hans-Martin Schleyer

Bundespraesident Herzog hat in Stuttgart ein entschiedenes Eintreten der Buerger fuer den Rechtsstaat gefordert. Zahlreiche Prominente aus Politik und Wirtschaft hatten sich dort zu einer Gedenkfeier versammelt zur Erinnerung an Hans-Martin Schleyer, der vor 20 Jahren von der RAF ermordert worden war. Herzog warnte davor zu glauben, dass die Gefahr durch Terror fuer alle Zeit gebannt sein koennte. In seiner Ansprache erinnerte Bundespraesident Roman Herzog nochmal an die Terroranschlaege der RAF-Terroristen. "Weder ist, wie von manchen vorausgesagt und von anderem behauptet ein ueberreagierender Polizeistaat entstanden, noch hat der Staat den Terroristen Konzessionen gemacht." Allerdings, so Herzog weiter, sei die Hoffnung kuehn, dass die Gefahr terroristischer Gewalt fuer alle Zeiten gebannt sei. "Unser Recht reguliert gewissermassen die Normalfaelle. In Grenzsituationen werden wir auch kuenftig ohne das Gelaender normierter Verhaltensmassnahmen auskommen und entscheiden muessen." Der Rechtsstaat sei verwundbar. Herzog appelierte an die Buerger, Demokratie nicht nur von der Zuschauerbank zu betrachten, sondern aktiv mitzugestalten. Demokratie und demokratische Institutionen muessten geschuetzt, bewahrt und weiterentwickelt werden. "Demokratie und demokratische Institutionen stehen in einem Dauertest ihrer Bewaehrung. Aber sie sind nicht um ihrer selbst willen da. Sie dienen uns, uns allen. Deshalb ist es auch an uns, an uns allen, sie zu schuetzen." Darin sehe er das Vermaechtnis des Hans-Martin Schleyer.


Querelen um Kohl-Nachfolge als Kanzler halten an

Helmut Kohl selbst war es, der die Diskussion um seine Nachfolge wieder hochkochen liess. Jetzt, nach einem ueberaus kritiklosen Parteitag, gibt es wieder mehrere Vorschlaege, wann Kohl beerbt werden koennte. Die FDP will am Kanzler festhalten - kein Wunder: Vor allem Kohl haben die Liberalen so etwas wie Profil in der Koalition zu verdanken. Der Vizechef der Union im Bundestag und damit Schaeubles Stellvertreter Heiner Geissler, will Kohl offenbar beim Wort nehmen. In einem Zeitungsinterview sagte Geissler, er halte das Nachfolgevotum Kohls grundsaetzlich fuer einen sehr guten Vorschlag. Sinn mache die Empfehlung aber nur, wenn der Wechsel auch bald vollzogen werde. Auch der baden-wuerttembergische CDU-Fraktionschef Oettinger forderte in einem Interview, Kohl soll sein Amt rechtzeitig vor der Bundestagswahl im Jahr 2002 an Schaeuble uebergeben. Dabei hatte der Kanzler doch bereits vor zwei Tagen klargestellt, dass er, im Falle seines Wahlsieges 1998 die ganze Legislaturperiode amtieren wolle. Dementsprechend kritisierte CDU-Generalsekretaer Hinze auch die unionsinterne Termindebatte als absolut ueberfluessig. Und auch CSU-Chef Waigel haelt sich aus der Nachfolgediskussion heraus. Es gebe derzeit keine Personaldebatte, so Waigel, vielmehr seien Entscheidungen in Sachfragen wichtig. Etwas weiter nach vorne traute sich CSU-Landesgruppenchef Glos. Grundsaetzlich sei Schaeuble ein geeigneter Nachfolger, doch stehe die Entscheidung erst im Jahre 2002 an und dann muesse es auch grundsaetzlich moeglich sein, dass die CSU nach dem Ende der Amtszeit Kohl den naechsten Kanzlerkandidaten stelle.


Heftiger Streit in der Koalition um die 610-DM-Jobs

Innerhalb der Koalition gibt es offenen Streit ueber die sozialversicherungsfreien Arbeitsstellen, die sogenannten 610-DM-Jobs. Die CDU will diese Art von Arbeit mit Abgaben belegen, fuer die FDP kommt das ueberhaupt nicht in Frage. Die Union hat diesmal aber SPD und Gewerkschaften auf ihrer Seite. Deshalb ist fraglich, wie lange die Liberalen ihren Widerstand noch halten koennen. Nachdem die gestrige Koalitionsrunde beim Kanzler keine Einigung in Sachen 610-DM-Jobs gebracht hatte tauschten die Kontrahenten ihre Argumente jetzt eben wieder ueber die Medien aus. Arbeitsminister Norber Bluem etwa klagte in einem Hoerfunkinterview, viele Betriebe wandelten normale Arbeitsplaetze gezielt in 610-DM-Jobs um, um Sozialabgaben zu sparen. Eine derartige Flucht aus der Beitragspflicht darf nach Bluems Worten nicht laenger hingenommen werden. Und sein Parteifreund, der CDU-Sozialexperte Julius Louven zeigte sich enttaeuscht ueber das strikte Nein der FDP zu einer Abschaffung oder zumindest Beschraenkung der sozialversicherungsfreien Arbeitverhaeltnisse. FDP-Generalsekretaer Guido Westerwelle hingegen bekraeftigte abermals, dass seine Partei am derzeitigen Verfahren nicht ruetteln will. Ein Wegfall von 610-DM-Stellen wuerde nach seinen Worten keine neuen Arbeitsplaetze bringen, sondern lediglich mehr Schwarzarbeit. Sinnvoller waere es nach Westerwelles Worten, die Ursachen fuer moeglichen Missbrauch zu beseitigen, naemlich die viel zu hohe Steuer- und Abgabenlast. Waehrend sich die SDP in der Diskussion bisher auffallend zurueckhaelt, meldeten sich inzwischen auch die Gewerkschaften zu Wort. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kaefer teilt die Unionskritik an den 610-DM-Jobs. Sie boeten fuer die Arbeitgeber bequeme Schlupfloecher und verhinderten attraktive Teilzeitangebote. Eine Senkung der monatlichen Einkommensgrenze fuer abgabenfreie Beschaeftigungen auf 350 DM etwa waere fuer die DGB-Vizechefin ein Schritt in die richtige Richtung.


Wahlprogramm der Gruenen loest massiven Krach in der Partei aus

Das Wahlprogramm der Gruenen hat einen massiven Krach innerhalb der Partei ausgeloest. Offen wie seit Monaten nicht mehr sind die Gegensaetze zwischen den beiden Parteifluegeln, den Realos und den Fundis ausgebrochen. Besonders umstritten ist offenbar die Forderung nach der Abschaffung der NATO. Landespolitiker schiessen schon seit Tagen quer, jetzt hat sich die Parteispitze in den Streit um den Entwurf des gruenen Programms fuer die Bundestagswahl im kommenden Jahr eingeschaltet. Doch wer sich von oben richtungsweisende Einigungsworte erhofft hatte, der sieht sich getaeuscht. Aus der buendnisgruenen Fuehrungsriege kommen aeusserst unterschiedliche Signale. Gunda Roestel, Vorstandssprecherin aus Ostdeutschland, nennt weite Teile des umstrittenen Programms zwar zukunftsorientiert und realitaetstauglich - nachbessern will aber auch sie vor allem die wirtschafts- und aussenpolitischen Kapitel. Sonst, so Roestel, koennte ihre Partei bei der Wahl 1998 abstuerzen. Kritik an dem Programm loesten insbesondere Forderungen nach Abschaffung von NATO und Wehrpflicht aus. Forderungen, hinter die sich der zweite Vorstandssprecher der Partei, Juergen Trittin ausdruecklich gestellt hat. Schuetzenhilfe erhielt Trittin jetzt aus der Bundestagsfraktion. Sprecherin Kerstin Mueller meinte, ein Programm muesse auch Platz fuer Utopien haben. Andererseits muessten sich Forderungen auch sofort umsetzen lassen. In einer parteiinternen Diskussion forderte Mueller deshalb ein 100-Tage-Sofortprogramm. Kernstueck muessten dabei Schritte gegen die Arbeitslosigkeit, ein neues Staatsbuergerschaftsrecht sowie ein Antidiskriminierungsgesetz sein. Aeusserste Dringlichkeit habe auch eine Wende in der Drogenpolitik.


Noch keine Spur vom Kinderschaender

Noch keine Spur gibt es von dem Mann, der gestern Abend ein Maedchen aus Unterfranken verschleppt und sexuell misshandelt hatte. Das zehnjaehrige Kind war gegen Mitternacht von zwei Frauen an einer Landstrasse entdeckt und zur Polizei gebracht worden. Der Sprecher der Polizeidirektion Schweinfurt blickt zurueck: "Die Kinder sind also hier hochgelaufen. Da vorne hat sie der Mann schon einmal angesprochen. Dann sind die dort hoch und haben gesagt 'Nein, wir wollen da oben etwas bauen.' Sie hatten auch Werkzeug dabei um hier ein Baumhaus zu bauen. Kurze Zeit spaeter kam der Mann dann nach und hat sie mit der Pistole bedroht, alle gefesselt und das Maedchen mitgenommen." Vermutlich mit einem roten VW Polo geht die Fahrt nach Thueringen. Die 10jaehrige Christine gilt zunaechst als vermisst. Kurz vor Mitternacht schliesslich die erschreckende Gewissheit: Das Kind ist sexuell missbraucht worden. Die Polizei loeste ein Grossfahndung aus - bisher jedoch ohne Erfolg. Die Suche der Polizei erstreckt sich auf ein riesiges Terrain, wie gross wollten die Beamten nicht sagen. Erneut soll jetzt ein Hubschrauber zum Einsatz kommen. Die Polizei in Schweinfurt arbeitet dabei eng mit den Beamten aus Suhl und Meiningen in Thueringen zusammen. Gesucht wird ein etwa 50jaerhiger Mann, 1.75m gross, schlank mit grauem Vollbart und Stirnglatze. Er ist an der Brust, am Bauch und an den Armen taetowiert. Der Mann soll thueringer Dialekt gesprochen haben.


Abschied von Matthias Hinze

Mehr als 300 Menschen haben in einer Trauerandacht bei Potsdam Abschied vom ermordeten Matthias Hinze genommen. Der 20jaehrige war vor fuenf Wochen vor dem Haus seiner Eltern entfuehrt worden und kurz darauf in einem Erdloch in Mecklenburg qualvoll ums Leben gekommen. Die Entfuehrer hatten von den Eltern eine Million DM Loesegeld gefordert. Unter grosser Anteilnahme der Bevoelkerung hat Geltow, vor allem die Familie von Matthias Hinze, heute nachmittag in der Dorfkirche Abschied von dem 20jaehrigen genommen. Mehr als 300 Trauergaeste waren in die Kirche gekommen. Im blumenuebersaeten Altarraum stand ein lebensgrosses Portraetfoto von Matthias Hinze. Zu beiden Seiten hatten Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr Aufstellung genommen, um ihren toten Kameraden ein letztes Mal zu gruessen. In seiner Predigt erinnerte Pfarrer Johannes Kirtscher noch einmal an die Lebenslust des jungen Geltowers. Schon lange kenne er Matthias Hinze, sagte der Pfarrer, gemeinsam waren sie auf Ruestzeiten. Auch habe er ihn konfirmiert. Am 14. September war Matthias Hinze von der sogenannten Russenmafia entfuehrt worden, am 8. Oktober ist er tot in einem Erdloch in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt worden. Bereits gestern Nachmittag war Matthias Hinze in aller Stille im engsten Familienkreis beigesetzt worden. Auch zum heutigen Abschiedsgottesdienst war die Presse auf Wunsch der Familie nicht zugelassen.


1. Fussballbundesliga, 11.Spieltag

      VfL Bochum  2-1   1. FC Koeln           (Fr 17. Okt.1997)
   Werder Bremen  0-0   Hamburger SV          (Fr 17. Okt.1997)

   Karlsruher SC  1-1   B. Muenchen           (Sa 18. Okt.1997)
   VfB Stuttgart  4-1   Hertha BSC            (Sa 18. Okt.1997)
    MSV Duisburg  0-0   Bor. Dortmund         (Sa 18. Okt.1997)
 Bay. Leverkusen  1-1   Kaiserslautern        (Sa 18. Okt.1997)
   1860 Muenchen  2-1   VfL Wolfsburg         (Sa 18. Okt.1997)
   Hansa Rostock  4-1   Schalke 04            (Sa 18. Okt.1997)

                      Punkte    #     Tordiff.       S    U    N   Tore
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 1 Kaiserslautern       26      11     + 12          8    2    1   24-12
 2 B. Muenchen          22      11     + 12          6    4    1   25-13
 3 Hansa Rostock        20      11     +  7          6    2    3   17-10
 4 VfB Stuttgart        18      11     + 10          5    3    3   24-14
 5 Schalke 04           18      11        0          5    3    3   12-12
 6 MSV Duisburg         17      11     -  1          5    2    4   11-12
 7 Hamburger SV         16      11        0          4    4    3   17-17
 8 Bay. Leverkusen      15      11     +  4          4    3    4   19-15
 9 Werder Bremen        15      11     -  2          4    3    4   14-16
10 VfL Wolfsburg        14      11     -  4          4    2    5   14-18
11 M'gladbach           13      10     +  2          3    4    3   17-15
12 Arm. Bielefeld       12      10     -  1          4    0    6   13-14
13 Karlsruher SC        12      10     -  5          3    3    4   17-22
14 1860 Muenchen        12      10     -  5          3    3    4   14-19
15 VfL Bochum           11      11     -  6          3    2    6   16-22
16 Bor. Dortmund        10      11        0          2    4    5   15-15
17 1. FC Koeln          10      11     -  9          3    1    7   14-23
18 Hertha BSC            6      11     - 14          1    3    7    8-22



Quellen

SDR 3    8:00 MESZ
B5    23:00 MESZ
Bundesliga: hofmeist@ls2.informatik.uni-dortmund.de