GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 18.07.1995



* Arbeitnehmer sollen laenger arbeiten
* Kabinett verabschiedet Entwurf zur Sozialhilfereform
* Weitere Kabinettsentscheidungen in Kuerze
* Kanther will Asylbewerberzahlen weiter senken
* Beratungen der Unionsparteien ueber kuenftigen Kurs
* Vergleich ueber SED-Altvermoegen
* Plaedoyers der Nebenklaeger im Solingen-Prozess
* Stuttgart: Ozongesetz tritt spaetestens naechste Woche in Kraft
* Immer mehr Lehrlinge mit Abitur
* Boerse



Arbeitnehmer sollen laenger arbeiten

Hamburg. Arbeitnehmer sollen angeblich nach den Vorstellungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kuenftig mindestens zwei Jahre spaeter als bisher in Rente gehen. Nach Informationen der BILD-Zeitung hat eine Arbeitsgruppe unter Federfuehrung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Geisler und Repnik entsprechende Vorschlaege gemacht. Darin heisst es laut BILD: Ein Hinausschieben des Renteneintritts um zwei Jahre erlaube es, die Beitraege zur Rentenversicherung um bis zu drei Prozentpunkten abzusenken. Die Union begruendet ihren Vorstoss mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Ueberalterung der Gesellschaft. Wegen der leeren Kassen muessten laut Arbeitspapier auch die Beamten spaeter in Pension gehen.


Kabinett verabschiedet Entwurf zur Sozialhilfereform

Bonn. Trotz heftiger Proteste von Sozialverbaenden und der Opposition hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Reform der Sozialhilfe verabschiedet. Der Entwurf sieht vor, Sozialhilfeempfaenger durch befristete Lohnzuschuesse wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Ausserdem soll die Sozialhilfe bis um ein Viertel gekuerzt werden, wenn Arbeitslose eine zumutbare Arbeit ablehnen. Ab 1999 muss der Abstand der Sozialhilfe zu den unteren Lohngruppen mindestens 15 Prozent betragen. In den naechsten drei Jahren sollen die Sozialhilfesaetze nur so stark wie die Nettoloehne steigen. Gesundheitsminister Seehofer erklaerte, dass mit dem Gesetz keine Leistungskuerzungen geplant seien, sondern nur eine Begrenzung des Ausgabenanstiegs. Nach Seehofer sparen die Kommunen damit jaehrlich mindestens 2,2 Mrd. DM.


Weitere Kabinettsentscheidungen in Kuerze

Bonn. Auf seiner heutigen Sitzung hat das Kabinett unter anderem noch folgendes beschlossen: Das Kabinett wird den Vermittlungsausschuss zum Jahressteuergesetz 1996 erneut anrufen. Das erste Verfahren hatte keine Einigung erbracht. Der Gesetzentwurf zur Kohlesubventionierung wurde verabschiedet. Ab 1996 werden die Subventionen direkt aus dem Bundeshaushalt bezahlt, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Finanzierung ueber den sog. Kohlepfennig als verfassungswidrig verworfen hatte. Ein Sachverstaendigenrat "Schlanker Staat" wurde wie erwartet eingesetzt. Bis Jahresende soll das Gremium Vorschlaege ueber eine Reform der oeffentlichen Verwaltung und eine Reduzierung der Staatsaufgaben machen. Das Kabinett billigte den Rentenversicherungsbericht. Dieser sagt nach den gesunkenen Beitraegssaetzen in diesem Jahr fuer die Zukunft steigende Saetze voraus. Wegen des Jahressteuergesetzes soll der Rentenbeitrag naechstes Jahr deutlich in die Hoehe gehen.


Kanther will Asylbewerberzahlen weiter senken

Bonn. Bundesinnenminister Kanther will die Zahl der Asylbewerber weiter druecken. Kanther sagte woertlich: "Wenn immer noch etwa 10.000 Auslaender monatlich nach Deutschland kommen und davon nur 10 Prozent als berechtigt anerkannt werden, dann zeigt sich, dass wir die Zahl noch weiter senken muessen". Gleichzeitig wandte sich Kanther gegen ein Einwanderungsgesetz. Er erklaerte, ein solches Gesetz sei den Buergern nicht vermittelbar und politisch falsch.


Beratungen der Unionsparteien ueber kuenftigen Kurs

Bonn. Die Spitzen von CDU und CSU sind am Nachmittag im Bundeskannzleramt zusammengekommen, um ueber die kuenftige politische Strategie der Schwesterparteien zu beraten. Ein Schwerpunkt duerfte die Diskussion um eine schwarz-gruene Zusammenarbeit sein. Waehrend die CSU Koalitionen der Union mit den Gruenen vehement ablehnt, hat sich unter anderem der CDU-Politiker Heiner Geisler dafuer ausgesprochen, schwarz-gruene Optionen nicht zu tabuisieren. CDU-Generalsekretaer Peter Hintze bekraeftigte dagegen unmittelbar vor Beginn der Strategiedebatte, dass es ein Buendnis mit den Gruenen auf Bundes- oder Landesebene auch kuenftig nicht geben werde, denn die Gruenen seien nicht koalitionsfaehig. Nach der Sitzung erklaerten die Generalsekretaere Hintze und Protzner, die Runde habe Spekulationen ueber schwarz-gruene Buendnisse eine klare Absage erteilt. Alternativen zur Koalition mit der FDP seien nicht erwogen worden. Der CSU-Vorsitzende, Bundesfinanzminister Waigel, sagte, die Union strebe nicht nach der absoluten Mehrheit.


Vergleich ueber SED-Altvermoegen

Berlin. Die PDS und die Unabhaengige Kommission fuer die Ueberpruefung der DDR-Parteivermoegen haben einen Vergleich ueber das SED-Altvermoegen unterzeichnet. Er sieht vor, das auf einen Wert von etwa 1,8 Mrd. DM geschaetzte Vermoegen der frueheren DDR-Staatspartei kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Zwecken in den neuen Laendern zukommen zu lassen. Die PDS bekam vier Immobilien zugesprochen.


Plaedoyers der Nebenklaeger im Solingen-Prozess

Duesseldorf. Im Prozess um den Brandanschlag von Solingen haben heute die Anwaelte der tuerkischen Nebenklaeger mit ihren Plaedoyers begonnen. Der Vertreter der Familie Gentsch sagte, Solingen sei der Hoehepunkt der Auslaenderfeindlichkeit in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands. Bei dem Brandanschlag von Solingen waren Ende Mai 1993 fuenf tuerkische Frauen und Maedchen getoetet worden. Der Tat sind vier junge Maenner im Alter von 18 bis 25 Jahren angeklagt. Die Bundesanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche Hoechststrafen beantragt.


Stuttgart: Ozongesetz tritt spaetestens naechste Woche in Kraft

Stuttgart. Das baden-wuerttembergische Verkehrsministerium geht davon aus, dass das Ozongesetz spaetestens Anfang naechster Woche in Kraft tritt. Verkehrsminister Schaufler forderte alle Autofahrer auf, sich rechtzeitig auf moegliche Fahrverbote einzustellen und ohnehin nur dann das Auto zu benutzen, wenn dies unbedingt noetig sei. Das bundesweite Ozongesetz sieht bei Ozonkonzentrationen von mehr als 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft Fahrverbote fuer nicht schadstoffarme Autos vor. Ausnahmen gelten unter anderem fuer Berufspendler und Urlauber. Fuer schadstoffarme Autos werden die Zulassungsstellen demnaechst Plaketten ausgeben. Fahrverbote sollen im Rundfunk bekanntgegeben werden. Verstoesse werden als Ordnungswidrigkeit mit einem Bussgeld belegt.


Immer mehr Lehrlinge mit Abitur

Bonn. Immer mehr Lehrlinge haben Abitur. Das teilte der Deutsche Industrie- und Handelstag mit. Im vergangengen Jahr hatten fast 22 Prozent der Lehrlinge die Hochschulreife, 1993 hatte der Anteil der Abiturienten noch knapp ueber 20 Prozent gelegen.


Boerse

DAX      2.193  (- 7), nachboerslich etwas hoeher
1 US-$   1,3925 DM, nachboerslich etwas schwaecher
Umlaufr. 6,50 % (+ 0,05)



Quellen

B5    7:15 MESZ    14:15 MESZ
SDR3    11:00 MESZ    18:00 MESZ