Eichel und Schroeder uebernehmen Lafontaines Aemter |
Einen Tag nach dem Ruecktritt Oskar Lafontaines von allen politischen
Aemtern sind die Weichen fuer seine Nachfolger gestellt. Der hessische
Ministerpraesident Eichel wird nach der Konstituierung der neuen
Landesregierung am 7. April das Finanzministerium uebernehmen. Bis dahin
leitet es komissarisch Wirtschaftsminister Mueller. Bundeskanzler
Schroeder wurde mit 23 Stimmen des SPD-Vorstandes als neuer SPD-Chef
vorgeschlagen. Ein Sonderparteitag am 11. April soll ihn endgueltig in
dieses Amt waehlen. Schroeder kuendigte an, er wolle die
programmatischen Grundlagen und Werte der SPD in offener Diskussion
fortentwickeln. Die Koalition mit den Buendnisgruenen stehe fuer ihn
nicht in Frage. Eine Kabinettsumbildung schloss er aus. Forderungen aus
Industrie und Opposition, die verabschiedeten Steuergesetze auf Eis zu
legen, lehnte er ab. Sie sollen wie geplant in einer Woche den Bundesrat
passieren. Schroeder machte aber deutlich, dass es bei der Aufarbeitung
der Unternehmenssteuerreform Aenderungen geben koennte. Auch die
Buendnisgruenen wollen das eine oder andere Gesetz korrigieren.
Fraktionschef Schlauch sagte, es muesse jetzt ein positives Signal an
die Wirtschaft geben. Die Opposition glaubt nicht an einen Kurswechsel
nach dem Ruecktritt Lafontaines. CDU-Chef Schaeuble sagte, die
Verantwortung fuer das angerichtete Chaos trage nicht Lafontaine,
sondern der Kanzler. Die Frankfurter Boerse reagierte mit einem
kraeftigen Kursanstieg auf den Ruecktritt Lafontaines. Der DAX schloss
mit einem Plus von mehr als 5%. Gefragt waren vor allem die Aktien der
Energieversorger und der Versicherungen. |
Gewerkschaften sehen Chance fuer Neuanfang |
Der Ruecktritt von Finanzminster Lafontaine hat die Debatte ueber die
Wirtschaftspolitik neu entfacht. Von den Wirtschaftsverbaenden und
insbesondere von Vetretern der Energie- und Versicherungswirtschaft
wurde eine Korrektur der Reform un eine Neuausrichtung der Politik
gefordert. Die Verbaende BDI und HDE sprachen von der Chance fuer einen
"echten Neuanfang". HDE-Praesident Franzen warnte Kanzler Schroeder
davor, nur einige Korrekturen zu Gunsten von Grossunternehmen und
Energiekonzernen vorzunehmen. Geboten sei eine wirtschaftsfruendlichere
Politik fuer Mittelstand und Arbeitsplaetze. |
Kein Kontakt Schroeder - Lafontaine |
Nach dem Ruecktritt von Oskar Lafontaine hat Bundeskanzler Schroeder
nach Angaben von Regierungssprecher Heye bisher vergeblich versucht,
direkten kontakt mit Lafontaine aufzunehmen. Offenbar war dieser nicht
zu einem Gespraech mit Schroeder bereit. Versuche, ihn zu kontaktieren,
seien unternommen worden, so Heye; diese seien aber nicht erfolgreich
gewesen. Lafontaine hatte seinen Ruecktritt nur kurz schriftlich
mitgeteilt. Lafontaine haelt sich in seinem Haus in Saarbruecken auf.
Ueber die Motive fuer seinen ueberraschenden Ruecktritt gibt es
weiterhin keine Informationen. |
Kritik der Gewerkschaften an Ruecktritt Lafontaines |
IG-Metall-Chef Zwickel hat den Ruecktritt Lafontaines scharf kritisiert.
Davonlaufen sei nicht die Sache von Sozialdemokraten, sagte Zwickel.
Viele Arbeitnehmer haetten die Regierung gewaehlt, damit sie Probleme
loese und nicht selbst zum Problem wuerde. Der Ruecktritt sei ein
falsches politisches Signal. Das sei ein erster Erfolg der Wirtschaft,
fuegte er hinzu. Zwickel forderte die Regierung auf, ihren Kurs
beizubehalten. Der Chef der IG Bau, Wiesehuegel, sprach von einem herben
Schlag fuer die Arbeitnehmer. Lafontaine habe mit seiner
nachfrageorientierten Politik den Gewerkschaften sehr nahegestanden. |
Yehudi Menuhin verstorben |
Yehudi Menuhin, der wohl beruehmteste Geiger des 20. Jahrhunderts ist
tot. Er erlag heute in einem Berliner Krankenhaus einem akuten
Herzversagen. Der am 22. April 1916 in New York geborene Musiker trat
schon mit sieben Jahren auf und wurde international gefeiert.
Zehnjaehrig hatte er seine ersten Auftritte in Europa. Mit 12 nahm
Menuhin bereits Platten auf. In sieben Jahrzehnten reiste er fuer Musik
und Voelkerverstaendigung um den Erdball. Nach 1945 war er unter den
ersten, die den Deutschen die hand zur Versoehnung reichten.
Bundespraesident Herzog wuerdigte Menuhin als einen der groessten
Musiker dieses Jahrhunderts. Mit seinem Tod sei die Welt aermer
geworden, so Menuhin. |
Boerse |
|
Quellen |
|