GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 14. 11. 2004



* Volkstrauertag: Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft
* Bundespraesident uebermittelt Glueckwuensche zum Fastenbrechen
* Fischer unterwegs nach New York und Lateinamerika
* BA will ALG-II-Geldkartenund Kassenautomaten fuer Obdachlose einrichten
* Angst vor islamistischer Gewalt
* Arbeitszeit und Kuendigungsschutz in der Diskussion
* Arbeitszeit: Rauch- und Teepausen in der Diskussion
* Gruenen-Vorsitzende kuendigt gesetzliche Schritte gegen Korruption an
* Mangelndes Interesse an Lehrstellen
* Anna-Seghers-Preis in Mainz verliehen



Volkstrauertag: Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft

Deutschland hat anlaesslich des Volkstrauertags der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Bundespraesident Koehler legte an der Zentralen Gedenkstaette der Bundesrepublik, der Neuen Wache in Berlin, einen Kranz nieder. Neben dem Staatsoberhaupt versammelten sich auch Vertreter von Bundesregierung, Bundestag und Bundesverfassungsgericht an der Gedenkstaette. Der Praesident des Bundesverfassungsgerichts, Papier, warnte bei der Zeremonie vor einer Verdraengung der Geschichte. In einem Land, in dem der Frieden selbstverstaendlich geworden ist, sei die Erinnerung an die Schrecken des Krieges wichtig, um den Frieden einordnen und schaetzen zu koennen. Bundesweit wurden die Flaggen an oeffentlichen Gebaeuden auf Halbmast gesetzt. Der Volksbund Deutsche Kriegsgraeberfuersorge veranstaltete traditionell im Bundestag die zentrale Gedenkstunde. Dort sprach am Nachmittag Bundespraesident Koehler das Totengedenken.

Anlaesslich des Volkstrauertages hat der Praesident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, dazu aufgerufen die Demokratie in Deutschland zu verteidigen. Es gebe Unbelehrbare, aber die grosse Mehrheit der Deutschen wolle keine Rueckfall in die Zeit vor 1945. Das muesse sie jedoch auch deutlich machen. Ein Angriff gegen Minderheiten in Deutschland sei ein Angriff auf die Mehrheit, fuegte Spiegel hinzu.


Bundespraesident uebermittelt Glueckwuensche zum Fastenbrechen

Berlin. Bundespraesident Koehler hat den Muslimen in Deutschland seine Glueckwuensche zum Fest des Fastenbrechens uebermittelt. Anlaesslich des Endes des Ramadan heisst es in Koehlers Grussbotschaft, alle brauchten Zeiten der Besinnung und Neuorientierung. Koehler aeusserte gleichzeitig den Wunsch, dass sich die Menschen in Deutschland mit Respekt und Toleranz begegnen, dass keine Gruppe aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wird oder sich selber ausschliesst. Fuer Muslime in aller Welt hat am Wochenende das dreitaegige Fest zum Ende des Ramadan begonnen, das mit Gebeten, ausgiebigen Mahlzeiten und Geschenken fuer die Kinder begangen wird.


Fischer unterwegs nach New York und Lateinamerika

Aussenminister Fischer reist heute zu einem einwoechigen Besuch nach New York und Lateinamerika. In New York haelt er die Laudatio zur Verleihung der Leo-Baeck-Medaille an den deutsch-amerikanischen Historiker Fritz Stern. Ab morgen ist der Aussenminister in Guatemala zu Gast. Dort wird er unter anderem mit Staatspraesident Berger zusammentreffen. Anschliessend reist Fischer weiter nach Brasilien. Dort gehoeren Staatspraesident Lula da Silva und Aussenminister Amorim zu den Gespraechspartnern.


BA will ALG-II-Geldkartenund Kassenautomaten fuer Obdachlose einrichten

Die Bundesagentur fuer Arbeit will spezielle Geldkarten und Kassenautomaten fuer Empfaenger des neuen Arbeitslosengelds II (ALG II) einfuehren. Das Angebot richte sich an Menschen ohne festen Wohnsitz und ohne Konto, berichtet der MDR. Ab Januar koennten die Empfaenger in groesseren Arbeitsagenturen mit der Geldkarte ihr Arbeitslosengeld jederzeit vom Automaten abholen. Nach der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sind die Arbeitsagenturen ab Januar auch fuer die Betreuung von arbeitsfaehigen Menschen ohne festen Wohnsitz zustaendig.


Angst vor islamistischer Gewalt

Muenchen. Politiker aus SPD und CSU befuerchten, dass es auch in Deutschland zu Konflikten zwischen Einheimischen und Muslimen wie in den Niederlanden kommen koennte. So sagte der bayerische Innenminister Beckstein, dass es vor allem in deutschen Grossstaedten regelrechte Ghettos gebe, in den Parallelkulturen entstanden seien. Gleichzeitig kritisierte der CSU-Politiker das Gesellschaftsmodell in den Niederlanden und sagte woertlich: "Holland ist der Illusion einer multikulturellen Gesellschaft erlegen". Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wiefelspuetz, haelt Ausschreitungen wie in den Niederlanden fuer moeglich. Die islamischen Gemeinden in Deutschland forderte er auf, sich klar von Gewalttaetern und religioesem Wahn zu distanzieren. Die CDU-Politikern Schavan warnte vor Parallelgesellschaften. Um diese zu verhindern, muessten die Imame in deutscher Sprache predigen.


Arbeitszeit und Kuendigungsschutz in der Diskussion

Berlin. Die Arbeitnehmer in Deutschland sollen nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Clement frueher in den Beruf starten und spaeter in Rente gehen. Auf einer Veranstaltung in Tutzing sagte Clement. gemessen an der Lebensarbeitszeit werde in Deutschland so wenig gearbeitet wie nie zuvor. So sei ein Lehrling in Deutschland beim Eintritt in den Arbeitsmarkt im Schnitt 18,9 Jahre alt, in Oesterreich aber nur 16 Jahre. Von den ueber 55-Jaehrigen arbeiteten in Deutschland nur noch 39 Prozent, in Schweden dagegen rund 60 Prozent. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall brachte am Wochenende eine mehrjaehrige Nullrunde bei den Loehnen ins Gespraech. Verbandspraesident Kannegiesser betonte, nur so koenne die Wettbewerbsfaehigkeit der Unternehmen gesichert werden.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Stiegler uebte unterdessen harsche Kritik an der CSU. Nach Bekanntwerden ihres Leitantrags fuer den kommenden Parteitag sagte Stiegler, die CSU sei aus dem Arbeitgeberlager ferngesteuert. Er sei dankbar, so Stiegler weiter, dass sich die Union oute. SPD-Generalsekretaer Benneter kritisierte die Plaene als "radikalen Sozialabbau". Es gebe keine Belege dafuer, dass eine Abschaffung des Kuendigungsschutzes zu mehr Arbeitsplaetzen fuehren wuerde. Die CSU will laut Leitantrag den Kuendigungsschutz drastisch einschraenken und die Algemeinverbindlichkeit von Tarifvertraegen abschaffen. CSU-Generalsekretaer Soeder verteidigte das Vorhaben mit dem Hinweis, man wolle die Arbeitnehmerrechte staerken, indem man die uebertriebenen Forderungen zum Kuendigungsschutz abbaue.


Arbeitszeit: Rauch- und Teepausen in der Diskussion

Frankfurt am Main. Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Walter hat sich dafuer ausgesprochen, Raucher- und Teepausen kuenftig vom Gehalt abzuziehen. Walter sagte in einem Interview, keiner koenne verlangen, dass Arbeitgeber solche Pausen auch noch bezahlen. Der Oekonom forderte, dass kuenftig nur noch die echte Arbeitszeit bezahlt werden sollte. Das senke die Arbeitskosten der Unternehmen. Unterstuetzt wurde Walter vom CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Fuchs. Er fuegte hinzu, wo es moeglich ist, sollten sich Raucher vor ihren Pausen per Stechkarte abmelden. Oder sie muessen die Zeit nacharbeiten.


Gruenen-Vorsitzende kuendigt gesetzliche Schritte gegen Korruption an

Nach den bekannt gewordenen Korruptionsfaellen in Bundesministerien, Behoerden und im Gesundheitswesen hat die Vorsitzende der Gruenen, Claudia Roth, gesetzliche Schritte angekuendigt."Wir haben in Deutschland ganz eindeutig ein Korruptionsproblem", raeumte sie im Gespraech mit der "Bild am Sonntag" ein. Deshalb solle das Informationsfreiheitsgesetz geaendert werden. Jeder Buerger muesse das Recht bekommen, Akten in den Behoerden einzusehen. "Solche Transparenz wirkt Wunder", sagte Roth weiter. "Da werden viele Leute kuenftig vorsichtiger sein."Die Anti-Korruption-Organisation Transparency International schaetzt, dass alleine dem deutschen Gesundheitssystem durch Betrug und Korruption jaehrlich bis zu 20 Milliarden Euro entzogen werden. Die Kassenaerztliche Bundesvereinigung und der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie hatten den Bericht als fehlerhaft und unserioes zurueckgewiesen.


Mangelndes Interesse an Lehrstellen

Viele Jugendliche haben offenbar kein Interesse an einer Lehrstelle. Das kritisierte der Deutsche Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Die 81 Industrie- und Handelskammern haetten in den vergangenen Wochen rund 30.000 Jugendliche ohne Ausbildung angeschrieben, doch mehr als 10.000 haetten sich auch nach dem zweiten Brief nicht gemeldet, berichtet die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf DIHK-Informationen.DIHK-Hauptgeschaeftsfuehrer Martin Wansleben sagte der Zeitung, die Unternehmen setzten fuer den Ausbildungspakt "alle Hebel in Bewegung". Nun erwarte die Wirtschaft aber auch von der Jugend, dass sie "am Ball bleibt". Es verwundere schon, dass im Endspurt nur 66 Prozent der eingeladenen Jugendlichen zu den Nachvermittlungen erscheinen. Eltern und Schulen muessten den Jugendlichen klarmachen, "dass es nicht nur den einen Traumjob gibt", betonte Wansleben. Mit dem Ausbildungspakt hatten Regierung und Wirtschaft eine von der SPD geforderte Zwangsabgabe fuer ausbildungsunwillige Unternehmen abgewendet. Die Wirtschaft hatte sich verpflichtet, jaehrlich 30.000 neue Lehrstellen anzubieten und 25.000 mehrmonatige Einstiegspraktika fuer schwer vermittelbare Jugendliche zu schaffen.


Anna-Seghers-Preis in Mainz verliehen

Mainz. Verbunden mit einer Autorenlesung sind am Samstagabend in Mainz die diesjaehrigen Traeger des Anna-Seghers-Preises ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung geht an den Berliner Lyriker Jan Wagner und an die Erzaehlerin Claudia Hernandez aus El Salvador. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 25.000 Euro dotiert. Der Preis wird jaehrlich zur Foerderung kaum bekannter Nachwuchsautoren aus deutschsprachigen und lateinamerikanischen Laendern verliehen. Der 1971 in Hamburg geborene Wagner wurde den Angaben zufolge von der Jury ausgewaehlt, weil er "virtuos und bescheiden die Tradition der modernen Dichtung fortsetzt". Die 29-jaehrige Hernandez wird fuer ihre Erzaehlungen praemiert, in denen sie "originelle und in all ihrer Surrealitaet ueberzeugende Bilder gefunden hat". Die 1983 gestorbene Anna Seghers ("Das siebte Kreuz") war eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts und gebuertige Mainzerin. In ihrem Testament hatte sie verfuegt, dass die Tantiemen ihrer Werke zur Unterstuetzung junger Kuenstler dienen sollen.


Quellen

DLF    12:00 MEZ    18:00 MEZ
BR5    06:00 MEZ    12:00 MEZ    18:00 MEZ
SWR3    18:00 MEZ