GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 28.01.1997



* Rentenreform stoesst auch in den eigenen Reihen auf Kritik
* Otto-Erpresser verhaftet
* Verbraucherverbaende verlangen unabhaengige Untersuchungen zu BSE
* Bundeskabinet billigt Jahreswirtschaftsbericht
* Kinkel weist Kritik an Deutschland zurueck
* Urabstimmung bei den DAG-Mitgliedern der Lufthansa
* DGB erwartet Rekordzahl an Arbeitslosen fuer Januar
* Bundesversicherungsamt kritisiert Mitgliederwerbung der Krankenkassen
* Bundeslandwirtschaftsministerium beschliesst BSE-Schutzverordnung
* Schnee und Eis fuehren zu zahlreichen Unfaellen in Niedersachsen
* Seehofer verbietet weitere Designerdrogen
* Unwort des Jahres
* Boerse



Rentenreform stoesst auch in den eigenen Reihen auf Kritik

Bonn. Die Reformvorschlaege der Rentenkommission von Arbeitsminister Bluem stossen auf Kritik aus den eigenen Reihen. Wirtschaftswissenschaftler Miegel, selbst Mitglieder der Rentenkommission, sieht in dem Reformkonzept eine schleichende Enteignung junger Menschen. Er hat das Konzept abgelehnt. Es sei weder dem Umstand eines Bevoelkerungsumbruchs noch einem geaenderten Arbeitsmarkt Rechnung getragen worden. Er habe den Eindruck gewonnen, dass die junge Generation mit diesem Modell ueber den Tisch gezogen wuerde. Ihr wuerden Lasten auferlegt, die sie vernuenfigerweise nicht tragen koenne und nicht uebernehmen sollte. Aus diesem Grund und der Tatsache, dass die Finanzierung voellig ungeklaert geblieben sei, sei er der Auffassung gewesen, dagegen stimmen zu muessen. Die Kommission hatte gestern ein Konzept vorgelegt, nach dem die Renten wegen der Bevoelkerungsentwicklung bis zum Jahr 2030 von derzeit 70 auf 64 Prozent des Nettoeinkommens sinken sollen. Die sogenannten Versicherungsfremden Leistungen wie zum Beispiel das Erziehungsgeld soll ueber eine neue mit Steuergeldern finanzierte Familienkasse bezahlt werden. Westerwelle sagte, der Reformvorschlag koenne und werde nicht Regierungspolitik werden. Die heute 40-jaehrigen sollen die niedrigsten Renten bekommen und die heute 20-jaehrigen sollen die hoechsten Renten- Beitraege zahlen. Das sei eine Politik zu Lasten der naechsten Generation, nicht solidarisch und auch nicht sozial. SPD-Fraktionschef Scharping kuendigte an, seine Partei werde den Vorschlaegen nicht zustimmen. Die Renten bewegten sich immer mehr auf Sozialhilfeniveau zu, weil die Kommission keine Vorschlaege fuer die Entlastung der Rentenversicherung von versicherungsfremden Leistungen gemacht habe.


Otto-Erpresser verhaftet

Hamburg. Versandhauschef Michael Otto ist seit zehn Tagen erpresst worden. Die Polzei konnte einen 50-jaehrigen bei der Uebergabe von zweieinhalb Millionen Mark festnehmen. Auf ein Funksignal hin sollte der Geldbote die Millionen in einem Koffer aus einem fahrenden Zug abwerfen. Der Erpresser hatte den Regionalzug aus Luebeck nach Kiel ausgesucht. Kurz nach 19:00 Uhr kam das vereinbarte Signal und der Koffer wurde abgeworfen. Hunderte von Polzeibeamten, unterstuetzt vom mobilen Einsatzkommando, standen an der Strecke bereit. Als der Erpresser den Koffer abholen wollte, wurde er ueberwaeltigt. Der Mann wurde bei der Festnahme leicht verletzt und legte noch in der Nacht ein umfassendes Gestaendnis ab. Der Erpresser hatte damit gedroht, den Versandhauschef mit einer Autobombe in die Luft zu jagen. Otto gilt als der reichste aber auch als der am besten beschuetzte Millionaer der Hansestadt. Der Hamburger Otto-Versand ist der groesste Versandhandel der Welt und macht global fast 25 Mrd. DM Umsatz.


Verbraucherverbaende verlangen unabhaengige Untersuchungen zu BSE

Bonn. Die Verbraucherverbaende verlangen unabhaengige Untersuchungen zur Uebertragung von BSE. Sie kritisieren, dass alle bisherigen Vorschungsergebnisse aus Grossbritannien stammen.


Bundeskabinet billigt Jahreswirtschaftsbericht

Bonn. Das Bundeskabinet hat den juengsten Jahreswirtschaftsbericht gebilligt. In der Vorlage geht Bundeswirtschaftsminister Rexrodt von einem Anstieg der Arbeitslosenzahl auf rund 4,1 Mio im Jahresdurchschnitt aus. Die Regierung rechnet aber mit einem Rueckgang der Arbeitslosenzahlen im Fruehsommer. Die Trendwende wird fuer Mai dieses Jahres erwartet. Fuer Ende des Jahres prognostiziert Rexrodt eine niedrigere Arbeitslosenzahl als fuer das Ende des letzten Jahres. Die Bonner Koalition haelt aber an ihrer Wachstumsprognose von 2,5% fuer dieses Jahr fest. Die Inflationsrate soll bei 1,5% liegen. Ausserdem ist laut Presseberichten mit der Entscheidung ueber eine neue Haushaltssperre zu rechnen. Rexrodt bezeichnete die Trendwende am Arbeitsmarkt und mehr Dynamik in der wirtschaftlichen Entwicklung als die wirtschaftspolitischen Ziele der Regierung fuer dieses Jahr.


Kinkel weist Kritik an Deutschland zurueck

Muenchen. Bundesaussenminister Kinkel hat die amerikanische Kritik an Deutschland wegen der Massnahmen gegen die Scientology-Organisation zurueckgewiesen. Auf einer Parteiveranstaltung in Muenchen sagt er, die Vorwuerfe seien absolut unberechtigt und entbehrten jeder Grundlage. Die Haltung der deutschen Bundesregierung sei klar, so Kinkel. Scientology sei nach einem hoechstrichterlichen Urteil keine Religionsgemeinschaft, sondern auf Wirtschaftserwerb ausgerichtet. Im neuesten Bericht des US Aussenministeriums ueber die weltweite Lage der Menschenrechte wird der Bundesrepublik Diskriminierung von Scientology-Mitgliedern vorgeworfen. Gleichzeitig aber kritisierte Aussenamtssprecher Burns (sp?), dass Scientology eine ueberzogene Kampagne gegen die deutsche Regierung gefuehrt habe.


Urabstimmung bei den DAG-Mitgliedern der Lufthansa

Frankfurt/Main. In einer Urabstimmung entscheiden heute die DAG-Mitglieder unter den Beschaeftigten der Lufthansa ueber einen Streik. Die Deutsche Angestellten Gewerkschaft will das Boden-, Kabinen- und Cokpitpersonal befragen, ob sie einen Arbeitskampf fuehren soll. Fuer einen Streik sind nach der Satzung der DAG die Stimmen von mindestens 70% der Mitglieder notwendig. Ausgezaehlt werden die Stimmen erst am 25. Februar. Die Gewerkschaft will mit dem geplanten Arbeitskampf ihrer Forderung nach mehr Lohn und Gehalt Nachdruck verleihen. Die DAG verlangt ausserdem eine kuerzere Laufzeit des Tarifvertrags, den die Lufthansa im Oktober mit der Gewerkschaft OETV abgeschlossen hat. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen hatte sie bereits im November und Dezember zu Warnstreiks aufgerufen.


DGB erwartet Rekordzahl an Arbeitslosen fuer Januar

Nuernberg. Die Zahl der Arbeitslosen ist nach Einschaetzungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Januar auf eine neue historische Hoechstmarke geklettert. Der DGB rechnet mit einem Rekord von etwa 4,4 Mio. Erwerbslosen. Das sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Kefer heute der deutschen Presseagentur. Im Dezember lag die Zahl der Erwerbslosen noch bei rund 4,15 Mio. Die bisherige Hoechstmarke lag mit knapp 4,3 Mio. im Februar vergangenen Jahres erreicht worden.


Bundesversicherungsamt kritisiert Mitgliederwerbung der Krankenkassen

Berlin. Mit scharfen Formulierungen hat das Bundesversicherungsamt in Berlin die Mitgliederwerbung der Krankenkassen in den vergangenen Jahren kritisiert. Die Kassen haetten eine Schlacht um Marktanteile entfesselt, in der das geltende Recht im grossen Stil missachtet worden sei. Mit allein auf Effekthascherei angelegten Aktionen haetten sie Jagd auf Mitglieder gemacht und hierzu das Geld der Beitragszahler mit vollen Haenden aus dem Fenster geworfen.


Bundeslandwirtschaftsministerium beschliesst BSE-Schutzverordnung

Bonn. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat die Rechtsgrundlage fuer die Toetung von 5200 Rindern geschaffen, die aus der Schweiz, Grossbritannien und Nordirland nach Deutschland eingefuehrt worden sind. Das Ministerium erliess heute eine entsprechende Eilverordnung. Bund und Laender hatten die Toetung der Tiere in der vergangenen Woche gemeinsam beschlossen, um moeglichen Gefahren durch die Rinderseuche BSE vorzubeugen. Die BSE-Schutzverordnung tritt morgen in Kraft. Damit kann noch diese Woche mit den Notschlachtungen begonnen werden.


Schnee und Eis fuehren zu zahlreichen Unfaellen in Niedersachsen

Hannover. Spiegelglatte Strassen und Schneefall haben in ver vergangenen Nacht in Niedersachsen zu zahlreichen Unfaellen gefuehrt. Nach Angaben des Lagezentrums in Hannover wurden neun Menschen schwer und 24 leicht verletzt. Einige Autobahnen mussten teilweise gesperrt werden.


Seehofer verbietet weitere Designerdrogen

Bonn. Gesundheitsminister Seehofer verbietet Herstellung und Handel mit weiteren Designerdrogen. Sie unterscheiden sich von bereits verbotenen Betaeubungsmitteln durch geringfuegige chemische Veraenderungen der Molekuele. Die Neuregelung soll bereits in wenigen Tagen in Kraft treten.


Unwort des Jahres

Frankfurt. Das Unwort des Jahres heisst "Rentnerschwemme". Dies gab heute eine Jury aus Sprachkritikern und Schriftstellern bekannt. Am haeufigsten waren bei den fast 1900 Zusendungen die Woerter "Sparpaket", "Rechtschreibreform" oder etwa "Kids" genannt. Die Wahl aber fiel auf das Wort "Rentnerschwemme". Der Frankfurter Germanistikprofessor Horst Dieter Schloesser, Sprecher der Unwortjury begruendete die Wahl so: Das sprachliche Bild vermittele den falschen und inhumanen Eindruck, es handle sich bei der gestiegenen Zahl von Menschen, die einen Anspruch auf eine angemessene Altersversorgung haetten, um eine nicht vorhersehbare Naturkatastrophe, gegen die man sich mit unpopulaeren Massnahmen eventuelle schuetzen muesse. Die naechstplazierten Unwoerter: "Flexibilisierung", "Outsourcing", "Umbau des Sozialstaates", "Gesundheitsreform" und "Sozialhygiene"


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,6545
Kanada(1 $)  1,2310
England(1 Pfund)  2,6610
Irland(1 Pfund)  2,6250
Schweiz(100 sfr)  115,450
Frankreich(100 FF)  29,651
Italien(1000 Lit)  1,0261
Oesterreich(100 oeS)  14,214
Spanien(100 Ptas)  1,1880
Japan(100 Yen)  1,3694
Schweden(100 skr)  22,650
 
Einige Indizes:
DAX:2989,33(-5,20)  (Schlussstand)  
Dow-Jones-Index:6733,43(+ 72,74)  (16:00 UTC)  
6660,69(Schlussstand gestern)  
Nikkei-Index:17796,57(+461,67)  (Schlussstand)  
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

SWF3:    09:00 MEZ    18:00 MEZ
B5:    09:15 MEZ    16:15 MEZ
Radio 7:    10:00 MEZ    17:00 MEZ
SDR 3:    11:00 MEZ    16:00 MEZ