GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 08.09.1994



* Berlin feiert Abschied von den westlichen Schutzmaechten.
* Die Schwerste Rezession der Nachkriegszeit in Deutschland ist ueberwunden
* Regierungserklaerung in Sachsen-Anhalt
* Sanktionen gegen Jugoslawien sollen gelockert werden
* Republikaner-Chef in Bremen soll aus dem Polizeidienst entlassen werden
* Neuer Praesident des Deutschen Roten Kreuzes
* Bundesrat fordert Regierung auf neuen Finanzplan vorzulegen
* Bundestag muss vor der Wahl noch einmal zusammentreten
* Portugiesische Gastarbeiter auf Schlepperfirma hereingefallen
* DFB darf Fernsehrechte an Europapokalen nicht mehr exklusiv verkaufen
* Dollarwechselkurs



Berlin feiert Abschied von den westlichen Schutzmaechten.

Berlin. 49 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs ziehen die Truppen der drei Westalliierten aus Berlin ab, bleiben aber im Rahmen der Nato weiterhin in den alten Bundeslaendern stationiert. Den Auftakt der ganztaegigen Feiern in der Hauptstadt bildete gegen Mittag ein militaerisches Zeremoniell vor dem Schloss Charlottenburg. Dort begruesste Bundeskanzler Kohl die Repraesentanten der drei Schutzmaechte, Frankreichs Praesident Mitterand, den Britischen Premierminister Major und US-Aussenminister Christopher. Vor dem Luftbrueckendenkmal am Flughafen Tempelhof, das an die Hilfsleistungen der Alliierten waehrend der Berlin-Blockade Ende der 40er Jahre sowie an den Durchhaltewillen der Berliner erinnert, gedenken zur Stunde die Spitzenpolitiker der ehemaligen Schutzmaechte sowie der Bundeskanzler der Opfer der damals beispiellosen Hilfsaktion. Berlins regierender Buergermeister Eberhart Diepgen nannte die Luftbruecke, die Geburtsstunde der Atlantischen Allianz. Der Freiheitswillen der Berliner habe die westliche Welt vom Willen der Deutschen ueberzeugt, nie wieder in Tyrannei leben zu wollen, sagte Diepgen in Anwesenheit zahlreicher alliierter Veteranen. "Der Festigkeit der westlichen Alliierten hat Berlin die Freiheit zu verdanken. Letztlich aber verdanken die Berliner und die Deutschen auch ihre Einheit genau dieser unbeirrbaren Politik der Alliierten, der Politik der Allianz, die ihren Ausgang genommen hat von dieser Luftbruecke." Bundeskanzler Helmut Kohl dankte vor dem Luftbrueckendenkmal den Soldaten der Alliierten Schutzmaechte, die den freien Teil Berlins ueber vierzig Jahre lang Schutz und Hilfe gewaehrt haetten. Die beispiellose Hilfsaktion wuerden die Deutschen niemals vergessen, sagte der Kanzler. "Die Luftbruecke wurde zum Symbol der Standhaftigkeit und der Solidaritaet der westlichen Demokratien. Die ganze Welt wurde Zeuge der Entschlossenheit der westlichen Alliierten, auf keinen Fall unter keinen Umstaenden der kommunistischen Bedrohung zu weichen. Aus dieser grossen tiefgehenden Erfahrung erwuchs der Wille zur Verteidigung von Frieden und Freiheit fest und dauerhaft in der atlantischen Allianz zusammenzuschliessen." Frankreichs Praesident Francois Mitterand, der an einer schweren Krebserkrankung leidet, nimmt heute nicht an den Feierlichkeiten teil, die im Freien stattfinden. Frankreichs Praesident Mitterand und der britische Premierminister Major verwiesen auf die symbolische Bedeutung Berlins. Die Stadt habe zunaechst die deutsche und europaeische Teilung verdeutlicht, jetzt symbolisiere sie die neue demokratische Ordnung Europas. Der Amerikanische Aussenminister Christopher forderte die Europaeische Union auf, sich den neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa zu oeffnen. Nach den Worten von Bundespraesident Herzog ist der Abzug der Alliierten aus Berlin mehr ein Anlass zum Dank als zum Abschied. Bei einem Abendessen in Schloss Bellevue sagte Herzog, die Westmaechte haetten in Berlin dem Frieden gedient. Diese Aufgabe sollten sie weltweit auch in Zukunft wahrnehmen und zwar gemeinsam mit den Deutschen.


Die Schwerste Rezession der Nachkriegszeit in Deutschland ist ueberwunden

Wiesbaden. Der Bundesregierung duerfte die frohe Botschaft gerade recht gekommen sein. Deutschland hat die schwerste Rezession der Nachkriegszeit ueberwunden, die Konjunktur zieht wieder an, so ist den neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden zu entnehmen. Danach ist die deutsche Wirtschaft in West und Ost im ersten Halbjahr 1994 weiter gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt ist gegenueber dem Wert vom Vorjahr um 2,8 % gestiegen. Entgegen vielen Skeptikern ist die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal des laufenden Jahres kraeftig gewachsen und das deutlicher als erwartet. Hans-Guenter Merk, der Praesident des Statistischen Bundesamtes heute morgen in Wiesbaden: "Im ersten Halbjahr 1994 war das Bruttoinlandsprodukt real in Deutschland um 2,8 % groesser als vor Jahresfrist. Im Bundesgebiet um 2,2 % und in den neuen Laendern und Berlin-Ost um 8,9 %." Die wirtschaftliche Lage hat sich dabei vor allem in Westdeutschland guenstiger entwickelt als prognostiziert. Ein Wachstum von 1,5 oder gar 2 % scheint jetzt realistisch. In Ostdeutschland laeuft die Konjunktur so erfreulich wie prophezeit. Die hoechsten Wachstumsraten seit der Vereinigung kann man dort verbuchen. "1992 war das Bruttoinlandsprodukt dort real um 7,8 % gestiegen, 1993 um 5,8 % und im ersten Halbjahr 1994 um 8,9 %." Bundeswirtschaftsminister Rexrodt hat sich zufrieden ueber die Entwicklung geaeussert. Der FTP-Politiker wertete die neuen Zahlen als Beweis, dass sich die Wirtschaft in Westdeutschland klar im Aufwind befinde und sich im Osten das kraeftige Wachstum fortsetze. Er erwarte jetzt auch eine Wende auf dem Arbeitsmarkt.


Regierungserklaerung in Sachsen-Anhalt

Magdeburg. Das rot/gruene Regierungsbuendnis in Sachsen-Anhalt hat nicht nur fuer Schlagzeilen gesorgt, sondern dem konservativen Lager vor allem willkommene Wahlkampfmunition geliefert. Unermuetlich wird von dieser Seite das Gespenst von einer drohenden Volksfront an die Wand gemalt, weil die Koalition von SPD und Gruenen in Sachsen-Anhalt von der PDS toleriert wird. Doch von dererlei Wahlkampftoenen war heute in Magdeburg nichts zu hoeren, als Regierungschef Reinhart Hoepner heute vor dem Landtag seine erste Regierungserklaerung abgab. Wer erwartet hatte Sachsen-Anhalts Ministerpraesident Reinhart Hoepner wuerde nach den Angriffen auf seine rot/gruene Minderheitsregierung die heutige Regierungserklaerung nutzen, um zum wahlpolitischen Gegenschlag auszuholen, lag schief. Kaum ein Wort zum Verhaeltnis der PDS, nicht die sonst ueblichen Verweise auf die uebernommenen Erblasten der Vorgaenger praegten die Rede. Hoepner stellte gaenzlich sachbetont in 13 Punkten kuenftige Regierungspolitik vor. Nicht nur einmal beschwor er dabei jene Ziele und Ansprueche herauf, mit denen er und andere im Herbst 1989 in die Politik gegangen waren. "Diese Politik muss dem Menschen dienen. Sie darf nicht einfach diktiert werden von bestimmten Interessensgruppen oder dem Machtkalkuel von Parteien und Fraktionen. Das war das Ziel des Herbstes 1989. Dieser Geist wird die Arbeit unserer Regierung weiter bestimmen." Von diesem Kurs, so Hoepner, werde sich seine Regierung auch nicht durch billige Polemik abhalten lassen. Die Leute im Land treibe die Angst vor dem Verlust ihrer Arbeitsplaetze um. Rot/Gruen in Sachsen-Anhalt werde daher alles daransetzen den Chemiestandort und andere industrielle Kerne zu erhalten. Mit einer Eigenkapitaloffensive der Landesregierung soll kleinen und mittelstaendischen Betrieben der Sprung auf die Maerkte erleichtert werden. Staerker als bisher soll die Wirtschaft nach regionalen Gesichtspunkten strukturiert werden. Wer in Zeiten knapper Kassen allerdings das Gespenst rot/gruener Unternehmerfeindlichkeiten aufbaue, so warnte Hoepner, handle verantwortungslos gegenueber dem Land. Politik duerfe nicht nur in Rastern von Wahlperioden, sondern muesse ueber den Tag hinaus denken. Eine Art der Zusammenarbeit neuer Qualitaet sei notwendig. "Wer hier weiter gegen alle Tatsachen Aengste schuert, der gefaehrdet boeswillig die wirtschaftliche Entwicklung und handelt damit politisch unverantwortlich." Nach drei CDU/FDP-Regierungen in nur einer Legislaturperiode muesse nun wieder regiert werden in Sachsen-Anhalt. Dabei sollen Regierung und Parlament in neuer Form zusammenarbeiten. Wenn der Wahlkampf vorbei sei, koenne man ueber Fraktionsgrenzen hinweg kooperieren. Nicht die Faust, sondern die ausgestreckte Hand werde das Symbol dieser Regierungsmannschaft sein. Die zu ergreifen zeigte sich CDU-Fraktionschef Christoph Bergner allerdings ueberhaupt nicht geneigt: "Luegen kann zur Gewohnheit werden. Das sieht man daran, wie diese Landesregierung und die Minderheitskoalition gebetsmuehlenartig die Unwahrheit verbreitet, sie haette einen Waehlerauftrag fuer ihr politisches Abenteuer." Hoepner, so Bergners massive Kritik, habe in seiner Regierungserklaerung nur wolkiges Gerede ueber die Kunst des Moeglichen verbreitet, politische Aufschneiderei betrieben. Eines sei klar, die CDU werde sich nicht in die politische Mithaftung dieser Minderheitsregierung nehmen lassen, einer Regierung, der jegliche brauchbare Konzepte fehlen, koenne man keine Hilfe angedeien lassen.


Sanktionen gegen Jugoslawien sollen gelockert werden

Berlin. Die internationale Bosnienkontaktgruppe will sich dafuer einsetzen, dass die Sanktionen gegen Jugoslawien gelockert werden. Bundesaussenminister Kinkel erklaerte nach einem Treffen der Gruppe in Berlin, mit der deutlichen Distanzierung des serbischen Praesidenten Milosewic von den bosnischen Serben sei eine neue Entwicklung eingetreten. Alle Mitglieder der Gruppe, die aus den USA, Russland, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland besteht, seien der Ansicht, dass dem in angemessener Form Rechnung getragen werden muesse. Die Lockerung der Sanktionen solle bei den Vereinten Nationen in Gang gesetzt werden. Bedingung sei aber, dass Serbien sich bereit erklaere, seine Grenzen zu den bosnischen Serben ueberwachen zu lassen.


Republikaner-Chef in Bremen soll aus dem Polizeidienst entlassen werden

Bremen. Der Landesvorsitzende der rechtsradikalen Republikaner in Bremen, Riedemann, soll aus dem Polizeidienst entlassen werden. Riedemanns Kandidatur fuer Platz eins der Republikanerlandesliste fuer den Bundestag sei mit dem Beamtenrecht nicht vereinbar, sagte Bremens Polizeichef Lueken. Lueken stuetzt sich auf ein Urteil des Nordrhein-Westfaelischen Justizministeriums. Damit war der Oberstaatsanwalt der Stadt Bochum abgesetzt worden, weil dieser auf einer Liste der Republikaner fuer den Bundestag kandidiert hatte.


Neuer Praesident des Deutschen Roten Kreuzes

Frankfurt an der Oder. Der Bochumer Universitaetsprofessor Knut Ipsen (sp.?) soll neuer Praesident des Deutschen Roten Kreuzes werden. Das gab heute der amtierende DRK-Praesident Prinz zu Seinwitgenstein (sp.????) auf der Justitiartagung seiner Organisation bekannt. Seinwitgenstein erklaerte, nach zwoelf Jahren Amtszeit werde er im kommenden November nicht mehr fuer eine neue Amtsperiode antreten. Der Voelkerrechtler Ipsen soll am 11. November von der DRK-Bundesversammlung gewaehlt werden.


Bundesrat fordert Regierung auf neuen Finanzplan vorzulegen

Bonn. Unmittelbar nach den zweitaegigen Haushaltsberatungen im Bundestag hat der Finanzausschuss des Bundesrats die Regierung aufgefordert, eine neue Finanzplanung vorzulegen. In der Stellungnahme des SPD-beherrschten Gremiums wird von der Bundesregierung verlangt, die Folgen der steuerlichen Freistellungen des Existenzminimums und eventueller anderer Vorhaben mit finanziellem Gewicht hinreichend zu beruecksichtigen. Der Haushaltsentwurf fuer das kommende Jahr und die Finanzplanung bis 1998 entspraechen nicht den Grundsaetzen der Klarheit, Wahrheit und Vollstaendigkeit.


Bundestag muss vor der Wahl noch einmal zusammentreten

Bonn. Obwohl die Koalition die letzte Sitzungswoche des Parlaments mit der Mehrheit ihrer Stimmen gestrichen hat, muss der Bundestag vor der Wahl am 16. Oktober noch einmal zusammenkommen. Die SPD forderte fuer den 21. und 22. September Sondersitzungen. Laut Geschaeftsordnung muss der Bundestag einberufen werden, wenn der Bundespraesident, der Bundeskanzler oder ein Drittel der Parlamentarier dies verlangen. Die SPD verfuegt mit 239 ueber mehr als ein Drittel der 662 Sitze. Der SPD-Fraktionsgeschaeftsfuehrer Struck kuendigte an, an den beiden Sitzungstagen solle unter anderem der Bericht des Treuhanduntersuchungsausschusses und das Schicksal der Bonner Schuermannbauten eroertert werden.


Portugiesische Gastarbeiter auf Schlepperfirma hereingefallen

Berlin. In Portugal leben die meisten Menschen von der Landwirtschaft. Die Arbeit ist schwer und der Verdienst gering. Deshalb suchen viele Portugiesen anderswo nach Arbeitsmoeglichkeiten. Ueber Leiharbeiterfirmen lassen sie sich ins Ausland vermitteln. Doch immer wieder fallen sie auf illegale Vermittler herein, die mit den arbeitswilligen Portugiesen nur dunkle Geschaefte machen wollen. Das juengste Beispiel spielt in Deutschland. Hier strandeten zahlreiche portugiesische Bauarbeiter, die von einer Scheinfirma geprellt wurden. Ein Mitarbeiter der portugiesischen Botschaft klettert in diesen Tagen ueber Baustellen im Grossraum Berlin. Er sucht Beschaeftigung fuer gestrandete Landsleute. Es handelt sich um mehrere Hundert Arbeiter aus Portugal, die von einer portugiesischen Firma auf deutsche Baustellen vermittelt wurden. Doch darin erschoepfte sich der Service dieser obskuren Firma. Seit Ende vergangener Woche ist ihr Sitz in Lissabon verwaist. Ein Mitarbeiter soll gefasst worden sein, ein anderer ist nach Botschaftsangaben fluechtig. Die Firma schuldet ihren nach Deutschland gebrachten Arbeitern rund 1,5 Millionen DM an Lohn und Sozialversicherungsbeitraegen. Ohne Geld und ohne Zukunft in Deutschland wurden etwa 300 der Geprellten mit Bussen nach Portugal zurueckgebracht. Fuer die uebrigen will der Mann aus der Botschaft erreichen, dass sie auf ihren Baustellen im Grossraum Berlin weiterarbeiten koennen, diesmal legal und direkt beim Bauunternehmer angestellt. Diese Episode ist kein Einzelfall. Bei der Bundesanstalt fuer Arbeit stoehnt man schon, wenn das Gespraech auf derartige Vorfaelle kommt. Portugiesische Arbeitnehmer sind von solch ueblen Methoden der versteckten Leiharbeit besonders oft betroffen. Sie sind auf den Baustellen als tuechtige und vor allem billige Arbeitskraefte gern gesehen. Die Gewerkschaft Bau/Steine/Erden rechnet vor, dass bei einem deutschen Arbeitnehmer Lohnstueckkosten von mindestens 60 DM pro Stunde anfallen, bei Portugiesen gerade einmal die Haelfte. Die Gesetzgebung macht es moeglich, dass deutsche Bauunternehmer Portugiesische Subunternehmer verpflichten, die Arbeiter fuer einige Monate im Rahmen von Werkvertraegen nach Deutschland vermitteln, aber bei sich unter portugiesischen Bedingungen beschaeftigen, entlohnen und versichern. Legal ist das dann, wenn diese Firmen in Portugal nachweislich im Bausektor taetig sind.


DFB darf Fernsehrechte an Europapokalen nicht mehr exklusiv verkaufen

Berlin. Der deutsche Fussballbund darf die Fernsehrechte an Europapokalen nicht mehr exklusiv verkaufen. Das hat das Bundeskartellamt entschieden. Die Vereine und nicht der DFB sollen ueber die Fernsehuebertragungsrechte entscheiden. Kartellamtschef Dieter Wolf sagte zur Begruendung, das finanzielle Risiko der Teilnahme an den Europapokalwettbewerben liegen bei den Vereinen, Uebertragungsrechte wuerden aber seit 1989/90 zentral vom DFB vergeben. Dies widerspreche dem Wettbewerbsrecht. Der DFB hat Berufung angekuendigt.


Dollarwechselkurs

1 US-$   =   1,5570 DM
DAX      =   2172 Punkte



Quellen

SDR3    15:00 Uhr MESZ    16:00 Uhr MESZ    22:00 Uhr MESZ
B5    15:15 Uhr MESZ    15:30 Uhr MESZ    15:45 Uhr MESZ    16:30 Uhr MESZ
B5    22:15 Uhr MESZ