GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 18.03.1995



* Zehntausende Tuerken wollen in Koeln demonstrieren
* Weitere Brandanschlaege auf tuerkische Einrichtungen in der BRD
* Waigel zur Absage an eine Energiesteuer
* Immer mehr Jugendliche werden nach der Ausbildung arbeitslos
* Parteitag der Gruenen in Baden-Wuerttemberg
* Parteitag der SPD in Rheinland-Pfalz
* Weitere Stimmen zum Fortfall des Kohlepfennigs
* Amnestiegesetz fuer verurteilte Sitzblockierer gefordert
* Engelen-Kaefer fordert Senkung der Sozialversicherungs-Einkommensgrenze
* Zur Besteuerung der Entsorgungsgebuehren
* Streiflicht der Sueddeutschen vom 18./19.Maerz
* Kommentar der Sueddeutschen: Schiessen nur unter 18
* Bundesliga



Zehntausende Tuerken wollen in Koeln demonstrieren

Zehntausende tuerkische Alleviten wollen heute in Koeln demonstrieren. Sie Protestieren gegen blutige Uebergriffe gegen Angehoerige ihrer Glaubensgemeinschaft in der Tuerkei. Die Polizei rechnet mit 20000, die Veranstalter erwarten 60000 Teilnehmer. Sie verurteilen in ihrem Aufruf das, Zitat: "brutale Vorgehen der tuerkischen Polizei gegen die allevitischen Demonstranten in der Tuerkei". Bei den Unruhen der vergangenen Tage waren dort einige Dutzend Demonstranten getoetet und Hunderte verletzt worden. Die Veranstalter der Koelner Demonstration distanzieren sich von jeder Form der Gewalt. Von den knapp 2 Millionen Tuerken in der Bundesrepublik gehoeren etwa 600000 der weltlich orientierten islamischen Glaubensgemeinschaft der Alleviten an. Sie werden in der Tuerkei von vielen Angehoerigen der Sunniten-Mehrheit angefeindet, weil sie bestimmte Regeln des Koran wie die Fastenzeit nicht beachten.


Weitere Brandanschlaege auf tuerkische Einrichtungen in der BRD

Duesseldorf. Die Serie der Brandanschlaege auf tuerkische Einrichtungen ging in der vergangenen Nacht weiter. Bislang wurden vier Anschlaege in Nordrhein-Westfalen bekannt, bei denen Sachschaden entstand.


Waigel zur Absage an eine Energiesteuer

Bonn. Bundesfinanzminister Waigel sieht wegen des Verzichts auf eine Energiesteuer im Bundeshaushalt eine Luecke von etwa 5 Milliarden DM. Waigel will jedoch Verteidigung und Forschung von Kuerzungen verschonen.


Immer mehr Jugendliche werden nach der Ausbildung arbeitslos

Duesseldorf. Immer mehr Jugendliche werden nach der Ausbildung arbeitslos. Das hat eine Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes ergeben. In Westdeutschland wurde im letzten Jahr jeder fuenfte Auszubildende nach der Lehre arbeitslos, in den neuen Bundeslaendern sogar jeder dritte. Das heisst fuer Westdeutschland, dass im letzten Jahr rund 100000 frischausgebildete junge Fachkraefte in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich vor allem in Kleinst- und in groesseren Betrieben die Uebernahmechancen nach der Lehre verschlechtert haben. Zugleich machen die Betriebe staerker als im vergangenen Jahr eine Besten-Auslese. Der Gewerkschaftsbund haelt es fuer wahrscheinlich, dass das Verhalten der Betriebe in ein paar Jahren zu einem Facharbeitermangel fuehren koennte.


Parteitag der Gruenen in Baden-Wuerttemberg

Mannheim. Der baden-wuerttembergische Vorstand von Buendnis 90 / Die Gruenen waehlt heute einen neuen Vorstand. Die beiden Vorstandssprecher Graf und Herrmann haben keine Gegenkandidaten. Die baden-wuerttembergischen Gruenen werden auch den Vorschlag des Landesvorsitzenden diskutieren, grundsaetzlich Frauen auf die ersten Plaetze der Wahllisten zu setzen.


Parteitag der SPD in Rheinland-Pfalz

Mainz. Auf einem Parteitag der rheinland-pfaelzischen SPD stellt sich Ministerpraesident Beck heute zur Wiederwahl als Landesvorsitzender. Die rund 250 Delegierten des Landes-Parteitags im Gau Odernheim beraten ausserdem ueber den Erhalt des oeffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Bewaeltigung des Truppenabbaus in Rheinland-Pfalz und andere Themen.


Weitere Stimmen zum Fortfall des Kohlepfennigs

Zur Finanzierung der Kohle-Subventionen sollen die Bergleute uU auf Verguenstigungen verzichten. Das berichtete das Magazin Fokus. Im Bundesfinanzministerium wuerden Einsparungen bei der Bergmannspraemie und dem Bundeszuschuss fuer die Knappschaftsversicherung erwogen. Bislang erhalten Bergleute fuer jede eingefahrene Schicht eine steuerfreie Praemie des Staates in Hoehe von 10DM. Nach Angaben von Fokus kosteten den Bund diese Praemien im vergangenen Jahr rund 150 Millionen DM. Als Subventionen fuer die Knappschaftsversicherung seien fuer 1996 bislang 13,8 Milliarden DM vorgesehen. Bundesministerin Merkel kritisierte den juengsten Kompromiss zur Kohle-Finanzierung. Als Ersatz fuer den Kohlepfennig haette sie eine Steuer auf den Stromverbrauch bevorzugt, sagte Merkel in einem Zeitungsinterview. Den dadurch entstehenden Spielraum haette man nutzen koennen, um erneuerbare Energien zu foerdern. Die FDP hatte mit dem Bruch der Koalition gedroht, falls eine Energiesteuer eingefuehrt wuerde.


Amnestiegesetz fuer verurteilte Sitzblockierer gefordert

Der nordrhein-westfaelische Innenminister Schnoor hat eine Amnestie fuer alle Demonstranten gefordert, die nach der Teilnahme an Sitzblockaden wegen Noetigung verurteilt wurden. Nach dem juengsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts muesse der Gesetzgeber durch ein Amnestiegesetz den Rechtsfrieden wieder herstellen, sagte Schnoor der deutschen Presseagentur. Nach seinen Einschaetzungen kaemen Tausende fuer eine Amnestie in Betracht. Es sei widersinnig, diese Menschen in ein aufwendiges und juristisch kompliziertes Wiederaufnahmeverfahren zu treiben. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass friedliche Sitzblockaden keine Gewalt sind, und deswegen nicht als Noetigung bestraft werden duerfen.


Engelen-Kaefer fordert Senkung der Sozialversicherungs-Einkommensgrenze

Jede zweite berufstaetige Frau in Deutschland zahlt keine Beitraege fuer die Sozialversicherung. Das teilte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Kaefer heute in Ruesselsheim mit. Sie verlangte, die Einkommensgrenze, bis zu der keine Sozialversicherung gezahlt werden muss, drastisch zu senken. Derzeit liegt diese Grenze bei 580DM pro Monat. Engelen-Kaefer sagte, die Freistellung von der Sozialversicherung subventioniere ungeschuetzte Arbeitsverhaeltnisse, und fuehre zu einer Unterbietungskonkurrenz bei den Loehnen.


Zur Besteuerung der Entsorgungsgebuehren

Bonn. Der deutsche Staedte- und Gemeindebund rechnet mit einem Anstieg der Muell- und Abwassergebuehren im kommenden Jahr um bis zu 10%. Schuld daran sei die geplante Mehrwertsteuer fuer oeffentliche Entsorgungsunternehmen, sagte der Praesident des Staedte- und Gemeindebundes, Thalmeier. Er rechnet fest damit, dass die Kommunalbetriebe die neue Belastung an die Buerger weitergeben. Dieselbe Befuerchtung hegt auch die SPD. Der Parteivorsitzende Scharping hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre Plaene zur Besteuerung der kommunalen Muell- und Abwassergebuehren zurueckzunehmen. Die Regierung habe Steuersenkungen versprochen, bereite aber in Wahrheit die naechste Steuererhoehung vor. Die Finanzexpertin der SPD, Frau Matthias-Maier, errechnete fuer eine vierkoepfige Familie eine jaehrliche Mehrbelastung von etwa 200DM.


Streiflicht der Sueddeutschen vom 18./19.Maerz

Ein Gespenst geht um in Europa, und das Gespenst heisst Europa. In seinem Namen treiben gespenstische Scharen ihr Unwesen, dass es eine Art hat. Sie verbieten Camenbert und erlauben Kohlendioxid, sie bleiben ganz gelassen, wenn wahnsinnige Griechen Makedonien zur Kolonie machen wollen, und sie werden hyperaktiv, wenn es einen Unterabsatz der europaeischen Trinkhalm-Verordnung umzuformulieren gilt. Vom europaeischen Geld wollen sie, es solle E-kue heissen, obwohl doch, einen gewissen Ei-Kju vorausgesetzt, nicht einzusehen ist, warum es nicht ueberall so heissen soll, wie es bisher geheissen hat - Lira in Italien, Pfund in England und hierzulande Mark, wobei eine Lira und ein Pfund und eine Mark dann halt in Gottes Namen gleich viel wert waeren. Indessen, dem Europa-Gespenst kommt es nicht auf den Geist an, sondern auf den Buchstaben, nicht auf die Sache, sondern auf die Form, genauer: Die Uni-Form. Man kann auch sagen: Auf das Erscheinungsbild - und nun lehnen wir uns fuer zwei Minuten zurueck und machen die Augen zu. Begriffen? Es geht gar nicht um Europa. Sondern es geht um alles: Um die Wahrnehmung der Welt. Erscheinungsbild, Lifestyle, Corporate Identity - das sind nicht bloss Begriffe aus dem Woerterbuch des Unmenschen, sondern, noch aerger, Handlungsanweisungen zur Enthumanisierung des Planeten. Das Boesartige dieser Anweisungen liegt dabei in ihrer scheinbaren Harmlosigkeit. Anders als jede politische Ideologie setzt die Ideologie des Erscheinungsbildes eben darauf, dass vor dem Denken die Wahrnehmung kommt; also macht sie die Wahrnehmung zur Falschnehmung, indem sie die Erscheinung der Dinge von den Dingen selbst trennt. Die Methode der Trennung heisst Design - es gibt, von Stuhl und Stehlampe bis hin zur Sprache und zu den Systemen der Machtausuebung, nichts in der Welt, was sich nicht durchs Design von sich selbst trennen und damit unserer Wahrnehmung entziehen liesse. Also: Nicht, dass die Schrift der neuen "europaeischen" Kfz-Kennzeichen so laeppisch aussieht, ist das Problem, sondern dass sie ueberhaupt aussieht. Immerhin, wir registrieren schadenfroh, dass die winzigen, in die neuen Kennzeichen integrierten D-Schilder im europaeischen Ausland nicht als D-Schilder anerkannt werden. Weiter: Dass die Telekom massenweise Geld hinausschmeisst (an wen eigentlich?), um Hunderttausende praktischer gelber Telefonzellen niederzureissen und sie durch graurosafarbene Gebilde zu ersetzen, die aussehen, als seien sie grad aus einem frischgestylten Interregio-Zug gefallen, ist nicht unser Schaden. Unser Schaden ist: Wir erkennen die neuen Telefonhaeuschen dank ihres perfekten Tarnanstrichs von weitem ueberhaupt nicht - und selbst wenn wir davorstehen, sehen wir statt der Zelle bloss ihr Design. Wir machen die Augen zu, und machen sie am besten nie mehr auf.


Kommentar der Sueddeutschen: Schiessen nur unter 18

Das bayrische Innenministerium hat ein Pilotprojekt des Schuetzenverbandes genehmigt, bei dem Achtjaehrige zum Umgang mit Schiessgeraet angeleitet werden. Sollen wir uns erregen? Schweigen? Die Sache gar, aehem, gut finden? (Immerhin moechte man die Kleinen aus der Isolation vor dem Computerschirm locken, hinein in eine Gemeinschaft, wenngleich bewaffneter, so doch - Menschen!) Wir sind bei der alten Frage: Duerfen Erziehende Kindern das Spiel mit den Wasserpistolen und Schreckschussgewehren erlauben? Was wird aus jenen, die schon mit acht ihre Feinde mit Erbsenrevolvern niederzustrecken gewohnt sind? Zerstoeren wir nicht den im Menschlein verborgenen Keim der Sanftmut? Blockieren wir die Einsicht, dass Konflikte friedlich zu loesen sind? Andererseits: Weiss nicht, wer einen Achtjaehrigen zum Sohne hat, dass jener sich nach dem Zuendplaettchengewehr sehnt wie die Blume nach der Sonne? Wer sind wir, solchen Drang zu unterbinden? Muss nicht der Heranwachsende natuerliche Aggression ausleben duerfen? Waren nicht die schlimmsten Terroristen jene, die nicht mal mit Pfeil und Bogen hatten hantieren duerfen? Jedenfalls haben wenige Kinder mittels Spielzeug Schlimmes angerichtet, waehrend Grosse mit ihren Geraetschaften taeglich Katastrophen anrichten. Wie waere ein Pilotprojekt "Erwachsene Schuetzen verzichten aufs Gewehr"? Gute Jugendarbeit in den Schuetzenvereinen organisieren - und mit 18 hiesse es: Her mit der Waffe, Erwachsene koennen damit nicht umgehen! Man braeuchte nicht mal die Erlaubnis des Innenministers dafuer...


Bundesliga

Baden-Baden. In der ersten Bundesliga gab es gestern zwei Spiele. Kaiserslautern gegen Uerdingen 1:1 und Moenchengladbach gegen Bremen 2:0.


Quellen

SWF3    8:00 MEZ    9:00 MEZ    10:00 MEZ    17:00 MEZ
HR3    11:00 MEZ    12:00 MEZ    13:00 MEZ