GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 28.02.1997



* Bundestag beraet abschliessend ueber Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer
* 2. Runde bei Beratungen ueber die Steuerreform
* Gespraeche im Bauhauptgewerbe gescheitert
* Castortransporte bisher weitgehend ungestoert
* Sozialwort der beiden grossen Kirchen
* Kultusminister halten an Rechtschreibreform fest
* Boris Becker will angeblich in die USA auswandern
* Hochwasserlage entspannt sich
* Boerse
* Das Wetter



Bundestag beraet abschliessend ueber Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer

Der Bundestag hat heute abschliessend ueber die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum Januar 1998 beraten. Nach den Plaenen der Koalition sollen die Gemeinden ab diesem Zeitpunkt an der Mehrwertsteuer beteiligt werden. Die CDU-Ostpolitiker waren mit der Forderung gescheitert, die Gewerbekapitalsteuer rueckwirkend zum Januar 1997 abzuschaffen. Die SPD betrachtete das Vorgehen der Regierungsparteien als rechtswidrig, weil das Ende der Gewerbekapitalsteuer beschlossen werden soll, ohne dass es eine Aenderung des Grundgesetzes zur Beteiligung der Gemeinden an der Mehrwertsteuer gegeben hat.


2. Runde bei Beratungen ueber die Steuerreform

Vertreter von Koalition und SPD sind am Vormittag in Bonn zur zweiten Verhandlungsrunde ueber die geplante Steuerreform zusammengekommen. An dem Gespraech nahmen Bundesfinanzminister Waigel und die Fraktionschefs von Union und FDP, Schaeuble und Solms teil. Auf SPD-Seite waren Fraktionschef Scharping, Hamburgs Oberbuergermeister Voscherau und Nordrhein-Westfalens Finanzminister Schlosser vertreten. Strittig waren unter anderem die kuenftige Hoehe des Spitzensteuersatzes sowie die kuenftige Besteuerung von Schichtzulagen und Renten. Die heutige zweite Verhandlungsrunde endete ergebnislos. Nach wie vor gibt es Meinungsverschiedenheiten ueber den Abbau der Lohnnebenkosten und ueber die Erhoehung der Mehrwertsteuer. Am 8. Maerz wollen sich die Gepraechspartner erneut an einen Tisch setzen.


Gespraeche im Bauhauptgewerbe gescheitert

Im Bauhauptgewerbe sind die Gespraeche ueber die volle Lohnfortzahlung bei Krankheit bereits in der ersten Runde gescheitert. Die Arbeitgeber haetten sich geweigert, ueber eine tarifvertragliche Einigung zu verhandeln, erklaerte ein Sprecher der Gewerkschaft gestern Abend in Frankfurt am Main. Die IG Bau wird in dieser Frage jetzt das Schlichtungsverfahren einleiten. Die Verhandlungen sollen am 13. Maerz forgtgesetzt werden.


Castortransporte bisher weitgehend ungestoert

Vor den Castortransporten mit Atommuell ist es bei den Kernkraftwerken Grundremmingen und Neckarwestheim zu Zwischenfaellen gekommen. Vor dem baden-wuerttembergischen Meiler Neckarwestheim raeumte die Polizei in den fruehen Morgenstunden ein Huettendorf von Atomkraftgegnern. In der Nacht hatten dort hunderte von Menschen demonstriert. Nach Behoerdenangaben wurden 50 Personen in Gewahrsam genommen. Bei der Deutschen Bahn drohte ein anonymer Anrufer mit einem Anschlag auf die Gleise vor dem bayerischen Kernkraftwerk Grundremmingen. Die Polizei verstaerkte daraufhin ihre Kraefte an den Gleisanlagen.

Begleitet von weitgehend friedlichen Protesten sind alle sechs Castorbehaelter mit Atommuell zur Bahnverladestation im baden-wuerttembergischen Kohlekraftwerk Walheim angekommen. Zu besonderen Zwischenfaellen kam es nicht. Von Walheim aus sollen die Behaelter aus den deutschen Atomkraftwerken Neckarwestheim und Grundremmingen sowie der franzoesischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague voraussichtlich am fruehen Montagmorgen per Bahn in Richtung Zwischenlager Gorleben aufbrechen. Kurz nach 14 Uhr ist in Walheim der Transportzug mit den zwei Castorbehaeltern aus La Hague eingetroffen. Damit ist der "Sechserpack" im Zwischenlager Gorleben komplett. Nach dem Ende des Strassentransportes aus dem sechs Kilometer entfernten Atomkraftwerk Neckarwestheim mit drei Castorbehaeltern um elf Uhr heute morgen haben Atomkraftgegner mehrere Male danach versucht, die Bahnstrecke nach Walheim zu blockieren. Sie wurden von der Polizei und vom Bundesgrenzschutz sofort von den Schienen vertrieben. Die Polzei hat jetzt im Dampfkraftwerk Walheim, der Bahnstation fuer die Castorbehaelter, starke Kraefte fuer die Bewachung zusammengezogen. Die Atomkraftgegner wollten am Nachmittag einen Mahngottesdienst am Atomkraftwerk Neckarwestheim abhalten. Fuer Sonntag ist eine Demonstration vor dem Dampfkraftwerk in Walheim geplant.

In Bonn trat Bundesumweltministerin Merkel vor die Presse und versicherte erneut, von den Transporten gehe keinerlei Gefahr aus - weder fuer die Bevoelkerung noch fuer die Polizisten vor Ort. "Mir ist sehr sehr wichtig, dass mit der Angst der Menschen keine Politik gemacht wird, das passiert leider - auch durch Aeusserung von Einzelmeinungen, die durch nichts zu belegen sind - und dass Offenheit in der Diskussion herrscht." Das, so Merkel, habe sie auch gestern in einem Gespraech mit Vertretern der Polizeigewerkschaft deutlich gemacht. Die GdP hatte befuerchtet, dass die Strahlenbelastung fuer das Schutzpersonal des Castortransportes gefaehrlicher sei als zunaechst angenommen. Der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Christoph Reiners, trat solchen Behauptungen entgegen. Die natuerliche Umgebungsstrahlung in Deutschland liege zwischen einem und zehn Millisievert pro Jahr. Am Castor werde ein Millisievert gemessen. "Diese zusaetzliche Exposition, die fuer das Begleitpersonal mit einem Castortransport verbunden ist von einem Millisievert bewegt sich also innerhalb der Schwankungsbreite der natuerlichen Emmissionen." Sogar bei medizinischen Untersuchungen, so Reiners, sei die Strahlenbelastung oft hoeher als in der Naehe eines Castorbehaelters.


Sozialwort der beiden grossen Kirchen

Bonn/Muenchen. Die beiden grossen Kirchen in Deutschland verlangen eine Umverteilung der Lasten bei der Finanzierung des Sozialsstaates. Das geht aus dem gemeinsamen Sozialwort hervor, das die katholische Bischofskonferenz und die evangelische Kirche heute vorgestellt haben. Darin heisst es, nicht nur die Armut, auch der Reichtum muesse Thema der politischen Debatte sein. Umverteilung gerate zur Umverteilung des Mangels, wenn Ueberfluss auf der anderen Seite geschont werde. Veraenderungen mahnen die Kirchen weiter, duerften nicht nur und auch nicht nur in erster Linie Geringerverdienenden, Arbeislosen und Sozialhilfeempfaengern zugemutet werden. Zugleich heisse es aber auch, Abschied von einem Wohlfahrtsdenken zu nehmen, das den Buergern die Lebensvorsorge abnehme.

Das gemeinsame Sozialwort der Kirchen ist bei Regierung, Parteien und Gewerkschaften im Grossen und Ganzen auf Beifall gestossen. Bundeskanzler Kohl lobte das klare Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, SPD-Chef Lafontaine begruesste die Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit.


Kultusminister halten an Rechtschreibreform fest

Aller Kritik zum Trotz halten die Kultusminister der Laender an der Rechtschreibreform fest. Nach zweitaegigen Beratungen veroeffentlichte die Kultusministerkonferenz heute eine Erklaerung, in der sie davor warnt, die Reform regional zu unterlaufen. Die Einheitlichkeit des deutschen Sprachraums duerfe nicht in Frage gestellt werden. Die Kultusminister halten einen Stop oder eine Reform der Rechtschreibreform fuer ausgeschlossen. Auch Buergerbegehren in Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein koennten daran nichts aendern, so der bayerische Kultusminister Hans Zehetmeier zum Abschluss der Kultusministerkonferenz. Der Praeisident der Konferenz, Rolf Wernstedt aus Niedersachsen: "Ich kann mich der Meinung des Kollegen Zehetmeier voll inhaltlich anschliessen, dass diese Republik im Augenblick andere Probleme hat, als die der Rechtschreibung." Den Grund fuer die Skepsis in der Bevoelkerung steht Wernstedt in einer allgemeinen Angst vor Veraenderungen. "Im Kern steckt das wohl dahinter, dass man sagt: soviel wird veraendert, Steuern nehmen sie uns, unsere Sozialbeitraege werden gekuerzt und Renten werden gekuerzt und jetzt gehen sie auch noch an unserer Sprache. Aber wir gehen gar nicht an ihre Sprache - wenn sie sich ernsthaft drei, vier Stunden mit den Regeln beschaeftigen, dann haben sie eine Vereinfachung und sind 90 Prozent ihrer Probleme los." Erste Rueckmeldungen aus den Schulen zeigten, dass Lernen sei mit den neuen Regeln leichter geworden. Wer privat alles beim Alten lassen wolle, so Wernstedt, bitteschoen, wie kuenftig in den Schulen unterrichtet werde, das sei beschlossene Sache.


Boris Becker will angeblich in die USA auswandern

Muenchen. Boris Becker will Deutschland nach Informationen der Bild-Zeitung verlassen und in die USA auswandern. Grund sei die Veraergerung Beckers ueber das Vorgehen der Muenchner Steuerfahndung, die sein Haus im Stadtteil Bogenhausen auch gegen den Willen der Staatsanwaltschaft durchsucht habe. Das berichtet das Blatt unter Berufung auf enge Freunde des Tennisstars. Becker beklage, er sei zu Unrecht als Steuersuender gebrandmarkt worden und habe sein letztes Stueck Privatsphaere verloren. Die Fahnder haetten sein Haus durchwuehlt und sogar seine privaten Tagebuecher durchgesehen. Bei der Aktion kurz vor Weihnachten, die in Abwesenheit Beckers durchgefuehrt wurde, entdeckten die Beamten kein belastendes Material.


Hochwasserlage entspannt sich

Das Hochwasser an der Mosel hat in der Nacht seinen Hoechsstand erreicht. Aus Trier meldeten die Behoerden einen Spitzenpegel von 9.96 Metern. Es wird erwartet, dass das Hochwasser im Laufe des Tages zurueckgeht. An der Saar hat sich die Lage ebenfalls entspannt. Die Staedte am Rhein bereiten sich seit gestern auch auf das Hochwasser vor. In Koeln und Bonn stiegen die Pegel kontinuierlich um mehrere Zentimeter pro Stunde.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,6912
Kanada(1 $)  1,2350
England(1 Pfund)  2,7560
Irland(1 Pfund)  2,6745
Schweiz(100 sfr)   114,520
Frankreich(100 FF)  29,622
Italien(1000 Lit)  1,0034
Oesterreich(100 oeS)  14,208
Spanien(100 Ptas)  1,1778
Japan(100 Yen)  0,9949
Schweden(100 skr)  22,575
 
Einige Indizes:
DAX:3259,64
Dowjones-Index:6925,07 ( Schlussstand vom Vortag )  
Nikkei-Index:18557,00
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Das Wetter

Heute Durchzug von Wolken. Vor allem in der Mitte und im Sueden Deutschlands auch laengere sonnige Abschnitte. Gegen Abend im Nordwesten aufkommender Regen. Hoechsstemperaturen 8 bis 13, am Oberrhein bis 15 Grad. Die weiteren Aussichten: Morgen vor allem im Sueden etwas Regen, im Norden freundlicher. Am Sonntag in der Nordhaelfte wieder Regen und sehr windig, im Sueden sonniger und sehr mild.


Quellen

DLF    7:00 MEZ    17:00 MEZ
B5    7:15 MEZ    15:30 MEZ