GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 12.03.1996



* Geiseln in Costa Rica sind frei
* Weitere drastische Einschnitte im Sozialwesen ?
* Scharping: Regierung muss bald Offenbarungseid ablegen
* Hessen blockiert Teile des Haushalts
* SPD in NRW bekennt sich zu rot-gruener Koalition
* Verhandlungsrunde in der Bauwirtschaft gescheitert
* Nach den bayerischen Kommunalwahlen
* Ruettgers fuer Kennzeichnungspflicht genmanipulierter Lebensmittel
* Schleswig-Holstein wird erpresst
* Vulkan AG laesst Vorwuerfe gegen Finanzchef untersuchen
* 11 Verletzte bei Verpuffung in Chemiefabrik
* Brand im Mercedes-Benz-Werk in Bad Cannstatt
* Zahl der Firmenpleiten erneut gestiegen
* Satellit stuerzt in den Atlantik
* Der Wetterbericht



Geiseln in Costa Rica sind frei

Rund zehn Wochen nach ihrer Entfuehrung in Costa Rica sind die deutsche Touristin Fleuchaus und ihre Schweizer Reiseleiterin Siegfried freigelassen worden. Der dritte Kontakt war der entscheidende. Es hatte sich bereits gestern angedeutet, als die Vermittler der Familienangehoerigen die Nacht im Flussgebiet im Norden des Landes verbrachten. Dies war nur geplant, wenn sich eine Loesung des Falles abzeichnen sollte. Wie gut die Chancen vor dieser dritten Flussfahrt standen zeigt sich auch an der Tatsache, dass diesmal auch das Geld mit im Spiel war. Die Geiselnehmer hatten unter anderem eine Million Dollar und eine Million Colones, etwa 15.000 DM, Loesegeld verlangt. Wichtig war sicher auch, dass gestern der Staatspraesident von Costa Rica persoenlich sein Wort gab, dass keine costa-ricanische Behoerde die Bemuehungen der Familien stoeren wuerde, was offensichtlich vor allem an die Adresse der Geiselnehmer gerichtet war.


Weitere drastische Einschnitte im Sozialwesen ?

Ohne Kuerzungen bei den sozialen Standards geht in Deutschland nichts mehr. Das ist die Einschaetzung der Bund-Laender-Gruppe zur Zukunft des Sozialstaates nach ihrem Treffen gestern Abend in Frankfurt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die soziale Sicherung als solche erhalten werden muss, angesichts der dramatisch steigenden Arbeitslosigkeit seien aber weitere Einsparungen bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe unvermeidlich. Zwei Ministerpraesidenten, zwei Bundesminister und ein Thema, das nach dem Willen der vier Teilnehmer nicht mehr Umbau oder Abbau des Sozialsstaates heissen soll. Es gehe viel mehr um die Sicherung der sozialen Fundamente. Allerdings in einer Zeit, in der man sich mehr leiste, als man leistet, so Bayerns Ministerpraesident Stoiber. Er brachte die Zumutbarkeit von Arbeit fuer Sozialhilfeempfaenger ins Spiel, deren Grenze herabgesetzt werden muesse. Auch ueber die Hoehe des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe muesse gesprochen werden. Vor allem aber gelte es, die Lohnzusatzkosten zu senken. Eine Forderung, der sich auch Hessens Ministerpraesident Hans Eichel mit Blick auf die versicherungsfremden Leistungen zur Finanzierung der Deutschen Einheit anschloss. Stoiber und Eichel haben im Auftrag der Ministerpraesidentenkonferenz eine Arbeitsgruppe zur Sicherung des Sozialstaates gebildet, der sich auf Wunsch des Bundeskanzlers auch die Minister Seehofer und Bluem angeschlossen haben. Arbeitsminister Bluem will die Diskussion ueber die kuenftige Gestaltung der Rentenversicherung auf die gesamte Alterssicherung ausdehnen, also auch die Beamten mit einbeziehen. Einig war sich die Runde darueber, die Angleichung sozialer Standards in der Europaeischen Union anzumahnen, um Lohndumping zu verhindern. Am 3. Mai, nach der naechsten Bundesratssitzung, will sich die Gruppe wieder treffen.


Scharping: Regierung muss bald Offenbarungseid ablegen

Die Bundesregierung muss nach Ueberzeugung von SPD-Bundestagsfraktionschef Scharping in Kuerze den finanzpolitischen Offenbarungseid ablegen. Als Grund dafuer nannte Scharping die juengst bekannt gewordenen Haushaltsloecher in zweistelliger Milliardenhoehe. Um die Haushaltslage in den Griff zu bekommen, hat der SPD-Fraktionschef der Bundesregierung erneut angeboten, an gemeinsamen Loesungen mitzuarbeiten. Scharping uebte heute vor Journalisten ungewoehnlich scharfe Kritik an der Bundesregierung und an der Bundesbank. Die Bundesregierung habe den Karren so tief in den Dreck gefahren, dass kleine Korrekturen nichts mehr braechten, erklaerte Scharping. Die Lage sei viel dramatischer als 1966, als es nach dem Auslaufen des sogenannten Wirtschaftswunders erstmals zu einer grossen Koalition in Bonn gekommen war. Scharping erwartet, dass die Bundesregierung nach den Landtagswahlen am 24. Maerz den schwarzen Anzug anlegen und den Zylinder aufsetzen werde, um zum Konkursrichter zu marschieren und den Offenbarungseid zu leisten. Der Bundesbank wirft Scharping vor, ausschliesslich eine nichtexistierende Inflation zu bekaempfen und die Realzinsen auf einem Stand zu halten, die, so Scharping, jeden Aufschwung abwuergen muesste. Betont distanziert kommentierte der SPD-Fraktionschef das erste Treffen der Bund-Laender-Arbeitsgruppe zur Sicherung des Sozialstaates gestern Abend in Frankfurt, in der die SPD durch den hessischen Ministerpraesidenten Eichel vertreten ist. Bisher, so Scharping, habe er von dort nur allgemeine Erklaerungen gehoert, sein Bedarf daran sei inzwischen jedoch vollauf befriedigt. Scharping stellte in diesem Zusammenhang noch einmal klar, dass die SPD weder eine Senkung der Arbeitslosenhilfe, noch der Sozialhilfe mittragen wuerde.


Hessen blockiert Teile des Haushalts

Hessen hat wegen erwarteter Steuerausfaelle Teile des Haushaltes durch einen entsprechenden Erlass einstweilen blockiert. Nach Angaben von Finanzminister Startzacher duerfen in allen Ressorts zunaechst nur 70 Prozent bestimmter Etatgruppen ausgegeben werden. Der SPD-Politiker geht von einem Haushaltsloch von bis zu einer Milliarde DM bis zum Sommer aus, das dann durch Kuerzungen im Rahmen eines Nachtragetats aufgefangen werden soll.


SPD in NRW bekennt sich zu rot-gruener Koalition

Die nordrhein-westfaelische SPD-Landtagsfraktion hat sich zum Fortbestand der rot-gruenen Koalition bekannt. Fraktionschef Mathiessen betonte heute, es handle sich jedoch um ein Buendnis auf Zeit. Seine Partei werde in den umstrittenen Fragen der Verkehrspolitik nicht von ihren Positionen abruecken. Er hoffe aber, dass sich die Basis der Buendnisgruenen auf ihrem Parteitag am kommenden Wochenende fuer eine Fortsetzung der Zusammenarbeit entscheide. Mehrere gruene Kreisverbaende hatten in den vergangenen Tagen fuer einen Ausstieg aus der Koalition plaediert.


Verhandlungsrunde in der Bauwirtschaft gescheitert

Frankfurt am Main. Die Verhandlungsrunde der Tarifpartner der Bauwirtschaft ueber einheitliche Mindestloehne auf deutschen Baustellen ist gescheitert. Das teilte der Vizepraesident des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie, Kuechler, mit. Bei den Gespraechen war es um eine Umsetzung des vom Bundestag verabschiedeten Entsendegesetzes gegangen, mit dem verhindert werden soll, dass auf deutschen Baustellen Auslaender zu Billigloehnen beschaeftigt werden.


Nach den bayerischen Kommunalwahlen

Zwei Tage nach den bayerischen Kommunalwahlen geht die Auszaehlung der Stadttag- und Kreistagswahlen weiter. Wegen des komplizierten Wahlsystems wird das amtliche Endergebnis vermutlich erst am Donnerstag vorliegen. Bei den Wahlen hatte es eine Reihe von Ueberraschungen, vor allem in den Grossstaedten gegeben. Am spannendsten war es jedoch in Muenchen, wo SPD-Oberbuergermeister Uhde jetzt vermutlich doch mit seiner bisherigen Mehrheit gegen die CSU weiterregieren kann. Nachdem auch die veraenderten (also die panaschierten) Stimmzettel ausgezaehlt sind, muss sich CSU mit 38 Prozent in Muenchen zufrieden geben. Das ist zwar ein halbes Prozent mehr als die SPD hat, aber die SPD mit 31 Sitzen, die Gruenen mit 8, die OeDP, die Rosa Liste und der sozialdemokratische Oberbuergermeister bringen theoretisch eine Mehrheit von 43 Sitzen zusammen. Dagegen stehen die CSU mit 32 Sitzen, FDP und Manfred Brunners "Bund freier Buerger" mit je 2, die Autofahrerpartei und die Republikaner mit je einem Mandat. Das macht 38 Sitze gegen die 43 aus dem sozialoekologischen Lager. Oberbuergermeister Uhde will nun mit allen Parteien sprechen. Aber es wird allgemein damit gerechnet, dass in Muenchen weiterhin das sozialoekologische Buendnis regieren wird.


Ruettgers fuer Kennzeichnungspflicht genmanipulierter Lebensmittel

Bundesforschungsminister Ruettgers hat sich fuer eine umfassende Kennzeichungspflicht bei gentechnisch veraenderten Lebensmitteln ausgesprochen. Entsprechende Produkte seien aber nicht schaedlich. Das betonte der Politiker heute Morgen im Deutschlandfunk. Dies gelte auch fuer Risikogruppen, wie z.B. Allergiker. Ruettgers bezeichnete die sogenannte "novel-food"-Verordnung als richtig, da sie auch eine Pruefverfahren in den EU-Staaten enthalte. Auch die Berichterstatterin des Umweltausschusses des Europaeischen Parlaments, Rot-Behrendt, forderte eine genaue Bezeichnung der Produkte. Im Deutschlandradio Berlin zeigte sich die SPD-Politikerin anlaesslich der heutigen Abstimmung in Strassburg ueber die Kennzeichnungspflicht zuversichtlich, dass ihre Position die Mehrheit erhalten werde. Der Ministerrat hatte zuvor empfohlen, nur signifikant gentechnisch veraenderte Lebensmittel zu kennzeichnen.


Schleswig-Holstein wird erpresst

Rund zwei Wochen nach den ersten Schuessen auf Autofahrer in Schleswig-Holstein verlangen anonyme Erpresser von dem Bundesland jetzt drei Millionen DM. Bisher wurden bei den naechtlichen Attacken auf Autofahrer vier Menschen verletzt. Nach Informationen des NDR schickten der oder die Erpresser bereits am ersten Maerz-Wochenende ueber den Umweg "Bild-Zeitung" einen Brief an die Ermittlungsbehoerden. Darin wird mit einem Blutbad gedroht, wenn das Land die Forderungen nicht erfuellt. Die Polizei nimmt den Brief offenbar ernst. So gingen die Fahnder bereits einmal darauf ein und erfuellten die gestellten Bedingungen. Sie stellten mehrere Tage lang ein Auto mit zwei Koffern in Nenndorf, suedlich von Hamburg, bereit. Ob die geplante Gelduebergabe nur zum Schein erfolgen, oder ob tatsaechlich drei Millionen DM uebergeben werden sollten, ist derzeit nicht bekannt. Der Versuch, mit den Erpressern in Kontakt zu treten, scheiterte jedenfalls. Weder das Auto, noch der Koffer wurden abgeholt. Wer hinter der Erpressung steckt, ist derzeit noch voellig unklar, auch, ob es sich um einen oder um mehrere Taeter handelt. Der Verfasser des Briefes behauptet jedenfalls, Auslaender zu sein, schreibt jedoch in gestelztem Beamtendeutsch. Nach seinen Angaben soll es sich bei den Taetern um Scharfschuetzen handeln, die absichtlich noch niemand getoetet und Busse absichtlich verschont haetten.


Vulkan AG laesst Vorwuerfe gegen Finanzchef untersuchen

Die angeschlagene Vulkan-Verbund-AG laesst von Wirtschaftspruefern Vorwuerfe gegen Finanzchef Smitt untersuchen. Das Hamburger Magazin Stern haelt dem Manager vor, er habe seine Privatvilla weitgehend von Werftmitarbeitern bauen lassen. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Konzerns, Brahms, erklaerte heute in Bremen, die Beschuldigung sei seit Ende vergangener Woche bekannt. Eine Bewertung koenne aber erst nach der Pruefung erfolgen.


11 Verletzte bei Verpuffung in Chemiefabrik

Mannheim. Bei einer Verpuffung in einer Mannheimer Chemiefabrik sind am Morgen elf Menschen leicht verletzt worden. Bei der Firma Weil-Chemie entwich eine giftige Zink-Verbindung. Die Bevoelkerung wurde vorsorglich gewarnt. Messungen haben jedoch keine Giftspuren in der Luft ergeben.


Brand im Mercedes-Benz-Werk in Bad Cannstatt

Stuttgart. Ein Brand im Mercedes-Benz-Werk in Bad Cannstatt hat am Morgen etwa 150.000 DM Sachschaden angerichtet. Menschen wurden nicht verletzt, sagte die Polizei. Das Feuer war gegen 3:20 Uhr durch einen Stau auf einem Foerderband entstanden. Heisse Metallspaene tuermten sich auf und entzuendeten sich, die Flammen setzten die Hallendecke in Brand.


Zahl der Firmenpleiten erneut gestiegen

Die Zahl der Firmenpleiten ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden erneut gestiegen. Wie die Behoerde heute mitteilte, wurde 1995 im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 15.5 Prozent registriert. Besonders dramatisch stellt sich die Lage in Ostdeutschland dar. Hier meldeten 46.2 Prozent der Unternehmen Insolvenz an. Am haertesten betroffen war das Baugewerbe.


Satellit stuerzt in den Atlantik

Washington/Darmstadt. Ein zwei Tonnen schweres Stueck des ausser Kontrolle geratenen chinesischen Satelliten ist am Morgen zwischen Suedamerika und Afrika in den Atlantik gefallen. Das teilte ein Sprecher der US-Armee in Washington mit. Nach Angaben des Organisationszentrums fuer Weltraumforschung, ESOC, trat der Satellit zwischen vier und fuenf Uhr in die dichteren Schichten der Erdatmosphaere ein und vergluehte dort weitgehend.


Der Wetterbericht

Die Lage: Mit einer Oststroemung wird weiter kontinentale Kaltluft nach Deutschland gefuehrt. Auslaeufer eines nur in hoeheren Schichten der Atmosphaere existierenden Tiefs beeinflussen morgen den Norden und Osten Deutschlands. Die Vorhersage: Abends und nachts ist es teils locker, teils gering bewoelkt. And den Alpen, sowie im bayrischen und im ostdeutschen Mittelgebirgsraum gibt es bei bewoelktem Himmel immer wieder etwas Schnee. Tiefstwerte: -4 bis -9 Grad. Morgen ist es in Bayern, im Norden und im Osten, meist bewoelkt mit nur kurzen Auflockerungen. Ab und zu faellt etwas Schnee. Im Westen und Suedwesten ist es wolkenarm mit laengeren sonnigen Abschnitten, hier bleibt es trocken. Die Temperaturen steigen auf Hoechstwerte zwischen -2 Grad in Thueringen und +4 Grad entlang des Rheins. Der Wind weht maessig, an der Kueste frisch und stark boeig aus Ost bis Nordost.


Quellen

B5    8:00 MEZ
SDR 3    8:00 MEZ    11:00 MEZ    19:00 MEZ
Radio 7    9:00 MEZ
DLF    9:30 MEZ    20:00 MEZ