GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 10.10.1995



* Union und SPD halten an der Diaetenreform fest
* Nimsch neue Umwelt- und Gesundheitsministerin in Hessen
* Herzog warnt in Strassburg vor Streit um die Waehrungsunion
* Russland sieht deutsch-russische Beziehung durch Bosnien-Krise belastet
* Bundesregierung erwartet nur noch 2,5% Wirtschaftswachstum
* DGB fordert Einfuehrung einer Energiesteuer
* Bundesrechnungshof kritisiert Umgang mit Steuergeldern
* Foerderprogramme fuer Investitionen in ostdeutsche Unternehmen gestartet
* 47. Frankfurter Buchmesse eroeffnet
* Friedenspreisvergabe an die Orientalistin Schimmel erneut verteidigt
* IBM will vermutlich weiter 1200 Stellen in Deutschland abbauen
* Norwegen will palaestinensische Terroristin an Deutschland ausliefern
* Boerse



Union und SPD halten an der Diaetenreform fest

Ungeachtet anhaltender Proteste und widerspruechlicher Aeusserungen in den eigenen Reihen wollen Union und Sozialdemokraten an der vom Bundestag beschlossenen Diaetenreform festhalten. Das machten die Spitzen beider Fraktionen heute deutlich. Nach den Vorstellungen von CDU/CSU und SPD soll das ebenfalls verabschiedete Abgeordnetengesetz erneut geaendert werden, falls der Bundesrat am Freitag die Verfassungsaenderung fuer die Ankoppelung der Bezuege an die Richtergehaelter mit grosser Mehrheit ablehnt. Bei der in dem Gesetz vorgeschriebenen schrittweisen Anhebung der Diaeten auf ueber 15.000 DM monatlich soll es aber bleiben. Nach Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein beschlossen heute auch die Landeskabinette von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, der geplanten Grundgesetzaenderung nicht zuzustimmen.


Nimsch neue Umwelt- und Gesundheitsministerin in Hessen

Hessens Ministerpraesident Eichel, SPD, hat die Frankfurter Gruenen-Politikerin Margarete Nimsch zur neuen Ministerin fuer Umwelt und Gesundheit ernannt. Die 55 Jahre alte Juristin ist Nachfolgerin von Iris Blaul, die Ende September wegen eines Streits um das Personal in ihrem Ministerium zurueckgetreten war. Die neue Umweltministerin Nimsch war 6 Jahre lang Gesundheitsdezernentin in Frankfurt. Als sie nicht wiedergewaehlt wurde, zerbrach das rot-gruene Buendnis im Frankfuerter Roemer.


Herzog warnt in Strassburg vor Streit um die Waehrungsunion

Bundespraesident Herzog hat eindringlich vor einem oeffentlichen Streit um die geplante Europaeische Waehrungsunion gewarnt. In einer Rede vor dem Europaeischen Parlament in Strassburg sagte Herzog, oeffentlich ausgetragene Meinungsverschiedenheiten ueber die Fristen und ueber die Beitragsfaehigkeit bestimmter Laender koennten nicht nur die Waehrungsunion, sondern auch die politische Union gefaehrden. Ohne die Wirtschafts- und Waehrungsunion drohe aber ein Rueckfall in die 30er Jahre, mit Handelskriegen, Protektionismus, Deflation oder sogar Depression. Herzog plaedierte ausserdem fuer eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik in Europa. Er sagte, erst die klare Sprache des franzoesischen Praesidenten Girac gegenueber den Serben, das unmissverstaendliche Eingreifen der NATO und die konstruktive amerikanische Diplomatie haetten Bosnien dem Frieden naeher gebracht. Diese Erfahrung zeige, dass man ein Europa brauche, das aussen- und sicherheitspolitisch verhandlungsfaehig sei.


Russland sieht deutsch-russische Beziehung durch Bosnien-Krise belastet

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland werden nach Ansicht des Vorsitzenden des russischen Foederationsrates, Szumejko (sp?), durch die Bosnien-Krise belastet. Nach Unterredungen mit Bundeskanzler Kohl und Aussenminister Kinkel Szumejko in Bonn, keine der Konfliktparteien duerfe einseitig unterstuetzt werden. In Russland sei der Eindruck entstanden, dass Deutschland den Kroaten in besonderer Weise beistehe. Zugleich warnte der russische Politiker vor einer uebereilten Osterweiterung der NATO. Er fuerchte, dass hinter den Beitrittswuenschen Polens und Ungarns wirtschaftliche und militaerpolitische Interessen stuenden.


Bundesregierung erwartet nur noch 2,5% Wirtschaftswachstum

Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose fuer das kommende Jahr nach unten korrigiert. Finanzminister Waigel sprach heute in Washington von erwarteten 2,5%. Urspruenglich war die Regierung von 3% ausgegangen. Waigel betonte, die Aufwertung der DM und deutliche Lohnerhoehungen haetten die Konjunktur gedaempft. Dennoch bestuenden Hoffnungen auf ein stoerungsfreies Wachstum bei niedriger Inflation in Deutschland. Auch Bundeswirtschaftsminister Rexrodt erklaerte, trotz der Verlangsamung der wirtschaftlichen Aufwaertsbewegung werde sich die positive Entwicklung fortsetzen. In Washington findet gegenwaertig die Jahrestagung von IWF und Weltbank statt.


DGB fordert Einfuehrung einer Energiesteuer

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Einfuehrung einer Energiesteuer auf alle fossilen Brennstoffe und die Elektrizitaet zum 1. Januar 1996 gefordert. Regenerative Energien sollten von der Abgabe ausgenommen werden, betonte der DGB-Bundesvorstand heute in Duesseldorf. Fuer Unternehmen, denen diese Steuer Wettbewerbsnachteile gegenueber Konkurrenten aus dem Ausland braechten, koenne es Sonderregelungen geben.


Bundesrechnungshof kritisiert Umgang mit Steuergeldern

Der Bundesrechnungshof hat erneut zahlreichen Behoerden und Ministerien zum Teil erhebliche Maengel im Umgang mit Steuergeldern Vorgeworfen. In dem heute in Bonn vorgelegten Bericht fuer 1995 wird neben der Personalplanung auch der Vollzug von Steuergesetzen kritisiert. Der Rechnungshof wies darauf hin, dass eine Gemeinde in Schleswig-Holstein auf die Erhebung der Grund- und Gewerbesteuer verzichte. Fehlende Ueberpruefungen von Unternehmen in Ostdeutschland durch die zustaendigen Finanzbehoerden haetten nach Schaetzungen der Experten zu Steuerausfaellen in Milliardenhoehe gefuehrt.


Foerderprogramme fuer Investitionen in ostdeutsche Unternehmen gestartet

Private Kapitalgeber, die in kleine und mittlere Unternehmen in den Neuen Laendern investieren, koennen kuenftig im Rahmen des neuen Beteiligungsfonds Ost Steuern sparen. In Berlin wurden heute zwei entsprechende Foerderprogramme gestartet. Die Hoehe der Mindesteinlage ist noch offen. Fuer die Rueckzahlung der Darlehen stehen die Kreditanstalt fuer Wiederaufbau sowie die Deutsche Ausgleichsbank ein. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt betonte, mit den Programmen solle zusaetzliches Risiko und Beteiligungskapital fuer innovative ostdeutsche Firmen aufgebracht werden.


47. Frankfurter Buchmesse eroeffnet

Am Abend wurde die 47. Frankfurter Buchmesse eroeffnet. An die 9000 Verlage aus 97 Laendern praesentieren dort 330.000 Buchtitel. Schwerpunktthema ist dieses Jahr Oesterreich mit 250 Autoren und 200 Verlagen. Zum Abschluss der Buchmesse wird am Sonntag traditionell der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.


Friedenspreisvergabe an die Orientalistin Schimmel erneut verteidigt

Zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse hat der Vorsteher des Boersenvereins, Kurze, die Vergabe des Friedenspreises an die umstrittene Orientalistin Schimmel erneut verteidigt. Ihre Kritiker haetten nicht eine Aussage gefunden, die den Vorwurf belege, Frau Schimmel unterstuetze den Fundamentalismus, erklaerte Kurze vor Journalisten zu Beginn der Buchmesse. Die Wissenschaftlerin habe im Gegenteil viel zum Dialog zwischen den Kulturen beigetragen. Bundespraesident Herzog will Frau Schimmel den Friedenspreis am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche ueberreichen.


IBM will vermutlich weiter 1200 Stellen in Deutschland abbauen

Der amerikanische Computerhersteller IBM plant anscheinend die Streichung von weiteren 1200 Arbeitsplaetzen in Deutschland. Das teilte am Abend die IG Metall unter Berufung auf Aeusserungen des IBM-Personalchefs Hans-Werner Richter mit. Dem Vernehmen nach soll der Stellenabbau sozial vertraeglich durchgefuehrt werden. IBM hat im Geschaeftsjahr 94/95 bereits 6000 Arbeitsplaetze zur Kosteneinsparung gestrichen. Nach Einschaetzung des Betriebsrates waeren diesmal vor allem Beschaeftigte der Stuttgarter Hauptverwaltung betroffen. Ausserdem wird befuerchtet, dass kleinere IBM-Standorte wie Reutlingen und Villingen-Schwenningen ganz geschlossen werden.


Norwegen will palaestinensische Terroristin an Deutschland ausliefern

Norwegen will die ehemalige palaestinensische Terroristin Souhaila Sami Andrawes an Deutschland ausliefern. Die 41jaehrige ist die einzige Ueberlebende aus der Gruppe, die 1977 die Lufthansamaschine "Landshut" nach Somalia entfuehrt hat. Das Palaestinensische Kommando wollte damals Terroristen der Rote Armee Fraktion aus deutschen Gefaengnissen freipressen. Ein GSG9-Kommando des Bundesgrenzschutzes befreite die Passagiere und erschoss drei der Luftpiraten. Andrawes bleibt nur noch die Bitte an den norwegischen Koenig, ihre Auslieferung an Deutschland nicht zuzulassen.


Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,4212
England(1 Pfund)  2,2380
Schweiz(100 sfr)  123,5300
Frankreich(100 FF)  28,5590
Italien(1000 Lit)  0,8811
Oesterreich(100 oeS)  14,2080
Spanien(100 Ptas)  1,1534
Japan(100 Yen)  1,4095
 
Einige Indizes:
DAX:2138,77
Dowjones-Index:4719,72



Quellen

DLF    14:00 MEZ    20:00 MEZ
SWF3    17:00 MEZ
Radio7    19:00 MEZ