GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 06.08.1996



* Tarifkonflikt im Einzelhandel beigelegt
* Keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt
* Demonstration gegen das Priebke-Urteil
* Zugunglueck bei Petershausen
* Toepfer regt AEnderungen im reformierten Ladenschlussgesetz an
* Einigung in Mostar-Krise
* Zahl der Asylbewerber gestiegen
* Ehemaliger Verkehrsminister bei Fahrradunfall schwer verletzt
* FDP fuer kontrollierte Abgabe von Heroin
* Fuenf Tote bei Absturz eines Polizeihubschraubers



Tarifkonflikt im Einzelhandel beigelegt

Der seit Wochen schwelende Tarifkonflikt im Einzelhandel ist in der Nacht beigelegt worden. Arbeitgeber und Gewerkschaften in Rheinland-Pfalz einigten sich auf einen Abschluss mit Pilotcharakter, der unter anderem die neuen Ladenoeffnungszeiten in die Praxis umsetzt. Nach 17-stuendigem Verhandlungsmarathon hatten Arbeitgeber, DAG und HBV ein Paket zur Arbeitszeitregelung nach dem 1. November geschnuert. Wenn die Laeden dann abends und am Samstag laenger oeffnen, sollen die Mitarbeiter fuer die neuen Zeiten 20 Prozent Zuschlaege bekommen. Die Anzahl der Abendeinsaetze ist auf drei pro Woche, die der Samstagarbeit auf drei pro Monat beschraenkt. Pro Tag soll nicht mehr als 8.5 Stunden gearbeitet werden. Wer laenger machenwill oder muss, dem soll mit einer Vier-Tage-Woche oder einem superlangen Wochenende Freizeitausgleich gewaehrt werden. Ausdruecklich koennen bestimmte Mitarbeiter die Abendarbeit unter der Woche ablehlen: etwa Eltern von Kindern unter 15, Beschaeftigte, die Familienangehoerige pflegen muessen, Pendler, die unzumutbar lange auf den spaeteren Bus warten muessten und AZUBIS am und vorm Berufsschultag. Nach Einschaetzung von Gewerkschaften in Rheinland-Pfalz haben diese Regelungen Signalwirkungen auf die anderen Tarifgebiete, auch wenn es im Einzelhandel formell keinen Pilotabschluss gibt. Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels ist der Ansicht, dass der Tarifabschluss nicht auf andere Tarifgebiete uebertragbar ist. Hauptgeschaeftsfuehrer Genzel erklaerte im Sueddeutschen Rundfunk, vor allem die vereinbarten Zuschlaege fuer die laengeren Ladenoeffnungszeiten am Samstag seien nicht akzeptabel. Loehne und Gehaelter fuer die rund 125.000 Beschaeftigten im rheinland-pfaelzischen Einzelhandel werden rueckwirkend zum 1. Mai um 1.85 Prozent erhoeht.


Keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juni auf 3,91 Millionen gestiegen. Nach den heutigen Angaben der Bundesanstalt fuer Arbeit sind damit 127 000 Menschen mehr arbeitslos wie im Vormonat. Gegenueber dem Vorjahr betraegt die Steigerung 321 000. Die bundesweite Arbeitslosenquote erhoehte sich von 9,9 auf 10,2 Prozent. Im Westen betraegt sie jetzt 9,0 und im Osten 15,4 Prozent. In Baden-Wuerttemberg waren Ende Juni 355 000 Menschen arbeitslos. Auch hier erhoehte sich die Quote von 7,6 Prozent im Juni auf 8,1 Prozent im Juli. Wie der Praesident der Bundesanstalt fuer Arbeit Jagoda erklaerte, ist dieser Anstieg jahreszeitlich bedingt. Urlaubsbedingte und quartalsgebundene Entlassungen, weniger Einstellungen aufgrund von Betriebsferien und das Ende von Ausbildungszeiten liessen die Arbeitslosigkeit wie immer im Juni ansteigen. Jagoda geht davon aus, dass spaetestens im September wieder mit einer Besserung der Situation zu rechnen ist. In den letzen sechs Monaten, so Jagoda, seien Monat fuer Monat ueber 30 000 Arbeitsplaetze verloren gegangen. Als ausgesprochen ernst und schwieriger als 1995 bezeichnete der Praesident der Arbeitsanstalt allerdings die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Bundesweit kommen nach Angaben der Bundesarbeitsanstalt auf eine Ausbildungsstelle zwei Bewerber. Fuer die Gewerkschaften und die Bonner SPD-Opposition ist die falsche Sparpolitik der Bundesregierung Ursache der Beschaeftigungskrise. Ganz anders sieht dies die Regierung. In Bonn verteidigte CDU-Generalsekretaer Peter Hintze die Sparbeschluesse. Die SPD duerfe dem Sparpaket keine weiteren Steine in den Weg legen, betonte Hintze.


Demonstration gegen das Priebke-Urteil

In Italien haben gestern Abend zahlreiche Menschen gegen den Freispruch des frueheren SS-Offiziers Erich Priebke demonstriert. Rund 6.000 Menschen gedachten in Rom dem Opfer des Massakers in den ardiatinischen Hoehlen vor 52 Jahren. Damals waren 335 Zivilisten von den Nazis ermordet worden. Priebke hatte zugegeben, an der Ermordung mitgewirkt zu haben. Das roemische Militaergericht sprach ihn dennoch frei. Das Urteil sei bitter und verletzend, so Buergermeister Rutelli, der zur Kundgebung aufgerufen hatte. Noch schlimmer sah es Senatspraesident Mancini: niemals zuvor habe es eine derartige Diskrepanz gegeben zwischen dem Recht, das in einem Gerichtssaal gesprochen wird und dem Sinn fuer Gerechtigkeit, der in den Herzen der Menschen lebendig sei und pulsiere. Der Praesident des Abgeordnetenhauses, Luciano Violante rief zur intensiven Behandlung des Nazi-Faschimus in den Schulen auf, die sich nicht neutral zum Thema verhalten duerften. Wer sich gleichgueltig stelle sei auf Seiten der Unterdruecker und zerquetsche die Maertyrer. Justizminster Flick forderte die Menge auf, jetzt den Hinterbliebenen der Opfer beizustehen und Regierungschef Romana Prodi erklaerte, seine Anwesenheit sei Zeugnis fuer den Schmerz des ganzen Landes und den Respekt fuer die Maertyrer in den ardiatinischen Graeben.


Zugunglueck bei Petershausen

Nach einem Zugunglueck bei Petershausen war die Zugverbindung zwischen Muenchen und Petershausen bis zum spaeten Nachmittag gesperrt. Am fruehen Morgen waren einige Waggons eines Gueterzuges mit einer leeren S-Bahn kollidiert. Der Sachschaden geht in die Millionen, Menschen wurden nicht verletzt. Gegen 2:42 Uhr koppelte sich der hintere Teil eines mit LKW beladenen Gueterzuges ab, entgleiste daraufhin und prallte gegen eine im Bahnhof Petershausen abgestellte leere S-Bahn. Ein S-Bahn-Wagen fing durch den Aufprall Feuer und brannte voellig aus. Ein Grossaufgebot von Polizei und Feuerwehr konnte das Feuer allerdings rasch unter Kontrolle bringen. Fuer ein benachbartes Einfamilienhaus, das kurze Zeit durch die Flammen gefaehrdet war, konnte Entwarnung gegeben werden. Der Lokfuehrer und die 18 LKW-Fahrer, die gestern Abend am Brenner gestartet waren und nach Manching bei Ingolstadt fahren wollten, sassen alle im vorderen Teil des Zuges, der nicht beschaedigt wurde. Derzeit raetselt die Polizei noch, aus welchem Grund sich die elf Waggons abgekoppelt haben. Es wird ein technischer Defekt vermutet.


Toepfer regt AEnderungen im reformierten Ladenschlussgesetz an

Bonn. Bundesbauminister Toepfer hat die Diskussion um das Ladenschlussgesetz neu entfacht. In einem Zeitungsinterview sprach er sich dafuer aus, die laengeren Oeffnungszeiten auf die Innenstaedte zu beschraenken. Damit solle eine weitere Abwanderung des Einzelhandels in die Randbereiche verhindert werden. Toepfer sagte, die Innenstaedte koennten auf diese Weise wieder belebt und attraktiver gestaltet werden. Man muesse die Staedte wieder angstfrei machen und die Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Bildung enger miteinander verbinden.


Einigung in Mostar-Krise

Mostar. Die Verhandlungen mit der Europaeischen Union und den Moslems und Kroaten in Mostar sind auch in der vergangenen Nacht fortgesetzt worden. Mittlerweile konnte die Krise jedoch beigelegt werden. Wie EU-Sprecher Kaschitz (sp?) mitteilte, unterzeichneten die Vertreter des moslemisch-kroatischen Seite ein Abkommen, dass die Einberufung der neugewaehlten Gemeindevertretung und die Wahl eines Buergermeisters ermoeglichen soll. Die Kroaten hatten dies bislang blockiert, da sie das Ergebnis der Kommunalwahlen vom 30. Juni wegen angeblicher Unregelmaessigkeiten nicht anerkennen wollten.


Zahl der Asylbewerber gestiegen

Bonn. Die Zahl der Asylbewerber ist im Vergleich zum Vormonat gestiegen. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, stellten rund 9500 Menschen einen Asylantrag. Das waren 15,5 Prozent mehr, als im Juni. Allerdings sei im Juni die geringste Asylbewerberzahl seit 1989 verzeichnet worden. Im Vergleich zum Juli 1995 ging die Zahl der Asylbewerber sogar um sieben Prozent zurueck. Die meisten Asylbewerber kamen erneut aus der Tuerkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien.


Ehemaliger Verkehrsminister bei Fahrradunfall schwer verletzt

Stuttgart. Wie erst heute bekannt wurde, ist der ehemalige baden-wuerttembergische Verkehrsminister Schaefer bei einem Verkehrsunfall vor zehn Tagen in Offenburg schwer verletzt worden. Nach einem Bericht der Ulmer Suedwestpresse wurde Schaefer auf dem Fahrrad von einem PKW erfasst. Dabei erlitt er innere Blutungen und Rippenbrueche. Die Zeitung meldete, Schaefer sei inzwischen ausser Lebensgefahr.


FDP fuer kontrollierte Abgabe von Heroin

Stuttgart. Baden-Wuerttembergs FDP-Regierungsfraktion hat sich fuer eine kontrollierte Abgabe von Heroin an Suechtige eingesetzt. Die Liberalen wollen mit dem Koalitionspartner CDU im Suedwesten und der FDP-Bundestagsfraktion Gespraeche ueber eine entsprechende Aenderung des Betaeubungsgesetzes aufnehmen. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Kieswetter sagte, der erste Schritt zu einer kontrollierten Abgabe muesse ein Modellversuch in mehreren Staedten sein.


Fuenf Tote bei Absturz eines Polizeihubschraubers

Hamburg. Beim Absturz eines Polizeihubschraubers in Schleswig-Holstein sind fuenf Menschen ums Leben gekommen. Der Helikopter der Tauchergruppe der Hamburger Polizei stuerzte waehrend einer Uebung vor Neustadt bei Holstein ins Meer. Nach Zeugenaussagen ist die Maschine kurz vor dem Aufprall auf die Wasseroberflaeche explodiert. Ersten Erkenntnissen zu Folge koennte sich ein Bergungskorb im Heckrotor verfangen haben.


Quellen

B5    7:00 MESZ
SDR 3    7:00 MESZ    8:00 MESZ    10:00 MESZ    11:00 MESZ    13:00 MESZ    15:00 MESZ    16:00 MESZ
Radio 7    14:00 MESZ