GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 27.04.1996



* Reemtsma nach Entfuehrung freigelassen
* Bundeslaender protestieren gegen Sparpaket der Bundesregierung
* Arbeitgeber fordern Aenderung der Tarifvertraege
* Juergen Moellemann neuer Landeschef der FDP in Nordrhein-Westfalen
* Anti-Atomenergie-Demonstrationen
* 1.FC Muechen trennt sich von Trainer Rehhagel
* Lebensretter besorgt ueber deutlich niedrigere Rettungsdienstfoerderung



Reemtsma nach Entfuehrung freigelassen

Hamburg. Fuer 30 Millionen DM Loesegeld ist der Erbe des Reemtsma-Konzerns freigekommen. Das ist das hoechste in Deutschland bezahlte Loesegeld. Nach Angaben der Polizei geht es dem 43jaehrigen Reemtsma den Umstaenden entsprechend gut. Die Entfuehrung wurde geheimgehalten, da die Entfuehrer mit der Ermordung ihrer Geisel gedroht hatten. Reemtsma war am 25.Maerz vor seiner Villa in Blankeneese gekidnappt worden. Freunde von ihm uebergaben am Donnerstag in der Naehe von Krefeld das Loesegeld. Gestern kurz vor Mitternacht meldete sich Reemtsma bei der Polizei. Reemtsma erbte als Kind das Zigarettenimperium seines Vaters. Mit 27 Jahren verkaufte er den Konzern und gruendete das Hamburger Institut fuer Sozialforschung.

Die Polizei hat eine Sonderkommission unter Fuehrung von Dieter Langendoerfer gebildet, die nach der Freilassung Reemtsmas jetzt nach den Entfuehrern sucht. Es waren drei Taeter, die untereinander und mit Reemtsma Englisch sprachen, doch das wohl Akzentfrei. Beim Ueberfall wurde Reemtsma im Gesicht verletzt, dann gefesselt und in den Kofferraum eines groesseren Wagens geworfen. Er konnte das Nummernschlid des Wagens kurz sehen; es soll schwarze Buchstaben auf gelbem Grund gehabt haben, moeglicherweise hollaendisch, weswegen die Fahndung auf Holland, Luxemburg und das Rhein-Main-Gebiet ausgedehnt wurde. Reemtsmas Kellerverlies hat sich jedoch nach seiner Schaetzung nur eine Dreiviertelstunde Autofahrt von seinem Wohnhaus entfernt befunden, so dass es wahrscheinlich in Hamburg lag. Reemtsma war im Keller am Fuss angekettet, er hatte etwa 2m Bewegungsspielraum. Waehrend seiner Gefangenschaft wurde er gut behandelt, eine Campingtoilette stand zu seiner Verfuegung, die Verpflegung war ordentlich, er bekam zwei Jogginganzuege, die auch regelmaessig gewaschen wurden, er hatte eine Matratze und bekam zu Lesen und Medikamente. Freigelassen wurde Reemtsma im Maschener Stadtteil Porst suedlich von Hamburg; dort setzten ihn die Entfuehrer aus, gaben ihm noch eine Telefonkarte mit auf den Weg und liessen ihn laufen.

Die Polizei geht mittlerweile zahlreichen Hinweisen aus der Bevoelkerung nach. Reemtsma selbst soll zu seinem Sohn in die USA geflogen sein.


Bundeslaender protestieren gegen Sparpaket der Bundesregierung

Berlin. Die Bundeslaender befuerchten Verluste in Milliardenhoehe durch das Sparpaket der Bundesregierung. Die Berliner Finanzsenatorin Fugmann-Liesing, SPD, sagte der Berliner Zeitung, dass allein durch die geplante Abschaffung der Vermoegenssteuer dem Land Berlin rund 350 Millionen DM verlorengehen. Die schrittweise Abschaffung der Gewerbesteuer wuerde fuer Berlin sogar einen Verlust von rund 2 Milliarden DM ausmachen. Fugmann-Liesing woertlich: "Die Sanierung des Haushalts darf nicht zu Lasten der Laender und Kommunen gehen." Ausserdem haben die SPD-regierten Laender angekuendigt, dass sie ua Verringerung des Kuendigungsschutzes und des Krankengeldes im Bundesrat blockieren werden.

Der Verband der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmer, CDA, in Baden-Wuerttemberg hat ebenfalls Kritik an den Plaenen geaeussert. Bei ihrer Tagung in Baden-Baden verlangten sie, dass das Kindergeld wie versprochen zum 1.1.1997 erhoeht wird. Ausserdem bemaengelten sie die geplante Einschraenkung der Lohnfortzahlung bei Krankheit.


Arbeitgeber fordern Aenderung der Tarifvertraege

Bonn. Die Arbeitgeber wollen auch bei der tariflich geregelten Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einen Abschlag von 20% durchsetzen. Die geltenden Tarifvertraege muessten, wo es moeglich sei, geaendert werden, so der Hauptgeschaeftsfuehrer der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbaende, Himreich, der Neuen Osnabruecker Zeitung. Himreich warnte die Gewerkschaften, die laufenden Tarifrunden mit Forderungen nach der vollen Lohnfortzahlung oder Streikdrohungen zu belasten.


Juergen Moellemann neuer Landeschef der FDP in Nordrhein-Westfalen

Der FDP-Politiker Moellemann ist wieder Landeschef der FDP in NRW. Auf dem Landesparteitag in Hagen setzte der fruehere Bundeswirtschaftsminister klar gegen den vorherigen Landeschef Schulz-Tornau durch. Fuer den 50jaehrigen Moellemann stimmten 285 Delegierte, fuer Schulz-Tornau 145. Moellemann hatte die FDP in NRW bereits 11 Jahre lang gefuehrt, bis zu seinem erzwungenen Ruecktritt 1994. Fuer seine Bewerbungsrede, in der er versicherte, aus alten Fehlern gelernt zu haben, erhielt er stuermischen Beifall.


Anti-Atomenergie-Demonstrationen

Mehrere tausend Menschen haben heute im ganzen Bundesgebiet friedlich gegen die weiter Nutzung der Atomenergie demonstriert. Zu Protestaktionen kam es vor den Kernkraftwerken Biblis und Kruemmel, vor dem Zwischenlager Ahrhaus und dem Endlager Morsleben. Im Muenchen fanden Aktionen gegen die Teilgenehmigung fuer den Forschungsreaktor 2 in Garching statt, in deren Verlauf die Polizei 7 Personen festnahm.


1.FC Muechen trennt sich von Trainer Rehhagel

Der deutsche Fussball-Rekordmeister 1.FC Muenchen hat sich mit sofortiger Wirkung von seinem Trainer Otto Rehhagel getrennt. In einer am Abend veroeffentlichten offiziellen Erklaerung heisst es, der Schritt sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt. Der Verein dankte ausdruecklich Rehhagel fuer die bisherige Zusammenarbeit. Ueber den Inhalt der Trennungsvereinbarung wurde striktes Stillschweigen vereinbart. Die Leitung der Lizenzspielermannschaft des 1.FC Muenchen uebernimmt vorerst wieder Vereinspraesident Franz Beckenbauer. Neuer Trainer soll vom 1.Juli an der Italiener Giovanni Travattoni werden, der einen Zweijahresvertrag erhaelt.


Lebensretter besorgt ueber deutlich niedrigere Rettungsdienstfoerderung

Lahr (Ortenaukreis). Mit Besorgnis registriert der Landesverband Baden der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) die drastischen Kuerzungen des Landes im Bereich der Rettungsdienstmittel. Wurden den Lebensrettern im badischen Landesteil in den letzten Jahren rund die Haelfte der beantragten Mittel fuer die Beschaffung von Booten, Fahrzeugen und Ausruestungen bewilligt, so erhalten sie 1996 nur ca. 15 Prozent der benoetigten Zuschuesse. DLRG-Landesverbandspraesident Gerd Nostadt schloss im Hinblick auf den so verursachten Antragsstau von rund 2,4 Millionen D-Mark im Rahmen einer Tagung in Lahr nicht aus, dass selbst dringende Ersatzbeschaffungen in diesem und im kommenden Jahr nicht finanzierbar sein werden. Die DLRG erhaelt fuer 1996 aus Rettungsdienstmitteln statt der beantragten 2,8 Millionen nur rund 430.000 D-Mark. Allein die Ersatzbeschaffung eines Bootsmotors wird davon 85.000 D-Mark verschlingen. Die knapp 200 badischen DLRG-Gruppen verbuchten in 1995 rund 199.500 ehrenamtliche Einsatzstunden, retteten 26 Personen vor dem Ertrinken und leisteten 6.700 mal Erste Hilfe.


Quellen

SWF 3    11:00 MESZ    18:00 MESZ    22:00 MESZ
Deutschlandfunk    12:00 MESZ    19:00 MESZ    23:00 MESZ
DLRG-Landesverband Baden e.V.