Gespraeche ueber Waehrungsunion haben begonnen |
Valencia. Die Finanzminister und Notenbankchefs der Europaeischen Union haben
ihre Gespraeche ueber die Waehrungsunion aufgenommen. Ueber den Termin und
die Spielregeln hatte es zuletzt Unstimmigkeiten gegeben.
Bundesfinanzminister Waigel sagte, es bleibe bei dem vorgesehenen Zeitplan
und den festgelegten Kriterien. Zu den Bedingungen zu der Teilnahme an der
Waehrungsunion gehoeren unter anderem eine niedrige Inflation und Zinsen. Die
gemeinsame Waehrung ist von 1999 an geplant. |
Finanzielle Einheit in Deutschland dauert noch Jahre |
Koblenz. Die finanzielle Einheit in Deutschland dauert nach Ansicht von
Bundesfinanzminister Waigel noch rund zehn Jahre. Gegenueber der Rheinzeitung
wies Waigel auf das jaehrliche Wachstum von 9 % in den neuen Bundeslaendern
hin. Damit sei Ostdeutschland eine der staerksten Wachstumsregionen der Welt.
Waigel sprach sich entschieden dagegen aus, die Gewerbekapitalsteuer auch in
den neuen Laendern einzufuehren. Diese Steuer muesse vielmehr im Westen
abgeschafft werden. |
Bundesregierung uebernimmt Zinsen fuer Altschulden ostdeutscher Kommunen |
Die Bundesregierung will unter bestimmten Voraussetzungen die bisher
aufgelaufenen Zinsen fuer Altschulden ostdeutscher Kommunen in Hoehe von drei
Milliarden DM uebernehmen. Dies berichtete die Leipziger Volkszeitung unter
Berufung auf Mitarbeiter des Kanzleramtes. Ein entsprechender Vorschlag solle
am 4. Oktober bei einem Treffen von Minister Bohl mit den Vertretern der
Staatskanzleien der neuen Laender unterbreitet werden. Der Plan sieht
allerdings auch vor, dass die ostdeutschen Laender sich mit den Kommunen die
4.9 Milliarden DM reine Altschulden teilen sollen. Bundesfinanzminister
Waigel hatte bereits gestern in Bonn angekuendigt, dass es bei ihm
Gespraechsbereitschaft ueber die Altschulden gebe. |
Kohl stellt Senkung der Abgabenbelastung in Aussicht |
Bundeskanzler Kohl hat die Senkung der Abgabenbelastung fuer Buerger und
Unternehmen in Aussicht gestellt. Bei der Eroeffnung der internationalen
Ernaehrungsmesse ANUGA sagte er am Vormittag in Koeln, dieses Ziel muesse man
fuenf Jahre nach der Deutschen Einheit konsequent verfolgen. Mit Blick auf
die Unternehmen erklaerte Kohl, die Bonner Koalition werde vor allem
staatliche Reglementierungen weiter auf den Pruefstand stellen. |
Scharpings Position laut Struck gefestigt |
Der parlamentarische Geschaeftsfuehrer der SPD, Struck, sieht im Ruecktritt
von Bundesgeschaeftsfuehrer Verheugen keine Schwaechung fuer Parteichef
Scharping. Struck sagte heute frueh im Westdeutschen Rundfunk, er halte die
Position Scharpings fuer sehr gefestigt. Ausserdem gehe er davon aus, dass
eine personelle Neuentscheidung der Partei wieder Mut machen koenne.
Wichtigste Aufgabe eines neuen Bundesgeschaeftsfuehrers sei es, bei den
SPD-Mitgliedern wieder um Vertrauen fuer die Parteispitze zu werben.
Nach dem Ruecktritt Verheugens hat der fruehere Hamburger Buergermeister von
Dohnany die Partei zur programmatischen Erneuerung aufgerufen. Im
Deutschlandradio Berlin sagte er heute frueh, er glaube, dass die Probleme
der SPD nicht mit Personen, sondern mit Sachfragen zu tun haetten. |
Strategiekongress von Buendnis 90 / Die Gruenen |
Der Vorstandssprecher von Buendnis 90 / Die Gruenen, Juergen Tritin, hat
seine Partei vor zu starker Anpassung an einen politischen Mittelweg gewarnt.
Zum Auftakt eines Strategiekongresses in Bonn rief er die Gruenen auf,
weiterhin den politischen Gegenpol zu den Altparteien zu bilden. Er wandte
sich entschieden gegen Ueberlegungen, dass die Gruenen sich wegen des
Niedergangs der SPD der CDU als neuem Partner zuwenden. Die
Orientierungslosigkeit der Sozialdemokraten verringere den Abstand zu den
Konservativen keineswegs. Die Gruenen muessten aber das noch unentschiedene
Mittelfeld um die SPD fuer eine oekologisch-soziale Reformpolitik zu
gewinnen. Tritin warnte seine Partei gleichzeitig davor, ihre Staerke zu
ueberschaetzen. Den Gruenen komme vor allem wegen der Probleme der SPD
gegenwaertig zu grosse Aufmerksamkeit zu. Dies verdecke aber erhebliche
Strukturprobleme der Gruenen - zum Beispiel die geringe Mitgliederzahl von
45.000, die Schwaeche in Ostdeutschland und auch programmatische Defizite.
Tritin wandte sich gegen Forderungen aus der Partei, vom Grundsatz einer
nichtmilitaerischen Aussenpolitik abzuruecken und die Wirtschaftspolitik auf
Kosten sozial Schwacher zu reformieren.
Waehrend des zweitaegigen Kongresses wollen die Gruenen eine kritische Bilanz
rot-gruener Buendnisse ziehen und ueber eine neuen Linie in der Aussen- und
Sicherheitspolitik diskutieren. |
DGB fordert gerechtere Lastenverteilung fuer den Aufbau Ost |
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat anlaesslich des fuenften Jahrestages
der Deutschen Einheit eine gerechtere Verteilung der Lasten fuer den Aufbau
Ost verlangt. Die stellvertretende Vorsitzende Ellenen-Kaefer sagte der
Nachrichtenagentur ddp/adn, man muesse vor allem die unteren und mittleren
Einkommen, sowie die personalintensiven Betriebe entlasten. Diese Gruppen
haetten ueber die Sozialversicherungsbeitraege bereits einen hohen Beitrag
fuer den Aufbau in den neuen Bundeslaendern geleistet. Im Gegenzug sollten im
Rahmen einer Lastenausgleichsabgabe grosse Vermoegen, Erbschaften sowie
nichtinvestierte Unternehmensgewinne hoeher besteuert werden. |
Beitraege zur Rentenversicherung muessen staerker angehoben werden |
Bonn. Die Beitraege zur Rentenversicherung muessen nach Informationen der
Zeitung "Welt am Sonntag" im kommenden Jahr staerker angehoben werden als
geplant. Wie das Blatt schreibt, zeichnet sich in der Rentenkasse mit einem
Defizit von bis zu 16 Milliarden DM ein groesserer Fehlbetrag ab, als bisher
angenommen. |
Deutsche Post AG bietet Bundesregierung Uebernahme der Postbank an |
Frankfurt am Main. Die Deutsche Post AG hat der Bundesregierung angeboten,
die Postbank zu uebernehmen. Nach eigenen Angaben will die Post mit mehreren
Partnern fast 75 % des Grundkapitals der Postbank kaufen. Mitbeteiligt an dem
Erwerb seien die Deutsche Bank und die Schweizerische Rueckversicherung. Die
Frankfurter Allgemeine berichtet, das Geschaeft habe einen Umfang von ueber
drei Milliarden DM, die Uebernahme solle bis zum 1. Januar 1996 erfolgen. |
Protestaktion der IG-Metall in Duisburg |
In Duisburg ist die Arbeitslosigkeit mit 15 Prozent ueberdurchschnittlich
hoch. Die dort ansaessigen Unternehmen - vor allem aus der Metallbranche -
planen einen weiteren Arbeitsplatzabbau. 3.500 Stellen stehen zur
Disposition. Die IG-Metall hat deshalb heute eine Protestkundgebung
veranstaltet. "Wir wollen arbeiten und nicht betteln" hiess es auf den
Transparenten der demonstrierenden Metaller. 3.500 Arbeitsplaetze in mehreren
Unternehmen, darunter "Mannesmann Fahrzeugteile", "Krupp Foerdertechnik" oder
die zwei Kabelwerke der franzoesischen Alcatel-Gruppe sind akut bedroht. Dazu
kommen noch einmal 1.500 Arbeitsplaetze in der Stahlindustrie. |
Orientalistin Schimmel will Auszeichnung trotz Angriffe entgegennehmen |
Die designierte diesjaehrige Traegerin des Friedenspreises des Deutschen
Buchhandels, die Orientalistin Schimmel, will trotz der Angriffe gegen sie
die Auszeichnung entgegennehmen. Frau Schimmel erklaerte in Bonn, an einen
Verzicht, wie er von verschiedenen Seiten angeregt wurde, denke sie nicht.
Die Preissumme in Hoehe von 25.000 DM solle mit dem Preisgeld einer frueher
verliehenen Auszeichnung in ihre Studienstiftung fuer islamische Studenten
fliessen. Der Streit um die Verleihung des Friedenspreises an die
Orientwissenschaftlerin wird inzwischen auch in der aegyptischen sowie
saudi-arabischen Presse ausfuehrlich diskutiert. Viele Blaetter sprechen von
einer Kampagne gegen Frau Schimmel, die die Kluft zwischen dem Westen und den
Moslems vertiefen koenne. |
Oktoberfest geht zu Ende |
Das groesste Volksfest der Welt, das Muenchner Oktoberfest, geht morgen zu
Ende. Zur grossen Trauer zahlreicher Wiesnfans und zur Freude zahlreicher
Anwohner der Theresienhoehe, fuer die es ab Montag wieder heisst: weniger
Laerm und mehr Parkplaetze. Am letzten Wochenende wird noch einmal ein
kraeftiger Andrang auf der Theresienhoehe erwartet, so dass auch heuer die
Zahl von 6.6 Millionen Besuchern erreicht werden duerfte wie im Vorjahr.
Fuer viele war die Wiesn ein rauschendes Fest, denn heuer wurde mehr
getrunken und dafuer weniger gegessen. 5.3 Millionen Mass waren es 1994,
heuer werden es ein paar hundertausend Mass mehr sein. In Promille laesst
sich das nicht umrechnen - aber soviel vielleicht: die Zahl der bei der
Sanitaetswache zu versorgenden Patienten stieg um 20 Prozent und unter den
173 schweren Alkoholopfern waren auch 21 Jugendliche unter 18 Jahren. Die
Polizei spricht von einem insgesamt friedlichen und ruhigen Volksfest,
allerdings wurden bis jetzt 67 Faelle registriert, in denen Streit mit
schlagenden Argumenten ausgetragen wurde, was im Polizeibericht unter der
Rubrik "Koerperverletzung" zu Buche schlug. Allerdings, so die
Ordnungshueter, habe es keine Massenschlaegereien wie in den vergangenen
Jahren gegeben. So blieb es bei knapp 400 Einsaetzen der Polizei und bei 35
Festnahmen. |
Fussballbundesliga |
1860 Muenchen - Duesseldorf 2:1 Kaiserslautern - Koeln 1:1 Leverkusen - Bremen 2:2 Karlsruhe - Rostock 0:2 Freiburg - Schalke 1:2 St. Pauli - Stuttgart 1:3 (Fr.) Uerdingen - Hamburg 1:1 (Fr.) |
Becker im Halbfinale von Basel, Huber im Finale von Leipzig |
Boris Becker steht nach seinem Sieg ueber Stefan Edberg beim mit einer
Million DM dotierten ATP-Turnier in Basel im Halbfinale und trifft dort auf
den Niederlaender Jan Simmering.
Anke Huber und Magdalena Maleeva bestreiten morgen das Endspiel beim
Tennisturnier in Leipzig. Anke Huber besiegte Judith Wiesner aus Oesterreich
mit 6:0 und 6:2. |
Grosser Preis von Europa: Schumacher startet aus zweiter Startreihe |
Michael Schumacher geht morgen beim 14. Lauf zur Formel I - Weltmeisterschaft
auf dem Nuerburgring vom dritten Startplatz aus ins Rennen. In der
Pole-Position befindet sich Coulthardt, Damon Hill erreichte Platz zwei. |
Lange Gesichter in Bogota |
Radsport - Lange Gesichter beim deutschen Viererteam bei den
Bahnweltmeisterschaften im kolumbianischen Bogota. Der Titelverteidiger
musste sich mit dem vierten Platz begnuegen. Neuer Weltmeister ist
Australien. Bei den Damen kam die Cottbusserin Annett Neuman nach starker
Leistung auf Platz vier. Sie verpasste die Bronze-Medaille nur um 0.07
Sekunden. |
Qualifikation zur Handballeuropameisterschaft |
Das Qualifikationsspiel zur Handballeuropameisterschaft zwischen Deutschland
und Litauen endete unentschieden 21:21. |
Die Dritte Kraft (Sueddeutsche Zeitung) |
(von Heribert Prantl)
Die Gruenen sind gross geworden, weil sie so anders waren als die anderen.
Jetzt wollen sie groesser werden, indem sie so werden wie die anderen. Das
Wort "Altpartei" hat seinen Schrecken verloren fuer Joschka Fischer. Er sucht
den Beifall und die Gunst der alten Parteien. Will er noch mehr? Will er
seine Partei selbst zur Altpartei machen? Zum Teil ist sie es schon: Die
gruene Partei gewoehnt sich an einen neuen Politikstil. Man hat den Eindruck:
Sie wird so konfliktscheu wie die CDU, so nachgiebig wie die SPD und so
beliebig wie die FDP. Fischer sagt das anders, naemlich so: "Wir werden
regierungsfaehig." Damit hat er sogar recht.
Er setzt sich in seiner Partei mit einer Autoritaet durch, die der des Kanzlers in der CDU wenig nachsteht. Bei der CDU hat dieser Fuehrungsstil Tradition, bei den Gruenen nicht. Es muss sich noch zeigen, ob und wie lange sich die Partei so regieren laesst - und wie die Basis auf eine gruene Politik reagiert, die sich mehr und mehr an taktischen Erwaegungen orientiert als an alten Ueberzeugungen. Die Bibel ist zwar nicht das Parteiprogramm der Gruenen, aber dort findet sich ein treffendes Wort zu diesem Umwandlungsprozess: Was hilft es, wenn man die Welt gewinnt, aber dabei an der Seele Schaden leidet? Es mag sein, dass die Gruenen mit Joschka Fischer regierungsfaehig werden, es kann aber sein, dass sie dann keine gruene Partei mehr sein werden - sondern schlicht das, was bisher die FDP war: Zuenglein, Mehrheitsbeschaffer, Juniorpartner. Die Gruenen in Bonn beackern neuerdings die Politikfelder, auf denen die anderen laengst ackern. Joschka Fischer kurvt durch das Gelaende der Aussen- und Wirtschaftspolitik - und weil er dort neu ist und sich geschickt anstellt, zieht er alle Augen auf sich. Fischer macht nichts wesentlich anders als andere, und er sagt auch nichts wesentlich anderes als andere. Aber er hat Erfolg damit - wenn man den Erfolg am Grad der oeffentlichen Aufmerksamkeit messen will. Fischer stellt Fragen, und die Oeffentlichkeit reagiert so, als habe er Antworten gegeben. Rudolf Scharping wuerde wohl bei Fischers Analysen das grosse Gaehnen ernten; bei Fischer aber ueberschlagen sich die Presseagenturen. Das vor allem ist der derzeitige Unterschied zwischen gruener und sozialdemokratischer Politik. Fischers Gruene wetteifern mit den anderen Parteien um den haeufigsten Gebrauch der Worte Globalisierung und Normalisierung. Viel interessanter aber als das, was Fischer sagt, ist das, was er nicht sagt. Wo sind seine Aussagen zur inneren Sicherheit? Wo ist ein Papier zur Auslaender- und Asylpolitik? Hat jemand Fischers Stimme zum Kruzifix-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gehoert? Eine Analyse zum Verhaeltnis von Kirche und Staat gelesen? Oder zur sozialen Gerechtigkeit? Oder zum Minderheitenschutz? Er verlaesst die Felder, auf denen die Gruenen lange gewirtschaftet haben, auf denen es aber heute (vermeintlich) wenig zu ernten gibt. Vor ein paar Jahren haetten die Gruenen wegen Mururoa die Republik mit Plakaten vollgeklebt. Heute beschraenken sie sich auf ein paar Aktionen fuer die Fernsehkameras. Sie glauben, das genuegt, um den alten Ruf zu erhalten. Das ist eine Strategie, die die Stammklientel der Gruenen auf eine harte Probe stellt. Die Gruenen verfuegen ueber ein festes Fundament von Waehlern, das bei etwa fuenf Prozent liegt. Diese fuenf Prozent haben die Gruenen deshalb gewaehlt, weil sie sich exakt um die Themen gekuemmert haben, die Fischer jetzt links liegen laesst. Bei seinem Versuch mit dem Gestus des grossen Sozialliberalen neue Waehler zu umarmen, muss Fischer auf die Leidensfaehigkeit dieser gruenen Stammklientel vertrauen, darauf also, dass diese dem Motto folgt: "Right or wrong, it's my party". Das ist ein riskantes Unterfangen - ein Geniestreich, wenn er gelingt. Wie es einer Partei ergehen kann, die auf die Wechselwaehler baut, das koennen die Gruenen bei der FDP studieren. In der vergangenen Woche hat sich etwas sehr Exemplarisches ereignet: Die Bundestagsfraktion liess die von ihr beantragte Aktuelle Stunde ueber die Abschiebung der Sudanesen absetzen, weil sich die gruenen Meinungsfuehrer in Bonn den Argumenten Kanthers ploetzlich nicht mehr gewachsen fuehlten. Wer die hilflosen Erklaerungen der Gruenen hoerte, der wusste, dass sie mit dem Sach- und Problemstand schlichtweg nicht ausreichend vertraut waren. Statt in die Offensive zu gehen, duckten sie sich in der Defensive - weil sie sich des oeffentlichen Beifalls fuer eine Offensive nicht sicher waren. Noch bezeichnender aber war dann das, was am Tag darauf passierte: Man entschuldigte sich, weil, wie es hiess, man die Auswirkungen der Absetzung der Aktuellen Stunde verkannt und die negativen Reaktionen darauf nicht vorausgesehen habe. Wenn also die Reaktionen anders gewesen waeren - dann waere es wohl beim Abruecken von den Fluechtlingen geblieben. So fuehrt die Sucht nach oeffentlichem Beifall dazu, dass man sich nicht mehr getraut, gegen einen politischen Gegner anzutreten - wenn man sich dieses Beifalls nicht ganz sicher ist. Taktik regiert Politik.
Es war einmal: Die Gruenen konnten Begeisterung wecken - auch mit
unausgereiften Ideen. Im Zuge des Reifungsprozesses ist die Begeisterung
weitgehend verschwunden. Dafuer aber nennen die Gruenen sich jetzt die
"dritte Kraft". Es fragt sich freilich, wie lange sie dies bleiben koennen. Am
Wochenende wollen sie auf einem Strategiekongress darueber nachdenken. |
Das Streiflicht (Sueddeutsche Zeitung) |
Zeit des Uebergangs, autumnus, fuer den Lateiner. Wer Englisch spricht, sagt
einfach autumn. Vegetation stirbt, Thermometer faellt, am Horizont lacht der
Winter. "Bunt schon sind die Waelder / gelb die Stoppelfelder", raunzte ein
vergessener Schweizer Militaerdichter, dessen Vorstellungskraft zeitgebunden
war. Wir schreiben neue Herbstlieder. Ohne Stoppelfelder; es gibt sie nicht
mehr. Unsere Verse handeln vom einsamen Landwirtschaftstechniker hoch droben
auf seiner riesigen Maschin', welche die bereinigten Fluren nacheinander
besamt, odelt, aberntet, umbricht und abermals besamt. Natur beherrscht,
jubeln wir und rascheln lieber durch unbeherrschte Periodika. "Come together"
heisst das Wort zum Oktober. Man kuschelt zusammen, Fruechte wollen in den
Korb, der Wein in den Winzer, Scharping zu Schroeder. Ja, was treibt den
Menschen ? Wohin fuehrt ES ihn ? Wir berichten ueber neue Erkenntnisse,
Umfragen, Untersuchungen (ohne Gewaehr).
Jeder vierte, lesen wir, sei zu Hause am liebsten Couch-Potato auf dem Sofa; 15 Prozent ziehe es in den Fernsehsessel. Ueberraschend? Auf jeden Fall eine faszinierende Nachricht. Immer schon haetten wir wissen wollen, was der Zeitgenosse zu Hause macht, und wo. Vor allem aber wie, wenn er eingerichtet ist wie die Prospekte der Moebelfirmen (wir bitten um gef. Beachtung) uns vormachen. Couches woelben sich gewaltig, niedrig, tief- und zimmerfuellend sperrig-zentral. Aufrechtes Dasein erlauben sie nicht. Die zugehoerigen Couchtische verweigern jeden Sinn. Verheissungsvoll raekelt sich in unserer Mustersitzgrube ein missgelauntes Frauchen. Mutmasslich Kreuzschmerzen vom ewigen Staubsaugen. Oder ist es die ewige Hockerei auf muffligen Polstern? Nicht hinsehen. Schnell mal durchs Programm zappen. Ein Wunder wird gemeldet. Die Geister von Ringo Starr, George Harrison, Paul McCartney sowie der verstorbene John Lennon sind endlich "together" gekommen und produzieren in London neun niegelneu Beatles-Alben - Neun! Beleidigt wedelt das Couch-Girl mit der naechsten Umfrage. Es sei mistig gelaunt, weisst es nach, weil es zusammen mit der Mehrheit aller Frauen das schlechte Wetter (kraeftiger Westwind, Herbstlaub, Wolkenfetzen) - das schlechte Wetter also fuer den "Stimmungskiller" schlechthin halte. Dicht gefolgt vom morgendlichen Mundgeruch des Partners, liest das Girl haemisch aus unserer Umfragen-Kollektion.
Wie sollen wir unter solchen Umstaenden zusammen kommen? Die wenigsten
Maenner und Frauen erleben jemals den gemeinsamen Hoehepunkt, meldet dpa
soeben. (Deutlicher koennen wir nicht werden; diese Kolumne wird schliesslich
von Kindern und Chefredakteuren gelesen.) Eindeutig schuldig - na wer schon? |
der Mann. Der verspuere nicht, klagt der daenische (!) |
Sexualwissenschaftler Thrysoe, "jenes saugende und mystische
Ganzheitserlebnis wie die Frau." |
Quellen |
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