GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 03.07.1995



* Rau ueber Bedenken der eigenen Reihen zu Buendnis mit den Gruenen
* Verhandlungen zwischen Koalition und SPD um Jahressteuergesetz
* Entwurf zum Bundeshaushalt 1996
* Scharping zu rot-gruener Koalition in Nordrhein-Westfalen
* Zoepel ueber Braunkohletagebau in Nordrhein-Westfalen
* Nachfolger fuer Praesident des Bundesamts fuer Verfassungsschutz
* Sitzung des FDP-Bundesvorstands zur Steuer- und Mittelstandspolitik
* Suessmuth fordert Laender zu Foerderung der Volkshochschulen auf
* Stihl zur Begrenzung der Lohnnebenkosten durch Abbau des Sozialsystems
* Tarifkonflikt in westdeutschen Einzelhandel beigelegt
* Muenchener CSU-Vorsitzender Gauweiler zurueckgetreten
* Gesundheitsministerin Moser fuer Legalisierung von Haschisch und Mariohanna
* Herzog wuerdigt Bemuehungen der Ukraine um wirtschaftliche Reformen
* Chinas Staats- und Parteichef wuerdigt Beziehungen zu Deutschland
* Helfer bei Verkehrsunfaellen sind immer unfallversichert
* In Pakistan verschleppter deutscher Ingenieur freigelassen
* Unwetter mit Hagel und Sturmboehen ueber Grossraum Ulm



Rau ueber Bedenken der eigenen Reihen zu Buendnis mit den Gruenen

Der nordrhein-westfaelische Ministerpraesident Rau sieht trotz der Proteste der Bergleute gegen den Koalitionsvertrag mit den Buendnis-Gruenen keine Spaltungsgefahr fuer die SPD. Man muesse aber die Skepsis gegen die Vereinbarung in den eigenen Reihen ernst nehmen, betonte Rau heute frueh im Deutschlandfunk. Er koenne die Sorgen der Bergleute beim Thema Garzweiler 2 verstehen. Es gebe aber sowohl ein deutliches Ja der Sozialdemokraten zu dem Braunkohletagebau als auch eine klare Rechtsgrundlage. Nach der Verabschiedung der Koalitionsvereinbarung durch die Parteitage gehe es jetzt darum, den Industrie- und Wirtschaftstandort Nordrhein-Westfalen voranzubringen.


Verhandlungen zwischen Koalition und SPD um Jahressteuergesetz

In die Verhandlungen zwischen den Bonner Koalitionsparteien und der SPD ueber das geplante Jahressteuergesetz ist heute Bewegung gekommen. Nach neuen Beratungen erklaerten Finanzminister Waigel und der sozialdemokratische Verhandlungsfuehrer Lafontaine, eine Einigung sei bis Mittwoch moeglich. Nach den Angaben beider Seiten ist bei der Steuerbefreiung fuer das Existenzminimum und beim Kindergeld ein Stufenmodell im Gespraech. Bei beiden Vorhaben sollen zunaechst die Planungen der Koalition verwirklicht werden. In mehreren Schritten sollen das Kindergeld und die Grundfreibetraege entsprechend den Vorstellungen der Sozialdemokraten angehoben werden. Erhebliche Differenzen gibt es noch, was die Frage der Belastung von Laendern und Gemeinden durch die Neuregelungen betrifft. Koalition und Sozialdemokraten verhandeln jetzt ueber den Abbau von Subventionen und Steuerverguenstigungen in einem Umfang von 5 Milliarden DM. Ueber die Einfuehrung einer Stromsparsteuer als Einstieg in eine oekologische Steuerreform will Finanzminister Waigel mit der SPD im Herbst sprechen. Am Morgen meinte der FDP-Vorsitzende Gerhard, das Vermittlungsverfahren duerfe nicht zu Abgabenerhoehungen fuehren. Im Deutschlandfunk sagte Gerhard heute frueh, deshalb sei er auch gegen die von den Sozialdemokraten geforderte Anhebung der Mineraloelsteuer. Fuer akzeptabel halte er den Einigungsvorschlag der SPD, das Kindergeld stufenweise zu erhoehen. Allerdings verlangten die Liberalen auch bei dieser Loesung eine Kompensation, betonte Gerhard. SPD-Chef Scharping hatte gestern im ARD-Fernsehen mitgeteilt, seine Partei koenne zunaechst einer Kindergeldzahlung von 200 DM zustimmen. Diesen Betrag hat die Regierungskoalition im Jahressteuergesetz 1996 vorgesehen. Scharping betonte, dass die Summe dann allmaehlich aufgestockt werden muesse. Der Bund der Steuerzahler erinnerte die Parteien an ihre Versprechen vor der Wahl, auf Steuererhoehungen zu verzichten.


Entwurf zum Bundeshaushalt 1996

Kuerzungen bei der Arbeitslosenhilfe sowie Einsparungen im Verkehrsressort kennzeichnen den Bundeshaushalt 1996, der heute in Bonn bekannt wurde. Nach dem Entwurf, den Finanzminister Waigel am Mittwoch im Kabinett erlaeutern will, soll die Arbeitslosenhilfe um 3,7 Milliarden DM gekuerzt werden. Dazu soll Bundesarbeitsminister Bluem eine Gesetzesnovelle vorlegen. Entgegen frueherer Planungen sollen auch die Investitionen fuer die Bahn um 2 Milliarden DM verringert werden. Ausserdem ist eine Umstellung des Bafoeg auf Bankendarlehen geplant. Insgesamt sollen die Ausgaben des Bundes gegenueber dem Vorjahr um 5,4% auf 452 Milliarden DM sinken. Die Neuverschuldung wird bei knapp 60 Milliarden DM liegen und 11 Milliarden mehr als 1995.


Scharping zu rot-gruener Koalition in Nordrhein-Westfalen

Der SPD-Vorsitzende Scharping erwartet, dass die rot-gruene Koalition in Nordrhein-Westfalen bei einer erfolgreichen Zusammenarbeit auch Auswirkungen auf die Bundesrepublik haben wird. Im Suedwestfunk betonte Scharping allerdings, dass es fuer die Sozialdemokraten wichtig sei, die eigene Identitaet zu wahren. Die SPD muesse als Partei der sozialen Gerechtigkeit erkennbar bleiben und sich um die Belange etwa von Kindern, Wohnungssuchenden und normalen Steuerzahlern kuemmern. Zugleich muesse seine Partei auch Verantwortung fuer die Wirtschaft demonstrieren. Scharping forderte eine Erneuerung der Wirtschaft auf oekologischer Grundlage und zugleich eine Entlastung der Unternehmen von Arbeitskosten.


Zoepel ueber Braunkohletagebau in Nordrhein-Westfalen

Als ein Projekt, das nicht mehr in unsere Zeit passt hat der stellvertretende Landesvorsitzende der nordrhein-westfaelischen SPD Zoepel den Braunkohletagebau Garzweiler 2 bezeichnet. Es sei unsinnig, 7000 Menschen umzusiedeln um 9000 Arbeitsplaetze zu schaffen, sagte Zoepel heute frueh im Deutschlandradio Berlin. Die Sozialdemokraten muessten staerker unter Beweis stellen, dass ihnen oekologische Ziele genauso wichtig seien wie soziale Anliegen. Dies sei im uebrigen auch eine Frage des Generationenwechsels in der SPD.


Nachfolger fuer Praesident des Bundesamts fuer Verfassungsschutz

Neuer Praesident des Bundesamts fuer Verfassungsschutz soll der 52jaehrige Hans Joerg Geiger werden. Der Jurist ist zur Zeit der Direktor der Berliner Gauck-Behoerde, die die Stasi-Akten verwaltet. In Bonn wird erwartet, dass das Bundeskabinett am Mittwoch der Ernennung Geigers zustimmt. Der bisherige Praesident des Verfassungsschutzes Wertebach ist als Staatssekretaer ins Innenministerium gewechselt.


Sitzung des FDP-Bundesvorstands zur Steuer- und Mittelstandspolitik

Der neue FDP-Bundesvorstand ist unter Leitung von Parteichef Gerhard am Vormittag zu seiner ersten Sitzung zusammengekommen. Themen waren unter anderem die Steuer- und Mittelstandspolitik der Liberalen sowie die oekologische Marktwirtschaft. Ausserdem beraet das Gremium ueber den Mitgliederentscheid. Wie Gerhard heute frueh im Deutschlandfunk sagte, ist mit der Zustimmung des Vorstands zu einer entsprechenden Initiative des Parteitages von Mainz zu rechnen.


Suessmuth fordert Laender zu Foerderung der Volkshochschulen auf

Bundestagspraesidentin Suessmuth hat Landkreise und Bundeslaender dazu aufgerufen, die Volkshochschulen weiter zu foerdern. Weiterbildung habe eine wichtige soziale Funktion, sie verbinde Menschen. Zuschusskuerzungen fuer die Volkshochschulen koennten nicht einfach durch hoehere Gebuehren ausgeglichen werden. Frau Suessmuth sagte, Volkshochschulkurse muessten fuer alle erschwinglich sein. Die CDU-Politikerin ist die Praesidentin des deutschen Volkshochschulverbandes.


Stihl zur Begrenzung der Lohnnebenkosten durch Abbau des Sozialsystems

Zur Begrenzung der Lohnnebenkosten hat der Praesident des deutschen Industrie- und Handelstages Stihl einen Umbau des Sozialsystems gefordert. Gegenueber der Bildzeitung trat Stihl fuer eine leistungsbezogene Grundrente ein. Sie solle nur noch die Grundbeduerfnisse abdecken. Wer mehr moechte, koenne Lebensversicherungen abschliessen. Auch die undifferenzierte Lohnfortzahlung bei Krankheit sei auf Dauer nicht mehr zu vertreten, da sie nach den Worten des DIHT-Chefs zum Blaumachen auf Kosten der Betriebe verfuehrt. Stihl meinte, um die Lohnnebenkosten in den Griff zu bekommen, muesse auch ueber die Modalitaeten des Urlaubsgeldes gesprochen werden. Der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses Ost lehnte im ZDF-Morgenmagazin die Einfuehrung einer Grundrente ebenso ab wie Karenztage im Krankheitsfall. Der CDU-Politiker verlangte allerdings, der Trent zur Fruehverrentung muesse gestoppt werden. Arbeitnehmer sollten kuenftig nicht mehr im Durchschnitt mit 59 Jahren in den Ruhestand gehen koennen.


Tarifkonflikt in westdeutschen Einzelhandel beigelegt

Der Tarifkonflikt in westdeutschen Einzelhandel ist entgueltig beigelegt. Arbeitgeber und Gewerkschaften einigten sich heute im letzten noch ausstehenden Tarifgebiet Baden-Wuerttemberg auf einen neuen Vertrag fuer die rund 200000 Beschaeftigten. Nach einem Nullmonat sollen die Einkommen rueckwirkend zum 1. Mai um 3,7% erhoeht werden. Fuer untere Gehaltsgruppen sind Strukturverbesserungen vorgesehen.


Muenchener CSU-Vorsitzender Gauweiler zurueckgetreten

Der Muenchener CSU-Vorsitzende und fruehere bayerische Umweltminister Gauweiler ist am Abend zurueckgetreten. Auf einem Parteitag erklaerte Gauweiler, er sei vom Ergebnis seiner Wiederwahl als Bezirkschef enttaeuscht. Ein solches Resultat habe er nicht verdient. Er war zuvor mit 89 Ja- gegenueber 33 Nein-Stimmen in seinem Amt bestaetigt worden.


Gesundheitsministerin Moser fuer Legalisierung von Haschisch und Mariohanna

Die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Moser hat sich dafuer ausgesprochen, Haschisch und Mariohanna in Apotheken zu verkaufen. Wie heute in Kiel offiziell mitgeteilt wurde, hat eine Expertengruppe unter Leitung der SPD-Politikerin die kontrollierte Abgabe von Kanabis-Produkten vorgeschlagen, mit dem Ziel, die Maerkte fuer weiche und harte Drogen zu trennen. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Lindner wies die Vorschlaege aus Kiel als unverantwortlich zurueck. Mit Unverstaendnis reagierte auch die Bundesvereinigung der Apothekerverbaende. Von einem diskussionswuerdigen Beitrag sprach dagegen die deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren.


Herzog wuerdigt Bemuehungen der Ukraine um wirtschaftliche Reformen

Bundespraesident Herzog hat die Bemuehungen des ukrainischen Staatschefs Kutschma um wirtschaftliche Reformen gewuerdigt. Bei einem Empfang zu Ehren Kutschmas betonte Herzog am Abend in Bonn, dass wirtschaftliche und politische Erneuerungen einander bedingten. Zugleich wies Herzog auf die Bereitschaft der deutschen Industrie zu Investitionen in der Ukraine hin, wenn diese dazu verlaessliche Rahmenbedingungen biete. Zuvor hatte Bundeskanzler Kohl nach einem Treffen mit Kutschma dem Land eine engere wirtschaftliche Kooperation zugesagt.


Chinas Staats- und Parteichef wuerdigt Beziehungen zu Deutschland

Der Staats- und Parteichef der Volksrepublik China Yang Tse-Min hat die Beziehungen zu Deutschland als ausgezeichnet gewuerdigt. China heisse deutsche Geschaeftsleute willkommen, sagte Yang Tse-Min heute in Peking der Nachrichtenagentur DPA. Er stellte zugleich weitere Verbesserungen der Investitionsbedingungen im bevoelkerungsreichsten Land der Erde in Aussicht. Das Staatsoberhaupt der Volksrepublik China wird bei einem Europabesuch in zehn Tagen auch in Deutschland Station machen.


Helfer bei Verkehrsunfaellen sind immer unfallversichert

Helfer bei Verkehrsunfaellen sind immer unfallversichert. Diese Entscheidung traf das rheinland-pfaelzische Landessozialgericht. Nach dem Urteil gilt der Versicherungsschutz auch dann, wenn eine Hilfeleistung gar nicht noetig gewesen waere. Schon wenn ein Autofahrer anhalte, um festzustellen, ob seine Hilfe ueberhaupt gebraucht werden, bestehe Versicherungsschutz, der entfalle aber, wenn Vorbeifahrende an einer Unfallstelle nur aus Neugier anhielten.


In Pakistan verschleppter deutscher Ingenieur freigelassen

Nach achttaegiger Gefangenschaft ist einer der drei in Nordwest-Pakistan verschleppten deutschen Ingenieure heute frueh freigelassen worden. Der 56jaehrige und der ebenfalls auf freien Fuss gesetzte pakistanische Pfarrer seien bei guter Gesundheit, berichtete die deutsche Botschaft in Islamabad. Der Ingenieur erklaerte in einer ersten Stellungnahme, er wisse nicht, wie es seinen beiden Kollegen gehe. Sie seien am vergangenen Mittwoch getrennt worden.


Unwetter mit Hagel und Sturmboehen ueber Grossraum Ulm

Ein Unwetter mit Hagel und Sturmboehen ist am fruehen Morgen ueber dem Grossraum Ulm niedergegangen. Der Schaden geht in die Millionen. Entwurzelte Baeume beschaedigten mehr als 70 Autos. Strassenleuchten, Ampelanlagen und Oberleitungen wurden beschaedigt, mehrere Strassen waren ueberflutet. Hundert Mal musste die Ulmer Feuerwehr ausruecken, auch um Keller auszupumpen. Gestern Abend verursachten schwere Gewitter in Suedbayern und bei Augsburg schwere Schaeden.


Quellen

DLF    9:00 MESZ    10:00 MESZ    12:00 MESZ    23:00 MESZ
SWF3    11:00 MESZ    13:00 MESZ