GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 12.03.1995



* Gedenken an Bombenangriff auf Peenemuende
* Nolte plant Verbesserungen der Leistungen beim Erziehungsgeld
* Bundesregierung plant offenbar eine Abgassteuer
* Ueberlegungen der SPD zu Energiekonsensgespraechen
* Hagedorn fordert Aufbau von Ruecklagen fuer die Altersversorgung
* Franz Xaver Kroetz erhaelt den Berthold Brecht Preis
* Staatsanwaltschaft bestaetigt Festnahme des ehemaligen Suedmilch-Chefs
* OST-SPD gegen Vergleichsmietensystem
* 110 Mio. DM Risikokapital fuer junge Technologieunternehmen
* Demonstration bei Gorleben
* Deutsch-polnische Autoschieberbande ausgehoben
* Schiffsunglueck auf der Donau
* Flugzeugabsturz bei Leutkirch
* Was der Markt uns sagen will (Sueddeutsche Zeitung Sa,So 11/12.3.1995)
* Mit 15 Milliarden Byte in die vierte Dimension
* In eigener Sache: GermNews sind der Zeit vorraus
* Fussballbundesliga
* Martina Ertl 3. bei Weltcupslalom
* Steffi Graf gewinnt ihr 88. Turnier



Gedenken an Bombenangriff auf Peenemuende

Usedom. Heute fand in Usedom eine Gedenkfeier an die Zerstoerung der Stadt Peenemuende durch einen alliierten Bomberangriff vor 50 Jahren statt. In der heute polnischen Stadt waren am 12. Maerz 1945 23.000 Menschen getoetet worden.


Nolte plant Verbesserungen der Leistungen beim Erziehungsgeld

Bundesfamilienministerin Nolte plant die Leistungen beim Erziehungsgeld zu verbessern. In einem Zeitungsinterview sagte Frau Nolte, vor allem muessten die Einkommensgrenzen beim Erziehungsgeld angehoben werden. Sie seien seit 1986 unveraendert. Ausserdem sprach sich die Ministerin dafuer aus, den Unterhaltsvorschuss fuer Kinder von Alleinerziehenden kuenftig nicht nur bis zum 12. Lebensjahr sondern bis zum Alter von 16 Jahre zu zahlen. SPD-Chef Scharping kuendigte dagegen an, dass seine Partei nach wie vor ein hoeheres Kindergeld von 250 DM favorisiere.


Bundesregierung plant offenbar eine Abgassteuer

Bonn. Die Bundesregierung plant offenbar eine Abgassteuer. In einem Zeitungsinterview kuendigte Bundesverkehrsminister Wissmann an, man wolle in diesem Jahr mit der Automobilindustrie einen Umweltpakt schliessen, der unter anderem vorsehe, die KFZ-Steuer nach dem Abgasausstoss zu staffeln. Die neue Regelung soll laut Wissmann fruehstens Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.


Ueberlegungen der SPD zu Energiekonsensgespraechen

Die Sozialdemokraten wollen fuer ihre Position bei den Energiekonsensgespraechen einen klaren Rahmen abstecken. Wie ihr parlamentarischer Geschaeftsfueherer Struck heute im Sueddeutschen Rundfunk mitteilte, werden Praesidium und Bundestagsfraktions zunaechst den Bericht des niedersaechsischen Ministerpraesidenten Schroeder ueber die Ergebnisse der Beratungen im Vorfeld zu Kenntnis nehmen und dann ueber die Marschroute entscheiden. Struck fuegte hinzu, fuer die Zukunft der deutschen Steinkohle duerften lediglich solche Konzepte verwendet werden, die sozialvertraeglich sein. Nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp/adn will sich die SPD die Option einer kuenftigen Nutzung der Kernenergie offenhalten. Die SPD hat die Koalitionsparteien aufgefordert, bei den Energiegespraechen am kommenden Donnerstag ein Konzept fuer die Kohle vorzulegen. Andernfalls drohte der SPD-Vorsitzende Scharping die Gespraeche platzen zu lassen. Scharping sagte in einem Zeitungsinterview, das mindeste sei, dass die Regierung sage, was sie wolle. Uebermorgen beraet die Koalition ihre Linie in der Kohlepolitik. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt lehnte fuer die FDP heute erneut jede Loesung ab, die eine Steuererhoehung beinhaltet. Demgegenueber forderte Finanzminister Waigel die FDP heute auf, sich bei den Beratungen kompromissbereit zu zeigen. Die Finanzhilfen fuer den Kohlebergbau muessen neu geregelt werden, weil das Bundesverfassungsgericht den Kohlepfennig fuer unzulaessig erklaert hat.


Hagedorn fordert Aufbau von Ruecklagen fuer die Altersversorgung

Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Hagedorn, hat die Arbeitgeber im Oeffentlichen Dienst aufgefordert, Ruecklagen fuer die Altersversorgung der Staatsdiener zu bilden. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" wies Hagedorn darauf hin, dass normale Arbeitnehmer waehrend ihrer Berufstaetigkeit Beitraege zur Rentenversicherung zahlen muessten. Demgegenueber habe die oeffentliche Hand nicht fuer Pensionsruecklagen fuer ihre Beamten gesorgt. Die dadurch eingesparten Milliardenbetraege seien dazu benutzt worden, Haushaltsloecher zu schliessen. Hagedorn bezeichnete es als Skandal, dass jetzt versucht werde, die Betroffenen zur Kasse zu bitten. Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertete er das Bemuehen von Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, Pensionsfonds einzurichten. Es muesse aber ein bundesweit geltendes Gesamtkonzept erarbeitet werden, verlangte Hagedorn.


Franz Xaver Kroetz erhaelt den Berthold Brecht Preis

Augsburg. Der Muenchner Schriftsteller Franz Xaver Kroetz wird heute von der Stadt Augsburg mit dem Bert Brecht Preis ausgezeichnet. Mit dem Preis, der in diesem Jahr erstmals vergeben wird, will die Stadt Augsburg deutschsprachige Autoren fuer ihr Gesamtwerk ehren. Der Dramatiker und Dichter Berthold Brecht war 1898 in Augsburg geboren worden. Der Jury, die ueber die Vergabe der mit 30.000 DM dotierten Auszeichnung entscheidet, gehoeren auch Nachfahren Brechts an.


Staatsanwaltschaft bestaetigt Festnahme des ehemaligen Suedmilch-Chefs

Stuttgart. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat die Festnahme des ehemaligen Chefs der Stuttgarter Suedmilch AG, Weber, bestaetigt. Nach Angaben der Behoerde wurde Weber auf seiner Farm in Paraguay verhaftet. Die Staatsanwaltschaft werde nun die Auslieferung Webers beantragen, um den 59 Jahre alten ehemaligen Suedmilchchef vor Gericht zu stellen. Dem Manager werden Untreue, Subventionsbetrug und Kapitalanlagenbetrug vorgeworfen. Dabei gehe es um einen Schaden in Hoehe von 40 Millionen DM. Als Folge der Unregelmaessigkeiten war die Suedmilch-Tochter Sachsenmilch im Sommer 1993 in Konkurs gegangen, anschliessend hatte die Suedmilch AG Vergleich beantragt.


OST-SPD gegen Vergleichsmietensystem

Magdeburg. Ostdeutsche SPD-Politiker haben den vom Bundeskabinett gebilligten Gesetzentwurf des Vergleichsmietensystems in den neuen Bundeslaendern abgelehnt. In einer in Magedeburg verabschiedeten Erklaerung heisst es, ohne eine Kappungsgrenze von hoechstens zehn Prozent bei Neuvermietungen werde es zu sozial unverantwortlichen Mietbelastungen kommen. Ausserdem sei durch den Gesetzentwurf nicht gesichert, ob die angekuendigten Wohngelderhoehungen die Mieterhoehungen abfedern koennen. Durch die Einfuehrung des Vergleichsmietensystems sollen die Mieten in Ostdeutschland bis Ende 1997 um 15 Prozent steigen.


110 Mio. DM Risikokapital fuer junge Technologieunternehmen

Bundesminister Ruetgers hat 110 Mio. DM freigegeben, um junge Technologieunternehmen mit Risikokapital zu versorgen. Im Deutschlandfunk wies Ruetgers darauf hin, dass erst vor kurzem ein Vertrag mit der Deutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt fuer Wiederaufbau unterzeichnet worden sei, mit dessen Hilfe bis zum Jahr 2000 annaehernd 900 Mio. DM an Beteiligungsmitteln fuer wagemutige Erfindungen bereitgestellt werden koennten. Der Minister fuer Bildung, Forschung und Technologie, dass gegenueber frueher jetzt nicht nur neugegruendete Firmen in den Genuss dieser Foerderung kaemen, sondern auch solche, die zwischen vier und zehn Jahre alt seien.


Demonstration bei Gorleben

Hannover. Trotz eines Demonstrationsverbotes haben Atomkraftgegner versucht, Bahnschienen in der Naehe des niedersaechsichen Zwischenlager Gorleben zu demontieren. Polizei und Bundesgrenzschutz draengten die rund 800 Teilnehmer ab und nahmen fuenf von ihnen vorlaeufig fest. Die Aktion richtete sich gegen den geplanten Castor-Atommuelltransport vom baden-wuerttembergischen Atomkraftwerk Phillipsburg nach Gorleben.


Deutsch-polnische Autoschieberbande ausgehoben

Stettin. Die polnische Polizei hat eine deutsch-polnische Autoschieberbande dingfest gemacht, die im Westen Luxuslimosinen mit der Einwilligung der Besitzer entwendet und mit falschen Papieren in der Gemeinschaft unabhaengiger Staaten verkauft hatte. Nach Angaben der Stettiner Polizei befinden sich unter den fuenf Festgenommenen auch zwei Deutsche. Die Bande haben mindestens 60 Autos in den Osten verschoben. Die urspruenglichen Besitzer haetten ihre Fahrzeuge bei ihren Versicherungen als gestohlen gemeldet und damit zusaetzlich die Versicherungssumme kassiert.


Schiffsunglueck auf der Donau

Vilshofen. Ein niederlaendisches Tankschiff ist heute frueh auf der Donau bei Vilshofen auf Grund gelaufen und leck geschlagen. Nach Angaben der Polizei Passau sind mittlerweile mindestens 30.000 Liter leichtes Heizoel ausgeflossen und haben auf der Donau in Richtung Passau einen riesigen Oelteppich gebildet. Bislang ist noch unklar, wieviel Heizoel das Schiff insgesamt geladen hatte. Die Feuerwehr errichtet Oelsperren. Zur Zeit duerfen keine Schiffe auf der Donau fahren. Nach Angaben der Polizei besteht die Gefahr, dass das Schiff auseinanderbricht. Die Behoerden haben die Anwohner aufgefordert, Fenster und Tueren zu schliessen. Es hat sich ein unangenehmer Oelgeruch entwickelt. Nach Angaben des Kriesenstabes im Passauer Landratsamt gibt es zur Zeit aber keine Hinweise auf Gesundheitsgefahren fuer die Menschen. Die Donau bei Vilshofen gilt als besonders gefaehrlich. Allein 17 Schiffsunfaelle wurden im letzten Jahr an dieser Stelle gezaehlt.


Flugzeugabsturz bei Leutkirch

Bei einem Flugzeugabsturz in der vergangenen Nacht bei Leutkirch ist ein Mensch ums Leben gekommen. In Biberach war der 53jaehrige Pilot mit seinem 40 Jahre alten Passagier zu einem anderthalbstuendigen Rundflug gestartet. Doch dann gab es in etwa 2.500 m Hoehe Probleme. Die Thermik riss ab, der Motor startete nicht. Auf einer Wiese in der Naehe von Leutkirch wollte der Pilot daher eine Notlandung versuchen, verlor dabei aber zuviel Geschwindigkeit. Ergebnis: die Stroemung an den Tragflaechen riss ab, die Maschine sauste wie ein Stein auf die Erde. Der Pilot kam bei dem Unglueck ums Leben, der Passagier erlitt schwerste Verletzungen. Bevor die Maschinen endgueltig geborgen wird stehen nun umfangreiche Untersuchungen durch das Luftfahrtbundesamt Braunschweig an.


Was der Markt uns sagen will (Sueddeutsche Zeitung Sa,So 11/12.3.1995)

Die Maerkte haben immer recht ? Dann duerfte der Dollar nicht abstuerzen, die Mark nicht in die Stratosphaere schiessen. Die amerikanische Wirtschaft schnurrt dahin, wie es das Lehrbuch als Idealfall darstellt: mit dramatisch weniger Arbeitslosen als jedes andere westliche Industrieland, mit solidem, aber nicht inflationaerem Wachstum. An der Kaufkraft gemessen, ist der Dollar so unterbewertet wie noch nie. Staatsverschuldung ? Im Verhaeltnis zur Gesamtwirtschaft sind die Amerikaner von nachgerade preussischer Disziplin: etwas mehr als die Haelfte vom Inlandsprodukt. So gesehen, haette der belgische Franc in dieser Woche Selbstmord begehen muessen: Die Schulden des Staates betragen 130 (!) Prozent des Sozialproduktes, doch bleibt der Franc belge seit Jahrzehnten an die Mark gekettet: mit fuenf Pfennig pro Stueck.

SOLL UND HABEN. Haben die Maerkte als nicht recht ? Sie moegen verrueckt sein, aber sie behalten insofern immer recht, als der Markt am Ende eines Tages (morgen beginnt ein neues Spiel) mit unbeugsamer Grausamkeit Soll und Haben festschreibt - sein Verdikt abgibt ueber die Suenden der Wirtschaftspolitiker und die Kraft der waehrungsstuetzenden Zentralbanken. Was wollte uns der Markt diese Woche sagen ? Er hat vorweg, und nicht zum ersten Mal, ein vernichtendes Urteil ueber die Chancen der europaeischen Waehrungsunion abgegeben - also ueber Maastricht und jenen "Zug" der europaeischen Einigung, den Helmut Kohl als Kroenung seiner Laufbahn so "auf die Schienen" zu setzen gedenkt, dass er "nur noch vorwaertsrollen kann". Zum ersten Mal ist dessen Lokomotive, das Europaeische Waehrungssystem (EWS) im Herbst 1992 entgleist, als England und Italien erst abwerten, dann abspringen mussten. Jetzt mussten Spanien und Portugal nach kurzem Gemetzel eingestehen, dass sie ihrer EWS-Pflicht, halbwegs feste Wechselkurse zu halten, nicht gehorchen konnten. Pfund, Lira und Franc sind noch nicht gerettet. Warum das sein Desaster ist ? Weil das Maerz-Beben zeigt, dass das EWS, immerhin der designierte Vorlaeufer der Waehrungsunion, nicht funktioniert. Jenseits aller technischen Feinheiten sah die politische Theorie so aus: Jeder Waehrung kettet sich zum Behufe fester Wechselkurse an alle anderen. Daraus entsteht die Verpflichtung, daheim anstaendig zu wirtschaften: nicht zuviel Inflation, nicht zu viele Schulden, nicht zu hohe oder zu niedrige Zinsen. Das Kalkuel: wenn jeder der Tugend gehorcht, bleiben die Wechselkurse in Reih und Glied. Und dann waere es nur noch eine Formalitaet, die diversen Euro-Gelder in den Maastricht-Topf zu werfen und daraus eine gemeinsame Waehrung zu kochen. Der Geist war willig, das Fleisch - genauer: der schnoede Nationalstaat - bleibt schwach. Das haben die Realisten schon vorausgesagt, als Helmut Schmidt und Valery Giscard d'Estaing ihr EWS-Baby 1979 aus der Taufe hoben: Vor die Entscheidung zwischen europaeischer Tugend und nationalem Egoismus gestellt, wuerden die Regierungen an ihr Ueberleben denken und deshalb eine Wirtschaftspolitik betreiben, die zuvoerderst dem Wahlkalender gehorcht. Das hat der "Musterknabe" Bundesrepublik 1991/92 genauso gemacht wie seit eh und je etwa die Suedstaaten-Softies Spanien und Italien. Statt die Wiedervereinigung seinerzeit per Steuern zu finanzieren, hat Bonn kraeftig Geld gepumpt, hat die Bundesbank im Gegenzug die Zinsen hochgerissen, geriet die D-Mark in die Aufwertungszone, derweil die Schwachwaehrungen (Pfund und Lira) abstuerzten. Fazit Nr. eins: Die EWS-Ketten sind zu schwach, um die Staaten an eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu binden, die allein feste Wechselkurse ermoeglicht. Fazit Nr. zwei: Die Maastricht-Vaeter haben das Euro-Pferd am Schwanz aufgezaeumt. Nicht die Waehrungsunion fuehrt zur Polit-Union, sondern umgekehrt. Nur die Verschmelzung der einzelnen Souveraene erzeugt den einen und einzigen Willen, der eine gemeinsame Wirtschafts- und Waehrungspolitik diktiert. So war es auch in der Geschichte. Erst musste ein Bismarck her, der 25 Kleinstaaten im Deutschen Reich zusammenpresste; dann konnte eine gemeinsame Wirtschaftspolitik wachsen. Nicht anders in Amerika: erst kam 1787 der Bundesstaat, dann - mehr als hundert Jahre spaeter - eine wahrhaft gesamtamerikanische Gelpolitik in Form des Federal Reserve System. Niemand weiss dies besser als unser oberster Waehrungshueter Tietmeyer, der immer wieder das gleiche predigt: eine "erweiterte politische Integration" muss her, damit Wirtschafts- und Waehrungspolitiken im Geschirr bleiben. Wer "B" will muss zuerst "A" sagen. Aber wer will wirklich "A" - die politische Union ? Bestimmt nicht Frankreich, erst recht nicht England und inzwischen wohl auch nicht die Bundesrepublik, wenn man Theo Waigel zuhoert: "Die Zeit fuer einen Bundesstaat Europa ist noch lange nicht reif". Dies gilt es nuechtern zu konstatieren - ein Grund zur Freude ist es keinesfalls. Eine andere Frage, die der Markt in dieser Woche mit brutaler Eindringlichkeit gestellt hat, ist: Reicht selbst ein gemeinsames Europa aus, um mit einem globalen Weltmarkt fertigzuwerden, wo die vaterlandslosen Waehrungen - niemandem treu und untertan - mit Lichtgeschwindigkeit hin- und herschiessen ? Ausgeloest wurde das Beben ja nicht in Madrid oder Bonn, sonder - so laesst sich zumindest plausibel argumentieren - im fernen Mexiko. Nach dem Kollaps des Pesos eilte Clinton mit 50 Milliarden Dollar zu Hilfe. Daraus muss der Markt schliessen, dass die USA ihren lateinamerikanischen Hinterhof um jeden Preis zu retten versuchen wuerden: mit immer mehr abwertungsverdaechtigem Dollar. Die "traders" haben auch gewettet, dass Fed-Chef Alan Greenspan nicht die Zinsschraube anziehen wuerde, um den Dollar zu stabilisieren. Denn: Hohe Zinsen in Amerika wuerden just jene Dollar-Milliarden aus Mexiko absaugen, die Clinton zuvor hineingepumpt hatte. Folglich tat die Fed nichts, folglich ging die Flucht in die D-Mark, von der niemand erwartet, dass sie den russischen Rubel rettet.

GLOBALE WARE GELD. Fazit Nr. drei: Was der Markt in dieser Woche zu sagen hatte, geht - Maastricht hin oder her - weit ueber die Grenzen der EU hinaus. Derweil der Warenmarkt sich noch globalisiert, ist der globale Waehrungsmarkt laengst Wirklichkeit. Geld kennt weder Flaggen noch Schlagbaeume. Wenn Mexiko eine Lungenentzuendung bekommt, niest Amerika und faellt Europa einer schweren Grippe in die Faenge. Wer jetzt von einer europaeischen Selbst-Quarantaene traeumt, wie etwa Frankreich, der hat die Schrift an der Wand noch nicht begriffen. Wer sich abschottet, mag zwar diesem oder jenen Bazillus abwehren, aber seine Wirtschaft insgesamt wird so nicht staerker, sondern schwaecher. Geld ist die globale Ware par excellence, und deren Stroeme muessen global gesteuert werden, auf dass sie nicht zu Springfluten anschwellen. Wenn es je einen Anlass gegeben hat, den G-7, den Club der der reichsten Industriestaaten, von einem Photo-Termin in eine ernsthafte Veranstaltung umzuwandelen, dann war es die vergangene Woche. Die Warnung lautet: kein Land kann sich alleine retten. Wenn sie nicht alle zusammen eine globale Wirtschafts-Sicherheitspolitik betreiben, wird jeder einzelne irgendwann vor der Kapitulation stehen.


Mit 15 Milliarden Byte in die vierte Dimension

(Von der Meinungsseite der Sueddeutschen Zeitung vom Sa,So 11/12.3.1995) Ein guter Rat fuer den Besucher der CeBIT in Hannover lautet: Du schlichter Endgeraetebenutzer, der du allenfalls telephonierst, fernsiehst, mobilfunkst und auf dem PC werkelst - betreibe "Information Management"! Sonst bist Du zwischen 6042 Ausstellern aus 57 Nationen verloren. Information Managment bedeutet: Vergiss nicht, was du willst, studiere die Hilfsliteratur! Schlendern bringt nichts. Die dritte industrielle Revolution, die nach Jacques Delors die Menschheit - jedenfalls eine technisch und finanziell ausgestattete Minderheit - zur Informationsgesellschaft verwandeln soll, erscheint vielen zunaechst einmal als Aufbruch in einen Irrgarten. Der Einstieg erfordert eine kollektive geistige Anstrengung, wie sie der species Homo sapiens noch niemals abgefordert wurde. Soziologen sehen die Gefahr, dass eine wirkliche Informations-Elite in eine vierte Dimension der Menschheitsentwicklung aufbricht, waehrend ein grosser Rest von "elektronischen Analphabeten" konsumierend zurueckbleibt. Es sollte ja bei aller Begeisterung fuer die weltumspannende Informationsgesellschaft nicht vergessen werden, dass zwei von drei heute lebenden Menschen noch nie ein Telephon in der Hand hatten. Ein entfesselter technischer Fortschritt, angetrieben von weltumspannender Wirtschaftskonkurrenz und permanenter Zukunftsangst jener, die zurueckbleiben, sich zurueckgeblieben fuehlen oder fuer zurueckgeblieben erklaert werden, bringt unablaessig neue Datenuebermittlungsmedien, Datenverarbeitungsmaschinen, Datentraeger hervor. Hat alles auch noch Sinn, was sich da so leicht speichern, verarbeiten, abrufen laesst ? Allein die Kapazitaeten ueben einen maechtigen Sog aus, und sie sind - wer wollte es bestreiten - faszinierend. In Computerspielen wird diese Faszination zum Aufbau psychischer Suchtpotentiale genutzt und wirtschaftlich ausgebeutet. Im Geschaeftsleben und in der Wissenschaft dagegen erklingt immer vernehmlicher die Klage ueber Massen von "Datenmuell". Die rapide Entwicklung wird von immer neuen Versprechungen begleitet, die den Aufwand rechtfertigen sollen. Weltumspannende "Datenautobahnen" werden Tausende von grossen und kleinen Netzen bis zum Personalcomputer in der kleinsten Huette verbinden. Sie sollen die Menschheit friedlich zusammenfuehren durch verbreitete Kenntnis, so wie der weltumspannende Kurzwellenfunk die Menschen in den Diktaturen erreicht. Man muss allerdings die Maut bezahlen, welche die Netzbetreiberfirma erhebt, die den Zugang vermittelt, also die Auffahrt zur Datenautobahn kontrolliert. Und zu bezahlen sind die Datenbankgebuehren fuer den Eintritt in den Tresor. Information, bisher in der Weltgeschichte meist als freies Wissen oft auch kostenlos erhaeltlich, wird dort, wo sie neu entsteht, immer mehr Ware zum Verkauf, weil Uebermittler und Speicherer ueber die technischen Instrumente verfuegen. Wo ist der Fortschritt? Bei der Bruesseler Konferenz der Wirtschafts- und Postminister der G-7-Staaten forderten die Manager der europaeischen Telekommunikationskonzerne eine beschleunigte Abschaffung der noch bestehenden staatlichen Uebermittlungsmonopole. Bis zum 1. Januar 1998, dem von der Kommission der Europaeischen Union vorgesehenen Termin, koennten private Netzbetreiber bzw. Netzeinsteiger und die europaeischen Produzenten von Telekommunikationstechnik nicht warten. Doch die elf Projekte und Begruendungen, die sich Manager und Politker zur Nutzung der Superstruktur ausgedacht haben, sind eher bescheiden. So soll sich zum Beispiel der deutsche Arzt, der nicht mehr weiterweiss, sich aus einer kalifornischen Medizindatensammlung Rat holen koennen. Auch ein System zur weltumspannenden Umweltkontrolle soll entstehen - als ob Datenmangel das Umweltproblem waere und nicht der Mangel an politischer Kraft. Bei Katastrophen soll eine Satelliten-Informationssystem helfen. Am nuetzlichsten mag noch die elektronische Erschliessung von Bibliotheken werden, falls es fuer buecherkundige Leute wirklich ein Vorteil sein sollte, dass sie Auskuenfte mit Lichtgeschwindigkeit bekommen. Zwei grosse Verheissungen des elektronischen Zeitalters sind bislang unerfuellt geblieben. Das vor zehn Jahren angekuendigte "papierlose Buero" erscheint weiter entfernt denn je, und der "immaterielle Informationsaustausch", der die zeit- und energieaufwendige und also extrem umweltschaedigende Flugreise des Managers zu Konferenzen ueberfluessig machen sollte, findet nicht im erwarteten Umfang statt. Der Manager wuenscht Gesichtsausdruck und Koerpersprache seines Geschaeftspartner live zu sehen. Auch die relativ wenigen Computer-Heimarbeitsplaetze haben sich als problematisch erwiesen. Das gesellige Wesen Mensch findet sich mit der Verbannung in die elektronische Einsamkiet mit ihren kuenstlichen Verbindungen zu der noch nicht ganz vergessenen realen Welt nur schwer ab. Mit seinem 15-Milliarden-Byte-Computer, genannt Gehirn, mit seinen naturwuechsigen Hochleistungssensoren, genannt Augen, Ohren und Nase, bleibt der Mensch bei allem Erstaunen und Begeisterung fuer die Nachbauten, die er von sich und seiner Intelligenz schafft, doch noch immer skeptisch. Und die Frage nach dem Sinn von Informationen bleibt mindestens ebenso wichtig wie die nach der Menge und der Geschwindigkeit ihrer Uebermittlung.


In eigener Sache: GermNews sind der Zeit vorraus

Nein, die GermNews berichten jetzt noch nicht die Nachrichten aus der Zukunft. Wir sind zwar schnell, aber so schnell, dass wir gestern schon die Nachrichten vom naechsten Wochenende berichten koennten, sind wir nun wirklich nicht. Die gestrige Ausgabe war mit "Sa, 18.03.1995" ueberschrieben, die korrekte Ueberschrift haette aber "Sa, 11.03.1995" lauten sollen.


Fussballbundesliga

 1 Dortmund      14  5  2   48-18 33: 9
 2 Werder Bremen 14  4  3   42-22 32:10   VfB Stuttgart  2-2  Kaiserslautern
 3 Kaiserslautern11  7  3   32-23 29:13
 4 M'gladbach    11  6  4   46-26 28:14      Schalke O4   -   186O Muenchen
 5 Freiburg      12  4  5   43-30 28:14
 6 B. Muenchen    8 11  2   38-28 27:15       Karlsruhe  2-0  Hamburger SV
 7 Karlsruhe      8  8  5   33-29 24:18
 8 Leverkusen     6  8  7   33-29 20:22     B. Muenchen  1-1  MSV Duisburg
 9 Hamburger SV   8  4  9   30-29 20:22
10 Schalke 04     6  8  7   29-29 20:22  Dynamo Dresden  0-3  M'gladbach
11 Vfb Stuttgart  7  6  8   36-39 20:22
12 E. Frankfurt   7  5  9   23-32 19:23   Werder Bremen  5-1  Freiburg
13 1. FC Koeln    6  6  9   31-38 18:24
14 Uerdingen      3  7 10   19-29 13:27      Leverkusen  1-3  VfL Bochum
15 MSV Duisburg   3  6 12   15-34 12:30
16 VfL Bochum     5  2 14   25-45 12:30        Dortmund  1-1  E. Frankfurt
17 186O Muenchen  2  7 11   21-42 11:29
18 Dynamo Dresden 3  4 14   18-40 10:32       Uerdingen  0-0  1. FC Koeln



Martina Ertl 3. bei Weltcupslalom

Lenzer Heide. Martina Ertl aus Lengries belegte beim Weltcupslalom den dritten Platz. Es siegte die Schwedin Pamel Vieberg (sp?) vor der Schweizerin Vreni Schneider. Katja Seizinger konnte sich nicht unter den besten 15 platzieren und verlor ihre Fuehrung im Gesamtweltcup an Vreni Schneider, die mit ihrem zweiten Platz bereits vorzeitig den Riesenslalomweltcup gewann.


Steffi Graf gewinnt ihr 88. Turnier

Delray Beach. Steffi Graf hat zum sechsten Mal das mit 430.000 Dollar dotierte Damen-Tennisturnier in Delray Beach (sp?), Florida, gewonnen und in ihrem insgesamt 115. Finale den 88. Gesamtsieg gefeiert. Im Endspiel besiegte die in diesem Jahr noch ungeschlagene Weltranglistenzweite aus Bruehl die spanische Wimbledonsiegerin Conchita Martinez mit 6:2 und 6:4.


Quellen

SWF3    10:00 MEZ    15:00 MEZ    16:00 MEZ    22:00 MEZ
B5    10:30 MEZ    11:30 MEZ    15:30 MEZ    21:30 MEZ
DLF    11:00 MEZ
Antenne Bayern    12:00 MEZ
Suddeutsche Zeitung vom Sa,So    11./12.03.1995
Fussballbundeliga: hofmeist@cantor.informatik.uni-dortmund.de