Politischer Aschermittwoch in Bayern |
Passau/Vilshofen. In Niederbayern trafen sich heute die Parteien zum
traditionellen Politischen Aschermittwoch. Ungeachtet gegenseitiger
verbaler Attacken haben die Bundestagsparteien Kompromissbereitschaft bei der
Steuerreform signalisiert.
Schon vor dem Treffen der CSU in der Passauer Niebelungen-Halle machte CSU-Generalsekretaer Protzner klar, dass seine Partei von den Koalitionspartnern CDU und FDP innerhalb der naechsten zwei Monate Klarheit ueber die Eckpunkte der geplanten Rentenreform fordere. Seiner Ansicht nach hilft es nichts, Entscheidungen weiter zu verschieben. Der CSU-Vorsitzende, Finanzminister Waigel, bot der SPD einen vorgezogenen Einstieg in die Steuerreform ab Januar 1998 an. Er rueckte von den bisherigen Eckwerten deutlich ab. Waigel erklaerte in Passau, dass in einer ersten Stufe neben Unternehmen auch Arbeitnehmer bereits im kommenden Jahr deutlich entlastet werden. Waigel sagte weiter, die steuerliche Eingangsbelastung sollte von derzeit 25,9 stufenweise in Richtung 20 Prozent und der Spitzensteuersatz auf unter 50 Prozent gesenkt werden, wenn auch die Gegenfinanzierung vorgezogen werde. In Vilshofen gab die SPD ihr traditionelles Stelldichein zum Politischen Aschermittwoch. Bayerns SPD-Chefin Renate Schmidt hatte sich bereits im Vorfeld des heutigen Treffens fuer Gespraeche mit den Unionsparteien ueber einen Kompromiss zur Steuerreform ausgesprochen. Der Parteichef der Sozialdemokraten Lafontaine bekraeftigte seine Bereitschaft, an einer schnellen Steuerreform mitzuarbeiten. Gleichzeitig forderte er in Vilshofen wie auch die Gruenen in Biberach, die Abloesung der Regierung Kohl. Lafontaine warf ebenso wie die bayerische SPD-Vorsitzende Schmidt der Regierung Kohl voelliges Versagen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik vor. Lafontaine deutete aber beim Thema Steuerreform Kompromissbereitschaft gegenueber der Regierung an. Lafontaine betonte, die Steuerreform muesse aber bereits 1998 wirksam werden und vorrangig zu einer Entlastung der unteren Einkommensgruppen fuehren. In Baierbach warf der FDP-Vorsitzende Gerhardt der SPD vor, sie hemme mit ihrer Blockadepolitik Steuerentlastungen. FDP-Generalsekretaer Westerwelle bezeichnete die Vorschlaege von Bundesarbeitsminister Bluem zur Rentenreform als weder politisch tragfaehig noch zukunftsweisend. Der bayerische FDP-Vorsitzende Stadler warnte in Vilshofen vor den Folgen des Streits zwischen CSU-Chef Waigel und dem bayerischen Ministerpraesidenten Stoiber. Die CSU habe keine Doppelspitze, sie sei vielmehr eine januskoepfige Partei, und gefaehrde den Erfolg der Bonner Koalition.
Die bayerischen Gruenen haben Neuwahlen in Deutschland gefordert. Zum Auftakt
des Politischen Aschermittwochs begruendeten sie dies mit der
Handlungsunfaehigkeit der Bundesregierung und der schlechten wirtschaftlichen
Entwicklung. Die Gruenen-Bundestagsabgeordnete Scheel sagte im
niederbayerischen Vilshofen, die Bundesregierung habe jahrelang von der
Substanz gelebt. Sie bringe keine Reformbereitschaft mehr ein. Zudem treibe
sie mit ihrer Steuerpolitik die Gesellschaft auseinander. Der SPD empfahl
Scheel, den niedersaechsischen Ministerpraesidenten Schroeder als
Kanzlerkandidaten aufzustellen. Die SPD muesse intelligent genug sein, dem
Waehlerwillen zu folgen, und sich nicht nach dem parteipolitischen Dogma zu
richten.
In Ingolstadt sagte der PDS-Bundestagsabgeordnete Gysi, die Bonner
Regierungskoalition zeichne sich nur noch durch Stagnation aus, sie sei
politisch am Ende. |
Kohl fordert Bundesbuerger zu Verzicht auf Reallohnsteigerungen auf |
Bonn. Bundeskanzler Kohl hat die Bundesbuerger aufgefordert fuer einen Abbau
der Arbeitslosigkeit in den naechsten Jahren auf Reallohnsteigerungen zu
verzichten. In einem Zeitungsinterview erklaerte er, die Schaffung neuer
Arbeitsplaetze muesse Vorrang vor allem haben. Woertlich sagte Kohl: "Ich
halte es fuer absolut zumutbar, dass diejenigen, die einen Arbeitsplatz
haben, einmal fuer einige Jahre kuerzer treten oder ganz auf einen
Reallohnanstieg verzichten, damit die Beschaeftigungschancen fuer diejenigen
besser werden, die heute arbeitslos sind." Fuer die meisten gehe es dabei gar
nicht um echte Einschnitte, sondern lediglich um den Verzicht auf
Wohlstandszuwaechse.
An dem mit den Sozialpartnern beschlossenen Ziel, die Arbeitslosenzahl bis
zum Jahr 2000 zu halbieren, haelt die Bundesregierung nach den Worten Kohls
fest. Obwohl dies, so der Kanzler, sehr schwer zu erreichen sein werde.
Einen arbeitsmarktpolitischen Impuls erwartet sich der Kanzler von der
gemeinsamen europaeischen Waehrung.
Zugleich verteidigte Kohl den strikten Sparkurs der Regierung. Die
Konsolidierung der oeffentlichen Haushalte sei notwendig, um den Teufelskreis
von wachsender Verschuldung und immer hoeheren Zinslasten zu durchbrechen.
Kohls Vorschlaege stiessen bei Opposition und Gewerkschaften auf einhellige
Ablehnung.
DGB-Chef Schulte sagte, die Beschaeftigten haetten bereits Verluste bei den
Realloehnen hinnehmen muessen, um die Voraussetzungen fuer neue
Arbeitsplaetze zu schaffen. Die SPD nannte den Vorstoss zynisch.
Zustimmung zu dem Vorschlag Kohls kam vom Deutschen Industrie- und Handelstag
DIHT. Die Senkung der Arbeitskosten sei Voraussetzung, um vor allem in der
Industrie Arbeitsplaetze zu sichern und zu schaffen, sagte DIHT-Praesident
Stihl. Daher muesse es auch mehrere reale Nullrunden geben.
Der CDA-Vorsitzende Eppelmann haelt den Vorschlag von Bundeskanzler Kohl nach
einem Verzicht auf Reallohnsteigerungenfuer sinnvoll. Bereits im Jahre 1972
habe der "Club of Rome" die Industrienationen davor gewarnt, dass sie ueber
ihre Verhaeltnisse lebten, sagte er heute frueh im Deutschlandfunk. Die
Konsequenzen dieser Aussage seien nie gezogen worden. Wenn dies jetzt nicht
geschehe, werde die Last vor allem fuer die Jugendlichen immer groesser. Die
notwendigen finanziellen Einschnitte muessten auf gerechte Art und Weise
vorgenommen werden, forderte Eppelmann. |
Seehofer mahnt Entlastung des Gesundheitssystems an |
Bonn. In der Diskussion um die Erhoehung der Mehrwertsteuer soll
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer eine Entlastung des
Gesundheitssystems angemahnt haben. Nach Informationen der BILD-Zeitung
verlangt der CSU-Politiker vier Mrd. Mark einer Mehrwertsteueranhebung, um
die Krankenkassen von versicherungsfremden Leistungen zu entlasten.
Das Blatt beruft sich auf ein internes Schreiben Seehofers an den
CSU-Landesgruppenvorsitzenden Michael Glos.
Betroffen waeren dem Seehofer-Brief zufolge unter anderen die
Kassenleistungen fuer Empfaengnisverhuetung, Sterilistation, kuenstliche
Befruchtung und Schwangerschaftsabbrueche. Ausserdem sollten auch das
Sterbegeld, das Mutterschaftsgeld, Betriebs- und Haushaltshilfen bei
Krankheit und das Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes aus Steuermitteln
finanziert werden. |
Proteste gegen Erhoehung von Rushdie-Kopfgeld |
Bonn/Teheran. Vertreter von CDU/CSU und SPD haben die Erhoehung des
Kopfgeldes fuer den britischen Schriftsteller Salman Rushdie durch eine
iranische Organisation verurteilt. Der Boersenverein des deutschen
Buchhandels forderte zu einem Boykott iranischer Kultureinrichtungen auf.
Der iranische Praesident Rafsandschani erklaerte in Teheran, die Aussetzung
von 2,5 Mio. Dollar fuer die Ermordung Rushdies habe nichts mit der
iranischen Regierung zu tun.
Die private Stiftung, die das Kopfgeld bietet, liess inzwischen durch einen
Sprecher gegenueber der Deutschen Presseagentur erklaeren, die um eine halbe
Million Dollar erhoehte Summe habe nur waehrend der zehntaegigen
Geburtstagsfeier der islamischen Revolution Anfang Februar gegolten. |
Kohl empfaengt erstmals die Sprecher von Buendnis 90/Die Gruenen |
Bonn. Bundeskanzler Kohl empfaengt heute die Sprecher von Buendnis 90/
Die Gruenen Gunda Roestel und Juergen Trittin. Bei dem Besuch handelt es sich
um ein Novum. In der Vergangenheit hatten die Gruenen auf Antrittsbesuche
beim Kanzler verzichtet. Trittin wies aber Spekulationen ueber eine
schwarz-gruene Annaeherung zurueck. Die Bundesregierung muesse von der Macht
entfernt werden, forderte er kurz vor dem Treffen. Zugleich kritisierte
Trittin die Gespraechsangebote, die die SPD der CDU gemacht haette, als
kraftmeierisch und nutzlos. Die SPD verspiele sich in taktischen Angeboten
statt ein klares Kontrastprogramm aufzuzeigen. |
Rechtslage zur Toetung von BSE-verdaechtigen Rindern weiter ungeklaert |
Koblenz/Wiesbaden. Die Rechtslage bei der geplanten Toetung BSE-verdaechtiger
Rinder in Deutschland ist weiterhin ungeklaert. Nach dem
Oberverwaltungsgericht Koblenz erklaerte auch das Verwaltungsgericht
Wiesbaden die Vernichtung der Tiere fuer zulaessig.
Anders entschied dagegen das Verwaltungsgericht Schleswig, das die
BSE-Eilverordnung aus Bonn als voraussichtlich rechtswidrig bezeichnet. Die
bayerische Landesregierung setzte die geplante Toetung von knapp 2.400
Rindern unter Hinweis auf die unklare Rechtslage aus.
Bundeslandwirtschaftsminister Borchert hielt im Deutschlandfunk an seiner
Verordnung fest, die die Toetung von importierten Rindern aus Grossbritannien
und der Schweiz vorsieht. |
Verbesserte Technik fuer Nebellandungen am Stuttgarter Flughafen |
Stuttgart. Auf dem Flughafen Echterdingen koennen Flugzeuge ab morgen auch
bei dichtem Nebel starten und landen. Die Flughafengesellschaft teilte mit,
morgen frueh werde die Instrumentenlandestufe CAT 3b (sp?) eingefuehrt. Damit
werde in Stuttgart die hoechste technische Betriebsstufe fuer Nebellandungen
erreicht, die es derzeit an deutschen Flughaefen gibt. Vor der Modernisierung
der Landebahn war es besonders im Fruehjahr und im Herbst immer wieder wegen
schlechter Sicht zu Verspaetungen und Flugausfaellen gekommen. |
von Richthofen: Verstaerktes Engagement der Wirtschaft |
Berlin. Der Praesident des Deutschen Sportbundes, von Richthofen, hat vor dem
Spitzengespraech mit Bundeskanzler Kohl ein verstaerktes Engagement der
Wirtschaft verlangt. Fuer die Fussballbundesliga oder herausragende
Einzelsportler gebe es stets Unterstuetzung, sagte er im Deutschlandradio
Berlin. Schwieriger dagegen sei es, Gelder fuer den sozialen Bereich zu
erhalten. Als Beispiel nannte von Richthofen Projekte gegen Jugendgewalt. Der
Verbandschef erinnerte ferner an die Arbeit der 86.000 im Breitensport
aktiven Vereine, die unverzichtbare Bedeutung fuer die Gesellschaft haetten. |
Boerse |
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Quellen |
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