GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 19.09.1995



* Morgen beraet Bundestag ueber Abschiebung von sieben Sudanesen
* Treffen der Koalitionsparteien im Kanzleramt
* Gesetzentwurf: Vergewaltigung auch in der Ehe strafbar
* Scharping und die SPD innerparteilichen Querelen
* Staatsbesuch des brasilianischen Praesidenten Cardosso
* Union will diese Woche neue Diaetenregelung verabschieden
* PDS-Fraktionsvorsitzende verliert nicht ihr Amt
* Gewalttaeter gefasst, die aus psychatrischen Landeskrankenhaus ausbrachen
* Berliner Landgericht verurteilt Sportsponsor Norbert Metzler
* Prozess gegen RAF-Terroristin Sieglinde Hofmann
* Landesregierung Baden-Wuerttemberg verfuegt sofortige Ausgabensperre
* Schmerzensgeld fuer frueheren CDU-Baustadtrat Wolfgang Antes
* Leipziger Platz in Berlin verkauft
* Steffi Graf befreit Finanzministerium nicht vom Steuergeheimnis
* US-Dollar
* Vereinspokal des Deutschen Fussballbundes
* Nachrichten der letzten Seite



Morgen beraet Bundestag ueber Abschiebung von sieben Sudanesen

Bonn. Der Bundestag befasst sich morgen in einer aktuellen Stunde mit der umstrittenen Abschiebung von sieben Sudanesen in deren Heimat. Nach Angaben der Bundestagspressestelle wurde der zusaetzliche Tagesordnungspunkt von der Fraktion und von Buendnis 90/Die Gruenen beantragt. Die Bonner Koalitionsrunde, die heute tagte, nahm Bundesinnenminister Kanther im Zusammenhang mit der Abschiebung in Schutz. Teilnehmer berichteten, Vertreter der Unionsparteien und Bundesaussenminister Kinkel haetten bekraeftigt, dass die Abschiebung zu Recht erfolgt sei.


Treffen der Koalitionsparteien im Kanzleramt

Bonn. Im Kanzleramt sind am Morgen die Spitzen der Koalitionsparteien zusammengekommen. Unter Leitung von Bundeskanzler Kohl haben sie ueber das geplante Asylbewerberleistungsgesetz beraten. Die FDP will Buergerkriegsfluechtlinge von der geplanten Umstellung auf Sachleistungen ausnehmen. Ausserdem beriet die Koalition ueber das weitere Schicksal des sogenannten Schuermann-Baus und ueber die Kohleverstromung.


Gesetzentwurf: Vergewaltigung auch in der Ehe strafbar

Bonn. Die Regierungskoalition hat sich auf einen Gesetzentwurf verstaendigt, Vergewaltigung auch in der Ehe unter Strafe zu stellen. Der Kompromiss soll in der kommenden Woche von den Fraktionen bestaetigt werden. Bis zuletzt umstritten war die sogenannte Versoehnungsklausel. Die FDP wollte erreichen, dass das Gericht von einer Strafe absehen soll, falls dadurch die Ehe oder die eheaehnliche Verbindung aufrecht erhalten werden kann. Geeinigt haben sich nun die Verhandlungspartner von CDU und FDP auf ein sogenanntes modifiziertes Widerspruchsrecht. Danach kann das Opfer, sollte es mit dem Taeter verheiratet sein, bis zum Beginn der Hauptverhandlung Widerspruch einlegen. Diesen Widerspruch soll der Staatsanwalt nur in Ausnahmefaellen uebergehen koennen. Die Ermittler muessten beispielsweise nachweisen, dass das Opfer die Nachforschungen auf Druck des Taeters stoppen lassen will. Der grundsaetzliche Straftatbestand Vergewaltigung in der Ehe war schon seit einigen Monaten nicht mehr umstritten. Bereits Anfang Juni war dieser Streitpunkt in der Koalition ausgeraeumt worden. Der Entwurf, der nun noch naechste Woche von den Fraktionen bestaetigt werden muss, ist darueber hinaus auch geschlechtsneutral formuliert. Dies bedeutet, das Gesetz soll auch Anwendung auf Maenner und Homosexuelle finden. In der Begruendung des neuen Gesetzes heisst es, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Menschen muesse in der Ehe genauso gelten wie ausserhalb ehelicher Beziehungen. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sei unteilbar.


Scharping und die SPD innerparteilichen Querelen

Bonn. Der SPD-Vorsitzende Scharping lehnt es ab, persoenliche Konsequenzen aus den innerparteilichen Querelen zu ziehen. Die Ruecktritte einiger sozialdemokratischer Politiker in den vergangenen Tagen haetten nichts mit seiner Person zu tun, sagte Scharping gestern Abend in der ARD. Die SPD verfuege ueber gute Konzepte in Sachthemen, doch wuerden diese durch die Personaldebatte ueberlagert. Das Parteipraesidium hatte sich gestern in Bonn demonstrativ hinter Scharping gestellt.


Staatsbesuch des brasilianischen Praesidenten Cardosso

Bonn. Mit einem Empfang durch Bundespraesident Herzog in Bonn begann der brasilianische Praesident Cardosso heute den offiziellen Teil seines Staatsbesuchs in Deutschland. Auf dem Programm stehen ferner Gespraeche mit Bundeskanzler Kohl und Parlamentspraesidentin Suessmuth. Cardosso hatte gestern die deutsche Wirtschaft zur Unterstuetzung des Reformprozesses in seinem Land aufgefordert.


Union will diese Woche neue Diaetenregelung verabschieden

Bonn. Trotz zunehmender oeffentlicher Kritik wollen die Unionsparteien und die SPD daran festhalten, in dieser Woche die neue Diaetenregelung im Bundestag zu verabschieden und dafuer die Verfassung zu aendern. Die Spitzen beider Fraktionen bekraeftigten, sie saehen keinen Anlass fuer Aenderungen. Die uebrigen Parteien im Bundestag Buendnis 90/Die Gruenen, FDP und PDS wollen gegen das Gesetz stimmen. Mit der geplanten Verfassungsaenderung sollen die Diaeten der Abgeordneten an die Richterbezuege an obersten Bundesgerichten gekoppelt werden. Dies wuerde eine massive Erhoehung bedeuten. Nach einer Koalitionsrunde bei Bundeskanzler Kohl im Bonner Kanzleramt sagte CSU-Generalsekretaer Protzner, es bestehe kein Anlass, von der Vorlage abzusehen. Auch in anderen Laendern gebe es vergleichbare Regelungen. Bundestagsvizepraesident Hirsch hat an CDU/CSU und SPD appelliert, die Abstimmung ueber eine Erhoehung der Diaeten zu verschieben. Der FDP-Politiker sagte in einem Zeitungsinterview, ein so umstrittenes Gesetz duerfe nicht durchgepeischt werden. Das schade dem Ansehen des Parlaments. Allerdings will die FDP nicht beantragen, dass die Diaetenreform verschoben wird. Nach der Koalitionssitzung hiess es, die Liberalen haetten zugesichert, dass kein entsprechender Antrag gestellt werde. Trotzdem bleibt die FDP-Fraktion dabei, eine namentliche Abstimmung zu beantragen und gegen die mit der Diaetenerhoehung verbundene Verfassungsaenderung zu stimmen. Nach Ansicht des Staatsrechtlers von Arnim ist das geplante neue Diaetengesetz ein Verfassungsbruch. Das Bundesverfassungsgericht habe es verboten, die Bezuege von Abgeordneten an Beamtenbesoldung zu koppeln, sagte Arnim im ARD-Morgenmagazin.


PDS-Fraktionsvorsitzende verliert nicht ihr Amt

Magdeburg. Ihr Ladendiebstahl kostet die PDS-Fraktionsvorsitzende von Sachsen-Anhalt Sitte nicht das Amt. Die PDS-Fraktion in Magdeburg sprach der 34jaehrigen Politikerin mit 14 zu zwei Stimmen das Vertrauen aus. Ein Fraktionsmitglied enthielt sich der Stimme. Frau Sitte hat zugegeben, Ende August in einem Drogeriemarkt einen Kosmetikstift im Wert von rund 10DM eingesteckt zu haben. Die Staatsanwaltschaft leitete inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen die Politikerin ein.


Gewalttaeter gefasst, die aus psychatrischen Landeskrankenhaus ausbrachen

Landau. Die vier Gewalttaeter, die am Samstag aus dem psychatrischen Landeskrankenhaus Weisenau bei Ravensburg ausgebrochen sind, sind gefasst. Alle vier, drei Maenner und eine Frau, sind in Landau festgenommen worden. In den fruehen Morgenstunden schnappte die Polizei den ersten Ausbrecher, als er ein Auto stehlen wollte. Wenig spaeter konnten sie bei einer Fahndung auch die anderen drei dingfest machen. Bei ihrem Ausbruch aus dem psychatrischen Landeskrankenhaus Weisenau hatten die vier Gewalttaeter eine Krankenschwester lebensgefaehrlich verletzt.


Berliner Landgericht verurteilt Sportsponsor Norbert Metzler

Berlin. Das Landgericht hat den Sportssponsor Norbert Metzler wegen Betrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der 32jaehrige Kaufmann aus Hanau hat nach Ueberzeugung des Gerichts Geldanleger mit betruegerischen Darlehensangeboten um 39 Millionen DM geprellt. Metzler hatte unter anderem Boxweltmeister Henry Maske gesponsort.


Prozess gegen RAF-Terroristin Sieglinde Hofmann

Stuttgart. Im Prozess gegen die RAF-Terroristin Sieglinde Hofmann hat die Bundesanwaltschaft vor dem Stuttgarter Landesgericht eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert. Fuer die Bundesanwaltschaft steht fest, dass Frau Hofmann 1977 an der Entfuehrung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpraesidenten Hans-Martin Schleier beteiligt gewesen war. Das Urteil soll naechste Woche fallen. Sieglinde Hofmann hat bereits eine 15jaehrige Strafe wegen versuchter Entfuehrung des Bankiers Juergen Ponto verbuesst.


Landesregierung Baden-Wuerttemberg verfuegt sofortige Ausgabensperre

Stuttgart. Die baden-wuerttembergische Landesregierung hat ab sofort eine Ausgabensperre bis Ende des Jahres verfuegt, weil die Steuereingaenge niedriger sind als erwartet. Die Landesregierung will nur noch Ausgaben taetigen, um die Arbeitsfaehigkeit der Verwaltung zu gewaehrleisten, oder Ausgaben, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist.


Schmerzensgeld fuer frueheren CDU-Baustadtrat Wolfgang Antes

Berlin. Der fruehere CDU-Baustadtrat Wolfgang Antes erhaelt 20000 DM Schmerzensgeld wegen zu Unrecht erlittener Haft. Das Berliner Kammergericht setzte damit ein Urteil des Bundesgerichthofs um. Der Fall Antes hatte Mitte der 80ger Jahre bundesweit fuer Schlagzeilen gesorgt. Der Baustadtrat kassierte 300000 DM Schmiergelder und loeste dadurch einen der groessten Bauskandale in Berlin aus. Wegen Bestechlichkeit wurde er zu fuenf Jahren Haft verurteilt. Nach 14 Monaten hinter Gittern wurde der schwerkranke Antes entlassen. Zu spaet, wie der Bundesgerichtshof meinte und deshalb den Anspruch auf Schmerzensgeld bejate.


Leipziger Platz in Berlin verkauft

Berlin. Eines der letzten unbebauten Topgrundstuecke in Berlins historischer Mitte ist verkauft. Das Muenchener Unternehmerehepaar Kottmeier erwarb fuer ueber 300 Millionen DM den Leipziger Platz. Das 27000 Quadratmeter grosse Grundstueck war von der Treuhandliegengesellschaft, dem Land Berlin und dem Bund international zum Verkauf ausgeschrieben worden. Was die neuen Eigentuemer auf dem Gelaende des frueheren Wertheim-Kaufhauses errichten wollen, ist nicht bekannt.


Steffi Graf befreit Finanzministerium nicht vom Steuergeheimnis

Steffi Graf wird das baden-wuerttembergische Finanzministerium nicht vom Steuergeheimnis befreien. Ihr Anwalt drohte mit gerichtlichen Schritten, falls die Behoerden anders entscheiden sollten. Der Vater der Tennisspielerin sitzt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft. Den Finanzbehoerden in Baden-Wuerttemberg werden im Fall Graf Versaeumnisse vorgeworfen.


US-Dollar

US-Dollar 1.4855 DM


Vereinspokal des Deutschen Fussballbundes

In der zweiten Runde des Vereinspokals des Deutschen Fussballbundes gab es am
Abend folgende Ergebnisse:

VFB Leibzig - FC Schalke 04       0:1
Beckum - Unterhachingen           2:3
Kaiserslautern - Wattenscheid     3:0
Borussia Dortmund - KFC Uerdingen 3:0
Nuernberg - Meppen                2:1
Freiburg - Arminia Bielefeld      1:0
1860 Muenchen - Frankfurt         5:1



Nachrichten der letzten Seite

* Fuer den puenktlich zu unserem Jahresurlaub einsetzenden Jahrhundertwintereinbruch in Europa bitten meine Frau und ich die tiroler und insbesondere suedtiroler Fremdenverkehrsindustrie um Entschuldigung. Naechstes Jahr ruinieren wir Frankreich.

* Der Aralsee, einer der groessten Seen der Welt, wird voraussichtlich im Jahr 2015 voellig ausgetrocknet und somit von der Erde verschwunden sein (hmmm, vielleicht koennten wir beide ihn retten. Mal das usbekische Fremdenverkehrsamt nach Ferienwohnungen fragen...)

* Auf die Dortmunder Buergermeisterin Marianne Wendzinski ist aus Zufall geschossen worden. Man geht davon aus, dass das Auto zwar absichtlich im Fadenkreuz stand, der Taeter oder die Taeterin aber den politischen Inhalt des Wagens nicht kannte.

* Die `Hoehner', eigentlich eine ambitionierte Karnevalstruppe, geben in der Philharmonie ein klassisches Konzert mit Unterstuetzung der Jungen Sinfonie Koeln und Klaus dem Geiger --- dieser sogar im Frack (Fuer Imis: K.d.G. ist ein Aussteiger aus dem klassischen Kulturbetrieb, und jetzt Koelns Strassenmusiker Nr.1).

* Niedersachsens Kultusminister verhindert in letzter Minute einen Fortbildungskurs fuer Lehrer --- in der Schulzeit --- zum Thema `Golfen'.

* Die Pruefungsbedingungen fuer New Yorker Taxifahrer sollen verschaerft werden. Es gab Beschwerden ueber mangelnde Stadtplan- und Englischkenntnisse.


Quellen

DLF    7:00 MESZ    22:00 MESZ
SDR3    10:00 MESZ    18:00 MESZ
SWF3    13:00 MESZ    17:00 MESZ    19:00 MESZ
HR3    11:00 MESZ
SWF1    20:00 MESZ
Nachrichten der letzten Seite: pjs@eudora.informatik.uni-koeln.de