GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 14.06.1999



* Nach den Wahlen zum Europaeischen Parlament
* Wirtschaft reagiert auf Europawahl
* Einmarsch der Kosovo-Schutztruppe wird von Todesfaellen ueberschattet
* EU soll tragende Rolle beim Wiederaufbau des Kosovo spielen
* Luecken im Verbraucherschutz
* Muenchner OB stellt Buergerentscheid ueber Trambahn in Aussicht
* Boerse



Nach den Wahlen zum Europaeischen Parlament

Die gestrigen Europawahlen haben den Bonner Regierungsparteien kraeftige Verluste gebracht, den Unionsparteien dagegen hohe Zugewinne. CDU und CSU kommen nach dem vorlaeufigen amtlichen Endergebnis auf 48.7 Prozent, das ist ein Plus von fast 10 Prozent. Die SPD rutschte auf 30.7 Prozent ab. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten Klaus Hennsch sagte dazu im bayerischen Rundfunk: "Es ist uns nicht gelungen, die Waehlerinnen und Waehler ausreichend zu mobilisieren, vor allem auch das weit verbreitete Desinteresse an der Europawahl zu ueberwinden und die Waehlerinnen und Waehler fuer unsere, die SPD-Europapolitik und die Europapolitik der Regierung zu engagieren. Nicht nur meine Partei, sondern alle Parteien insgesamt werden in den naechsten vier, fuenf Jahren, also in der naechsten Wahlperiode, deutlicher machen muessen als bisher, dass in Europa wichtige Entscheidungen fallen. Das heisst, wir duerfen nicht mehr alles das was wichtig ist auf die nationale Politik beziehen und nur das, was nicht funktioniert auf Bruessel lenken."

Bundeskanzler Schroeder raeumte nach der Praesidiumssitzung seiner Partei ein, er trage sicherlich eine Mitverantwortung an der Wahlniederlage der SPD. Der andere Grund fuer das schlechte Abschneiden sei die schlechte Wahlbeteiligung. Der SPD sei es, anders als der Union, nicht gelungen, ihre Waehler zu mobilisieren. Als Antwort auf die Wahlniederlage kuendigte Schroeder an: "Wir haben verstanden. Und wir werden deswegen zum 30. Juni ein wirtschafts- und innenpolitisches Konzept vorlegen, das fuenf Punkte umfassen wird." Erstens soll im Zuge der Unternehmenssteuerreform der Koerperschaftssteuersatz auf 25 Prozent und die Gewerbesteuer um 10 Prozentpunkte gesenkt werden. Zweitens soll das oekologische Steuersystem weiterentwickelt werden. Drittens werde der Familienlastenausgleich wie geplant verbessert und viertens, so Schroeder, gehe er davon aus, dass Finanzminister Eichel sein Sparziel von 30 Milliarden DM erreiche. Fuenftens werde die Bundesregierung gegenueber Bruessel die zugesagte Stabilitaetsorientierung einhalten.

CDU-Chef Wolfgang Schaeuble hatte zuvor auf einer Pressekonferenz folgende Analyse aus dem Wahlerfolg der Union gezogen: Das Wahlergebnis ist Ausdruck der Tatsache, dass die Union in den meisten politischen Felder wie die Meinungsumfragen ausweisen, inzwischen wieder einen klaren Kompetenzvorsprung hat." Die Union blicke zuversichtlich auf die bevorstehenden Landtagswahlen.

Die Gruenen sackten bei den Europawahlen auf 6.4 Prozent ab, die PDS schaffte mit 5.8 Prozent den Einzug ins Europaparlament. Die FDP kam mit 3 Prozent wieder nicht hinein.

Das Ergebnis hat die Diskussion um die Besetzung der deutschen EU-Komissionsposten wiederaufleben lassen. Die Union erhob als Konsequenz aus ihrem Wahlerfolg Anspruch auf einen der beiden Posten in Bruessel. Die CSU brachte dafuer den frueheren Gesundheitsminister Seehofer ins Gespraech. Die Gruenen beharrten dagegen trotz ihrer Wahlverluste auf dem Bruesseler Posten.


Wirtschaft reagiert auf Europawahl

Als Konsequenz aus dem Ergebnis der Europawahl fordern Wirtschaftsverbaende und Gewerkschaften die Bundesregierung zu einem Kurswechsel auf, allerdings mit deutlich unterschiedlichen Akzenten. Fuer eine Staerkung des wirtschaftlichen Wachstums, mehr Marktwirtschaft und ein Ende der Umverteilungspolitik plaedierten Sprecher der Wirtschaft. Das Wahlergebnis spiegelt nach Ansicht des Praesidenten des deutschen Industrie- und Handelstages, Stihl, den Unmut ueber 630-Mark-Gesetz und weitere Belastung der Wirtschaft mit Lohnzusatzkosten wieder. IG-Metall-Chef Zwickel dagegen sprach sich fuer Initiativen zum Abbau der Arbeitslosigkeit auf und forderte eine Lehrstellengarantie, die Rente mit 60 Jahren und mehr Teilzeitarbeit. Der bayerische DGB-Vorsitzende und SPD-Politiker Schoesser warf seiner Partei eine Vernachlaessigung der traditionellen Anhaenger vor und geisselte, so woertlich, "das Geschwafel von der neuen Mitte".


Einmarsch der Kosovo-Schutztruppe wird von Todesfaellen ueberschattet

Der Vormarsch der internationalen Friedenstruppe im Kosovo wird vom Tod von zwei Deutschen und zwei Serben ueberschattet. Bereits gestern waren zwei Mitarbeiter des Magazins Stern 40 Kilometer suedlich der Provinzhauptstadt Pristina von Unbekannten erschossen worden. Bei einer Schiesserei mit serbischen Heckenschuetzen hatten deutsche Soldaten gestern zwei Serben getoetet. Insgesamt sind im Kosovo nun rund 14.000 Soldaten der Schutztruppe eingetroffen.

Die deutschen Soldaten haben in Prizren die erste Bewaehrungsprobe bereits hinter sich. Nach der Schiesserei gestern verhinderten sie heute, dass abziehende jugoslawische Soldaten und aufgebrachte Albaner zusammenstiessen. Mit Panzern schirmten sie die verfeindeten Parteien voneinander ab. Dabei mussten sie der serbischen Armee einige Fahrzeuge volltanken, damit die ihre Soldaten nach Norden transportieren kann. Dennoch ist Lage aeusserst angespannt. Die Deutschen rechnen damit, dass sich in den zerstoerten Doerfern und ausgebrannten Haeusern noch Milizionaere verschanzen. Ausserdem sollen sich Kaempfer der UCK in der Stadt versteckt haben. Wie Verteidigungsstaatssekretaer Wichert warnte, haben die Deutschen Prizren noch nicht im Griff: "Wir haben eine ausserordentlich schwierige Uebergangszeit zu bewaeltigen bis die Sicherheitskraefte in der Flaeche stationiert sind. Das wird noch einige Zeit brauchen, bis die Situation in Prizren unter Kontrolle ist." Der Aufmarsch der deutschen Soldaten geht ungehindert voran. Nach Angaben von Generalinspekteur von Kempbach sind inzwischen 1.800 Bundeswehrsoldaten in der Stadt eingetroffen. Eine Nachhut von etwa 200 Soldaten ist noch unterwegs.


EU soll tragende Rolle beim Wiederaufbau des Kosovo spielen

Die Europaeische Union soll wie gewuenscht eine tragende Rolle beim Wiederaufbau des Kosovo spielen. Nach den Worten von UN-Generalsekretaer Anan wird die EU fuer die Wiederherstellung der materielen und wirtschaftlichen Infrastruktur der Provinz zustaendig sein. Die Organisation fuer Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa soll das Rechtssystem und die kommunalen Verwaltungen wiederherstellen. Die Vereinten Nationen selbst wollen die Rueckkehr der Kosovo-Vertriebenen ueberwachen und organisieren. Unterdessen haben die UN-Organisationen mit der Verteilung von Hilfsguetern im Kosovo begonnen. Sie brachten Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente zu den Notleidenden.


Luecken im Verbraucherschutz

Nach dem belgischen Dioxinskandal soll der Verbraucherschutz in der Europaeischen Union verbessert werden. Agrarminister Fischler sagte bei dem Treffen der EU-Landwirtschaftsminister, die zustaendigen Ausschuesse wuerden ausserdem pruefen, ob Vorschriften noch verschaerft werden muessten. In einer gemeinsamen Erklaerung kritisierten die Minister die belgische Regierung fuer Versaeumnisse in der Dioxinaffaire. Ausserdem riefen sie die EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, Lebensmittel strenger zu kontrollieren. Die belgische Regierung verbot heute landesweit den Verkauf aller Produkte der Firma Coca-Cola. Anlass war ein neuer Fall von Gesundheitsbeschwerden bei Schulkindern, die offenbar durch Coca-Cola aus einem Automaten verursacht wurden.


Muenchner OB stellt Buergerentscheid ueber Trambahn in Aussicht

Der Muenchner Oberbuergermeister Ude will die Buergerinnen und Buerger ueber die umstrittene Trambahn durch den Englischen Garten abstimmen lassen. Wenige Stunden nach seiner Wiederwahl erklaerte der Sozialdemokrat, er werde die Bevoelkerung an die Wahlurnen rufen, wenn der Freistaat das Projekt nach mehrmonatiger eingehender Pruefung weiterhin ablehne. Woertlich sagte Ude: "Ich moechte sehen, ob die Staatsregierung die Arroganz hat, sich ueber einen Buergerentscheid hinwegzusetzen." In den kommenden drei Jahren sollen nach Udes Worten unter anderem Bauprojekte in der Muenchner Altstadt und entlang der Bahnstrecke zwischen der Innenstadt und Muenchen Laim verwirklicht werden. Ausserdem werde es eine endgueltige Entscheidung in der Stadionfrage geben.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,8718 DM= 0.9570 Euro
Kanada(1 $)  1,2817 DM= 0.6553 Euro
England(1 Pfund)  3,0192 DM= 1.5436 Euro
Schweiz(100 sfr)  122,5995 DM= 62.684 Euro
Japan(100 Yen)  1,5555 DM= 0.7952 Euro
Schweden(100 skr)  22,0873 DM= 11.293 Euro
 
Einige Indizes:
DAX:5268,87( aktuell )  
Dow-Jones-Index:10566,18( Stand 17:00 MESZ )  
10490,51( Schlussstand Vortag )  
Nikkei-Index:17188,82
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

B3    11:00 MESZ    22:00 MESZ
B5    19:00 MESZ