GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 31.05.1995



* Gewerkschaften des Einzelhandels drohen mit bundesweiten Streiks
* Deutsche Bahn AG wird Arbeitsplaetze abbauen
* Grundstuecksgeschaefte fuer den Berliner Grossflughafen
* Kundgebung gegen Mieten-Ueberleitungsgesetz
* Schwefelwasserstoffunfall in thueringischem Buerohaus
* FDP stellt Eurofighter 2000 in Frage
* Diskussion um Deutsche Zentrale fuer Tourismus geht weiter
* Warnstreik an der Deutschen Oper
* Prozess um Solinger Brandanschlag
* SPD und Gruene in Nordrhein-Westfalen nehmen Verhandlungen auf
* Umweltausschuss des Bundestages gegen Versenkung von "Brent Spar"
* Gauck-Behoerde verteidigt umstrittenes Gysi-Gutachten
* Bundesrechnungshof kritisiert Fruehpensionierungen
* Krankenhausmitarbeiter wegen Organhandels bestraft
* Bundesbank kaufte Dollar
* Weltnichtrauchertag
* Berliner Sommersmogverordnung von Buendnis '90/Gruenen kritisiert
* Herzog spricht beim Deutschen Staedtetag
* Neonazi gegen Kaution frei



Gewerkschaften des Einzelhandels drohen mit bundesweiten Streiks

Dessau/Duesseldorf. Im Einzelhandel droht ein bundesweiter Tarifkonflikt. Bei den Tarifverhandlungen wurde auch heute in mehreren Bundeslaendern keine Annaeherung erzielt. Die Gewerkschaft HBV kuendigte fuer die naechsten Tage Warnstreiks im gesamten Bundesgebiet an. Nach dem Abbruch der Verhandlungen in Dessau wollen sich auch ostdeutsche Beschaeftigte daran beteiligen. Fuer die Beschaeftigten des bayerischen und des nordrhein-westfaelischen Einzelhandels legten die Arbeitgeber ein neues Angebot vor. Es belaeuft sich auf eine Einkommensverbesserung von 2,5 vH bzw. 3,2 vH. Die Gewerkschaften HBV und DAG verlangen 6 vH mehr Lohn und Gehalt. Fuer die neuen Bundeslaender wird ein Einkommensangleich an das Westniveau bis 1996 gefordert.


Deutsche Bahn AG wird Arbeitsplaetze abbauen

Paris. Die Deutsche Bahn AG wird nach den Worten ihres Vorstandvorsitzenden Duerr in den naechsten drei Jahren mindestens 100.000 Arbeitsplaetze abbauen. Vor der deutsch-franzoesischen Industrie- und Handelskammer sagte Duerr, diese Massnahme sei notwenig, um die Bahn wettbewerbsfaehig zu machen. Noch im Februar hatte Duerr Berichte als Spekulationen abgetan, nach denen die Bahn bis Ende 1997 Arbeitsplaetze drastisch reduzieren will.


Grundstuecksgeschaefte fuer den Berliner Grossflughafen

Berlin. Die Geschaeftsfuehrung der Berlin-Brandenburg Flughafenholding hat den Aufsichtsrat monatelang nicht ueber die Grundstueckskaeufe zur Erweiterung des Flughafens Schoenefeld informiert. Dies bestaetigten heute Mitglieder des Aufsichtsrates vor dem Flughafen-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses. Der brandenburgische Finanzminister Kuehbacher sagte, bei einer Sitzung Ende Maerz 1992 habe die Geschaeftsfuehrung keine Einzelheiten zu den Grundstueckskaeufen genannt, obwohl diese bereits im wesentlichen abgeschlossen waren. Der Vertreter des Bundes, Bauer, teilte mit, dass der Aufsichtsrat erst im Juli 1992 von den Geschaeften erfuhr. Der Untersuchungsausschuss soll den Kauf von etwa 120 ha Ackerland klaeren, das in den Jahren 1991/1992 zu offensichtlich ueberhoehten Preisen erworben worden war. Der Flughafenholding droht deswegen ein Verlust in dreistelliger Millionenhoehe.


Kundgebung gegen Mieten-Ueberleitungsgesetz

Berlin. gegen das geplante Mieten-Ueberleitungsgesetz fuer Ostdeutschland haben am Abend mehrere tausend Menschen demonstriert. Das Gesetz, das Mitte Mai bereits im Bundestag verabschiedet wurde, soll am Freitag den Bundesrat passieren. Bei der Kundgebung vor der Aussenstelle des Bundesbauministeriums in Berlin-Mitte nannte der PDS-Vorsitzende Bisky das Gesetz katastrophal. Er warf den Parteien Waehlertaeuschung vor, da sie sich trotz kleinerer Verbesserungen gegenueber dem urspruenglichen Entwurf nicht energisch fuer die Interessen der Ostmieter eingesetzt haetten.


Schwefelwasserstoffunfall in thueringischem Buerohaus

Erfurt. Durch das das Ausstroemen hochgiftigen Schwefelwasserstoffs in einem Buerogebaeude der thueringischen Landeshauptstadt sind acht Menschen verletzt worden. Zwei von ihnen schweben in Lebensgefahr. Mitarbeiter des Technischen Ueberwachungsvereins hatten Veraetzungen der Atemwege erlitten. Ein Saeurebehaelter in den Raeumen des TUeVs war aus noch ungeklaerter Ursache geplatzt.


FDP stellt Eurofighter 2000 in Frage

Bonn. Mit der Begruendung zusaetzlichen Informationsbedarfs haben die Freien Demokraten die Weiterentwicklung des Jagdflugzeugs Eurofighter 2000 in Frage gestellt. Der Bewilligungsausschuss des Bundestages fuer Beschaffungsmassnahmen verweigerte mit den Stimmen der Oppositionsparteien die Genehmigung von weiteren rund 530 Mio. DM Entwicklungskosten. Der Eurofighter gilt als nachfolgeprojekt des Milliarden-Vorhabens Jaeger '90. Die FDP befuerchtet ausserdem, dass die Entwicklungskosten schon ueber 700 Mio. DM ueber dem Plan liegen.


Diskussion um Deutsche Zentrale fuer Tourismus geht weiter

Bonn. Als Reaktion auf schwere Vorwuerfe hat Bundeswirtschaftsminister Rexrodt anguendigt, die Deutsche Zentrale fuer Tourismus (DZT) neu zu gliedern. In einer aktuellen Stunde des Bundestages regte er ausserdem an, die finanzielle Unterstuetzung durch den Bund zu kuerzen. Zur Zeit erhaelt die DZT 85 vH ihres Haushalts aus Steuermitteln. In der vergangenen Woche war eine von der DZT in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahre 1984 bekannt geworden, in der unter anderem empfohlen wurde, Juden und Schwarze nicht als Touristen fuer Deutschland zu werben. Zuvor war bereits die Leiterin des New Yorker Bueros der Tourismuszentrale entlassen worden, weil sie in den USA den Massenmord der Nazis an Juden geleugnet haben soll. Ausserdem wurde zwei fuehrenden Mitarbeitern wegen sexueller Belaestigung gekuendigt.


Warnstreik an der Deutschen Oper

Berlin. Teile des Orchesters der Deutschen Oper haben heute waehrend einer Probe voruebergehend die Arbeit niedergelegt. Mit dem Warnstreik protestierten sie gegen die Absischt des Deutschen Buehnenvereins, eine zweiprozentige Gehaltserhoehung von flexibleren Arbeitszeiten abhaengig zu machen. Es handelt sich um den ersten Warnstreik an einem Opernhaus in dieser Frage.


Prozess um Solinger Brandanschlag

Duesseldorf. Die im Prozess um den Brandanschlag von Solingen vorgelegte eidesstattliche Versicherung haelt das Oberlandesgericht fuer eine Faelschung. In dem Papier wird ein tuerkischer Geschaeftsmann aus Berlin der Tat bezichtigt. Der vorsitzende Richter sagte, das Datum der Erklaerung passe nicht mit dem der Beglaubigung zusammen. Ausserdem habe einer der beiden Tuerken aus Berlin, die die Erklaerung vor einem Notar abgegeben haben sollen, dem Gericht mitgeteilt, nichts damit zu tun zu haben. Die Richter wollen, um ganz sicher zu gehen, die beiden Tuerken morgen als Zeugen hoeren. In dem Dokument wird der tuerkische Geschaeftsmann beschuldigt, den Brandanschlag vor zwei Jahren aus Rache begangen zu haben. Ein Sohn der von dem Feuer betroffenen Familie soll bei ihm Schulden gehabt und seine Ehefrau vergewaltigt haben.


SPD und Gruene in Nordrhein-Westfalen nehmen Verhandlungen auf

Bonn. SPD und Gruene in Nordrhein-Westfalen wollen noch vor der Sommerpause zu einem Ergebnis kommen. Mit dieser erklaerten Absicht nahmen sie am Nachmittag ihre Verhandlungen um ein Regierungsbuendnis in Duesseldorf auf. Ministerpraesident Rau sagte, von den Gespraechen und seiner persoenlichen Entscheidung hinge es ab, ob er in der angestrebten Koalition als Regierungschef zur Verfuegung stehe. Zunaechst soll der Ablauf der Koalitionsverhandlungen festgelegt werden. Als Hauptstreitpunkt gilt die Kohlepolitik. Bei den Landtagswahlen hatte die SPD in Nordrhein-Westfalen ihre absolute Mehrheit verloren und mit einem Stimmenanteil von 46 vH das schlechteste Ergebnis seit 20 Jahren erzielt. Die Gruenen hatten sich erheblich verbessert und waren auf 10 vH gekommen.


Umweltausschuss des Bundestages gegen Versenkung von "Brent Spar"

Bonn. Gegen die geplante Versenkung der Oelplattform "Brent Spar" in der Nordsee hat sich der Umweltausschuss des Bundestages einstimmig ausgesprochen. Einem entsprechenden Antrag der Gruenen stimmten auch die Vertreter der Union, SPD und FDP zu. Sie erklaerten, es muesse befuerchtet werden, dass die Versenkung der vom Mineraloelkonzern Shell betriebenen Plattform mit Tonnen chemischer Rueckstaende an Bord zu einem Praezedenzfall werden koennte. Sie forderten die Bundesregierung auf, bei der Nordseeschutzkonferenz in der naechsten Woche in Daenemark sich fuer eine verbindliche Verpflichtung einzusetzen, ausgediente Oeplattformen an Land zu entsorgen.


Gauck-Behoerde verteidigt umstrittenes Gysi-Gutachten

Berlin. Die Gauck-Behoerde haelt an den Stasi-Vorwuerfen gegen den PDS-Bundestagsabgeordneten Gysi fest. Ein Sprecher der Behoerde verteidigte das umstrittene Gutachten, in dem eine 10-jaehrige Zusammenarbeit Gysis mit der Stasi festgestellt wird. Die Behauptung Gysis, das Gutachten sei manipuliert, sei haltlos. Der PDS-Politiker arbeite weiter mit Halbwahrheiten, Unterstellungen und Verdrehungen. Gysi hatte der Gauck-Behoerde vorgeworfen, sie habe ihn entlastende Dokumente zurueckgehalten. Das sei amtlicher Rufmord, mit dem Ziel, ihn aus der Politik zu draengen. Gysi will die Gauckbehoerde deswegen verklagen.


Bundesrechnungshof kritisiert Fruehpensionierungen

Berlin. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs koennte in der Stadt jede vierte Stelle im oeffentlichen Dienst gestrichen werden, was Einsparungen von drei Milliarden DM bringen wuerde. Rund 70 vH der Beamten liessen sich vorzeitig pensionieren, kritisierten die Rechnungspruefer weiter. Jeder fuenfte verabschiede sich bis zum 49. Lebensjahr vom Dienst.


Krankenhausmitarbeiter wegen Organhandels bestraft

Berlin. Zwei Mitarbeiter eines Zehelendorfer Krankenhauses sind wegen Handels mit menschlichen Organen zu Geldstrafen zwischen 3.500 und 6.000 DM verurteilt worden. Sie hatten in den Jahren 1992/1993 ingesamt 200 bei Obduktionen entnommene Hirnhaeute an ein Pharmaunternehmen verkauft.


Bundesbank kaufte Dollar

Frankfurt/Main. Die Bundesbank hat zusammen mit den Zentralbanken der grossen Industriestaaten ueberraschend US-Dollars aufgekauft und den Kurs voruebergehend hochgetrieben. Am Nachmittag wurde die amerikanische Waehrung mit mehr als 1,41 DM gehandelt. Der amtliche Mittelkurs hatte zuvor bei knapp 1,39 DM gelegen. Der Dollar war erneut unter Druck geraten, weil die juengsten US-Wirtschaftsdaten veroeffentlicht wurden und ein geringeres Wachstum als erwartet gezeigt hatten. Schon am vergangenen Freitag hatte der Dollar auf einen Schlag sechs Pfennig verloren.


Weltnichtrauchertag

Frankfurt/Main. In Deutschland sterben jedes Jahr etwa 36.000 Menschen an Bronchial- und Lungenkrebs. Die Deutsche Krebshilfe forderte angesichts dieser Zahlen zum heutigen Welt-Nichtrauchertag ein Werbeverbot fuer Tabakwaren sowie ein Rauchverbot in oeffentlichen Gebaeuden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist der Konsum von Tabak weltweit fuer den Tod von drei Millionen Menschen jaehrlich verantwortlich. Der volkswirtschaftliche Schaden wird von der WHO auf 200 Milliarden Dollar beziffert.


Berliner Sommersmogverordnung von Buendnis '90/Gruenen kritisiert

Berlin. Vetreter der Abgeordnetenhausfraktion von Buendnis '90/Gruene haben die Plaene fuer eine Sommersmogverordnung von Verkehrssenator Hassemer als voellig unzureichend kritisiert. Sie forderten, bereits ab einem Grenzwert von 120 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft sollten Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten. Ab Werten von 180 Mikrogramm muesse das Verkehrsaufkommen halbiert werden, indem nur Fahrzeuge mit geradem bzw. ungeradem Kennzeichen fahren duerften.


Herzog spricht beim Deutschen Staedtetag

Magdeburg. Klagen ueber wachsende Probleme und Geldmangel bestimmen den Deutschen Staedtetag. Bundespraesident Herzog warnte davor, dass das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen faktisch ausgehoelt werde. Die Gemeinden brauchten ein solides finanzielles Fundament. Der Bundespraesident ging auf zahlreiche Probleme der Menschen in den Staedten ein. Viele erleben ihre Umwelt als Wohnsilos und Betonburgen oder fuehlten sich durch Kriminalitaet bedroht. Ausserdem fehlten Kindergartenplaetze und die Mieten wuerden unerschwinglich. Noch seien Slums Bilder aus einer anderen Welt, Ansaetze dafuer gaebe es aber auch schon in Deutschland.


Neonazi gegen Kaution frei

Berlin. Der Neonazi Arnulf Priem ist gegen Zahlung einer Kaution auf freien Fuss gesetzt worden. Dies bestaetigte eine Mitarbeiterin des Landgerichts. Priem war erst kuerzlich zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Ihm wurden unter anderem die Verwendung von Nazi-Symbolen und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen. Einem Bericht der TAZ zufolge wird Priem seine Strafe in den naechsten Wochen antreten. Der Neonazi habe eine Kaution von 5000,- DM gezahlt und muesse sich bis zum Antritt der Haftstrafe zweimal woechentlich bei der Polizei melden. Die Fluchtgefahr sei nach Ansicht des Gerichts durch die Kaution erheblich reduziert.


Quellen

SFB B2    14:00 MESZ    15:00 MESZ    17:00 MESZ    18:00 MESZ    19:00 MESZ    20:00 MESZ    21:00 MESZ