GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 14.06.1995



* Bonner Reaktion auf Ankuendigung neuer Atombombentests Frankreichs
* Treffen der Partei- und Fraktionschefs der Regierungskoalition
* Koalitionsverhandlungen in Bremen
* Karl Wienand vor Gericht
* Bruno Koeberle tritt zurueck
* Tarifkonflikt im westdeutschen Einzelhandel geht weiter
* Vdk kritisiert Einstellung der Zahlung an behinderte Pflegegeldempfaenger
* 26. Evangelischer Kirchentag eroeffnet
* Kinder sollen vor Gericht besser geschuetzt werden
* Vier Haftbefehle gegen mutmassliche Linksextreme
* Erste Ermittlungserfolge in Sachen Briefbomben
* DGB-Chef gegen Strafabgaben
* Handwerk hat keine Probleme bei der Schaffung zusaetzlicher Lehrstellen
* Neue Ozongrenzwerte bei Sommersmog
* Tankstelle unter Beschuss
* Fussball WM in Schweden: Deutschland im Halbfinale
* Boerse



Bonner Reaktion auf Ankuendigung neuer Atombombentests Frankreichs

"Das ist eine nationale Entscheidung Frankreichs" - das war der einzige Kommentar in Bonn zu dem Vorhaben Frankreichs, die Atomtests wieder aufzunehmen. Ansonsten lobte man in Bonn die erklaerte Absicht der Franzosen, im September kommenden Jahres, dem geplanten Teststoppabkommen der fuenf Atommaechte beizutreten. Bis dahin sollen auf dem Pazifikatoll Muroroa acht nukleare Sprengsaetze gezuendet werden. Ein Vorhaben, das Frankreich weltweit Proteste eingebracht hat, vor allem aber bei den Pazifikstaaten.


Treffen der Partei- und Fraktionschefs der Regierungskoalition

Die Partei- und Fraktionschefs von Union und Freien Demokraten sind am Vormittag in Bonn zusammengekommen, um ueber die weiter Marschroute der Regierungskoalition nach dem Bundesparteitag der Freien Demokraten vom vergangenen Wochenende zu beraten. Der neue FDP-Vorsitzende Gehard hatte gestern nach einem ersten Treffen mit Bundeskanzler Kohl betont, er sehe gute Voraussetzungen fuer eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Nachverhandlungen zum Koalitionsvertrag haben die Parteichefs der Koalition, Bundeskanzler Kohl und Bundesfinanzminister Waigel inzwischen abgelehnt. Sie sagten jedoch zu, neue Vorschlaege der FDP zu pruefen. Gerhard hatte auf dem Mainzer Bundeskongress der Liberalen angekuendigt, er wolle mit CDU und CSU ueber den notwendigen Modernitaetsschub fuer das Regierungsbuendnis sprechen. Dabei werde er auch auf ein modernes Staatsbuergerschaftsrecht draengen. Optimistisch ueber die kuenftige Zusammenarbeit des Regierungsbuendnisses in Bonn haben sich FDP-Chef Gerhard und der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Glos, geaeussert. Gerhard betonte, es sei bei ihrem ersten Gespraech zuerst darum gegangen, eine vertrauensvolle Atmosphaere herzustellen. Auf die Eroerterung von Details zu politischen Vorhaben sei bewusst verzichtet worden. Gerhard bekraeftigte, dass er sich fuer eine Verstaerkung der Mittel fuer Forschung und Bildung einsetzen wuerde. Glos unterstrich, es werde nun auf dem Boden des Koalitionsabkommens weitergearbeitet.


Koalitionsverhandlungen in Bremen

Nach dem ersten Tag der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU in Bremen hat sich der Delegationsfuehrer der Christdemokraten, Noelle, optimistisch geaeussert. Er sei sehr zuversichtlich, dass man zu einem guten Ergebnis komme, sagte Noelle heute morgen im ersten deutschen Fernsehen (ARD). So sei es gelungen, das gesamte Verhandlungspaket in einen Finanzrahmen zu stellen und davon ausgehend die einzelnen politischen Felder abzuarbeiten. Noelle kuendigte an, dass die Frage der Besetzung des Buergermeisteramtes am Freitag geloest werden solle.


Karl Wienand vor Gericht

Der fruehere Geschaeftsfuehrer der SPD-Fraktion im Bundestag, Karl Wienand, steht ab heute vor dem Duesseldorfer Oberlandesgericht. Der mittlerweise 68jaehrige soll fast 20 Jahre lang als Agent fuer die STASI gearbeitet haben und in dieser Zeit Regierungsgeheimnisse und vertrauliche Meinungen anderer Politiker an die DDR verraten haben. Wienand selbst bestreitet die Vorwuerfe. Karl Wienand, Stasideckname "Streit", soll, so glaubt die Bundesanwaltschaft beweisen zu koennen, ueber seinen mitangeklagten Fuehrungsoffizier, den damaligen Stasimann Alfred Voelkl - Deckname Krueger - 20 Jahre lang wichtige Geheimnisse aus dem Zentrum bundesrepublikanischer Macht ausgeplaudert haben. Dafuer habe er von der Staatssicherheit Geld kassiert. Seit 1986 monatliche Zahlungen von DM 10.000. Karl Wienand bestreitet diese Vorwuerfe wehement. Er raeumt ein, mit Voelkl, wie mit anderen Vertretern der DDR, im Interesse der Menschen beider deutschen Staaten gesprochen zu haben. Dabei habe er nie geheime Informationen weitergegeben. Er habe auch nie eine Zuwendung von der anderen Seite erhalten. Karl Wienand ist schwer herzkrank. Deshalb war auch der im Januar dieses Jahres geplante Prozessbeginn geplatzt. Nach einem Gutachten des Gerichts ist Wienand nun eingeschraenkt verhandlungsfaehig. Dem widersprechen drei Gutachter der Verteidigung. An diesem ersten Verhandlungstag wird das Gericht diesen Expertenstreit zu entscheiden haben. Und damit auch, ob der Prozess ueberhaupt stattfinden wird. Kurz nach Prozessbeginn entsprach der vierte Strafsenat einem Antrag der Verteidigung, bei der Eroerterung der Verhandlungsfaehigkeit ihres Mandanten die Oeffentlichkeit auszuschliessen.


Bruno Koeberle tritt zurueck

Der Vorsitzende der IG Bau, Steine, Erden, Bruno Koeberle, hat ueberraschend seinen Ruecktritt angekuendigt. Sein Nachfolger solle, so hiess es, im Herbst bereits zum Vorsitzenden der neu zu gruendenden Gewerkschaft Bau, Agrar, Umwelt gewaehlt werden. Es seien ausschliesslich gesundheitliche Gruende, die den 60jaehrigen Bruno Koeberle zum Ruecktritt bewegen. Nach einem medizinischen Check-Up vor einigen Tagen musste ihm sein Arzt verkuenden, dass er seinem Herzen den Stress des Gewerkschaftsamtes nicht weiter zumuten duerfe. Noch im vergangenen Oktober war Koeberle, der seit 1991 an der Spitze der IG Bau steht, fuer weitere drei Jahre als Vorsitzender bestaetigt worden. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass aus der IG Bau im Herbst 1995 eine vergroesserte Gewerkschaft IG Bau, Agrar, Umwelt werden soll. Auf einem ausserordentlichen Gewerkschaftstag Anfang November wird die kleine DGB-Gewerkschaft Gartenbau, Landwirtschaft und Forsten ihre Aufloesung und ihren Beitritt zur IG Bau erklaeren. Die neue Gewerkschaft wird dann 735.000 Mitglieder haben. Diesen Zeitpunkt haelt Koeberle fuer guenstig, um den Stab weiterzureichen. Als Nachfolger im Gespraech sind die Vorstandsmitglieder Laux oder Leuschner. Ob der Gewerkschaftsbeirat, der in der kommenden Woche bereits zusammentritt, eine Empfehlung ueber Koeberles Nachfolge abgeben wird, ist noch offen.


Tarifkonflikt im westdeutschen Einzelhandel geht weiter

Im Tarifkonflikt des westdeutschen Einzelhandels dauerte heute der Arbeitskampf an. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) sowie die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) riefen zunaechst in Kauf- und Warenhaeusern in Hamburg und Schleswig-Holstein zu Streiks auf. Arbeitskampfaktionen sind auch in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland geplant. Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen im Hamburger Einzelhandel waren gestern auch die Gespraeche in Schleswig-Holstein abgebrochen worden. Ebenso gab es in Niedersachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz keinerlei Einigung.


Vdk kritisiert Einstellung der Zahlung an behinderte Pflegegeldempfaenger

Bonn. Der Sozialverband VdK hat die Einstellung der Zahlungen an behinderte Pflegegeldempfaenger durch die oertlichen Traeger der Sozialhilfe scharf kritisiert. In einem Schreiben an die Gemeinden und Kreise erinnerte der Praesident des Verbandes der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner, Hirlinger, daran, dass die neue Pflegeregelung Behinderte benachteilige. Nach den Kriterien der Pflegeversicherung gelten etwa Rollstuhlfahrer oder Contergangeschaedigte nicht als pflegebeduerftig. Sie erhalten weder Leistungen aus der Pflegekasse, noch ihr bisheriges Pflegegeld aus der Sozialhilfe. Hirlinger wies darauf hin, dass die im Pflegegesetz formulierte Besitzstandsregelung nicht auf diese Weise zum Nachteil der Betroffenen ausgelegt werden duerfe.


26. Evangelischer Kirchentag eroeffnet

In Hamburg wurde heute der 26. Deutsche Evangelische Kirchentag eroeffnet. Zu dem viertaegigen Laientreffen haben sich mehr als 120.000 Besucher angemeldet. Neben Bibelgruppen, Begegnungszentren und Gottesdiensten erwarten sie eine Vielzahl von Diskussionsforen mit prominenten Gaesten. "Es ist Dir gesagt Mensch, was gut ist" - so das Motto dieses Kirchentages. Das Wort des Propheten Micha soll fuer die Suche nach Antworten in einer orientierungslosen Zeit stehen. Gesucht wird bei dem Christentreffen vor allem eine klare Haltung zur Asylpolitik. Und spannende Diskussionen sind auch zu erwarten, wenn es darum geht, ob die Kirche homosexuellen Paaren weiter ihren Segen verweigert. Der Kirchentag bietet mit mehr als 2.000 Veranstaltungen bis zum Sonntag Menschen mit unterschiedlichstem Lebensstil die Moeglichkeit zum Dialog. Es wird ueber gesellschaftliche, oekologische, politische und religioese Themen gestritten. Zum Beispiel ueber Arbeitslosigkeit, die Situation der Jugend und das wirtschaftliche Nord-Sued-Gefaelle. Zu den prominenten Rednern gehoeren unter anderem Bundespraesident a.D. Richard von Weizsaecker und der russische Menschenrechtler Sergeji Kovaljov. Bibelarbeiten, Meditationen, Nachtgebete, Gottesdienste und liturgische Feiern sollen die Christen in ihrem Glauben bestaerken und die Hoffnung vermitteln, das die evangelische Kirche in Deutschland eine zukunftstraechtige Einrichtung ist.


Kinder sollen vor Gericht besser geschuetzt werden

Dessau. Kinder, die Opfer von Sexualstraftaten geworden sind, sollen als Zeugen vor Gericht kuenftig besser geschuetzt werden. Das haben die Justizminister von Bund und Laendern heute beschlossen. Bis zum Herbst soll ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, nach dem betroffene Kinder nicht mehr im Gerichtssaal, sondern in einem Nebenraum vernommen werden sollen. Die Aussage kann ueber Video in den Gerichtssaal uebertragen werden.


Vier Haftbefehle gegen mutmassliche Linksextreme

Nach der bundesweiten Durchsuchungsaktion bei mutmasslichen Linksextremen hat der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof Haftbefehl gegen vier Verdaechtige erlassen. Wie es am Vormittag in Karlsruhe hiess, wird den Beschuldigten vorgeworfen, die Untergrunddruckschrift "Radikal" herausgegeben und vertrieben zu haben. Das mehrmals im Jahre erscheinende Blatt rufe offensiv zu militanten Aktionen auf, benenne moegliche Ziele und habe durchweg strafbaren Inhalt.


Erste Ermittlungserfolge in Sachen Briefbomben

Nicht klassische Neonazis, sondern Auslaender und Frauenfeinde aelteren Jahrgangs vermutet die oesterreichische Polizei hinter den Briefbombenattentaetern der letzten Tage. Besonderes Merkmal der Attentaetergruppe sei ihr grosses Spezialwissen in Technik, Chemie, aber auch in Geschichte und Datenverarbeitung. Den deutschen Ermittlern ist es inzwischen gelungen, den genauen Absendeort der gestern in Luebeck explodierten Briefbombe zu lokalisieren.


DGB-Chef gegen Strafabgaben

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Schulte, haelt Strafabgaben fuer jene Betriebe, die keine Ausbildungsplaetze zur Verfuegung stellen fuer wenig sinnvoll. Schliesslich komme es in diesem Jahr darauf an, das Angebot auf dem Lehrstellenmarkt zu vergroesseren, sagte Schulte heute frueh im Deutschlandfunk. Eine solche Massnahme helfe aber nicht, das Problem zu loesen. Als falsch bezeichnete der DGB-Chef das Argument zahlreicher Betriebe in Ostdeutschland, wegen ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation koennten sie nicht ueber Bedarf ausbilden. Mit der Lehrstellensituation befassen sich heute Abend in Bonn fuehrende Gewerkschafts- und Wirtschaftsvertreter in einer Gespraechsrunde bei Bundeskanzler Kohl.


Handwerk hat keine Probleme bei der Schaffung zusaetzlicher Lehrstellen

Das Handwerk hat nach den Worten des Generalsekretaers des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Schleier, keinerlei Probleme bei der zugesagten Schaffung zusaetzlicher Lehrstellen. Bereits in den vergangenen Jahren, so Schleier heute frueh im Deutschlandradio Berlin, habe das Handwerk in den neuen Bundeslaendern jaehrliche Zuwachsraten von durchschnittlich weit ueber 20 % gehabt. Nach einer Ende Mai bei den Handwerkskammern in Ostdeutschland vorgenommenen Umfrage sei auch in diesem Jahr mit einem Zuwachs von 10 % zu rechnen. Die Zahl von rund 100.000 fehlenden Lehrstellen in Ostdeutschland wollte Schleier relativiert wissen. Die Berufsberatungsstatistik taeusche, weil viele Betriebe ihre Lehrstellen den Arbeitsaemtern gar nicht meldeten. In den kommenden Monaten werde sich diese Statistik jedoch rasch aendern.


Neue Ozongrenzwerte bei Sommersmog

Die Regierungskoalition hat sich auf einen neuen Ozongrenzwert bei Sommersmog geeinigt, lehnt ein Tempolimit aber weiterhin ab. Fuehrende FDP-Politiker erklaerten nach der heutigen Koalitionsrunde, bei Ueberschreiten einer Schwelle von 240 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft sollten kuenftig grossraeumige Fahrverbote in Kraft treten. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung fuer eine Sommersmogverordnung war bislang von einem Grenzwert von 270 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft die Rede gewesen.


Tankstelle unter Beschuss

Eine Shell-Tankstelle in Moehrfelden-Walldorf im Kreis Gross-Gerau bei Darmstadt ist am Morgen beschossen worden. Gegen drei Uhr waren sechs Kugeln abgefeuert worden. Verletzt wurde dabei niemand. Die Polzei vermutet, dass sich der Anschlag gegen die beabsichtigte Versenkung der Shell-Plattform "Brent Spa" im Atlantik richtet. Der Protest gegen diese Versenkungsaktion schlaegt immer hoehere Wellen. Nach Angaben der deutschen Shell in Hamburg sind die Schuesse auf die suedhessische Tankstelle in Walldorf kein Einzelfall. In anderen Staedten Deutschlands ist es heute Nacht zu aehnlichen Anschlaegen gekommen. Dass sich der Unmut gegen die umweltschaedliche Oelplattformentsorgungsstrategie in Moehrfelden-Walldorf nicht nur durch friedlichen Boykott aeussert ist keine Ueberraschung. Die Doppelstadt in der Naehe des Rhein-Main-Flughafens gilt seit dem Kampf um die Startbahn West als ein Zentrum militanter Umweltschuetzer.


Fussball WM in Schweden: Deutschland im Halbfinale

Die deutsche Fussballnationalmannschaft der Frauen hat bei der Weltmeisterschaft in Schweden das Halbfinale erreicht. Das deutsche Team besiegte im Viertelfinale England mit 3:0 und trifft nun auf China.


Boerse

DAX            2128,0

USA (1 US-Dollar)       1,4075
England (1 Pfund)       2,2505
Irland (1 irl.Pfund)    2,2930
Kanada (1 kan.Dollar)   1,0193
Niederlande (100 hfl)  89,362
Schweiz (100 sfr)     121,19
Belgien (100 bfrs)      4,8684
Frankreich (100 FF)    28,472
Daenemark (100 dkr)    25,653
Norwegen (100 nkr)     22,472
Schweden (100 skr)     19,393
Italien (1000 Lit.)     0,8553
Oesterreich (100 oeS)  14,221
Spanien (100 Ptas)      1,1553
Portugal (100 Esc)      0,9512
Japan (100 Yen)         1,6680
Finnland (100 Fmk)     32,675
Australien (1 Dollar)   1,0120       (alle Angaben ohne Gewaehr)



Quellen

B5    7:30 MESZ    10:30 MESZ    11:30 MESZ    15:00 MESZ
SDR3    8:00 MESZ    10:00 MESZ    17:00 MESZ
DLF    8:30 MESZ    12:00 MESZ
Antenne Bayern    9:00 MESZ