Gedenken an das Kriegsende in Russland |
Moskau. In Anwesenheit vieler auslaendischer Gaeste hat Russland heute dem
Ende des Zweiten Weltkrieges gedacht. Auch Bundeskanzler Kohl und
Aussenminister zaehlten zu den Gaesten. Sie nahmen allerdings wie andere
westliche Politiker auch aus Protest gegen den Tschetschenien-Krieg nicht an
der Truppenparade teil. Kohl und Kinkel trafen am Nachmittag in Moskau ein.
Sie legten am Grabmal des Unbekannten Soldaten an der Kremlmauer einen Kranz
nieder. Anschliessend fuhren sie zu einem Friedhof am Moskauer Stadtrand, wo
deutsche Kriegsgefangene beigesetzt sind. Auch dort legten sie einen Kranz
nieder. Am Nachmittag wurde Kohl von Praesident Jelzin im Kreml empfangen.
Kohl forderte von Jelzin eine rasche Beendigung des Tschetschenien-Krieges.
Feierlicher Abschluss der Gedenkveranstaltungen war am Abend ein
Staatsempfang im Kreml. Jelzin beschwor die Vision eines geeinten
demokratischen Europas. Bundeskanzler Kohl bekannte sich auf dem Festakt zur
Kriegsschuld Deutschlands. |
Diskussion um angeblichen Ueberschuss der Pflegeversicherung |
Bonn. Die Pflegeversicherung wird nach Aussage des Staatssekretaers im
Bundesarbeitsministerium Jung in diesem Jahr voraussichtlich einen
Ueberschuss von etwa 5 Mrd. DM erwirtschaften. Jung sagte in einem
Zeitungsinterview, der Grund liege im Verhalten der Pflegebeduerftigen. Rund
80 % haetten sich das niedrigere Pflegegeld direkt auszahlen lassen und auf
die teureren Sachleistungen verzichtet. Auch fuer 1996 rechnet Jung noch mit
einem Ueberschuss in Milliardenhoehe.
Unterdessen hat ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums die Angaben Jungs
dementiert. Die genannte Summe habe sich dadurch in den Kassen angehaeuft,
dass zwar schon ab Januar Betraege erhoben, Leistungen aber erst seit
April gewaehrt wurden. Dieses Grundkapital diene als Reserve, da immer noch
unklar sei, wieviel die Pflegebeduerftigen tatsaechlich in Anspruch naehmen.
Das Pflegegeld liegt zwischen 400,- DM und 1.300,- DM, fuer Sachleistungen
muessen die Kassen bis 2.800,- DM, in Einzelfaellen bis 3.700,- DM zahlen. |
Plutoniumschmuggel: Stellvertretender russischer Atomminister verstrickt ? |
Hamburg/Muenchen. Nach einem Vorabbericht des Hamburger Magazins "STERN" ist
moeglicherweise der stellvertretende russische Atomminister Sidorenkow in den
Plutoniumschmuggel verwickelt, der im August 1994 aufgedeckt wurde. Das Blatt
berichtet, ein V-Mann habe dem Bundeskriminalamt mitgeteilt, das Sidorenkow,
der in dem fraglichen Flugzeug sass, die Verhandlungen der Plutonium-Dealer
ueberwachen wollte. Ausserdem habe Sidorenkow fuer den Abtransport des Geldes
sorgen sollen.
Die Muenchener Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben keine Hinweise
darauf, dass Sidorenkow in den Schmuggel verstrickt ist. Oberstaatsanwalt
Emmrich bestaetigte zwar, dass der Minister im vergangenen Jahr in demselben
Flugzeug sass, in dem einer der Atomschmuggler das Plutonium nach Muenchen
gebracht hatte. Er betonte aber zugleich, es gebe keine Anhaltspunkte fuer
eine Verbindung von Sidorenkow zu den Atomhaendlern. |
Einigung ueber Auftrag fuer Plutonium-Untersuchungsausschuss |
Bonn. Die Parteien im Bundestag haben sich auf einen gemeinsamen Auftrag fuer
den Untersuchungsauschuss geeinigt, der den Plutonium-Schmuggel vom August
1994 aufklaeren soll. Der Ausschuss soll die Umstaende des Transportes
klaeren. Ausserdem wollen die Abgeordneten wissen, wann und wie Behoerden von
dem illegalen Transport wussten oder daran beteiligt waren. Der Ausschuss
wird am Donnerstag eingesetzt. |
Borchert fuer Information ueber Gentechnik |
Bonn. Bundeslandwirtschaftsminister Borchert hat sich fuer eine umfassende
Information ueber Chancen und Risiken der Gentechnik ausgesprochen. Borchert
sagte, die Verbraucher haetten ein Recht darauf zu wissen, was mit dieser
neuen Technik auf sie zukomme. Nach dem CDU-Poltitiker forderte auch die SPD
eine umfassende Kennzeichnungspflicht fuer gentechnisch veraenderte
Lebensmittel.
Dagegen war eine Expertengruppe der EU zu dem Schluss gekommen, ein Hinweis
sei nur bei grundlegenden Veraenderungen des Produkts noetig. |
Ermittlungsverfahren gegen Bundesinnenminister Kanther |
Berlin. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen
Bundesinnenminister Kanther eingeleitet. Kanther steht in dem Verdacht, gegen
das Stasi-Unterlagengesetz verstossen zu haben. Das Verfahren geht auf eine
Anzeige des Alterspraesidenten des Bundestages Heym zurueck. Geklaert werden
soll, wer Stasi-Unterlagen ueber den PDS-Abgeordneten kurz vor dessen Rede
zur Eroeffnung des Bundestages im November 1994 veroeffentlicht hat. Nach
Auffassung Heyms ist dafuer der Bundesinnenminister verantwortlich. |
Scharping kuendigt Initiative zur Sozialhilfereform an |
Bonn. Der SPD-Vorsitzende Scharping hat Initiativen seiner Partei zur Reform
der Sozialhilfe angekuendigt. Scharping sagte, innerhalb von zehn Tagen solle
ein SPD-Modell zur Sozialhilfe vorliegen. Er halte es fuer vernuenftig, den
Sozialhilfeempfaengern neue Anreize zur Erwerbstaetigkeit zu verschaffen. So
koenne der Freibetrag fuer eigene Einkuenfte erhoeht werden. Ueberlegungen
der Bundesregierung, Sozialkuerzungen vorzuschreiben, wenn ein
Sozialhilfeempfaenger eine zumutbare Arbeit ablehnt, erteilte Scharping eine
Absage. Dies sei den oertlichen Sozialhilfetraegern bereits jetzt moeglich. |
Ehemaliger Suedmilch-Manager wird nicht ausgeliefert |
Asuncion. Der ehemalige Vorstandschef des Suedmilch-Konzerns Weber wird nicht
von Paraguay nach Deutschland ausgeliefert. Ein Gericht in Asuncion wies das
Stuttgarter Auslieferungsersuchen wegen formeller Fehler zurueck und ordnete
zugleich die Freilassung Webers an. Ein wesentlicher Punkt zugunsten Webers
war dessen im August 1993 erworbene Staatsbuergerschaft von Paraguay. Weber
war am 10. Maerz festgenommen worden. Ihm werden im Zusammenhang mit dem
Konkurs der Suedmilch-Tochter Sachsenmilch Bilanzfaelschung, Untreue und
Subventionsbetrug vorgeworfen. |
ARD will rund um die Uhr senden |
Baden-Baden. Die ARD will kuenftig rund um die Uhr senden. Die Intendanten
der oeffentlich-rechtlichen Runfunkanstalten beschlossen, dass das Erste
Fernsehprogramm sobald wie moeglich auf die ganze Nacht ausgeweitet
werden soll. Geplant sei ein kostenfreies Wiederholungsprogramm aus
Magazinen, Serien und Filmen. Auch Nachrichtensendungen seinen moeglich.
Darueber hinaus kuendigten die Intendanten an, dass das Kinderprogramm am
Wochenende vom kommenden Jahr an bereits um 06:00 Uhr morgens beginnen soll. |
Fringer neuer Trainer beim VfB Stuttgart |
Stuttgart. Neuer Trainer des Fussball-Bundesligisten VfB Stuttgart wird zum
Saisonwechsel der Oesterreicher Rolf Fringer. Fringer trainiert seit drei
Jahren den Schweizer A-Nationalligisten FC Aarau. |
Kommentar: Muenchner Kaeseschachtel-Affaere (Sueddeutsche Zeitung) |
Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 09.05.1995 zum Ruecktritt
des Muenchner CSU-Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat, Bletschacher.
Bletschacher hatte seine kraenkelnde Kaeseschachtel-Fabrik aus den
Spendengeldern eines Vereines mit 4,8 Mio. DM zinslosen Darlehen
unterstuetzt:
Bei allem bajuwarischen Komoedienstadl-Charme, den eine Affaere entwickelt,
in der ein CSU-Fraktionschef fuer Suedtirol bestimmte Spendengelder als
Finanzspritze in seine marode Kaeseschachtelfabrik steckt: Zu bedauern gibt
es, abgesehen von der menschlichen Tragoedie, beim Sturz des Vorsitzenden der
Muenchner CSU-Stadtratsfraktion, Gerhard Bletschacher, ueberhaupt nichts. Wer
jahrelang im Alleingang Spendengelder von insgesamt 4,8 Mio. Mark fuer einen
von ihm gefuehrten gemeinnuetzigen Verein als "zinslose Darlehen" in sein
Privtunternehmen transferiert, sich also auf Kosten der Spender einen
jaehrlichen Zinsvorteil von mehreren hunderttausend Mark verschafft, ist in
herausgehobener politischer Stellung untragbar und hat zu gehen.
Fas schon ruehrend wirkt da die CSU-Gegenrechnung, Bletschacher habe
schliesslich seinerseits seinem Verein "Stille Hilfe fuer Suedtirol" durch
ehrenamtliche Arbeit ueber Jahrzehnte hinweg Millionen erspart. Haette eine
der Muenchner Selbsthilfeinitiativen, die die CSU so gerne aufs Korn nimmt,
auch nur im Ansatz vergleichbare Mauscheleien geliefert, waere Bletschacher
der erste gewesen, der nach dem Staatsanwalt gerufen haette.
A propos Staatsanwalt: Den zu behelligen mit der Suche nach dem vermutlich
parteiinternen "Verraeter", der Bletschachers Transaktionen der Presse
zugepielt hat, wurde von der Muenchner CSU bereits angekeundigt - ganz nach
dem Vorbild der Kanzleiaffaere des Muenchner CSU-Chefs Gauweiler vom
vergangenen Jahr. Wenn die Union gut beraten sit, dann zieht sie ihre Anzeige
sofort zurueck. Die CSU macht den Staatsanwaelten der bayerischen
Landeshauptstadt auch so genug Arbeit. |
Kommentar: Die Gesichter der Brandstifter |
Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 09.05.1995 zu dem erneuten
Brandanschlag auf die Luebecker Synagoge:
Die Flammen in der Synagoge von Luebeck haben gezeigt, wovon wir nicht
befreit sind: nicht vom Antisemitismus, nicht von der rechtsextremen Gewalt,
nicht von der aggressiven Dummheit. Dies ist keine neue Erkenntnis nach einer
jahrelangen Serie von Anschlaegen auf Asylbewerberheime, auf KZ-
Gedenkstaetten und auf juedische Friedhoefe. Der Ungeist ist naemlich, wie
Der Schriftsteller Ralph Giordano dies formuliert, nur militaerisch
geschlagen, nicht ideologisch.
Dieser Ungeist hat viele Gesichter: das des NPD-Funktionaers, der ein
Auslaenderheim in Brand setzt; das von rechtsextremen Parteifunktionaeren,
die in ihren Zeitungen Brandreden publizieren. Dies sind die Gesichter, die
man vor Augen hat. Doch dann sieht man Brandstifter wie die, die vor 14
Monaten die Luebecker Synagoge angezuendet, haben, die Synagoge also, die
jetzt schon wieder gebrannt hat: keine politisch ueberzeugten Jung-Nazis,
sondern rechte Mitlaeufer, halbe Kinder. Sind deren Anschlaege weniger
gefaehrlich, sind sie unpolitisch, weil die Taeter keiner rechtsextremen
Organisation zuzurechnen sind? Mitnichten. Gerade soche Anschlaege zeigen,
wie "normal" fremdenfeindliche und antisemitische Verbrechen geworden sind.
Vor zwanzig Jahren wurde auf die Mauer ein Hakenkreuz gemalt. Heute wird das
Haus angezuendet - Moelln, Solingen, Luebeck.
Der Brandanschlag vom 7. Mail 1995 hat symbolische Kraft: Er lehrt, dass nach
den Gedenktagen nicht Schluss sein darf mit dem Gedenken und dem Erinnern. Es
stellt sich aber auch die Frage, woran es liegt, dass viele Menschen dessen
so ueberdruessig sind. Solange dies so ist, wird kein gesellschaftliches und
politisches Klima entstehen, in dem Antisemitismus und rechtsradikale Gewalt
verdorren. |
Boerse: Fester |
Die deutschen Boersen schlossen heute nach wechselhaftem Verlauf fester. DAX 2.040 ( + 15) Umlaufr. 6,57 % ( - 0,01) 1 US-$ 1,3719 DM |
Quellen |
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