GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 21.10.1994



* SPD will gegen Ueberhangmandate der CDU vorgehen
* Bundesfamilienministerin Roensch will nicht ins neue Kabinett
* Die "Landshut"-Entfuehrerin bittet um Vergebung
* Carl Zeiss will 3000 Stellen in zwei jahren abbauen
* Evangelische Kirche kritisiert Abschaffung des Buss- und Bettages
* Schleswig Holsteiner Landesbeamte muessen eine Stunde mehr arbeiten
* Herta Mueller erhaelt den Kleist-Literaturpreis
* Ueber eine Million DM fuer Bildungsfernsehen des SWF
* DGB-Chef Schulte warnt vor Einschnitten ins Sozialsystem
* Stoiber wieder Ministerpraesident von Bayern
* Moellemann will doch nicht ins Kabinett
* DAX und Dollar
* Korrektur: Wahlboerse besser als berichtet
* Nachrichten der letzten Seite



SPD will gegen Ueberhangmandate der CDU vorgehen

Die SPD ueberprueft derzeit, ob sie gegen die hohe Anzahl der Ueberhangmandate der CDU etwas unternehmen kann. SPD-Vortsands-Sprecherin Dagmar Wiebusch betonte, an der Rechtmaessigkeit der Ueberhangmandate, die der Koalition eine Mehrheit von zehn Stimmen sichern, gebe es keine Zweifel. Die Menge der Ueberhangmandate bei der Bundestagswahl habe aber deutlich gemacht, dass es moeglicherweise nachbesserungswuerdige Stellen im Wahlgesetz gebe. Der SPIEGEL hatte gemeldet, Grundlage fuer eine juristische Pruefung liefere ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes von 1988. Danach seien Ueberhangmandate nur solange unbedenklich, wie sie das Wahlergebnis nur unwesentlich beeinflussten. Ueberhangmandate entstehen dadurch, dass eine Partei mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze im Bundestag zustehen. Die CDU hat bei der Wahl zwoelf Ueberhangmandate errungen, die SPD vier.


Bundesfamilienministerin Roensch will nicht ins neue Kabinett

Bundesfamilienministerin Hannelore Roensch (CDU) will nach Informationen des Magazins Fokus auf ein Ministeramt inder neuen Bundesregierung verzichten. Roensch habe Bundeskanzler Kohl gebeten, sie nicht mehr ins Kabinett zu berufen, teilte das Blatt mit. Sie wolle in Zukunft wieder mehr Zeit fuer ihre Familie haben, habe die Politikerin ihre Entscheidung begruendet.


Die "Landshut"-Entfuehrerin bittet um Vergebung

Die in Oslo festgenommene Soraya Ansari (sp?), die 1977 an der Entfuehrung der deutschen Lufthansa-Maschine "Landshut" nach Somalia teilnahm, hat nach einem Zeitungsbericht um Vergebung gebeten. "Vergebt mir, ich war nur ein Kind!" - mit diesen Worten wurde sie heute von dem norwegischen Blatt Dagbladet zitiert. Die 41-jaehrige bat darum, nicht nach Deutschland ausgeliefert zu werden. Ansari gab zu, eine der vier Entfuehrer des Flugzeuges gewesen zu sein, das ein arabisches Terror-Kommando nach dem Start von mallorca in seine Gewalt gebracht hatte. Sie wollten damit die in Deutschland inhaftierten RAF-Mitglieder freipressen. Sie sei eine warmherzige und reuevolle Mutter erklaerte die Frau. Anasari hatte als einzige der vier Entfuehrer ueberlebt und war in Somalia zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, aber bereits nach 18 Monaten in den Irak abgeschoben worden.


Carl Zeiss will 3000 Stellen in zwei jahren abbauen

Der wirtschaftlich angeschlagene Elektronik- und Optik-Konzern Carl Zeiss hat den Abbau von 3000 Stellen in den kommenden zwei Jahren angekuendigt. 600 Stellen davon sollen in Jena abgebaut werden. Der gestern zurueckgetretene Vorstandssprecher Jobst Herrman erklaerte in Stuttgart, das Unternehmen wolle ein Sanierungskonzept auflegen. Die Baden-Wuertembergische Landesregierung hat dem Unternehmen angeboten, es bei seinen Umstrukturierungsmassnahmen zu unterstuetzen. Der Betriebsrat des Konzerns will morgen ueber weitere Schritte beraten. Proteste, Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen sollen fortgesetzt werden.


Evangelische Kirche kritisiert Abschaffung des Buss- und Bettages

Die evangelische Kirche ist dagegen, den Buss- und Bettag als Feiertag zu streichen. Der EKD-Ratsvorsitzende und badische Landesbischof Engelhard sagte, es sei in hohem Masse bedenklich, die geplante Pflegeversicherung mit einem Feiertag zu bezahlen. Es sei ein gefaehrliches Zeichen, ein hoehes Gut der Sozialkultur, wie einen Feiertag, aus oekonomischen Gruenden zu opfern. Engelhard aeusserte sich auf der Herbstsynode seiner Kirche in Bad Herrenalt. Der Praesident der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Steinacker, seine Kirsche empfinde die Abschaffung des Buss- und Bettages als affond (??). In einem Schreiben an die Landtagsparteien in Rheinland-Pfalz sprach er von einer einseitigen Benachteiligung


Schleswig Holsteiner Landesbeamte muessen eine Stunde mehr arbeiten

Eine Stunde Mehrarbeit pro Woche fuer die Schleswig-Holsteinischen Landesbeamten ist rechtmaessig. Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig wies eine Klage gegen diesen Erlass der Ministerpraesidentin Simonis als unbegruendet ab. Die Richter sehen den verfassungsrechtlich garantierten Gleicheitsgrundsatz nicht verletzt. Seit dem 1. Januar muessen Landesbeamte in Schleswig Holstein eine Stunde mehr arbeiten, als Angestellte im oeffentlichen Diesnt.


Herta Mueller erhaelt den Kleist-Literaturpreis

Die Schrifstellerin Herta Mueller ist mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet worden. Der Kleist-Preis ist einer der wichtigsten deutschen Literatur-Preise und ist mit 40.000 DM dotiert. Zu den bekanntesten Buechern von Herta Mueller zaehlt z.B. der Roman "Der Fuchs war damals schon der Jaeger". Herta Mueller stammt aus Rumaenien. In der Preisrede wird Herta Mueller als bedeutende Chronistin der probleme nationaler Minderheiten gewuerdigt.


Ueber eine Million DM fuer Bildungsfernsehen des SWF

Das Land Rheinland Pfalz gewaehrt dem Suedwestfunk einen Zuschuss von rund 1,1 Mio DM fuer die Bereiche Schulfunk, Schulfernsehen und Telekolleg. Das Geld wird fuer Schulfernsehprogramme und das dazugehoerige Begleitmaterial verwendet. Die Restkosten des Bildungsangebots werden aus den Rundfunkgebiehren bestritten.


DGB-Chef Schulte warnt vor Einschnitten ins Sozialsystem

DGB-Chef Schulte hat Regierung und Arbeitgeber vor weiteren Einschnitten ins deutsche Sozialsystem gewarnt. Wer in diesen schwierigen Zeiten die taschen der Arbeitnehmer leeren und die Staatskasse wweiter pluendern will, der provoziert den sozialen Konflikt. Das sagte Schulte Schulte beim Kongress der Industrie-Gewerkschaft Bergbau und Energie.


Stoiber wieder Ministerpraesident von Bayern

Mit ueberzeugender Mehrheit hat der bayrische Landtag Ministerpraesident Edmund Stoiber im Amt bestaetigt. Stoiber, der die Landesregierung seit dem Ruecktritt vom Max Streibl im Sommer vergangenen Jahres fuehrt, erhielt 120 Stimmen, 75 Abgeordnete stimmten mit Nein. Nach Beendigung der Abstimmung rief Stoiber alle Abgeordneten dazu auf, durch Inhalt und Stil der Auseinandersetzung dafuer zu sorgen, dass kein neuer Naehrboden fuer radikale von rechst oder Links entstehe. Bayern muesse ein modernes Land bleiben, dass seine kulturelle identitaet und sein unverwechselbares Gesicht bewahre.


Moellemann will doch nicht ins Kabinett

Der nordrhein-westfaelische FDP-Landesvorsitzende Juergen Moellemann will dem neuen Bundeskabinett nun doch nicht angehoeren. Moellemann, der sicht inden letzten Tagen selbst fuer die Leitung eines zusammengelegten Bildungs- und Forschungsministeriums ins Gespraech gebrachat hatte, will mit seinem Rueckzug, nach eigenen Worten, die Diskussion um seine Person beenden. Der FDP-Vorsitzende und Aussenminister Kinkel hatte sich deutlich gegen einen Einzug Moellemanns ins Kabinett ausgesprochen und betont, dieser werde angesichts der kommenden Lanstagswahlen im Mai in Nordrhein-Westfalen gebraucht. Kinkel wies zugleich Forderungen von Mitgliedern seiner Partei zurueck, der Vorstand solle mit einem geschlossenen Ruecktritt die Konsequenz aus der Serie von Wahlschlappen ziehen. Er sagte, die Partei muesse sich endlich wieder auf Inhalte und nicht auf Personen konzentrieren.


DAX und Dollar

DAX 2022 (-26) Dollar 1,49 DM


Korrektur: Wahlboerse besser als berichtet

Ein aufmerksamer GermNews-Leser und Teilnehmer an der Wahlboerse hat
darauf hingewiesen, dass die Werte, die im Artikel vom 19.10. fuer die
Wahlboerse angegeben wurden, nicht korrekt sind. In der Tat stimmen die
Zahlen, die in 3sat-Boerse am 14.10. bekanntgegeben wurden und die
Grundlage der Auswertung waren, nicht mit der Kursen in Iowa ueberein,
selbst wenn man beruecksichtigt, dass offensichtlich bei der SPD der
Tippfehlerteufel zugeschlagen hat. Die Werte liegen sogar bei zwei
Parteien ausserhalb des Intervalls zwischen Tiefst- und Hoechstkurs am
13. und 14.10. Hier also die Kurse aus direkt Iowa, und zwar Mittel- und
Schlusskurse vom letzten Handelstag vor der Wahl (15.10.):

            BW94  Mittel Schluss    * Meinungsforschungsinstitute
CDU         41.5   41.1   41.1      * siehe Artikel vom 19.10.;
SPD         36.4   35.3   35.4      * Abweichung = Summe der absoluten
B90/Gruene   7.3    7.9    7.9      * Abweichungen von Prognose und
FDP          6.9    6.3    6.1      * vorl. amtl. Endergebnis (BW94)
PDS          4.4    4.4    4.4      * fuer die im Bundestag vertretenen
Sonst.       3.5    4.7    4.8      * Parteien.
Abweichung          2.7    2.8

Dadurch aendert sich natuerlich auch die Rangfolge (Abw. in Klammerm):
1) Emnid (2.7); 2) Wahlboerse (2.8); 3) Allensbach (3.1);
4) Infas (3.9); 5) Forsa (6.7)

Somit konnte die Wahlboerse ihren guten 2. Platz, den sie 1990 eingenommen
hat, auch 1994 bestaetigen. Die erste Enttaeuschung ueber das Abschneiden
der Wahlboerse ist wohl meinem Informationsdefizit (oder dem von 3sat)
zuzuschreiben und ist nunmehr der Ueberzeugung gewichen, dass der Markt
eben doch die beste Institution zur effizienten Verarbeitung von
Informationen ist; vor allem vor der Hintergrund, dass die Wahlboerse
konstant vordere Plaetze belegt, die Meinungsforscher hingegen mal gut,
mal schlecht abschneiden. Quelle diesmal direkt aus Iowa:
iem.biz.uiowa.edu



Nachrichten der letzten Seite

* Weil ihre Gaeste sich stets ueber das die Tennisfernsehuebertragungen stoerende Gebimmel beschwert haben, hat eine Pensionsbesitzerin gegen die Glocken der Kuehe eines Landwirten aus Ofterschwang --- Algaeu --- Klage erhoben. Wenn dieser den Tierchen ihr Gelaeut nicht abstellt, wird er mit 30.000 DM oder Gefaengnis bestraft, wogegen der Bauer jetzt Berufung eingelegt hat. Derartige Klagen, die oft auch andere Spezies, wie Froesche oder Haehne betreffen, ueberschwemmen immer haeufiger bayerische Gerichte. Zu diesem Thema befragt, gibt sich das Bayerische Umweltministerium ratlos, weil Kuehe oder Haehne keine genehmigungspflichtigen Anlagen im Sinne der Bundesimmisionchutzverordnung --- BImmSchV --- sind. Tatsaechlich wird die 24. Ergaenzung der BimmSchV gerade erstellt und dann wird geschaut, ob dort Kuhglocken erwaehnt werden.

* Zwei Stoerungen im Hoechst-Werk Knapsack: Eine --- gewollte --- Kaminsprengung wird falsch berechnet: faustdicke Betonklumpen verfehlen Beobachterkoepfe nur knapp und schlagen durch die Scheiben des Verwaltungsgebaeudes. Andererseits sind Filteranlagen defekt und das entweichende Zeugs verfaerbt Autos und Fensterscheiben: Millionenschaeden.

* In Endenich --- Bonn-Nord--- explodiert der Kessel eines Heizkraftwerkes: Tote und Verletzte.

* In Erftstadt wird ein CDU Buergermeister mit FDP und Gruenenstimmen gewaehlt. Stichwort: Die schwarze Ampel.

* Fuer ihre Gesundheit haben die Deutschen 1992 pro Kopf durchschnittlich 5299 DM ausgegeben, insgesamt 429,1 Milliarden Mark --- 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Ueber die Haelfte der Kosten --- 59,4 Prozent --- verschlang die medizinische Behandlung.

* Jeder 5. Fahrschueler fiel im ersten Haljahr 1994 durch die Abschlusspruefung.

* Auf einer kurvenreichen Strecke vor dem tschechisch-deutschen Grenzuebergang kippte ein Sattelzug um und entlud 21 Tonnen Erbsen. Bergungsarbeiter wateten bis zu einem halben Meter tief durch das Gemuese.

* Die Stunksitzung machte es vor, das italienische Parlament machte es nach: Pruegelszenen (Kein Witz!) bei der Debatte, ob Berlusconi sich auch bestechen laesst.


Quellen

Nachrichten der letzten Seite: pjs@eudora.informatik.uni-koeln.de
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