GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 20. 09. 2005



* Bundestag entscheidet am 28. September ueber Afghanistan-Einsatz
* Merkel und Muentefering als Fraktionschefs bestaetigt
* Politiker aeussern sich ueber Koalitionsmoeglichkeiten
* Erste Sondierungsgespraeche der CDU am Donnerstag
* Strafzahlung von SPD fuer rechtens erklaert
* Lehmann als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz bestaetigt
* 400 Arbeitsplaetze bei Carl Zeiss in Aalen gefaehrdet
* Weniger Beschaeftigte im Baugewerbe, leichtes Auftragsplus
* HeidelbergCement plant europaweiten Stellenabbau
* Arbeitnehmer mit Kindern haben besonderen Kuendigungsschutz
* Kinderarmut in Deutschland nimmt zu
* Simon Wiesenthal in Wien gestorben
* Erste Verhaftung im Untreueverfahren gegen Ex-DaimlerChrysler-Mitarbeiter
* Deutscher Staedtetag erwartet Foederalismusreform
* Boerse



Bundestag entscheidet am 28. September ueber Afghanistan-Einsatz

Der Bundestag wird am 28.September in einer Sondersitzung ueber die Verlaengerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan entscheiden. Verteidigungsminister Struck will das deutsche ISAF-Kontingent auf dreitausend Soldaten aufstocken und dessen Einsatzgebiet ausweiten. Einen entsprechenden Entwurf will der Minister morgen dem Kabinett vorlegen. Die Union wird den Plaenen nach Angaben eines Sprechers voraussichtlich zustimmen. Das Bundeswehrmandat laeuft am 13. Oktober aus.


Merkel und Muentefering als Fraktionschefs bestaetigt

Zwei Tage nach der Bundestagswahl ist die Unions-Fraktionsvorsitzende Merkel fast einstimmig in ihrem Amt bestaetigt worden. Frau Merkel erhielt in der ersten Sitzung der neu gewaehlten Fraktion 219 von 222 Stimmen, das entspricht knapp 99 Prozent. Sie sprach von einem grossen Vertrauensbeweis und bekraeftigte, wie auch CSU-Chef Stoiber, den Willen der Union, die kuenftige Regierung zu bilden. Mehrere Abgeordnete betonten, die Fraktion habe auch den Anspruch von Frau Merkel auf das Kanzleramt unterstreichen wollen.

Zuvor hatten die Parlamentarier der SPD ihren Fraktionschef Muentefering mit rund 95 Prozent der Stimmen im Amt bestaetigt. Bundeskanzler Schroeder sprach sich fuer die Bildung einer stabilen Regierung aus. Er wolle eine ordentliche Koalition. Jede Art von Vorfestlegung in den Verhandlungen sei nicht angemessen. Berlins Regierender Buergermeister Wowereit schloss als erster fuehrender SPD-Politiker eine grosse Koalition ohne Schroeder nicht aus. Inzwischen liess er jedoch erklaeren, er fuehle sich falsch verstanden.

Auf der Sitzung der Gruenen teilte Aussenminister Fischer mit, er stehe nicht fuer Aemter in Partei oder Fraktion zur Verfuegung. Um den Fraktionsvorsitz wollen sich mindestens fuenf Spitzenpolitiker bewerben, darunter auch die Minister Trittin und Kuenast.


Politiker aeussern sich ueber Koalitionsmoeglichkeiten

Berlin. Zwei Tage nach der Bundestagswahl wird weiter ueber Moeglichkeiten einer Regierungsbildung diskutiert. Der saechsische Ministerpraesident Milbradt brachte eine Minderheitenregierung aus Union und FDP ins Spiel. Es liege am Bundespraesidenten, ob er einer solchen Regierung die notwendige Stabilitaet zutraue. Eine von der SPD gefuehrte Minderheitenregierung ist nach Ansicht des rheinland-pfaelzischen Regierungschefs Beck keine reale Option. Sie sei nicht im Interesse der Stabilitaet und der Handlungsfaehigkeit des Landes. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall plaedierte fuer eine grosse Koalition. Damit sei eine Fortsetzung der Modernisierung des Landes am ehesten moeglich, sagte Verbandschef Kannegiesser.

Fuer den baden-wuerttembergischen Ministerpraesidenten Guenther Oettinger ist klar, dass die naechste Bundeskanzlerin nur Angela Merkel heissen kann. Neuwahlen schloss der CDU-Politiker kategorisch aus. Notfalls muesse man auch eine Minderheitsregierung unter Merkel in Betracht ziehen. Fuer Oettinger wie auch fuer CDU-Generalsekretaer Thomas Strobl ist eine "Jamaika-Koalition" (schwarz-gelb-gruen) aber immer noch vorstellbar. Sollte es dazu nicht kommen, muesse man auch ueber die Moeglichkeit einer Minderheitsregierung nachdenken. Neuwahlen schloss Oettinger kategorisch aus. Die Waehler wuerden dies den Parteien uebel nehmen.

Ministerpraesident und SPD-Vize Kurt Beck hat die Bundestagsparteien dazu aufgerufen, mit einer Koalitionsentscheidung bis nach der Nachwahl in Dresden zu warten. Zuvor hatte Beck einen erneuten Wahlgang angesichts der schwierigen Regierungsbildung abgelehnt. "Vor dem 2. Oktober ist es unmoeglich, so zu tun, als waere es ein endgueltiges Ergebnis", sagte der rheinland-pfaelzische Ministerpraesident in Mainz. Die Koalitionsverhandlungen duerften jedoch insgesamt nicht zu einer "unendlichen Geschichte" werden. In der Woche nach dem 2. Oktober solle es eine Entscheidung geben. Zitat: "Wenn die FDP dabei bleibt - "wir reden nicht" - dann hat es sich ausgeampelt".

FDP-Chef Westerwelle hat es als denkbar bezeichnet, dass FDP und Union eine Koalitionsvereinbarung erarbeiten und auf dieser Basis Partner suchen. Deutlicher wurde Sachsens Regierungschef Milbradt, der angesichts der unklaren Mehrheiten im Bundestag eine Minderheitsregierung aus Union und FDP ins Gespraech brachte. Aehnlich aeusserte sich CDU-Vize Boehr. Dagegen lehnte NRW-Ministerpraesident Ruettgers, ebenfalls CDU-Vize, eine Minderheitsregierung ab.

Die Gruenen sind weiter sehr skeptisch im Hinblick auf eine Koalition mit CDU/CSU und FDP. Umweltminister Trittin sagte in der ARD, zwar werde seine Partei nun Gespraeche fuehren, das Ergebnis sei aber "mehr als ungewiss". Die Fraktionsvorsitzende Goering-Eckardt und Parteichefin Roth raeumten einer so genannten Jamaika-Koalition wenig Chancen ein. Dagegen schloss die Gruenen-Finanzexpertin Scheel eine solche Koalition nicht aus. Die FDP erklaerte sich grundsaetzlich zu einer Zusammenarbeit bereit.

Bundespraesident Koehler forderte die Parteien unterdessen auf, moeglichst bald ueber eine Regierungskoalition zu entscheiden. Jeder wisse, dass Deutschland Handlungsfaehigkeit brauche, sagte Koehler in Berlin. - Union und SPD haben fuer die kommenden Tage erste Sondierungs-Gespraeche angekuendigt.


Erste Sondierungsgespraeche der CDU am Donnerstag

Die Union will sich am Donnerstag mit FDP und SPD zu Sondierungsgespraechen treffen. Zuerst will die Union mit den Liberalen sprechen, danach ist ein Treffen mit der SPD geplant, hiess es in Unions-Kreisen. Ein Gespraech mit den Gruenen sei noch nicht terminiert. SPD und Gruene wollen am Mittwoch Gespraeche fuehren, wie die Agentur Reuters aus Kreisen erfuhr. Die FDP lehnte die Einladung der SPD ab.


Strafzahlung von SPD fuer rechtens erklaert

Das Berliner Verwaltungsgericht hat eine Strafzahlung der Bundes-SPD in Hoehe von mehr als 750-tausend Euro fuer rechtens erklaert. Die Richter wiesen eine Klage der Partei ab. Wegen der grundsaetzlichen Bedeutung des Urteils wurde allerdings eine Sprungrevision zugelassen. Die Wuppertaler SPD hatte 1999 die Grossspende eines Bauunternehmers zur Finanzierung des Kommunalwahlkampfes angenommen, das Geld aber nicht ordnungsgemaess im Rechenschaftsbericht deklariert.


Lehmann als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz bestaetigt

Kardinal Lehmann bleibt Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Die Bischoefe entschieden sich bei ihrem Treffen in Fulda bereits im ersten Wahlgang fuer den Mainzer Kardinal. Fuer die Wahl war eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Lehmann tritt damit seine vierte sechsjaehrige Amtszeit an. Der 69 Jahre alte Geistliche steht der Bischofskonferenz seit 1987 vor. Der als liberal geltende Lehmann hatte bis kurz vor der Wahl offen gelassen, ob er erneut antreten wollte.


400 Arbeitsplaetze bei Carl Zeiss in Aalen gefaehrdet

Beim Optik- und Elektronikkonzern Carl Zeiss in Aalen sind 400 Arbeitsplaetze in der Brillenglas-Produktion akut gefaehrdet. Schuld daran sind nach Angaben der Geschaeftsfuehrung ein massiver Umsatzeinbruch infolge der Gesundheitsreform und die hohen Arbeitskosten in Deutschland. Die Belegschaft in Aalen soll am Nachmittag ueber die Situation informiert werden. Dort sind derzeit 1.300 Mitarbeiter in der Brillenglasfertigung beschaeftigt. Nach ersten Informationen ist der Stellenabbau bis zum Jahresende 2007 vorgesehen. Die Produktion von so genannten Einfachglaesern werde nach Ungarn verlagert, teilte der Geschaeftsfuehrer der Carl Zeiss Vision GmbH, Rudolf Spiller, vorab mit. Dort seien die Arbeitskosten um 80 Prozent geringer als in Deutschland. Gleichzeitig wuerden in den Standort Aalen vier Millionen Euro investiert, um im Ostalbkreis eine Hightec-Produktion einzufuehren.


Weniger Beschaeftigte im Baugewerbe, leichtes Auftragsplus

Die Zahl der Beschaeftigten in der deutschen Bauwirtschaft ist weiter gesunken. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden lag sie im Juli mit 708-tausend um fast zehn Prozent unter dem Vorjahresstand. Bei den Auftraegen verbuchte die Branche ein leichtes Plus von real 0,1 Prozent gegenueber dem Vorjahresmonat.


HeidelbergCement plant europaweiten Stellenabbau

Europas zweitgroesster Zementhersteller HeidelbergCement will in seiner europaeischen Verwaltung 1.100 Stellen abbauen, davon etwa 220 in Deutschland. Das teilte der Konzern heute mit. Ziel sei es, die internationale Wettbewerbsfaehigkeit zu verbessern. Welche Standorte in Deutschland betroffen sind, wurde zunaechst nicht bekannt. Klar ist aber, dass der Standort Heidelberg eher gestaerkt wird. So gehoere zu dem Massnahmenbuendel die Verlagerung mehrerer Konzernfunktionen an den Firmensitz. Die "extrem dezentrale" Organisation in Europa soll in den kommenden zwei bis drei Jahren deutlich gestrafft, die Kosten so um jaehrlich rund 50 Millionen Euro gesenkt werden. Von den Plaenen sind 13 europaeische Laender betroffen. Unter anderem ist vorgesehen, die Hauptverwaltung des Unternehmens im schwedischen Malmoe ganz zu schliessen und im belgischen Bruessel deutlich zu verkleinern. Der Konzern beschaeftigt in Europa 25.000 Mitarbeiter, weltweit sind es 42.000. Rund 79 Prozent der Firmenanteile werden von der Familie um den schwaebischen Pharmaunternehmer Adolf Merckle gehalten, der im Sommer die Mehrheit an HeidelbergCement uebernommen hatte. Im ersten Halbjahr 2005 waren die Erloese des Konzerns von 3,2 Milliarden auf 3,5 Milliarden Euro gestiegen. Das Ergebnis nach Steuern hatte 138 Millionen nach 99 Millionen Euro im Vorjahr betragen.


Arbeitnehmer mit Kindern haben besonderen Kuendigungsschutz

Arbeitnehmer mit Kindern sind bei betriebsbedingten Kuendigungen besonders schutzbeduerftig. Laut Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen besteht fuer Eltern eine besondere soziale Schutzbeduerftigkeit. Zweitrangig bei Kuendigungen seien demnach Lebensalter und Dauer der Betriebszugehoerigkeit. Mit seinem Urteil gab das Gericht der Kuendigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin statt. Der Arbeitgeber der Klaegerin hatte sich entschlossen, einen Teil des Produktionsbereichs auszulagern und deshalb 41 Arbeitsplaetze abzubauen. Bei der Auswahl der betroffenen Mitarbeiter liess er sich von einem Punktesystem leiten, wonach unter anderem Lebensalter, Betriebszugehoerigkeit, Familienstand und die Anzahl der Kinder beruecksichtigt wurden. Obwohl sie Kinder hat, erreichte die Klaegerin eine so geringe Punktzahl, dass ihr gekuendigt wurde. Kind und Betriebszugehoerigkeit in der Waagschale Das Arbeitsgericht hielt dem Arbeitgeber vor, die Auswahl der sozialen Aspekte falsch gewichtet zu haben. Die Richter nahmen vor allem daran Anstoss, dass ein Kind etwa genau so bewertet wurde wie zwei Jahre Betriebszugehoerigkeit. Das Gericht raeumte zwar ein, dass das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit ein solches Punktesystem gebilligt habe. In der heutigen Zeit sei es jedoch mit Blick auf die "katastrophalen Geburtenraten" nicht mehr zu verantworten.


Kinderarmut in Deutschland nimmt zu

Berlin Auch in Deutschland leiden immer mehr Kinder an Armut, darauf haben zum heutigen Weltkindertag Unicef, das Deutsche Kinderhilfswerk und der Kinderschutzbund hingewiesen. Offizielle Zahlen besagen, dass etwa 1,1 Millionen Kinder in Deutschland von Sozialhilfe leben muessen. Nach Angaben von Kinderschutzorganisationen liegt die Zahl fast dreimal so hoch, naemlich bei drei Millionen bundesweit. Der Kinderschutzbund fordert, dass vor allem auslaendische Kinder ohne Bleiberecht kuenftig bessere Chancen bekommen. Weltweit wachsen mehr als 600 Millionen Kinder und Jugendliche in absoluter Armut auf. In Afrika leben 15 Millionen Waisen, die ihre Eltern durch Aids verloren haben.


Simon Wiesenthal in Wien gestorben

Der Nazi-Verfolger und Holocaust-Ueberlebende Simon Wiesenthal ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Bundespraesident Koehler nannte Wiesenthal ein Vorbild, dem es nicht um Rache, sondern um Recht gegangen sei. Alt-Kanzler Kohl wuerdigte Wiesenthal als grosse Persoenlichkeit. Wiesenthal war an der Aufspuerung von zahlreichen NS-Verbrechern beteiligt. Er hatte waehrend in der NS-Zeit seine gesamte Familie verloren. Nach dem Krieg gruendete ein Zentrum zur Dokumentation des Massenmords an den Juden.


Erste Verhaftung im Untreueverfahren gegen Ex-DaimlerChrysler-Mitarbeiter

Im Untreueverfahren gegen ehemalige DaimlerChrysler-Mitarbeiter ist es zu einer ersten Verhaftung gekommen. Nach Angaben der Staatsanwalt Stuttgart soll ein ehemaliger Manager bei der "unberechtigten Vergabe eines Auftrags" 3,5 Millionen Euro veruntreut haben. Bei dem Beschuldigten bestehe Flucht- und Verdunklungsgefahr, sagte eine Sprecherin der Justizbehoerde. Nach SWR-Informationen soll es sich dabei um den ehemaligen Leiter der Bauabteilung handeln. Weitere Details teilte die Sprecherin nicht mit.


Deutscher Staedtetag erwartet Foederalismusreform

Der Deutsche Staedtetag erwartet von der kuenftigen Bundesregierung eine Foederalismusreform, die den Staedten eine staerkere Stellung zuweist. Dies geht aus einem Forderungskatalog an den neuen Bundestag hervor, den der kommunale Spitzenverband nach einer Praesidiumssitzung in Karlsruhe vorlegte. Nach Ansicht des Deutschen Staedtetages sollte der Bund den Kommunen keine Aufgaben mehr uebertragen duerfen, ohne die Kosten dafuer zu tragen. Die Kommunen braeuchten bessere Mitwirkungsrechte an der Gesetzgebung des Bundes, forderte der Vorsitzende der Organisation, Muenchens Oberbuergermeister Christian Ude (SPD).


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar (1 US_$) 0.8220 Euro
Kanada (1 $) 0.7033 Euro
England (1 Pfund) 1.4841 Euro
Schweiz (100 sfr) 64.432 Euro
Japan (100 Yen) 0.7374 Euro
Schweden (100 skr) 10.705 Euro
Suedafrika (100 R) 12.894 Euro
 
Einige Indizes:
Dax: 4962.86 ( aktuell )
Dow-Jones-Index: 10578.41 ( Stand 17:00 MESZ )
Nikkei-Index: 13148.57
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)



Quellen

DLF    12:00 MESZ    18:00 MESZ
BR5    06:00 MESZ    12:00 MESZ    18:00 MESZ
SWR3    12:00 MESZ    18:00 MESZ