Tagung der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe in Bonn |
Bonn/Sarajevo. In Bonn tagte heute die internationale Bosnien-Kontaktgruppe. Der
amerikanische Sondergesandte Holbrooke hat die Vertreter aus 5 Staaten
(USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland) ueber den
Stand seiner juengsten Friedensbemuehungen in Belgrad und Zagreb unterrichtet.
Ausserdem traf er sich mit Bundesaussenminister Kinkel. Der deutsche Ressortchef
begruesste bereits im Vorfeld, dass die Aussenminister von Bosnien, Kroatien und
Restjugoslawien Ende naechster Woche in Genf zusammenkommen werden. Bei den
Beratungen ueber die Lage in Exjugoslawien wollte Holbrooke Kinkel ueber die
Ergebnisse seiner Gespraeche in Zagreb, Sarajevo und Belgrad unterrichten.
Aussenminister Kinkel und die westlichen Bosnien-Unterhaendler haben die
Unantastbarkeit der Souveraenitaet Bosnien-Herzegowinas und die Rechte des
moslemischen Bevoelkerungsteils bekraeftigt.
Die Chance auf einen Frieden in Bosnien sei greifbar nahe, betonten Holbrooke
und Kinkel. Allerdings bestehe kein Anlass zur verfruehten Euphorie. Der
US-Unterhaendler berichtete dem deutschen Aussenminister ausfuehrlich ueber
seine Gespraeche mit dem serbischen Praesidenten Milosevic. Dabei bezeichnete
Holbrooke die neue Haltung Belgrads als den eigentlichen Durchbruch seiner
Verhandlungen auf dem Balkan. Milosevic hatte zugestimmt, dass Serbien am
Aussenministertreffen aller Konfliktparteien Ende kommender Woche in Genf
teilnehmen wird. Holbrooke meinte erfreut, 16 Monate lang habe es nur
Gespraeche ueber Gespraeche gegeben, nun gehe es um Inhalte. Aussenminister
Kinkel versicherte, die Souveraenitaet des Staates Bosnien werde nicht
angetastet. Unzumutbare Kompromisse kaemen nicht in Frage. Das gelte
besonders fuer die schwaechste Partei, die Moslems. EU-Unterhaendler Bilt
(sp?), der ebenfalls zum Kontaktgruppentreffen nach Bonn geladen war, betonte
zusammen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Holbrooke, fuer alle
Konfliktparteien muessten kuenftig die gleichen Grundrechte gelten. Dazu
gehoere auch das Recht, in Gebieten anderer ethnischer Gruppen zu leben. |
Bundeskanzler Kohl zu Arbeitsbesuch in Moskau eingetroffen |
Bonn-Moskau. Bundeskanzler Kohl ist am Nachmittag zu einem zweitaegigen
Arbeitsbesuch in Moskau eingetroffen. Mit dem russischen Praesidenten Jelzin
will Kohl unter anderem ueber den Stand der Friedensbemuehungen fuer Bosnien
sprechen. Ein weiteres Thema ist die deutsch-russische Zusammenarbeit. |
Deutsche Kampfflugzeuge seit Anfang August ueber Bosnien im Einsatz |
Bundesverteidigungsminister Ruehe erwartet nach den NATO-Lufteinsaetzen noch
in diesem Monat eine dauerhafte Friedensregelung fuer das ehemalige
Jugoslawien. Die Angriffe seien ein klares Stopsignal fuer die Agressionen
der bosnischen Serben gewesen, sagte Ruehe der Welt am Sonntag. Die
Entschlossenheit der Weltgemeinschaft habe nun zu einem Wendepunkt des
Krieges gefuehrt. Das Verteidigungsministerium in Bonn dementierte
unterdessen eine Meldung des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel",
wonach es die zustaendigen Bundestagsausschuesse nicht vollstaendig ueber die
Tornadofluege in Bosnien informiert haben soll. Diese Darstellung sei voellig
gegenstandslos, erklaerte ein Sprecher. Allerdings bestaetigte er, dass die
deutschen Kampfflugzeuge bereits seit Anfang August unter Einsatzbedingungen
ueber Bosnien geflogen seien. Nach Informationen der deutschen Presseagentur
haben die Bundeswehr-Maschinen mehrfach Stellungen und Truppenbewegungen der
bosnischen Serben fotographiert. |
Ostdeutsche SPD will gemeinsam Antrag zum Aufbau der neuen Laender einbringen |
Die ostdeutschen Sozialdemokraten wollen auf dem kommenden SPD-Bundesparteitag
einen gemeinsamen Antrag zum Aufbau der neuen Laender einbringen. Die
thueringer SPD unterstuetzte bei ihrem Parteitag in Sonneberg heute einmuetig
eine Initiative, die unter Federfuehrung der Sozialdemokraten Tierse,
Hoeppner und Stolpe erarbeitet wurde. In dem Text heisst es, Kapitalmangel,
schlechtes Managment und unzureichender Marktzugang gefaehrdeten die
Entwicklung der Wirtschaft in Ostdeutschland. Diese und andere
Schwierigkeiten seien ohne staatliche Hilfsprogramme nicht zu meistern. |
OeTV-Vorsitzender warnt vor Privatbeteiligung bei oeffentlichen Einrichtungen |
Der Vorsitzender der Gewerkschaft Oeffentliche Dienste, Transport und Verkehr
(OeTV) Mey (sp?) hat vor einer Mehrheitsbeteiligung privater Unternehmen an
oeffentlichen Einrichtungen gewarnt. Bei entsprechenden Fremdbeteiligungen
wie beispielsweise an Stadtwerken muessten mindestens 51% der Anteile in
oeffentlicher Hand bleiben, sagte Mey der "Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung". Anderenfalls leide die kommunale Selbstversorgung Schaden. |
VW-Deutschland will in kommenden vier Jahren 30000 Arbeitsplaetze abbauen |
Hannover. Bei VW im Inland muessen in den kommenden vier Jahren
voraussichtlich 30000 Arbeitsplaetze gestrichen werden. Dies teilte der
Sprecher der Volkswagen-AG Wax (sp?) heute mit. Wax sagte, der Abbau von
30000 Arbeitsplaetzen werde allerdings nur dann erfolgen, wenn in den
kommenden vier Jahren die Produktivitaet um 30% steige. Sollte bei den
Tarifverhandlungen kein vernuenftiger Kompromiss gefunden werden, muessten
noch mehr Arbeitsplaetze abgebaut werden. |
Badenwerk Karlsruhe zweifelt an neuem Muellbehandlungsverfahren Thermoselect |
Karlsruhe. Im Badenwerk sind erstmals Zweifel an dem neuen
Muellbehandlungsverfahren Thermoselect laut geworden. Das
Energieversorgungsunternehmen will deshalb bei der Vermarktung von
Thermoselect offenbar kuenftig kuerzer treten. Damit droht ein
Milliarden-Geschaeft zu platzen. |
Irakisches Biowaffen-Arsenal gefaehrlicher als bisher angenommen |
Hamburg. Das irakische Biowaffen-Arsenal war nach Ansicht des
UNO-Beauftragten Ikeus (sp?) viel gefaehrlicher als bisher angenommen. Der
Irak habe bereits einsatzbereite Sprengkoepfe mit hochgiftigen biologischen
Kampfstoffen in der Naehe von Raketenabschussbasen eingelagert gehabt, sagte
Ikeus dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Bisher gibt es aber nach seinen
Angaben keine Hinweise darauf, das deutsche Firmen am irakischen
B-Waffenprogramm beteiligt waren. |
Reiseveranstalters "Gamma-Tours" stellt Konkursantrag |
Koeln. Nach einem Bericht der "Koelnischen Rundschau" sitzen rund 1300
deutsche Urlauber in Griechenland fest. Der Zeitung zufolge soll der Koelner
Reiseveranstalter Gamma-Tours Konkursantrag gestellt haben. Nun werde geprueft,
ob das Kapital fuer die Verfahrenseroeffnung ausreiche. Der deutsche
Reisepreis-Sicherungsverein DRS, bei dem Gamma-Tours versichert sei, habe eine
Rueckholaktion fuer die Betroffenen organisiert. Nach Angaben der
Fluggesellschaft Nordic-East-Airways koennen die Touristen ihre regulaer
gebuchten Rueckfluege antreten. Wie der Verkaufsleiter der schwedischen
Airline Becker mitteilte, uebernimmt der DRS die Kosten. Schwieriger sei die
Lage fuer etwa 2000 Kunden des Veranstalters, die in Kuerze in den Urlaub
fliegen wollten. Waehrend die Pauschal-Bucher ebenfalls ueber eine
Versicherung vor Verlusten geschuetzt seien, muessten Nur-Flieger sich wohl
an den Konkurs-Verwalter wenden, erlaeuterte Becker. |
Abschliessende Anhoerung im Fall Juergen Schneider verschoben |
Miami. Der Fall des in den USA inhaftierten Bauspekulanten Juergen Schneider
koennte eine unerwartete Wende nehmen. Die fuer Dienstag geplante
abschliessende Anhoerung ueber den deutschen Auslieferungsantrag wurde auf
unbestimmte Zeit verschoben. Ein neuer Verhandlungstermin sei nicht
festgelegt worden. Schneider bleibe in Haft. Grund ist die Entscheidung eines
Bundesrichters, das 150 Jahre alte Auslieferungsrecht der USA sei
verfassungswidrig. Davon koennten etwa 250 weitere Verfahren betroffen sein.
Der fuer Schneider zustaendige Richter forderte das Justiz-Ministerium in
Washington auf, die Auswirkungen auf den Fall Schneider zu pruefen. Nach einem
Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" wurden auf Antrag von Schneiders
Anwaelten drei Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank vom Gericht in Miami
vorgeladen.
Gegen Schneider wird in Deutschland im Zusammenhang mit dem groessten
Immobilien-Skandal der Nachkriegsgeschichte unter anderem wegen Kredit-Betrugs
und Urkundenfaelschung ermittelt. |
Neonazi Lauck wird von Daenemark nach Hamburg ueberfuehrt |
Die daenische Auslaender-Behoerde hat einen Asyl-Antrag des inhaftierten
amerikanischen Neonazis Lauck abgelehnt. Dies bestaetigte ein
Polizei-Sprecher heute in Roskilde gegenueber der DPA. Damit steht einer
Ueberstellung des 42jaehrigen an die Justiz-Behoerden in Hamburg endgueltig
nichts mehr im Wege. Als moeglicher Auslieferungstermin gilt der kommende
Montag. |
Renault spricht sich fuer Geschwindigkeitsbegrenzungen aus |
Hamburg. Der Autohersteller Renault haelt Geschwindigkeitsbegrenzungen
umweltpolitisch fuer sinnvoller als das 3-Liter-Auto. Der deutsche
Renault-Chef sagte dem "Hamburger Abendblatt", es sei absurd, wenn auf der
einen Seite ueber das 3-Liter-Auto gesprochen werde und andererseits auf
deutschen Autobahnen mit grossen Motoren mehr als 200km/h gefahren wuerde.
Das 3-Liter-Auto werde auf absehbare Zeit ein Nischenprodukt bleiben. |
Brand in Behinderten-Wohnheim in Duesseldorf |
Duesseldorf. In einem Behinderten-Wohnheim ist in der Nacht ein Feuer
ausgebrochen. Die Kriminalpolizei schliesst einen Brandanschlag nicht aus.
Wie die Polizei heute mitteilte, brach das Feuer gegen 23 Uhr im Keller aus.
Die Flammen konnten von der Feuerwehr schnell unter Kontrolle gebracht
werden. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden belaeuft sich auf etwa 80
Tausend DM. |
Brandanschlag auf tuerkisches Lokal in Villingen-Schwenningen |
Villingen-Schwenningen. Bei einem Brandanschlag auf ein tuerkisches Lokal ist
in der Nacht geringer Sachschaden entstanden. Gegen 3 Uhr schuetteten die
Taeter Benzin in einen Vorbau des Lokals und legten das Feuer. Die im Haus
wohnenden Wirtsleute konnten den Brand selbst loeschen. Die Taeter spruehten
die Buchstaben PKK an die Hauswand. Die Polizei ist sich aber nicht sicher,
ob der Brand tatsaechlich von kurdischen Extremisten gelegt wurde. |
Punker-Treffen in Baden-Baden und in Stuttgart verhindert |
Baden-Baden. Die Polizei hat moegliche Punker-Treffen in Baden-Baden und
Stuttgart verhindert. In Baden-Baden nahmen die Beamten 15 Punker vorlaeufig
in Gewahrsam, in Stuttgart 14. In beiden Staedten wurden insgesamt ueber 200
Platzverweise erteilt, das heisst, die Betroffenen mussten die Staedte
verlassen. Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Punker angeblich
Chaos-Tage am ersten September-Wochenende planten. Bei einem solchen Treffen
in Hannover hatte es mehr als 200 Verletzte und Millionen DM an Sachschaden
gegeben. |
Ehemaliger SS-Hauptsturmfuehrer Pripke vielleicht an Deutschland ausgeliefert |
50 Jahre nach Kriegsende leben nach Einschaetzung des Wiener Publizisten
Wiesental noch tausende mutmassliche NS-Kriegsverbrecher unentdeckt unter
falschem Namen. Die meisten von ihnen hielten sich in Suedamerika, einige
aber auch in Deutschland versteckt, sagte der Leiter des Dokumentationszentrums
zur Verfolgung von NS-Taetern der Nachrichtenagentur DDP-ADN. Wiesental
aeusserte die Hoffnung, dass der in Argentinien lebende ehemalige
SS-Hauptsturmfuehrer Pripke an die Bundesrepublik ausgeliefert wird. Ihm wird
Beteiligung an einem Massaker in der Naehe von Rom im Maerz 1944 vorgeworfen.
Pripke selbst hat zugegeben, damals einen Menschen umgebracht zu haben. Der
argentinische Generalstaatsanwalt Algero Iturbe befuerwortete dagegen die
Auslieferung Pripkes an Italien. Die endgueltige Entscheidung des obersten
Gerichts in Buenos Aires wird naechste Woche erwartet. Pripke selbst hat einer
Ueberstellung nach Deutschland zugestimmt. In Italien befuerchtet er einen
unfairen Prozess. |
Berlins Justizsenatorin zur Rehabilitierung von Opfern der DDR-Justiz |
Fuer eine Verlaengerung der Antragsfrist fuer strafrechtliche
Rehabilitierungsverfahren von Opfern der DDR-Justiz hat sich die Berliner
Senatorin Peschel-Gutzeit (sp?) eingesetzt. Es sei kaum damit zu rechnen, dass
bis zum 31. Dezember alle Berechtigten einen Antrag gestellt haetten, erklaerte
die SPD-Politikerin heute in Berlin. Sie wies darauf hin, dass die Zahl der
Eingaben nach dem ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz seit dem Fruehsommer
wieder stark ansteige. Es sei deshalb notwendig, die Antragsfrist um 2 Jahre
zu verlaengern, forderte die Justizsenatorin. |
Funkkontakt mit moslemischer Extremistengruppe Al Faran (sp?) |
Die indischen Behoerden haben heute erneut Funkkontakt zu der moslemischen
Extremistengruppe aufgenommen, die in Kaschmir den Deutschen Dirk Hasert und
drei weitere westliche Touristen in ihrer Gewalt hat. Ein Regierungsvertreter
habe rund 10 Minuten lang mit den Entfuehrern gesprochen, hiess es in
Srinagar. Ueber das Ergebnis der Unterredung wurde nichts bekannt.
Voraussichtlich am Montag sollen die Verhandlungen per Funk fortgesetzt
werden. Die Gruppe Al Faran hatte vor einigen Tagen mit der Ermordung einer
weiteren Geisel gedroht, falls ihre Forderungen nicht bald erfuellt wuerden.
Sie haelt seit zwei Monaten neben Hasert, zwei Briten und einen US-Buerger
gefangen. Ein fuenfter Tourist war vor einigen Wochen enthauptet aufgefunden
worden. |
Tschechischer Dirigent Watzlav Neumann gestorben |
Prag. Der tschechische Dirigent Watzlav Neumann ist heute im Alter von 74
Jahren in Wien gestorben. Neumann stand jahrzehntelang als Chef-Dirigent an
der Spitze der tschechischen Philharmonie. Von 1970 bis 1972 hatte Neumann
das Amt des Generalmusikdirektors der wuerttembergischen Staatsoper in
Stuttgart inne. Andere Wirkungsstaetten Neumanns waren die komische Oper in
Berlin und Leipzig, wo er Mitte der 60er Jahre das Gewandthaus-Orchester
leitete. |
Fussball-Bundesliga |
Mit sieben Begegnungen wurde heute der vierte Spieltag in der Fussball-Bundesliga abgeschlossen. Freitag: Karlsruher SC - 1.FC Koeln 1:0 Borussia Dortmund - Moenchengladbach 2:1 Samstag: 1.FC Kaiserslautern - VFB Stuttgart 1:1 SC Freiburg - Eintracht Frankfurt 2:0 1860 Muenchen - Bayern Muenchen 0:2 Bayer Leverkusen - FC St. Pauli 1:1 KFC Uerdingen - Werder Bremen 3:0 Hamburger SV - Schalke 04 1:1 Fortuna Duesseldorf - Hansa Rostock 2:2 Souveraener Tabellenfuehrer ist Bayern Muenchen mit 12 Punkten. Dahinter drei Mannschaften mit je sieben Punkten: St. Pauli, Rostock und Moenchengladbach. Der VFB Stuttgart ist jetzt fuenfter, Karlsruhe und Freiburg liegen auf den Plaetzen 15 und 16. |
Schroeders Doppelfehler (Sueddeutsche Zeitung) |
Womoeglich wird die Ueberraschung bei Gerhard Schroeder selbst am groessten
sein, wenn er an diesem Wochenende in Ruhe seine politische Lage analysiert.
Wenn er schonungslos genug ist, wird er sich eingestehen muessen: Seinem
unbaendigen Selbstbewusstsein, seinem unbezaehmbaren Ueberlegenheitsgefuehl
gegenueber Parteichef Rudolf Scharping und vielen Parteifreunden in der SPD
fehlt das Fundament. Einzig der niedersaechsische SPD-Landesverband schlug
sich nach Schroeders Absetzung als Wirtschaftssprecher der Partei eindeutig
auf dessen Seite. Trefflicher liesse sich die ploetzlich zutage getretene
Isolierung jenes Mannes kaum beschreiben.
Schroeders grosser Traum, die Kanzlerkandidatur, ist mit einem Schlag in weite Ferne gerueckt. Der Niedersachse hat einen schweren Fehler gemacht: denselben Fehler zweimal zu begehen. Schon bei der Urwahl des Kandidaten fuer den Parteivorsitz gegen Rudolf Scharping und Heidemarie Wieczorek-Zeul vor zwei Jahren hatte Schroeder versucht, den Erfolg mit Unterstuetzung der Medien gegen das Establishment der Partei zu suchen. Das ging schief - und musste auch schiefgehen. Vorsitzender oder Kanzlerkandidat wird nur, wer Mitglieder und Establishment der Partei zu gewinnen sucht, statt sie vor den Kopf zu stossen. Dennoch betrieb Schroeder den Fuehrungsstreit in diesem Sommer nach demselben Muster. Im Rausch des medialen Hoehenflugs erkannte er nicht, dass er sich laengst zu schaden begann. Schroeder nahm auch die letzte Verwarnung nicht ernst, die ihm das SPD-Praesidium am Montag einhellig erteilte. Dann erging es ihm wie im Fussball. Nach der gelben Karte folgte beim naechsten Foul der Rauswurf. Ob es sich nun um eine gelb-rote oder aber eine rote Karte handelt - ob also die politische Zwangspause kuerzer oder laenger dauert -, das liegt in Schroeders Hand. Will er Tonfall und Attituede in der politischen Auseinandersetzung, die so viel Anstoss in der SPD erregt, beibehalten ? Dann muss er sich mit der bundespolitischen Rolle eines sozialdemokratischen Franz Josef Strauss abfinden. Oder will er tatsaechlich mehr ? Dann muss er sein Ego bisweilen zurueckstellen, fuer seine politischen Positionen mit der SPD und ihrem Establishment werben und nicht gegen sie. Niemand, nicht einmal Schroeder, muss deshalb gleich zum Parteisoldaten mutieren. Aber zumindest eine Anstandsregel muss er einhalten, wie die SPD ihm nun schmerzhaft klarmacht: Wer Respekt von Parteifreunden fordert, darf nicht selbst nur respektlos ueber sie reden. Andererseits ist es vorschnell, angesichts der Entmachtung Schroeders von einem "Befreiungsschlag" des SPD-Chefs zu reden. Ob Scharping einen Befreiungsschlag gelandet, oder sich einen Pyrrhussieg eingehandelt hat, wird sich fruehestens in ein paar Monaten zeigen. Mit dem Ausscheiden Schroeders wird die Kritik an der Leistung des Bonner Oppositionsfuehrers nicht hinfaellig. Vielmehr vergroessert die Entscheidung den Druck auf Scharping, jetzt eine wirkungsvolle Opposition zu liefern.
Scharping hatte vielleicht keine andere Wahl als jetzt ein Machtsignal zu
setzen. Es loest natuerlich nicht das eigentliche Problem. Will die
SPD-Enkelgeneration tatsaechlich die Macht in Bonn erobern, ist sie zur
Zusammenarbeit im Team verurteilt. Fuer die aelter werdenden Enkel - und fuer
ein rot-gruenes Modell - ist die Bundestagswahl 1998 bereits die letzte
Chance, an die Macht zu gelangen. Verliert rot-gruen erneut, werden sich
Union und Gruene danach schneller anfreunden, als die SPD sich das vorstellen
mag. |
Quellen |
|