GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 05.09.1996



* Lage auf dem Arbeitsmarkt weitgehend unveraendert
* Lehrstelleninitiative des Bundeskanzlers
* DGB fordert Solidarabgabe fuer Betriebe die nicht ausbilden
* Kinkel: Wegen Irakkrise kein Riss im westlichen Buendnis
* Rexrodt: Wirtschaft fasst wieder Tritt
* Fischer und Mueller als Fraktionssprecher der Buendnisgruenen bestaetigt
* Primakov trifft Kohl
* Ehemaliges Vermoegen der IG Farben Chemie wird nicht rueckuebertragen
* Freisprueche in Magdeburger Gehaelteraffaire
* Verhandlung gegen Peter Graf eroeffnet
* Panne bei Freilandversuch mit genmanipuliertem Raps
* Laenderspiel Polen-Deutschland / Bundesregierung verurteilt Ausschreitungen



Lage auf dem Arbeitsmarkt weitgehend unveraendert

Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt hat sich im August im Vergleich zum Vormonat kaum veraendert. Im August waren in Deutschland fast genausoviele Menschen ohne Arbeit wie im Juli - Stagnation auf dem Arbeitsmarkt. Um ganze 10.000 ist die Zahl der Arbeitslosen im August zurueckgegangen, sie liegt jetzt bei 3.901.000, das sind aber immer noch 323.000 mehr als vor einem Jahr. Ausgepraegt sind die regionalen Unterschiede. In Ostdeutschland sank die Zahl der Erwerbslosen um 24.000, im Westen stieg sie um 14.000 . Ursache dafuer sind vor allem die unterschiedlichen Ferientermine, erklaerte Bernhard Jagoda, der Praesident der Bundesanstalt fuer Arbeit. "In den neuen Laendern hat sich im August eben mehr Entlastung durch Arbeitsmarktpolitik, der Beginn der Herbstbelebung bemerkbar gemacht. Im alten Teil des Bundesgebietes war davon nur wenig zu spueren, nicht zuletzt deshalb, weil in einigen Bundeslaendern die Schulferien spaeter zuende gingen als 1995." Bundesweit verharrte die Arbeitslosenquote im August bei 10.2 Prozent. Gemessen am saisonal zu erwartenden ist dies unbefriedigend, denn normalerweise muesste die Arbeitslosenzahl im August etwas deutlicher sinken. Resumee Jagodas: an der konjunkturell gedaempften Entwicklung und den strukturellen Belastungen des Arbeitsmarktes hat sich ueber den Sommer nicht geaendert.


Lehrstelleninitiative des Bundeskanzlers

Bonn. Bundeskanzler Kohl traf sich heute im Rahmen seiner Lehrstelleninitiative mit Vertretern der Handwerkskammern. Den Hintergrund fuer die Gespraeche bildete die nach vor angespannte Lage auf dem Lehrstellenmarkt.


DGB fordert Solidarabgabe fuer Betriebe die nicht ausbilden

Der deutsche Gewerkschaftsbund hat ein Bundesgesetz gefordert, mit dem diejenigen Unternehmen zu einer Solidarabgabe gezwungen werden, die selbst keine Lehrlinge ausbilden. DGB-Vorstandsmitglied Regina Gerner sagte, es sei nicht laenger hinzunehmen, dass sich 70 Prozent aller Betriebe nicht an der Berufsausbildung junger Menschen beteiligten. Dem Kanzler warf sie vor, statt zu handeln die Wirtschaft zu Plauschrunden einzuladen und sich mit leeren Versprechungen vertroesten zu lassen. Darueber, wieviele Lehrstellen nun eigentlich fehlen, kursieren derzeit in Bonn sehr unterschiedliche Vorstellungen. Waehrend die Bundesregierung, gestuetzt auf die neuesten Zahlen der Nuernberger Bundesanstalt fuer Arbeit davon ausgeht, dass bis Ende des Jahres noch rund 20.000 Plaetze zur Verfuegung gestellt werden, um die Nachfrage zu befriedigen, rechnete DGB-Vorstandsmitglied Regina Gerner heute vormittag vor, dass zwischen 80.000 und 120.000 junge Leute auch im Dezember noch ohne Lehrstelle dastehen wuerden. In der Statistik werde das nur deshalb anders aussehen, weil sich viele erfolglose Bewerber dann bei den Arbeitsaemtern nicht mehr melden. Der DGB fordere deshalb dringlicher denn je, die berufliche Bildung ueber ein Umlagesystem zu finanzieren.


Kinkel: Wegen Irakkrise kein Riss im westlichen Buendnis

In den Staaten Westeuropas ist man sich nicht ganz einig in der Bewertung des amerikanischen Vorgehens gegen den Irak. Trotz der kritischen Haltung Frankreichs sieht Aussenminister Kinkel keinen Riss im westlichen Buendnis. "Dem voellig unberechenbaren Saddam Hussein musste man auf die Finger klopfen", so Kinkel woertlich. Die irakische Aggression im Kurdengebiet, die ueber 100 Menschenleben gekostet haette habe nicht ohne Reaktion bleiben koennen. Insofern sei die Bundesregierung mit dem Vorgehen der Amerikaner einverstanden, so Kinkel. Frankreich hingegen hatte den Alleingang der USA kritisiert. Grund: eine fehlende Resolution des UN-Sicherheitsrates.


Rexrodt: Wirtschaft fasst wieder Tritt

Die deutsche Wirtschaft hat nach Auffassung von Wirtschaftsminister Rexrodt ihre Wachstumsdelle ueberwunden. Die Konjunktur habe wieder Tritt gefasst, sagte Rexrodt in Bonn. Die vorlaeufigen Ergebnisse der Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr zeigten, dass die Wachstumserwartungen der Bundesregierung richtig lagen. Das Brottosozialprodukt in der Bundesrepublik ist im ersten Halbjahr 96 um 1.2 Prozent gestiegen. Das teilte das statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.


Fischer und Mueller als Fraktionssprecher der Buendnisgruenen bestaetigt

Joschka Fischer und Kerstin Mueller stehen weiterhin an der Spitze der Bundestagsfraktion von Buendnis 90 / Die Gruenen. Fischer erhielt 32 von 45 abgegebenen Stimmen aus der Fraktion, ein deutlich schlechteres Ergebnis als vor zwei Jahren. Mueller wurde mit 31 Stimmen bestaetigt. Die Gegenstimmen zu Fischer kamen eindeutig aus dem linken Lager, dem der wirtschaftspolitische Kurs des Realos nicht passt. Ausserdem wird sein Fuehrungsstil von den Linken oft als allzu autoritaer kritisiert. Doch Fluegelkaempfe hin oder her - fuer den wiedergewaehlten Fraktionssprecher heisst es jetzt: Aermel hochkrempeln - immer mit Blick auf die Bundestagswahl in zwei Jahren. Fischers Ziel: der rot-gruene Machtwechsel. "Das setzt Geschlossenheit voraus, deswegen sollten wir das Sommertheater schleunigst beenden." Sommertheater - diese Kritik ging vor allem an die Adresse von Juergen Triptin, Sprecher des Bundesvorstandes, der den Linken zugerechnet wird und der den Realos mit deutlichen Worten in den vergangenen Wochen Anbiederung an die Regierenden vorgeworfen hatte. Ein Stil, den nicht nur Realos in der Bundestagsfraktion daneben fanden und deshalb mit ihm stritten, als er die Klausurtagung der buendnisgruenen Bundestagsfraktion in einem ehrwuerdigen Godesberger Hotel am Rheinufer besuchte.


Primakov trifft Kohl

Bonn. Zum Abschluss seines zweitaegigen Besuchs in Deutschland ist der russische Aussenminister Primakov mit Bundeskanzler Kohl zusammengetroffen. Im Vordergrund des Gespraechs duerften Fragen der europaeischen Sicherheit, die Beziehung der NATO zu Russland und die Irakkrise gestanden haben. Kohl will am Samstag nach Russland reisen, um mit Praesident Jelzin zu sprechen.


Ehemaliges Vermoegen der IG Farben Chemie wird nicht rueckuebertragen

Karlsruhe. Die Liquidationsgesellschaft der IG Farben Chemie hat keinen Anspruch auf Rueckuebertragung von Vermoegen in der ehemaligen DDR. Das entschied das Bundesverfassungsgericht. Eine gegen diese Rechtsauffassung gerichtete Verfassungsbeschwerde nahmen die Richter nicht zur Entscheidung an. Es geht dabei um die von den Liquidatoren des nach dem Krieg aufgeloesten Grosskonzerns angestrebte Rueckuebertragung von siebzehn in Sachsen-Anhalt gelegenen Betrieben. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, das Urteile der Vorinstanzen nicht zu beanstanden sind. Diese waren von einer Enteignung der IG Farben auf der Grundlage eines Kontrollratsgesetzes von Ende 1945 ausgegangen.


Freisprueche in Magdeburger Gehaelteraffaire

Magdeburg. Im Prozess um die sogenannte Gehaelteraffaere sind der ehemalige Ministerpraesident von Sachsen-Anhalt, Muench, und sein damaliger Sozialminister Schreiber freigesprochen worden. Das Magdeburger Landgericht urteilte, es habe den Angeklagten nicht nachgewiesen werden koennen, dass sie mit falschen Angaben ueber fruehere Bruttoeinkuenfte zu hohe Amtsgehaelter erschlichen haetten. Die Richter folgten mit ihrem Urteil den Antraegen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Die Gehaelteraffaire hatte Ende 1993 zum Ruecktritt der Landesregierung von Sachsen-Anhalt gefuehrt.


Verhandlung gegen Peter Graf eroeffnet

Vor dem Landgericht Mannheim begann heute einer der spektakulaersten Prozesse in der deutschen Justizgeschichte. Fast genau 13 Monate nach seiner Verhaftung muss sich Peter Graf wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung verantworten. Der Vater der Tennisspielerin Steffi Graf soll den Fiskus um rund 20 Millionen DM geprellt haben. Peter Graf hat zum Auftakt des Prozesses eine Unschuldserklaerung fuer seine Tochter Steffi abgegeben. Steffi Graf habe von den Steuerdingen nichts gewusst. Er selbst habe die umfassende Vollmacht ueber das Vermoegen der Familie gehabt. Der Nachmittag des heutigen Verhandlungstages blieb den Aussagen des mitangeklagten Joachim Eckardt vorbehalten. Der 49jaehrige ehemalige steuerliche Berater der Graf-Familie schilderte in vielen Einzelheiten sein Verhaeltnis zur Familie Graf und seinen Anteil am Steuersparmodell von Peter Graf. Im Mittelpunkt des heutigen Prozessauftaktes stand aber die Erklaerung von Peter Graf selbst, in der er den Finanzbehoerden schwere Vorwuerfe machte. Wenn er fruehzeitig auf den Verdacht der Steuerhinterziehung aufmerksam gemacht worden waere, waere eine Straftat von vorneherein zu verhindern gewesen. Graf sagte, er fuehle sich zutiefst unfair behandelt. Zunaechst habe die Familie Graf geplant, aus Steuerspargruenden ins Ausland zu uebersiedeln. Nachdem die Finanzbehoerden einen verstaendnisvollen Umgang mit der Tennisfamilie angekuendigt haetten sei man von diesem Plan abgerueckt. Der 58jaehrige raeumte ein, die Steuersparmodelle seiner Berater zu blauaeugig beurteilt zu haben. Der Graf-Prozess wird morgen am Vormittag fortgesetzt. Der Prozess gegen Peter Graf ist zunaechst bis zum 13. Dezember auf 30 Verhandlungstage angesetzt.


Panne bei Freilandversuch mit genmanipuliertem Raps

Muenchen. Bei einem Freilandversuch mit gentechnisch veraendertem Raps ist es zu einer Panne gekommen. Manipulierte Gene sollen danach nach Angaben der bayerischen Gruenen auf andere Pflanzen uebertragen worden sein. Die Gruenen berufen sich auf eine Antwort der bayerischen Staatsregierung auf eine Parlamentsanfrage. Die Folgen fuer die Umwelt seien nicht absehbar. Die veraenderte Gene sollen den Raps gegen ein Unkrautvernichtungsmittel resistent machen.


Laenderspiel Polen-Deutschland / Bundesregierung verurteilt Ausschreitungen

Ein Freundschaftsspiel der Nationalmannschaften Polens und Deutschland endete gestern Abend mit einem 2:0 fuer Deutschland. Torschuetzen fuer Deutschland waren Oliver Bierhoff und Juergen Klinsmann. Klinsmann schoss damit in seinem 90 Laenderspiel sein 40. Tor fuer die deutsche Nationalmannschaft. Die Bundesregierung hat die Ausschreitungen von rund 300 deutschen Hooligans am Rande des Laenderspiels scharf verurteilt. Ein Sprecher des Inneministeriums in Bonn nannte die Vorgaenge beschaemend. Die deutschen Randalierer hatten Schlaegereien angzettelt und Nazi-Parolen gerufen. Das polnische Aussenministerium wollte dazu nichts sagen. Damit wuerde den Taten der Skinheads nur unnoetiges Gewicht verliehen.


Quellen

B5    8:00 MESZ    16:00 MESZ
SDR 3    8:00 MESZ
Antenne Bayern    9:00 MESZ    18:00 MESZ
SDR 1    10:00 MESZ    17:00 MESZ
Radio 7    11:00 MESZ