Ansprache des Bundespraesidenten Johannes Rau |
Liebe Landsleute,
eine grosse Katastrophe hat uns heimgesucht. Weit ueber vier Millionen Menschen in Deutschland sind von den schrecklichen Ueberschwemmungen betroffen. Mehr als Hunderttausend mussten vor dem Wasser fliehen und evakuiert werden. Viele Tausend haben ihr Hab und Gut verloren. Ich komme gerade zurueck von einem Besuch in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Das Ausmass der Zerstoerung hat mich erschuettert. Die Naturgewalt hat Strassen und Bruecken weggerissen, Eisenbahnschienen, Strom- und Telefonleitungen sind zerstoert, ganze Staedte und Stadtteile stehen unter Wasser. Manche Doerfer sind voellig verwuestet.
Diese Katastrophe hat unendliches Leid gebracht. Ich habe viele
verzweifelte Menschen getroffen. Sie hatten gerade etwas aufgebaut |
einen Betrieb, ein Haus - und nun ist alles zerstoert. Die |
Wohnung zu verlieren, die Sicherheit des Privaten, den Hort der
Familien - das ist eine furchbare Erfahrung.
Aber Gott sei Dank machen wir in diesen Tagen auch die Erfahrung von grosser Solidaritaet und Hilfsbereitschaft. Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr, Hilfsdienste tun, was sie koennen - oft ueber die eigenen Kraefte hinaus. Und dazu kommen die vielen freiwilligen und ehrenamtlichen Helfer, die anpacken und mithelfen, soweit es irgendwie geht. Sie retten eingeschlossene Menschen aus ihren Haeusern, sie organisieren Notunterkuenfte und Verpflegung. Sie bauen Daemme und sie helfen, vom Hausrat zu retten, was zu retten ist. Ohne diese selbstlose Hilfe waere die Lage noch schlimmer als sie ohnehin schon ist. Im Namen unseres Volkes sage ich allen Helferinnen und Helfern meinen grossen Dank. Wir spueren in dieser Lage, wir muessen jetzt alle zusammenstehen. Diese Flut bringt nicht nur einigen Staedten und Laendern grosse Not, die Flut hat ganz Deutschland getroffen. Sie verlangt deshalb auch eine Anstrengung der ganzen Nation. Es muss die Sache aller Deutschen sein, mit den Folgen dieser Flut fertig zu werden. Wer vor Ort ist, der hilft nach Kraeften praktisch mit. Wer anderswo lebt, wer in seiner sicheren Wohnung die Bilder im Fernsehen sieht, der kann seine Solidaritaet durch Spenden zeigen und bekunden. Bitte helfen Sie mit, stehen Sie nicht abseits! Die Zerstoerungen sind gewaltig, der Wiederaufbau wird lange dauern und er wird viel Geld kosten. Die Betroffenen brauchen unsere Hilfe. Es ist sicher falsch, jetzt bestimmte Ursachen oder gar Schuldige fuer die Flutwelle benennen zu wollen. Wetter und Klima sind auch in frueheren Jahrhunderten schwere Bedrohungen fuer die Menschen gewesen und es hat schlimme Katastrophen gegeben. Wir muessen aber pruefen, welchen Anteil wir Menschen daran haben, dass es jetzt so schlimm kommen konnte. Was durch Menschen in den vergangenen Jahrzehnten verursacht worden ist muessen wir durch entschlossenes politisches Handeln aendern. Ich denke dabei an das Einmauern mancher Fluesse oder an die Klimaveraenderung durch unseren Energieverbrauch. Dazu brauchen wir auch internationale Zusammenarbeit. Wir alle denken heute auch an die schweren Zerstoerungen in Oesterreich, in Tschechien, in der Slowakei und in Russland. Wir sind gemeinsam von der Katastrophe betroffen. Wir muessen auch gemeinsam daraus Konsequenzen ziehen. Am Wichtigsten ist aber jetzt, dass den betroffenen Menschen geholfen wird. Viele haben nur ihr nacktes Leben retten koennen. Jetzt muessen wir beweisen, dass wir ein solidarisches Volk sind. Was wir jetzt brauchen sind Zusammenhalt, Tatkraft und Beharrlichkeit. So sehr uns die Bilder jetzt erschuettern, so hoffnungslos die Lage manchem heute erscheinen mag, das Wasser wird wieder abfliessen. Selbst die schrecklichen Bilder, die wir ja in diesen Tagen staendig sehen, werden mit der Zeit verblassen. Gerade dann aber wird unsere Solidaritaet am staerksten gefordert sein. Die Zerstoerung und die Not, die aus der Katastrophe entstanden sind, werden uns noch lange Zeit beschaeftigen. Ganz Deutschland steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Ich glaube, dass wir diese Herausforderung bestehen, wenn wir sie als gemeinsame und dauerhafte Aufgabe begreifen.
Lassen Sie uns anpacken - jeder an seinem Ort, jeder nach seinen
Kraeften. Aber alle mit der gleichen andauernden Entschlossenheit. |
Damm bei Bitterfeld gebrochen |
Bitterfeld. Die Lage in der vom Hochwasser betroffenen Stadt in
Sachsen-Anhalt hat sich weiter verschlimmert. Nach einem Dammbruch
droht jetzt die Ueberflutung der gesamten Innenstadt.
Katastrophen-Helfer versuchen, den vier Meter hohen Damm wieder zu
reparieren. Die Polizei rief die letzten Einwohner auf, ihre Wohnungen
sofort zu verlassen. Im brandenburgischen Muehlberg ist der Pegel
der Elbe seit einigen Stunden bei 9 Meter 96 stehen geblieben.
Die Feuerwehr und Helfer der Bundeswehr versuchen den Damm zu
verstaerken, um eine Ueberflutung der Stadt doch noch zu verhindern.
In Dresden beginnt sich die Lage zu entspannen. Dort geht der
Wasserstand der Elbe seit dem Morgen wieder zurueck. Am Nachmittag hat
die Polizei eine herrenlose Elbfaehre gesprengt. Sie trieb auf die
historische Bruecke "Blaues Wunder" zu. Inzwischen wandert die
Flutwelle flussabwaerts. In Meissen, Riesa und Torgau bereitet man
sich auf Ueberschwemmungen vor. Zehntausende Menschen wurden in
Sicherheit gebracht. |
Katastrophenalarm in Bayern aufgehoben |
Muenchen. In Bayern hat sich die Lage nach dem Hochwasser inzwischen
so weit normalisiert, dass jetzt ueberall der Katastrophenalarm
aufgehoben werden konnte. Auch in Passau gilt seit heute frueh der
Alarm nicht mehr. In der Stadt ist der Pegel der Donau seit dem
Hoehepunkt der Flut um fast 3,50 Meter gesunken. Einwohner und Helfer
pumpen Keller aus und befreien die Strassen vom Schlamm. Viele
Familien kehren erst jetzt in ihre Haeuser zurueck und sehen, was die
Ueberschwemmungen alles zerstoert haben. Das ganze Ausmass der
Schaeden wird wohl erst in einigen Wochen fest stehen. |
Hochwasserhilfe der EU |
Bruessel. Die Europaeische Union will angeblich zwei Milliarden Euro
fuer die Hochwassergebiete zur Verfuegung stellen. Nach einem Bericht
der Zeitung "Welt am Sonntag" hat Kommissionspraesident Prodi dem
Unions-Kanzlerkandidaten Stoiber versprochen, alle Moeglichkeiten
auszuschoepfen. Das Geld solle aus dem Fonds fuer wirtschaftlich
schwache Regionen und dem Agrar-Fonds genommen werden. |
Benefizgala bringt groesste Spendensumme aller Zeiten |
Burg. Die Bilder aus den Hochwassergebieten haben viele Menschen in
Deutschland zu grosszuegigen Spenden fuer die Betroffenen veranlasst.
Die Benefizgala in Burg von ARD und "Bild"-Zeitung brachte gestern
Abend sechzehn Millionen Euro ein. Nach ARD-Angaben ist das die groesste
Spendensumme, die jemals bei einer solchen Gala im deutschen Fernsehen
zusammengekommen ist. Der fruehere Bundesverteidigungsminister
Scharping kuendigte in der "Bild-Zeitung" an, er werde sein
Uebergangsgeld von etwa 13.000 Euro fuer die Opfer des Hochwassers
spenden. Hilfe kommt auch aus dem Ausland. Luxemburg schickte
tausend Betten nach Sachsen. Polen stellte besonders leistungsfaehige
Pumpen zur Verfuegung. Die Schweiz liefert 500.000 Sandsaecke gegen
das Hochwasser in Dresden. |
Kritik vom Kanzler an der Union |
Dortmund. Bundeskanzler Schroeder hat der Union vorgeworfen, die
Hochwasser-Katastrophe fuer Parteipolitik zu missbrauchen. In Dortmund
sagte er, es sei jetzt nicht die Zeit fuer Parteipolitik. Schroeder
woertlich: "Es ist die Zeit, zusammenzustehen".
Die Unions-Ministerpraesidenten von Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thueringen hatten sich in Leipzig getroffen. Sie forderten von der
Bundesregierung einen Sonderfonds fuer die Hochwassergeschaedigten.
Dieser sollte mit zwei Milliarden Euro ausgestattet sein. Damit sollten
vor allem Soforthilfen fuer Privathaushalte, Unternehmen und Kommunen
finanziert werden. Die Gruenen kritisierten das Treffen als
Wahlkampfveranstaltung. Es sei unterverstaendlich, dass Brandenburgs
Ministerpraesident Platzeck nicht eingeladen worden sei. Platzeck
gehoert der SPD an, die anderen Regierungschefs der Union. |
Toepfer fuer Erhoehung der Oekosteuer |
Saarbruecken. Als Konsequenz aus der Flutkatastrophe hat Klaus Toepfer,
der Generaldirektor des UN-Umweltprogramms UNEP, eine weitere Anhebung
der Oekosteuer verlangt. In einem Beitrag fuer die "Saarbruecker Zeitung"
zeigte sich Toepfer ueberzeugt davon, dass die Hochwasserkatastrophe
an der Elbe auf den Klimawandel durch die Verbrennung fossiler Energien
zurueckzufuehren sei. Nach Angaben Toepfers nimmt die Belastung der
Erdatmosphaere mit Kohlendioxid, dem Klimagas Nummer eins, sogar
staendig zu - pro Jahr um zwei Prozent weltweit. Daher sei die
Oekosteuer notwendig, schrieb der fruehere Bundesumweltminister und
CDU-Politiker. |
Union denkt an neue Atomkraftwerke |
Berlin. Die CDU schliesst fuer den Fall eines Wahlsiegs den Bau neuer
Atomkraftwerke nicht aus. Der umweltpolitische Sprecher der CDU,
Paziorek sagte der Bild am Sonntag, nur so koenne eine umweltfreundliche
Energieversorgung langfristig sichergestellt werden. Der Atomausstieg,
den SPD und Gruene mit der Energiewirtschaft ausgehandelt haben, muesse
rueckgaengig gemacht werden. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpraesident
Boehmer haelt den Bau neuer Atomkraftwerke fuer moeglich, um so den
Schadstoffausstoss zu reduzieren. |
Plaene der Hartz-Kommission in der Diskussion |
Berlin. Die Vorschlaege der Hartz-Kommission fuer eine Reform des
Arbeitsmarktes gehen den deutschen Kommunen nicht weit genug. Der
Geschaeftsfuehrer des Deutschen Staedte- und Gemeindebundes, Landsberg
kritisierte vor allem, dass die Arbeitslosenhilfe nicht befristet
werden soll. Auch die Zumutbarkeitskriterien fuer die Annahme einer
neuen Stelle muessten nach seinen Worten weiter verschaerft werden.
Der Chef der Nuernberger Bundesanstalt fuer Arbeit, Gerster, bedauerte
ebenfalls, dass der Bezug von Arbeitslosengeld nicht auf ein Jahr
begrenzt werden soll. Hier habe die Kommission wohl der Mut
verlassen, weil die Gewerkschaften und die grossen Volksparteien
dazu nicht bereit waren.
Im Gegensatz zu den grossen Wirtschaftsverbaenden beurteilen die Chefs fuehrender deutscher Unternehmen die Hartz-Reform positiv. Die Chefs von IBM Deutschland, der Ford-Werke, Steigenberger Hotels und Hewlett Packard Deutschland begruessten laut "Berliner Zeitung" die Vorschlaege zur Senkung der Arbeitslosigkeit und forderten deren schnelle Umsetzung. FDP-Vize Bruederle kuendigte die parlamentarische Unterstuetzung seiner Partei fuer die Vorschlaege an.
Arbeitgeberpraesident Hundt hielt an seiner Kritik fest. In der
"Bild"-Zeitung nannte er die Vorschlaege "mager". |
USA besorgt ueber Irak-Haltung der Bundesregierung |
Die USA haben nach Informationen der "New York Times" Missfallen an
der Haltung der Bundesregierung zu einem moeglichen Krieg gegen Irak
ausgedrueckt. Der US-Botschafter in Berlin sei diese Woche im
Bundeskanzleramt vorstellig geworden, um das Unbehagen seiner
Regierung ueber Aeusserungen von Bundeskanzler Schroeder zu bekunden.
Der Chef der UN-Waffenkontrolleure, Blix, lehnte die neuerlich von Irak
angebotenen Gespraeche zur Wiederaufnahme der Waffeninspektionen ab.
Unterdessen haben Russland und der Irak wirtschaftliche Kooperationen
im Umfang von etwa 60 Milliarden Euro geplant. |
Moellemann griff lt. Spiegel in Portokasse des Landttags |
FDP-Vize Moellemann soll nach Informationen des "Spiegel" die
Portokasse des NRW-Landtags fuer den Versand von Wahlwerbung
genutzt haben. Dabei gehe es um Schreiben Moellemanns an Buerger, die
sich in der Debatte um Moellemanns umstrittene Israel-Aeusserungen im
Juli an die FDP gewandt hatten. Darin habe Moellemann mit Blick auf
die Wahl fuer die FDP geworben. Der Praesident des NRW-Landtags,
Schmidt, geht laut "Spiegel" davon aus, dass Moellemann Fraktions- und
damit Steuergelder unzulaessigerweise fuer Wahlkampfzwecke genutzt
habe. Moellemann ist auch FDP-Fraktionschef in NRW. |
Neonaziaufmarsch zum Todestag von Rudolf Hess |
Wunsiedel. Etwa 2.500 Neonazis sind zum Gedenken an den 15. Todestag
des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess durch die oberfraenkische Stadt
Wunsiedel marschiert. Die Polizei schirmte den Zug gegen
500 Gegendemonstranten ab. 34 Menschen wurden voruebergehend
festgenommen. Die Beamten beschlagnahmten zahlreiche Waffen und
Abzeichen der Nazis. |
Explosionursache in Hannover noch unklar |
Die Ursache fuer die Explosion des Mehrfamilienhauses in Hannover am
Freitag ist unklar. Ein LKA-Sprecher revidierte die Aussage, dass
Sprengstoff das Unglueck ausgeloest habe. Ebenso kaemen Gas oder eine
Verpuffung in Betracht. Vier Menschen waren verletzt worden. |
Barrichello in Ungarn auf der Pole |
Budapest. Rubens Barrichello startet morgen beim Grossen Preis der
Formel 1 in Ungarn von der Pole Position. Der Brasilianer fuhr im
Qualifikations-Training die schnellste Zeit vor Weltmeister Michael
Schumacher. Dritter wurde Ralf Schumacher vor seinem Teamkollegen
Juan-Pablo Montoya. Nick Heidfeld landete auf Platz acht. |
1. Fussballbundesliga |
Bayer Leverkusen - Borussia Dortmund 1:1 VfL Bochum - Energie Cottbus 5:0 Hertha BSC Berlin - VfB Stuttgart 1:1 Bayern Muenchen - Arminia Bielefeld 6:2 Hannover 96 - 1860 Muenchen 1:3 Hansa Rostock - 1. FC Nuernberg 2:0 1.FC Kaiserslautern - Schalke 04 1:3 |
Quellen |
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