Zweiter Tag der Haushaltsdebatte; Generalaussprache |
Bonn. Am zweiten Tag der Haushaltsdebatte ueber den Haushalt 1997 ging es
heute um die Etats des Bundeskanzleramtes, des Auswaertigen Amtes und des
Verteidigungsministeriums. Traditionell nutzte die Opposition diese Debatte
zur Generalabrechnung mit der Politik der Regierung. In der Generaldebatte
warf die Opposition der Koalition unsolide und unsoziale Politik vor.
SPD-Chef Lafontaine hielt Bundeskanzler Kohl vor, grosse Teile der
Bevoelkerung glaubten nicht an den Erfolg des Regierungsprogramms fuer mehr
Wachstum und Beschaeftigung. Die Regierung sei mit ihrer Politik gescheitert.
Der Kurs der Regierung sei sozial ungerecht: Wer die Vermoegensteuer
abschaffen und gleichzeitig eine versprochene Kindergelderhoehung verschieben
wolle, der gehoere abgewaehlt. Die Bundesregierung trage die politische
Verantwortung fuer Arbeitslosigkeit, sinkenden Wohlstand, Staatsverschuldung
und Sozialabbau. Das Sparpaket bezeichnete Lafontaine als Etikettenschwindel.
SPD-Fraktionschef Scharping mahnte eine gerechtere Verteilung der Lasten an.
Der Wille dazu sei bei der Koalition nicht mehr erkennbar. Anwaelte der
Schwachen bekaemen kein Gehoer mehr.
Der Fraktionssprecher von Buendnis 90/Die Gruenen Fischer meinte, die
Regierung betreibe nur die Politik, die ihrem Machterhalt diene. Sie wolle
keine Reformen, sondern nur ihre Klientel abfuettern. Wenn die Regierung Kohl
an der Macht bleibe, so Fischer, gaebe es Sparpakete im Halbjahresrhythmus.
Mit der oppositionellen Verzagtheit muesse jetzt Schluss sein.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Schaeuble warf der Opposition vor, ein
Zerrbild der Lage in Deutschland zu zeichnen, um damit die Aengste der
Menschen zu schueren. Gleichzeitig blockiere die SPD aber wichtige
Gesetzesvorhaben zur Sicherung des Standortes Deutschland. Deutschland muesse
sich durch die geplanten Ausgabensenkungen dem internationalen Wettbewerb
stellen. Den Deutschen sei es materiell nie besser gegangen als in den 90er
Jahren, doch muessten jetzt die Entscheidungen getroffen werden, um den
Wohlstand zu erhalten.
Bundeskanzler Kohl wies die Kritik der Opposition in scharfen Worten zurueck.
Die Opposition verschliesse die Augen davor, dass sich die Welt veraendert
habe. Sie verunsichere die Menschen mit Verelendungstheorien. Rote Fahnen und
Feldgeschrei wuerden den Arbeitslosen nicht helfen. Noetig seien Reformen, um
Deutschland fitzumachen fuer die Zukunft. Ehrgeiziges Ziel seiner Regierung
bleibe es, die Zahl der Arbeitslosen bis zum Jahr 2000 zu halbieren.
Gewerkschaften und Arbeitgeber forderte Kohl auf, ihre Beitraege fuer den
notwendigen Strukturwandel zu leisten. Kohl warnte vor Rot-Gruen auf
Bundesebene. Nordrhein-Westfalen sei ein abstossendes Beispiel fuer
Reformverweigerung und Perspektivlosigkeit.
Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass der Bundestag am Freitag das
Sparpaket verabschiedet. Danach werde es wieder Gespraeche geben mit SPD und
Gewerkschaften. Wenn der Bundesrat morgen wie erwartet Einspruch gegen das
Sparpaket einlegt, braucht die Koalition am Freitag im Bundestag die absolute
Mehrheit. CDU/CSU und FDP verfuegen ueber 341 Stimmen, vier mehr als noetig.
Das Paket umfasst die Kuerzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die
Lockerung des Kuendigungsschutzes in Kleinbetrieben sowie die Anhebung des
Rentenalters. In einem Interview betonte Bundeskanzler Kohl, das Sparpaket
sei notwendig und stehe durchaus im Einklang mit dem Anspruch auf soziale
Gerechtigkeit. Nur durch Sparen koennten die Steuerzahler zusaetzlich
entlastet werden. Die groesste soziale Ungerechtigkeit sei es aber, wenn
Arbeitssuchende keine Arbeit faenden. |
Lohnkuerzung im Krankheitsfall soll im Baugewerbe bald umgesetzt werden |
Bonn. Im Baugewerbe muessen kranke Arbeitnehmer ab November mit einer
20prozentigen Kuerzung ihrer Loehne rechnen. Der Zentralverband des deutschen
Baugewerbes kuendigte an, das erwartete Gesetz ueber die Kuerzung der
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall baldmoeglichst umzusetzen. Das Gesetz kann
unmittelbar nach Inkrafttreten greifen, weil die Lohnfortzahlung nicht im
Tarifvertrag geregelt ist. In der Baubranche sind rund 1,3 Mio. Menschen
beschaeftigt. |
Kohl: Deutschland beteiligt sich weiter an Bosnien-Friedenstruppen |
Bonn. Die Bundesregierung will sich auch nach Ablaufs des UN-Mandats an der
Friedensmission in Bosnien beteiligen. Bundeskanzler Kohl sagte im Bundestag,
er koenne sich nicht vorstellen, dass sich die Deutschen aus dieser
Verantwortung zurueckziehen wuerden. Unverzichtbar nannte auch
SPD-Fraktionsvize Verheugen Deutschlands Beteiligung an der
Friedenssicherung, er hielt eine Diskussion darueber fuer verfrueht. Der
Kanzler kuendigte ausserdem an, dass die deutsch-tschechische
Versoehnungserklaerung noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll.
Differenzen gab es ueber Fragen der NATO-Osterweiterung. Kohl sprach sich
erneut dafuer aus, Russlands Sicherheitsbedenken zu beruecksichtigen. Die SPD
befuerchtet dadurch eine Verunsicherung der beitrittswilligen Laender. Dies
gelte insbesondere fuer das Baltikum, wo grosse Erwartungen geweckt worden
seien. |
Staatsbesuch Herzogs in Slowenien |
Ljubljana. Bundespraesident Herzog begann heute einen zweitaegigen Besuch in
Slowenien. Herzog will sich dabei ueber die politische Lage in dem Land
informieren. Nach einem Gespraech mit dem slowenischen Praesidenten Kutschan
unterstrich Herzog, Slowenien solle nach dem Willen Bonns so rasch wie
moeglich Mitglied der NATO und der Europaeischen Union werden. Deutschland
werde alles tun, um die ehemalige jugoslawische Teilrepublik beim Erreichen
dieses Zieles zu unterstuetzen. Kutschan versicherte, sein Land habe stabile
Grundlagen und alle Voraussetzungen fuer solche Mitgliedschaften geschaffen.
Am Abend legte Herzog am Mahnmal fuer die Opfer der deutschen Besatzung
Sloweniens im Zweiten Weltkrieg einen Kranz nieder.
Slowenien hat seit der Unabhaengigkeit von Jugoslawien eine friedliche
Entwicklung genommen. Gestern hatte der Bundespraesident seinen Besuch in
Mazedonien beendet. |
Scharfe Sparmassnahmen in Baden-Wuerttemberg geplant |
Saulgau. Die baden-wuerttembergische CDU/FDP-Landesregierung will die
Neuverschuldung im Haushalt 1997 trotz der drohenden Milliardenloecher
zunaechst nicht erhoehen. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur
einigte sich das Kabinett heute auf seiner Klausurtagung in Saulgau darauf,
nicht mehr Kredite als die geplanten 1,6 Mrd. DM aufzunehmen. Die
Deckungsluecke von mindestens 2,2 Mrd. DM solle mit strikten Sparmassnahmen
geschlossen werden. So sollen die beschlossenen neuen Lehrerstellen
wegfallen. Auch bei der Polizei koenne es keine Neueinstellungen geben
Entgegen ersten Ueberlegungen sollen aber die Zuschuesse fuer Personalkosten
in Kindergaerten nicht gekuerzt werden. Bis morgen will das Kabinett seinen
Sparkurs fuer das kommende Jahr festgelegt haben.
Inzwischen forderten Parteien und Lehrerverbaende die Landesregierung auf,
von ihrem strikten Sparkurs abzuruecken. SPD-Chef Maurer sagte, die
Sparplaene seien chaotisch sowie an Ungerechtigkeit kaum noch zu ueberbieten.
Zahlreiche Lehrerverbaende warnten davor, Abstriche bei den Lehrerstellen zu
machen. |
Weitere Annaeherung im Tarifstreit bei der Bahn |
Magdeburg. Im Tarifstreit bei der Bahn ist eine Einigung naehergerueckt. Der
Hauptvorstand der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands beschloss, die
Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG auf Grundlage des Schlichterspruchs
vom vergangenen Wochenende weiterzufuehren. Die Empfehlung sieht fuer die
rund 180.000 Bahnarbeitnehmer unter anderem eine Einkommenserhoehung von 1,3
Prozent ab Mai 1997 vor. Fuer die ostdeutschen Eisenbahner soll es weitere
Annaeherungen an das Westniveau geben. Nach Angaben der Gewerkschaft werden
die Verhandlungen mit der Bahn AG morgen in Frankfurt fortgesetzt. |
Bundesrat zieht wohl doch im Jahr 2000 nach Berlin |
Bonn. Der Bundesrat soll nun doch wie der Bundestag um das Jahr 2000 nach
Berlin umziehen. Auf einen entsprechenden Vorschlag haben sich 13 der 16
Laender geeinigt. Er soll in der naechsten Woche im Bundesrat eingebracht und
Ende September dort verabschiedet werden.
Der Bundesrat hatte 1991 beschlossen, im Gegensatz zu Bundestag und Regierung
seinen Sitz in Bonn zu belassen, sich aber eine spaetere Ueberpruefung dieser
Entscheidung vorbehalten. |
Letzter Einspruch gegen Ausbau der B31 abgewiesen |
Freiburg. Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hat auch den letzten
Einspruch gegen den Ausbau der Bundesstrasse 31 suedoestlich von Freiburg
zurueckgewiesen. Gegner des jahrzehntelang umstrittenen Projekts kuendigten
nach der heute bekanntgewordenen Entscheidung Massnahmen zur Verhinderung des
Baubeginns an. Der Freiburger Oberbuergermeister Boehme sagte, er erwarte
jetzt rasch den Beginn des Ausbaus der Bundesstrasse zwischen Freiburg und
Kirchzarten. |
US-Generalkonsulat in Stuttgart wird geschlossen |
Stuttgart. Das US-Generalkonsulat in Stuttgart schliesst morgen aus
Kostengruenden entgueltig seine Pforten. Fuer Baden-Wuerttemberg wird in
Zukunft das Generalkonsulat in Frankfurt zustaendig sein. Wie die
US-Botschaft in Bonn mitteilte, ist die Schliessung nicht auf verringertes
Interesse zurueckzufuehren. Die USA wollten vielmehr weiterhin auf
wirtschaftlichem, kulturellen und militaerischem Gebiet in Baden-Wuerttemberg
vertreten sein. |
Willy Weber wegen Steuerhinterziehung verurteilt |
Stuttgart. Der Manager von Formel 1-Weltmeister Michael Schumacher, Willy
Weber, ist vom Amtsgericht Stuttgart wegen Steuerhinterziehung zu einer
Geldstrafe von 250.000 DM verurteilt worden. Weber hatte dem Gericht zufolge
einen Ferrari nach Japan verkauft, ohne den erzielten Gewinn beim Finanzamt
anzuzeigen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wies ausdruecklich darauf
hin, dass zwischen dem Autoverkauf des Managers und seiner Taetigkeit fuer
Schumacher keinerlei Zusammenhang besteht. Unter anderem betreut Weber auch
das Topmodel Claudia Schiffer. |
Matthias Sammer ist Deutschlands "Fussballer des Jahres" |
Dortmund. Matthias Sammer ist erneut zu Deutschlands "Fussballer des Jahres"
gewaehlt worden. Wie im vergangenen Jahr setzten die deutschen
Sportjournalisten den 29jaehrigen Dortmunder Nationalspieler auf Platz 1 vor
Juergen Klinsmann und Andreas Koepke. |
UEFA-Pokal, 1. Runde |
Rapid Bukarest - Karlsruher SC 1 - 0 (Mittwoch)
FC Valencia - Bayern Muenchen 3 - 0 (Dienstag)
Schalke 04 - Roda Kerkrade 3 - 0 (Dienstag)
Celtic Glasgow - Hamburger SV 0 - 2 (Dienstag)
Arsenal London - Moenchengladbach 2 - 3 (Dienstag) |
Quellen |
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