GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 12.10.1995



* Bundeskanzler lobt Fortschritt der deutschen Einheit
* Grosse Anfrage zum Thema Arbeitszeit im Bundestag
* Ein Vorschlag von Heide Simonis zur Beamtenbesoldung
* SPD gegen das sog. Vorschaltgesetz
* Beschaeftigungsgarantie fuer Opelmitarbeiter
* Deutscher Astronaut Reiter muss wohl fuenf Wochen laenger im All bleiben
* Lehrstellenbedarf wird bis 2005 um 100.000 Stellen steigen
* Kuhglockenstreit
* Grossbrand in Reutlinger Reifenfabrik
* Steuerfall Graf
* Tennis
* Boerse



Bundeskanzler lobt Fortschritt der deutschen Einheit

Bonn. Bundeskanzler Kohl hat die Anstrengungen von Ost- Und Westdeutschen bei den Aufbauleistungen in den Neuen Bundeslaendern gewuerdigt. In einer Regierungserklaerung zum fuenften Jahrestag der deutschen Vereinigung vor dem Bundestag sagte er, Deutschland sei bei der Vollendung der inneren Einheit enorm vorangekommen. Es gibt keinen Grund, den Aufbau Ost fuer abgeschlossen zu erklaeren, sagte Bundeskanzler Helmut Kohl, aber auch keinen Grund Pessimismus zu verbreiten, obwohl man manche Probleme unterschaetzt habe, meinte der Kanzler heute morgen in seiner Regierungserklaerung. Gesundheits- und Sozialwesen in Ostdeutschland seien ebenso verbessert worden wie z.B. Umweltschutz und Infrastruktur in der ehemaligen DDR. Allerdings haetten die Buerger in beiden Teilen des Landes seit 1990 auch zum Teil schmerzliche Opfer gebracht. An das Ausland gerichtet sagte der Kanzler, dass das vereinte Deutschland ein zuverlaessiger Partner sein werde und dankte fuer die weltweite politische Unterstuetzung. CSU-Chef Waigel nannte die Aufbauleistungen in Ostdeutschland die groesste Solidaritaetsaktion der Geschichte. SPD-Chef Rudolf Scharping wuerdigte audruecklich die Leistung des Kanzlers im Rahmen der Wiedervereinigung, warf ihm jedoch auch schwere, vermeidbare Fehler bei der Gestaltung der deutschen Einheit und sogar Luegen vor. Aus wahltaktischen Gruenden habe Kohl Millionen Menschen falsche Hoffnungen gemacht, schimpfte Scharping. Wer beispielsweise die Arbeitslosigkeit ausschliesslich als Spaetfolge der Planwirtschaft in der DDR darstelle, begehe eine grobe Taeuschung, sagte Scharping. Auch behauptete Scharping, dass Kohl in seiner Regierungserklaerung eine gefaelschte Bilanz gezogen und eigene Fehler verschwiegen habe. Der ehemalige Buergerrechtler Werner Schulz kritisierte fuer Buendnis90/Die Gruenen, dass mit der deutschen Einheit die Chance zu einer politischen Inventur in Ost und West vertan worden sei. Der Osten habe mehr zu bieten gehabt als einen Keller voller Stasiakten. Schulz hob hervor, dass sich die Menschen in den Neuen Bundeslaendern politisch freier, sozial aber auch zutiefst verunsichert fuehlten. In dieselbe Kerbe schlug der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thierse: Materiell ginge es vielen Ostbuergern besser, sie fuehlten sich aber sozial schlechtergestellt als 1990. FDP-Chef Gerhard betonte, die Einheit sei schwieriger als anfangs gedacht.


Grosse Anfrage zum Thema Arbeitszeit im Bundestag

Bonn. Der Bundestag diskutierte heute ueber eine grosse Anfrage der SPD zum Thema Arbeitszeit. Die Regierung teilte dazu mit, seit Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes im Juli 1994 seien 175 Ausnahmegenehmigungen fuer Sonn- und Feiertagsarbeit erteilt worden. Dadurch habe man 14.000 Arbeitsplaetze sichern und 3.000 neue Arbeitsplaetze schaffen koennen. Die Oppositionsparteien haben der Bundesregierung vorgeworfen, ihre staendigen Forderungen nach flexiblerer Arbeitszeit entbehrten jeder Grundlage. In der Debatte des Bundestages erklaerten Abgeordnete der SPD und der Gruenen, tatsaechlich habe es in den letzten 10 Jahren einen rasanten Prozess der Flexibilisierung gegeben. Das staendige Klagelied insbesondere von Bundeswirtschaftsminister Rexrodt wonach der Standort Deutschland im Wuergegriff der Gewerkschaften verkuemmere, sei abwegig. Dann kam es zu einem Eklat, als SPD, Buendnis90/Die Gruenen und die PDS nahezu geschlossen den Saal verliessen, weil Bundeswirtschaftsminister Rexrodt nicht anwesend war.


Ein Vorschlag von Heide Simonis zur Beamtenbesoldung

Kiel. Beamte sollten nach den Vorstellungen der schleswig-holsteinischen Ministerpraesidentin Heide Simonis kuenftig benotet und entsprechend gefoerdert werden. Die alle zwei Jahre faellige automatische Gehaltserhoehung sollte durch zeitlich begrenzte Leistungszulagen ersetzt werden, fuegte die SPD-Politikerin hinzu. Noten muessten Sitzkarrieren ersetzen. Die schleswig-holsteinische Ministerpraesidentin aeusserte sich in der Bildwoche.


SPD gegen das sog. Vorschaltgesetz

Osnabrueck. Die SPD lehnt das sogenannte Vorschaltgesetz ab, mit dem die Regierungskoalition die Kosten im Krankenhausbereich senken will. Der Neuen Osnabruecker Zeitung sagte der SPD-Sozialexperte Dressler, das Gesetz sei eine unverantwortliche Flickschusterei, mit dem ein Ansteigen der Kassenbeitraege nicht verhindert werde. Der Koalition gehe es vielmehr darum, die Krankenhaeuser doch noch aus der dritten Stufe der Gesundheitsreform auszutrennen. Doch gerade bei den Kliniken bestehe der groesste Reformbedarf. Union und FDP haben sich gestern dasrauf geeinigt, den Stellenzuwachs im Krankenhausbereich zu begrenzen, und die Tagessaetze zu korrigieren. Ausserdem sollen kuenftig die Laender die Sanierungskosten fuer Kliniken uebernehmen. Damit sollen bis zu zwei Milliarden Mark eingespart werden.


Beschaeftigungsgarantie fuer Opelmitarbeiter

Ruesselsheim. Fuer die Beschaftigten der Adam Opel AG ist eine Beschaeftigungsgarantie bis Ende 1997 vereinbart worden. Darauf einigten sich der Gesamtbetriebsrat und der Vorstand des Autoherstellers. Die Beschaeftigungsgarantie gilt fuer die etwa 34.000 Mitarbeiter der drei inlaendischen Opelwerke. Vereinbart wurde auch, dass das Wheinachtsgeld fuer dieses Jahr Anfang Dezember in voller Hoehe ausgezahlt wird.


Deutscher Astronaut Reiter muss wohl fuenf Wochen laenger im All bleiben

Moskau. Der deutsche Astronaut Reiter und seine beiden russischen Kollegen wissen noch nicht, dass sie voraussichtlich fuenf Wochen laenger im All bleiben muessen als geplant. Sie sollten im Laufe des Tages informiert werden, sagte ein Sprecher der russischen Raumfahrtbehoerde. Die Rueckkehr der Besatzung der russischen Raumstation Mir verzoegert sich, weil die Raumfahrtbehoerde kein Geld hat, um die neue Traegerrakete Sojus-U-2 rechtzeitig fertigzubauen. Reiter und die zwei russischen Kosmonauten waren am 3.September ins All gestartet. Ihre Rueckkehr war fuer den 16. Januar geplant.


Lehrstellenbedarf wird bis 2005 um 100.000 Stellen steigen

Berlin. Der Lehrstellenbedarf in Deutschland wird in naher Zukunft erheblich steigen. Das geht aus Berechnungen hervor, die das Deutsche Institut fuer Wirtschaftsforschung DIW angestellt hat. Laut DIW laesst sich aus Statistiken zur Bevoelkerungsentwicklung ablesen, dass im Jahr 2005 gut 100.000 Lehrstellen mehr benoetigt werden, als heute. Gegenwaertig liege der Bedarf bei 615.000 Ausbildungsplaetzen.


Kuhglockenstreit

Kempten. Heute morgen hat sich das Landgericht Kempten mit dem sogenannten Ofterschwanger Kuhglockenstreit beschaeftigt. Ein Pensionsbesitzer hatte gegen einen Landwirt geklagt, da dieser seine Kuehe mit Glocken auf der Weide grasen liess; das dauernde Gebimmel ging einem Gast der Pension auf die Nerven. Die erste Verhandlung vor dem Sonthofener Amtsgericht gewann der Pensionsbesitzer. Dem Landwirt drohten nach diesem Urteil DM 30.000 Strafe oder Gefaengnis, falls er nicht fuer Ruhe auf seiner Weide gesorgt haette. Der Landwirt folgte zunaechst dem Urteil, aber 300 Sympathiebriefe zeigten ihm, dass er an alten Allgaeuer Traditionen festhalten solle.


Grossbrand in Reutlinger Reifenfabrik

Reutlingen. Der Grossbrand in einer Reutlinger Reifenfabrik hat nach Schaetzungen der Polizei mindestens 10 Millionen Mark Schaden verursacht. Die Brandursache ist noch nicht geklaert. Das Feuer war gegen 3:00 MEZ ausgebrochen. In den Mittagsstunden war der Brand unter Kontrolle, die Feuerwehr hofft, ihn bis zum Abend geloescht zu haben. Sie setzte fast 500 Feuerwehrleute ein, die zum Teil aus Tuebingen und Balingen angefordert wurden. Verletzt wurde niemand.


Steuerfall Graf

Stuttgart. Die Steueraffaere Graf beschaeftigte heute erneut den baden-wuerttembergischen Landtag. Auf Antrag von FDP und Gruenen ist ein Untersuchungsausschuss eingesetzt worden. Der Antrag wurde von SPD und den rechtsextremen Republikanern unterstuetzt, die CDU enthielt sich der Stimmen. Das Gremium soll pruefen, ob es Absprachen zwischen den Finanzbehoerden und der Familie Graf gegeben hat. Ausserdem soll die Rolle von Finanzminister Mayer-Vorfelder in diesem Fall aufgeklaert werden. Die FDP-Fraktion warf dem Finanzminister vor, zentrale Fragen zum Verhalten der Behoerden bislang nicht beantwortet zu haben.


Tennis

Stuttgart. Beim Tennisturnier in Filderstadt ist die an Nummer eins gesetzte Conchita Martinez ausgeschieden. Im Achtelfinale unterlag die Spanierin gegen Petra Begerov aus Heidelberg. Begerov gewann die Begegnung in zwei Saetzen mit 6:4 und 6:3. Anke Huber gewann ihr Achtelfinalspiel gegen die Franzoesin Natali Tozia (Sp?) mit 3:6, 6:1 und 6:4. Im Viertelfinale treffen die beiden Deutschen dann aufeinander.


Boerse

DAX:   2158 Punkte  (+    13 Punkte)
Umlaufrendite:   6,17%
1 US_$ = 1,4226 DM



Quellen

Radio7 :    10:00 MEZ    16:00 MEZ
Bayern5:    10:15 MEZ    15:15 MEZ    16:45 MEZ
SWF3    :    11:00 MEZ    17:00 MEZ