GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 13.04.1995



* Betreiber des Atomkraftwerks Obrigheim mit Urteil nicht einverstanden
* Niedersachsen ordnet Sofortvollzug fuer Atommuelltransport an
* Anschlaege auf die Bahnstrecke zwischen Dannenberg und Lueneburg
* Grossfeuer im Aachener Klinikum
* Urteile gegen die Brandstifter im Fall der Luebecker Synagoge
* Rueckfuehrung von 40.000 in Deutschland lebenden Vietnamesen
* Kinkel kritisiert Haltung einiger FDP-Mitglieder zum 8. Mai
* Jussuf fordert Kohl auf, nicht an Moskauer Gedenkfeiern teilzunehmen
* Scharping kritisiert BND wegen Plutoniumschmuggel-Affaire
* Nach Opel jetzt auch Rueckrufaktion bei Ford
* Gleiche Entlohnung fuer deutsche und auslaendische Bauarbeiter gefordert
* Brand in tuerkischem Laden in Berlin war vom Inhaber selbst gelegt
* Kurden Deutschlands fuehlen sich von Exilparlament nicht vertreten
* Tennis: Gross in Barcelona ausgeschieden
* Der Aufschwung bleibt bedroht (Schwaebische Zeitung vom 12.4.1995)
* Boerse



Betreiber des Atomkraftwerks Obrigheim mit Urteil nicht einverstanden

Die Betreiber des Atomkraftwerks Obrigheim wollen sich nicht mit dem Urteil des baden-wuerttembergischen Verwaltungsgerichtshofs abfinden. Die Richter haben Obrigheim die Dauerbetriebsgenehmigung entzogen mit der Begruendung, moegliche Gefahren seien nicht ausreichend beachtet worden. Die Kraftwerksbetreiber wollen Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Sie erklaerten, das Mannheimer Urteil habe keinen Einfluss auf den laufenden Betrieb des Atomkraftwerks Obrigheim.


Niedersachsen ordnet Sofortvollzug fuer Atommuelltransport an

Niedersachsen hat dem Druck der Bundesregierung nachgegeben und den Sofortvollzug fuer den umstrittenen Atommuelltransport ins Zwischenlager Gorleben angeordnet. Der Staatssekretaer im Landesumweltministerium, Schulz, erklaerte, Hannover sei ultimativ mit einer Frist bis 17 Uhr dazu aufgefordert worden. Nach seinen Worten ist mit der Erteilung des Sofortvollzugs die Auseinandersetzung um den Castor-Transport aber noch nicht zuende. Schulz wies darauf hin, dass auch dagegen Rechtsmittel eingelegt werden koennten.


Anschlaege auf die Bahnstrecke zwischen Dannenberg und Lueneburg

Unbekannte haben an zwei Stellen Anschlaege auf die Bahnstrecke zwischen Dannenberg und Lueneburg veruebt. Sie schnitten Stuecke aus den Gleisen und legten sie kreuzfoermig auf die Strecke. Ein Gueterzug fuhr trotz Notbremsung ueber eine beschaedigte Gleisstelle. Dabei entstand geringer Sachschaden. Die Polizei vermutet, dass die Anschlaege mit dem geplanten Transport verbrauchter Atombrennstaebe ins Zwischenlager Gorleben zusammenhaengen. Der Atomabfall aus dem Kernkraftwerk Phillipsburg soll am 25. April in Gorleben ankommen. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat heute die Klage zweier Kinder gegen den Transport abgewiesen.


Grossfeuer im Aachener Klinikum

Im Aachener Klinikum ist heute frueh ein Grossfeuer ausgebrochen. Die Feuerwehr hat die Gefahr am Nachmittag gebannt und den Brand unter Kontrolle gebracht. Zwei Menschen wurden bei dem Grossfeuer leicht verletzt. Rund 100 Patienten mussten in Sicherheit gebracht werden. Entgegen ersten Berichten gab es kein Todesopfer. Die Hoehe des Sachschadens und die Brandursache sind noch nicht bekannt. Fest steht, dass das Feuer in einem Kabelschacht ausbrach. Die Aachener Feuerwehr raeumte ein, zeitweise sei die Lage ziemlich dramatisch gewesen.


Urteile gegen die Brandstifter im Fall der Luebecker Synagoge

Wegen des Brandanschlags auf die Luebecker Synagoge im Maerz 1994 sind die vier Angeklagten heute zu Haftstrafen zwischen 2 1/2 und 4 1/2 Jahren verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Schleswig befand drei der Maenner im Alter zwischen 20 und 25 Jahren der Brandstiftung, den vierten der Beihilfe fuer schuldig. Der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben. Der Strafsenat folgte damit im wesentlichen den Ausfuehrungen der Verteidigung. In der Begruendung verweisen die Richter auf die Gestaendnisse von drei der Angeklagten, ohne die ein Schuldnachweis nicht zu erbringen gewesen waere. Spaetere Widerrufe liess das Gericht nicht gelten. Die Bundesanwaltschaft hatte Strafen zwischen 4 1/2 und 6 Jahren wegen 5fachen versuchten Mordes gefordert.


Rueckfuehrung von 40.000 in Deutschland lebenden Vietnamesen

Nach langwierigen Verhandlungen haben sich die Regierungen in Bonn und Hanoi auf die Rueckfuehrung von 40.000 in Deutschland lebenden Vietnamesen bis zum Jahr 2000 geeinigt. Nach Angaben aus dem Entwicklungshilfeministerium wurde am Vormittag ein entsprechendes Abkommen paraphiert. Beide Seiten verstaendigten sich ueber die Verwendung von 20 Millionen DM zur Unterstuetzung der Rueckkehrer. Die Haelfte des Geldes soll fuer ein Kreditprogramm zugunsten von Existenzgruendern bereitgestellt werden.


Kinkel kritisiert Haltung einiger FDP-Mitglieder zum 8. Mai

Bundesaussenminister Kinkel hat davor gewarnt, zum Jahrestag des Kriegsendes die Opfer und den Tatbestand der Befreiung gegeneinander aufzurechnen. Die Deutschen duerften unter dem 8. Mai keinen "buchhalterischen Saldo" ziehen, sagte Kinkel der Neuen Ruhrzeitung. Als FDP-Bundesvorsitzender sei er ausserordentlich ungluecklich darueber, dass der umstrittene "Aufruf gegen das Vergessen" von einigen Parteimitgliedern unterzeichnet wurde. Diese Liberalen haetten sich damit in die Gesellschaft von Republikanern begeben, unterstrich Kinkel. Die CDU-Fraktion von Mecklenburg-Vorpommern wies Kritik an ihrem stellvertretenden Vorsitzenden Brand (sp?) zurueck, der den Aufruf ebenfalls unterschrieben hat. Fraktionschef Rehberg sagte in Schwerin, dem 8. Mai koenne eine schlagwortartige Benennung als "Tag der Befreiung" nicht gerecht werden.


Jussuf fordert Kohl auf, nicht an Moskauer Gedenkfeiern teilzunehmen

Der tschetschenische Aussenminister Jusuf hat nachdruecklich an Bundeskanzler Kohl und die anderen westlichen Staatschefs appeliert, nicht an den Gedenkfeiern zum 50. Jahrestag des Kriegsendes in Moskau teilzunehmen. Russlands Praesident Jelzin sei ein Diktator, kein Demokrat, sagte Jussuf heute frueh im Deutschlandfunk. Die Armee seines Landes missachte bei ihrem Feldzug in Tschetschenien die Menschenrechte und begehe systematische Massaker an der Zivilbevoelkerung. Dennoch seien die Fuehrer des Westens offenbar bereit, Jelzin die Hand zu schuetteln, an der das Blut der Tschetschenen klebe, beklagte der Minister.


Scharping kritisiert BND wegen Plutoniumschmuggel-Affaire

SPD-Chef Scharping hat den Bundesnachrichtendienst wegen der Plutoniumschmuggel-Affaire scharf kritisiert. Der Geheimdienst habe hier offensichtlich die rechtsstaatlichen Grenzen ueberschritten, sagte Scharping dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Es erhaerte sich der Verdacht, dass der BND und moeglicherweise andere erst einen Markt mitgeschaffen haetten, dessen Bekaempfung ihr Ziel gewesen sei. Dies sei umso verwerflicher, je mehr man den Eindruck gewinne, dass durch die Aktion Druck auf die Bundestagsberatungen ueber die Erweiterung der Kompetenzen des BND gemacht werden sollte, betonte der SPD-Vorsitzende. Dem zustaendigen Staatsminister im Kanzleramt, Schmidbauer, warf er vor, nach der Entdeckung des Plutoniumschmuggels in Muenchen im vergangenen August das Parlament falsch informiert zu haben.


Nach Opel jetzt auch Rueckrufaktion bei Ford

Die Firma Ford hat ueber 9000 Autos vom Typ "Mondeo" in die Werkstaetten zurueckgerufen. Ein Unternehmenssprecher erklaerte in Koeln, es handle sich um eine rein vorsorgliche Serviceaktion fuer die Halter von Fahrzeugen des Baujahres 1995. Grund fuer die Aktion sind moegliche elektrostatische Aufladungen am Tankeinfuellstutzen. Es habe aber noch keine Unfaelle beim Betanken gegeben. Aus dem gleichen Grund hatte die Firma Opel im Februar rund 800.000 Autos vom Typ "Astra" ueberprueft.


Gleiche Entlohnung fuer deutsche und auslaendische Bauarbeiter gefordert

Eine gesetzlich geregelte gleiche Entlohnung fuer deutsche und auslaendische Bauarbeiter wuerde nach Einschaetzung der Bauindustrie zur Wiedereinstellung von 60.000 bis 80.000 Arbeitslosen fuehren. Der zu erwartende Baupreisanstieg von 2% oder 3% bei Verabschiedung der von Bundesarbeitsminister Bluem geforderten Entsenderichtlinie wuerde dadurch mehr als ausgeglichen, betonte der Hauptgeschaeftsfuehrer des Bundesverbandes der Bauindustrie, Hassbach, heute frueh im Deutschlandfunk. Entschieden wandte sich Hassbach gegen die von Bundeswirtschaftsminister Rexrodt befuerwortete Uebergangsfrist von 3 Monaten bis zur gleichen Entlohnung auslaendischer Arbeiter. Dies wuerde zu, so woertlich, "2-1/2-Monats-Kindern auf deutschen Baustellen" fuehren.


Brand in tuerkischem Laden in Berlin war vom Inhaber selbst gelegt

Der Brand in einem tuerkischen Laden in Berlin am Mittwoch ist nicht durch einen Anschlag verursacht worden. Der Ladeninhaber hat gestanden, dass er das Feuer selbst gelegt hat. Er wollte nach Angaben der Polizei einen Anschlag vortaeuschen, um seine Versicherung zu betruegen.


Kurden Deutschlands fuehlen sich von Exilparlament nicht vertreten

Die Kurdische Gemeinde in Deutschland lehnt das Parlament der Exilkurden ab, das zur Zeit in Den Haag tagt. Die Versammlung sei fuer das kurdische Volk nicht repraesentativ. Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde sagte, dieses Parlament werde von der Arbeiterpartei Kurdistans und ihr nahestehenden Gruppen beherrscht. Die USA haben bereits klargestellt, dass sie das Kurdische Exilparlament nicht anerkennen. Das Aussenministerium in Washington bezeichnete die Kurdische Arbeiterpartei als terroristische Vereinigung. In Bonn demonstrierten rund 40 Kurden vor der tuerkischen Botschaft. Sie protestierten gegen die Militaeraktion der Tuerkei im Nordirak. Die Aktion der Kurdischen Gemeinde verlief ohne Zwischenfaelle. In Ankara demonstrierten rund 1000 tuerkische Postarbeiter vor der deutschen Botschaft. Ihr Protest galt dem Stop deutscher Waffenlieferungen an die Tuerkei.


Tennis: Gross in Barcelona ausgeschieden

Beim Tennistournier in Barcelone ist der Muenchner Oliver Gross einen Tag nach seinem ueberraschenden Sieg gegen den Weltranglistenzweiten Pete Sampras im Achtelfinale ausgeschieden. Gross verlor heute gegen den Spanier Carlos Costa mit 3:6 und 6:7. Costa trifft nun im Halbfinale auf den Oesterreicher Thomas Muster.


Der Aufschwung bleibt bedroht (Schwaebische Zeitung vom 12.4.1995)

Nur auf den ersten Blick haben die sechs grossen wirtschaftswissenschaftlichen Institute gestern eine beruhigende Vorschau gegeben. Von einer Rezession ist in der Tat nur noch wenig zu spueren, und selbst in den neuen Bundeslaendern stehen nach der tiefen Umbruchphase der ersten 90er Jahre jetzt die Signale auf Wachstum. Aber der erste Blick zeigt eben laengst nicht immer das Richtige. Die Zahlen moegen zwar Zuversicht mehren, aber dahinter steckt neuerdings doch eine grosse Portion Unsicherheit.

Vor allem die juengsten Waehrungsturbulenzen mit dem Dollar und einigen europaeischen Waehrungen wie Lira und Peseta im Brennpunkt haben geradezu Flammenzeichen aufleuchten lassen. Vorbei ist die Zeit, da das internationale Geld in den Dollar flieht, wenn es irgendwo auf der Welt politische Unruhen gibt. Und die Institute haben deutlich gesagt, dass fuer die gesamte deutsche Wirtschaft und die Deutsche Mark grosse Gefahren entstehen, wenn jetzt die Bundesrepublik als bevorzugte Fluchtburg fuer dieses Kapital dienen sollte. Dabei ist ihre Aussage, aus vielen Gruendne werde sich die im internationalen Handel so stark gewordene D-Mark auf die deutschen Exporte negativ erst 1996 auswirken, sogar eher zweitrangig. Viel wichtiger ist die Mahnung, die USA oder auch Italien muessten ihre fundamentalen Probleme bewaeltigen und selbst fuer stabilere Wechselkurse sorgen. Sonst truegen sie anhaltende und immer wieder aufflackernde Unsicherheit in das Waehrungsgebaeude der Welt. Gegen derartige, von aussen geworfene Brandsaetze koenne sich kein Land der Welt etwa mit seiner Zinspolitik wehren.

Die Institute haben ihre Finger auch in die deutschen Wunden gelegt. Besonders den Tarifpartnern der Metallindustrie und vielen Politikern kann die Kritik keinesfalls gefallen. Doch die Forscher haben recht. Denn hier wie da hat die schnell in Fahrt gekommene Konjunktur und die damit verbundene Auffuellung der Kassen bei Staat und Unternehmen schon wieder die Spendierfreudigkeit steigen lassen. Hier sind es die Loehne, die aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu schnell steigen, dort Steuern und Abgaben, die dem privaten Sektor finanzielle Mittel in einem frueher nicht gekannten Ausmass entziehen. Deshalb muss der Bundesfinanzminister fuer seine missglueckten Steuerplaene Pruegel einstecken. Mit ihren kritischen Anmerkungen giessen die Institute Wasser auf die Muehlen der SPD, mit der sich Waigel schon im Sommer im Vermittlungsausschuss ueber seine komplizierten Steuervorhaben auseinandersetzen und auch einigen muss.

Ueber all diesen Gefahren und Problemen steht nach wie vor die alles ueberragende Frage, wie endlich mehr neue Arbeitsplaetze in Deutschland geschaffen werden koennten. Dazu bietet die Prognose der Institute eher Entmutigendes: Trotz weiterer Wachstumsraten sinkt die Zahl der Arbeitslosen auch bie Ende 1996 nicht. Patentloesungen kennen auch die Institute nicht, aber sie empfehlen doch viele kleine wichtige Schritte. Deshalb: Es gibt keinen Grund das Gutachten als Ruhekissen zu verwenden. Der wirtschaftliche Sommer ist noch weit entfernt.


Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,3996
ECU-Wert(1 ECU)  1,86013
England(1 Pfund)  2,34
Schweiz(100 sfr)  122,80
Frankreich(100 FF)  29,85
Italien(1000 Lit)  0,89
Oesterreich(100 oeS)  14,39
Spanien(100 Ptas)  1,21
Japan(100 Yen)  1,70
 
Einige Indizes:
DAX:1986.4
Dowjones-Index:4200,57
Nikkei-Index:16430,79



Quellen

DLF    12:00 Uhr MESZ    19:00 Uhr MESZ
SWF3    15:00 Uhr MESZ
Schwaebische Zeitung vom Mi,    12.04.1995