GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 05.09.1997



* SPD sagt nein zur Steuerreform
* Stillstand bei den Verhandlungen zur Rentenreform
* Stoiber haelt an Erfuellung der Maastrichtkriterien fest
* Richard von Weizsaecker kritisiert Regierung Kohl
* Bundeskartellamt genehmigt zwei Grossfusionen
* Weiteres Urteil zur Rechtschreibreform
* EU will langfristig unlautere Steuerverguenstigungen abbauen
* Immer mehr Menschen arbeiten am Wochenende
* Neue Gehaltstarifvertrag fuer Redakteure
* KFZ-Steuerumstellung zeigt Wirkung
* Boerse



SPD sagt nein zur Steuerreform

Nur aeusserst muehsam kommt das Jahrhunderprojekt Steuerreform voran. Aber wenigstens ein Schritt ist jetzt offiziell vollzogen: Die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum ersten Januar kommenden Jahres. Einen Monat nach dem Bundestag stimmte nun auch der Bundesrat dieser Massnahme zu. Dagegen setzte die SPD in der Laenderkammer erneut ihr Nein gegen die weitreichenden Entlastungsplaene der Bundesregierung. Waehrend Union und SPD ueber die Steuerreform weiter streiten kam man sich beim Thema innere Sicherheit naeher. Auf ihrer Bonner Sondersitzung machten die Vertreter der Bundeslaender deutlich, dass sie den Kampf gegen das Verbrechen verstaerken wollen. Die SPD ist bereit, auch ohne ein voellig neues Konzept der Koalition auch naechste Woche weiter ueber die Steuerreform zu verhandeln. Finanzminister Waigel hat dieses Angebot angenommen. Der Verhandlungsfuehrer der SPD im Vermittlungausschuss, Hamburgs Buergermeister Voscherau warnt aber vor allzu grossen Erwartungen. "Der ganz grosse Wurf wird uns nach meiner Einschaetzung zwischen heute und Beginn der Sommerpause 1998 nicht gelingen. Was uns aber gelingen kann ist ein erster Schritt. Ein bescheidener, kluger, richtiger, wirksamer erster Schritt." Denn eine Ministeuerreform, die schon Anfang 1998 in Kraft tritt sei besser als gar nichts. Ueber den grossen Rest sollten dann im naechsten Jahr die Waehler abstimmen, denn die von der Koalition versprochene Nettoentlastung um 30 Milliarden DM koenne die SPD wegen der leeren Staatskassen auf keinen Fall mittragen, so Voscherau und SPD-Chef Lafontaine. Auch CSU-Chef Waigel gibt sich kompromissbereit. "In einen zweiten Vermittlungsverfahren ist es moeglich, erneut ueber die Eckwerte der Steuerreform zu reden." In Bezug auf den Umfang der Nettoentlastung sind wir gespraechsbereit. Aber eine spuerbare Nettoentlastung muss auch Gegenstand solcher Gespraeche sein." Ueber alles andere, auch ueber eine Stufenregelung koenne dann verhandelt werden, so Waigel. Bayerns Ministerpraesident Stoiber warnter vor endlosem Taktieren in der Steuerfrage. Deutschland koenne sich dies nicht laenger leisten. Wenn die Steurreform misslinge sei dies ein schlechtes Zeichen fuer die Reformfaehigkeit insgesamt.


Stillstand bei den Verhandlungen zur Rentenreform

Weitgehend Stillstand herrscht noch immer bei den Verhandlungen ueber die Rentenreform. Auch hier werfen sich Koalition und Opposition gegenseitig Blockadepolitik vor. Obwohl beide in der Zielvorgabe grundsaetzlich uebereinstimmen: Die Beitraege muessen runter, die Kassen von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden. Doch wie der Umbau der Altersvorsorge finanziert werden soll, darueber gehen die Meinungen auseinander, auch wenn die Verhandlungsfuehrer Bluem und Dressler unermuedlich um Verstaendigung werben. Die Koalition will die geplanten Kuerzungen bei Erwerbsunfaehigkeitsrenten abmildern. Das bestaetigte am Nachmittag Bundesarbeitsminister Bluem auf einer Diskussionsveranstaltung in Bad Godesberg. Die Abschlaege sollen von 18 auf knapp 10.8 Prozent zurueckgenommen werden. Damit muessten Erwerbsunfaehige immer noch Kuerzungen bis zu 50 Prozent in Kauf nehmen, kritisierte der Verhandlungsfuehre der SPD, Rudolf Dressler, die neuen Plaene der Koalition. Dressler stellte ausserdem klar, dass die SPD einer Mehrwertsteuererhoehung, so wie sie die Koalition fuer die Umsetzung ihrer Rentenreform fuer den 1.1.1998 plane, im Bundesrat nicht zustimmen werde. Trotz dieser klaren Absage der Opposition forderte Arbeitsminister Bluem die SPD erneut zum Rentenkonsens auf. "Lasst uns nicht an Detailfragen eine wirkliche strategische Bedeutung fuer die Rentenversicherung, an wirklichen Rechthabereien, lasst es daran nicht scheitern. Ich bleibe dabei, es muss eine Basis in dieser Frage fuer die Gemeinsamkeit geben." Die Chancen, doch noch zu Gemeinsamkeiten zukommen, stehen allerdings aeusserst schlecht. Fuer diesen Fall, so heisst es aus Unionskreisen, haetten sich CDU und CSU gestern in Andechs darauf verstaendigt, die Rentenreform doch erst, wie urspruenglich geplant, 1999 umzusetzen.


Stoiber haelt an Erfuellung der Maastrichtkriterien fest

Der bayerische Ministerpraesident Stoiber besteht auf einer strikten Auslegung des Maastricht-Vertrages. Stoiber sagte dem Fernsehsender Sat.1, jedes Land, das 1999 an der Europaeischen Waehrungsunion teilnehmen wolle, muesse sein Defizit auf 3.0 Prozent begrenzen. Das gelte auch fuer Frankreich und Italien. Zuvor hatte Bundeskanzler Kohl erklaert, er sehe keine Differenzen innerhalb der Union in der Frage der Waehrungsunion. Jeder wisse, dass der Euro eine stabile Waehrung werden muesse.


Richard von Weizsaecker kritisiert Regierung Kohl

Der fruehere Bundespraesident Richard von Weizsaecker hat die Regierung von Bundeskanzler Kohl kritisiert. Er vermisse vor allem eine intellektuell-politische Debatte um Ziele und Aufgaben der Politik, sagte von Weizsaecker in einem Gespraech mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der Koalition fehle offensichtlich die Kraft dazu. Zudem leide die Glaubwuerdigkeit der politischen Fuehrung darunter, wenn nicht offen ueber die ungeloesten Probleme gesprochen wuerde. Die Politik fluechte sich in die Details, statt sich um die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit zu kuemmern. Weiter erklaerte von Weizsaecker, in Deutschland sei nun schon lange ein politisches System in der Regierungsverantwortung, dass die Mittel zur Erringung und Bewahrung der Macht auf eine bisher nie gekannte Hoehe der Perfektion getrieben habe.


Bundeskartellamt genehmigt zwei Grossfusionen

Das Bundeskartellamt hat zwei Grossfusion im Banken- und Versicherungssektor genehmigt. Wie die Behoerde in Berlin mitteilte, gibt es keine Einwaende gegen die Verschmelzung der Konzerne Hamburg-Mannheimer, DKV und Victoria DAS zur ERGO-Gruppe. Der neue Konzern werde in Deutschland auch kuenftig mit deutlichem Abstand hinter dem Marktfuehrer Allianz an zweiter Stelle rangieren. Ebenfalls genehmigt wurde die Fusion der bayerischen Vereinsbank mit der Hypotheken- und Wechselbank zum zweitgroessten deutschen Kreditinstitut. Auch in diesem Fall besteht nach Angaben des Kartellamts nicht die Gefahr einer Marktbeherrschung.


Weiteres Urteil zur Rechtschreibreform

In Sachen Rechtschreibreform ist ein weiteres Urteil gefallen. Der hessische Verwaltungsgerichtshof wies den Eilantrag einon zwei Kindern gegen die Neuregelung zurueck. Das Gericht hob damit einen Beschluss des Verwaltunggerichtes Wiesbaden von Ende Juli auf. Wird es vom kommenden Montag an am Marburger Gymnasium Philipinum zwei Schreibweisen des Deutschen geben ? Eine nach den Regeln der Rechtschreibreform fuer tausen Schueler und eine nach den Regeln der bisherigen Rechtschreibung fuer zwei Schueler, deren Vater das fuer richtiger haelt ? Das war die konkrete Frage, mit der sich der Verwaltungsgerichtshof in Kassel heute zu befassen hatte. In erster Instanz naemlich war der Marburger Vater, der samt seinen Sproesslingen anonym bleiben moechte Ende Juli mit seinem Eilantrag beim Wiesbadener Verwaltungsgericht erfolgreich gewesen. Die Richter hatten die Auffassung vertreten, ein so weitreichender Eingriff in die schulische Wissensvermittlung wie die Rechtschreibreform koenne nicht per Ministererlass eingefuehrt werden, sondern muesse per Gesetz legitimiert werden. Der Kultusminister, der alle hessischen Schulaemter umgehend davon in Kenntnis setzte, dass sein Erlass in Kraft bleibe, legte Beschwerde bei der hoechsten hessischen Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein und der entschied heute Nachmittag zu seinen Gunsten. Das heisst, der Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil wurde stattgegeben. Denn, so die Richter, durch die Rechtschreibreform werde nicht unzulaessig in das Elternrecht eingegriffen. Damit laeuft zum neuen Schuljahr in Hessen alles wie vorprogrammiert weiter. Die neuen Regeln werden die alten nach und nach ersetzen.


EU will langfristig unlautere Steuerverguenstigungen abbauen

Immer mehr multinationale Unternehmen verschieben ihre deutschen Gewinne in andere Laender der EU, die mit Steuervorteilen locken. Deshalb hat eine Arbeitsgruppe nun einen Verhaltenskodex fuer die EU-Laender entwickelt. Danach sollen langfristig unlautere Steuerverguenstigungen abgebaut werden. Der Kodex wird allerdings nicht rechtsverbindlich sein. Bruessel erhofft sich aber moralischen Druck auf die Mitglieder.


Immer mehr Menschen arbeiten am Wochenende

Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten am Wochenende. Das statistische Bundesamt meldet, dass mehr als 40 Prozent aller Erwerbstaetigen 1996 zumindest gelegentlich samstags gearbeitet haben. 23 Prozent gingen zeitweise auch sonntags ihrem Beruf nach. 1993 lagen diese Prozentsaetze noch deutlich niedriger.


Neue Gehaltstarifvertrag fuer Redakteure

Fuer die rund 7000 Redakteure bei Zeitschriften ist bereits nach der ersten Verhandlungsrunde ein neuer Gehaltstarifvertrag unter Dach und Fach. Die Gehaelter steigen rueckwirkend vom 1. August an um 1.5 Prozent.


KFZ-Steuerumstellung zeigt Wirkung

Die Umstellung der Kraftfahrzeugsteuer zum 1. Juli zeigt nach Angaben von Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann bereits Wirkung. Bis Ende August sind beinahe 200.000 Benzin-PKW umgeruestet worden.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,8178
Kanada(1 $)  1,3148
England(1 Pfund)  2,8833
Irland(1 Pfund)  2,6855
Schweiz(100 sfr)  121,700
Frankreich(100 FF)  29,721
Italien(1000 Lit)  1,0262
Oesterreich(100 oeS)  14,211
Spanien(100 Ptas)  1,1861
Japan(100 Yen)  1,5005
Schweden(100 skr)  23,224
 
Einige Indizes:
DAX:4100,67( aktuell )  
4071.68( Vortagswert )  
Dowjones-Index:7862,82( Stand 17:00 MESZ )  
7867,24( Schlussstand Vortag )  
Nikkei-Index:18650,17
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

B5    17:30 MESZ
DLF    18:00 MESZ
SDR 3    19:00 MESZ