GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 23.04.1995



* Gedenkenfeiern zum 50ten Jahrestag der Befreiung von Konzentrationslagern
* Sprengstoffanschlag auf CDU-Bundestagsabgeordneten
* Mehr Proteste bei Gorleben und Phillipsburg
* Toedlicher Segelflugunfall
* Nachrichten vom Damentennis
* Kommentar der Sueddeutschen: Deutschland wird voller



Gedenkenfeiern zum 50ten Jahrestag der Befreiung von Konzentrationslagern

Potsdam. Mit Gedenkfeiern in Ravensbrueck und Sachsenhausen wird heute an die Befreiung der Konzentrationslager heute vor 50 Jahren gedacht. Dazu werden mehr als 2700 ehemalige Haeftlinge aus aller Welt erwartet, die das Land Brandenburg eingeladen hat. In den beiden Konzentrationslagern waren von den Nationalsozialisten mehr als 150000 Menschen ermordet worden. Als Vertreter der Bundesregierung nimmt Aussenminister Kinkel an der Feier teil; der Bundestag wird durch seine Praesidentin Suessmuth vertreten. In Ravensbrueck rief die Vorsitzende der Lagergemeinschaften, Mueller, zu Wachsamkeit gegenueber Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und Krieg auf. Bundestagspraesidentin Suessmuth forderte ein Ende der Debatte darueber, ob Deutschland vor 50 Jahren befreit worden ist oder nicht.


Sprengstoffanschlag auf CDU-Bundestagsabgeordneten

Duesseldorf. Auf das Haus des CDU-Politikers Blank in Erkrath ist ein Sprengstoffanschlag veruebt worden. Verletzt wurde niemand, es entstand Sachschaden von etwa 60000 DM. Im Eingangsbereich war ein verdaechtiges Paket abgelegt worden. 10 Minuten, nachdem die Familie des Bundestagsabgeordneten in Sicherheit gebracht worden war, ging die Bombe hoch. Die Staatsschutzabteilung der Duesseldorfer Kriminalpolizei hat die Ermittlungen uebernommen. Im Grossraum Duesseldorf laeuft eine Ringfahndung. Wie Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, wurden am Tatort Teile eines Bekennerschreibens gefunden. Danach kommen als Taeter die sogenannten Anti-Imperialistischen Zellen in Frage. Diese Gruppe hat im vergangenen Jahr Sprengstoffanschlaege auf CDU-Geschaeftsstellen in Nordrhein-Westfalen veruebt.


Mehr Proteste bei Gorleben und Phillipsburg

Gorleben. Etwa 100 Demonstranten gegen den geplanten Castor-Atommuelltransport von Phillipsburg nach Gorleben haben voruebergehend die Bahngleise im niedersaechsischen Dannenberg blockiert. Die Polizei draengte die Atomkraftgegner ab. Begleitet von einem starken Polizeiaufgebot demonstrierten im badischen Phillipsburg mehrere 100 Menschen gegen den geplanten Atommuelltransport. Zu der Kundgebung hatten unter anderem die Gruenen aufgerufen. Sie warnten, der erste Atommuelltransport in das Zwischenlager in Gorleben bedeute den Einstieg in den Bau neuer Atomreaktoren. In Dannenberg raeumte die Polizei ein Huettendorf, das Atomkraftgegner in der Naehe der Bahnlinie nach Gorleben errichtet hatten. Der Castorbehaelter mit den abgebrannten Brennstaeben aus Phillipsburg wird voraussichtlich morgen mit der Bahn nach Gorleben transportiert.


Toedlicher Segelflugunfall

Esslingen. Beim Absturz eines Segelflugzeugs ist im Baden-Wuerttembergischen Kreis Esslingen die 25jaehrige Pilotin ums Leben gekommen. Bei Kirchheim-Teck am Rande der Schwaebischen Alb geriet ihr Flugzeug ins Trudeln und stuerzte ab. Zuvor war das Schleppseil gerissen.


Nachrichten vom Damentennis

Tennis: Das deutsche Damenteam ist im Halbfinale des Federation Cups. In Freiburg holte Anke Huber mit einem 6:3, 7:5 Sieg gegen die Japanerin Mana Endo den entscheidenden dritten Punkt. Zum Schluss der Viertelfinalbegegnung hiess es 4:1 fuer Deutschland.


Kommentar der Sueddeutschen: Deutschland wird voller

Erstens: Die Deutschen sterben weiter; In Deutschland wird es enger. Auf diese einfachen Feststellungen laesst sich die vom Bundesbauminister Klaus Toepfer jetzt vorgelegte Bevoelkerungsprognose reduzieren. Woher der scheinbare Widerspruch zwischen den beiden Saetzen ruehrt, ist rasch erklaert: Im Lauf der naechsten 15 Jahre wird die durch die "natuerliche Bevoelkerungsentwicklung" (das ist: durch die Vergreisung der Gesellschaft) bedingte Abnahme der im Lande lebenden Deutschen um 2,6 Millionen durch den zu erwartenden Zuzug von knapp 8 Millionen aus anderen Laendern mehr als wettgemacht werden. Diese Entwicklung mag bedenklich nennen, wer ein Interesse daran hat; vor allem ist sie folgerichtig. Darauf mit hysterischen Auslaenderdebatten und -gesetzen zu reagieren, bringt gar nichts. Insofern war Toepfer gut beraten, als er die Prognose hoechst lakonisch kommentierte - so, als gehe es tatsaechlich nur darum, wo und wie die neu ins Land kommenden Menschen untergebracht und integriert werden koennten. Probleme sieht der Minister dabei vor allem in der weiteren Verdichtung der schon bestehenden Ballungsraeume. Sein Gegenrezept heisst nicht Dezentralisierung (das waere ohnehin eine Illusion), sondern raeumliche Erweiterung jener Regionen. Im einzelnen freilich wirken die von Toepfer vorgeschlagenen Massnahmen arg hausbacken: Ausbau "leistungsfaehigerer Staedte" im weiteren Umland der Ballungsgebiete, Koordinierung von baulandzuweisung, und dergleichen mehr. Wie wir die Bevoelkerungsentwicklung kennen, wird sie sich nicht in solchen administrativ vorgesehenen Bahnen bewegen. Wie waer's mit einem Einwanderungsgesetz? - rast


Quellen

SWF3    10:00 MESZ    13:00 MESZ    16:00 MESZ    19:00 MESZ    21:00 MESZ
Sueddeutsche Zeitung vom    22./23.04.1995