Nach den Wahlen zum Europaeischen Parlament |
Die gestrigen Europawahlen haben den Bonner Regierungsparteien kraeftige
Verluste gebracht, den Unionsparteien dagegen hohe Zugewinne. CDU und CSU
kommen nach dem vorlaeufigen amtlichen Endergebnis auf 48.7 Prozent, das ist
ein Plus von fast 10 Prozent. Die SPD rutschte auf 30.7 Prozent ab. Der
Spitzenkandidat der Sozialdemokraten Klaus Hennsch sagte dazu im bayerischen
Rundfunk: "Es ist uns nicht gelungen, die Waehlerinnen und Waehler
ausreichend zu mobilisieren, vor allem auch das weit verbreitete Desinteresse
an der Europawahl zu ueberwinden und die Waehlerinnen und Waehler fuer
unsere, die SPD-Europapolitik und die Europapolitik der Regierung zu
engagieren. Nicht nur meine Partei, sondern alle Parteien insgesamt werden in
den naechsten vier, fuenf Jahren, also in der naechsten Wahlperiode,
deutlicher machen muessen als bisher, dass in Europa wichtige Entscheidungen
fallen. Das heisst, wir duerfen nicht mehr alles das was wichtig ist auf die
nationale Politik beziehen und nur das, was nicht funktioniert auf Bruessel
lenken."
Bundeskanzler Schroeder raeumte nach der Praesidiumssitzung seiner Partei ein, er trage sicherlich eine Mitverantwortung an der Wahlniederlage der SPD. Der andere Grund fuer das schlechte Abschneiden sei die schlechte Wahlbeteiligung. Der SPD sei es, anders als der Union, nicht gelungen, ihre Waehler zu mobilisieren. Als Antwort auf die Wahlniederlage kuendigte Schroeder an: "Wir haben verstanden. Und wir werden deswegen zum 30. Juni ein wirtschafts- und innenpolitisches Konzept vorlegen, das fuenf Punkte umfassen wird." Erstens soll im Zuge der Unternehmenssteuerreform der Koerperschaftssteuersatz auf 25 Prozent und die Gewerbesteuer um 10 Prozentpunkte gesenkt werden. Zweitens soll das oekologische Steuersystem weiterentwickelt werden. Drittens werde der Familienlastenausgleich wie geplant verbessert und viertens, so Schroeder, gehe er davon aus, dass Finanzminister Eichel sein Sparziel von 30 Milliarden DM erreiche. Fuenftens werde die Bundesregierung gegenueber Bruessel die zugesagte Stabilitaetsorientierung einhalten. CDU-Chef Wolfgang Schaeuble hatte zuvor auf einer Pressekonferenz folgende Analyse aus dem Wahlerfolg der Union gezogen: Das Wahlergebnis ist Ausdruck der Tatsache, dass die Union in den meisten politischen Felder wie die Meinungsumfragen ausweisen, inzwischen wieder einen klaren Kompetenzvorsprung hat." Die Union blicke zuversichtlich auf die bevorstehenden Landtagswahlen. Die Gruenen sackten bei den Europawahlen auf 6.4 Prozent ab, die PDS schaffte mit 5.8 Prozent den Einzug ins Europaparlament. Die FDP kam mit 3 Prozent wieder nicht hinein.
Das Ergebnis hat die Diskussion um die Besetzung der deutschen
EU-Komissionsposten wiederaufleben lassen. Die Union erhob als Konsequenz aus
ihrem Wahlerfolg Anspruch auf einen der beiden Posten in Bruessel. Die CSU
brachte dafuer den frueheren Gesundheitsminister Seehofer ins Gespraech. Die
Gruenen beharrten dagegen trotz ihrer Wahlverluste auf dem Bruesseler Posten. |
Wirtschaft reagiert auf Europawahl |
Als Konsequenz aus dem Ergebnis der Europawahl fordern Wirtschaftsverbaende
und Gewerkschaften die Bundesregierung zu einem Kurswechsel auf, allerdings
mit deutlich unterschiedlichen Akzenten. Fuer eine Staerkung des
wirtschaftlichen Wachstums, mehr Marktwirtschaft und ein Ende der
Umverteilungspolitik plaedierten Sprecher der Wirtschaft. Das Wahlergebnis
spiegelt nach Ansicht des Praesidenten des deutschen Industrie- und
Handelstages, Stihl, den Unmut ueber 630-Mark-Gesetz und weitere Belastung
der Wirtschaft mit Lohnzusatzkosten wieder. IG-Metall-Chef Zwickel dagegen
sprach sich fuer Initiativen zum Abbau der Arbeitslosigkeit auf und forderte
eine Lehrstellengarantie, die Rente mit 60 Jahren und mehr Teilzeitarbeit.
Der bayerische DGB-Vorsitzende und SPD-Politiker Schoesser warf seiner Partei
eine Vernachlaessigung der traditionellen Anhaenger vor und geisselte, so
woertlich, "das Geschwafel von der neuen Mitte". |
Einmarsch der Kosovo-Schutztruppe wird von Todesfaellen ueberschattet |
Der Vormarsch der internationalen Friedenstruppe im Kosovo wird vom Tod von
zwei Deutschen und zwei Serben ueberschattet. Bereits gestern waren zwei
Mitarbeiter des Magazins Stern 40 Kilometer suedlich der Provinzhauptstadt
Pristina von Unbekannten erschossen worden.
Bei einer Schiesserei mit serbischen Heckenschuetzen hatten deutsche
Soldaten gestern zwei Serben getoetet. Insgesamt sind im Kosovo nun rund
14.000 Soldaten der Schutztruppe eingetroffen.
Die deutschen Soldaten haben in Prizren die erste Bewaehrungsprobe bereits
hinter sich. Nach der Schiesserei gestern verhinderten sie heute, dass
abziehende jugoslawische Soldaten und aufgebrachte Albaner zusammenstiessen.
Mit Panzern schirmten sie die verfeindeten Parteien voneinander ab. Dabei
mussten sie der serbischen Armee einige Fahrzeuge volltanken, damit die ihre
Soldaten nach Norden transportieren kann. Dennoch ist Lage aeusserst
angespannt. Die Deutschen rechnen damit, dass sich in den zerstoerten
Doerfern und ausgebrannten Haeusern noch Milizionaere verschanzen. Ausserdem
sollen sich Kaempfer der UCK in der Stadt versteckt haben. Wie
Verteidigungsstaatssekretaer Wichert warnte, haben die Deutschen Prizren
noch nicht im Griff: "Wir haben eine ausserordentlich schwierige
Uebergangszeit zu bewaeltigen bis die Sicherheitskraefte in der Flaeche
stationiert sind. Das wird noch einige Zeit brauchen, bis die Situation in
Prizren unter Kontrolle ist." Der Aufmarsch der deutschen Soldaten geht
ungehindert voran. Nach Angaben von Generalinspekteur von Kempbach sind
inzwischen 1.800 Bundeswehrsoldaten in der Stadt eingetroffen. Eine Nachhut
von etwa 200 Soldaten ist noch unterwegs. |
EU soll tragende Rolle beim Wiederaufbau des Kosovo spielen |
Die Europaeische Union soll wie gewuenscht eine tragende Rolle beim
Wiederaufbau des Kosovo spielen. Nach den Worten von UN-Generalsekretaer Anan
wird die EU fuer die Wiederherstellung der materielen und wirtschaftlichen
Infrastruktur der Provinz zustaendig sein. Die Organisation fuer Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa soll das Rechtssystem und die kommunalen
Verwaltungen wiederherstellen. Die Vereinten Nationen selbst wollen die
Rueckkehr der Kosovo-Vertriebenen ueberwachen und organisieren. Unterdessen
haben die UN-Organisationen mit der Verteilung von Hilfsguetern im Kosovo
begonnen. Sie brachten Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente zu den
Notleidenden. |
Luecken im Verbraucherschutz |
Nach dem belgischen Dioxinskandal soll der Verbraucherschutz in der
Europaeischen Union verbessert werden. Agrarminister Fischler sagte bei dem
Treffen der EU-Landwirtschaftsminister, die zustaendigen Ausschuesse wuerden
ausserdem pruefen, ob Vorschriften noch verschaerft werden muessten. In einer
gemeinsamen Erklaerung kritisierten die Minister die belgische Regierung fuer
Versaeumnisse in der Dioxinaffaire. Ausserdem riefen sie die
EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, Lebensmittel strenger zu kontrollieren.
Die belgische Regierung verbot heute landesweit den Verkauf aller Produkte
der Firma Coca-Cola. Anlass war ein neuer Fall von Gesundheitsbeschwerden bei
Schulkindern, die offenbar durch Coca-Cola aus einem Automaten verursacht
wurden. |
Muenchner OB stellt Buergerentscheid ueber Trambahn in Aussicht |
Der Muenchner Oberbuergermeister Ude will die Buergerinnen und Buerger ueber
die umstrittene Trambahn durch den Englischen Garten abstimmen lassen. Wenige
Stunden nach seiner Wiederwahl erklaerte der Sozialdemokrat, er werde die
Bevoelkerung an die Wahlurnen rufen, wenn der Freistaat das Projekt nach
mehrmonatiger eingehender Pruefung weiterhin ablehne. Woertlich sagte Ude:
"Ich moechte sehen, ob die Staatsregierung die Arroganz hat, sich ueber einen
Buergerentscheid hinwegzusetzen." In den kommenden drei Jahren sollen nach
Udes Worten unter anderem Bauprojekte in der Muenchner Altstadt und entlang
der Bahnstrecke zwischen der Innenstadt und Muenchen Laim verwirklicht
werden. Ausserdem werde es eine endgueltige Entscheidung in der Stadionfrage
geben. |
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