GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 04.07.1995



* Bundesverfassungsgericht: "Streikparagraph" verfassungsgemaess
* Verfassungsschutz: Rechtsextremisten koennen Kampfgase herstellen
* Konstituierende Sitzung der Bremer Buergerschaft: Grosse Koalition gewaehlt
* Beratungen ueber Einsparungen beim BAFoeG
* Scharping bestreitet Verschiebung der Diskussion ueber Steuerreform
* Alternativkonzept der SPD zur Reform der Sozialhilfe
* Moerder an deutscher Touristin zu lebenslanger Haft verurteilt
* Querelen um Wahl Gauweilers zum Muenchner CSU-Vorsitzenden
* Baden-Wuerttemberg: Verbesserungen beim Landeserziehungsgeld
* Baden-Wuerttemberg erwirbt Kunstschaetze im Wert von 45 Mio. DM
* Boerse: Fester



Bundesverfassungsgericht: "Streikparagraph" verfassungsgemaess

Karlsruhe. Der Paragraph 116 des Arbeitsfoerderungsgesetzes ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht heute. Der umstrittene Paragraph war vor neun Jahren geaendert worden. Danach bekommen von einem Streik mittelbar Betroffene kein Kurzarbeitergeld, wenn in ihrem Betrieb aufgrund eines Streiks in einem anderen Tarifgebiet die Arbeit eingestellt wird. Voraussetzung ist, dass die Hauptforderung im Arbeitskampf dieselbe ist und das Ergebnis im anderen Tarifbezirk uebernommen werden soll. Die IG Metall sah darin die Tarifautonomie verletzt; sie fuerchtete um ihre Streikfaehigkeit. Auch vier Bundeslaender und 202 Bundestagsabgeordnete der SPD hatten sich dem Verfahren angeschlossen. Im April hatte die muendliche Verhandlung stattgefunden. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wird durch das Gesetz nicht in die Tarifautonomie eingegriffen. Allerdings wuerden die Gewerkschaften in ihrer Streikfaehigkeit beeintraechtigt. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber in der Zukunft Massnahmen zur Wahrung der Tarifautonomie treffen muesse. IG Metall und SPD verwiesen auf diese Aussage des Gerichts und sprachen trotz ihrer Niederlage von einem beachtlichen Teilerfolg. Bundesregierung und Arbeitgeber begruessten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Bundesarbeitsminister Bluem sagte, die Entscheidung diene dem Rechtsfrieden. Kritik gab es von seiten der Gewerkschaften und der SPD. Die Sozialdemokraten kuendigten an, sie wollten mit einer neuen Gesetzesinitiative eine Reform zugunsten der Gewerkschaften erreichen.


Verfassungsschutz: Rechtsextremisten koennen Kampfgase herstellen

Mainz. Der Verfassungsschutz vermutet, dass Rechtsextremisten Kampfgas herstellen koennen. Bei einem Anhaenger der verbotenen "Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands" wurden entsprechende Chemikalien und Broschueren gefunden.


Konstituierende Sitzung der Bremer Buergerschaft: Grosse Koalition gewaehlt

Bremen. Zum ersten Mal seit 1959 wird die Hansestadt wieder von einer grossen Koaltion regiert. Auf ihrer konstituierenden Sitzung waehlte die Buergerschaft den bisherigen Justiz- und Bildungssenator Henning Scherf, SPD, zum Regierungschef. Scherf behaelt auch das Amt des Justizsenators. Sein Stellvertreter wurde der CDU-Politiker Ulrich Noelle, der zugleich das Finanzressort uebernimmt. In der Koalition stellen SPD und CDU je vier Senatoren. Scherf und Noelle aeusserten sich optimistisch ueber ihre kuenftige Zusammenarbeit. Der Koalitionsvertrag sieht angesichts der Finanzmisere in Bremen harte Sparmassnahmen vor.


Beratungen ueber Einsparungen beim BAFoeG

Bonn. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion beraet ueber Einsparungen beim BAFoeG. Danach soll die Beihilfe wie bisher zur Haelfte als Zuschuss bezahlt werden. Die andere Haelfte soll aber bereits zwei Jahre nach Studienende mit rund acht Prozent verzinst werden. Fuer den Hoechstsatz wuerde das eine Zinsschuld von insgesamt zusaetzlich etwa 15.000 DM bedeuten. Der Bundeshaushalt wuerde durch diese Massnahme um 750 Mio. DM jaehrlich entlastet. SPD-Chef Scharping sprach von einem "unsozialen Schnellschuss". Wer BAFoeG bekomme, stamme meistens aus finanziell beengten Verhaeltnissen. Es sei nicht einzusehen, warum ausgerechnet diese Studenten den Bundeshaushalt sanieren sollten.


Scharping bestreitet Verschiebung der Diskussion ueber Steuerreform

Bonn. Der SPD-Vorsitzende Scharping hat bestritten, dass seine Partei mit der Bonner Koalition eine Verschiebung der Diskussion ueber eine oekologische Steuerreform auf Herbst vereinbart habe. Eine solche Uebereinkunft sei nicht getroffen worden, sagte Scharping heute in Bonn. Nach einem Spitzengespraech zum Jahressteuergesetz hatte es gestern von seiten der SPD und der Koalition geheissen, man wolle die Diskussion um die Oekosteuern verschieben. Die Bonner Koalition billigte inzwischen den bisherigen Beratungsstand im Vermittlungsverfahren zum Jahressteuergesetz 1996.


Alternativkonzept der SPD zur Reform der Sozialhilfe

Bonn. Der SPD-Vorsitzende Scharping hat heute ein Alternativkonzept zur Reform der Sozialhilfe vorgestellt. Darin wird gefordert, die Sozialhilfe wieder auf die Personen zu begrenzen, denen anders nicht geholfen werden koenne. Arbeitsfaehige Sozialhilfeempfaenger sollten in die Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden. Kindergeld und Wohngeld muessten angehoben werden, damit Familien nicht zu Sozialhilfeempfaengern wuerden. Fuer Behinderte soll nach Vorstellungen der SPD ein eigenes Leistungsgesetz geschaffen werden. Scharping und SPD-Sozialexperte Dressler sagten, es muesse zur Regel werden, dass die sozialen Sicherungssysteme den Menschen ausreichende Hilfe geben. Die Reformplaene von Bundesgesundheitsminister Seehofer lehnten beide ab.


Moerder an deutscher Touristin zu lebenslanger Haft verurteilt

Miami. Zu lebenslangen Hafstrafen hat ein Gericht in Miami die beiden US-Amerikaner verurteilt, die im April 1993 in Florida eine deutsche Touristin ausgeraubt und ermordet hatten. Die beiden waren Ende Juni von den Geschworenen des Mordes fuer schuldig befunden worden. Sie hatten vor ueber zwei Jahren den Mietwagen der Touristin gerammt, sie anschliessend beraubt und ueberfahren. Nach dem Gerichtsurteil koennen die beiden fruehestens in 25 Jahren begnadigt werden.


Querelen um Wahl Gauweilers zum Muenchner CSU-Vorsitzenden

Muenchen. Der CSU-Landtagsabgeordnete Wilhelm wird moeglicherweise die Wiederwahl Peter Gauweilers zum Muenchner CSU-Vorsitzenden anfechten. Wilhelm sagte aber, er wolle sich zuerst mit dem CSU-Generalsekretaer Protzner absprechen. Juristisch gesehen sei Gauweiler vom Parteivorsitz zurueckgetreten. Die Willensbildung der Delegierten werde zu einer Farce, wenn Vorsitzende so lange gewaehlt wuerden, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden seien. Gauweiler erklaerte, er werde auch bei einer Wahlwiederholung erneut kandidieren und forderte Wilhelm auf, sich dann als Gegenkandidat zu stellen. Gauweiler war gestern abend auf dem Bezirksparteitag der CSU in Muenchen zunaechst mit 89 Ja- gegen 33 Neinstimmen bestaetigt worden. Als jedoch seine Stellvertreter bei den folgenden Wahlgaengen zum Teil bessere Ergebnisse erzielten, erklaerte er seinen Ruecktritt. Zahlreiche Delegierte versuchten daraufhin, ihn umzustimmen. Mit einem Geschaeftsordnungsantrag wurde schliesslich darueber abgestimmt, ob Gauweiler die Wahl doch noch annehmen solle. Daraufhin votierten 106 Delegierte mit Ja, fuer Gauweiler Anlass, die Wahl anzunehmen. Unterdessen hat sich auch CSU-Chef Waigel in die Affaere eingeschaltet. Waigel verlangte, die Vorgaenge muessten unverzueglich geklaert werden.


Baden-Wuerttemberg: Verbesserungen beim Landeserziehungsgeld

Stuttgart. Vom kommenden Jahr an werden in Baden-Wuerttemberg weitere 9.000 Familien das Landeserziehungsgeld erhalten. Das Kabinett in Stuttgart beschloss eine Anhebung der Einkommensgrenze von monatlich 2.000 DM auf 2.450 DM in zwei Stufen bis 1998. Das Landeserziehungsgeld schliesst sich an das Erziehungsgeld des Bundes an und betraegt fuer das dritte Lebensjahr des Kindes 400 DM.


Baden-Wuerttemberg erwirbt Kunstschaetze im Wert von 45 Mio. DM

Stuttgart. Das Land Baden-Wuerttemberg uebernimmt aus der badischen Markgrafensammlung Kunstschaetze im Wert von rund 45 Mio. DM. Das teilte Kunstministerin Unger-Soyka heute in Karlsruhe mit. Durch die Kombination von Kauf, Leihgaben, Geschenken, Sponsoren und Drittmitteln sei jetzt ein Paket von 30 Mio. DM. geschnuert worden. Die Summe der schon frueher erworbenen Gegenstaende bezifferte sie auf rund 15 Mio. DM. Markgraf Max von Baden will sich aus finanziellen Gruenden von Kunstwerken und Antiquitaeten aus seinem Besitz trennen.


Boerse: Fester

DAX      2.110  ( + 18 )
1 US-$   1,3805 DM, 16:30 MESZ



Quellen

SDR3    09:00 MESZ    11:00 MESZ    15:00 MESZ
SWF3    07:00 MESZ
B5    13:16 MESZ    17:15 MESZ