GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 02.12.1996



* Hohe Haftstrafen im Mahlow-Prozess
* Portoerhoehung zum 1. September 1997
* Kohl und Kinkel fuer staerkere Integration Osteuropas
* Waigel zuversichtlich fuer Stabilitaetspakt
* Waigel will Mehrwertsteuer auf 17% erhoehen
* CDU sieht Moeglichkeiten zur Senkung des Rentenniveaus
* Erste Haustarifvertraege in der Suesswarenbranche
* Proteste gegen die Bonner Gesundheitspolitik
* WEU will ihre Position in der NATO staerken
* Staatsakt zum Gedenken an Hans Klein
* Verkauf der Berliner Bewag bereits weit fortgeschritten
* Demonstration gegen SKET-Aufteilung
* Bluem gegen Scientologen im oeffentlichen Dienst
* Disziplinarverfahren gegen OLG-Praesident Henrichs
* Das Wetter



Hohe Haftstrafen im Mahlow-Prozess

Potsdam. Das Landgericht Postdam hat heute zwei junge Rechtsradikale wegen eines Angriffs auf farbige britische Bauarbeiter in Mahlow zu acht bzw. fuenf Jahren Gefaengnis verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Unfall im Juni von den beiden 18 und 24 Jahre alten Maennern verursacht wurde.

Die beiden verurteilten Jugendlichen hatten die Briten verfolgt und schwer verletzt. Das Auto der Briten prallte gegen einen Baum und ueberschlug sich, nachdem die Jugendlichen einen Stein darauf geschleudert hatten. Dabei erlitt einer der Briten so schwere Verletzungen, dass er seitdem querschnittsgelaehmt ist.

In seiner Urteilsbegruendung verwies der vorsitzende Richter auf die zunehmende Auslaenderfeindlichkeit unter Jugendlichen, die immer aggressiver und offener zutage trete. Damit verbindet er gleich einen Tadel an die Adresse des Verfassungsschutzes, der noch in diesem Jahr von einer Konsolidierung rechtsextremer Gewalttaten auf einem relativ niedrigen Niveau gesprochen habe. Davon kann keine Rede sein, mahnt Richter Klaus Tschibilla (sp?) auch mit Blick auf die Horde kahlgeschorener Juenglinge, die den Zuschauerteil des Gerichts bevoelkert und die Urteilsverkuendung mit einem frechen "Das kann ja wohl nicht wahr sein" kommentiert haben, um den Saal dann unter lautem Stiefelknallen zu verlassen.


Portoerhoehung zum 1. September 1997

Die Deutsche Post AG darf das Porto fuer Briefe und Postkarten zum 1. September 1997 erhoehen. Das hat der Postregulierungsrat von Bund und Laendern heute in Bonn entschieden. Ein Brief wird nach der Portoerhoehung DM 1,10, eine Postkarte eine Mark kosten. Auch Zusatzleistungen, wie Einschreiben, Wertbriefe oder Eilzustellung, sowie groessere Briefe sollen demnach teurer werden. Die Post AG erhofft sich dadurch jaehrliche Mehreinnahmen von rund 800 Millionen Mark. Der Entscheidung war ein heftiger Streit um die Postgebuehren wie auch um die Plaene der Post zur Schliessung unrentabler Filialen vorausgegangen. FDP und SPD hatten sich gegen eine fruehere Portoerhoehungen gewandt.


Kohl und Kinkel fuer staerkere Integration Osteuropas

Russland hat sich erneut gegen eine Osterweiterung der NATO ausgesprochen. Ministerpraesident Tschernomyrdin sagte auf dem OSZE-Gipfel in Lissabon, sein Land sei gegen die Plaene der NATO, sich in Richtung Russland auszudehnen. Der russische Praesident Jelzin warnte in einer schriftlichen Erklaerung vor einer neuen Teilung Europas. US-Vizepraesident Gore sprach sich fuer eine Verstaendigung zwischen der NATO und Russland aus. Auch Bundesaussenminister Kinkel forderte im ZDF eine weitere Integration Russlands. Er sagte, dass die zentrale und auch auf dieser OSZE-Konferenz stragegisch entscheidende Frage waere, zu erreichen, Russland mit einzubeziehen und nicht auszugrenzen. Ohne Russland, so Kinkel weiter, werden wir in Europa keine Ruhe, keinen Frieden und keine fuer alle ausreichende Sicherheit haben.

Bundeskanzler Kohl plaedierte am Abend fuer die Einbeziehung Russlands in eine neue Sicherheitsstruktur. Er rief die OSZE-Mitglieder zudem auf, staerker als bisher auf Osteuropa zuzugehen. Es sei nicht akzeptabel, dass die polnische Westgrenze auf Dauer die Ostgrenze der Europaeischen Union bleibe. Kohl betonte, im zusammenwachsenden Europa muessten Russland und die Ukraine einen ihrer Groesse und Bedeutung entsprechenden Platz einnehmen.


Waigel zuversichtlich fuer Stabilitaetspakt

Bundesfinanzminister Waigel hat sich zuversichtlich ueber eine Einigung aller Mitgliedslaender fuer den Stabilitaetspakt zur Europaeischen Waehrungsunion geaeussert. Die Deutschen haetten gute Argumente, um die Teilnehmer am Waehrungssystem zu ueberzeugen, sagte Waigel heute nach seiner Ankunft beim EU-Finanzministertreffen in Bruessel. Der Stabilitaetspakt soll die Haushaltsdisziplin der Mitgliedsstaaten der fuer 1999 geplanten Europaeischen Waehrungsunion sicherstellen.


Waigel will Mehrwertsteuer auf 17% erhoehen

Bonn. Die Plaene fuer die Erhoehung der Mehrwertsteuer werden immer konkreter. Die Steuerreform-Kommission unter Leitung von Bundesfinanzminister Waigel habe auf ihrer Sitzung am Wochenende darueber diskutiert, diese Steuer von jetzt 15% auf 17% anzuheben, hiess es aus Teilnehmerkreisen. Mit den zusaetzlichen Einkuenften koennten dann Ausfaelle aus der geplanten Steuerreform im Jahre 1999 ausgeglichen werden. Die FDP kritisierte eine Diskussion ueber die Erhoehung der Mehrwertsteuer zum jetzigen Zeitpunkt als schaedlich.


CDU sieht Moeglichkeiten zur Senkung des Rentenniveaus

Bonn. Der Sozialverband VDK hat der Bundesregierung vorgeworfen, mit Untersuchungsergebnissen ueber den raschen Anstieg von Rentnereinkommen einen Abbau des Rentenniveaus vorzubereiten. Verbandschef Hirlinger (sp?) kritisierte, dass die Koalition aus CDU, CSU und FDP mit Hilfe eines unverantwortlichen Zahlenmischmasches nach einem Vorwand fuer einen drastischen Sozialabbau bei den Renten suche. Hirlinger bezog sich auf eine am Wochenende bekannt gewordenen Untersuchung fuer das Bundesarbeitsministerium, in der es heisst, die Einkommen der Rentner in Deutschland seien in den vergangenen Jahren schneller gestiegen, als die der Erwerbstaetigen. Die CDU hatte daraufhin erklaert, die Studie lasse Spielraeume fuer eine Senkung des Rentenniveaus erkennen.


Erste Haustarifvertraege in der Suesswarenbranche

Hamburg. Nach einer Woche Streik in der westdeutschen Suesswarenbranche haben die ersten Unternehmen die volle Lohnfortzahlung fuer Kranke garantiert. Entsprechende Tarifvertraege seien mit Lindt in Aachen und Bifa (sp?) in Deidersheim (sp?) geschlossen worden, sagte ein Gewerkschaftssprecher. Im Gegenzug fuer 100% Lohn im Krankheitsfall haetten sich die Belegschaften bereit erklaert, den Krankenstand in den Betrieben zu senken.

Laut Gewerkschaft sind inzwischen 9.000 Beschaeftigte der Suesswarenindustrie in den unbefristeten Ausstand getreten. Auch in Berlin werden mehrere Unternehmen bestreikt.


Proteste gegen die Bonner Gesundheitspolitik

Bonn. Die Proteste gegen die Gesundheitspolitik der Regierung nehmen immer mehr zu. Die Anbieter ambulanter Pflegedienste warnten davor, bei der haeuslichen Krankenpflege Leistungen zu kuerzen oder auszugrenzen. Der Begriff "Gestaltungsspielraum fuer die Krankenkassen" werde sich immer mehr zu einem Kuerzungsspielraum entwickeln, sagte ein Sprecher der Deutschen Gesellschaft fuer Versicherte und Patienten. Fuer morgen riefen die Berufsverbaende der Logopaeden, Beschaeftigungstherapeuten, Krankengymnasten und Masseure zu einer Demonstration in Bonn auf.


WEU will ihre Position in der NATO staerken

Die parlamentarische Versammlung der Westeuropaeischen Union hat heute in Paris mit ihrer traditionellen Herbsttagung begonnen. Bei den Beratungen wird es insbesondere um die Reform der NATO und um die Staerkung des europaeischen Einflusses in der Allianz gehen. Die WEU soll zudem die Moeglichkeit erhalten, ohne amerikanische Beteilung begrenzte Einsaetze in Krisengebieten und unter Verwendung militaerischer Einrichtungen der NATO durchzufuehren.


Staatsakt zum Gedenken an Hans Klein

Bonn. Der Deutsche Bundestag hat mit einem Staatsakt Abschied vom Bundestagsvizepraesidenten Hans Klein genommen. Der 65jaehrige CSU-Politiker war am vergangenen Dienstag an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben. Bundestagspraesidentin Suessmuth wuerdigte Klein als einen hoch angesehenen und engagierten Politiker. Er habe die Politik Deutschlands mitgestaltet und sich als Minister fuer wirtschaftliche Entwicklung grosse Verdienste erworben.


Verkauf der Berliner Bewag bereits weit fortgeschritten

Der Verkauf der Berliner Landesanteile der Bewag ist offenbar weiter fortgeschritten, als bisher bekannt. Nach einem Bericht der Berliner Tageszeitung hat die Finanzverwaltung damit begonnen, die Vorkaufsrechte deutscher Konzerne an dem Stromverteiler streichen zu lassen. Dies haetten Nachfragen, beispielsweise bei der Preussen Elektra, ergeben. Buendnis90/Die Gruenen verurteilten diese vermuteten Planungen. Die finanzpolitische Sprecherin Michaele Schreyer forderte im Inforadio, die Finanzverwaltung solle offenlegen, ob das Land die Konzerne finanziell fuer ihre Vorkaufsrechte entschaedigt habe. Sie sagte weiter, dass es allerdings die Position von Buendnis90/Die Gruenen sei, dass ueberhaupt nicht verkauft werden sollte oder dass zumindestens eine Sperrminoritaet der Bewag erhalten bleiben sollte. Dies sei auch die Sachlage des Koalitionsbeschlusses [von CDU und SPD] und von Seiten des SPD-Parteitages, ueber die sich die Finanzsenatorin allerdings hinwegsetze.


Demonstration gegen SKET-Aufteilung

Rund 1.000 Beschaeftigte der Magdeburger SKET Schwermaschinenbau GmbH haben heute gegen die geplante Aufteilung des Unternehmens demonstriert. Sie zogen vom Werksgelaende zur Kanzlei des vorlaeufigen Verwalters. SKET hatte Mitte Oktober die Gesamtvollstreckung beantragt. Anschliessend einigte man sich auf eine Auffangloesung, die die Bildung von fuenf eigenstaendigen Gesellschaften vorsieht. Von den ehemals 1.500 Stellen sollen 425 erhalten bleiben. Die Buergerinitiative "Rettet SKET" und der Betriebsrat der Schwermaschinenbau Magdeburg wollen morgen in Bonn Bundeskanzler Kohl rund 10.000 Solidaritaetsunterschriften ueberbringen.


Bluem gegen Scientologen im oeffentlichen Dienst

Bundesarbeitsminister Bluem hat sich gegen Anhaenger der Scientology-Organisation im oeffentlichen Dienst ausgesprochen. Bei einer Veranstaltung der Jungen Union vor dem Gebaeude der Hamburger Scientologen sagte Bluem heute, er wolle nicht, dass seine Kinder von Lehrern mit totalitaerer Gesinnung erzogen wuerden. Die Demokratieverachtung der Organisation sei bekannt. Dennoch plaediere er nicht fuer ein Verbot, betonte der Minister. Er setze stattdessen auf die Kraft der Argumente.


Disziplinarverfahren gegen OLG-Praesident Henrichs

Das hessische Justizministerium strebt gegen den Praesidenten des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main, Horst Henrichs, ein Disziplinarverfahren an. Entsprechende Schritte wuerden jetzt eingeleitet, sagte Justizminister von Plotnitz (sp?) heute in Wiesbaden. Die CDU-Landstagsfraktion sprach von einer ueberfaelligen Entscheidung. Sie will gemeinsam mit der FDP die Entlassung des Minister beantragen. In der Affaere geht es um ein Gutachten Henrichs fuer die IG Metall, das mit 1,3 Millionen Mark honoriert wurde.


Das Wetter

Die Lage: Tiefdruckgebiete ueber dem Nordatlantik lenken in den naechsten Tagen wolkenreiche, aber relativ milde Meeresluft nach Deutschland. Die Vorhersage: Nachts noch einzelne Schauer, morgen von Nordwesten einsetzender Dauerregen; Schneefallgrenze auf ueber 800m steigend. Im Sueden und Osten teilweise aufheiternd. Tageshoechsttemperaturen 2-8 Grad. Die weiteren Aussichten bis Donnerstag: im Alpenvorland zum Teil foehnig aufgeheitert, sonst unbestaendig mit zeitweiligen Regenfaellen und mild.


Quellen

Radio Fritz    18:30 MEZ    19:30 MEZ    20:30 MEZ
Inforadio BB    18:40 MEZ
Radio B Zwei    19:00 MEZ
Deutschlandfunk    20:00 MEZ