GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 13.11.1996



* Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes
* Schlagabtausch ueber Kuerzungen im Arbeitsetat
* Verhaftung des Ex-Chefs der DDR-Grenztruppen
* Wesentliche Korrektur am Krankenkassen-Spargesetz
* Neue Abgassteuer soll ab 1. April gelten
* Parteiuebergreifender Entwurf fuer Nichtraucherschutzgesetz
* Studentenproteste in Baden-Wuerttemberg
* Krise der baden-wuerttembergischen Sportverbaende
* Urteil im Prozess um Finanzskandal in Wolfratshausen
* Fritsche neuer Chef der baden-wuerttembergischen Metallarbeitgeber
* In eigener Sache



Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Dresden. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB, Schulte, hat zum Auftakt des DGB-Bundeskongresses Regierung und Arbeitgeber scharf kritisiert. In seiner Grundsatzrede sagte Schulte, Bundesregierung und Arbeitgeber setzten den sozialen Frieden aufs Spiel. Den Arbeitgebern hielt er vor, Kuerzungen bei der Lohnfortzahlung fuer Kranke seien entwuerdigend. Die Gewerkschaften wuerden den vollen Lohn sowohl in der Wirtschaft als auch im Oeffentlichen Dienst mit vereinten Kraeften verteidigen. "Wir stehen vor harten Auseinandersetzungen", so Schulte woertlich. Die Gewerkschaften koennten kaempfen, das haetten sie den Brandstiftern in diesem Lande gezeigt. Schulte forderte vor 600 Delegierten eine Umverteilung von oben nach unten. Er raeumte aber die Notwendigkeit ein, Sozialstaat und Tarifvertraege zu reformieren. Der DGB-Bundesvorstand haelt ausserdem an dem Ziel fest, bis zum Jahr 2000 die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu halbieren. Das geht aus einem entsprechenden Antrag des Gremiums hervor. An die Adresse der Bonner Regierungskoalition sagte Schulte, sie sei verantwortlich fuer den "Heissen Herbst", fuer soziale Unruhe in den Betrieben, fuer die wirtschaftlichen Schaeden und das vergiftete soziale Klima. Schulte appellierte an die Delegierten, das neue Grundsatzprogramm zu verabschieden. Jetzt muessten Wegweiser aufgestellt werden. Bei dem bis Samstag dauernden Kongress sollen die Delegierten ein neues Grundsatzprogramm verabschieden und damit den politischen Kurs des DGB abstecken. Obwohl mehr als drei Jahre ueber das Programm beraten wurde, liegen dem Kongress bereits 570 Aenderungsantraege vor. Das bisherige Grundsatzprogramm stammt aus dem Jahr 1981 und kreist noch um den Gegensatz von Kapital und Arbeit. Im neuen Programm will der DGB dagegen feststellen, dass die soziale Marktwirtschaft besser geeignet ist als andere Systeme, die Ziele der Gewerkschaften zu erreichen. Gegen diese Auffassung gibt es Widerstand in mehreren Einzelgewerkschaften. IG-Metall-Chef Zwickel hatte angekuendigt, den Kongress platzen zu lassen, wenn das Programm nicht angenommen wird. Zwickel erklaerte, seit 1981 habe sich die Welt weitergedreht. Falls das neue Programm nicht beschlossen werde, reise die IG Metall ab.


Schlagabtausch ueber Kuerzungen im Arbeitsetat

Bonn. Einen Tag vor den abschliessenden Beratungen des Haushaltsausschusses ueber den Etatentwurf fuer 1997 haben Koalition und Opposition im Bundestag heftig ueber die Kuerzungen bei der Bundesanstalt fuer Arbeit gestritten. Der SPD-Abgeordnete Ostertag forderte Arbeitsminister Bluem zum Ruecktritt auf, weil er nicht mehr in der Lage sei, etwas fuer die Arbeitslosen zu tun. Die Streichung von einer Milliarde Mark zusaetzlich werde zu hoeherer Arbeitslosigkeit fuehren. Sein Fraktionskollege Andres erklaerte, die Einsparungen fuehrten zur Streichung von 40.000 Weiterbildungsmassnahmen. Bluem sagte, von der Kuerzung seien nur Massnahmen in den westdeutschen Bundeslaendern betroffen. Er betonte, es sei sinnvoll, neue Instrumente wie Lohnkostenzuschuesse zu nutzen und dafuer die Loehne bei Arbeitsbeschaffungsmassnahmen zu verringern und bei der Fortbildung zu kuerzen.


Verhaftung des Ex-Chefs der DDR-Grenztruppen

Berlin. Einen Tag nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ueber die Todesschuesse an der innerdeutschen Grenze ist der ehemalige Chef der DDR-Grenztruppen Klaus-Dieter Baumgarten verhaftet worden. Ein Justizsprecher sagte, der Erlass des Haftbefehls wegen des Verdachts des Totschlags an DDR-Fluechtlingen sei die Konsequenz aus dem gestrigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Baumgarten war Anfang September vom Berliner Landgericht wegen der Toetung von DDR-Fluechtlingen an der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte nach den Feststellungen des Gerichts die jaehrlichen Befehle zur DDR-Grenzsicherung unterzeichnet, die Anordnungen zum Schusswaffengebrauch und zum Verlegen von Minen und Selbstschussanlagen enthielten. Der Justizsprecher erklaerte, die Hoehe der Strafe begruende aus Sicht der Grossen Strafkammer Fluchtgefahr.


Wesentliche Korrektur am Krankenkassen-Spargesetz

Bonn. Union und FDP haben ihr Spargesetz fuer die gesetzlichen Krankenkassen in einem wesentlichen Punkt korrigiert. Die Kassen sollen nun doch ihre Beitragssaetze erhoehen koennen, ohne dass automatisch die Selbstbeteiligung der Versicherten steigt. Bedingung ist, dass die Kassen ihren Beitrag nur deswegen erhoehen, weil sie in den Risikostrukturausgleich zahlen mussten oder nicht genug aus diesem Ausgleich erhalten. Ausserdem muessen sie belegen, dass sie trotz aller Bemuehungen ein vorhandenes Etatdefizit nicht ausgleichen konnten. Das erste Neuordnungsgesetz zur gesetzlichen Krankenversicherung wurde entsprechend geaendert; uebermorgen soll es vom Bundestag beschlossen werden. Heftige Kritik an den Gesetzentwuerfen der Bundesregierung zur Gesundheitsreform kam erneut von der SPD. Sie befuerchtet, dass den Versicherten 1997 hoehere Beitraege und Zuzahlungen drohen, die mehrere tausend Mark im Jahr erreichen koennten.


Neue Abgassteuer soll ab 1. April gelten

Bonn. Nach dem Willen der Bundesregierung soll die neue Abgassteuer zum 1. April des kommenden Jahres inkrafttreten. Der Finanzausschuss des Bundestages beschloss den Gesetzentwurf gegen die Stimmen der Opposition. Ein Scheitern im Bundesrat gilt als sicher. Der Gesetzentwurf sieht Steuerbefreiungen zwischen 250 und 1.200 DM vor, abhaengig davon, welche Abgaswerte die Autos erfuellen.


Parteiuebergreifender Entwurf fuer Nichtraucherschutzgesetz

Bonn. Nichtraucher sollen kuenftig am Arbeitsplatz vor Tabakqualm rechtlich geschuetzt werden. Das sieht ein gemeinsamer Gesetzentwurf vor, den heute 136 Abgeordnete aus CDU, CSU, SPD und FDP in Bonn verbreiteten. Danach drohen bei Vertstoessen gegen das Rauchverbot Geldbussen. Arbeitgeber sollen bis zu 5.000 DM bezahlen, wenn sie die Vorschriften nicht durchsetzen. Fuer Raucher koennen dem Entwurf zufolge aber gesonderte Raeume als Raucherzonen eingerichtet werden. Ein generelles Rauchverbot soll auch in allen oeffentlichen Gebaeuden und Verkehrsmitteln gelten. In Hotels und Gaststaetten soll weiterhin jeder Betreiber selbst entscheiden koennen, wie er verfaehrt. Bereits gestern hatten Buendnis 90/Die Gruenen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, der auch Gaststaetten in das Rauchverbot einschliessen wuerde.


Studentenproteste in Baden-Wuerttemberg

Stuttgart. Rund 600 Studenten haben vor dem baden-wuerttembergischen Landtag gegen die Einfuehrung von Studiengebuehren demonstriert. Der Protest richtete sich gegen die von der Landesregierung beschlossenen Einschreibegebuehren von 100 DM im Semester sowie 1.000 DM pro Semester fuer Langzeitstudierende. Am Vormittag hatte sich der Landtag mit der modernen Kommunikationstechnik befasst. Die Landesregierung kuendigte an, sie werde auch kuenftig den Multimediabereich foerdern. Der Landtag lehnte einen Antrag der oppositionellen SPD ab, das vor zwei Wochen gescheiterte millionenteure Multimediaprojekt weiter zu betreiben.


Krise der baden-wuerttembergischen Sportverbaende

Stuttgart. Die baden-wuerttembergischen Sportverbaende stecken in einer Krise. Einen Tag nach seinem Ruecktritt als Praesident des Landessportverbandes Baden-Wuerttemberg legte der fruehere Stuttgarter Buergermeister Thieringer auch das Amt des Praesidenten des Wuerttembergischen Landessportbundes nieder. Thieringer erklaerte, er ziehe damit aus Gruenden der Selbstachtung die Konsequenz aus einem bis ins Persoenliche reichenden Streit mit dem Praesidenten des Badischen Sportbundes Heffner. Thieringer woertlich: "Ich bin lange genug diffamiert worden. Es war Zeit zu handeln".


Urteil im Prozess um Finanzskandal in Wolfratshausen

Muenchen. Im zweiten Prozess um den Steuerskandal in Wolfratshausen hat das Landgericht einen 43jaehrigen Finanzbeamten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts hatte sich der Angeklagte der Steuerhinterziehung und der Bestechlichkeit schuldig gemacht, mit einem - mittlerweile beglichenen - Steuerschaden von 304.000 DM. Der Beamte habe aber nicht aus Gewinnsucht gehandelt, sondern Angehoerige und Freunde unterstuetzt.


Fritsche neuer Chef der baden-wuerttembergischen Metallarbeitgeber

Stuttgart. Klaus Fritsche, Mitglied des Vorstandes von Alcatel-SEL, wird neuer Vorsitzender des Verbandes der Metallindustrie Baden-Wuerttemberg. Fritsche tritt im Januar die Nachfolge von Dieter Hundt an, dem designierten Chef der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbaende.


In eigener Sache

Leider wurden durch ein Versehen gestern nicht die aktuellen Boersenkurse veroeffentlicht, sondern eine Woche alte, genauer die vom 05.11.1996.


Quellen

SDR3    10:00 MEZ    12:00 MEZ    16:00 MEZ    18:00 MEZ
B5    09:15 MEZ    12:15 MEZ    15:45 MEZ    18:15 MEZ