GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 14.05.1995



* Landtagswahlen in NRW und Bremen
* Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Wahlen in Bremen und NRW
* Kommentar zu den Wahlen in Bremen und NRW
* Studentenwerk fordert Totalerneuerung der Studienfoerderung
* Schmidt fuer Abschaffung des Solidaritaetszuschlages
* Bundestagspraesidentin Suessmuth in Israel
* Kanther kritisiert Italien
* Keine fristgerechte Einfuehrung der europaeischen Waehrung
* Ost-Lehrstellenoffensive gefordert
* Andrej Medvedev gewinnt die German Open
* Schumacher gewinnt Grossen Preis von Spanien
* Steuerdebatten und kein Ende (Kommentar)
* Der Eurofighter 2000 (Kommentar)



Landtagswahlen in NRW und Bremen

Duesseldorf/Bremen. In Nordrhein-Westfalen und Bremen fanden heute Landtagswahlen statt. Im bevoelkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfahlen waren rund 13 Mio. Buerger zur Landtagswahl aufgerufen. Ministerpraesident Rau (SPD) wollte die absolute Mehrheit seiner Partei verteidigen. Rau regiert in Duesseldorf seit 1978. Die CDU hatte als Spitzenkandidaten den Vorsitzenden ihrer Landtagsfraktion Linsen aufgestellt. In Bremen sollten etwa 500.000 Wahlberechtigte ueber die Zusammensetzung der Buergerschaft entscheiden. Neuwahlen wurden dort erforderlich, nachdem die Ampelkoalition vergangenen Februar vor Ablauf der Legislaturperiode zerbrochen war. Gegen den sozialdemokratischen Buergermeister Wedemeier kandidierte erneut der CDU Politiker Noelle.


Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Wahlen in Bremen und NRW

Duesseldorf. In Nordrhein-Westfalen und in Bremen haben die Landeswahlleiter am Abend die vorlaeufigen amtlichen Endergebnisse der Landtagswahl bekanntgegeben. In dem bevoelkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen haben die Parteien folgende Stimmenanteile erzielt: SPD 46%, CDU 37,7%, Gruene 10%, FDP 4%. Die Sozialdemokraten sind mit 108 Abgeordneten im Duesseldorfer Landtag vertreten, die CDU mit 89 und die Gruenen mit 24. Die Wahlbeteiligung lag mit 64,1% deutlich unter der von 1990. Bremen. Auch aus dem kleinsten Bundesland liegt das vorlaeufige Endergebnis vor. SPD 33,4%, 37 Abgeordnete; CDU 32,6%, ebenfalls 37 Abgeordnete; Gruene 13,1%, 14 Abgeordnete; die Waehlergemeinschaft AFB, eine Absplitterung vom rechten SPD-Rand, erzielte 10,7% und ist in der neuen Buergerschaft auf Anhieb mit 12 Abgeordneten vertreten. Freie Demokraten, DVU und PDS scheiterten an der 5%-Huerde. Die Wahlbeteiligung in Bremen betrug 68,6% und war damit geringer als 1991.


Kommentar zu den Wahlen in Bremen und NRW

Duesseldorf. In NRW verlor die SPD nach 15 Jahren ihre absolute Mehrheit. Ministerpraesident Rau koennte aber, falls er will, an der Spitze einer rot-gruenen Koalition im Amt bleiben. Die Gruenen verbesserten ihr Ergebnis fast sensationell von 5% auf 10%. Die CDU verbesserte sich zwar leicht, verfehlte aber das Ziel, Rau als Regierungschef abzuloesen. Die FDP ist kuenftig im Landtag nicht mehr vertreten. Falls es zu einer rot-gruenen Koalition an Rhein und Ruhr kommen sollte, rechnen sowohl die SPD als auch die Gruenen mit schwierigen Verhandlungen. Bremen. Nach der Landtagswahl in Bremen koennte Regierungschef Wedemeier ebenfalls mit Hilfe einer rot-gruenen Koalition weiterregieren. Denkbar ist aber auch eine grosse Koalition von SPD und CDU. Die Waehlervereinigung Arbeit Fuer Bremen will in der Opposition bleiben, weil es fuer eine Koalition mit der CDU und der gescheiterten FDP keine Mehrheit gibt. Die Freien Demokraten halbierten ihr Ergebnis von 1991 und sind in der neuen Buergerschaft nicht mehr vertreten. Der FDP-Bundesvorsitzende Kinkel muss damit rechnen, dass es auf dem Parteitag in Mainz im Juni erneut zu Diskussionen ueber seine Fuehrungsrolle kommt.


Studentenwerk fordert Totalerneuerung der Studienfoerderung

Bonn. Angesichts des Tauziehens um die Erhoehung des BafoeG hat das deutsche Studentenwerk eine Totalerneuerung der Studienfoerderung gefordert. In einem Interview sagte der Praesident des Studentenwerks Albert von Mutius, allein mit 4% oder 6% mehr Foerderung seien die Probleme nicht mehr loesbar. Er plaediert deshalb fuer ein voellig neues Konzept der Studienfoerderung im Rahmen eines einheitlichen Familienlastenausgleichs. Dabei soll kuenftig auf Kindergeld und Steuerfreibetrag verzichtet und stattdessen direkt an jeden Studenten unabhaengig vom Einkommen der Eltern eine Sockelfoerderung zwischen 300 und 400 DM ausbezahlt werden. Fuer beduerftige Studenten koenne diese Sockelfoerderung durch einkommensabhaengige Zuschuesse aufgestockt werden.


Schmidt fuer Abschaffung des Solidaritaetszuschlages

Die bayerische SPD-Landesvorsitzende Schmidt hat sich fuer eine moeglichst schnelle und ersatzlose Abschaffung des Solidaritaetszuschlages ausgesprochen. Im Deutschlandradio Berlin sagte Frau Schmidt, sie sei nicht gegen weitere Hilfe fuer die neuen Bundeslaender. Man muesse jedoch endlich lernen, mit Steuermitteln etwas sorgsamer umzugehen. Durch Betriebspruefungen und Steuerfahndungen muessten die Gelder hereingebracht werden, die tatsachlich zu zahlen seien. Die SPD-Politikerin verwies auf Schaetzungen, wonach jaehrlich 160 Milliarden DM an Steuern nicht bezahlt, bzw. hinterzogen werden. Sie kritisierte, Bezieher niederer und mittlerer Einkommen muessten prozentual die hoechsten Lasten fuer die deutsche Einheit tragen.


Bundestagspraesidentin Suessmuth in Israel

Jerusalem. Bundestagspraesidentin Suessmuth hat ihren offiziellen Besuch in Israel mit einer Kranzniederlegung in der Holocaust-Gedenkstaette Yadvachemme begonnen. Die Bundestagspraesidentin gedachte dort der Opfer durch den Nationalsozialismus. Die Reise steht im Zeichen des 30. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Bonn und Jerusalem. Zur Bundestagsdelegation gehoert auch der Vizepraesident des Parlaments Klose (SPD). Morgen wird Suessmuth an einer Sitzung des israelischen Parlaments teilnehmen.


Kanther kritisiert Italien

Bundesinnenminister Kanther hat Italien Maengel bei der Sicherung seiner Grenzen gegen illegale Einwanderer vorgeworfen. Der Berliner Morgenpost sagte Kanther, in Italien funktionierten viele Massnahmen zur Grenzssicherung nicht so, wie es die europaeischen Partner fuer erforderlich hielten. So lasse es die Regierung in Rom zu, dass taeglich hunderte Menschen aus Serbien, Montenegro, Albanien und der Tuerkei unkontrolliert an Land gingen. Deren Ziel seien Staaten wie Frankreich und Deutschland. Entgegen seiner Zusage habe Italien eine Visumpflicht fuer Jugoslawien nicht eingefuehrt.


Keine fristgerechte Einfuehrung der europaeischen Waehrung

Berlin. Bundesfinanzminister Waigel rechnet nicht damit, dass eine gemeinsame europaeische Waehrung fristgerecht 1997 eingefuehrt wird. Waigel sagte in einem Interview mit der Berliner Zeitung am Sonntag, eine Mehrheit von Mitgliedsstaaten, die nach dem Vertrag von Maastricht alle Kriterien erfuellten, sei nicht in Sicht. Eine Waehrungsunion koenne nur funktionieren, wenn sich die wirtschaftlichen Grundlagen der beteiligten Laender dauerhaft angleichen.


Ost-Lehrstellenoffensive gefordert

Fuehrende Politiker der ostdeutschen SPD haben eine Lehrstellenoffensive fuer die neuen Bundeslaender gefordert. Die katastrophale Situation mit derzeit etwa 100.000 fehlenden Ausbildungsplaetzen erfordere schnelles Handeln, sagte ein Sprecher heute nach einer Beratung im brandenburgischen Teubnitz. Sachen-Anhalts Ministerpraesident Hoeppner betonte, es seinen nicht nur Finanzhilfen des Bundes noetig, sondern auch generelle Strukturaenderungen. So stelle er sich beispielsweise die sogenannte Verbundloesung vor, bei der ein Betrieb die Leitfunktion bei der Ausbildung uebernaehme und dafuer finanziell entlastet wuerde.


Andrej Medvedev gewinnt die German Open

Hamburg. Andrej Medvedev hat seinen Titel bei den German Open am Hamburger Rothenbaum erfolgreich verteidigt. Im Finale des mit rund 1.8 Millionen Dollars dotierten Tennisturniers besiegte der 20jaehrige Ukrainer den Kroaten Goran Ivanisevic glatt in 3 Saetzen mit 6:3, 6:2 und 6:1.


Schumacher gewinnt Grossen Preis von Spanien

Michael Schumacher hat den Grossen Preis der Formel I von Spanien gewonnen. Der Weltmeister verwies bei Mont Melo bei Barcelona seinen Teamkollegen Johnny Herbert auf den zweiten Platz. Dritter wurde der Oesterreicher Gerhard Berger. Der Brite Damon Hill schied in der letzten Runde auf Platz zwei liegend aus. In der Gesamtwertung uebernahm Schumacher nach dem vierten von insgesamt 16 WM-Laeufen die Fuehrung vor Hill.


Steuerdebatten und kein Ende (Kommentar)

Blockadepolitik - Chaos - Wahlkampftaktik. An Schlagworten und an gegenseitigen Vorwuerfen hat es nicht gefehlt am Freitag im Bundestag. Die Abgeordneten debattierten ueber den Plan der Regierungskoalition, 1996 die Gewerbesteuer abzuschaffen und im Gegenzug die Gemeinden an der Umsatzsteuer zu beteiligen. Doch die dafuer noetige Verfassungsaenderung scheiterte am Widerstand der Opposition. Anmerkungen aus Bonn von Dietmar Merten (B5): Wer mit dem Kopf durch die Wand will, holt sich manchmal Beulen. Diese schmerzhafte Erfahrung musste die Bonner Regierungskoalition jetzt wieder machen. Es gab keinerlei zwingenden Grund dafuer, aber umso mehr dagegen, die Abstimmung ueber jene Aenderung des Grundgesetzes, die den Weg zu einer Beteiligung der Gemeinden an der Mehrwertsteuer freimachen sollte, zwei Tage vor einer so wichtigen Landtagswahl wie der im groessten Bundesland Nordrhein-Westfalen auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Das Nein der Opposition, auf deren Zustimmung die Regierungskoalition bei Grundgesetzaenderungen nun einmal angewiesen ist, hatte sich im Laufe der Monate ja nicht etwa aufgeweicht, sondern, mit Annaeherung an den Wahltermin, verhaertet. Man rannte also sehenden Auges in ein weiteres Debakel, dessen Folgen keineswegs unbedeutend sind. Vielleicht gelingt es den Steuerexperten ja noch, ein anderes Konzept fuer den Einstieg in den endgueltigen Abbau einer Gewerbesteuer auszuknobeln, deren Bedeutung vor allem von den Freien Demokraten inzwischen geradezu popanzhaft aufgeblasen wird. Die von Regierungsseite immer wieder beschworene historische Chance einer Beteiligung der Staedte und Gemeinden an einer Verbrauchssteuer, die weitgehend konjunkturstabil ist und die Kommunen in die Lage versetzen wuerde, den von ungezaehlten Buergern inzwischen nur noch als schikanoes empfundenen Gebuehrenknueppel eines absehbaren Tages wieder etwas weniger schwungvoll zu handhaben, diese historische Chance wurde jedoch fuers erste leichtfertig verspielt. Im Regierungslager unterschaetzt man offensichtlich immer noch die Entschlossenheit der SPD, der auf eine so knappe Mehrheit gestuetzten Regierung Kohl das Leben denkbar schwer zu machen. Und man verkennt vielleicht, dass diese SPD nicht nur von ihrem Vorsitzenden Scharping auf geschlossenes Vorgehen eingeschworen wird, sondern dass dazu auch ein Johannes Rau nach Kraeften beitraegt, der nicht nur praechtig Witze erzaehlen und Bibelsprueche zitieren kann, sondern auch Grund hat, sich fuer erlittenes Unbill zu revanchieren. Stichwort: Bundespraesidentenwahl. Dass die Steuer- und Finanzpolitik die Hauptangriffsziele seine wuerden weiss man seit Beginn der Legislaturperiode. Die Regierung musste als gewarnt sein. Dennoch, der Scherbenhaufen wird fast von Woche zu Woche hoeher. Vom sogenannten Jahressteuergesetz sind nur noch Fragmente uebrig. Ein Gesetztesentwurf fuer einen neuen Familienlastenausgleich liegt noch nicht vor und nun auch noch das Fiasko bei der Gewerbesteuer. Man beginnt sich zu fragen, wie lange da ein Finanzminister noch durchhalten kann, dem, auch das wurde sichtbar, die Unionsfraktion kaum noch ein Mindestmass an Rueckendeckung gibt.


Der Eurofighter 2000 (Kommentar)

Frueher sollte das Jagdflugzeug "Jaeger 90" heissen. Jetzt heisst es "Eurofighter 2000". Und eigentlich sollte dieser Eurofighter 2000 eine abgespeckte und vor allem billigere Version sein. Doch inzwischen gibt es Anzeichen, dass auch der Eurofighter teurer als geplant wird. Einen Stueckpreis von 150 Millionen DM befuerchtet der Bundesrechnungshof. Das waeren 50 Millionen DM mehr als der Kostenvoranschlag. Einzelheiten von Paul Trunk (B5). Bald nach seinem Amtsantritt vor nunmehr 3 Jahren hat Verteidigungsminister Volker Ruehe einen Fehler gemacht, den einzugestehen er bis heute nicht die Kraft findet. In seinem Ueberschwang sagte Ruehe seinerzeit zu, er werde die Kosten des von Deutschland gemeinsam mit Grossbritannien, Italien und Spanien zu entwickelnde Jagdflugzeug deutlich nach unten druecken. Seither versucht die Hardthoehe mit allerlei Rechentricks den Nachweis zu erbringen, dass das Wort des Ministers weiterhin gelte, wobei der Bundesrechnungshof zum wiederholten Mal einen dicken Strich durch die vom Bundesverteidigunsminister betriebene Schoenrechnerei gemacht hat. Von heute her gesehen ist nur schwer zu begreifen, dass seine Berater Ruehe in die selbstgestellte Falle laufen lassen konnten, denn sie mussten wissen, dass das Ruestungsprojekt erst noch erfunden werden muss, das waehrend seiner Entwicklung billiger und nicht teurer wird. Bewirkt hat Ruehe sogar das Gegenteil: Durch die von ihm veranlassten Aenderungen sind die Entwicklungskosten noch weiter in die Hoehe getrieben worden. Die Industrie macht dafuer Mehrkosten von ueber einer Milliarde DM geltend. Ruehe ging seinerseits von der Ueberlegung aus, die sich als nicht stichhaltig erwiesen hat obwohl ihr auf den ersten Blick eine gewisse Logik nicht abzusprechen ist. Ruehe meinte, mit dem kalten Krieg zwischen Ost und West sei auch das Wettruesten zu Ende, es gebe nun keinen Grund mehr, die Waffensysteme immer weiter zu entwicklen. Der "Jaeger 90", so hiess er damals noch, war zur Abwehr sowjetischer Bomberverbaende gedacht, die nun keine Bedrohung mehr darstellten. Daraus zog Ruehe den Schluss, fuer die Bundesluftwaffe tue es auch ein abgespecktes Modell. Damit aber waren die Briten keineswegs einverstanden. Auch ihre Gruende sind durchweg logisch. Sie sagen, da niemand heute wisse, wo und gegen wen das europaeische Jagdflugzeug einmal eingesetzt wuerde, duerfe man keinen Jaeger bauen, der anderen Kampfflugzeugen unterlegen sei. Das gebiete alleine schon die Fuersorgepflicht fuer die Piloten. Dass man dabei auch die Exportechancen im Hinterkopf hatte, wurde so offen dagegen nicht ausgesprochen. Das Ergebnis war ein typischer politischer Kompromiss, bei dem jeder das bekam, was er wollte. Dabei steht nun die Diskussion, ob die deutschen Piloten einen weniger leistungsstarken Jaeger als ihre britischen Kameraden erhalten sollen erst noch ins Haus. Fest steht bereits, dass Ruehe mit seinem Versuch gescheitert ist, die Kosten fuer den Eurofighter nach unten zu druecken.


Quellen

SDR3    11:00 MESZ
B5    12:00 MESZ    15:30 MESZ
DLF    13:00 MESZ    16:00 MESZ
SWF 3    23:00 MESZ