GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 07.01.1994



* Hochwasserlage verschlimmert sich
* Stoiber verteidigt seine europakritische Haltung
* Bundesfinanzminister Waigel kuendigt Vereinfachung des Steuerrechts an
* Diskussion ueber NATO-Erweiterung in Bonn
* Deutsche Bundesbank will Leitzinsen nicht senken
* SPD sieht Pflegeversicherung als gestorben
* 1993 waren fast 5 Millionen Menschen auf Sozialhilfe angewiesen
* Chef des Beamtenbundes rechnet nicht mit einer Nullrunde
* Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Manager der Metallgesellschaft AG
* Generalbundesanwalt erhebt Anklage gegen Bonner Journalisten
* Roman Herzog zur Kandidatur bereit
* 30 Millionen DM Sachschaden im Breuningerland in Sindelfingen
* Eltern von Wolfgang Grams erhalten Akteneinsicht
* Rheinland-Pfaelzer Landtag befasst sich mit "let's talk about sex"



Hochwasserlage verschlimmert sich

Die Hochwasserlage an Rhein und Mosel hat sich nach starken Regenfaellen verschlimmert. In Trier, Koeln und Bonn sind ufernahe Stadtteile von den steigenden Fluten bedroht. In Koblenz wurde der Ausnahmezustand erklaert. Die Bundeswehr ist im Einsatz um Menschen aus ihren Haeusern herauszuholen. In Trier wurde die Lage als kritisch bezeichnet. Fuer morgen wird ein Wasserstand von 9.50 m vorhergesagt. In Zell steht nahezu die gesamte Innenstadt unter Wasser. Auf den Strassen verkehren Boote. Die Schiffahrt auf der Mosel wurde vollstaendig eingestellt, auf dem Rhein ist die Schiffahrt zwischen Koeln und Koblenz gesperrt. Das Hochwassermeldezentrum in Trier rechnet mit einem weiteren Ansteigen der Pegel. Auch an der Saar, am Neckar und am Main steigt das Wasser. In Saarbruecken musste die Stadtautobahn erneut gesperrt werden, auf dem Neckar wurde die Schiffahrt eingestellt.


Stoiber verteidigt seine europakritische Haltung

Der bayerische Ministerpraesident Stoiber hat seine europa-kritische Haltung verteidigt. Kritsische Auesserungen zur Europapolitik duerften nicht als anti-europaeisch abqualifiziert werden, sagte Stoiber auf der CSU-Klausur- tagung in Wildbad Kreuth. Den Menschen koenne nicht nur gesagt werden, Europa sein eine grossartige Sache, das ueberzeuge die Waehler nicht. Nach seinen Worten bestehen zu Parteichef Waigel in der Europapolitik allenfalls kleine Unterschiede. Einer von ihnen sei sicher die Frage, wie die Europaeische Union erweitert und ausgebaut werden solle. Stoiber verwies auf das Grund- satzprogramm der CSU, dass er wesentlich mitformuliert hat und in dem die Partei einen europaeischen Bundesstaat ablehnt.


Bundesfinanzminister Waigel kuendigt Vereinfachung des Steuerrechts an

Bundesfinanzminister Waigel hat eine Vereinfachung des Steuerrechts an- gekuendigt. Stichtag soll der 1.Januar 1996 sein. Die zentralen Punkte der Neuregelung sind : alle familienpolitischen Steuerregelungen wie die Aus- bildungsfreibetraege sollen in einem deutlich erhoehtem Kinderfreibetrag zusammengefasst werden. Die Foerderung des Baus von Eigenheimen soll neu geregelt werden. Es soll eine vereinfachte Steuererklaerung, eine sogenannte "Kurzveranlagung" eingefuehrt werden, in der Werbungskosten und Sonder- ausgaben pauschal berechnet werden. Die SPD hat in einer ersten Reaktion die Vorschlaege Waigels begruesst. In einer Stellungnahme heisst es, endlich habe auch der Bundesfinanzminister begriffen, dass es mit dem von ihm ange- richteten Steuerchaos nicht so weitergehen koenne.


Diskussion ueber NATO-Erweiterung in Bonn

Drei Tage vor Beginn des NATO-Gipfels in Bruessel ist in Bonn eine Diskussion um die Erweiterung des Buendnisses ausgebrochen. Bundesaussen- minister Kinkel erwartet, dass sich die NATO im Grundsatz fuer neue Mitglieder entscheidet, allerdings in einem langfristigen Prozess. Bundeskanzler Kohl erklaerte, nach Beendigung des Ost-West-Konfliktes werde man die Reformstaaten in Mittel- und Osteuropa schrittweise an das Buendnis heranfuehren. Bundesverteidigungsminister Ruehe bestritt, dass es zwischen ihm und Bundeskanzler Kohl Meinungsunterschiede bei der Osterweiterung der NATO gebe. Dies hatte die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet. Fuer die Sozialdemokraten erklaerte Bundewgeschaefts- fuehrer Verheugen, Russland und Georgien duerften nicht durch Sicherheits- garantien der NATO fuer mittel- und osteuropaeische Laender brueskiert werden.


Deutsche Bundesbank will Leitzinsen nicht senken

Die Deutsche Bundesbank will ihre Leitzinsen vorerst nicht senken. Der Praesident der Deutschen Bundesbank Tietmayer sagte: "wir wollen im Augenblick und in absehbarer Zeit keine Aenderung unserer Politik." Dies habe der Zentralbankrat mit seiner Entscheidung deutlich gemacht, den Diskontsatz und den Lombardsatz nicht zu aendern.


SPD sieht Pflegeversicherung als gestorben

In den Augen der SPD ist die Pflegeversicherung gestorben. In einem Interview sagte der Sozialexperte der Partei Dressler, fuer eine Einigung im Vermittlungsausschuss gebe es keine Chance, wenn die Koalition nicht nachgaebe. Damit rechne er aber nicht. Grund: die Kompromissangebote seien mit dem einen Feiertag fuer die SPD ausgeschoepft, mehr sei nicht drin. Dressler betonte heute in Bonn, dass sein nein zur Pflegeversicherung keine Einzelmeinung sei. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende ist sich absolut sicher, dass rund 90% aller Sozialdemokraten im Bundestag ebenfalls dagegen sind. Den Optimismus des SPD-Parlamentsgeschaeftsfuehrers Peter Struck verurteilte Dressler als pures Entertainment. Struck hatte sich zuversichtlich geauessert, dass ein Pflegekompromiss zustande kommen werde, wenn Koalition und Opposition ohne Vorbedingungen in die zweite Runde im Vermittlungsausschuss gehen wuerden.


1993 waren fast 5 Millionen Menschen auf Sozialhilfe angewiesen

In Deutschland waren 1993 nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes fast 5 Millionen Menschen auf Sozialhilfe angewiesen. Die stellvertretende DGB Vorsitzende sagte, damit habe sich die Zahl der Sozialhilfeempfaenger seit dem Regierungsantritt von Bundeskanzler Kohl mehr als verdoppelt. Der DGB hat jetzt eine Broschuere vorgestellt, in der alle Hilfen aufgezeigt werden fuer Menschen, die ihre Existenz nicht mehr aus eigener Kraft sichern koennen.


Chef des Beamtenbundes rechnet nicht mit einer Nullrunde

Der Chef des Deutschen Beamtenbundes Hagedorn rechnet nicht mit einer voelligen Nullrunde fuer die Beamten in diesem Jahr. Zumindest die Bezieher von niedrigen Gehaeltern muessten mehr bekommen, erklaerte Hagedorn. Er lehnte erneut eine Rueckkehr der Beamten zu 40 Stundenwoche ab. Auch die Gemeinschaft von Gewerkschaften und Verbaenden des oeffentlichen Dienstes hat sichgegen eine Nullrunde fuer die 6.6 Millionen Beschaeftigen ausge- sprochen. Sie reagierte damit auf Aeusserungen des nordrhein-westfaelischen Finanzministers Schleusser (SPD), der in einem Interview der "Welt" gesagt hatte, die Beschaeftigten im oeffentlichen Dienst seien angesichts ihrer gesicherten Arbeitsplaetze mit einer Nullrunde gut bedient.


Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Manager der Metallgesellschaft AG

Gegen zwei ehemalige Manager der Frankfurter Metallgesellschaft AG laufen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Dem ehemaligen Vorstands- vorsitzenden Schimmelbusch und dem ebenfalls entlassenen Finanzvorstand Forster werden Untreue und Verstoss gegen das Aktiengesetz vorgeworfen. Die beiden Manager waren zusammen mit dem gesamten Vorstand des Unter- nehmens entlassen worden, weil sie die Firma durch riskante Oeltermin- geschaefte an den Rand der Zahlungsunfaehigkeit gebracht haben. An der Frankfurter Boerse ist heute der Kurs fuer die Aktie der Metallgesell- schaft um ueber 50 DM gefallen. Bei dem Unternehmen sind 20.000 Arbeits- plaetze in Gefahr.


Generalbundesanwalt erhebt Anklage gegen Bonner Journalisten

Der Generalbundesanwalt hat Anklage gegen einen Bonner Journalisten erhoben, der ueber 20 Jahre fuer den ehemaligen Staatssicherheitsdients der DDR gearbeitet haben soll. Der Journalist war vergangenes Jahr fest- genommen worden, wurde dann aber gegen eine Kaution von 100.000 DM aus der Haft entlassen. Die Bundesanwaltschaft legt ihm zur Last, Informationen ueber die rechte politische Szene gegen einen Agentenlohn von fast einer Million DM an die ehemalige DDR geliefert zu haben.


Roman Herzog zur Kandidatur bereit

Der Praesident des Bundesverfassungsgerichtes Roman Herzog ist bereit fuer das Amt des Bundespraesidenten zu kandidieren, wenn er formell von den Unionsparteien nominiert wird. Herzog betonte, dass er erst endgueltig entscheiden werde, wenn die zustaendigen Parteigremien der Union zugestimmt haetten. Zugleich wies er darauf hin, dass die CSU ihm gestern Abend bei einem Treffen in Wildbad Kreuth ihre Unterstuetzung zugesichert habe. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag Glos forderte die CDU auf, einer Kandidatur Herzogs zuzustimmen.


30 Millionen DM Sachschaden im Breuningerland in Sindelfingen

30 Millionen DM Sachschaden sind im Sindelfinger Kaufhaus Breuningerland durch die Folgen eines Brandes entstanden. Nach Angaben der Polizei hatten vier Kinder im Alter von elf bis dreizehn Jahren vor einem der Kaufhaustore Kleiderbuegel in Brand gesteckt. Das Wasser der dadurch ausgeloesten Sprenkler- anlage und Rauch vernichteten einen Grossteil der Ware. Durch das Feuer selbst entstand lediglich ein Schaden von einigen tausend Mark.


Eltern von Wolfgang Grams erhalten Akteneinsicht

Die Eltern von Wolfgang Grams duerfen die Ermittlungsakten der Schweriner Staatsanwaltschaft einsehen. Bisher hatte die Behoerde die Akteneinsicht verweigert. Die Schweriner Staatsanwaltschaft hofft, bis spaetestens Ende des Monats einen Abschlussbericht zum Tod des mutmasslichen RAF-Terroristen Grams vorlegen zu koennen.


Rheinland-Pfaelzer Landtag befasst sich mit "let's talk about sex"

In Rheinland-Pfalz befasst sich demnaechst der Landtag mit dem umstrittenen Aufklaerungsheft "let's talk about sex" . Das Aufklaerungsheft wird in einer Anhoerung im sozialpolitischen Ausschuss eroertert. Sozialminister Galle (SPD) hat die Broschuere verteidigt, die sich an Jugendliche unter anderem ueber AIDS-Vorbeugung richtet. Die CDU und die katholische Kirche kritisieren die Sprache des Heftes, die sie als teilweise geschmacklos ansehen.


Quellen

SWF3    11:00 MEZ
SDR3    12:00 MEZ
antenne Bayern    13:00 MEZ
SWF3    15:00 MEZ
SDR3    16:00 MEZ