GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 06.12.1996



* Arbeitgeberverbaende fordern weitere Kostenentlastungen der Unternehmen
* Nach dem Kompromiss zum Jahressteuergesetz 1997
* Genetischer Fingerabdruck und Obdachlose im Bundestag
* EU: Demokratische Verhaeltnisse fuer Serbien gefordert
* NATO-Botschafter einigen sich auf Einsatzplan fuer Bosniennachfolgetruppe
* Metalltarifabschluss stoesst auf Kritik
* Auswaertiges Amt weist Darstellung der Sudetendeutschen zurueck
* Erneut Auslaender in Brandenburg ueberfallen



Arbeitgeberverbaende fordern weitere Kostenentlastungen der Unternehmen

Die Arbeitgeberverbaende verlangen weitere Kostenentlastungen fuer die Unternehmer. Andernfalls sei das Ziel, die Arbeitslosigkeit zu halbieren, nicht zu erreichen, hiess es heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Bonn. Noetig sei jetzt eine durchgreifende Steuerreform und eine Trendwende bei den Lohnzusatzkosten. Niedersachsen ist kein Modell, sondern nur ein erster Schritt auf dem Weg zu weniger Lohnfortzahlung fuer kranke Arbeiter und Angestellte. Darin sind sich die Spitzenverbaende der deutschen Wirtschaft und des Handwerks einig. Alle Moeglichkeiten, die das Lohnfortzahlungsgesetz der Koalition bietet, sollen voll ausgeschoepft werden. Fuer den Chef der Arbeitgeberverbaende Murrmann ist jedoch klar, dass dies nicht mit einem Schlag gelingen kann. "Die tarifvertragliche Umsetzung wird nicht sofort und ueberall vollstaendig und auch schon gar nicht im Gleichschritt zu erreichen sein." Die einzelnen Branchen und Unternehmen sollten moeglichst flexibel pruefen, wie gespart werden soll. Die Anrechnung von Ueberstunden oder Urlaub auf Krankheitstage sei zumutbar, so Murrmann. Kritik muss sich auch die Bundesregierung gefallen lassen. Statt die Lohnnebenkosten zu senken wuerden jetzt auch noch die Rentenversicherungsbeitraege erhoeht, was fuer den Praesidenten des Industrie- und Handelstages Stihl alles in allem heisst, "dass die Bundesregierung ihre Zusage, die Abgabenlast fuer die Wirtschaft zurueckzufuehren, bis jetzt nicht eingeloest hat." BDI-Chef Henkel verlangte von der SPD, nicht laenger die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zu blockieren. Die Sozialdemokraten seien sonst schuld, wenn noch mehr Menschen, vor allem im Osten, ihren Arbeitsplatz verlieren wuerden.


Nach dem Kompromiss zum Jahressteuergesetz 1997

Mit einem Kompromiss haben Koalition und SPD in der vergangenen Nacht ihren Streit ueber das Jahressteuergesetz 1997 beigelegt. Demnach bekommen die Laender, wie von den Sozialdemokraten gefordert, einen Ausgleich fuer die Abschaffung der privaten Vermoegenssteuer. Unter anderem werden die Erbschafts- und die Grunderwerbssteuer erhoeht. Die SPD gibt sich mit diesem Ergebnis jedoch nicht zufrieden. SPD-Fraktionschef Scharping machte in einer Sondersitzung seiner Fraktion deutlich, dass die SPD die private Vermoegenssteuer noch nicht aufgegeben hat. Ihr Druckmittel ist die Gewerbekapitalsteuer. Die SPD-Fraktion hat in einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung dem Vorgehen ihrer Delegation im Vermittlungsausschuss zugestimmt. Eingetreten ist das, was die SPD nie wollte. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten Scharping: "Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses ist in aeussersten Grenzen gerade noch so akzeptabel, aber wir werden der Abschaffung der privaten Vermoegenssteuer nicht zustimmen. Es ist die alleinige Verantwortung der Bonner Koalition, wenn fuer die Vermoegensbesitzer in Deutschland Champagner ausgeschenkt wird - wir sind fuer die Entlastung der Arbeitnehmer." Und die SPD will das im Bundestag durch eine namentliche Abstimmung deutlich machen. Die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer will die SPD jetzt nur zulassen, wenn die Steuer auf private Vermoegen wieder eingefuehrt wird. Auf dem Gesetzeswege ist die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer auch nach Ansicht der Koalition in diesem Jahr nicht mehr zu regeln. Der Vizechef der Unionsfraktion sagte, die Bundesregierung solle deshalb bei der EU-Kommission in Bruessel einen Antrag einbringen, damit diese Steuer in den neuen Bundeslaendern nicht eingefuehrt werden muss. Damit sie endgueltig abgeschafft werden kann fordert er die SPD auf, sich hier zu bewegen und die "oekologisch sinnlose Koppelung an den Erhalt der privaten Vermoegenssteuer aufzugeben."


Genetischer Fingerabdruck und Obdachlose im Bundestag

In welchem Umfang der sogenannte genetische Fingerabdruck als Beweismittel gegen Straftaeter eingesetzt werden darf hat der Bundestag am Vormittag festgelegt. Die genetische Analyse kann demnach nur von Richtern angeordnet werden, um die Identitaet eines Taeters zu ermitteln. Darueber hinausgehende gentechnische Untersuchungen werden verboten. Ein weiterer Tagesordnungspunkt wurde dann gestrichen. Wegen der Sondersitzung der SPD-Fraktion wurde die Bundestagsdebatte ueber die Lage der Obdachlosen in Deutschland lediglich zu Protokoll gegeben. Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe Martin Berthold reagierte enttaeuscht auf die Entscheidung des Bundestages, die Reden zum Obdachlosenbericht zu Protokoll zu geben. Berthold gegenueber dem bayerischen Rundfunk: es koenne schon sein, dass es fuer die SPD-Fraktion wichtig war, vor dem Wochenende noch schnell eine Sondersitzung zum Jahressteuergesetz abzuhalten. Irgendwie sei die Entscheidung, dafuer nicht ueber die Obdachlosigkeit im Land zu diskutieren, fuer ihn aber ein symbolischer Akt, welchen Stellenwert dieses Thema bei den Politikern einnehme. So gebe es noch nicht einmal eine Erhebung ueber die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland. Im Regierungsbericht ist von einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe beim statistischen Bundesamt in Wiesbaden die Rede. Diese Arbeitsgruppe soll bis zum Sommer naechsten Jahres pruefen, ob eine amtliche Statistik ueber die Obdachlosigkeit in Deutschland erstellt werden sollte. Nach Schaetzungen der Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe haben fast eine Million Menschen in Deutschland keine Wohnung, darunter fast 200.000 Kinder und Jugendliche. In Ostdeutschland ist die Zahl der Obdachlosen laut Arbeitsgemeinschaft im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen.


EU: Demokratische Verhaeltnisse fuer Serbien gefordert

Die Europaeische Union will Restjugoslawien die bereits beschlossenen Handelsvorteile erst dann einraeumen, wenn in Serbien die demokratischen Verhaeltnisse wiederhergestellt sind. In Bruessel entschieden die EU-Aussenminister heute, Belgrad vorlaeufig keine Zollverguenstigungen zu gewaehren. In einer gemeinsamen Erklaerung verurteilten sie zugleich die Annulierung von Kommunalwahlergebnissen sowie die Schliessung oppositioneller Sender. In Belgrad demonstrierten heute erneut mehr als 25.000 Studenten gegen den serbischen Praesidenten Milosevic. Sie forderten abermals, die urspruenglichen Wahlergebnisse zu respektieren. Die EU-Aussenminister bereiteten bei ihrem heutigen Treffen auch den Europaeischen Rat am kommenden Freitag in Dublin sowie den Gipfel mit den USA in zehn Tagen in Washington vor.


NATO-Botschafter einigen sich auf Einsatzplan fuer Bosniennachfolgetruppe

Die sechzehn NATO-Botschafter haben sich auf den Einsatzplan fuer eine 30.000 Mann starke Nachfolgeeinheit der internationalen Friedenstruppe in Bosnien geeinigt. Ein NATO-Beamter sagte in Bruessel, die Aussenminister der Allianz wuerden dies am kommenden Dienstag bei ihrer Herbsttagung in Bruessel bestaetigen. Die kuenftige "stabilization force" soll ab dem 20. Dezember fuer 18 Monate in Bosnien stationiert werden.


Metalltarifabschluss stoesst auf Kritik

Der niedersaechsische Metalltarifabschluss hat bei den Arbeitgebern der Branche offenbar interne Kontroversen ausgeloest. Wie der Arbeitgeberverband Gesamtmetall heute in Koeln mitteilte, wurde fuer den kommenden Sonntag eine Vorstandssitzung in Frankfurt am Main einberufen. Dabei soll der weitere Kurs abgesteckt werden. Nach Informationen der deutschen Presseagentur hatte die in Hannover anwesende zentrale Verhandlungskommission von Gesamtmetall, in der Arbeitgeber aus anderen Tarifgebieten und der Koelner Zentrale sitzen, den Abschluss nicht gebilligt. Die niedersaechsischen Arbeitgeber haetten sich jedoch ueber diese Vorbehalte hinweggesetzt. Nach Ansicht des deutschen Gewerkschaftsbundes ist die Strategie der Arbeitgeberverbaende beim Thema Lohnfortzahlung gescheitert. DGB-Vorstandssprecher Schellschmidt forderte in Duesseldorf die Unternehmer auf, auch ihrer eigenen Verantwortung fuer die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit zu akzeptieren. Es reiche nicht aus, immer nur den Guertel des jeweils anderen enger schnallen zu wollen.


Auswaertiges Amt weist Darstellung der Sudetendeutschen zurueck

Das Auswaertige Amt hat die Darstellung der Sudetendeutschen zurueckgewiesen, sie seien ueber den Verlauf der Verhandlungen ueber die deutsch-tschechische Erklaerung nur selten informiert worden. Aussenamtssprecher Erdmann sagte in Bonn, es habe 1995 und 1996 jeweils mehrere Gespraeche zwischen Aussenminister Kinkel und dem Vorsitzenden der sudetendeutschen Landsmannschaft Neubauer gegeben. Ein neues Treffen der beiden sei fuer naechste Woche geplant. Regierungssprecher Haussmann lehnte noch einmal Angaben ueber das Gespraech von Bundeskanzler Kohl und Vertretern der Landsmannschaft gestern Abend mit dem Hinweis darauf ab, man habe Vertraulichkeit vereinbart.


Erneut Auslaender in Brandenburg ueberfallen

In Brandenburg sind erneut Auslaender ueberfallen und misshandelt worden. Mehrere Jugendliche haetten gestern in Fuerstenwald zwei Asylbewerber aus Sierra Leone und aus Vietnam zusammengeschlagen, teilte die Polizei in Frankfurt (Oder) mit. Der Vietnamese habe sich aerztlich behandeln lassen muessen. Vorher haetten die Angreifer ihre Opfer mit Parolen wie "Auslaender raus" angepoebelt. Die Polizei nahm zwei tatverdaechtige Jugendliche fest.


Quellen

DLF    16:00 MEZ
B5    17:30 MEZ    18:00 MEZ