GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 19.07.1996



* Sparpaket im Bundesrat
* Beschleunigungsgesetz passiert ueberraschend den Bundesrat
* Bund und Laender nehmen weniger Steuern ein
* Verfassungsausschuss des bayerischen Landtags beraet ueber Abtreibungsrecht
* Verfahren im Herzklappenskandal eroeffnet
* Muenchner Doppelmord aufgeklaert
* Goellner in Stuttgart ausgeschieden
* Tour de France
* Das Wetter



Sparpaket im Bundesrat

Im Bundesrat ging es heute um das umstrittene Sparpaket der Bundesregierung. Die Mehrheit der Laender haelt die Einsparungen schlicht fuer unsozial und verlangt Aenderungen. Mehrere Einzelgesetze sollen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat noch einmal beraten werden. Dass die Arbeitslosigkeit das draengendste Problem unserer Gesellschaft ist, dazu haben sich alle Redner im Bundesrat noch einmal bekannt. Auch die Sozialdemokraten muessen nach den Worten des bayerischen Ministerpraesidenten Stoiber jedoch erkennen, dass daran auch die zu hohen Kosten am Standort Deutschland schuld sind. "Vergleichen Sie einmal unser Sozialsystem mit den Franzosen, geschweige denn mit den Portugiesen oder mit den Spaniern. Ja Sie werden doch nicht glauben, dass Sie in Europa einheitliche Strukturen in der Schnelligkeit auf unserem Niveau erreichen werden. Sie taeuschen den Leuten etwas vor was ueberhaupt nicht erreichbar ist." Arbeitslosigkeit und Verschuldung werden sich durch das Sparpaket erhoehen, das hatte dagegen der saarlaendische Ministerpraesident und SPD-Chef Lafontaine der Bundesregierung zum Auftakt der Aussprache prophezeit. Fuer ihn steht fest, dass der Titel "Wachstums- und Beschaeftigungs- foerderungsgesetz" dem Paket erst nachtraeglich uebergestuelpt worden ist. Das eigentliche Ziel der Bundesregierung sei es, so Lafontaine, die Kriterien fuer die Europaeische Waehrungsunion zu erreichen. "Aber mit der Aenderung der Ueberschrift ist der Inhalt nicht veraendert worden und daher ist dieses Paket nicht dazu angetan, die Arbeitslosigkeit zu bekaempfen. Es ist vielmehr ein Kuerzungspaket zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer." Lafontaine verwies darauf, dass auch von der Union regierte Laender wie Baden-Wuerttemberg und Bayern den ersten Teil des Sparpaketes nicht verabschieden, sondern im Vermittlungsausschuss Veraenderungen erreichen wollen. Bei besonders wichtigen Gesetzen des Pakets braucht der Bundesrat letztlich nicht zuzustimmen, sie betreffen Einschraenkungen beim Kuendigungsschutz, bei der Lohnzahlung an kranke Arbeitnehmer und beim Gesundheitswesen. Ein Einspruch der Laenderkammer koennte vom Bundestag ueberstimmt werden.


Beschleunigungsgesetz passiert ueberraschend den Bundesrat

Bonn. Das vom Bundestag verabschiedete sogenannte Beschleunigungsgesetz hat ueberraschend und mit SPD-Unterstuetzung auch den Bundesrat passiert. Das in weiten Teilen der SPD und von Umweltverbaenden heftig kritisierte Gesetz sieht vereinfachte Verfahren fuer Industrieanlagen vor. Bei zwei Begleitgesetzen rief der Bundesrat aber den Vermittlungsausschuss an.


Bund und Laender nehmen weniger Steuern ein

Bund und Laender haben im ersten Halbjahr 1996 mit 351.8 Millionen DM 2.1 Prozent weniger Steuern eingenommen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dies teilte das Bundesfinanzministerium in Bonn mit. Man setze jetzt auf eine konjunkturelle Belebung im zweiten Halbjahr, um die letzte Steuerschaetzung noch einhalten zu koennen.


Verfassungsausschuss des bayerischen Landtags beraet ueber Abtreibungsrecht

Der Verfassungsausschuss des bayerischen Landtags hat seine Marathonberatungen ueber den Sonderweg Bayerns beim Abtreibungsrecht fortgesetzt. Die CSU-Landesregierung will die Frauen verpflichten, bei der notwendigen Beratung die Gruende fuer den Abbruch einer Schwangerschaft anzugeben - fuer die Opposition eine Frechheit. Gleich zu Beginn der Ausschussitzung kam es wieder zu polemischen Diskussionen. So wies der Ausschussvorsitzende, Klaus Hansug von der SPD eine Behauptung des CSU-Fraktionsvorsitzenden Alois Glueck zurueck, wonach im Ausschuss auf Bestreben der SPD sogar ueber Halbsaetze beraten worden sei, um Zeit zu schinden. Glueck hatte dies vor zwei Tagen in einer Pressemitteilung geaeussert. Dies sei, so Hansug, eine bewusste Tatsachenverdrehung, zumal Glueck im Verfassungsausschuss bisher noch nicht gesehen worden sei. Der SPD-Abgeordnete aeusserte die Vermutung, einige CSU-Ausschussmitglieder haetten ihren Fraktionschef wahrheitswiedrig informiert. Dies sei eine bodenlose Frechheit. Unterdessen hat der Ausschuss seine Arbeit wieder aufgenommen. Im Mittelpunkt der Beratungen heute stand weiterhin das Schwangerenberatungsgesetz.


Verfahren im Herzklappenskandal eroeffnet

Nach zweijaehrigen Untersuchungen im sogenannten Herzklappenskadal hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen mehr als 1.800 Aerzte und Klinikmitarbeiter Verfahren eroeffnet. Ermittelt wird wegen Vorteilsnahme, Bestechung, Untreue und Betrugs. Die Verdaechtigen muessen nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit Strafverfahren rechnen. Die unter dem Namen "Herklappenaffaire" bekannt gewordenen Bestechungen koennten sich zu einem der groessten Aerzteskandale der deutschen Medizingeschichte ausweiten. 1.860 leitende Mediziner und andere Klinkangestellte sollen insgesamt 33 Millionen DM von drei im Rheinland ansaessigen Pharmafirmen kassiert haben. Als Gegenleistung, so die Staatsanwaltschaft, sollen sie Produkte dieser Firmen gekauft haben, obwohl andere Hersteller billiger gewesen waeren. Die Ermittlungsarbeit duerfte sich aber schwierig gestalten. In vielen Faellen sollen die beschuldigten Mediziner die erhaltenen Gelder nicht fuer sich persoenlich, sondern fuer Forschungsvorhaben verwendet haben. In diese Richtung gehen auch erste Reaktionen der organisierten Aerzteschaft. Der Praesident der deutschen Gesellschaft fuer Thorax-, Herz- und Gefaesschirurgie, Reidemeister, forderte zwar Strafverfolgung in den Faellen persoenlicher Bereicherung, es koenne aber, so der Aerztefunktionaer, nicht angehen, dass jemand bestraft werde, weil er Gelder fuer die Forschung entgegen genommen habe. Nichtsdestotrotz bleibt die Staatsanwaltschaft bei ihren Vorwuerfen. In den Skandal sollen alle deutschen Universitaetskliniken und die meisten Herzzentren verstrickt sein. Der Schaden, der durch die ueberteuerten Einkaeufe fuer die Krankenkassen entstanden ist, ist noch nicht absehbar. Der Verband der Angestelltenkassen erklaerte aber, der Umfang sei viel groesser, als die Kassen zunaechst befuerchtet haetten.


Muenchner Doppelmord aufgeklaert

Der spektakulaere Mord an der 43jaehrigen Kauffrau Gabriele Laurisch und ihrem 28jaehrigen Lebensgefaehrten Thilo Keil ist aufgeklaert. In der vergangenen Nacht wurden in einem Waldstueck noerdlich von Dachau zwei Leichen gefunden, bei denen es sich vermutlich um die beiden Mordopfer handelt. Der unter Mordverdacht inhaftierte Muenchner Polizist wurde am Morgen erneut vernommen, Angaben wollte der 36jaehrige nach Auskunft der Kripo allerdings nicht machen. Auch nicht dazu, dass gestern Abend mit grosser Wahrscheinlichkeit die beiden Opfer des Verbrechens aufgefunden worden waren. Beim Beerensuchen in einem Wald im Landkreis Dachau hatte ein Renter aus Heimhausen einen starken Verwesungsgeruch bemerkt. Im Unterholz fand er dann eine Leiche. Der nackten Frau waren Kopf und Arme abgetrennt worden. Von ihm alarmierte Dachauer Polizisten stiessen dann unter einem Himbeerstrauch auf eine zweite verweste und nur teilweise bekleidete Leiche, auf die eines Mannes, auch hier fehlten Kopf und Haende. Die Polizei, so Kriminaldirektor Gunther Hauch heute Mittag auf einer Pressekonferenz, geht davon aus, dass es sich bei den Toten um die seit 6. Juni vermisste Muenchner Geschaeftsfrau und ihren Freund handelt. Der inhaftierte Polizist steht unter dem dringenden Verdacht, seine fruehere Lebensgefaehrtin und deren neuen Freund ermordert und dann ihre Leichen beseitigt zu haben. Am Nachmittag sollte durch eine Obduktion geklaert werden, auf welche Weise die beiden jetzt gefundenen Menschen ums Leben kamen. Ihre Identitaet will die Kriminalpolizei durch den sogenannten genetischen Fingerabdruck, also eine DNA-Analyse klaeren lassen, deren Ergebnis Anfang kommender Woche vorliegen koennte. Am Nachmittag gab es dann die Sensation: der inhaftierte Polizist hat das Verbrechen gestanden. Der 36jaehrige, zuletzt Kontaktbeamter auf der Inspektion Schwabing, gab nach stundenlangen Vernehmungen zu, seine ehemalige Lebensgefaehrtin und deren neuen Freund ermordet zu haben. Motiv war nach Angaben der Kripo vermutlich Habgier, Tatwaffe vermutlich eine Dienstpistole der Muenchner Polizei, die der Taeter einem Kollegen gestohlen hatte. In der Wohnung des Beamten, der mit seiner Ex-Freundin noch gemeinsame Geschaefte machte, wurden fast 250.000 DM gefunden, die Herkunft ist noch nicht geklaert.


Goellner in Stuttgart ausgeschieden

Beim ATP-Tennisturnier in Stuttgart ist Marc Kevin Goellner als letzter Deutscher heute im Viertelfinale ausgeschieden. Er unterlag dem Spanier Alberto Berasategui mit 4:6 und 2:6.


Tour de France

Bordeaux. Bei der 19. Etappe der Tour de France ist Erik Zabel aus Frankenberg als zweiter durchs Ziel gegangen. Zabel unterlag im Spurt nur knapp dem Franzosen Moncassard. Auch nach dem heutigen Teilstueck ueber 226 Kilometer nach Bordeaux liegt der Kapitaen des deutschen Telekomteams, der Daene Riis, in der Gesamtwertung an der Spitze, dahinter weiterhin Jungprofi Jan Ulrich.


Das Wetter

Vielfach sonnig, Hoechsttemperaturen 20 bis 26 Grad. Die weitern Aussichten: sonnig, trocken und weitere Erwaermung, am Sonntag bis 28 am Montag bis 31 Grad.


Quellen

B5    12:00 MESZ    17:30 MESZ
DLF    16:30 MESZ
SDR3    17:00 MESZ