GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 29.11.1994



* Deutsch-franzoesisches Gipfeltreffen
* Reaktionen auf norwegische Ablehnung des EU-Beitritts
* Koordinator fuer Hilfsaktionen gefordert
* Verbotene Preisabsprachen von Baufirmen in Baden-Wuerttemberg
* Bevorstehende Reform des oeffentlichen Dienstes in Bayern
* Lohnforderungen der DAG fuer die Tarifrunde 95
* Vorsitzender der IG Chemie gegen weiteren Stellenabbau
* Rodung fuer Frachtzentrum am Frankfurter Flughafen hat begonnen
* Streik bei den Koelner Verkehrsbetrieben
* Arbeitslosenhilfe wird 1995 mit 18 Milliarden Mark veranschlagt
* Prozessbeginn im 'Panzerausbruch'-Fall
* Machtwort des FC Bayern-Vizepraesidenten Rummenigge
* Kommentar aus der Sueddeutschen Zeitung: Nicht die beste Loesung



Deutsch-franzoesisches Gipfeltreffen

Kanzler Kohl hat Frankreichs Praesident Mitterrand heute zum 64. deutsch-franzoesischen Gipfeltreffen empfangen. Die beiden Politiker wollen ihre Standpunkte zur Erweiterung der Europaeischen Union und zum Buergerkrieg in Bosnien abstimmen. Ausserdem steht das Nein der Norweger zum EU-Beitritt auf der Tagesordnung.


Reaktionen auf norwegische Ablehnung des EU-Beitritts

Aussenminister Kinkel hat die Entscheidung der Norweger bedauert, nicht in die Europaeische Union einzutreten. Kinkel liess in Bonn erklaeren, die Erweiterung der EU bleibe nun unvollendet. Er sei persoenlich enttaeuscht, weil er sich fuer den Beitritt Norwegens eingesetzt habe. Enttaeuscht aeusserte sich auch der Praesident der EU-Kommission Delors. Norwegen haette eine Menge zur EU betragen koennen, heisst es in einer Erklaerung Delors'. Die norwegische Ministerpraesidentin Brundlandt meinte, man duerfe das Ergebnis nicht ueberbewerten. Ueber den europaeischen Wirtschaftsraum habe Norwegen noch immer Zugang zum gemeinsamen Markt. Bei der Volksabstimmung haben sich 52,6 % der Norwegen gegen den Beitritt zur EU ausgesprochen.


Koordinator fuer Hilfsaktionen gefordert

Hilfsorganisationen wollen kuenftig einen Koordinator fuer ihre Hilfsaktionen im Kanzleramt. Er soll alle Ministerien ansprechen koennen und internationale Hilfsaktionen von staatlichen und privaten Einrichtungen effektiver machen. So die Forderung des Vorsitzenden des deutschen Kommitees fuer die Uno-Konferenz zur Bekaempfung von Naturkatastrophen.


Verbotene Preisabsprachen von Baufirmen in Baden-Wuerttemberg

Mit verbotenen Preisabsprachen sollen vier Baufirmen jahrelang Behoerden, Firmen und private Bauherren in Baden-Wuerttemberg geprellt haben. Nach einem Bericht des Hamburger Magazins 'Stern' betraegt der Schaden mehrere hundert Millionen Mark. Das baden-wuerttembergische Landeskriminalamt bestaetigte, dass gestern Beamte des Bundeskartellamts und des Landeskriminalamts mehrer Firmenzentralen und Raeume des Fachverbandes Bau in Stuttgart durchsucht haetten. Dabei seien Unterlagen sichergestellt worden. Bei regelmaessigen Treffen im Haus des Fachverbandes Bau in Stuttgart sind laut 'Stern' mindestens seit 1983 illegale Preisabsprachen getroffen worden. Von dem Kartell seien u.a. Unternehmen wie Daimler-Benz, Bosch sowie die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Wuerttemberg um mehrere hundert Millionen Mark betrogen worden. Bei Parkhaeusern, Bruecken und Strassen seien ueberhoehte Preise fuer Gussasphalt und Spezialmaterial verlangt worden.


Bevorstehende Reform des oeffentlichen Dienstes in Bayern

Dem oeffentlichen Dienst steht in naechster Zeit eine grundlegende Reform bevor. In Abstimmung mit der Bundes-SPD und der OeTV-Gewerkschaft legte heute die Landtags-SPD in Bayern einen Forderungskatalog fuer die Modernisierung des oeffentlichen Dienstes vor unter den Stichworten wie Leistungsprinzip, mehr Motivation der Mitarbeiter durch selbststaendige Verantwortung, weniger Gaengelung durch Vorschriften und Richtlinien. Auch die bayrische Staatsregierung draengt massiv auf eine Erneuerung des oeffentlichen Dienstes.


Lohnforderungen der DAG fuer die Tarifrunde 95

Die Deutsche Angestellten Gewerkschaft fordert fuer die Tarifrunde 95 Lohnerhoehungen je nach Brache zwischen 4,5 und 6%. Bei der Vorstellung der tarifpolitischen Leitlinien seiner Organisation sagte DAG-Vorsitzende Issen, die Realeinkommen der Arbeitnehmer muessten erhoeht und ihre Kaufkraft gestaerkt werden. Nachdem Loehne und Gehaelter in den vergangenen beiden Jahren real gesunken seien, duerften die Fruechte des Wirtschaftaufschwungs nicht allein den Arbeitgebern zufallen. Fuer Ostdeutschland will die DAG die Angleichung von Einkommen und Arbeitsbedingungen an das Tarifniveau vergleichbarer Regionen im Westen. Was die letztendliche Hoehe des Abschlusses angehe, darueber will die DAG nach den Worten Issens durchaus mit sich reden lassen - allerdings unter der Voraussetzung, dass gleichzeitig beschaeftigungssichernde Massnahmen im Tarifvertrag festgeschrieben werden. Die DAG will jedoch der unterschiedlichen Entwicklung der einzelnen Branchen gerecht werden. So erwartet sie in der Industrie eher niedrigerer Abschluesse. Bei Banken und Versicherungen dagegen hofft die Gewerkschaft, deutlich hoehere Abschluesse durchsetzen zu koennen. Deshalb die Forderungsspanne von 4,5 bis 6%. Die DAG erwartet allerdings eine schwierige Tarifrunde 95. Die Arbeitgeber haben ja bereits erklaert, nicht ueber die Abschluesse dieses Jahres hinaus gehen zu wollen.


Vorsitzender der IG Chemie gegen weiteren Stellenabbau

Der Vorsitzende der IG Chemie, Rappe, hat die Chemieindustrie aufgefordert, den Stellenabbau zu stoppen und wieder Arbeitskraefte einzustellen. Rappe verwies darauf, dass es bei vielen Unternehmen noch Plaene fuer den Abbau von Arbeitskraeften gebe, die Anfang 1995 wirksam wuerden. Davon seien 15.000 bis 20.000 Menschen betroffen. Der IG Chemie-Vorsitzende woertlich: "Wir glauben, dass sich die Konjunktur so gut entwickelt hat, dass weiterer Personalabbau nicht mehr sein muss."


Rodung fuer Frachtzentrum am Frankfurter Flughafen hat begonnen

Am Frankfurter Flughafen hat am Vormittag die Baumrodung fuer das neue Frachtzentrum begonnen. Es geht um insgesamt 30 Hektar Wald, das entspricht ungefaehr der Groesse von 35 Fussballfeldern. Umweltschuetzer hatten erfolglos gefordert, das Frachtzentrum auf Flaechen der amerikanischen Armee zu bauen, die ohnehin demnaechst freigegeben werden. Der Frankfurter Flughafen AG hat das allerdings zu lange gedauert. Sie muss jedoch die gleiche Flaeche ausserhalb des Flughafengelaendes wieder aufforsten.


Streik bei den Koelner Verkehrsbetrieben

Etwa 250 Busfahrer bei den Koelner Verkehrsbetrieben haben am Morgen gestreikt. Von 4 bis 8 Uhr war der Verkehr lahm gelegt. Die Fahrer protestierten dagegen, dass die oeffentlichen Arbeitgeber Zusatztarifvertraege gekuendigt haben. Nach Darstellung der Gewerkschaft OeTV bringt das die Busfahrer um bis zu 30% ihres Einkommens. Die Gewerkschaft will, dass die Arbeitgeber ihre Entscheidung bis morgen zuruecknehmen, wenn nicht, soll es weitere Protestaktionen geben.


Arbeitslosenhilfe wird 1995 mit 18 Milliarden Mark veranschlagt

Angesichts von immer mehr Langzeitarbeitslosen rechnet Finanzminister Waigel im kommenden Jahr mit mehr als 18 Milliarden Mark Zahlungen fuer die Arbeitslosenhilfe. Das geht aus dem Entwurf fuer den Bundeshaushalt 1995 hervor. Im vergangenen Jahr hatte die Arbeitslosenhilfe noch Kosten von 14 Milliarden Mark ausgemacht. Waigel will den neuen Entwurf am Donnerstag dem Kabinett vorlegen.


Prozessbeginn im 'Panzerausbruch'-Fall

Vor dem Landgericht in Marburg hat der Prozess um die Befreiung eines Haeftlings mit einem Panzer begonnen. Der 33-jaehrige Angeklagte hat im April vergangenen Jahres einen Bundeswehrpanzer gestohlen und damit seinen Freund aus dem hessischen Gefaengnis Schwalmstadt-Ziegenhain befreit. Dieser war wegen dreifachen Frauenmordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Mit dem Panzerfahrzeug gelang den beiden die Flucht vor der Polizei, die wegen aufgeweichter Feldwege die Verfolgung aufgeben musste. Der Befreier wurde schon wenige Tage spaeter in Frankfurt festgenommen, sein Freund sitzt inzwischen in Frankreich in Auslieferungshaft.


Machtwort des FC Bayern-Vizepraesidenten Rummenigge

Giovanni Trapatoni bleibt bis zum Saisonende Trainer des FC Bayern. "Das ist so sicher wie die Bank von England", so Rummenigge woertlich. Der Vertrag Trapatonis laeuft noch bis Ende Juni 95.


Kommentar aus der Sueddeutschen Zeitung: Nicht die beste Loesung

Letztlich wollen wir nur eines: weniger Automobile ohne Katalysator und deutlich sinkende Kilometerleistungen der einzelnen Fahrzeuge - doch die Wege, die zu kuerzeren Fahrten und mehr Kat-Fahrzeugen fuehren sollen, scheinen unergruendlicher denn je. Dabei bieten sich seit Jahren exakt zwei Moeglichkeiten an: die Umlegung der Kfz-Steuer auf den Treibstoffpreis und das Wechselkennzeichen. Doch unsere Politiker wollen diese Loesungen nicht akzeptieren - dabei kann die unsinnige Kfz-Steuer (die aufgrund der Hubraumlimitierung zu hochdrehenden Motoren mit entsprechend durstiger Technologie fuehrt) nie die Fahrleistungen bewerten, die tatsaechlich anfallen. Wer alljaehrlich Zehntausende von Kilometern zuruecklegt, wird so nur unzureichend fuer die von ihm verursachte Umweltbelastung zur Kasse gebeten. Nur die Umlegung auf den Treibstoffpreis wird - bei jeder Tankfuellung - die Lust an unnoetigen Fahrten reduzieren und den Willen, sich ein kleineres Modell zuzulegen, staerken. Wer hingegen zuweilen lange Strecken (womoeglich mit viel Gepaeck) zurueckzulegen hat, sollte mit dem Wechselkennzeichen die Chance erhalten, sich fuer die normalen Touren einen umweltfreundlichen Kleinwagen zu kaufen. So koennten die Fahrten in der grossen Limousine reduziert und mehr oekonomische Kat-Fahrzeuge in den Markt gebracht werden. Da beide Loesungen zu weniger Fahrten in kleineren Fahrzeugen anreizen - und zudem noch durch den Entfall der Kfz-Steuer und die Reduzierung der Versicherung auf das groesste Fahrzeug der Verwaltungsaufwand minimiert werden koennte, bleibt die Frage, warum Verkehrsminister Wissmann nach einer schadstoffabhaengigen Kfz-Steuer verlangt, die bei mehr Aufwand weniger erreichen wird. JL


Quellen

SDR3 10:00 MEZ
SWF3    11:00 MEZ
Radio7    13:00 MEZ    20:00 MEZ
B5    14:00 MEZ    20:15 MEZ
Kommentar aus der Sueddeutschen Zeitung vom 29.11.1994