GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 20.02.1996



* Westen muss Russlandhilfe fortsetzen
* Polen reagiert mit Verstaendnis
* Krise bei der Bremer Vulkan-Verbund-AG
* OETV schliesst Nullrunde aus
* Spoeri will Lohnnebenkosten ueber Mineraloelsteuer finanzieren
* Reuters Gewinnaussagen beschaeftigen Staatsanwaelte
* Ehemaliger DDR-Anwalt schwer belastet
* Noch keine Erkenntnisse zum gestrigen Flugzeugabsturz
* Chaotische Verkehrsverhaeltnisse in Norddeutschland
* Warnung vor Alkohol am Steuer in den naerrischen Tagen
* Essen fuer einen guten Zweck



Westen muss Russlandhilfe fortsetzen

Moskau. Der Westen muss die Hilfe an Russland fortsetzen. Das sagte Kanzler Kohl zum Abschluss seines Besuches in Moskau. Ansonsten wird auch der fuer den Westen wichtige Fortgang der russischen Reformen gefaehrdet, sagte der Kanzler. Vor seiner Weiterreise nach St. Petersburg machte er abermals seine Unterstuetzung fuer eine zweite Amtszeit von Praesident Jelzin deutlich. Keinen Fortschritt gab es in den strittigen Fragen der NATO-Osterweiterung und der Rueckgabe der Beutekunst.


Polen reagiert mit Verstaendnis

Der polnische Ministerpraesident hat mit Verstaendnis auf die Linie von Bundeskanzler Helmut Kohl reagiert, die Frage der NATO-Osterweiterung zunaechst zurueckzustellen. Der Regierungschef sagte, es sei fuer Warschau keine Ueberraschung, dass eine Entscheidung nicht in den naechsten Monaten falle. Dagegen warnte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Kolbe davor, diese Angelegenheit auf die lange Bank zu schieben. Kolbe sagte im saarlaendischen Rundfunk, die Entscheidung Kohls und Jelzins koenne auf kurze Frist gesehen richtig sein. Langfristig jedoch gebe es keine zusammenhaengende Strategie fuer eine europaeische Sicherheitsstruktur unter Einbeziehung Russlands.


Krise bei der Bremer Vulkan-Verbund-AG

Fieberhaft versucht derzeit der Vorstand der Bremer Vulkan-Verbund AG den drohenden Konkurs des krisengeschuettelten Unternehmens abzuwenden. Bei einer Pleite sind rund 23.000 Arbeitsplaetze bedroht. Die Mitarbeiter besetzten gestern die Werften, um den moeglichen Abtransport von Maschinen und Waren zu verhindern. Die erste Nacht vor dem besetzten Tor der Vulkan-Werft in Bremen war ruhig. Betriebsraete und Beschaeftigte waermten sich an Kohleoefen, in einem Zelt gab es Kaffee und belegte Broetchen. "Wir haben uns darauf eingerichtet, notfalls einige Monate hier zu verbringen", berichtet Hasso Kohla (sp?), Betriebsratsvorsitzender der Werft. Auch die Besetzung der Werften im Land Bremen und in Mecklenburg-Vorpommern wird von den Belegschaftsvertretern nicht ausgeschlossen. Die Werftarbeiter wollen schnell Klarheit, wollen wissen, ob ihr Arbeitgeber Konkurs anmelden muss oder ob es Chance gibt, die Arbeitsplaetze zu erhalten. Karl-Heinz Schoenberger, Vorsitzender des Vulkan-Konzernbetriebsrates. "Wir wollen Konzepte haben, die den Verbund weiter erhalten, weil wir es als sinnvoll erachten, ihn weiter zu betreiben. Wir haben dafuer gekaempft und wuerden ihn uns nicht gerne zerschlagen lassen, es gibt ja diese Absichten von einigen regionalen Laenderregierungen." Inzwischen gibt es aus Bruessel erste positive Signale fuer eine moegliche Rettung des angeschlagenen Konzerns. Das erklaerte gestern Abend der Vulkan-Aufsichtsratschef Brahms, nach Gespraechen mit dem EU-Wettbewerbskommissar. Die EU-Kommission hat der Bremer Vulkan-Verbund-AG eine Frist bis morgen gesetzt, um Auskunft ueber zweckentfremdete Staatsbeihilfen zu geben. Aus Kommissionskreisen in Bruessel hiess es heute, bis dahin muesse der Konzern schriftlich erklaeren, wo die Gelder fuer Werften in Ostdeutschland hingeflossen sind und wie sie zurueckgezahlt werden. Das Unternehmen steht im Verdacht, Tochterfirmen in den neuen Bundeslaendern bis zu 600 Millionen DM an staatlichen Beihilfen entzogen haben. Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt gegen den frueheren Vorstandschef des Bremer Vulkan-Verbundes, Hennemann. Nach Angaben des Generalstaatsanwalts ist aus dem Kreis der Aktionaere Anzeige gegen Hennemann erstattet worden. Sie werfen ihm vor, auf der Hauptversammlung 1993 falsche Angaben ueber die zu erwartende Dividende des Unternehmens gemacht zu haben. Damals soll Hennemann erklaert haben, dass 1995 eine Dividende gezahlt wuerde. Wie der Generalstaatsanwalt weiter mitteilte, liegt ausserdem eine anonyme Anzeige gegen den Vulkanvorstand wegen Konkursverschleppung vor.


OETV schliesst Nullrunde aus

Die Gewerkschaft OETV hat bei den kommenden Tarifverhandlungen eine Nullrunde fuer den Berliner oeffentlichen Dienst ausgeschlossen. Berlins OETV-Chef Lange sagte im privaten Rundfunksender 100.6, seine Gewerkschaft werde nicht darauf verzichten, die Einkommen des oeffentlichen Dienstes an die der Wirtschaft anzugleichen. Lange raeumte ein, die OETV koenne grundsaetzlich ueber eine Umwandlung bestimmter Einkommensbestandteile in zusaetzliche Arbeitsplaetze nachdenken. In Berlin sehe er dafuer aber keinen Handlungsspielraum.


Spoeri will Lohnnebenkosten ueber Mineraloelsteuer finanzieren

Stuttgart. Baden-Wuerttembergs Wirtschaftsminister Spoeri will die Lohnnebenkosten ueber eine Erhoehung der Minerloelsteuer finanzieren. Im Zusammenhang mit der SPD-internen Auseinandersetzung um eine Oekosteuerreform schlaegt Spoeri vor, im naechsten Jahr zunaechst die Lohnnebenkosten um 30 Milliarden DM zu senken. Danach sollte diese Summe stufenweise ueber die Mineraloelsteuer wieder hereingeholt werden, sagte Spoeri.


Reuters Gewinnaussagen beschaeftigen Staatsanwaelte

Stuttgart. Fruehere Gewinnaussagen des Daimler Top-Managements beschaeftigen nun die Staatsanwaelte. Beim Stuttgarter Landgericht ist eine Strafanzeige gegen den frueheren Vorstandschef von Daimler, Reuter, dessen Nachfolger Schremp und Aufsichtsrat Koppe eingegangen. Der Vorwurf lautet, dass die Topmanager auf der Hauptversammlung im Mai letzten Jahres die Gewinnsituation des Konzerns bewusst falsch dargestellt haben sollen. Reuter hatte damals dem Unternehmen einen Jahresueberschuss von ueber einer Milliarde DM vorausgesagt. Wenige Wochen spaeter kuendigte dann Schremp fuer 1995 einen Rekordverlust von 1.5 Milliarden DM an.


Ehemaliger DDR-Anwalt schwer belastet

Im Prozess gegen den ehemaligen DDR-Anwalt Schnur hat die Buergerrechtlerin Klier den Angeklagten mit ihrer Zeugenaussage schwer belastet. Vor der zweiten grossen Strafkammer des Landgerichts Berlin warf Frau Klier dem 51jaehrigen Schnur vor, sie und ihr damaliger Ehemann Stefan Kraftschick bei der DDR-Staatssicherheit verraten zu haben. Sie sagte, Schnur habe sich ihr Vertrauen erschlichen und missbraucht. Sie habe an der Loyalitaet des befreundeten Anwalts zu DDR-Zeiten nie gezweifelt. Sonst waere sie ihm gegenueber nicht so offen gewesen. Das Ehepaar war 1988 verhaftet worden und hatte auf Draengen Schnurs einer Ausreise in den Westen zugestimmt.


Noch keine Erkenntnisse zum gestrigen Flugzeugabsturz

Nach wie vor gibt es kein Erkenntnisse zur Ursache des Flugzeugabsturzes von Freilassing. Hier waren gestern alle zehn Insassen eines aus Berlin kommenden Privatjets bei dem Unglueck kurz vor der Landebahn des Flughafens Salzburg ums Leben gekommen. Nachdem die Suche nach Ueberlebenden gestern Abend eingestellt worden war, bewachten Polizisten in der Nacht die Ungluecksstelle. Drei der Toten war bis dahin gefunden worden. Heute wurden die uebrigen Leichen geborgen. Sachverstaendige des Luftfahrtbundesamtes, Flugmediziner und Kripobeamte setzten dann ihre Untersuchungen nach der Absturzursache fort.


Chaotische Verkehrsverhaeltnisse in Norddeutschland

Ein extremer Schnee- und Kaelteeinbruch hat in Teilen Norddeutschlands zu chaotischen Verkehrsverhaeltnissen gefuehrt. Schneeverwehungen, spiegelglatte Fahrbahnen und ueberflutete Strassen beeintraechtigten den Berufsverkehr. In Ostholstein hat sich eine so extreme Situation aufgebaut, dass fuer den Kreis Gloehn ein Fahrverbot erlassen worden ist. Das Fahrverbot gilt fuer den Bereich noerdlich der B202 ausserhalb geschlossener Ortschaften. Verstoesse koennen mit bis zu 1.000 DM Strafe geahndet werden. Die Bundesstrasse selbst darf noch befahren werden. Ganz dicht war die Landstrasse Laboe-Brodersdorf. Ein Problem sind nach Polizeiangaben die vielen gestern liegengebliebenen Fahrzeuge. Sie behindern das Durchkommen der Raeumfahrzeuge. Unfaelle hat es zwar viele gegeben, doch die Polizei hat laengst aufgehoert, jeden in den Graben gerutschten Wagen zu zaehlen. In den Schulen von Schleswig-Holstein fiel der Unterricht heute aus.


Warnung vor Alkohol am Steuer in den naerrischen Tagen

Die Landesverkehswacht Bayern warnt in den naerrischen Tagen vor den Folgen von Alkohol am Steuer. Bei alkoholbedingten Unfaellen sind im vergangenen Jahr in Bayern 271 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 8.000 wurden zum Teil schwer verletzt. Ueber 600 Autofahrer mussten in der Faschingssaison 1996 allein in der bayerischen Landeshauptstadt und im Landkreis Muenchen nach Trunkenheitsfahrten ihren Fuehrerschein abgeben. Statistisch waren dies 15 einkassierte Scheine pro Tag. In den meisten Faellen, so ein Sprecher des Polzeipraesidiums in einer Zwischenbilanz, war dies bei Alkoholkontrollen der Fall. Hier setzen die Beamten in Bayern inzwischen auf eine Doppelstrategie. Grosse Standkontrollen, wie in Nordrhein-Westfalen ueblich, gehoeren im Freistaat eher zur Ausnahme. Statt dessen lassen sich uniformierte Beamte in Zivilwagen im Verkehr treiben. Faellt ihnen ein Auto auf, erscheint auf der Beifahrerseite des Polizeiwagens die Kelle "Halt - Polizei" - ein Alkotest wird faellig. Und in Schweinfurt hat die Polizei noch einmal verstaerkte Kontrollen auch fuer die letzten Stunden des Faschings 1996 angekuendigt. Und dies nicht nur zur Nachtzeit. Immer haeufiger, so die Erfahrungen der unterfraenkischen Verkehrspolizisten sind naemlich Narren nach Betriebsfesten bereits am Nachmittag oder am Mittag sternhagelvoll mit dem Auto unterwegs.


Essen fuer einen guten Zweck

"Essen fuer einen guten Zweck" - was in Amerika zum Alltag der Betuchten gehoert, das gab es in der vergangenen Nacht in Oberfranken. Im Designerhotel Pegnitzer Post gab es eine teure Nacht mit Wagner und Wein, Kunstauktion und Prominenz. Der Erloes soll dem abgebrannten Operntheater "La Venice" in Venedig zugute kommen. Zu den Klaengen von Richard Wagner genossen die Gaeste venezianische Koestlichkeiten. Die Kessler-Zwillinge, der Schriftsteller Herbert Rosendorfer, eine TV-bekannte Nonne und Schauspieler Guenther Strack standen auf der Gaesteliste. Sie griffen fuer das Schlemmermenu tief in die Tasche. Schlappe 385 DM kostete der kulinarisch-musikalische Genuss. Aber schliesslich ging es um den Wiederaufbau des venezianischen Opernhauses. 50 Millionen Lira moechte Post-Wirt, Hotelier Andreas Pflaum, als Spende ueberweisen - und dafuer durften die Gaeste gut fuenf Stunden lang dinieren, und zwischen den Gaengen der Jugendoper Richard Wagners als Puppentheater lauschen. Das Spektakel endete erst in den fruehen Morgenstunden.


Quellen

B5    8:30 MEZ    14:30 MEZ    17:30 MEZ
DLF    9:00 MEZ    14:00 MEZ
Radio 7    15:00 MEZ
Antenne Bayern    16:00 MEZ
SDR3    17:00 MEZ