Kohl sieht baldigen Beitritt Polens zur EU als Garantie fuer den Frieden |
Warschau. Bundeskanzler Helmut Kohl sieht in einem baldigen Beitritt Polens
zur Europaeischen Union eine Garantie fuer den Frieden in Europa. Zum
Abschluss seiner dreitaegigen Visite im Nachbarland sagte der Kanzler gestern
in Krakau, eine Integration Polens bedeute eine entscheidende Abkehr von der
Gefahr, dass es wieder Krieg in Europa geben koennte. In einem Gespraech mit
Studenten der Krakauer Universitaet rechtfertigte der Kanzler aber auch die
strengen Grenzkontrollen. Europa, so Kohl woertlich, muesse einen
Generalangriff der Drogenmafia abwehren. Gemeinsam mit dem polnischen
Aussenminister Wladislav Bartoszewski hatte Kohl gestern auch das ehemalige
Konzentrationslager Auschwitz besucht, um der Opfer des Naziterrors zu
gedenken. Bartoszewski wertete als wichtigstes Ergebnis der Kanzlervisite,
dass Kohl Polen eine Beitrittsperspektive in die EU bis zum Jahr 2000
eroeffnet habe. Gemeinsam mit den Deutschen muesse Polen nun auch die anderen
EU-Partner von der Osterweiterung ueberzeugen. |
Sachsens Innenminister will angeblich zuruecktreten |
Dresden/Hamburg. Sachsens Innenminister Eggert will nach Informationen der
BILD-Zeitung angeblich morgen zuruecktreten. Dies sei der Zeitung aus
CDU-Kreisen in Bonn und Regierungskreisen in Dresden bestaetigt worden.
Eggert wird vorgeworfen, Mitarbeiter sexuell belaestigt zu haben. In dem
Bericht der BILD-Zeitung heisst es, die Vorwuerfe haetten zwar weder
eindeutig bewiesen noch eindeutig widerlegt werden koennen, Aussage stehe
gegen Aussage. In Dresden habe es aber geheissen, Eggert wolle unter diesen
Umstaenden nicht weiter im Amt bleiben. Bei der CDU in Bonn erwarte man, dass
der saechsische Innenminister auch seinen Posten als stellvertretender
CDU-Vorsitzender aufgeben werde.
Der saechsische Ministerpraesident Biedenkopf will morgen ueber die Zukunft
von Eggert entscheiden. Eggert ist zur Zeit auf eigenen Wunsch beurlaubt. Auf
jeden Fall werde eine oeffentliche Erklaerung abgegeben, versicherte
Regierungssprecher Sagurna heute der Deutschen Presseagentur. Eggert liess
ankuendigen, er werde sich morgen Nachmittag zu seiner politischen Zukunft
aeussern. |
Ozonalarm aufgehoben |
Bonn. In den Bundeslaendern Hessen, Bremen und Niedersachsen ist der
Ozonalarm seit Samstagabend 21:00 Uhr aufgehoben. Das hessische
Umweltministerium in Wiesbaden teilte mit, dass die Ozonwerte trotz
unveraenderter Wetterlage nicht weiter angestiegen oder sogar zurueckgegangen
seien. Nur an einer Messstation sei gestern Abend noch eine Wert von ueber
200 Mikrogramm Ozon je Kubikmeter Luft gemessen worden. In Niedersachsen
wurde an keine Messstelle Grenzwert von 215 Mikrogramm pro Kubikmeter
ueberschritten. Damit gilt der Ozonalarm nur noch in Rheinland-Pfalz. Dort
gelten weiterhin Tempolimits von 90 km/h auf Autobahnen und 60 km/h auf
Landstrassen. |
Seehofer gegen Legalisierung von Drogen |
Bundesgesundheitsminister Seehofer lehnt den Vorschlag seiner schleswig-
holsteinischen Ressortkollegin Moser strikt ab, Haschisch und Marihuana in
Apotheken zu verkaufen. Solange er fuer diesen Bereich verantwortlich sei,
werde es in Deutschland keinerlei Freigabe von Drogen geben, sagte Seehofer
in einem Interview fuer die ZDF-Sendung "Bonn direkt". Notwendig sei genau
die umgekehrte Politik, naemlich alles daran zu setzen, dass Menschen mit dem
Teufelszeug eines Suchtmittels nicht in Beruehrung kaemen. |
Praesident des Bundesumweltamtes fuer generelles Tempolimit auf Autobahnen |
Bonn. Der scheidende Praesident des Bundesumweltamtes, Lersner, hat sich
erneut fuer ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen. Im
Deutschlandfunk sagte Lersner, Deutschland sei das einzige Land der Welt, das
noch keine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung habe. Die Zahl der
toedlichen und schweren Unfaelle wuerde aber durch ein generelles Tempolimit
erheblich sinken. Ausserdem koenne der Schadstoffausstoss erheblich reduziert
werden. Lersner sprach sich auch dafuer aus, die Mineraloelsteuer zu
erhoehen. Die Steuereinnahmen koennten dann in den oeffentlichen
Personennahverkehr investiert werden.
Lersner aeusserte sich ebenfalls zur Waermenutzungsverordnung, die er
ungeachtet der freiwilligen Selbstverpflichtung der Industrie fuer notwendig
haelt. Ohne derartige rechtliche Massnahmen werde die Bundesregierung ihr Ziel
nicht erreichen, den Kohlendioxidausstoss bis zum Jahr 2005 um ein Viertel zu
verringern. Eine Waermenutzungsverordnung wuerde Wirkungsgrade fuer
Kraftwerke festlegen und Betreiber von Produktionsanlagen mit hohen
Energieverbrauch die Auflage erteilen, Energie rationeller zu nutzen.
Grundsaetzlich begruesste Lersner Selbstverpflichtungen der Industrie als
Mittel der Umweltpolitik. Das Problem sei allerdings die Kontrolle. |
Erneuter Streit ueber Pflegeversicherung |
Bonn. Der Streit darueber, ob ein Urlaubstag zur Finanzierung der zweiten
Stufe der Pflegeversicherung gestrichen werden soll ist neu entbrannt. Der
Praesident des Deutschen Industrie- und Handelstage Stihl sagte im
Sueddeutschen Rundfunk, er koenne nicht nachvollziehen, dass sich die
Gewerkschaften weigerten, von den reichlich bemessenen 30 Urlaubstagen
gegebenenfalls einen abzugeben. Einer Umfrage der Zeitung WELT AM SONNTAG
zufolge unterstuetzen die Ministerpraesidenten von Bayern,
Baden-Wuerttemberg und Mecklenburg-Vorpommern, Stoiber, Teufel und Seite,
einen Urlaubsverkuerzung. Der sozialpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion Luwense wies darauf hin, dass eine
Urlaubsverkuerzung Sache der Tarifpartner sei. Er forderte dagegen
Einschnitte bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. |
Arbeitsministerium will illegale Bechaeftigung von Auslaendern stoppen |
Berlin. Mit massiven Kontrollen und Grosseinsaetzen will das
Bundesarbeitsministerium die illegale Beschaeftigung von Auslaendern vor
allem auf Baustellen und im Gastgewerbe stoppen. Der parlamentarische
Staatssekretaer im Arbeitsministerium Horst Guenther erklaerte in einem
Zeitungsinterview, die Zahl der Fahnder im Grossraum Berlin solle stufenweise
von 25 auf 175 aufgestockt werden. Bei entsprechenden Erfolgen sollen
bundesweit mehr Fahnder eingesetzt werden. Unternehmer im Bau- und
Gaststaettengewerbe sollen kuenftig jederzeit mit einer Razzia rechnen
muessen. Woertlich sagte Guenther: "Wir wollen eine Kontrolle, Tag und Nacht,
auch am Wochenende." |
Verheugen fuer Urwahl des SPD-Kanzlerkandidaten |
Fuer eine Urwahl des SPD-Kanzlerkandidaten durch die Parteimitglieder hat
sich Bundesgeschaeftsfuehrer Verheugen ausgesprochen. Dieser Weg solle
allerdings nur dann eingeschlagen werden, wenn sich neben Parteichef Scharping
weitere Interessenten um eine Nominierung bewuerben, sagte Verheugen im
hessischen Rundfunk. Die Kritik am Fuehrungsstil Scharpings bezeichnete er
als nicht gerecht. Fuer das negative Erscheinungsbild der SPD sei vielmehr
ein Mangel an Teamgeist und Disziplin in den eigenen Reihen verantwortlich. |
Glueck widerspricht Vorwurf der Steuerhinterziehung |
Muenchen. Der CSU-Vorsitzende im Landtag Alois Glueck will massiv gegen die
Vorwuerfe der Steuerhinterziehung vorgehen. Wie ein Sprecher der Fraktion
gegenueber B5-Aktuell mitteilte, will Glueck morgen die Geschaeftsfuehrung der
Bayerischen Vereinsbank fragen, ob es tatsaechlich ein Konto gibt, das auf
seinen Namen laeuft. Falls ja, dann muesste sich ja herausfinden lassen, wer
das Konto eroeffnet hat, fuegte der Sprecher hinzu. In diesem Fall wolle
Glueck juristische Schritte einleiten. Nach Berichten der Nachrichtenmagazine
DER SPIEGEL und FOCUS werden sowohl Glueck als auch der ehemalige
Ministerpraesident Streibel sowie der fruehere Finanzminister Tandler der
Steuerhinterziehung bezichtigt. Dabei sollen ueber CSU-Konten
Privatgeschaefte abgewickelt worden sein. Die Staatsanwaltschaft Muenchen
hatte die Zentrale und das Archiv der Bayerischen Vereinsbank durchsucht.
Kontounterlagen der drei Politiker seien beschlagnahmt worden. Glueck hatte
bereits gestern erklaert, er habe gar kein Konto bei der Vereinsbank und
ueber Konten der CSU koenne er nicht verfuegen. Auch Streibel und Tandler
haben die Berichte zurueckgewiesen. |
Ausstieg des Bundes aus Flughafenholding Berlin-Brandenburg ist verkraftbar |
Ein Ausstieg des Bundes aus der Flughafenholding Berlin-Brandenburg waere
fuer den Potsdamer Ministerpraesidenten Stolpe keine Katastrophe. Der
SPD-Politiker erklaerte der Berliner Morgenpost, einen kuenftigen
internationalen Grossflughafen in Sperenberg koennten die Laender Berlin und
Brandenburg auch in eigene Regie nehmen. Denkbar sei ausserdem ein Holding
mit privater Beteiligung. Stolpe wies den Vorwurf zurueck, der von seiner
Landesregierung gewuenschte Flughafen in Sperenberg sei ein Prestigeobjekt.
Wenn dies der Fall waere, muesste man von einem viel groesseren
Prestigeobjekt bei der geplanten Transrapidstrecke zwischen Hamburg und
Berlin sprechen. |
27. Deutschlandtreffen der Schlesier beendet |
Nuernberg. Mit einer Kundgebung ist heute das 27. Deutschlandtreffen der
Schlesier zu Ende gegangen. An der zentralen Veranstaltung in Nuernberg
nahmen unter anderem Unionsfraktionschef Schaeuble und die bayerische
Sozialministerin Barbara Stamm teil. Bei der Eroeffnung des zweitaegigen
Treffens hatte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Herbert Hupka,
gefordert, das Unrecht der Vertreibung als Verbrechen zu aechten. Der Status
der Vertriebenen bleibe fuer die Schlesier so lange bestehen, bis ihnen das
Recht auf ihre Heimat zugestanden werde. Die Landsmannschaft tritt als die
Interessenvertretung der Schlesier auf, die nach dem zweiten Weltkrieg aus
dem heutigen Polen vertrieben wurden. Sie hat nach eigenen Angaben rund
300.000 Mitglieder.
Die bayerische Sozialministerin Stamm appellierte auf dem Schlesiertreffen an
die polnische Regierung, die, so woertlich, berechtigten Anliegen der
Deutschen in Polen nicht zu missachten. Stamm sagte, der Weg Polens in die
Europaeische Union fuehre ueber die Einhaltung der Volksgruppen- und
Minderheitenrechte.
Schaeuble appellierte an Polen, mit einem Beitritt zur Europaeischen Union
die Wiederansiedlung von vertriebenen Deutschen zu ermoeglichen. Er sagte,
die Zugehoerigkeit zu Europa bedeute fuer beitrittswillige Staaten
Grundfreiheiten wie Niederlassungsfreiheit und Freizuegigkeit zu garantieren.
Schaeuble betonte, die Bundesregierung werde Aussiedler aus Polen weiter
unterstuetzen. Wer als Deutscher nach Deutschland kommen wolle, fuer den
bleibe das Tor offen. Es muesse ein Europa der Vielfalt entstehen, das all
seinen Buergern ein Anrecht auf Heimat gewaehrleisten koenne unterstrich der
CDU/CSU-Fraktionschef. |
Berliner Reichstag laesst die letzten Huellen fallen |
Der Berliner Reichstag hat die letzten Huellen fallen gelassen. Kurz nach
neun Uhr war die spektakulaere Christo-Aktion beendet. Der verhuellte
Reichstag hatte etwa 5 Millionen Besucher angelockt. Projektleiter Volz
erklaerte, das Entfernen der Stoffbahnen sei schneller gegangen als gedacht.
Die Stahlgerueste sollen bis zum 23. Juli abgebaut sein. Das Kuenstlerpaar
Christo und Jean-Claude ist nach New York zurueckgeflogen. |
Neonazitreffen in Potsdam |
In Potsdam sind am Wochenende bei einem Treffen von Neonazis 17 Personen
voruebergehend festgenommen worden. Wie die Polizei heute mitteilte hatten
die Rechtsextremen bei ihrer Versammlung in einer Kleingartenanlage
Naziparolen gegroehlt und Schallplatten von Bands aus der Neonaziszene
abgespielt. Klagen von Anwohneren ueber den Laerm machten die Polizei auf die
Vorgaenge aufmerksam. |
Becker verliert in Wimbledon |
Ebenso wie Steffi Graf gestern, stand Boris Becker heute im Finale der
All England Championchips im Wimbledon. Er verlor jedoch das Match in
vier Saetzen mit 7:6, 2:6, 4:6 und 2:6 gegen den Amerikaner Pete Sampras.
Trotz der vierten Niederlage in seinem siebten Wimbledonendspiel wird
Boris Becker jetzt wieder als Nummer drei auf der Tennisweltrangliste
gefuehrt. |
Ein Denkmal als Aergernis (Suedwest Presse) |
Von Ulrich Wildermuth aus der Suedwest Presse vom Sa, 08.07.1995.
50 Jahre nach der Entdeckung der Judenvernichtung durch deutsche Kommandos ist die Zeit gekommen, um dem Andenken der Ermordeten ein Denkmal zu setzen. Die Aufgabe ist schwer: Wie kann der Greuel in Stein oder Stahl gefasst werden, um auszudruecken, was geschehen ist und als staendiger Hinweis zu wirken auf das, wozu Menschen faehig sind, wenn sie sich verfuehren lassen ? Ein privater Foerderkreis machte sich an die Arbeit, die eigentlich von Staats wegen geleistet werden muesste. (Immerhin stiftet die Bundesregierung in Berlin ein Grundstueck suedlich des Brandenburger Tors.) Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben und eine erste Preistraegerin gefunden: Eine Gruppe um die Berliner Kuenstlerin Christine Jackob-Marks hatte sich eine schraeggestellte Grabplatte aus sieben Meter dickem Beton auf zwanzigtausend Quadratmetern Flaeche ausgedacht, auf der die Namen von viereinhalb Millionen umgebrachter Juden eingraviert werden sollten. Im ersten Hinsehen ein schoener, ein wuerdiger Gedanke. Die Namen der Ermordeten sollten aus der Anonymitaet des Vergessenwerdens herausgehoben werden. Bei naeherer Betrachtung entpuppte sich der Einfall als ziemlich abwegig, der Bundeskanzler hoechstselbst stoppte das Projekt wegen seiner "gigantischen Ausmasse". Das Widerwort war schnell zur Hand. Die Vorsitzende des Foerderkreises meinte: "Der Vorgang war gigantisch und monumental: sechs Millionen Juden und Juedinnen zu ermorden, das ist der grosse Vorgang." Hier steckt der erste Irrtum. Dieses Denkmal ist so gross, dass es sich mit einem Blick gar nicht aufnehmen laesst. Und mit wie vielen Quadratmetern laesst sich dieser Judenmord dem Vorgang entsprechend darstellen ? Sind zehntausend oder zwanzigtausend Quadratmeter angemessen ? Oder doch eher zuwenig ? Die Fragen zeigen: Die Diskussion entspricht nicht dem, was geschehen ist. Quadratmeterzahlen decken den Vorgang nicht. Die Rueckholung der Namen aus ihrer anonymen Numerierung ist eine sinnvolle Idee, aber eben auch nur auf den ersten Blick. Das Denkmal soll begehbar sein: Ist es richtig, dass das Publikum auf diesen geschaendeten Namen herumtrampelt ? Um von trivialeren Befuerchtungen zu schweigen: Wie soll das Denkmal etwa vor Skateboardfahrern oder Sprayern geschuetzt werden ? Die Jury muss verwirrten Sinnes gewesen sein, als sie ihren ersten Preis vergab und die in die Augen springenden Unmoeglichkeiten und Denkfehler einfach uebersah. Die Situation ist ziemlich peinlich. Was gut gemeint war ist nicht gut geworden. Was also jetzt ? Die Aufgabe, dem millionenfachen Mord an den Juden ein Denkmal zu setzen ueberfordert einen privaten Foerderkreis: Dies ist eine Sache der Bundesrepublik. Ob ein Denkmal, es moege so gross sein und gestaltet, wie es wolle, das Gemeinte ueberhaupt ausdruecken kann, ist eine eher mit nein zu beantwortende Frage.
Der Ausweg liegt nahe. Es darf nicht sein, dass die Konzentrationslager in
Deutschland im Lauf der Jahre verfallen und verfaulen. Es bietet sich zum
Beispiel das KZ Sachsenhausen als Denk- und Gedenkstaette an die
Judenvernichtung im Nationalsozialismus an. Wahrscheinlich entzieht sich die
Geschichte des Greuels ueberhaupt der kuenstlerischen Bewaeltigung. Dieses
Lager erzaehlt, was die Nachgeborenen wissen muessen ganz kunstlos und aus
sich selbst. |
Quellen |
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