GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 29.04.1995



* SPD und Buendis 90/Die Gruenen fordern Ruecktritt Schmittbauers
* CDU/CSU fuer haertere Bestrafung von Teilnehmern an Sitzblockaden
* OeTV empfindet Lohnangebot der Arbeitgeber als Provokation
* DAG und zustaendiger bayerischer Arbeitgeberlandesverband erzielen Einigung
* Deutscher Gewerkschaftsbund fuer Arbeitszeitverkuerzung
* Arbeitslosigkeit nach Ansicht des DGB hoeher als angegeben
* Renten steigen voraussichtlich weiter
* Ruestungsgueter 1994 im Wert von 94 Milliarden DM ins Ausland verkauft
* Kirche aeussert sich positiv zum Entwurf des Organspendegesetzes
* Selbsteinweisungen in Krankenhaeuser zu hoch
* Post hebt Porto fuer Paeckchen an
* Bundespraesident Herzog eroeffnet Bundesgartenschau in Cottbus
* Zweitaegige Gedenkfeiern in Dachau
* Regionalausstellung "Publika 95" in Pforzheim eroeffnet



SPD und Buendis 90/Die Gruenen fordern Ruecktritt Schmittbauers

Die Sozialdemokraten und das Buendnis 90/Die Gruenen haben die Entlassung des Geheimdienstkoordinators Schmittbauer wegen widerspruechlicher Aussagen in der Plutoniumaffaire verlangt. Der parlamentarische Geschaeftsfuehrer der SPD-Bundestagsfraktion Struck forderte Bundeskanzler Kohl auf, den Staatsminister von seinem Posten abzuloesen. Das Durcheinander werde immer groesser, sagte Struck der Koelner Zeitung "Express". Jede Erklaerung Schmittbauers trage noch mehr dazu bei. Der sozialdemokratische Parteichef Scharping sagte in einem Interview der "Bildzeitung", wenn der CDU-Politiker im voraus ueber den Plutonium-Transport in einer Linienmaschine von Moskau nach Muenchen informiert gewesen sei, muesse er gehen. Der geplante Untersuchungsausschuss des Bundestages muesse auch danach fragen, welche Rolle Bundeskanzler Kohl und Kanzleramtsminister Bohl in der Affaire spielten. Die Fraktionssprecherin von Buendnis 90/Die Gruenen Mueller sagte der saechsischen Zeitung in Dresden, Schmittbauer habe offensichtlich die Oeffentlichkeit und den Innenausschuss belogen, wenn er jetzt zugebe, schon am 1. August 1994 mit dem Muenchener Oberstaatsanwalt ueber die Umstaende des Plutoniumschmuggels gesprochen zu haben. Sein Ruecktritt sei hiermit mehr als ueberfaellig. Die Piloten-Vereinigung Cockpit hat Strafanzeige gegen unbekannt erstattet und verlangt, dass Passagiere und Fracht der Lufthansa-Maschine, mit der das Plutonium geschmuggelt worden ist, auf Radioaktivitaet untersucht werden.


CDU/CSU fuer haertere Bestrafung von Teilnehmern an Sitzblockaden

Die Unionsfraktion im Bundestag will die Teilnehmer von Sitzblockaden wieder strenger bestrafen lassen. Der Vosrsitzende der Arbeitsgruppe "Recht" Geiss kuendigte in einem Gespraech mit "Bild am Sonntag" einen entsprechenden Vorstoss der CDU/CSU fuer eine Gesetzesaenderung an. Danach sollen Sitzblockaden mit Verkehrs- und sonstigen Behinderungen als Noetigung mit Gewaltanwendung gelten. Je nach Schwere der Tat drohe den Betroffenen dann eine Haftstrafe bis zu fuenf Jahren, erlaeuterte Geiss. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte Mitte Maerz entschieden, dass friedliche Sitzblockaden keine Noetigung seien, sie koennten jedoch als Ordnungswidrigkeiten gewertet werden.


OeTV empfindet Lohnangebot der Arbeitgeber als Provokation

Stuttgart. Der OeTV-Vorsitzende Mai hat die Arbeitgeber von Bund, Laendern und Gemeinden vor einer Zuspitzung der Tarifauseinandersetzung im oeffentlichen Dienst gewarnt. Mai nannte das Arbeitgeberangebot von 2.5% mehr Lohn und Gehalt bei einer Laufzeit von 15 Monaten eine Provokation. Der OeTV-Vorsitzende mahnte auch einen Vorschlag der Arbeitgeber an, wie in Ostdeutschland der Einstieg in die Altersversorgung nach westlichem Vorbild von statten gehen koennte. Mai machte deutlich, dass die Gewerkschaft gegebenenfalls auch Warnstreiks nicht ausschliesse. Die dritte Runde fuer die Tarifverhandlungen im oeffentlichen Dienst findet am Dienstag statt. Die OeTV fordert 6% Lohnsteigerung sowie eine soziale Komponente.


DAG und zustaendiger bayerischer Arbeitgeberlandesverband erzielen Einigung

Die rund 200 000 Beschaeftigten im bayerischen Gross- und Aussenhandel erhalten rueckwirkend zum 1. April 3.8% mehr Lohn und Gehalt. Darauf einigten sich die Deutsche Angestelltengewerkschaft und der zustaendige Arbeitgeber-Landesverband in Muenchen. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 11 Monaten. Nach Angaben der DAG betraegt das Gesamtvolumen des Abschlusses somit durchschnittlich 4.15%.


Deutscher Gewerkschaftsbund fuer Arbeitszeitverkuerzung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund will eine weitere Arbeitszeitverkuerzung zum zentralen Ziel in seiner Politik in den naechsten Jahren machen. In einem Gespraech mit DPA zum Tag der Arbeit am 1. Mai erklaerte DGB-Chef Schulte, nur ueber eine gerechte Verteilung der Arbeit koenne die Erwerbslosigkeit nennenswert abgebaut werden. Mehr Teilzeitarbeit sei dabei ebenso denkbar wie die Vier-Tage-Woche. Schulte betonte, der volle Lohnausgleich bleibe weiter gesellschaftliche Forderung. Bei hoeheren Einkommen seien jedoch Abstriche nicht auszuschliessen, fuegte der DGB-Vorsitzende hinzu.


Arbeitslosigkeit nach Ansicht des DGB hoeher als angegeben

Die Arbeitslosigkeit ist nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes viel hoeher als offiziell angegeben. Die stellvertretende Vorsitzende Engelen-Kaefer sagte im ZDF, derzeit seien rund 6.5 Millionen Menschen erwerbslos. Davon seien 3.6 Millionen registriert. Dazu muesse man aber mehr als 1 Million Vorruhestaendler zaehlen sowie rund 2 Millionen Menschen, die nur mit Hilfe von Arbeitsbeschaffungsmassnahmen beschaeftigt wuerden. Die stellvertretende DGB-Chefin empfahl, mehr Geld in die Arbeit zu investieren, statt jaehrlich rund 130 Milliarden DM in die Arbeitslosigkeit.


Renten steigen voraussichtlich weiter

Die Renten werden nach Einschaetzung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungstraeger voraussichtlich auch in den naechsten Jahren regelmaessig steigen. Zwar werde es mitunter nur eine geringe Erhoehung geben, doch sei das Gespenst einer Minus-Anpassung fuer die naechste Zeit gebannt, sagte VDA-Geschaeftsfuehrer Roland heute gegenueber der Nachrichtenagentur DDP-ADN in Frankfurt am Main. In den neuen Laendern sei wegen dem im Vergleich zum Westen immer noch schnelleren Wachstum bei den Einkommen mit einer entsprechend hoeheren Rentenanpassung zu rechnen.


Ruestungsgueter 1994 im Wert von 94 Milliarden DM ins Ausland verkauft

Hamburg. Deutsche Firmen haben 1994 Ruestungsgueter im Gesamtwert von 94 Milliarden DM ins Ausland verkauft. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf vertrauliche Unterlagen des Bundesausfuhramtes. Allein die Tuerkei hat militaerisches Material fuer 620 Millionen DM bekommen.


Kirche aeussert sich positiv zum Entwurf des Organspendegesetzes

Mainz. Die beiden grossen deutschen Kirchen unterstuetzen nach Worten des Mainzer Moraltheologen Reiter (sp?) das geplante Organspendegesetz. Reiter, der Berater der katholischen deutschen Bischofskonferenz ist, sagte, aus Sicht der theologischen Ethik gebe es gegen die im Gesetzentwurf vorgeschlagene erweiterte Zustimmungsloesung keine Einwaende. Der Vorlage zufolge sollen die Angehoerigen eines Toten die Einwilligung zur Organspende geben koennen, wenn der Verstorbene sich zu Lebzeiten nicht dazu geaeussert hat. Die Kirchen seien auch damit einverstanden, dass zum Beispiel nicht verheiratete Lebenspartner die Einwilligung zur Organspende geben.


Selbsteinweisungen in Krankenhaeuser zu hoch

Deutschlands Kassenaerzte sollten ihre Praxiszeiten und -notdienste ausweiten. Dies sei noetig, um die Zahl der Selbsteinweisungen in Krankenhaeuser drastisch zu reduzieren, sagte der Vorsitzende der kassenaerztlichen Bundesvereinigung Schorrel gegenueber der "Osnabruecker Zeitung". Dadurch seien voraussichtlich Einsparungen in Milliardenhoehe bei der stationaeren Behandlung moeglich. Schorrel kritisierte, dass auch wegen mangelhafter Praesenz der niedergelassenen Aerzte die Zahl der Patienten enorm hoch sei, die in Notfaellen von sich aus in die Klinik gingen. Das mache regional bis zu 60% aller Einweisungen aus.


Post hebt Porto fuer Paeckchen an

Bonn. Das Porto fuer Paeckchen wird angehoben. Die Deutsche Post-AG teilte heute mit, dass ein Paeckchen vom ersten Juli an 6.40 DM statt bisher 5.50 kosten wird. Dafuer, so ein Sprecher der Post, werde die Laufzeit der Paeckchen auf ein bis zwei Tage verkurezt. Zum 1. Juli werden auch neue Gewichtsklassen fuer Pakete eingefuehrt. Dadurch wird der Versandt kleinerer Pakete billiger.


Bundespraesident Herzog eroeffnet Bundesgartenschau in Cottbus

Cottbus. Bundespraesident Herzog hat am Vormittag in Cottbus die 23. Bundesgartenschau eroeffnet. Vor tausenden von Besuchern erklaerte Herzog, die Stadt fuehre vor, dass man auch grosse Herausforderungen bestehen koenne, wenn man ein Ziel habe. Es handelt sich um die erste Bundesgartenschau in den neuen Laendern. Sie dauert bis zum 8. Oktober.


Zweitaegige Gedenkfeiern in Dachau

In Dachau beginnen heute die zweitaegigen Gedenkfeiern aus Anlass der Befreiung des Konzentrationslagers vor 50 Jahren. An einer ehemaligen KZ-Aussenstelle in Dachau-Hebertshausen wurde am Nachmittag an die Ermordung russischer Kriegsgefangener erinnert. Dazu wurde heute eine russisch-orthodoxe Kapelle eingeweiht. Zum morgigen Gottesdienst und der offiziellen Gedenkfeier wird auch der bayerische Ministerpraesident Stoiber erwartet. Damit spricht zum ersten Mal ein bayerischer Ministerpraesident auf einer Veranstaltung in Dachau. Hauptredner wird auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Bubis sein. Dachau war das erste Konzentrationslager, dass die Nationalsozialisten 1933 errichteten. Ueber 32 000 Menschen kamen darin ums Leben, bis amerikanische Truppen am 29. April 1945 rund 32 300 Ueberlebende befreiten.


Regionalausstellung "Publika 95" in Pforzheim eroeffnet

Pforzheim. Die neue Regionalausstellung "Publika 95" hat heute in Pforzheim ihre Tore geoeffnet. Bis zum 7. Mai praesentieren auf dem Messplatz rund 380 Aussteller ihr aktuelles Angebot zu den Sparten Wohnen und Einrichten, Ausbau und Renovierung sowie Garten, Freizeit und gesundes Leben. Zu den Schwerpunkten zaehlt die Halle des Handwerks, in der sich die Pforzheimer Innungen vorstellen. Erstmals werden auch die Justizvollzugsanstalten Pforzheim und Heimsheim ihre Werk- und Ausbildungsstaetten einem breiten Publikum zeigen.


Quellen

DLF    8:00 MESZ    12:00 MESZ
SWF3    10:00 MESZ    19:00 MESZ
SDR3    11:00 MESZ    14:00 MESZ    16:00 MESZ