GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 14.10.1994



* Reaktionen auf Vergabe des Friedensnobelpreises
* Abschluss des SPD-Wahlkampfes in Berlin
* Kessler und Albrecht muessen ihre Strafe noch nicht antreten
* Herzog verspricht Koninuitaet der Europapolitik
* Medizinische Hochschule befuerchtet AIDS-Faelle nach Transplantationen
* REPs werden weiterhin als rechtsextrem eingestuft
* Deutschland zweitgroesster Waffenexporteur der Welt
* Rau wieder Bundesratspraesident
* DGB rechnet mit einer Million Arbeitslosen in Ostdeutschland
* Mehr Sicherheitskraefte in der Berliner S-Bahn
* Vorwuerfe des Landesrechnungshofs gegen Berlin-Brandenburg-Flughafenholding
* Prozess gegen China-Mafia
* Uebungen mit deutschen Soldaten in Frankreich
* Potsdamerin doch nicht von Skinheads ueberfallen
* Berichtigung zum Mittwoch, dem 14.10.1994



Reaktionen auf Vergabe des Friedensnobelpreises

Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Israels Ministerpraesident Rabin, Aussenminister Perez sowie an PLO-Chef Arafat hat bei den deutschen Politikern grosse Zustimmung gefunden. Bundespraesident Roman Herzog erklaerte in Bonn, damit wuerden drei Persoenlichkeiten geehrt, die entscheidend dazu beigetragen haetten, dass sich im Nahen Osten eine Perspektive fuer einen dauerhaften Frieden eroeffne. Bundeskanzler Helmut Kohl betonte in seinem Glueckwunschschreiben an PLO-Chef Arafat, er hoffe, es werde zu einer Aussoehnung zwischen dem palaestinensischen und dem israelischen Volk kommen. Weitere Glueckwuensche an die drei Preistraeger kamen von Bundesaussenminister Klaus Kinkel, Bundestagspraesidentin Rita Suessmuth sowie SPD-Chef und Kanzlerkandidat Rudolf Scharping und dem CSU-Vorsitzenden Theo Waigel. Als falsch kritisierte hingegen das Praesidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland Michael Friedmann die Auszeichnung von Arafat.


Abschluss des SPD-Wahlkampfes in Berlin

SPD-Chef Rudolf Scharping gibt sich zum Abschluss des Wahlkampfes optimistisch. Bei der Bundestagswahl sehe er gute Chancen fuer seine Partei. Scharping hatte gemeinsam mit den beiden Ministerpaesidenten Schroeder und Lafontaine auf einer Grosskundgebung in Berlin den Wahlkampf der SPD beendet. Dabei schloss Scharping erneut eine grosse Koalition sowie eine Zusammenarbeit mit der PDS aus. "Es wird keine neue Bundesregierung geben, die in irgendeiner Weise von der PDS abhaengig waere oder auf sie angewiesen und das Zweite ist: niemand von uns will eine grosse Koalition, wir streben sie auch nicht an. Unsere Prognose ist, sie wird auch nicht zustande kommen.", sagte Scharping. Weiter aeusserte er, seit 1982 sei ein Machtwechsel noch nie so nahe gewesen, wie jetzt.


Kessler und Albrecht muessen ihre Strafe noch nicht antreten

Der ehemalige DDR-Verteidigungsminister Heinz Kessler und der fruehere Suhler SED-Bezirkschef Hans Albrecht muessen ihre Gefaengnisstrafen vorerst nicht antreten, das entschied heute das Bundesverfassungsgericht. Zuvor soll ueber die anhaengigen Verfassungsbeschwerden von Albrecht und Kessler entschieden werden. Bereits gestern war das ehemalige Mitglied des Verteidigungsrates der DDR, Fritz Strelitz, vom Haftantritt vorlaeufig verschont worden.


Herzog verspricht Koninuitaet der Europapolitik

Nach Auffassung von Bundespraesident Roman Herzog wird es in der Europa- Politik keine wesentlichen Aenderungen geben, egal wie auch immer die Bundestagswahl ausgehen mag. In einer Rede vor der Europaeischen Union in Bruessel bekraeftigte Herzog, die Bonner Europapolitik werde kontinuierlich fortgefuehrt.


Medizinische Hochschule befuerchtet AIDS-Faelle nach Transplantationen

Die Medizinische Hochschule Hannover befuerchtet, dass die Zahl der durch Transplantationen mit HIV infizierten Patienten hoeher ist, als bisher angenommen. Gestern war bekannt geworden, dass 1984 zehn oder sogar zwoelf Menschen Knochenteile von einem AIDS-Toten implantiert bekamen. Die Medizinische Hochschule hat all jene aufgefordert, einen AIDS-Test zu machen, die vor dem 1.10.1985 Transplantate erhalten haben. In Deutschland wuerden im Jahr mindestens 15.000 Knochentransplantationen vorgenommen, einen Routine-Test bei Spendern gab es jedoch 1984 noch nicht, als die Aerzte einem nach einer viertaegigen Behandlung gestorbenen Drogensuechtigen Knie- und Beckenknochen sowie die Nieren entnommen hatten. Das Sozialministerium in Hannover erklaerte, die Gesundheitsaemter wuerden bei allen Risiko-Patienten kostenlos die AIDS-Tests uebernehmen. Mindestens zwei Patienten, die in Hannover Knochenteile erhalten hatten, sind an AIDS gestorben und sechs weitere daran erkrankt.


REPs werden weiterhin als rechtsextrem eingestuft

Der Berliner Verfassungsschutz darf die Republikaner weiterhin als rechtsextreme Partei einstufen. Innensenator Heckelmann teilte mit, das Verwaltungsgericht habe den Antrag der Republikaner, solche Bewertung kuenftig zu unterlassen, zurueckgewiesen. Die vom Verfassungsschutz vorgenommene Einstufung sei demnach nicht zu beanstanden. Das Gericht habe festgestellt, es gebe Anhaltspunkte dafuer, dass in der Partei Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet seien.


Deutschland zweitgroesster Waffenexporteur der Welt

Deutschland war im vergangenen Jahr der zweitgroesste Waffenexporteur der Welt nach den USA, das ergibt sich aus einem UNO-Bericht. Es vermittelt allerdings kein vollstaendiges Bild vom weltweiten Waffenhandel, da nur knapp die Haelfte aller UNO-Mitgliedsstaaten Informationen zur Verfuegung gestellt hat.


Rau wieder Bundesratspraesident

Johannes Rau ist wieder Bundesratspraesident. Die Laenderkammer hat Rau zum zweien mal nach 1982/82 zum Praesidenten gewaehlt, turnusgemaess loest er damit Bremens Buergermeister Vedemeier ab. Anschliessend diskutierte der Bundesrat noch einmal ueber die Finanzplanung der Bundesregierung. Oskar Lafontaine warf dem Finanzminister dess weigerung vor, dem Bundesrat eine Alternativrechnung fuer die Haushaltsplanung vorzulegen. Der Schattenfinanzminister der SPD vermutet dahinter eine bewusste und gezielte Waehlertaeuschung. Nach den letzten Bundestagswahlen habe allen anderslautenden Versprechnungen zum Trotz eine Steuerorgie begonnen. Lafontaine erwartet bei einer Fortsetzung der jetzigen Koalition aehnliches, naemlich eine rhoehung der Mehrwertsteuer sowie hoehere Einkommens- und Lohnsteuer. Mittelfristig sei die Freistellung des Existenzminimums nicht beruecksichtigt, die Frage der Finanzierung einer Unternehmenssteuersenkung nicht geklaert, gleiches gelte fuer den Familienlastenausgleich. Theo Waigel wies diese, wie er sagte haltlosen, Unterstellungen zurueck, der Haushaltsentwurf 1995 sei solide finanziert, er basiere auf dem konsequenten Willen zu sparen. Der Finanzminister versicherte, Steuererhoehungen seien nicht geplant und fuer die mittelfristige Finanzplanung bestehe Zeit bis 1996, daher liege die Opposition auch hier schief. Sie missbrauche den Bundesrat fuer Wahlkampfzwecke.


DGB rechnet mit einer Million Arbeitslosen in Ostdeutschland

Der Deutsche Gewerkschaftsbund rechnet damit, dass ungeachtet eines Wirtschaftswachstums auch in den kommenden Jahren in Ostdeutschland etwa eine Million Menschen arbeitslos sein werden. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Evelyn Kaefer sagte, der aktuelle Aufschwung in den neuen Bundeslaendern werde durch zunehmende Rationalisierung weitgehend wieder ausgeglichen.


Mehr Sicherheitskraefte in der Berliner S-Bahn

Nach den brutalen Ueberfaellen von rechtsradikalen sind die Sicherheitskraefte in den oeffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin und Potsdam verstaerkt worden. Der Bundesgrenzschutz setzt kuenftig taeglich etwa 400 Beamte in der Berliner S-Bahn sowie auf den Bahnsteigen ein. In Potsdam sind in der vergangenen Nacht zum ersten mal Polizisten und Sicherheitskraefte in Bussen und Bahnen mitgefahren.


Vorwuerfe des Landesrechnungshofs gegen Berlin-Brandenburg-Flughafenholding

Der Landesrechnungshof hat dem Land Brandenburg vorgeworfen, die Berlin-Brandenburg-Flughafenholding nicht genuegend kontrolliert zu haben. Die Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat haetten die Grundstueckskaeufe der Holding nicht genuegend ueberwacht, heisst es im Pruefbericht. Der Holding wird vorgeworfen, zuviel Gelder fuer Grundstuecke ausgegeben zu haben, die fuer den Ausbau des Flughafens Berlin-Schoenefeld gedacht waren.


Prozess gegen China-Mafia

Zum ersten mal wird heute in Berlin vor dem Berliner Landgericht gegen eine Organisation verhandelt, die ansonsten schwer greifbar ist, die beruechtigte China-Mafia. gegen zwei Maenner wird verhandelt, es geht um Schutzgelderpressungen von mehreren Millionen DM. Die abenteuerliche Geschichte hat noch abenteuerlichere Hintergruende. Den Ermittlungen zufolge operieren die chinesischen Triaden vor allem in Italien und Spanien. Die Berliner Gruppe sei vermutlich ein Ableger von dort. Ihr Chef soll ein sogenannter grosser Bruder sein, gegen den ebenfalls ein haftbefehl besteht, allerdings sitzt der mann bereits in Tschechien im Gefaengnis. Auch die Spanier haben fuer ihn einen Auslieferungsantrag gestellt, weil er dort in eine Messerstecherei verwickelt gewesen sein soll, die auch Todesopfer gefordert habe. Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Faellen scheint die beweislage im berliner Prozess verhaeltnismaessig gut zu sein, denn sowohl die misshandelte Frau als auch etliche chinesische Landsleute haben im Ermittlungsverfahren Aussagen gemacht, trotz der Gefahr, in der sie daurch schweben. Die Frau ist folgerichtig ins Zeugenschutzprogramm der Polizei aufgenommen worden. Die Chancen, dass der Prozess am 18. November mit einem Schuldspruch endet, sind also relativ gut.


Uebungen mit deutschen Soldaten in Frankreich

In Frankreich hat im Zuge des NATO-Programms "Partnerschaft fuer den Frieden" eine Uebung von franzoesischen, polnischen und deutschen Soldaten begonnen. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums geht es dabei in der kommenden Woche um Inhalte moeglicher friedenserhaltender Missionen der Streitkraefte. Am Donnerstag will Bundesverteidigungsminister Ruehe die Uebung besuchen.


Potsdamerin doch nicht von Skinheads ueberfallen

In der letzten Woche wurde eine 34-jaehrige Frau in Potsdam angeblich von Skinheads aus der Strassenbahn gestossen und dabei verletzt. Trotz mehrfacher Aufrufe der Polizei meldeten sich jedoch keine Zeugen des Vorfalls - und seit heute ist auch klar warum nicht: Nach Auskunft der Potsdamer Staatsanwaltschaft hat die Frau inzwischen gestanden, dass sie die ganze Geschichte erfunden hat. Der Fall hatte in der Bevoelkerung grosse Anteilnahme und Empoerung ausgeloest, passte er doch in eine Reihe weiterer Ueberfaelle von Jugendlichen und Skinheads auf Passansten und Benutzer oeffentlicher Verkehrsmittel. Die 34-jaehrige Frau hatte behauptet, von drei Skinheads aus der Strassenbahn gestossen worden zu sein, weil sie einer Rentnerin geholfen habe, die zuvor von den Jugendlichen in dem Waggong bedroht worden sei. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und das Gestaendnis der Potsdamerin brachten nun zu Tage, dass in der Strassenbahn nichts dergleichen geschehen war, sondern sich die Frau eine Verletzung zugezogen hatte, als sie zu Fuss eine Wegabkuerzung suchte. Als Motiv fuer ihre Falschaussage gab sie an, sie sei nicht krankenversichert und habe gehofft, als Opfer einer Straftat nicht die Behandlungskosten tragen zu muessen. Und in der Tat wurde ihr bereits zugesagt, das Land werde die Kosten uebernehmen. Gegen die Mutter dreier Kinder laeuft nun ein verfahren wegen der Vortaeuschung einer Straftat.


Berichtigung zum Mittwoch, dem 14.10.1994

In der Meldung "MTU will Anteil an Turboladerhersteller an US-Transposrtgesellschaft verkaufen" muss der Firmenname "Kuehnle, Kopp & Kausch" lauten.


Quellen

r.s.2    11:30 MEZ    20:30 MEZ
B2    12:00 MEZ    20:00 MEZ
DLR    22:15 MEZ