GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 11. 06. 2005



* G-8 einigen sich auf Schuldenerlass von 55 Milliarden Dollar
* Koehler pocht auf seine Entscheidungsgewalt bei der Aufloesung
* Stoiber kuendigt harten Sparkurs an
* Clement und Eichel dringen auf hoehere Lohnabschluesse
* Reform der Bildungspolitik gefordert
* Fischer kuendigt programmatische Neuausrichtung der Gruenen an
* Muentefering mahnt innerparteiliche Solidaritaet an
* Linkes Wahlbuendnis formiert sich
* Sonnleitner fordert Richtungswechsel in der Agrarpolitik
* Spielraum fuer niedrigere Krankassenbeitraege sinkt
* DGB droht mit Verfassungsklage
* Merkel und Oettinger warnen vor Verlsut christlicher Werte
* Autobahn A 8 wegen Parkhausbau voll gesperrt
* Hamburg feiert Christopher Street Day
* Rekordweltmeisterin Regina Halmich geehrt



G-8 einigen sich auf Schuldenerlass von 55 Milliarden Dollar

London. Die sieben fuehrenden Industrienationen und Russland haben beim sogenannten G-8-Gipfel den aermsten Laendern der Welt zugesagt, ihnen ihre Milliardenschulden zu erlassen. Die G-8-Finanzminister einigten sich darauf, dass Weltbank, Internationaler Waehrungsfonds und die Afrikanische Entwicklungsbank insgesamt 38 Laendern Verbindlichkeiten in Hoehe von insgesamt 55 Milliarden Dollar streichen wuerden, teilte der britische Finanzminister Brown mit. Den 18 aermsten Laendern werden Schulden in Hoehe von 40 Milliarden Dollar sofort erlassen. Spaeter folgen in zwei weiteren Schritten der Schuldenerlass fuer 20 weitere Staaten. Damit sollen die betroffenen Laender das Geld, das sie bisher fuer den Schuldendienst verwenden, moeglichst schnell fuer Investitionen in Bildung und Gesundheit zur Verfuegung haben. Bundesentwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul begruesste den Beschluss und nannte ihn einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Armut.

Bundesfinanzminister Eichel hat die Einigung der G-8-Laender auf einen Schuldenerlass fuer die aermsten Staaten der Welt als historischen Beschluss bezeichnet. Es habe harte Verhandlungen gegeben, sagte Eichel nach dem Treffen in London. Von Deutschland sei schliesslich Zustimmung gekommen. Eichel betonte, der Erlass der Verbindlichkeiten sei unter anderem an die Bedingungen einer guten Regierungsfuehrung geknuepft. Hier gehe es um den Kampf gegen die Korruption und die sinnvolle Verwendung der Mittel.


Koehler pocht auf seine Entscheidungsgewalt bei der Aufloesung

Bundespraesident Koehler hat seine Entscheidungskompetenz ueber eine Aufloesung des Bundestags unterstrichen. Der Wille der im Parlament vertretenen Parteien reiche dafuer nicht aus, sagte Koehler dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Das Staatsoberhaupt nannte damit erstmals oeffentlich Kriterien fuer die Einleitung von Neuwahlen. Wenn Bundeskanzler Schroeder um eine Aufloesung des Bundestags bitte, weil ihm das Vertrauen in den eigenen Reihen fehle, dann habe er die Lagebeurteilung des Kanzlers bei seiner Entscheidung zu beachten, betonte der Praesident. Er muesse aber zu einer eigenen Bewertung kommen. Koehler rief die Parteien zu mehr Ehrlichkeit auf. Die jahrzehntelange Politik des Uebertuenchens sei gescheitert. Noetig sei auch mehr Mut zu Entscheidungen. Dieses Risiko muessten die politisch Verantwortlichen eingehen, sonst versinke man in der Mittelmaessigkeit. Eine Politik, die jedem etwas gebe, damit sich niemand auf die Fuesse getreten fuehle, helfe nicht weiter.


Stoiber kuendigt harten Sparkurs an

Berlin. CSU-Chef Stoiber hat fuer den Fall einer Regierungsuebernahme der Union einen harten Sparkurs angekuendigt. Dem Magazin "Der Spiegel" sagte Stoiber, davon werde auch das Sozialsystem betroffen sein. Kuerzungen im Sozialbereich und bei den Subventionen duerften nicht laenger skandalisiert werden. Stoiber erklaerte, die Sozialausgaben seien zwischen 1998 und 2002 im Schnitt um 3,2 Prozent gewachsen, die Wirtschaft aber nur um 2,3 Prozent. Stoiber woertlich: "Das koennen wir uns nicht mehr leisten". Es sei ueberlebensnotwendig, dass der Staat wieder lerne, mit dem auszukommen, was er einnehme. Mehrere CDU-Landespolitiker warnten dagegen vor Plaenen, die Sozialleistungen abzubauen, weil dies die Wahlchancen der Union schmaelere.

Gegen die von der Union beabsichtigte Streichung der Steuerfreiheit fuer Schichtzuschlaege haben mehrere Gewerkschaften Widerstand angekuendigt. Der Chef der Bahngewerkschaft Transnet, Hansen, sagte der "Berliner Zeitung", bei der Deutschen Bahn waeren rund 60 Prozent der Mitarbeiter betroffen. Fuer jeden gehe es um Betraege von mehreren hundert Euro pro Monat. Der IG-Metall-Vorsitzende Peters erklaerte, es zeuge von Ignoranz, Menschen in die Tasche zu greifen, die im Schichtdienst jahrelang unter harten Bedingungen gearbeitet haetten.


Clement und Eichel dringen auf hoehere Lohnabschluesse

Berlin. In Abkehr von ihrer bisherigen Regierungslinie haben Bundeswirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel fuer hoehere Lohnabschluesse geworben. Clement schrieb in einem Beitrag fuer die "Sueddeutsche Zeitung", die Tarifparteien truegen wirtschaftspolitische Mitverantwortung. Dies gelte auch fuer die Nachfrageseite. Wo es wie in der Stahlbranche - wirtschaftlich vertretbar sei, sollten angemessene Einkommensverbesserungen vereinbart werden. Eichel sagte in einem Interview mit derselben Zeitung, die deutsche Wirtschaft sei nicht zuletzt wegen der gemaessigten Tarifpolitik der vergangenen zehn Jahre wieder sehr wettbewerbsfaehig geworden und die Unternehmen erzielten hohe Ueberschuesse. Zu einer funktionierenden Volkswirtschaft gehoere, dass die Beschaeftigten nicht nur am Risiko, sondern auch an den Gewinnen beteiligt wuerden.

Auch die SPD-Spitze setzen jetzt auf einen Kurswechsel in der Lohnpolitik. Nach Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel rief nun auch SPD-Chef Muentefering die Gewerkschaften dazu auf, ihre seit Jahren praktizierte Lohnzurueckhaltung zu beenden. Beim Bundeskongress der Jusos in Leipzig sagte Muentefering, wenn die Wirtschaft wieder gut laufe, dann muessten die Arbeitnehmer auch einen gehoerigen Teil davon abbekommen. Muentefering woertlich: "Deutschland ist Hochlohnland und muss das auch bleiben wollen."


Reform der Bildungspolitik gefordert

Leipzig. Der SPD-Vorsitzende Muentefering hat sich fuer eine umfangreiche Reform der Bildungspolitik ausgesprochen. Auf dem Juso-Bundeskongress in Leipzig sagte Muentefering, der einzelne Mensch muesse bei unserer Politik im Mittelpunkt stehen. Die Chancen der jungen Menschen fingen im fruehesten Kindesalter an, betonte der SPD-Chef vor rund 300 Jungsozialisten. Deshalb muessten vor allem die vorschulischen Angebote deutlich verbessert werden. Zuvor hatte Juso-Chef Boehning Aenderungen des derzeitigen Regierungskurses gefordert. Noetig sei vor allem ein Kampf fuer eine andere Politik, sagte Boehning.


Fischer kuendigt programmatische Neuausrichtung der Gruenen an

Aussenminister Fischer hat fuer die Bundestagswahl im Herbst eine programmatische Erneuerung seiner Partei angekuendigt. Man wolle damit auch auf die Konkurrenz eines Linksbuendnisses aus PDS und WASG reagieren, sagte Fischer. Fuer ihn sei das Buendnis ein Narrenzug am Hofe der Konservativen, welcher der CDU den Weg zur Mehrheit ebne. Zuvor hatte Vize-Fraktionschef im Bundestag, Stroebele, eine Kurskorrektur gefordert. Die Gruenen duerften das linke Spektrum nicht freigeben, so Stroebele.


Muentefering mahnt innerparteiliche Solidaritaet an

SPD-Chef Muentefering hat seine Partei erneut zur Raeson gerufen. Beim Bundeskongress der Jusos forderte er die Sozialdemokraten in Leipzig zu mehr innerparteilicher Solidaritaet auf. In der SPD duerfe nicht laenger gegen- und uebereinander gesprochen werden, betonte Muentefering mit Blick auf die oeffentlich ausgetragenen Querelen. Die Jusos bestaetigten Boehning als ihren Bundesvorsitzenden. Er erhielt 190 der 289 Stimmen. Boehning forderte einen Generationenwechsel in der SPD und einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik.


Linkes Wahlbuendnis formiert sich

Der PDS-Vorstand hat den Plaenen fuer ein Buendnis mit der 'Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit' gegen Widerstand in beiden Parteien zugestimmt. Wie der Vorsitzende Bisky nach einer Sitzung in Berlin bekanntgab, sollen die PDS-Wahllisten fuer Kandidaten der WASG und Parteilose geoeffnet werden. Ausserdem werde man den Mitgliedern vorschlagen, bei der naechsten Bundestagswahl unter dem Namen 'Demokratische Linke/PDS' anzutreten, sagte Bisky. Darueber solle ein Parteitag im Sommer entscheiden. Der Vorsitzende raeumte zugleich innerparteiliche Widerstaende gegen die Zusammenarbeit ein. Auch bei der Basis der WASG wurde Kritik laut. Der mitgliederstaerkste Landesverband Nordrhein-Westfalen forderte eine Urabstimmung ueber das Buendnis. Die Berliner WASG will in der Hauptstadt ohne die PDS antreten. WASG-Vorstandsmitglied Ramelow stellte zudem den Namensvorschlag der PDS in Frage, da er nicht auf einer gemeinsamen Vereinbarung beruhe. Die Parteifuehrung der 'Wahlalternative' will morgen in Kassel ueber die Zusammenarbeit mit der PDS entscheiden.


Sonnleitner fordert Richtungswechsel in der Agrarpolitik

Der Bauernverband fordert im Fall eines Regierungswechsel einen Richtungswechsel in der Agrarpolitik. Sein Praesident Sonnleitner aeusserte im "Focus" die Erwartung einer - so woertlich - neuen Form der Bauernbefreiung. Der Palamentarische Staatssekretaer im Verbraucherministerium, Berninger, wies die Aeusserungen von Sonnleitner zurueck. Er bezeichnete den Bauernpraesidenten als kalten Krieger der Agrarpolitik.


Spielraum fuer niedrigere Krankassenbeitraege sinkt

Das Bundesversicherungsamt sieht kaum noch Spielraeume fuer niedrigere Krankenkassenbeitraege. Der Praesident des Amtes, Daubenbuechel, sagte im Suedwestrundfunk, fast alle ueberregionalen gesetzlichen Kassen haetten ihre Moeglichkeiten zu Beitragssenkungen nahezu ausgeschoepft. Seit dem Inkrafttreten der Gesundheitsreform haetten 41 Versicherer die Saetze verringert. Davon haetten 22,5 Millionen Mitglieder profitiert, erlaeuterte Daubenbuechel. Die gesetzliche Krankenversicherung sei durch die Neuregelung nachhaltig entlastet worden. Dadurch liege der durchschnittliche Beitragssatz inzwischen bei knapp 14,2 Prozent.


DGB droht mit Verfassungsklage

Duesseldorf. Der DGB-Vorsitzende Sommer hat mit einer Verfassungsklage gegen moegliche Angriffe einer unionsgefuehrten Bundesregierung auf die Tarifautonomie gedroht. Zur Ankuendigung von Union und FDP, nach einem Wahlsieg im Herbst sogenannte betriebliche Buendnisse fuer Arbeit gesetzlich einzufuehren, sagte Sommer der "Bild am Sonntag", dies sei ein klarer Angriff auf die Tarifautonomie, ja sogar ein zivilisatorischer Rueckschritt. Weil jeder Betrieb dann selbst seine Loehne aushandeln koenne, wuerden die Belegschaften kuenftig noch erpressbarer. Sommer drohte, die Gewerkschaften wuerden alle Moeglichkeiten gegen die Einfuehrung von Lohnverhandlungen in den Betrieben ausschoepfen. Dazu gehoere auch der Gang bis zum Bundesverfassungsgericht.


Merkel und Oettinger warnen vor Verlsut christlicher Werte

Heidelberg. Baden-Wuerttembergs Ministerpraesident Guenther Oettinger (CDU) und die Kanzlerkandidatin der Union, Angela Merkel, haben vor einem Verlust christlicher Werte in der Gesellschaft gewarnt. Demokratie sei ohne den christlichen Glauben nicht denkbar, sagte Merkel. Oettinger und Merkel sind bei einer Tagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU als Gaeste geladen. Die Union werde "keinen Gedanken daran verschwenden" das C aus ihremNamen zu streichen, sagte Merkel mit Blick auf den Koelner Erzbischof Joachim Meisner, der den Unionsparteien vorgeworfen hatte, christliche Grundwerte vermissen zu lassen. Merkel sprach sich zudem ausdruecklich fuer den Religionsunterricht in Schulen aus. Dort koennten christliche Grundwerte am besten vermittelt werden. Oettinger wandte sich in einer Diskussionsrunde gegen eine ausschliessliche Orientierung an der Profitmaximierung. Marktwirtschaft und christliche Werte duerften kein Gegensatz sein, sagte er bei der Tagung zu dem Thema "Zukunft fuer Deutschland - zwischen Multikulti und Leitkultur".


Autobahn A 8 wegen Parkhausbau voll gesperrt

Wegen Bauarbeiten zum Parkhaus fuer die Neue Messe auf den Fildern muss an diesem und dem kommenden Wochenende die Autobahn 8 voll gesperrt werden. In der Nacht auf Sonntag wird die Autobahn in Richtung Karlsruhe zwischen Flughafen und Stuttgart-Degerloch von 21.00 Uhr bis 8.00 Uhr gesperrt. Eine Woche spaeter erfolgt die Sperrung in der Gegenrichtung. Die Sperrungen sind notwendig, um Vorarbeiten zur Errichtung des Messe-Parkhauses ueber die A 8 durchfuehren zu koennen. Die beiden "Parkhausfinger" ueber der Autobahn und der geplanten ICE-Trasse bieten Platz fuer mehr als 4.000 Fahrzeuge. Weltweit wird es das erste Bauwerk dieser Groessenordnung sein, das mit Hilfe des so genannten Taktschiebeverfahrens hergestellt wird. Diese Technik ermoeglicht den Bau der 440 Meter langen Konstruktionen bei laufendem Verkehr. Dabei wird das Parkhausskelett auf aufgebockten Schienen ueber die Strasse gezogen.


Hamburg feiert Christopher Street Day

Rund 22.000 Menschen haben in Hamburg den 25."Christopher Street Day" gefeiert. Die Veranstaltung steht weltweit fuer das Selbstbewusstsein von Schwulen und Lesben und wirbt fuer mehr gesellschaftliche Akzeptanz. Unterwegs stellten die Teilnehmer einen Weltrekord auf, als sich 16.000 Menschen zehn Sekunden lang in den Armen lagen.


Rekordweltmeisterin Regina Halmich geehrt

Aus Anlass ihres zehnjaehrigen Jubilaeums als Box-Weltmeisterin ist Regina Halmich gestern Abend mit einer Ueberraschungsparty in Karlsruhe geehrt worden. Dort bekam sie als Auszeichnung einen Ehrenpokal nach einem Entwurf des Designers Luigi Colani ueberreicht. Die Skulptur, die der Athlethin nachempfunden ist, zeigt eine Boxerin in Aktion, wie sie mit einem rechten Haken auf eine fiktive Gegnerin zielt. Seit zehn Jahren ist Regina Halmich aus Karlsruhe Box-Weltmeisterin und hat damit einen einmaligen und historischen Meilenstein erreicht. Keine andere Profiboxerin konnte so lange ihren Titel verteidigen, keine stand so lange an der Weltspitze. Die Ausnahmeathletin aus Karlsruhe hat sich inzwischen als eine der erfolgreichsten deutschen Sportlerinnen aller Zeiten etabliert.


Quellen

DLF    12:00 MESZ    18:00 MESZ
BR5    06:00 MESZ    12:00 MESZ    18:00 MESZ
SWR3    12:00 MESZ    18:00 MESZ