GERMAN NEWS DEUTSCHE AUSGABE Fr, 02.10.1998 * Erste Runde * Sondierungsgespraeche in Schwerin * Debatte in der CDU * Anklage wegen Gewaltvideos * Drogenring zerschlagen * Deutsche Aktien verlieren weiter an Wert * In eigener Sache |
Erste Runde |
In Bonn sind SPD und Gruene zu Koalitionsverhandlungen zusammengekommen.
Zunaechst soll der Terminplan offiziell gebilligt werden. Nach den Worten
von SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Muentefering geht es zum Auftakt um
Verfahrensfragen. Erste Sachthemen seien dann Arbeit und Wirtschaft.
Die SPD warnte die Gruenen davor, ueberzogene Forderungen zu stellen. Das
Wahlergebnis von 40,9% fuer die SPD und 6,7% fuer die Gruenen werde sich
auch im Koalitionsvertrag widerspiegeln. Mehrere Gruenenpolitiker betonten
dagegen, im Koalitionsvertrag muesse die Handschrift der Gruenen deutlich
erkennbar sein, es werde gleichberechtigt verhandelt.
Verhandlungsschwerpunkte der Gruenen sind unter anderem Oekosteuer,
Atomausstieg und Reform des Staatsbuergerschaftsrechts.
Trotz des ehrgeizigen Zeitplanes fuer die Koalitionsgespraeche wollen SPD und Gruene ihr erstes Regierungsbuendnis im Bund offenbar sorgfaeltig aushandeln. Vor Beginn der ersten Gespraechsrunde in Bonn deuteten beide Seiten die Bereitschaft zu Kompromissen an. Inzwischen haben sich SPD und Gruene im einzelnen auf den Zeitplan fuer die weiteren Gespraeche zur Regierungsbildung verstaendigt. Der Fahrplan steht, heisst es aus der Nordrhein-Westfaelischen Landesvertretung. In sieben Sitzungen wollen die beiden grossen Verhandlungskommissionen die zentralen Themen abarbeiten. Die naechste Runde am kommenden Mittwoch zur Finanzlage und zum Buendnis fuer Arbeit, am Freitag stehen Steuerreform und Oekosteuer auf dem Programm, am Samstag die Kernenergie. Die Woche darauf sollen die Schwerpunkte Aussen- und Verteidigungspolitik, Innere Sicherheit, Staatsbuergerschaftsrecht und Renten folgen. Zusaetlich werden Arbeitsgruppen tagen und eine 4+4-Konstellation mit den Spitzen beider Seiten, die voraussichtlich die wirklich wichtigen Entscheidungen trifft. Nach den sieben grossen Themenrunden bliebe noch eine Woche Zeit zur Entscheidung ueber Groesse des Kabinetts und Verteilung der Ministerposten, bis Sonderparteitage der Gruenen am 23./24.10.98 und der SPD am 25.10.98 den Koalitionsvertrag absegnen. Nach den Worten von SPD-Bundesgeschaeftsfuehrers Muentefering ist allein aufgrund des Wahlergebnisses klar, dass seine Partei die Musik macht. Gruenen-Forderungen nach einem Stop der Magnetschwebebahn Transrapid und einem schnellen Ausstieg aus der Atomkraft wies er zurueck. Fuer die Gruenen betonte dagegen die nordrhein-westfaelische Umweltministerin Hoehn, die Handschrift ihrer Partei muesse klar erkennbar sein. Beide Seiten betonen, dass der Koalitionsvertrag in allen strittigen Punkten prazise sein muss, um Konflikte waehrend der Legislaturperiode zu vermeiden.
Alle Koalitionsverhandlungen sollen von Finanzexperten beider Seiten
begleitet werden. Dies war der erste Beschluss, den SPD und Gruene in
ihrer ersten Koalitionsverhandlung fassten. Ausserdem beschloss die Runde
der 12 Verhandler auf beiden Seiten den erwarteten Kassensturz, wie
SPD-Chef Lafontaine nach den fast fuenfstuendigen Gespraechen ankuendigte:
"Der Kassensturz ist notwendig geworden, weil erstens eine Reihe von
Risiken, die mittlerweile aufgedeckt worden sind, im Haushaltsentwurf der
Vorgaengerregierung nicht beruecksichtigt worden sind, zweitens, weil die
weltwirtschaftliche Entwicklung zumindestens es ratsam erscheinen laesst,
auch bei den Wachstumsprognosen die gebotene Vorsicht anzusetzen." In
diesem Zusammenhang machten Lafontaine und der gruene
Bundesvorstandssprecher Trittin klar, dass nicht alles, was eine neue
Regierung machen wuerde, auch finanzierbar sei. Was auf alle Faelle
finanziert werden soll, und zwar aus den laufenden Mitteln der
Bundesanstalt fuer Arbeit, ist ein Sofortprogramm gegen die
Jugendarbeitslosigkeit. Trittin: "Wir wollen mit diesem Programm fuer die
Beschaeftigung und Ausbildung von 100.000 Jugendlichen sofort anfangen.
Wir werden das nicht abhaengig machen von einem Buendnis fuer Arbeit.
Dieses ist fuer uns als Sofortmassnahme unabdingbar. Das ergaenzt das
Buendnis fuer Arbeit. Es widerspricht ihm allerdings auch in keiner Art
und Weise."
Heute, so hiess es, seien alle Themen einmal kurz angerissen worden, auch
die strittigen. Dazu zaehlte Lafontaine die bekannten Knackpunkte Tempo
des Atomausstiegs und die Oekosteuer. Am Mittwoch gehen die
Koalitionsverhandlungen weiter. Bis dahin werden die Arbeitsgruppen
ihre Vorbereitungen treffen. |
Sondierungsgespraeche in Schwerin |
Auch der Sieger der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern, die SPD,
sucht nach einem Koalitionspartner. Einen Tag nach dem Treffen mit der
CDU spricht man heute mit der PDS-Delegation. Dabei duerfte vor allem
die Finanzpolitik eine wichtige Rolle spielen. Waehrend die SPD hier mit
der CDU weitgehend uebereinstimmt, gab es mit der PDS Differenzen.
Der designierte Regierungschef Ringstorf hat bisher offengelassen, welche
Partei er als Partner bevorzugt. Vor der Wahl hatte Ringstorf gesagt, die
CDU sei nicht koalitionsfaehig, die PDS nicht regierungsfaehig.
Eine Entscheidung ueber den kuenftigen Koalitionspartner ist nach dem
Gespraech mit der PDS noch nicht gefallen. Ringstorf sagte nach dem
heutigem Treffen mit der PDS, in Fragen der Sozialpolitik gebe es
Uebereinstimmungen, ebenso bei anstehenden Reformen auf Bundesebene. |
Debatte in der CDU |
Die juengeren Vertreter der Christdemokraten wollen die Diskussion um
einen Generationenwechsel in der Parteispitze offenbar am laufen halten.
Der saarlaendische Landesvorsitzende Mueller sagte, es reiche nicht aus,
nur den Parteichef durch den Fraktionsvorsitzenden Schaeuble zu ersetzen.
Die Partei muesse auch ihr soziales Profil schaerfen. Es reiche nicht,
wenn die Union nur mit wirtschaftlicher Kompetenz verbunden werde.
Sachsens Wirtschaftsminister Schommer rief die Bundespartei auf, sich
sofort und ohne Ruecksicht von dem scheidenden Bundeskanzler Kohl und
dessen engeren zu trennen. Es sei unmoeglich, so Schommer, dass Kohl
glaube, seine Nachfolge immer noch per Dekret regeln zu koennen. |
Anklage wegen Gewaltvideos |
Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat gegen einen frueheren Zeitsoldaten der
Bundeswehr Anklage erhoben. Der Obergefreite habe an mehreren Videofilmen
mit gewaltverherrlichendem und rechtsextremistischem Inhalt mitgewirkt.
Diese uebergab er auch einem Fernsehsender. Jetzt muss er sich wegen des
Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und wegen
Volksverhetzung verantworten.
Gegen sechs Angehoerige des Schneeberger Gebirgsbataillon, darunter einen
Oberlautnant, hat die Zwickauer Staatsanwaltschaft fast ein Jahr ermittelt.
Aber nur gegen einen der an den Gewaltvideos beteiligten Soldaten wird es
nun zur Anklage kommen. Es ist jener Soldat, der das Gewaltvideo einem
privaten Fernsehsender zur Verfuegung gestellt hat. Die Anklage gegen den
inzwischen entlassenen Stabsunteroffizier aus Dresden erfolgt also vor
allem deshalb, weil er die zum Teil volksverhetzenden und rechtsradikalen
Darstellungen veroeffentlicht hat. Den von den uebrigen Beteiligten war
das Videomaterial dazu nicht gedacht. Fuer sie, so die Staatsanwaltschaft,
sei es nur um die Herstellung privater Erinnerungen an die Bundeswehr
gegangen. |
Drogenring zerschlagen |
Die Kriminalpolizei Ansbach hat eine Gruppe von Rauschgifthaendlern
auffliegen lassen. Der juengste Dealer sei erst dreizehn Jahre alt,
teilte die Polizei mit. Er hatte in einer Grund- und Hauptschule im
Kreis Ansbach rund 700 Gramm Haschisch verkauft. Der Drogenring bestand
den Angaben zufolge aus neun Dealern. Gegen sie erging Haftbefehl.
Insgesamt hatte die Bande sechs Kilo Amphetamine, fuenf Kilo Haschisch
und 600 Extacy-Pillen in Umlauf gebracht. Die Drogen stammten
groesstenteils aus den Niederlanden. |
Deutsche Aktien verlieren weiter an Wert |
Genaehrt wird die Talfahrt durch die Unsicherheit ueber die Krisen auf
den Weltmaerkten. Dazu kommt die Angst vor weiteren Verlusten der
Banken durch ein Engagement bei unsicheren Fonds. Analysten wollen nun
keine Prognose mehr fuer die Entwicklung der Aktienmaerkte in den
kommenden Wochen geben. Zeitweilig war der DAX unter die Marke von 4000
Punkten gefallen. Derzeit steht er wieder bei 4009 Punkten.
Der deutsche Aktienindex kaempft verbissen um die Marke 4000. Sollte
diese Linie nicht halten, fuerchten die Boersianer weitere drastische
Verluste. Dann sei ein Abrutschen des DAX bis auf 3500 Punkte moeglich.
Einen ersten Vorgeschmack gab es, denn der Index war schon bis auf
3870 abgestuerzt. Unter Druck stehen vor allem die Automobil- und
Bankaktien. Die Anleger fuerchten, dass sich die Krisen in Asien,
Russland und Lateinamerika weiter zuspitzen. Es kursieren Geruechte, dass
die amerikanische Notenbank eine Krisensitzung plane. Erst am Dienstag
hatte die FAT einen ihrer Leitzinsen gesenkt, um ihren Teil zur
Beruhigung der internationalen Finanzmaerkte beizusteuern, doch das hat
nichts genutzt. Auch an den anderen europaeischen Boersen brechen die
Kurse weiter ein. Die meisten Aktienindizes liegen unter den Staenden vom
Jahresanfang. Arg gerupft wird auch der Dollar, der auf einen Kurswert
von 1,63 DM zurueckgerutscht ist. Das Fluchtkapital fliesst in die
Anleihemaerkte, denn die verzeichnen kraeftige Gewinne. |
In eigener Sache |
Aus technischen Gruenden musste die gestrige Donnerstagsausgabe leider
entfallen. Wir bitten um Verstaendnis. |
Quellen |
|