GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 01.03.1996



* Demonstrationen fuer den Erhalt der Schiffbauindustrie
* Bundesparteitag von Buendnis 90 / Die Gruenen
* Tucholsky-Zitat doch strafbar
* Meisterbafoeg und Rentenanpassung Ost im Bundestag
* Bundesrat lehnt Gesetzesvorlagen ab
* Erste Auswertung des Flugschreibers
* Gipfeltreffen zwischen Europa und Asien in Bangkok
* IG Medien fordert 5 Prozent mehr Lohn und Gehalt
* Bundeslaender planen noch keine Studiengebuehren
* Deutsche Tochterunternehmen von Makulan melden Konkurs an
* Schneesturm fuehrt zu chaotischen Verkehrsverhaeltnissen
* Bremen schlaegt Uerdingen



Demonstrationen fuer den Erhalt der Schiffbauindustrie

In den norddeutschen Werftstandorten haben heute mehr als 10.000 Menschen fuer den Erhalt der Schiffbauindustrie demonstriert. In insgesamt 12 Staedten folgten die Arbeiter einem Aufruf der IG Metall und beteiligten sich an Kundgebungen gegen einen Abbau ihrer Arbeitsplaetze. Dabei gingen nicht nur die Beschaeftigten des konkursbedrohten Bremer Vulkan-Verbunds auf die Strasse, auch Mitarbeiter von Blom und Voss in Hamburg sowie der Howaldtswerke Deutsche Werft in Kiel demonstrierten. Die Beschaeftigten der ostdeutschen Standorte verlangten Hilfen aus Bonn. In Bruessel wurde heute bekannt, dass die Wirtschaftspruefer des Bremer Vulkan zwei Berichte fuer das Management und die Treuhandnachfolgerin BVS angefertigt haben, die, was die Verwendung von Foerdergeldern angeht, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.


Bundesparteitag von Buendnis 90 / Die Gruenen

Mainz. Buendnis 90 / Die Gruenen haben sich bei einem Bundesparteitag fuer die Abschaffung der Werbung im oeffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgesprochen. Die rund 700 Delegierten verabschiedeten am Abend einen medienpolitischen Leitantrag, nach dem die oeffentlich-rechtlichen Programme in Zukunft ausschliesslich durch Gebuehreneinnahmen finanziert werden sollen. Um den Wegfall der Werbeeinnahmen auszugleichen, sollten die Rundfunkgebuehren schrittweise erhoeht werden. Zuvor hatte der Fraktionschef der Gruenen im Bundestag, Fischer, die Forderung der SPD nach einer Zuzugsbeschraenkung fuer Aussiedler scharf kritisiert. Fischer forderte die Sozialdemokraten auf, ihre, wie er sagte, unsaegliche Hetzkampagne sofort zu beenden. Zum Auftakt der Bundesversammlung hatte Vorstandssprecherin Sager ein Buendnis fuer Arbeit und Umwelt verlangt.


Tucholsky-Zitat doch strafbar

Union und FDP haben sich auf einen Weg geeinigt, wie der Satz "Soldaten sind Moerder" doch verboten und bestraft werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Tucholsky-Zitat vergangenes Jahr unter den Schutz der Meinungsfreiheit gestellt. Die Rechtsexperten von CDU,CSU und FDP suchten daraufhin nach einem juristischen Ausweg. Das Ergebnis: das Strafgesetzbuch soll nun um einen Paragraphen erweitert werden. Die Koalition will das Thema "Ehrenschutz" nun endlich vom Tisch haben. Der Tatbestand "Verunglimpfung der Bundeswehr" soll zusaetzlich in das Strafgesetzbuch. Naechste Woche schon stehe der Gesetzentwurf im Bundestag auf der Tagesordnung, so Norbert Geis, rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. "Ich glaube dass es schnell vonstatten geht, nur wird es naechste Woche allerdings erst die erste Lesung sein. Wir werden dann beraten im Ausschuss, wir werden sicherlich noch eine Anhoerung haben, das wird noch Schwierigkeiten bereiten, aber ich glaube dass die Koalition selbst diesen Gesetzentwurf verfolgen wird - und ich glaube, geschlossen verfolgen wird." Im Sommer, so hofft Geis, ist der neue Ehrenschutz dann Gesetz. Muss, wer einen Aufkleber oder ein Transparent mit dem Tucholsky-Zitat "Soldaten sind Moerder" zeigt, tatsaechlich mit Haft bis zu drei Jahren rechnen, wie im Gesetzestext vorgesehen ? Dazu Geis: "Auch Geldstrafe ist vorgesehen und das ist die erste Stufe. Wenn er hartnaeckig bleibt und immer wieder dieselbe Tat vollbringt, trotzdem er vom Gericht immer wieder eines Besseren belehrt wird, wenn er dann hartnaeckig bleibt, muss er am Ende, wie das in vielen anderen Straftaten genauso ist, halt auch einmal mit Gefaengnisstrafe rechnen, aber da muss einer schon besonders hartnaeckig sein." Die SPD lehnt die Initiative der Koalition als unangemessen und ueberfluessig ab. Der rechtspolitische Sprecher der Gruenen, Volker Beck, nannte den Entwurf einen Anschlag auf die Liberalitaet und Meinungsfreiheit in unserem Land.


Meisterbafoeg und Rentenanpassung Ost im Bundestag

Der Bundestag hat sich heute unter anderem mit dem sogenannten Meisterbafoeg und der Anpassung der Ostrenten beschaeftigt. In Sachen Meisterbafoeg war, nach langen Auseinandersetzungen um Details, auch die SPD-Fraktion dafuer, dass angehende Meister, Techniker und Fachkraefte kuenftig, aehnlich wie Studenten, unterstuetzt werden. Starke Kritik uebte die Opposition aber an dem Beschluss, die Ostrenten nur noch einmal jaehrlich an die Westbezuege anzupassen. Als ein Stueck Vertrauenssicherung fuer die Rente bezeichnete Norbert Bluem den Gesetzesentwurf. Auch in Ostdeutschland bestimmten fortan Beitragszeit und Lohnentwicklung die Renten. "Es war von Anfang an klar, dass die Rentenanpassung Ost, der Mechanismus, nur voruebergehend ist - von Anfang an, nie bestritten, dass wir die Rentenanpassung Ost zeitgleich mit dem Loehnen schaetzen. Voruebergehend. Denn das alte Schema laesst sich nicht mehr durchfuehren. Schon im Herbst hatten wir grosse Schwierigkeiten, verlaessliche Zahlen zu schaetzen. Wollen sie Rentenunsicherheit durch Schaetzungen, die immer umstritten sind, oder wollen sie Sicherheit, indem die Renten im Osten an die Lohnentwicklung des Vorjahres gebunden werden?" Die Vertreter der Opposition kritisierten vor allem den Zeitpunkt der Entscheidung ueber die Rentenberechnung in den neuen Bundeslaendern. Aufgrund des engen Zeitplans sei das Gesetz nicht ausgewogen genug beraten worden.


Bundesrat lehnt Gesetzesvorlagen ab

Der Bundesrat und die Bonner Regierungskoalition stehen vor einer neuen Konfrontationsrunde. Der Bundesrat hat heute Vormittag eine Reihe von Gesetzesvorlagen abgelehnt, die jetzt im Vermittlungsausschuss beraten werden muessen. Dazu gehoeren die Plaene der Koalition, die Arbeitslosenhilfe und auch die Leistungen fuer Asylbewerber zu kuerzen. Fuer die SPD-gefuehrte Mehrheit der Laenderkammer kritisierte die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gerlinde Kuppe den Gesetzentwurf mit den Worten: "Die Streichung der originaeren Arbeitslosenhilfe, die jaehrliche Absenkung der Arbeitslosenhilfe um drei Prozent, die verstaerkte Zuweisung von arbeitslosen Hilfeempfaengern in ABM und Paragraph 249(h) - Massnahmen vertraegt als gemeinsame Ueberschrift eigentlich nur so etwas wie 'Gesetz zur Entlastung des Bundeshaushalts durch die Arbeitslosenhilfe'." In der Tat will der Bund durch die genannten Massnahmen etwa zwei Milliarden DM im Jahr einsparen. In Kraft treten soll das Gesetz nach den Vorstellungen der Regierungskoalition schon am 1. April, ob dieser Termin zu halten ist, ist im Augenblick unsicher.


Erste Auswertung des Flugschreibers

Ein Instrumentenfehler war vermutlich die Ursach fuer den Absturz der Birgen Air-Maschine in der Karibik. Vorgestern hat ein Spezialroboter die beiden Flugschreiber aus dem Meer geborgen, die zum einen die Flugbewegungen und zum anderen den Wortwechsel im Cockpit aufgezeichnet haben. Die beiden Flugschreiber wurden gestern noch nach Amerika gebracht. Inzwischen gibt es erste Ergebnisse: Ein fehlerhafter Geschwindigkeitsanzeiger, der dem Piloten falsche Informationen ueber die tatsaechliche Geschwindigkeit lieferte, sei im wesentlichen der Grund fuer den Absturz der Boeing 757 nur wenige Minuten nach dem Start gewesen. 189 Menschen mussten diesen Fehler mit ihrem Leben bezahlen. Die Informationen ueber die Absturzursache kommen vom Generaldirektor der dominikanischen Luftfahrtbehoerde, Hector Roman Torres. Torres bezieht sich auf ein Telefonat mit dem Team, das die Auswertung des Flugschreibers uebernommen hat. Das Team gehoert zur Transportsicherheitsbehoerde der Vereinigten Staaten. Hector Roman Torres informierte von Santo Domingo, der Hauptstadt der Dominikanischen Republik, aus weiter, dass die Bordinstrumente der Ungluecksmaschine eine Hoehe von etwa 2300 Metern angezeigt haetten, die Geschwindigkeit sei zudem ausreichend gewesen. Als der Alarm einsetzte, dass die Maschine kraeftig an Hoehe verliere, sei es sozusagen schon zu spaet gewesen. 84 Sekunden spaeter stuerzte das Flugzeug ins Wasser. Diese Vermutungen - und um solche handelt es sich zu diesem Zeitpunkt noch - werden durch die Tatsache gestuetzt, dass die Flugzeugtruemmer in einem Umkreis von nur 200 Metern auf dem Meeresgrund liegen.


Gipfeltreffen zwischen Europa und Asien in Bangkok

Zum ersten Mal treffen sich in Bangkok die Staats- und Regierungschefs von Europa und Asien. Ziel ist es, die Zusammenarbeit auf politischer, aber auch auf wirtschaftlicher Ebene auszubauen. Die Europaer hoffen, von der wirtschaftlichen Bluete der sogenannten Tiger-Staaten mitprofitieren zu koennen und die Asiaten sind interessiert an einem Zugang zum europaeischen Binnenmarkt. Zur Eroeffnung hat Bundeskanzler Kohl dazu gemahnt, die Eroerterung von Menschenrechtsfragen mit Sensibilitaet zu behandeln und die Gipfelgespraeche nicht zu belasten. Der erste Asien-Europa-Gipfel ist nach der Einschaetzung der EU-Kommission eine einmalige Gelegenheit eine umfassende Zusammenarbeit zwischen beiden Kontinenten zu diskutieren. Asien ist die am schnellsten wachsende Region der Welt, die Wachstumsraten sind dreimal hoeher als in Europa. Asien ist als Handelspartner fuer Europa schon wichtiger als Amerika geworden, aber Europa hat in Asien bislang nur wenig investiert. Die asiatischen Laender, die trotz aller wirtschaftlichen Erfolge ueberwiegend noch auf dem Weg zu entwickelnden Industrielaendern sind, moechten mehr Investitionen europaeischer Unternehmen. Sie wollen damit auch ein Gegengewicht zu dem beherrschenden Einfluss Japans und Amerikas in dieser Region erreichen. Neben wirtschaftlichen Fragen soll auch ueber die Reform der Vereinten Nationen, ueber Sicherheitspolitik und die Schaffung von atomwaffenfreien Zonen in Asien gesprochen werden. Strittige Themen wie die Menschenrechte werden nur am Rande diskutiert, um das groesser Ziel einer umfassenden Zusammenarbeit nicht zu belasten.


IG Medien fordert 5 Prozent mehr Lohn und Gehalt

Die IG Medien geht mit einer Forderung von 5 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die bevorstehende Tarifrunde fuer die bundesweit 180.000 Drucker. Wie IG-Medien-Chef Haensche heute in Stuttgart mitteilte, sollen zudem Regelungen zur Beschaeftigungssicherung erreicht werden. Der gueltige Tarifvertrag wurde zum 31. Maerz gekuendigt. Die neue Vereinbarung soll eine Laufzeit von 12 Monaten haben.


Bundeslaender planen noch keine Studiengebuehren

Die Bundeslaender planen derzeit keine Einfuehrung von Studiengebuehren. Das geht aus einem heute in Bonn vorgestellten Bericht der Kultusministerkonferenz hervor. Darin heisst es, einige Laender wuerden jedoch langfristig ueber entsprechende Abgaben nachdenken. Uebereinstimmend beklagt wurde die Unterfinanzierung der Hochschulen und ein unzureichendes Engagement des Bundes. Weiter bekannten sich die Kultusminister zum dualen System der Berufsausbildung.


Deutsche Tochterunternehmen von Makulan melden Konkurs an

Mehrere deutsche Tochterunternehmen des oesterreichischen Baukonzerns Makulan haben heute Konkursantrag gestellt. Eine Sprecherin des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg teilte heute mit, bis heute Mittag seien sechs Antraege auf Gesamtvollstreckung eingegangen. Sie galten fuer die deutsche Makulan-Holding, die Firma NBI, sowie fuer weitere vier Unternehmen in Sachsen und Sachsen-Anhalt, die insgesamt etwa 1.600 Menschen beschaeftigen. Ausdruecklich ausgenommen ist die "TB" - Berliner Tief- und Verkehrsbau. Fuer dieses Unternehmen hat ein Bankenkonsortium die Kreditlinien heute verlaengert.


Schneesturm fuehrt zu chaotischen Verkehrsverhaeltnissen

Muenchen. Ein starkter Schneesturm hat am Abend in weiten Teilen Bayerns zu chaotischen Strassenverhaeltnissen gefuehrt. Innerhalb von zwei Stunden fielen bis zu 20 cm Schnee. Vor allem im Bayrischen Wald behinderten winterliche Strassenverhaeltnisse den Verkehr, aber auch in anderen Landesteilen kam der Verkehr zum Erliegen. Auf der Autobahn bei Augsburg bildete sich ein 30 km langer Stau.


Bremen schlaegt Uerdingen

Bremen. Der SV Werder Bremen gewann am Abend in der Fussballbundesliga gegen den KFC Uerdingen. Das Tor fuer die Bremer schoss Basler in der 45. Minute.


Quellen

B5    9:00 MEZ    14:30 MEZ
DLF    9:30 MEZ    15:00 MEZ
SDR 3    23:00 MEZ