GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 24.06.1995



* Weiterer Streiktag im Einzelhandel
* SPD und Gruene in NRW kommen sich weiter naeher
* FDP-Chef Gerhard organisiert mehr Geld fuer Universitaeten
* EU-Parlamentspraesident Haensch fordert Umsetzung von Beschluessen
* Kinkel wuerdigt UNO
* Lafontaine als saarlaendischer SPD-Chef bestaetigt
* Lafontaine zu einem moegliche Bundeswehreinsatz in Bosnien
* Biedenkopf fordert Umdenken im Westen
* Bundespraesident Herzog fordert erneut mehr Lehrstellen
* FDP-Chef Gerhard gibt hessischen Vorsitz auf
* Fuer einen Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Muenchen
* Die ersten grossen Staus
* Kriminalstatistik zeigt Zunahme strafunmuendiger Straftaeter
* Reichstag verhuellt
* Streit in der SPD



Weiterer Streiktag im Einzelhandel

Mainz. Schwerpunkt der Streikaktionen im Rheinland-Pfaelzischen Einzelhandel ist heute Kaiserslautern. Die Gewerkschaft HBV hat die Beschaeftigten von zwei Kaufhausfilialen dazu aufgerufen, heute die Arbeit niederzulegen. Dem Streikaufruf sind heute rund 3500 Beschaeftigte gefolgt. Das berichteten HBV und DRG in Hamburg. In insgesamt 6 Bundeslaendern waren vor allem Filialen der grossen Kauf- und Warenhaeuser betroffen, die zum Teil nur mit Notbesetzungen oeffnen konnten. Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen waren 6 Kaufhaeuser in Koeln. Der Arbeitskampf im Einzelhandel dauert nun schon fast 5 Wochen. Die Gewerkschaften wollen Tariferhoehungen von mindestens 3,8% durchsetzen, das hoechste regionale Arbeitgeber-Angebot liegt bei 3,6%.


SPD und Gruene in NRW kommen sich weiter naeher

SPD und Buendnis 90/Gruene haben sich in ihren Verhandlungen fuer eine Koalition in NRW an die Beilegung der schwierigsten Streitpunkte gemacht. Es gehe jetzt um die richtig harten Brocken, insbesondere um die Finanzen, sagte die Verhandlungsfuehrerin der Gruenen, Baerbel Hoen (sp?). Die Gespraeche in der NRW-Landesvertretung in Bonn finden seit dem Vormittag in einem kleinen, aber hochkaraetig besetzten Kreis statt. Je 5 Spitzenpolitiker beider Parteien nehmen teil. Auf seiten der SPD auch Ministerpraesident Rau und Fraktionschef Matthiesen; zur Delegation der Gruenen gehoeren die Verhandlungsfuehrer Hoen und Vesper.


FDP-Chef Gerhard organisiert mehr Geld fuer Universitaeten

Der neue FDP-Vorsitzende Gerhard hat sich mit Finanzminster Waigel und Zukunftsminister Ruettgers auf mehr Geld fuer Bildung und Forschung verstaendigt. Die Aufstockung der Haushaltsmittel wuerde einen dreistelligen Millionenbetrag umfassen, sagte Gerhard der Welt am Sonntag. Das Geld solle vor allem dafuer verwendet werden, die Situation an den Hochschulen zu verbessern und die Forschung in den neuen Bundeslaendern noch mehr anzukurbeln. Gerhard kuendigte zugleich an, dass es ab 1996 das sogenannte Meister-BAFoeG geben wird. Ziel sei, berufliche und akademische Ausbildung gleichwertig zu machen.


EU-Parlamentspraesident Haensch fordert Umsetzung von Beschluessen

Der Sozialdemokrat Klaus Haensch, Praesident des Europaeischen Parlaments, hat Entscheidungen der EU-Regierungschefs fuer die Polizeibehoerde Europol und die transeuropaeischen Verkehrsnetze angemahnt. Haensch sagte am Mittag im WDR, der bevorstehende Gipfel in Cannes muesse endlich in die Tat umsetzen, was bereits seit laengerem beschlossen sei. Die gelte zum Beispiel fuer Verkehrprojekte wie die Trasse Muenchen-Verona. Es reiche auch nicht, Weissbuecher zur Arbeitslosigkeit zur Kenntnis zu nehmen, ohne das Problem auf nationaler Ebene anzugehen. Der SPD-Politiker sprach sich dafuer aus, im EU-Ministerrat Mehrheitsentscheidungen gelten zu lassen. Im Europaeischen Parlament werde dies praktiziert, und nicht zuletzt deshalb arbeite die Volksvertretung in Strassburg effektiver.


Kinkel wuerdigt UNO

Zum 50jaehrigen Bestehen der UNO hat Bundesaussenminister Kinkel die Leistungen der Weltorganisation gewuerdigt, zugleich aber Reformen gefordert. Die Vereinten Nationen koennten insgesamt eine positive Bilanz ziehen, sagte Kinkel in Bonn. Sie haetten Grosses geleistet beim Schutz der Menschenrechte, zur Bekaempfung von Hunger und Not und in der Abruestung. Allerdings muesse das Instrumentarium der UNO erneuert, gestaerkt und effizienter gemacht werden, um die Arbeit der Weltorganisation der gewandelten Realitaet anzupassen. Als Geburtsstunde der UNO gilt die Unterzeichnung der UNO-Charta am 26.Juni 1945.


Lafontaine als saarlaendischer SPD-Chef bestaetigt

Der saarlaendische Ministerpraesident Lafontaine bleibt fuer weitere zwei Jahre an der Spitze der SPD im Saarland. Bei seiner Wiederwahl auf einem Landesparteitag in Saarbruecken muesste Lafontaine allerdings mit 79.6% das bisher schlechteste Ergebnis seit der Uebernahme des Postens im Jahre 1977 hinnehmen. Noch vor zwei Jahren hatten sich mehr als 90% der Delegierten fuer Lafontaine entschieden. Vor der Wahl, bei der es keine gegenkandidaten gab, hatten mehrere Redner der Landesregierung Abnutzungserscheinung nach mehr als 10 Jahren regierungszeit vorgeworfen, und ein schaerferes Profil der Partei gefordert. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Bildungspolitik. Einige Delegierte warnten vor Sonderopfern und zu grossen Belastungen der Lehrer. Vor dem Parteitagsgebaeude demonstrierten circa 4000 Lehrer gegen die geplante Verlaengerung der Arbeitszeit.


Lafontaine zu einem moegliche Bundeswehreinsatz in Bosnien

Der Streit in der SPD ueber eine Unterstuetzung der Bosnienpolitik der Bundesregierung haelt an. Auf einem Landesparteitag der Saarlaendischen SPD setzte sich Ministerpraesident Lafontaine fuer einen strikten Kurs des Gewaltverzichts ein und lehnte den geplanten Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge im ehemaligen Jugoslawien ab. Einigen Parteifreunden warf Lafontaine vor, Positionen der Bundesregierung einfach nachzuplappern. Namen nannte Lafontaine nicht. Das Bundeskabinett will am Montag ueber einen Bosnieneinsatz der Bundeswehr entscheiden. Vorgesehen ist die Entsendung von Sanitaetern, Logistik, und Tornado-Kampfflugzeugen zur Unterstuetzung der UNO-Truppen.


Biedenkopf fordert Umdenken im Westen

Der saechsische Ministerpraesident Biedenkopf hat die Westdeutschen dazu aufgefordert, zur Ueberwindung der Teilung auch durch Veraenderungen in ihrem Denken und Handeln beizutragen. Bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum 50. Jahrestag der CDU sagte Biedenkopf in Leipzig, zum Aufbau im Osten gehoere eine Erneuerung im Westen. Anders seien die Probleme der deutschen Einheit nicht zu bewaeltigen. Auch im Westen treffe man auf die den Ost-Buergern oftmals vorgeworfene Haltung, dass der Einzelne frei und der Staat fuer alles verantwortlich sei. Die Menschen muessten sich wieder fragen, wo die Verantwortung fuer jeden einzelnen beginne.


Bundespraesident Herzog fordert erneut mehr Lehrstellen

Bundespraesident Herzog hat noch einmal an die Wirtschaft und den oeffentlichen Dienst appeliert, zusaetzliche Lehrstellen zu schaffen. Auf einer Veranstaltung fuer Schulkinder im Park seines Amtssitzes Schloss Bellevue sagte Herzog, Ausbildung rechne sich fuer jedes Unternehmen. Es sei ein Fehler, unter kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten hier zu sparen. Der Bundespraesident wiess darauf hin, dass in den neuen Bundeslaendern auf zwei Lehrstellen 5 Bewerber kaemen. Bei dieser Gelegenheit teilte Herzog mit, dass die Gaertnerei des Bundespraesidialamtes kuenftig zwei Lehrlinge ausbilden wuerde.


FDP-Chef Gerhard gibt hessischen Vorsitz auf

Der neue Vorsitzende der FDP, Wolfgang Gerhard, hat heute seinen Posten als Chef der Liberalen in Hessen aufgegeben. Anfang September soll auf einem ausserordentlichen Parteitag in Darmstadt ein neuer Parteivorsitzender gewaehlt werden. Gerhard schlug dafuer seine bisherige Stellvertreterin Ruth Wagner vor, die auch Fraktionsvorsitzende der Liberalen im hessischen Landtag ist.


Fuer einen Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Muenchen

Fuer einen schnellen Ausbau der zum Teil voellig veralteten Bahnverbindung Berlin-Muenchen haben sich der bayrische Ministerpraesident Stoiber und Berlins Regierender Buergermeister Diepgen starkgemacht. In einen gemeinsamen Brief an Bundeskanzler Kohl forderten die beiden den speziellen Ausbau der Strecken zwischen Nuernberg und Ebensfeld sowie zwischen Halle/Leipzig und Berlin, damit dort die Zuege mit 200km/h fahren koennen.


Die ersten grossen Staus

Die erste grosse Reisewelle dieses Sommers ist heute auf einigen Hauptrouten in den Sueden in kilometerlangen Staus immer wieder steckengeblieben. Nach dem Ferienbeginn ich Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thueringen und Niedersachsen, wurden auf der Autobahn Berlin-Nuernberg Autoschlangen mit einer Laenge bis zu 40km registriert. Auch auf der Autobahn Muenchen-Salzburg kam es nach Angaben der Polizei immer wieder zu Staus.


Kriminalstatistik zeigt Zunahme strafunmuendiger Straftaeter

Bonn. Im vergangenen Jahr waren mehr als 79000 Straftaeter juenger als 14 Jahre. Das ist ein Zuwachs von fast 20%, wie aus der bisher unveroeffentlichten Kriminalstatistik 1994 hervorgeht.


Reichstag verhuellt

Berlin. Das Kunstprojekt verhuellter Reichstag soll heute fertiggestellt werden. Die silbernen Bahnen aus Polypropylen muessen mit Seemannsknoten verknuepft werden, die letzten koenigsblauen Taue muessen um die Bahnen gelegt und festgezogen werden. Auch mit diesen Arbeiten werden wir heute noch fertig, sagte eine Sprecherin des Reichstagsprojektes; es koenne jedoch noch bis zum Nachmittag dauern. Christo und Jeanne-Claude behalten sich selber vor, zu entscheiden wann ihr Kunstwerk als vollendet gilt. Die Zuschauer werden es vor allem daran merken, dass der gelbe Gitterzaum um das Bauwerk abgebaut wird, dann werden auch die 5 mal 5 Zentimeter grossen Gewebestuecke verteilt. Fuer die Verhuellung werden die 200 Kletterer und Montagearbeiter 8 Tage gebraucht haben, einen Tag laenger als geplant. Die Verhuellung des Reichstags ist beendet. Am Montag sollen die Absperrungen entfernt werden, dann koennen die Schaulustigen das Werk auch anfassen. Ordner sollen rund um die Uhr dafuer sorgen, dass nichts beschaedigt wird. Das Werk des Ehepaars Christo und Jeanne-Claude soll bis zum 6.Juli zu bewundern sein. Insgesamt huellen den Berliner Reichstag 100000qm Stoff ein.


Streit in der SPD

Bonn. In der SPD spitzen sich innerparteiliche Querelen zu. Die schleswig-holsteinische Ministerpraesidentin Simonis kritisierte Parteichef Scharping, der ihr leichtfertige Aeusserungen vorwarf. Der Deutschen Presseagentur gegenueber sagte Simonis, sie habe sich bisher zurueckgehalten, lasse sich aber von niemandem die Leviten lesen. Es sei ihr gutes Recht, darauf hinzuweisen, wenn aus ihrer Sicht bestimmte Dinge nicht bezahlbar seien. Fuer die Laender sei es schwierig, finanzielle Forderungen so nachzuvollziehen wie die Bundestagsfraktion der SPD dies gerne haette. SPD-Parteichef Scharping hatte sich nach einem Bericht der Zeitung Bild am Sonntag an der Erklaerung von Simonis gestossen, die SPD habe sich beim Kindergeld verrechnet.


Quellen

SWF 3    9:00 MESZ    22:00 MESZ
WDR 2    14:00 MESZ    16:00 MESZ    18:00 MESZ    20:00 MESZ