GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 11.08.1995



* IFO-Gutachten zu den Ladenschlusszeiten
* Gipfel zwischen Autoindustrie und Ministerpraesidenten
* Zum gestrigen Verfassungsgerichtsurteil bzgl. der Kruzifixe in Schulen
* Haftbefehle gegen im Kichenasyl befindliche abgelehnte Asylbewerber
* Vielzahl von Verhaftungen in diversen Muenchner Tiefbauunternehmen
* Der neue Eurofighter wird teurer als geplant
* Dollarwechselkurs



IFO-Gutachten zu den Ladenschlusszeiten

Bonn. Das Gutachten des IFO-Instituts, in dem die Verlaengerung der Ladenoeffnungszeiten empfohlen wird, stoesst auf massiven Widerstand bei den Arbeitnehmerorganisationen. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen drohte sogar mit einem Arbeitskampf, falls die Interessen der Beschaeftigten nicht ausreichend beruecksichtigt wuerden. Fuer den Verbraucher jedoch liegen die Vorteile auf der Hand. Man muesste sich nach Feierabend nicht abhetzen, um noch ein paar notwendige Einkaeufe zu erledigen.

Oeffnungszeiten am Werktag von 6 bis 22 Uhr, Samstags bis 18 Uhr und Sonntag einkaufsfrei, per Sondergenehmigungen auch Nachtlizenzen fuer einige Lebensmittellaeden und frische Broetchen auch am Sonntag. Ausserdem raet IFO, die Begrenzung der Oeffnungszeit von 68,5 Stunden in der Woche abzuschaffen.

Bei den Gewerkschaften sind diese Empfehlungen des IFO-Institutes wie erwartet auf Kritik gestossen. Fuer die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen dient das von der Regierung bezahlte Gutachten nur dazu, Wirtschaftsminister Rexrodt Argumente fuer ein Einkaufen rund um die Uhr zu liefern. 3 Millionen Verkaeuferinnen wuerden fuer ihren Feierabend und freie Wochenenden kaempfen. Die jetzigen Ladenschlusszeiten seien tariflich festgeschrieben.

Die Deutsche Angestelltengewerkschaft bezeichnete das Gutachten ebenfalls als familienfeindlich. Die DAG werde den Ladenschluss um 18:30 Uhr deshalb mit Zaehnen und Klauen verteidigen, hiess es. Vor einem weiteren Sterben der sogenannten Tante-Emma-Laeden warnte die Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststaetten. Die Politik solle lieber wirksame Konzepte zum Abbau der Arbeitslosigkeit vorlegen, statt ihre Energie fuer Aenderungen am Ladenschluss einzusetzen.

Bundeswirtschaftsminister Rexrodt hatte am Vormittag bei der Uebergabe des Gutachtens darauf hingewiesen, dass durch eine Aenderung des Ladenschlusses 50.000 neue Arbeitsplaetze geschaffen wuerden. Er bezeichnete das IFO-Gutachten als deutliches Signal, dass an der Liberalisierung der Ladenschlusszeiten kein Weg mehr vorbeifuehre. Zu ersten Gespraechen mit Vertretern des Handels hat Rexrodt in gut zwei Wochen in sein Ministerium geladen.


Gipfel zwischen Autoindustrie und Ministerpraesidenten

Bonn. Mit einer Palette eigener Massnahmen und Zusicherungen seitens der Politik wollen die Autohersteller erreichen, dass Deutschland Produktionsstandort fuer Autos bleibt. Hervor geht das aus einem Strategiepapier, das VW, BMW, Mercedes-Benz und Porsche zusammen mit den Ministerpraesidenten von Niedersachsen, Bayern und Baden-Wuerttemberg heute vorstellten. Die Autohersteller wollen bis zum Jahr 2000 ein Drei-Liter-Diesel-Auto auf den Markt bringen. Als Gegenleistung soll es z.B. kein generelles Tempolimit geben.

Mit der Diffamierung des Autos muesse Schluss sein, so Bayerns Ministerpraesident, Edmund Stoiber. Wer glaube, verloren gegangene Arbeitsplaetze in der Autoindustrie durch andere im Dienstleistungssektor ausgleichen zu koennen, der irre. Die oekonomischen Daten und die wirtschaftliche Abhaengigkeit nicht nur des Freistaates von der Automobilindustrie erforderten ein Umdenken und gerade eben diese Initiative zwische Politik und Industrie.

"Mit dem Papier wollen wir einen Beitrag leisten, erstens zur oekologischen Optimierung des Autos, zweitens zu einer raschen Einfuehrung des Drei-Liter-Autos, drittens zur zuegigen Verbesserung der Kraftstoffqualitaeten und viertens zu einer emmissionsbezogenen Kfz-Steuer mit Anreizen fuer besonders sparsame Dieselfahrzeuge der Euro-2-Norm."

Der Autogipfel fordert daher beispielsweise eine drastische Absenkung der Kfz-Steuer fuer neue Diesel-PKW von derzeit 37.10 DM pro 100 Kubik- auf etwa 30 DM pro 100 Kubikzentimeter Hubraum. Entschieden wurden heute die Vorwuerfe zurueckgewiesen, man habe bestimmte nicht-ausschliesslich-deutsche Automobilkonzerne von den Gespraechen ausgeschlossen.

Fuer die Autoindustrie machte der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz, Helmut Werner, deutlich, dass die Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen fuer die Unternehmen vor allem bedeute, dass die Lohnnebenkosten nicht weiter ansteigen duerfen. Auch Baden-Wuerttembergs Ministerpraesident Erwin Teufel unterstrich, wer es ernst meine mit den Arbeitsplaetzen in Deutschland, der muesse auf das Auto setzen. Die Gespraeche werden fortgesetzt.


Zum gestrigen Verfassungsgerichtsurteil bzgl. der Kruzifixe in Schulen

Muenchen/Bonn. Weiterhin hohe Wellen schlaegt das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach die in der bayrischen Schulordnung angeordnete Anbringung von Kruzifixen in allen Unterrichtsraeumen der im Grundgesetz verankerten Religionsfreiheit widerspricht. Inzwischen hat sich auch der Bundeskanzler mit deutlicher Kritik an den Karlsruher Verfassungsrichtern in die Diskussion eingeschaltet.

Wenn die bayerischen Schueler am zwoelften September aus den Sommerferien in ihre Klassen zurueckehren, dann werden sie dort an den Waenden keine leeren Naegel vorfinden. Zumindest vorerst sollen die Kreuze und Kruzifixe haengen bleiben - jedenfalls bis der bayrische Verwaltungsgerichtshof eine endgueltige Entscheidung trifft. Die zahlreichen erbossten Eltern, die sich seit gestern im Muenchner Kultusministerium meldeten, werden also ihre Drohung erstmal nicht wahrmachen muessen und ihre Kinder von der Schule nehmen, falls dort nicht mehr unter dem Kreuz unterrichtet und gelernt werden sollte.

Auch Bundeskanzler Helmut Kohl reihte sich mittlerweile in den Chor der kritischen Stimmen ein. Er bezeichnete das Karlsruher Urteil als unverstaendlich. Das Kreuz als Symbol des christlichen Glaubens stelle keine Bedrohung dar, sondern sei eine Hilfe fuer die Mehrheit der Menschen, sich an den christlichen Werten zu orientiern. Die Offenheit der pluralistischen Gesellschaft in Deutschland waere falsch verstanden, so der Kanzler, wenn sie dazu fuehre, dass die Werte unserer abendlaendischen Kultur aufgegeben wuerden.

Der Vizepraesident des Bundesverfassungsgerichtes, Johann-Friedrich Henschel, hat sich im Namen seiner Richterkollegen mittlerweile gegen die Kritik an dem Urteil verwahrt. Auch der bayerische Ministerpraesident, Edmund Stoiber, muesse erkennen, so Henschel, dass sich der Staat in Sachen Glaubensfreiheit neutral zu verhalten habe. Der Vizepraesident des Bundesverfassungsgerichts sagte: "Wir haben nicht entschieden, dass jetzt alle Kreuze abzuhaengen seien." Wo Eltern, Lehrer und Schueler dafuer seien, koennten die Kruzifixe bleiben.

Henschel geht davon aus, dass Eltern, Lehrer oder Schueler, die sich in ihrer Glaubensfreiheit nachvollziehber gestoert fuehlen, die Entfernung der christlichen Symbole aus den Unterrichtsraeumen gerichtlich erzwingen koennen, sobald der bayerische Verwaltungsgerichtshof die Karlsruher Entscheidung im zugrunde liegenden Fall umgesetzt hat. Falls sich die betreffende Schule dann weigere, die Kruzifixe abzunehmen, dann muesse der Schutz der Grundrechte falls noetig durch Vollsteckungsbeamte der Landesjustiz erzwungen werden.


Haftbefehle gegen im Kichenasyl befindliche abgelehnte Asylbewerber

Augsburg/Muenchen. Das Amtsgericht Augsburg hat Haftbefehle gegen alle abgelehnten Asylbewerber erlassen, die sich in Kirchengemeinden der Stadt gefluechtet haben. Das bayerische Innenministerium teilte mit, die Haftbefehle seien auf Antrag der Stadt und des Landratsamtes Augsburg ausgestellt worden.

Es sei vorgesehen, die Frau und die beiden Kinder des untergetauchten Kurden, Farej Symzek (sp.?), sowie die fuenfkoepfige syrisch-orthodoxe Familie Agytsch (sp.?) und den 18jaehrigen Simon Oegoz (sp.?) in Abschiebehaft zu bringen. Der Sprecher liess offen, wann dies geschehen soll. Bayerns Innenminister Beckstein hatte Ende Juli angekuendigt, gegen das Kirchenasyl der Familie Symzek nicht vorzugehen. Frau Symzek und ihre Kinder im Alter von drei bzw. vier Jahren leben seit etwa zwei Monaten in der Pfarrei St. Raphael in Steppach bei Augsburg.

Der Pfarrer von St. Raphael kritisierte, wenn es um Jesus am Holzkreuz gehe, erklaere Ministerpraesident Stoiber, man solle sich nicht nicht an das Karlsruher Urteil halten. Wenn Menschen, die mit Christus litten, von Folter bedroht seien, dann fordere die bayrische Staatsregierung den Vollzug der Urteile.


Vielzahl von Verhaftungen in diversen Muenchner Tiefbauunternehmen

Muenchen. Mit einem Blitzbesuch bei der Muenchner Zentrale des Bauriesen Heilit & Woerner (sp.?) haben 20 Fahnder der Kripo und sechs Staatsanwaelte einen vorlaeufigen Hoehepunkt in einer seit Monaten laufenden Aktion gesetzt. Aktenberge wurden beschlagnahmt und vier von fuenf mit Haftbefehl gesuchte Manager festgenommen. Nach dem fuenften wird noch gefahndet. Im Visier sind aber auch nahezu alle renommierten Tiefbauunternehmen. Ermittelt wird wegen Betrug und Bestechung im Zusammenhang mit einem gigantischen Preisabsprachekartell. Geschaedigt wurde unter anderem die Stadt Muenchen.

Nach Angaben des Muenchner Polizeipraesidiums gehoerte die Firma Heilit & Woerner zu einem seit Jahren funktionierenden Absprachekartell in der Muenchner Baubranche. Dabei geht es hauptsaechlich um Kanalbaumassnahmen im Grossraum Muenchen. Durch Absprachen und durch die Bestechung von Behoerdenmitarbeitern gelang es diesem Kartell die Millionenauftraege untereinander aufzuteilen und dabei die Preise, vor allem die Unternehmensgewinne, nach oben zu treiben. Den Betrugsschaden, der alleine der Landeshauptstadt Muenchen entstand, wurde von der Polizei mit mindestens 15 Millionen DM beziffert.

Die Durchsuchungsaktion bei der Firma Heilit & Woerner gehoerte zu einem Grosskomplex von Razzien, die in den vergangenen Wochen nahezu bei allen grossen Bauunternehmen in der Landeshauptstadt stattfanden. Unter anderem wurden in 62 Faellen Bueros und Wohnungen durchsucht. Betroffen waren die Unternehmen Ratner Bau AG, Strabag, Riepel, Prochier, Phillip Holzmann, Held & Franke, Duekerhauf & Widdmann, sowie mehrere mittelstaendische Unternehmen. Aufgrund von 32 bestehenden Haftbefehlen wurden dabei drei Vorstandsmitglieder, ein Generalbevollmaechtigter der zehn Niederlassungsleiter, drei Geschaeftsfuehrer, zwei Prokuristen und neun Abteilungsleiter, sowie vier Bauleiter festgenommen und zum Teil in Untersuchungshaft genommen. Die Kriminalpolizei geht davon aus, dass auch eine Vielzahl anderer Stadtverwaltungen in ganz Deutschland von dem Baukartell geprellt wurde.


Der neue Eurofighter wird teurer als geplant

London. Das neue europaeische Kampfflugzeug kommt teurer als geplant. Der Britische Rechnungshof spricht von einer Kostenexplosion beim sogenannten Eurofighter. In einem Bericht heisst es, Entwicklung und Bau des Flugzeugs verschlaengen siebenmal soviel Geld wie geplant. Der Rechnungshof beziffert die Gesamtkosten auf umgerechnet 32,8 Milliarden DM. Er kritisiert ausserdem, dass die beteiligten Staaten bei dem gemeinsamen Ruestungsprojekt nicht gut zusammengearbeitet haetten.

Beteiligt sind neben Grossbritanien, Deutschland, Spanien und Italien.


Dollarwechselkurs

1 US-$   =   1.4316 DM
DAX      =   2233 Punkte (+14)



Quellen

B5:    15:30 Uhr MESZ    15:45 Uhr MESZ    16:30 Uhr MESZ
SWF3:    16:00 Uhr MESZ