GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 24.07.1995



* Bush gedenkt der Potsdamer Konferenz vor 50 Jahren
* Erste Uebungsfluege der Tornado-Piloten in Italien
* Transport der Ausruestung fuer Bundeswehrlazarett verzoegert sich
* Sommersmoggesetz tritt uebermorgen in Kraft
* Waigel hofft auf Kompromiss in Sachen Jahressteuergesetz
* Verwirrung um Trinkgeldsteuer
* Metallarbeitgeber wollen Beschaeftigungsgesetz blockieren
* SPD zu moeglicher Einfuehrung eines einheitlichen Kindergeldes
* Rexrodt ueber geplanten Subventionsabbau im Osten ab 1997
* Kinkel tritt Ostafrikareise in Tansania an
* CDU und SPD beraten nach Koalitionskrach in Stuttgart
* Ehemaliger Muenchner Weihbischof gestorben
* Lebenshaltungskosten in Baden-Wuerttemberg um 2.3 Prozent gestiegen
* ADAC ist fuer die Einfuehrung einer Oeko-Steuer fuer Autos
* Gebaeudebrand in Andernach
* Brand vernichtet Produktionshalle
* Gewalttaetige Demonstration von Take That Fans
* Schwoermontag in Ulm
* Deutschlands Weg nach Ex-Jugoslawien (B5 vom 23.07.)
* Bosnien und die Bundeswehr (B5 vom 23.07.)
* Boersendaten
* Das Wetter



Bush gedenkt der Potsdamer Konferenz vor 50 Jahren

Der fruehere amerikanische Praesident Bush will am Vormittag in der brandenburgischen Hauptstadt der Potsdamer Konferenz vor 50 Jahren gedenken. Er wird Schloss Cecilienburg besuchen. Dort berieten die USA, Grossbritannien und die Sowjetunion vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 ueber die Nachkriegsordnung fuer Deutschland. Dazu gehoerten Entmilitarisierung und Entnazifizierung sowie Demokratisierung und Dezentralisierung. Ausserdem ging es um die Reparationsfrage und die Abtrennung der deutschen Ostgebiete.


Erste Uebungsfluege der Tornado-Piloten in Italien

Mit ersten Uebungsfluegen bereiten sich die Piloten der nach Italien verlegten Tornado-Kampfflugzeuge auf einen moeglichen Einsatz ueber Bosnien vor. Jeweils drei deutsche Tornados wurden von einem italienischen Jet begleitet und in die Gegend einwiesen. Geflogen wurde ueber der Poebene bis nach Venedig, also rund 150 km weit. Die Adria und erst recht das frueher Jugoslawien waren noch tabu. Von Mittwoch an sollen dann die ersten gemeinsamen Trainingsfluege mit den Verbaenden anderer Natostaaten absolviert werden. Die insgesamt 14 Flugzeuge waren am Freitag vom Lager Lechfeld in Bayern und aus Jagel in Schleswig-Holstein nach Piecenza verlegt worden. Bis zum Ende der Woche soll dann die Einsatzbereitschaft der 14 Maschinen voll hergestellt sein. Inzwischen sind in Piecenza alle 560 zu diesem Einsatz abkommandierten Bundeswehrsoldaten eingetroffen.


Transport der Ausruestung fuer Bundeswehrlazarett verzoegert sich

Der Transport von Ausruestung fuer das Bundeswehrlazarett im kroatischen Split verzoegert sich weiter. Buerokratische Probleme verhindern bislang das Auslaufen des Frachters Bluebird aus dem Hafen von Emden. Die Papiere der auslaendischen Besatzung genuegen noch nicht den Vorschriften.


Sommersmoggesetz tritt uebermorgen in Kraft

Bonn. Das neue bundesweite Sommersmoggesetz tritt voraussichtlich schon uebermorgen in Kraft. Voraussetzung ist die morgige Veroeffentlichung im Bundesgesetzblatt. Die Neuregelung sieht Fahrverbote fuer Autos ohne Katalysator bei Ozonwerten oberhalb von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft vor.


Waigel hofft auf Kompromiss in Sachen Jahressteuergesetz

Muenchen. Der CSU-Vorsitzende Waigel hofft, dass es im Streit um das Jahressteuergesetz bald einen Kompromiss gibt. Waigel sagte im Anschluss an eine Vorstandssitzung seiner Partei, er sehe Chancen, noch in diesem Monat eine Uebereinkunft zu erreichen, damit man schnell an die Umsetzung gehen koenne. Den Brief des niedersaechsischen Ministerpraesidenten Schroeder und von Hamburgs Buergermeister Voscherau an die SPD-Ministerpraesidenten und an Parteichef Scharping im Steuerstreit bewerte er postitiv, erklaerte der Bundesfinanzminister. Er hoffe, dass die Einsicht der beiden Politiker dazu beitrage, die Einsichtsfaehigkeit der SPD insgesamt zu verstaerken und vor allem der SPD-Bundestagsfraktion klarzumachen, dass es mit einem einfachen Aufsatteln der Dinge nicht getan sei. Man koenne nicht auf der einen Seite sagen, sieben Milliarden DM Belastung fuer die Laender sei Ende der Fahnenstange und dann fuer das Kindergeld 250 DM anzustreben. Allein eine Erhoehung auf 220 DM wuerde im naechsten Jahr 1.2 Milliarden kosten. Das sei ohne Gegenfinanzierung nicht zu loesen.


Verwirrung um Trinkgeldsteuer

Muenchen. Fuer Verwirrung hat ein interner CSU-Antrag zur Trinkgeldsteuer gesorgt. Urspruenglich hatte es geheissen, die CSU-Landtagsfraktion habe gefordert, diese Steuer wieder abzuschaffen. Dem widersprach Fraktionschef Glueck. Er sagte, die von rund 30 Landtagsabgeordneten unterschriebene Forderung, die bayerische Staatsregierung solle ueber den Bundesrat die Abschaffung der Trinkgeldsteuer betreiben, sei eine Privatinitiative. Ueber den Antrag habe die Fraktion weder beraten, noch sei er parlamentarisch eingebracht worden. Glueck wies alle Spekulationen zurueck, zwischen der CSU- Fraktion und Parteichef Theo Waigel gebe es unterschiedliche Auffassungen. Waigel ist ein entschiedener Befuerworter der Trinkgeldbesteuerung.


Metallarbeitgeber wollen Beschaeftigungsgesetz blockieren

Bonn. Die Metallarbeitgeber wollen das von der Bundesregierung geplante Gesetz gegen die Beschaeftigung von Auslaendern auf deutschen Baustellen zu Billigloehnen blockieren. Das kuendigte der Hauptgeschaeftsfuehrer des Arbeitgeberverbandes Kirchner an. Er werde den neuen Regelungen im Tarifausschuss des Bundesarbeitsministeriums nicht zustimmen. Kirchner zeigte sich zuversichtlich, dass auch die beiden anderen Arbeitgebervertreter im Ausschuss gegen den Entwurf der Bundesregierung stimmen werden.


SPD zu moeglicher Einfuehrung eines einheitlichen Kindergeldes

Als grossen Erfolg der Sozialdemokraten hat es der rheinland-pfaelzische Finanzminister Mittler bezeichnet, dass ein einheitliches Kindergeld von 200 DM Anfang naechsten Jahres eingefuehrt werden soll. Im Deutschlandfunk warnte der SPD-Politiker heute frueh zugleich davor, bei den Gespraechen im Vermittlungsausschuss ueber das Jahressteuergesetz kommende Woche auf eine weitere Erhoehung zu draengen. Zur Begruendung verwies er auf die schlechte Entwicklung bei den Steuereinnahmen. Mittler wertete den Brief des niedersaechsischen Ministerpraesidenten Schroeder und des Hamburger Buergermeisters Voscherau nicht als Ausbrechen aus der gemeinsamen Verhandlungslinie der Sozialdemokraten. Beide draengten vielmehr darauf, dass Gemeinden und Laender durch die Freistellung des Existenzminimums und die Erhoehung des Kindergeldes nur mit 7 Milliarden DM belastet werden. Dagegen nannte der SPD Sozialexperte im Bundestag Hack das Schreiben einen Erpressungsversuch gegenueber der Fraktion. Auch Niedersachsen und Hamburg haetten zugestimmt als die Linie der Sozialdemokraten festgelegt wurde, meinte Hack in der BILD-Zeitung.


Rexrodt ueber geplanten Subventionsabbau im Osten ab 1997

Bundeswirtschaftsminister Rexrodt hat sich dafuer ausgesprochen, 1997/98 schrittweise mit dem Subventionsabbau im Osten zu beginnen. Geplant sei dann eine Reduzierung der Foerdermassnahmen um 15 Milliarden DM, erlaeuterte der FDP-Politiker heute frueh im Deutschlandfunk. Er warnte zugleich davor, den Eindruck zu erwecken, der Abbau sei von heute auf morgen moeglich. Von einer Subventionsmentalitaet in den Neuen Laendern koenne nach seinen Erfahrungen nicht die Rede sein. Rexrodt forderte erneut, von 1997 an schrittweise den Solidaritaetszuschlag zu senken. Der Minister wies ausserdem Geruechte ueber seine moegliche Abloesung im Bundeskabinett zurueck. Einige wenige Parteifreunde schadeten durch solche Geruechte nur den Ansehen der Freien Demokraten meinte Rexrodt.


Kinkel tritt Ostafrikareise in Tansania an

Bundesaussenminister Kinkel trifft am Vormittag in der tansanische Hauptstadt Daressallam ein. Tansania ist die erste Station einer mehrtaegigen Ostafrikareise Kinkels, die ihn auch nach Ruanda und Burundi fuehren wird. Der Bundesaussenminister will sich dort vor allem ueber die Konflikte zwischen den verfeindeten Volksgruppen informieren. Auf dem heutigen Programm stehen Begegnungen mit der tansanischen Fuehrungsspitze sowie dem langjaehrigen frueheren Staatschef Niejere (sp ?). Von Daressallam aus wird Kinkel in die zentralafrikanischen Krisenlaender weiterreisen. Einen Zwischenstop macht er dabei im westtansanischen Fluechtlingslager Benako. Dort leben 200,000 Menschen aus Ruanda.


CDU und SPD beraten nach Koalitionskrach in Stuttgart

Stuttgart. CDU und SPD in Baden-Wuerttemberg beraten, wie es nach dem Krach in der grossen Koalition weitergehen soll. Ministerpraesident Teufel hatte im Bundesrat fuer das Ozongesetz gestimmt obwohl die SPD dagegen war. In Baden-Wuerttemberg entscheidet sich heute das Schicksal der grossen Koalition. In Stuttgart tagt das Kabinett. Die SPD fordert von Ministerpraesident Teufel eine Erklaerung, dass er die Koalitionsvereinbarung nicht noch einmal missachtet. Zum endgueltigen Stolperstein koennte heute der Nachtragshaushalt werden. Sind sich CDU und SPD nicht einig ist die grosse Koalition am Ende.


Ehemaliger Muenchner Weihbischof gestorben

Muenchen. Der ehemalige Weihbischof der Landeshauptstadt Matthias Defreger (sp?) ist tot. Der 80jaehrige starb gestern Abend nach laengerer, schwerer Krankheit in einer Klinik. Defreger wurde 1949 in Freising bei Muenchen zum Priester geweiht. 1968 ernannte ihn Papst Paul VI zum Weihbischof des damaligen Erzbischofs und Freising Kardinal Julius Doepfner. 1990 hatte Defreger aus Altersgruenden seinen Ruecktritt erklaert.


Lebenshaltungskosten in Baden-Wuerttemberg um 2.3 Prozent gestiegen

Stuttgart. Die Lebenshaltungskosten der privaten Haushalte in Baden-Wuerttemberg sind im Juli um 2.3 Prozent gestiegen. Im Juni hatte der Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahresmonat noch 2.5 Prozent betragen. Das teilte das statistische Landesamt in Stuttgart mit. Besonders tief in die Tasche greifen mussten die Verbraucher im Juli fuer Wohnungsmieten, die im Vorjahresvergleich um 4.6 Prozent gestiegen sind.


ADAC ist fuer die Einfuehrung einer Oeko-Steuer fuer Autos

Koeln. Der ADAC ist fuer die Einfuehrung einer Oeko-Steuer fuer Autos. ADAC Praesident Flimm sagte dem Koelner Express, die Oeko-Autosteuer solle sich nach der Umweltvertraeglichkeit richten.


Gebaeudebrand in Andernach

Andernach. In der Innenstadt brennt ein dreistoeckiges Gebaeude. Die Feuerwehr brachte 15 Menschen in Sicherheit. Der Sachschaden wird auf 1,5 Millionen DM geschaetzt.


Brand vernichtet Produktionshalle

Trochtelfingen/Kreis Reutlingen. Ein Feuer hat die Produktionshalle der Kunststoffabrik "Uniplastik" vernichtet. Wegen starker Rauchwolken warnte die Polizei am Morgen ueber Rundfunk und mit Lautsprechern die Bevoelkerung. Gesundheitsschaeden sind bisher noch keine gemeldet worden. Die Brandursache und die Hoehe des Schadens sind noch nicht bekannt.


Gewalttaetige Demonstration von Take That Fans

Hannover. Eine Demonstration von Take That Fans ist mit Gegnern der englischen Pop-Band zu einer Eierschlacht eskaliert. Vor hunderten Zuschauern in der Innenstadt von Hannover flogen rohe Eier und Coladosen zwischen beiden Gruppen hin und her. Nach ersten Angaben der Polizei wurden mindestens drei Punks festgenommen. Mit der Demonstration protestieren die Band-Anhaenger gegen den Austritt von Bandmitglied Robby Williams.


Schwoermontag in Ulm

Volksfeststimmung in Ulm. Nachdem der Ulmer Buergermeister seinen jaehrlichen Schwur auf die Verfassung der Stadt geleistet hatte fand am Mittag das traditionelle Nabada statt. Bei dem Festumzug auf der Donau, der wie jedes Jahr von vielen Gruppen in Booten und auf Floessen, aber auch schwimmenderweise begleitet wurden, wurde neben der lokalen auch die grosse Politik dargestellt. Als Motivschiffe gab es zum Beispiel eine besorgt die Ozonmesslatte begutachtende Bundesumweltministerin Angela Merkel und eine Oelbohrinsel mit dem Namen "Brent Spar". Nach der Lichterserenade am Samstag endet das einwoechige Volksfest mit dem heutigen Schwoermontag.


Deutschlands Weg nach Ex-Jugoslawien (B5 vom 23.07.)

Bundestagsentscheidung: Deutsche Soldaten ziehen in den Krieg nach Bosnien. Sie sollen dort den Buendnispartnern helfen, die Auftraege im Namen der UNO zu erfuellen. Das ist nicht zuletzt das Ergebnis einer deutschen Politik, die das Problem der zunehmenden Verstrickung in diese Krise kannte, aber immer auf die notwendige Uebernahme internationaler Verantwortung auch durch deutsche Kraefte hingewiesen hat. Die Etappen dieser Verstrickung seien hier kurz skizziert.

Am 1. Juli 1991 reist Aussenminister Hans-Dietrich Genscher als Vorsitzender des Krisenrates der KSZE nach Jugoslawien. Er erreicht die Zustimmung zur Entsendung einer internationalen politischen Beobachtermission nach Slowenien.

5. Juli 1991. Fuer den Fall eines erneuten Bruchs des Waffenstillstandes in Jugoslawien droht Genscher mit der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens durch die Europaeische Gemeinschaft. Die ersten drei von sechs deutschen Beobachtern reisen am 16. Juli 1991 nach Jugoslawien, um, zusammen mit weiteren Gesandten der EG den Waffenstillstand stabilisieren zu helfen. Ausserdem sollen sie die dreimonatige Aussetzung der Unabhaengigkeitserklaerung Kroatiens und Sloweniens ueberwachen. Bei der EG- Aussenministerkonferenz am 6. September 1991 in Bruessel macht Genscher deutlich, dass es bei einer Anerkennung Kroatiens und Sloweniens keinen deutschen Alleingang geben werde. Im Dezember 1991 gelingt es Genscher nach massivem Draengen, die Partner der Europaeischen Gemeinschaft auf eine voelkerrechtliche Anerkennung Kroatiens und Sloweniens einzustimmen. Ein Entschluss, der bis heute heftig umstritten ist und von fuehrenden Militaer- und Sicherheitsexperten als Beitrag zur Eskalation im Jugoslawienkonflikt gewertet wird. Am 15. Januar 1992 nimmt Bonn offiziell diplomatische Beziehungen zu Kroatien und Slowenien auf.

Im Juli 1992 werden 34 deutsche Luftwaffensoldaten in Zagreb stationiert. Sie sollen Versorgungsfluege nach Sarajewo unterstuetzen. Mitte Juli 1992 entsendet die Bundesregierung Zerstoerer und Marineflugzeuge zur Unterstuetzung der Ueberwachungsmassnahmen der WEU und der NATO. Sie sollen das UN-Embargo gegen Restjugoslawien in der Adria sicherstellen.

Am 22. Juli 1992 beschliesst die SPD-Bundestagsfraktion in Bonn, gegen den Adriaeinsatz der Bundeswehr beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu klagen. Gleichzeitig verlangen fuehrende Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gezielte Militaerschlaege gegen Serbien und Montenegro, falls die Serben den Waffenstillstand in Bosnien-Herzegowina nicht einhalten.

9. August 1992. Erstmals spricht sich Kanzler Kohl in einem ZDF-Interview fuer begrenzte internationale militaerische Begleitmassnahmen im jugoslawischen Buergerkrieg aus. In Teilen der SPD waechst die Neigung zu militaerischen Aktionen in Bosnien.

Ein politischer Streit ueber die Rolle der westlichen Embargoflotte in der Adria entwickelt sich im November 1992. Fuehrende Militaers, aber auch Politiker der Union, sehen die deutsche Marine in der Rolle eines Papiertigers, weil sie sich nicht an Zwangsmassnahmen bei Verstoessen gegen das Embargo gegen Restjugoslawien beteiligen duerfe.

Am 27. Maerz 1993 uebernehmen Transall-Flugzeuge der Bundesluftwaffe Versorgungsfluege in die ostbosnischen Moslemenklaven.

17. Juni 1993. Die Bundesregierung sieht sich heftiger Kritik des amerikanischen Aussenministers Warren Christopher ausgesetzt. Christopher kritisiert die Deutschen, weil sie die EG zur Anerkennung Kroatiens und Sloweniens ueberredet und damit die Entwicklung auf dem Balkan negativ beeinflusst haetten.

Der 12. Juli 1994 bringt einen Wendepunkt in der deutschen Aussen- und Verteidigungspolitik. Das Bundesverfassungsgericht weist die Klage der SPD gegen die AVACS-Einsaetze ab, erweitert die Einsatzmoeglichkeiten der Bundeswehr in out-of-area-Einsaetzen und erlaubt Gewalt gegen Blockadebrecher in der Adria.

Drei Tage spaeter, am 15. Juli 1994, macht die Bundesregierung von diesen Moeglichkeiten Gebrauch und beschliesst erweiterte Einsaetze. Die SPD bleibt bei ihrem "nein" zu Kampfeinsaetzen.

22. Juli 1994. Der Bundestag segnet den Kabinettsbeschluss auch mit den Stimmen der SPD ab. Am 27. Juli bekraeftigt die Bundesregierung, Deutschland werde auch im Falle eines Abzugs der UN-Schutztruppen aus Jugoslawien keine Soldaten der Bundeswehr entsenden.

Doch schon am 16. Dezember 1994 entschliesst sich das Bundeskabinett, beim Abzug militaerisch zu helfen. Allerdings nur aus der Luft.

29. Mai 1995. Bundeskanzler Kohl befuerwortet ein schaerferes Vorgehen von UN und NATO gegen die Serben.

1. Juni 1995. Verteidigungsminister Volker Ruehe verkuendet im Bundestag, die Deutschen wuerden schon bald von den westlichen Verbuendeten um vorzeitige Hilfe bei der Umgruppierung ihre UN-Einheiten in Bosnien gebeten werden. Die Bundeswehr koenne mit Kampf- und Transportflugzeugen helfen. "Deutsche Tornados bald nach Bosnien" - so lauten die ersten Zeitungstitel.

Am 30. Juni 1995 billigt der Bundestag schliesslich mit deutlicher Mehrheit schliesslich den Antrag der Bundesregierung, Einheiten der Bundeswehr zum Schutz der schnellen Eingreiftruppe in das fruehere Jugoslawien zu entsenden. Von den 655 anwesenden Abgeordneten stimmen in namentlicher Abstimmung 386 mit "ja", 258 mit "nein", elf enthalten sich der Stimme. Damit hat sich die Bundesrepublik zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg wieder fuer einen unmittelbaren Kriegseinsatz entschieden.


Bosnien und die Bundeswehr (B5 vom 23.07.)

Der Einsatz deutschen Militaers in Bosnien hat eine alte Debatte wiederbelebt. Koennen - duerfen die Deutschen auf dem Balkan eingreifen um mitzuhelfen, dass tausende von Menschen moeglicherweise vor Tod oder Verwundung bewahrt werden ? Diese Debatte hat die Bundesbuerger aufgewuehlt, wie selten ein Thema der vergangenen Jahre. Gegen das Tabu, deutsche Soldaten in das Land zu entsenden, in dem Hitlers Wehrmacht furchtbare Narben hinterlassen hat wenden sich andere, die meinen, die Zeit fuer solche Bedenken sei 50 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges nun wirklich vorbei. Quer durch die Bonner Parteien haben sich Meinungsstrukturen entwickelt, die in dieser Frage zu ganz ueberraschenden neuen Koalitionen fuehren.

Bosnien und die Bundeswehr. Ein Reizthema in diesem Tagen in denen mit der Verlegung von Soldaten und Material fuer den Bosnieneinsatz der Bundeswehr begonnen wurde. Unterdessen titeln die Zeitungen mit Schlagzeilen wie diesen: "Die Serben belagern, erobern, verschleppen - die Europaer beraten und waegen ab." Der Ausblick auf die Zukunft der Moslemenklaven in Bosnien ist duester, die Chancen der UNO-Mission auf Erfolg sind fast nicht mehr zu sehen. Statt dessen steigt die Sorge um die Sicherheit der Blauhelme, jeden Abend bringen die Fernsehbilder das Leid der Fluechtlinge in die wohltemperierten deutschen Wohnzimmer und vielleicht ist das der Grund, warum der Laermpegel des Parteiengezaenks um die deutsche Unterstuetzung der Alliierten in Bosnien so leise geworden ist. Statt dessen lassen Meldungen aufhorchen, die ein staerkeres Engagement der Deutschen fordern. 19 Abgeordnete von Union, SPD, FDP und sogar von Buendnis 90 / Die Gruenen haben sich gemeinsam diese Woche dafuer stark gemacht, dass deutsche Tornado-Kampfflugzeuge die restlichen UN-Schutzzonen in Bosnien schuetzen helfen sollen. Ein Anliegen, das derzeit kategorisch ausgeschlossen ist - laut Kabinetts- und Bundestagsbeschluss. Doch das taegliche Elend der Bevoelkerung in Bosnien und die Ohnmacht der UNO-Blauhelme empfinden vor allem jene Abgeordneten, die das Krisengebiet aus eigener Anschauung kennen als unertraeglich und nicht hinnehmbar. Diese persoenliche Betroffenheit ist nicht parteigebunden, laesst sich nicht durch ausgepraegten Pazifismus oder Prinzipienreiterei begrenzen. Dies ist der Zuendstoff, der die Bonner Parteien spaltet. Nicht nur vertikal, auch horizontal durchzieht der Riss die Parteien. SPD-Politiker wie Duwe und Gansel wollen nicht einfach laenger zusehen, wie unter den Augen der gesamten westlichen Welt die groesste ethnische Saeuberung der Nachkriegszeit im Beisein der UNO stattfindet. Sie sehen zudem die Gefahr, dass auch die NATO Schaden nehmen koennte, wenn sie in der Rolle des zahnlosen Tigers verharren muesste. Es gehoert schon eine ganz schoene Portion Mut dazu, als Sozialdemokrat oder als Gruener die deutsche militaerische Beteiligung am Schutz der Moslemenklaven zu fordern. Das koennte Kampfeinsaetze der Bundesluftwaffe nach sich ziehen, ein unglaubliches Novum in einer vom Pazifismus gepraegten Partei wie der SPD. Auch die gruenen Abgeordneten begeben sich damit wissentlich ins Abseits. Allerdings faellt allen Abweichlern diese Aussenseiterrolle zumindest juristisch betrachtet nicht so schwer. Denn seitdem das Bundesverfassungsgericht gruenes Licht fuer Auslandseinsaetze der Bundeswehr gegeben hat tun sich die Gegner einer militaerischen deutschen Unterstuetzung schwer mit ihren Argumenten. De jure sind die Selbstbeschraenkungskriterien der Deutschen seit Juli 1994 komplett vom Tisch. Zugleich steigt der Druck von aussen, haben die Verbuendeten zunehmen weniger Verstaendnis fuer eine deutsche Sonderrolle. Das Zockeln der Deutschen geht manchem Partner auf die Nerven. Auch mit diesem Argument wurde in der entscheidenden Sitzung des Bundestages kurz vor der Sommerpause fuer die Zustimmung zum Bosnieneinsatz der Bundeswehr geworben. Und - die Rede blieb nicht ohne Wirkung, wie das Abstimmungsergebnis deutlich zeigt. Der bis zuletzt umstrittene Einsatz deutscher Kampfflugzeuge wurde allerdings detailliert beschrieben und begrenzt. Ein deutscher Luftwaffengeneral wird nun im Gefechtsstand von Vicenca bei jedem Einsatz der deutschen Tornados genau zu pruefen haben, ob dieser den Regeln des Kabinettsbeschlusses entspricht oder nicht. Wieder eine deutsche Sonderrolle, die nur dem Schutz der schnellen Eingreiftruppe zugute kommen soll, nicht dem Rest der UNO-Truppen und schon gar nicht der bosnischen Bevoelkerung. Sollten ganz normale Blauhelme irgendwo im Krisengebiet in Not geraten duerfen Deutsche nicht helfen. So ist der Beschluss, der schon jetzt denjenigen, die ihn ausfuehren sollen, Kopfzerbrechen bereitet. Der Bevoelkerung in Bosnien nuetzt das alles nichts. Auch den Muslimen in den belagerten UN-Schutzzonen koennte von den Deutschen nicht geholfen werden, selbst wenn diese in naechster Naehe waeren.


Boersendaten

Nikkei-Index (6:15 MESZ)   16581,17 Punkte (-7,92 Punkte -0,05 %)
1 US-Dollar = 88.03   Yen
            =  1.3855 DM



Das Wetter

Die naechsten Tage darf wieder geschwitzt werden. Ein Hoch sorgt fuer viel Sonne und es wird wieder heiss. Am Abend und in der Nacht ist der Himmel nur gering bewoelkt und es kuehlt auf 16 bis 12 Grad ab. Morgen steigen die Temperaturen auf 27 bis 32 Grad, gegen Wochenmitte kann es dann erste Waermegewitter geben und - es wird wieder mal zunehmend schwuel-warm.


Quellen

DLF    8:00 MESZ    11:00 MESZ
SWF3    9:00 MESZ
RPR    10:00 MESZ
B5    15:45 MESZ
Antenne Bayern    17:00 MESZ
B5    vom    23.07.1995