GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 22.05.1996



* Staatsbesuch Nelson Mandelas in Deutschland
* Vermittlungsausschuss: Kompromiss zur Pflegeversicherung
* Bundeskabinett verabschiedet Steuergesetzentwuerfe
* Streit um Rueckfuehrung von Vietnamesen
* Demonstration von Alcatel-Mitarbeitern in Paris
* Erneut Warnstreiks
* Vierte Tarifrunde im Oeffentlichen Dienst
* Hauptversammlung von Daimler-Benz
* Schlepperbande setzt 50 Kurden aus
* Boerse



Staatsbesuch Nelson Mandelas in Deutschland

Bonn. Suedafrikas Praesident Nelson Mandela hat in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag Deutschland fuer die Hilfe im Kampf gegen die Apartheid gedankt und die internationale Gemeinschaft zur Unterstuetzung beim Demokratisierungsprozess aufgefordert. Suedafrika brauche eine Art Marshall- Plan. Dieser habe Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg mit Hilfe anderer Laender wie Phoenix aus der Asche wiedererstehen habe lassen. Bundestagspraesidentin Suessmuth wuerdigte Mandela in ihrer Begruessung als einen Staatsmann, der wie nur wenige in diesem Jahrhundert einen ganzen Kontinent veraendert habe. Daneben traf Mandela heute mit Bundeskanzler Kohl, dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Rau sowie Vertretern von Gruenen und PDS zusammen. SPD-Chef Lafontaine hatte seine Begegnung mit Mandela krankheitshalber absagen muessen. Am Abend gab Bundespraesident Herzog zu Ehren Mandelas ein Staatsbankett. Herzog wuerdigte den Friedensnobelpreistraeger als einen Kaempfer fuer Freiheit und Gerechtigkeit. Er habe mit seiner Standfestigkeit in Zeiten schlimmster Verfolgung weltweit hoechste Bewunderung erworben. Deutschland und Suedafrika seien beide durch eine friedliche Revolution grundlegend veraendert worden. Beide stuenden nun vor der Aufgabe, zuvor Getrenntes zusammenzufuehren. Mandela wuerdigte den Einsatz der Deutschen, die den Kampf gegen die Rassentrennung unterstuetzt haetten. Im Mittelpunkt des dreitaegigen Besuchs steht der Wunsch Suedafrikas nach deutschen Investitionen und nach Unterstuetzung bei den Verhandlungen ueber ein Freihandelsabkommen mit der EU.


Vermittlungsausschuss: Kompromiss zur Pflegeversicherung

Bonn. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat sich in den noch offenen Fragen zur Pflegeversicherung geeinigt. Bei der Reform der Sozialhilfe wurde allerdings kein Konsens erzielt. Der Kompromiss zur Pflege sieht vor, dass pflegebeduerftige Behinderte nicht nur in reinen Pflegeeinrichtungen, sondern auch in Behindertenheimen unter die Pflegeversicherung fallen. Dadurch werden die Krankenkassen und die Sozialhilfetraeger um 450 Mio. DM entlastet. Bei der Sozialhilfe besteht die SPD darauf, die Hilfe an die Entwicklung der Nettorenten zu koppeln. Das lehnt die Regierung ab. Bundesgesundheitsminister Seehofer warf der SPD und den SPD-regierten Laendern "Heuchelei und brutale Blockadepolitik" vor. Die Koalition werde den Kompromissvorschlag zur Sozialhilfekuerzung ablehnen. Auf die Kommunen rollten damit rund 2 Mrd. DM Sozialhilfekosten zu. Fuer diese Belastung der Gemeinden trage nun die SPD die Verantwortung.


Bundeskabinett verabschiedet Steuergesetzentwuerfe

Bonn. Das Bundeskabinett hat Entwuerfe fuer zwei wichtige Steuergesetze fuer 1997 beschlossen, das umfangreiche Jahressteuergesetz und die KFZ-Steuerreform. Alte Autos ohne Katalysator sollen damit von kommendem Jahr an generell mehr Steuer kosten als moderne und schadstoffarme Wagen. Das Jahressteuergesetz beinhaltet unter anderem die Abschaffung der Vermoegenssteuer und die Reform der Erbschaftssteuer: Aus vier Steuerklassen werden drei und die Freibetraege werden drastisch erhoeht. Fuer Betriebe wird ab 1997 keine Vermoegenssteuer mehr faellig, die private Vermoegenssteuer wird mit der neugefassten Erbschafts- und Schenkungssteuer zusammengenommen und nur noch im Erbfall erhoben. Ferner wird der Solidaritaetszuschlag wie geplant ab 1997 von 7,5 Prozent auf 6,5 Prozent gesenkt. Die bereits beschlossene Erhoehung des Kindergelds um 20 DM wird dagegen um ein Jahr verschoben.


Streit um Rueckfuehrung von Vietnamesen

Bonn. Der Streit zwischen Deutschland und Vietnam ueber die Rueckfuehrung von 40.000 Vietnamesen hat sich verschaerft. Entwicklungshilfeminister Spranger warf der Regierung in Hanoi vertragswidriges Handeln vor. Er forderte Vietnam auf, die getroffenen Vereinbarungen einzuhalten. Zuvor hatte die vietnamesische Regierung in einem Memorandum der Bundesregierung vorgeworfen, sie versuche, die Entwicklungshilfe als Druckmittel einzusetzen. Hintergrund des Streits ist die offenbar mangelnde Bereitschaft Vietnams, den Vertrag ueber die Rueckfuehrung der illegal in Deutschland lebenden 40.000 Vietnamesen umzusetzen.


Demonstration von Alcatel-Mitarbeitern in Paris

Paris. Alcatel-Mitarbeiter aus fuenf Laendern haben in Paris gegen Stellenstreichungen bei dem Elektrokonzern protestiert. Rund 1.000 Beschaeftigte aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Belgien demonstrierten gemeinsam in Paris gegen Entlassungen. An dem Protestmarsch, zu dem verschiedene europaeische Gewerkschaften aufgerufen hatten, nahmen zahlreiche Mitarbeiter der IG Metall teil. Die Gewerkschaften befuerchten, dass Alcatel/Alsthorn konzernweit rund 30.000 der fast 200.000 Arbeitsplaetze abbaut. Bei der Stuttgarter Alcatel/SEL ist die Streichung von 3.000 Stellen geplant.


Erneut Warnstreiks

Stuttgart. Vor Beginn der vierten Verhandlungsrunde im Oeffentlichen Dienst haben am Vormittag erneut Tausende Beschaeftigter in Warnstreiks fuer die Forderungen der Gewerkschaften demonstriert. Ein Schwerpunkt war der Oeffentliche Nahverkehr in Berlin, der am Morgen bestreikt wurde. In der Nacht hatte die Deutsche Postgewerkschaft mehrere Briefzentren voruebergehend bestreikt. 5,2 Mio. Briefe blieben liegen. Die Warnstreiks wurden aber bis zum Beginn der Verhandlungsrunde am Nachmittag weitgehend eingestellt. Unmittelbar vor Beginn demonstrierten rund 2.000 Beschaeftigte vor dem Tagungsort in Stuttgart-Degerloch. Die IG Metall hat ihre Proteste gegen das Sparpaket der Bundesregierung verschaerft. Nach Gewerkschaftsangaben beteiligten sich mehr als 60.000 Beschaeftigte in mehreren Bundeslaendern. Der Schwerpunkt lag erneut in Bayern, wo rund 40.000 Arbeitnehmer aus ueber 100 Betrieben demonstrierten. Laut IG Metall drohten vielerorts die Arbeitgeber mit Kuendigungen und verboten Proteste auf dem Betriebsgelaende.


Vierte Tarifrunde im Oeffentlichen Dienst

Stuttgart. Zum Auftakt der vierten Tarifrunde im Oeffentlichen Dienst haben die Tarifparteien Kompromissbereitschaft bekundet. OeTV-Chef May und der Vertreter der Kommunen Ruschmaier (sp?) sagten, sie wollten zu einer Einigung kommen. In Verhandlungskreisen hiess es am Nachmittag, die Verhandlungen seien in eine entscheidende Phase getreten, ein Durchbruch zeichne sich aber noch nicht ab. Unklar ist noch, ob Innenminister Kanther ein Lohnangebot vorgelegt hat. Nach einem mehrstuendigen Gespraech sagte ein OeTV-Sprecher am Abend woertlich: "Es ist ein Stand erreicht, an dem es sich lohnt weiterzuverhandeln". Um 21:00 sollen die Spitzen der Tarifparteien wieder zusammenkommen.


Hauptversammlung von Daimler-Benz

Stuttgart. Aktionaere der Daimler-Benz AG haben bei der Hauptversammlung des Unternehmens scharfe Kritik an der Konzernfuehrung geuebt. Der Wuerzburger Aktionaersrechtler Wenger bezeichnete Vorstand und Aufsichtsrat als Versager, die in den letzten Jahren alles verschlafen haetten. Mehrere Besitzer kleinerer Aktienpakete stellten Antraege, die Unternehmensfuehrung nicht zu entlasten. Die Schutzvereinigung fuer Wertpapierbesitz begruendete ihren Vorstoss damit, dass Vorstand und Aufsichtsrat auf die hausgemachten Probleme und katastrophalen Verluste nicht rechtzeitig reagiert haetten. Zum Auftakt der Aktionaersversammlung hatte der Vorstandsvorsitzende Schrempp seine Unternehmenspolitik verteidigt. Zwar sei man in einigen Faellen von falschen Praemissen ausgegangen, allerdings werde Daimler in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone kommen. Der Konzern sei jetzt auf weniger, aber profitablere Geschaeftsfelder ausgerichtet. Daimler-Benz hatte fuer 1995 zuerst Gewinne vorausgesagt, dann aber den Rekordverlust von 5,7 Mrd. DM erlitten. Erstmals seit 45 Jahren faellt deswegen die Dividende aus. Die Aktionaere werfen dem inzwischen abgeloesten Vorstandschef Reuter vor, fuer die verfehlte Geschaeftspolitik der vergangenen zehn Jahre verantwortlich zu sein und sie getaeuscht zu haben. Seinem Nachfolger Schrempp halten sie vor, nicht frueh genug auf die horrenden Verluste hingewiesen zu haben. Ausserdem traegt Schrempp nach Meinung vieler Aktionaere die Hauptschuld am juengsten Milliardenverlust, da er fuer die gewaltigen Fehlinvestitionen der Daimler-Tochter DASA verantwortlich sei.


Schlepperbande setzt 50 Kurden aus

Regensburg. Die Polizei hat in der Naehe von Regensburg 50 illegal eingereiste Kurden festgenommen. Wie das Bayerische Landeskriminalamt mitteilte, waren die Maenner und Frauen von einer Schlepperbande auf Lastwagen nach Bayern gebracht worden. Erste Befragungen der Kurden ergaben, dass sie pro Kopf 5.000 DM an die Schlepper bezahlt hatten. Die Fahrer der beiden Lastwagen konnten unerkannt entkommen.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,5417
Kanada(1 $)  1,1228
ECU-Wert(1 ECU)  1,91270
England(1 Pfund)  2,3285
Schweiz(100 sfr)  121,500
Frankreich(100 FF)  29,5390
Japan(100 Yen)  1,4408
 
Die anderen Kurse fehlen leider aus technischen Gruenden.
 
Einige Indizes:
DAX:2556.85
Dowjones-Index:5778.74
Nikkei-Index:21958.00
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

SDR3    07:00 MESZ    15:00 MESZ    17:00 MESZ    19:00 MESZ
B5    08:15 MESZ    09:16 MESZ    14:45 MESZ    20:15 MESZ