GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 09.03.1995



* Diskussion im Bundestag ueber Familienpoltitk
* Verfassungsschutz-Etat in Sachsen-Anhalt mit Hilfe der PDS verabschiedet
* Gesamtdeutsches Bruttoinlandsprodukt um 2,9% gestiegen
* Niedersachsens Umweltministerin Griefhahn weiter unter Druck
* Zahl der Sozialbetruegereien zurueckgegangen
* BdI-Chef fordert neue Tarifstrukturen
* 3,8% mehr Lohn in der westdeutschen Chemieindustrie
* HBV soll Arbeitslosengelder erschwindelt haben
* Wissman und Werner aeussern sich ueber die Zukunft des Autos
* Beschluesse des Haushaltsausschusses
* Debatte um Senkung der Promillegrenze fuer Autofahrer
* Moeglicher Kompromiss im Streit um die Besteuerung von Parteivermoegen
* Gesetzentwurf der SPD gegen Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern
* Befangenheitsantrag Mielkes gegen Berliner Richter abgelehnt
* Milliarden-Ueberschuesse bei den gesetzlichen Krankenkassen
* Borchert legt Agrarbericht und Waldzustandsbericht vor
* Supermarkt-Erpresser festgenommen
* Boerse



Diskussion im Bundestag ueber Familienpoltitk

Bundesministerin Nolte hat heute im Bundestag das Konzept der Bonner Regierungskoalition zum Familien-Lastenausgleich gegen Kritik der Opposition verteidigt. Der Vorschlag von Union und FDP zur Anhebung von Kindergeld und Steuerfreibetrag verbessere den finanziellen Spielraum von Familien deutlich, sagte Frau Nolte in einer aktuellen Stunde. Der Plan koenne zudem solide finanziert werden. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthaeus-Maier hatte das Koalitionsmodell zuvor als "unzureichend in der Hoehe", sowie als "sozial ungerecht" und "zu kompliziert" bezeichnet. Das Vorhaben sei aber ein Schritt in die richtige Richtung, meinte Frau Matthaeus-Maier. Nach den Plaenen der Koalition sollen Familen kuenftig fuer das erste und zweite Kind 200 DM monatlich, ab dem dritten Kind 300 DM erhalten. Alternativ koennen Eltern einen Steuerfreibetrag waehlen, der in Zukunft 6264 DM betragen soll.


Verfassungsschutz-Etat in Sachsen-Anhalt mit Hilfe der PDS verabschiedet

Die PDS hat die rot-gruene Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt vor einer schweren Zerreissprobe bewahrt. Im Magdeburger Landtag wurde heute mit den Stimmen von 8 Abgeordneten der SED-Nachfolgepartei der Etat fuer den Landesverfassungsschutz verabschiedet. Die Buendnis-Gruenen hatten der SPD mit dem Koalitionsbruch gedroht, sollten einzelne Sozialdemokraten dem Entwurf der oppositionellen CDU zur Mehrheit verhelfen. Nach dem nun verabschiedeten Antrag sollen die derzeit 130 Stellen im Landesamt fuer Verfassungsschutz bis 1998 auf 80 verringert werden. Die CDU wollte das Personal des sachsen-anhaltinischen Verfassungsschutzes dagegen auf 150 Stellen aufstocken. Am Abend hat der gesamte Haushaltsentwurf 1995 den Magdeburger Landtag passiert.


Gesamtdeutsches Bruttoinlandsprodukt um 2,9% gestiegen

Das gesamtdeutsche Bruttoinlandsprodukt ist im vergangenen Jahr um real 2,9% gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden heute erlaeuterte, nahm die gesamtwirtschaftliche Leistung 1994 im Westen um 2,3% und im Osten um 9,2% zu. In Bonn erklaerte Bundeswirtschaftsminister Rexrodt, damit bestehe, ungeachtet der waehrungsbedingt gestiegenen Exportrisiken, eine gute Basis fuer die Fortsetzung des Aufschwungs in diesem Jahr.


Niedersachsens Umweltministerin Griefhahn weiter unter Druck

Niedersachsens Umweltministerin Griefhahn geraet wegen der angeblichen Einflussnahme zugunsten ihres Ehemannes bei Auftraegen fuer die EXPO 2000 in Hannover weiter unter Druck. Kanzleramtsminister Bohl kritisierte Frau Griefhahn, die am vergangenen Dienstag aus dem Aufsichtsrat der EXPO ausgeschieden war. Dem sozialdemokratischen Ministerpraesidenten Schroeder warf Bohl vor, er setze sich mit seiner Rueckendeckung fuer die Parteifreundin ueber noch nicht aufgeklaerte Vorwuerfe hinweg. Unterdessen berichtete die BILD-Zeitung von einem weiteren Versuch Griefhahns, fuer das umstrittene Finanzierungskonzept ihres Mannes zur EXPO zu werben. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur soll der Wissenschaftler Braungard, Leiter eines Hamburger Umweltinstitutes, auch persoenlich bei der EXPO-Gesellschaft interveniert haben. dpa berichtet, der Ehemann der Ministerin habe damit gedroht, die Weltausstellung durch eine weitere Buergerbefragung in Frage stellen zu lassen. Braungard wies die Anschuldigung zurueck.


Zahl der Sozialbetruegereien zurueckgegangen

Die Zahl der sogenannten "Sozialbetruegereien" und illegalen Beschaeftigungen in Deutschland ist 1994 zurueckgegangen. Ueber 620.000 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet, 2% weniger als 1993, wie die Bundesanstalt fuer Arbeit mitteilte. Wegen Missbrauchs von Sozialleistungen und illegaler Beschaeftigung verhaengten die Behoerden 72 Millionen DM Geldbussen.


BdI-Chef fordert neue Tarifstrukturen

Die Tarifstrukturen in Deutschland muessen nach Auffassung des Praesidenten des Bundesdeutschen Verbandes der Industrie, Henkel, aufgebrochen werden. Henkel erklaerte heute gegenueber dem Deutschlandradio Berlin, man muesse wirklich ueberlegen, ob Flaechentarifvertraege fuer eine ganze Branche noch zeitgemaess seien. Bei Tarifverhandlungen sollten, nach Ansicht des BdI-Chefs, auch die Arbeitslosen mit vertreten sein.


3,8% mehr Lohn in der westdeutschen Chemieindustrie

Die mehr als 600.000 Beschaeftigten der westdeutschen Chemieindustrie erhalten rueckwirkend vom 1. Maerz an 3,8% mehr Lohn und Gehalt. Auf einen solchen Pilotabschluss verstaendigten sich heute frueh in Bad Wildungen die Tarifparteien der hessischen Chemiebranche nach 15-stuendigen Verhandlungen. Fuer Februar soll eine Einmalzahlung zwischen 200 und 240 DM gewaehrt werden. Der Tarifvertrag laeuft bis Ende Februar 1996.


HBV soll Arbeitslosengelder erschwindelt haben

Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen soll Arbeitslosengelder erschwindelt haben. Die BILD-Zeitung berichtet, bei der Entlassung von Mitarbeitern habe die HBV Kuendigungstermine rueckdatuert. Wegen der so erschwindelten Arbeitslosengelder ermittelt laut BILD die Staatsanwaltschaft Wuerzburg. Die HBV selbst dementiert saemtliche Vorwuerfe. Auch habe sich die Staatsanwaltschaft nicht bei ihr gemeldet.


Wissman und Werner aeussern sich ueber die Zukunft des Autos

Bundesverkehrsminister Wissman geht davon aus, dass die Autoindustrie noch vor der fuer den April in Berlin geplanten Weltklimakonferenz eine Selbstverpflichtung ueber eine Verbrauchsminderung abgeben wird. Bei einer Ausstellung der Mercedes Benz AG im Bonner Haus der Geschichte kuendigte Wissman neben dem 5-Liter-Auto bis zum Jahr 2005 die Umstellung der Kfz-Steuer auf Abgaswerte sowie die Senkung des Mineraloel-Steuersatzes fuer erdgasbetriebene Fahrzeuge an. Der Vorstandschef von Mercedes Benz, Werner, plaedierte fuer umweltfreundliche Stadtautos mit geringem Verbrauch. Als "Antriebstechnik der Zukunft" bezeichnete Werner die Brennstoffzelle auf Basis elektro-chemischer Reaktionen, die abgasfrei arbeite.


Beschluesse des Haushaltsausschusses

Die Bundesregierung zahlt der Tuerkei 150 Millionen DM als Finanzhilfe fuer die Anschaffung von zwei in Deutschland gebauten Fregatten. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Einsprueche der Oppositionsparteien zurueckgewiesen. Der Haushaltsausschuss stimmte ausserdem der Kuerzung der Kokskohlebeihilfe zu und beschloss, dass Regierung und Parlament in ihrer Oeffentlichkeitsarbeit 6% einsparen sollen.


Debatte um Senkung der Promillegrenze fuer Autofahrer

Die Neufestsetzung der Promillegrenze hat heute den Bundestag beschaeftigt. Die Meinungen gehen quer durch die Fraktionen auseinander. "Wer Hasch ablehnt, muss auch Alkohol am Steuer verbieten", findet Gisela Altmann, Verkehrsexpertin der Gruenen. Die 0,0-Promille-Grenze ist fuer Union und FDP allerdings ueberhaupt kein Thema. "Alles Quatsch", meint Zukunftsminister Ruettgers, ein Anhaenger der bestehenden 0,8-Promille-Grenze. Es muesse einfach nur strenger kontrolliert werden, findet er. Waehrend die FDP geschlossen hinter der bestehenden Regelung steht, soll es innerhalb der Union auch einige Abgeordnete geben, die mit einer Senkung auf 0,5 Promille leben koennten, und das ist der Vorschlag der SPD. Eine Einigung ist allerdings noch nicht in Sicht.


Moeglicher Kompromiss im Streit um die Besteuerung von Parteivermoegen

Im Streit um die Besteuerung des Vermoegens der Parteien und Massenorganisationen der DDR bahnt sich nach Informationen der Berliner Zeitung ein Kompromiss an. Vertreter des Bonner Finanzministeriums und der neuen Laender haetten sich darauf verstaendigt, dass eine Koerperschaftssteuerpflicht nach 1990 nicht mehr bestanden habe, schreibt das Blatt in seiner Freitagsausgabe. Der Streit hatte sich Ende vergangenen Jahres an einem Steuerbescheid der Berliner Finanzbehoerden gegen die PDS in Hoehe von 67 Millionen DM fuer das erste Halbjahr 1990 entzuendet.


Gesetzentwurf der SPD gegen Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern

Bestechungsgelder sollen, nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten, kuenftig nicht mehr von der Steuer abgesetzt werden koennen. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthaeus-Maier, uebergab heute in Bonn der Oeffentlichkeit einen Gesetzentwurf, mit dessen Hilfe das Straf- und Steuerrecht zu diesem Sachverhalt geaendert werden soll. Frau Matthaeus-Maier sagte zur Begruendung, hier werde auf Kosten der ehrlichen Buerger gehandelt. Man duerfe sich deshalb ueber sinkende Steuermoral nicht wundern. Nach dem SPD-Plan soll im Einkommensteuergesetz der Katalog der nicht abzugsfaehigen Betriebsausgaben um den Punkt "Bestechungsgelder" ergaenzt werden.


Befangenheitsantrag Mielkes gegen Berliner Richter abgelehnt

Der Bundesgerichtshof hat heute in Berlin einen Befangenheitsantrag des frueheren Stasi-Chefs Mielke gegen die Richter des 5. Strafsenats abgelehnt. Zur Begruendung hiess es, es gebe keinerlei Grund, der geeignet waere, Misstrauen gegen die Richter zu rechtfertigen. Daraufhin setzte der Senat die Revisionsverhandlung ueber das Urteil gegen Mielke fort. In der ersten Instanz hat das Berliner Landgericht Mielke im Oktober 1993 wegen Polizisten-Doppelmordes im Jahre 1931 mit 6 Jahren Haft bestraft. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen die Heraufsetzung der Freiheitsstrafe auf 10 Jahre gefordert.


Milliarden-Ueberschuesse bei den gesetzlichen Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenkassen haben nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Seehofer im vergangenen Jahr einen Ueberschuss von 2,1 Milliarden DM erwirtschaftet. Damit seien die Rekord-Defizite aus den Jahren 1991 und 1992 weitgehend ausgeglichen worden, erklaerte der CSU-Politiker heute in Bonn. Insgesamt habe es 1994 im Westen einen Ueberschuss von 2,3 Milliarden DM gegeben. In Ostdeutschland hingegen, so Seehofer, seien als Folge grosszuegiger Ausnahmen, die der Gesetzgeber bewusst zugelassen habe, Mehrausgaben von 200 Millionen DM bei den Krankenversicherungen angefallen.


Borchert legt Agrarbericht und Waldzustandsbericht vor

Landwirtschaftsminister Borchert hat heute im Bundestag in Bonn den Agrarbericht 1995 und den Waldzustandsbericht 1994 vorgelegt. Der CDU-Politiker betonte zu Beginn der Debatte, die Bundesregierung werde auch weiterhin fuer den Agrarstandort Deutschland eintreten. Nach Angaben des Ministers koennen die baeuerlichen Vollwertbetriebe fuer das laufende Geschaeftsjahr mit einem Gewinnzuwachs von 7-12% rechnen. Dieser positive Trend werde den Rueckgang in den vorangegangenen beiden Jahren jedoch nicht ausgleichen koennen. Zum Waldzustandsbericht sagte Borchert, es gebe keinen Anlass zur Entwarnung. Weiterhin seien 1/4 aller Baeume deutlich geschaedigt.


Supermarkt-Erpresser festgenommen

Die Polizei hat einen 45 Jahre alten Mann wegen versuchter Erpressung einer Supermarktkette festgenommen. Wie die Bielefelder Staatsanwaltschaft mitteilte, gestand der Mann die Tat und gab hohe Schulden als Motiv an. Der Festgenommene hatte von einer sueddeutschen Handelskette 2,8 Millionen DM gefordert und mit der Vergiftung von Lebensmitteln gedroht.


Boerse

Der Kurs des amerikanischen Dollar ist zum Handelsschluss in Frankfurt am
Main wieder zurueckgegangen. Er fiel auf 1,3890 DM bzw. 1,3900 zurueck,
nach dem Fixing mit 1,3975. Der japanische Yen wurde leichter mit 1,5375
gehandelt, der Schweizer Franken wurde erneut fester bewertet, das Pfund
Stirling zeigte sich schwaecher.

Weitere Kurse:
England         (1 Pfund)         2,36
Schweiz         (100 sfr)       121,30
Frankreich      (100 FF)         29,25
Italien         (1000 Lit)        0,93
Oesterreich     (100 oeS)        14,39
Spanien         (100 Ptas)        1,17

Einige Indizes:
DAX:             2007.9
Dowjones-Index:  3979,24
Nikkei-Index:   16763,08



Quellen

DLF    12:00 Uhr MEZ    20:00 Uhr MEZ
SWF3    14:00 Uhr MEZ
Radio7    16:00 Uhr MEZ