GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 30.04.1995



* Gedenkfeiern in Dachau
* DAG-Chef Issen warnt vor Abbau sozialer Leistungen
* DGB ruft zur Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen zum 1. Mai auf
* Scharping verweist auf hohe Arbeitslosigkeit
* Mehr Arbeitsplaetze fuer geringer Qualifizierte notwendig
* Schroeder warnt vor Meinung, Vollbeschaeftigung sei erreichbar
* Rexrodt kritisiert Forderungen der Gewerkschaften zum 1. Mai
* Solms fuer Aufbereitung russischen Plutoniums in Deutschland
* Merkel zu den Kosten des Atommuelltransports
* Merkel fordert neues Zwischenlager fuer Atommuell in Sueddeutschland
* Augsburger Kirchengemeinde gewaehrt Asylsuchenden Schutz vor Abschiebung
* Betrunkener Amoklaeufer
* Vier Untersuchungshaeftlinge aus Gefaengnis Halberstadt entflohen
* Unfall Michael Schuhmachers beim Grossen Preis von St. Marino



Gedenkfeiern in Dachau

Mit christlichen Gottesdiensten und einem juedischen Zeremoniell haben heute die Gedenkfeiern zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau begonnen. Der Erzbischof von Muenchen und Freising, Kardinal Wetter, hat zur Wachsamkeit aufgefordert. Die Gefangenen von einst riefen den Menschen von heute zu, seid wachsam und nicht so naiv, zu meinen, sowas koenne sich nicht wiederholen, sagte Wetter bei dem Gedenkgottesdienst in der Todesangst-Christi Kapelle auf dem ehemaligen Lagergelaende. Der Kardinal zelebrierte den Gottesdienst zusammen mit katholischen Priestern aus mehreren Laendern. Die Geistlichen waren selbst Haeftlinge in Dachau. Wetter sagte weiterhin, um eine Wiederholung zu verhindern, sei staendiges Engagement der Buerger notwendig und der Mut, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen. Der evangelische Landesbischof von Loewenich betonte, mit dem Gedenken an die Opfer von Dachau werde die Erinnerung an millionfaches Unrecht wachgehalten. Der Praesident der israelischen Kultusgemeinden in Bayern Subnowkowski (sp?) warnte davor, die Befreiung vom Naziregime zu relativieren. Zu der Feier in der Gedenkstaette wurden etwa 1800 fruehere Lagerhaeftlinge aus aller Welt erwartet. In dem KZ wurden bis Kriegsende 200 000 Menschen aus 27 Laendern gefangen gehalten. Mindestens 32 000 Menschen kamen ums Leben. Das Lager wurde am 29. April 1945 von amerikanischen Truppen befreit. Aus Ruecksicht auf den juedischen Sabbat fand die offizielle Gedenkfeier heute statt. Gestern hatte es einen Abend der Begegnung in der oberbayerischen Stadt gegeben, zu dem sich mehr als 1000 ehemalige Haeftlinge des KZ Dachau versammelten. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Bubis, hat bei der Gedenkfeier den Alliierten fuer die Befreiung vom Nationalsozialismus gedankt. Unter den Befreiten des KZs war auch die Ehefrau Bubis. Er sagte, am Beispiel des Konzentrationslagers Dachau sei die Brutalitaet und Unmenschlichkeit des NS-Regimes vom ersten Tag der Machtuebernahme an deutlich geworden. Der bayerische Ministerpraesident Stoiber warnte vor einem Verdraengen der Naziverbrechen. Unter dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte koenne nicht ein Schlusstrich gezogen werden, betonte der CSU-Politiker. Die Gedenkstaette mahne zur Wachsamkeit gegenueber den Gefahren, die den Menschenrechten durch Diktatur drohten. Der Vorsitzende des Zentralrates deutscher Sinti und Roma, Rose, forderte von der Bundesregierung, sich weltweit sichtbarer als bisher fuer die Menschenrechte einzusetzen. Er verlangte, dass Sinti und Roma ebenso in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt werden wie Daenen und Sorben. Er erinnerte daran, dass unter der Naziherrschaft mehr als 500000 Angehoerige seines Volkes ums Leben gekommen sein.


DAG-Chef Issen warnt vor Abbau sozialer Leistungen

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) Issen warnte auf einer Festveranstaltung der DAG Berlin vor dem Abbau sozialer Leistungen unter dem Deckmantel eines Sozialen Umbaus. Seine Organisation werde es nicht zulassen, dass das deutsche Sozialversicherungssystem verstuemmelt werde. Zugleich bekraeftigte er die Forderung nach voller Gleichstellung der Frauen in Beruf und Gesellschaft.


DGB ruft zur Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen zum 1. Mai auf

Unter dem Motto "Geliebt, gehasst, gebraucht - Die Arbeit" hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zur Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen zum morgigen 1. Mai aufgerufen. In Berlin soll gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ein Radkorso stattfinden. Parallel dazu startet ein Demonstrationszug.


Scharping verweist auf hohe Arbeitslosigkeit

Des SPD-Vorsitzende Scharping hat auf die hohe Arbeitslosigkeit verwiesen, die nach seinen Worten Not und Sorgen fuer Millionen von Menschen bedeutet. Die Sozialdemokraten wuerden keine Entwicklung zulassen, die einen sicheren Arbeitsplatz zu einem Privileg fuer wenige Menschen mache und das Schicksal von Ausgrenzung und Not zur Gefahr fuer immer mehr Menschen mache, betonte Scharping in einer heute in Bonn herausgegebenen Erklaerung zum 1. Mai. Die Schaffung neuer und zukunftssicherer Arbeitsplaetze sei nicht nur eine oekonomische Herausforderung, sondern das Bemuehen um die Verwirklichung der Menschenwuerde jedes einzelnen. Der SPD-Chef erneuerte bei der Gelegenheit seine Forderung nach einem nationalen Beschaeftigungspakt, an dem der Staat und alle gesellschaftlichen Gruppen beteiligt werden muessten.


Mehr Arbeitsplaetze fuer geringer Qualifizierte notwendig

Die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland kann nach Ansicht des Wirtschaftsforschers Franz nicht allein ueber die Schaffung neuer Arbeitsplaetze im High-Tech-Bereich gesenkt werden. Zunaechst muessten vor allem fuer geringer qualifizierte Menschen Arbeitsplaetze geschaffen werden, sagte das Mitglied des Sachverstaendigenrates aur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung am Vormittag im Deutschlandfunk. Davon koennten auch Langzeitsarbeitlose und Sozialhilfeempfaenger profitiern. Ferne schlug Franz vor, die Abgabenlast fuer den Faktor Last zu senken und im Gegenzug die Mehrwertsteuer anzuheben. Mit Blick auf die juengsten Tarifabschluesse forderte der Wirtschaftsexperte mehr Zurueckhaltung von den Gewerkschaften. Um arbeitsmarktwirksame Abschluesse zu erzielen, duerfe die Produktivitaetsgrenze von 2 bis 2.5% nicht ueberschritten werden.


Schroeder warnt vor Meinung, Vollbeschaeftigung sei erreichbar

Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder hat vor der Illusion gewarnt, in Deutschland lasse sich wieder Vollbeschaeftigung erreichen. Gegenueber dem "Tagesspiegel" sagte der sozialdemokratische Regierungschef, er fuerchte, dass es auf Dauer eine Millionen-fache Sockelarbeitslosigkeit geben werde. Die Politik muesse deshalb neben den klassischen Moeglichkeiten der Arbeitsmarktpolitik mit neuen Instrumenten flexibler reagieren.


Rexrodt kritisiert Forderungen der Gewerkschaften zum 1. Mai

Bonn. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt (FDP) hat die Gewerkschaften wegen ihrer Forderungen zum Tag der Arbeit am 1. Mai kritisiert. Rexrodt sagte, wer weitere Arbeitszeitverkuerzung bei vollem Lohnausgleich sowie eine andere Verteilung der Arbeit fordere, der vergebe die Chance zu konstruktiver Auseinandersetzung. Rexrodt forderte die Gewerkschaften auf, mitzuhelfen, den Arbeitsmarkt grundlegend neu zu organiesieren.


Solms fuer Aufbereitung russischen Plutoniums in Deutschland

Der FDP-Fraktionschef im Bundestag Solms hat sich dafuer ausgesprochen, Plutonium aus russischen Atomwaffen in Deutschland aufzuarbeiten. Russland habe sich in den Abruestungsvertraegen zwar zur Vernichtung von mehr als 100 Tonnen waffenfaehigem Plutonium verpflichtet, koenne diese Zusage jedoch nicht einhalten, erklaerte Solms gegenueber der "Bild am Sonntag". Das Plutonium koenne in Hanau zu Brennelementen verarbeitet werden. Er habe diesen Vorschlag bereits in der Bonner Koalitionsrunde unterbreitet, betonte der FDP-Politiker. Die Brennelemente koennten in westeuropaeischen Kernreaktoren zur Stromerzeugung eingesetzt werden.


Merkel zu den Kosten des Atommuelltransports

Bonn. Bundesumweltministerin Merkel will die Kosten fuer den Transport des Castor-Behaelters nicht von Demonstranten bezahlen lassen. Im hessischen Rundfunk wandte sich die CDU-Politikerin gegen Forderungen aus Unions-Kreisen, die Atomkraftgegner wegen des starken Polizeiaufwands zur Kasse zu bitten. Zahlen muessten die Demonstranten allerdings fuer die Schaeden, die sie angerichtet haetten, sagte Merkel. Dies sei Sache der Staatsanwaltschaften.


Merkel fordert neues Zwischenlager fuer Atommuell in Sueddeutschland

Ein neues Zwischenlager fuer Atommuell sollte nach Ansicht von Bundesumweltministerin Merkel in Sueddeutschland gebaut werden. Zwar sei der Bedarf in den naechsten 10 Jahren gedeckt, mittelfristig werde jedoch ein neues Lager notwendig, erklaerte Frau Merkel heute im hessischen Rundfunk. Niedersachsen schloss die Ministerin als moeglichen Standort aus.


Augsburger Kirchengemeinde gewaehrt Asylsuchenden Schutz vor Abschiebung

Augsburg. In Bayern gewaehrt erneut eine Kirchengemeinde Auslaendern Schutz vor der Abschiebung aus Deutschland. Die Pfarrei in Augsburg nahm die Frau und die beiden kleinen Kinder des Kurden Simsek (sp?) auf, der aus Angst vor der Abschiebung untergetaucht ist. Die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International hatte darauf aufmerksam gemacht, dass der Mann vor der Flucht aus der Tuerkei nachweislich schwer gefoltert worden war. Die befristete Aufenthaltsgenemigung seiner Familie lief jetzt aus und wurde von den deutschen Behoerden nicht verlaengert. Dieser Familie geschehe Unrecht, begruendete der Pfarrer das Kirchenasyl.


Betrunkener Amoklaeufer

Regensburg. Ein Betrunkener hat im oberpfaelzischen Landkreis Cham eine Frau erschossen, einen Polizeibeamten schwer verletzt und sich dann selbst umgebracht. Wie die Polizei mitteilte, wollte der 46jaehrige gestern Abend gewaltsam in das Haus seiner Eltern eindringen. Als die Polizei kam, schoss der Taeter sofort auf die Beamten und auf Passanten. Eine 31jaehrige Frau wurde in ihrem Auto vor den Augen ihrer beiden Kinder toetlich getroffen. Der Amokschuetze zuendete das Haus seiner Eltern an, die Feuerwehr fand am Morgen seine Leiche in dem ausgebrannten Haus.


Vier Untersuchungshaeftlinge aus Gefaengnis Halberstadt entflohen

Halberstadt. Aus dem Gefaengnis in Halberstadt sind vier Untersuchungshaeftlinge ausgebrochen. Gegen diese Maenner wird wegen versuchten Mordes, Vergewaltigung und Brandstiftung ermittelt. Sie flohen durch einen stillgelegten Lueftungsschacht.


Unfall Michael Schuhmachers beim Grossen Preis von St. Marino

Beim Grossen Preis von St. Marino in Imola ist Formel-1-Weltmeister Michael Schuhmacher nach einem spektakulaeren Unfall ausgeschieden. Der Kerpener verlor in der 11. Runde in der Tiratella-Kurve (sp?) bei Tempo 220 die Kontrolle ueber seinen Wagen, kam von der Strecke ab und prallte in die seitlich aufgestellten Reifenstapel. Das Auto wurde schwer beschaedigt, Schuhmacher blieb unverletzt. Das Rennen gewann der Englaender Demon Hill.


Quellen

DLF    8:00 MESZ    12:00 MESZ    18:00 MESZ    20:00 MESZ
SWF3    13:00 MESZ    14:00 MESZ
SDR3    10:00 MESZ