GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 22.11.1996



* Warnstreiks im Bankgewerbe
* Parteitag der CSU
* Militaerexperten beraten in Stuttgart ueber Einsatz in Ost-Zaire
* Abgeordnete fordern Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Iran
* Mykonos-Prozess: Schwere Vorwuerfe an die Bundesregierung
* Christoph Seitler stellt sich
* Praesident des hessischen Staatsgerichtshofs zurueckgetreten
* Kuren sollen im Pflichtangebot der Krankenkassen bleiben
* Coca-Cola-Erpresser in Hildesheim festgenommen
* Eisglatte Strassen fordern drei Menschenleben
* Becker verliert letztes Gruppenspiel in Hannover
* Boerse



Warnstreiks im Bankgewerbe

Mit Streiks und Protesten wollen die Gewerkschaften HBV und DAG ab heute die Bankarbeitgeber an den Verhandlungstisch zwingen, um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verteidigen. Weil bisher versaeumt wurde, diesen Punkt im Tarifvertrag zu regeln, gelten in der Branche jetzt die neuen gesetzlichen Vorschriften. Die Gewerkschaften rechnen mit einer regen Beteiligung an den Aktionen. Der Startschuss fuer die Aktionen fiel in Koeln un Leverkusen. Dort sind am Morgen die ersten Bankbeschaeftigten nicht zur Arbeit erschienen. Die Aktionen sollten im Laufe des Tages auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden. Klaus Kalin, Vorstandsmitglied in der HBV, sagte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF, die Lohnkuerzung werde nicht einfach stillschweigend hingenommen. "Deshalb fordern wir heute unsere Mitglieder in zahlreichen Staedten zu Arbeitskampfmassnahmen, Warnstreiks, Protest und zu Tagestreiks auf - und das ist ein grundgesetzlich verbrieftes Recht, von dem alle Gebrauch machen koennen, Mitglieder wie Nicht-Mitglieder. Und wir schlagen vor, dass man beispielsweise Gesundheitszirkel bildet aus Arbeitgebern, Betriebsraeten, Betriebsaerzten, den Fachleuten der Berufsgenossenschaften und natuerlich den Experten in eigener Sache, den betroffenen Menschen selbst, um in solchen Zirkeln zum Beispiel gesundheitsfoerdernde Programme zu entwickeln. Wir glauben, dass das mehr Kosten einspart als die 0.3 Prozent, die die Arbeitgeber einsparen." Um ihre Ideen vorzutragen und um einen tarifvertragliche Regelung zu finden wollen sich die Gewerkschaften mit den Arbeitgebern an einen Tisch setzen. Mit den Warnstreiks soll dafuer der noetige Druck erzeugt werden.


Parteitag der CSU

Mit Leitlinien der CSU-Politik auf dem Weg ins naechste Jahrtausend befassen sich die Delegierten des 60. Parteitages der CSU, der am Nachmittag in Muenchen begann. Das zweitaegige Treffen steht unter dem Motto "Richtung Zukunft". Kontroverses wurde ausgeklammert, diskutiert wird statt dessen ueber Schwerpunkte jenseits der Tagespolitik. Die Schwerpunkte hat diesmal die Junge Union festgelegt. Keine Affaeren, keine Streitereien, keine Personaldiskussion - das duerfte ein harmonischer CSU-Parteitag werden. Ein Themen- und Diskussionsparteitag, wie es heisst, von dem ein Signal der Geschlossenheit ausgehen, der aber auch frischen Wind in die Partei bringen soll. "Wertewandel in der Gesellschaft", "Das Verhaeltnis zur Technik", "Chancen junger Leute im laendlichen Raum", "Nachbarschaft in Mitteleuropa" und "Partnerschaft der Generationen" - das sind die von der Jungen Union vorgeschlagenen Themen. Ausserdem legt Generalsekretaer Bernd Protzner Wert auf die Tatsache, dass sich in den Reihen der Delegierten ueberdurchschnittlich viel junge Leute befinden. Mit ihnen, so Protzner, will die CSU den Weg in Richtung Zukunft gehen. "Wir muessen in Deutschland und in Bayern konsequent den Weg der Reformen und der Erneuerung gehen. Wir muessen aufhoeren damit, nach hinten zu schauen und uns zu beklagen, was frueher alles moeglich war. Wir muessen Ideen fuer die Zukunft entwickeln und wir muessen Loesungen fuer anstehende Herausforderungen besprechen." Bei allem "nach Vorne schauen" bleibt der Ablauf des Parteitags der alte. Nach dem Grundsatzreferat von Parteichef Theo Waigel folgten geistliche Worte und auch Bundeskanzler Helmut Kohl wird wieder zu den Delegierten sprechen.


Militaerexperten beraten in Stuttgart ueber Einsatz in Ost-Zaire

Stuttgart. Militaerexperten aus rund 20 Laendern berieten heute ueber Einzelheiten eines moeglichen internationalen Militaereinsatzes in Ost-Zaire. Eine endgueltige Entscheidung ueber eine Entsendung von Soldaten soll dann am Wochenende fallen. Von den ueber eine Million Fluechtlingen in Ost-Zaire waren in der vergangenen Woche rund 500.000 nach Ruanda zurueckgekehrt. Deshalb war die bereits beschlossene Entsendung von Soldaten zum Schutz einer Hilfsaktion wieder in Frage gestellt worden. Nach Angaben des UN-Fluechtlingshilfswerkes zeigen Satellitenaufnahmen, dass noch immer etwa 700.000 Fluechtlinge in den Bergwaeldern Ost-Zaires umherirren.


Abgeordnete fordern Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Iran

Bonn. Mehrere Abgeordnete von CDU/CSU und FDP haben den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Iran gefordert. In einem Interview der Bild- Zeitung sagte der CDU-Innenexperte Wilhelm, die Diplomaten sollten aus Teheran zurueckgeholt werden. Einer Staatsfuehrung, die Morde anordnet, sei nicht zu trauen. Geistliche im Iran hatten am Mittwoch gefordert, gegen die drei Bundesanwaelte im Mykonos-Prozess Todesurteile zu verhaengen.


Mykonos-Prozess: Schwere Vorwuerfe an die Bundesregierung

Der Vertreter der Nebenklage im Berliner Mykonos-Prozess, Wolfgang Wieland, hat der Bundesregierung heute schwere Vorwuerfe gemacht. Schon lange vor Prozessbeginn habe Bonn genuegend Anhaltspunkte dafuer gehabt, dass die iranische Fuehrung in das Berliner Attentat verwickelt ist. Vor Konsequenzen sei man aber zurueckgeschreckt und habe sich statt dessen lieber hinter der Justiz versteckt. Angesichts dieses Verhaltens der Bundesregierung sei es wenig ueberraschend, wenn Teheran auch Todesdrohungen ausspreche. Unterdessen gingen die Bemuehungen weiter, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Bereits gestern hatte Bundeskanzler Kohl den iranischen Praesidenten Rafsandschani brieflich um Maessigung gebeten. Irans Praesident aeusserte sich heute zu dem Schreiben aus Bonn. Der Brief von Bundeskanzler Kohl ist in Teheran ueberaus positiv aufgenommen worden. Rafsandschani selbst nahm waehrend der Freitagsgebete in der Universitaet die Bonner Regierung und die Deutschen ausdruecklich in Schutz gegen die Angriffe einiger radikaler Demonstranten in den vergangenen Tagen. Er sprach woertlich von Tumulten, als er auf die Ereignisse der letzten Woche einging. Rafsandschani erinnerte die Glaeubigen daran, sie duerften nicht vergessen, dass nicht Deutschland der Hauptfeind der islamischen Republik sei. Diese Rolle komme den Vereinigten Staaten und Israel zu, die versuchten, das Verhaeltnis zwischen Teheran und Bonn zu stoeren. Zum ersten Mal raeumte der Praesident auch ein, dass die Ansichten der Staatsanwaltschaft im Berliner Mykons-Verfahren und die der Bundesregierung zwei verschiedene Dinge seien. "Wir sind ueberzeugt, dass die Mehrheit in der Bonner Regierung gar keine Probleme mit dem Iran haben wolle", meinte Rafsandschani, der bisher noch nicht zu diesem Thema Stellung genommen hatte. Der Staatspraesident teilte Kohls Meinung, dass beide Seiten die Situation unter Kontrolle halten sollte. Er setzte sich fuer die Fortsetzung des Dialoges mit Bonn ein, weil das im Interesse beider Voelker sein, meinte der als moderat geltende Politiker, der damit eine fast gleichlautende Passage aus dem Brief des Bundeskanzlers aufgriff.


Christoph Seitler stellt sich

Der Mord an dem Bankier Alfred Herrhausen ist nie aufgeklaert worden. Auch sieben Jahre nach der Tat ist es der Polizei bislang nicht genommen, den Taeter zu ermitteln. Als Verdaechtiger gilt allerdings der 38 Jahre alte Christoph Seitler, nach dem in den vergangenen Jahren vergeblich gefahndet wurde. Seitler wird darueber hinaus vorgeworfen, RAF-Mitglied zu sein. Beides hatte der untergetauchte Seitler vor kurzem in einem Interview mit dem Spiegel nachdruecklich bestritten. Er kuendigte jedoch an, sich der Bundesanwaltschaft zu stellen. Heute hat Seitler diese Ankuendigung wahr gemacht und sich gestellt. Heute morgen bat er um Einlass in den Bundesgerichtshof, heute Abend koennte er vielleicht freien Fusses durch die selbe Pforte treten. In der Zwischenzeit versucht er mit seinen Verteidigern stichhaltig zu belegen, dass er in den fraglichen Herbsttagen des Jahres 1989 im Libanon in einem Lager der palaestinensischen Befreiungsbewegung weilte. Der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof muss nun entscheiden, ob er den Haftbefehl gegen Seitler weiterhin aufrechterhaelt. Selbst wenn er weiterhin den Mordverdacht bejaht koennte er den Vollzug des Haftbefehls wegen mangelnder Fluchtgefahr aussetzen. Denn ein Mann, der sich trotz schwerster Vorwuerfe selbst der Justiz stellt, steht wohl kaum im Verdacht, gleich wieder in den Untergrund abzutauchen.


Praesident des hessischen Staatsgerichtshofs zurueckgetreten

Horst Henries, der umstrittene Praesident des hessischen Staatsgerichtshofs ist zurueckgetreten. Henries war erst gestern wieder aufgefordert worden, sein Amt niederzulegen, da er der Justiz schweren Schaden zugefuegt habe. Der Richter hatte fuer ein Gutachten, das er im Auftrag der IG Metall erstellte ein Honorar von 1,34 Millionen DM bezogen und die Kritik daran zunaechst ueberzeugt zurueckgewiesen. Seinen heutigen Ruecktritt begruendete er damit, dass er offenbar nicht mehr das Vertrauen der Landtagsmehrheit geniesse.


Kuren sollen im Pflichtangebot der Krankenkassen bleiben

Cottbus. Die Gesundheitsminister der Laender wollen verhindern, dass Kuren und haeusliche Pflege aus dem Pflichtangebot der Krankenkassen gestrichen werden. In einer Entschliessung der Minister heisst es, durch die Sparplaene drohten verheerende Folgen fuer die gesundheitspolitische Infrastruktur und die Arbeitsplaetze im Gesundheitswesen.


Coca-Cola-Erpresser in Hildesheim festgenommen

Hannover. Die Polizei im niedersaechsischen Hildesheim hat zwei Maenner festgenommen, die den Coca-Cola-Konzern erpressen wollten. Das teilte ein Polizeisprecher mit. Die beiden haetten damit gedroht, Erfrischungsgetraenke der Firma zu vergiften, wenn das Unternehmen nicht eine einstellige Millionensumme zahle. Nach Angaben des Sprechers arbeiteten bis zu 200 Beamte in den vergangenen vier Wochen an dem Fall. Er bestaetigte damit einen entsprechenden Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".


Eisglatte Strassen fordern drei Menschenleben

Stuttgart. Auf eisglatten Strassen hat es in der vergangenen Nacht vor allem in Sueddeutschland zahlreiche Verkehrsunfaelle gegeben. Allein in Baden- Wuerttemberg waren es mehr als 100. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, mehr als 20 wurden verletzt. Auch in Bayern fuehrten Schnee und Glatteis seit gestern Abend vor allem im Sueden des Landes zu vielen Unfaellen. In Niedersachsen musste die Autobahn zwischen Osnabrueck und Paderborn am Morgen voll gesperrt werden, nachdem sich bei extremer Glaette mehrere Unfaelle ereignet hatten.


Becker verliert letztes Gruppenspiel in Hannover

Hannover. Bei der Tennis-Weltmeisterschaft hat Boris Becker sein letztes Gruppenspiel gegen den Schweden Enqvist mit 3:6 und 6:7 verloren. Er stand zuvor jedoch schon als Gruppensieger fest und trifft im Halbfinale auf den Sieger der Partie Thomas Muster gegen Richard Kraijcek. Ebenfalls das Halbfinale erreichte der Weltranglistenerste Pete Sampras durch ein 6:4 und 6:4 gegen Jevgeni Kafelnikov.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,5020
Kanada(1 $)  1,1216
England(1 Pfund)  2,5312
Irland(1 Pfund)  2,5320
Schweiz(100 sfr)  118,360
Frankreich(100 FF)  29,507
Italien(1000 Lit)  1,0032
Oesterreich(100 oeS)  14,209
Spanien(100 Ptas)  1,1888
Japan(100 Yen)  1,3497
Schweden(100 skr)  22,660
 
Einige Indizes:
DAX:2763,69(-8,65)  (Schlussstand)  
Dow-Jones-Index:6449,40(+30,93)  (15:40 GMT)  
6418,47(Schlussstand gestern)  
Nikkei-Index:21216,11(+72,77)  (Schlussstand)  
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

SDR3    9:00 MEZ    18:00 MEZ
B5    9:30 MEZ    17:30 MEZ
S4    10:00 MEZ