GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 31.03.1995



* Bundestag verabschiedet Haushalt 1995
* Polnischer Aussenminister zu Besuch in Bonn
* Bartoszewski vertritt Polen bei Gedenkfeier im Bundestag
* Steuererleichterungen fuer Dieselfahrer sollen gestrichen werden
* CSU-Parteitag in Bamberg
* Kriegsverbrecher koennen nach Den Haag ueberstellt werden
* Fluechtlinge aus serbischen Gebieten koennen laenger bleiben
* Praesident des Europaparlaments spricht im Bundesrat
* Bundesrat fuer Senkung der Promillegrenze
* Weltklimagipfel in Berlin
* Zusammenfuehrung von EVS und Badenwerk
* Fortsetzung der Gewaltserie gegen tuerkische Einrichtungen
* Grossbrand in Bamberg
* Verfolgungsjagd im Allgaeu
* Daviscupviertelfinale
* Unser Algerien am Bosporus (Sueddeutsche Zeitung, 31.3.1995)
* Boerse



Bundestag verabschiedet Haushalt 1995

Der Bundestag hat heute den Haushaltsetat 1995 verabschiedet. Sein Gesamtumfang betraegt 478 Mrd. Dm. Um sich all die geplanten Ausgaben leisten zu koennen nimmt der Bund rund 49 Mrd. DM neue Schulden auf. Die SPD haelt diese Angaben zu gering. Sie vermutet, dass Finanzminister Waigel weitere Schulden in Nebenhaushalte gepackt hat. Die Sozialdemokraten lehnen den Etat wegen dieser mutmasslichen Schuldenlast und wegen fehlender sozialer Komponenten ab. Als erster Redner der Debatte sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Wieczorek, man muesse immer daran denken, dass das Parlament und nicht die Exekutive der Herr des Haushaltes sei. Der SPD-Politiker mahnte dazu, die politische Gestaltung auch dann in den Vordergrund zu stellen, wenn es an Mitteln fehle. Gerade in finanzieller Hinsicht muesse die Politik unangenehme Wahrheiten aussprechen. Subventionen seien planvoll abzubauen. Loesungen koennten ausserdem nicht in staendigen Abgabenerhoehungen bestehen. Zum Schluss der Debatte stimmten die Abgeordneten in namentlicher Abstimmung ueber den gesamten 478 Mrd. Etat ab. 339 Abgeordnete votierten mit "ja", 315 mit "nein". Vier Tage lang haben die Abgeordneten nun ueber den Haushaltsentwurf debattiert und ihn letztlich akzeptiert. Das muss aber noch nichts heissen. Alle Beteiligten wissen, dass die SPD-regierten Laender das Zahlenwerk im Bundesrat kippen werden, ueber den Haushalt wird dann erneut im Vermittlungsausschuss gestritten werden. Sozialdemokraten und Gruene warfen der Regierung vor, der Entwurf setze falsche Schwerpunkte und fuehre zu immer hoeherer Staatsverschuldung. Nach der dritten Lesung des Haushaltes beschaeftigte sich der Bundestag zum ersten Mal mit dem Jahreswirtschaftsgesetz. Der Entwurf des Finanzministers sieht vor, dass Buerger und Unternehmen im kommenden Jahr um mehr als 30 Mrd. DM entlastet werden. Bundesfinanzminister Theo Waigel erklaerte, das Jahr 1996 werde zum Jahr der steuerlichen Entlastung fuer Buerger und Unternehmen, dies allerdings nur dann, wenn die Opposition kooperiere. "Zusammen mit dem Familienleistungsausgleichs und dem Wegfall des Kohlepfennigs werden die Steuer- und Abgabenzahler 1996 insgesamt um rund 30 Milliarden DM entlastet. Fuer Entlastungen in dieser Groessenordnung benoetigen wir eine parteiuebergreifende Koalition der steuerpolitischen Vernunft. Die Zukunftschancen des Standortes Deutschland stehen dabei auf dem Spiel. Niemand darf sich jetzt aus kurzsichtigen Motiven einer sachgerechten Eroerterung verweigern." Die Plaene zur steuerlichen Freistellung des Existenzminiums seien sozial ausgewogen, die festgesetzten Einkommensgrenzen von 12.000 DM fuer Ledige bzw. 24.000 DM Jahreseinkommen fuer Nichtverheiratete seien nicht zu niederig angesetzt, dies habe man ausreichend geprueft, erklaerte Waigel. Die Unternehmenssteuerreform gehe mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in eine entscheidende Phase, von der die Kommunen durch eine bessere Beteiligung an der Umsatzsteuer profitieren wuerden. "Wenn die Kommunen erstmals mit einer sicheren Beteiligung an der grossen Gemeinschaftssteuer Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer neben der Beteiligung an der Einkommenssteuer, neben Gewerbeertragsteuer, neben Grundsteuer, damit ihre Finanzierungssituation auf eine konjunkturunabhaenigere und staendig steigende Steuer beziehen koennen. Das ist ein ganz entscheidender Fortschritt. Diese historische Chance kommt sonst nicht wieder." Der SPD-Finanzexperte Jochen Poss erklaerte hingegen, Waigel stehe vor einem Scherbenhaufen der Steuer- und Finanzpolitik. Seine Steuervorschlaege schafften soziale Schieflagen, monierte der SPD-Politiker.


Polnischer Aussenminister zu Besuch in Bonn

Der neue polnische Aussenminster Bartoszewski ist heute zu einem Besuch in Bonn eingetroffen. In seinen Gespraechen mit fuehrenden Politikern wird es vor allem um die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestags des Kriegsendes gehen. Die polnische Regierung sieht es als Affront, dass Praesident Walesa nicht zur zentralen Gedenkfeier nach Berlin eingeladen worden ist. Der neue polnisch Aussenminister, der mit Bundestagspraesidentin Rita Suessmuth, Bundeskanzler Helmut Kohl, Aussenamtschef Klaus Kinkel und Bundespraesident Roman Herzog zusammenkommen wird, hat die ablehnende Haltung des Kanzlers an einer Beteiligung an der Berliner Gedenkfeier zum 50. Jahrestages des Kriegsendes mehrmals deutlich kritisiert. Man solle sich aus gegebenen Anlaessen immer daran erinnern, wie es zum zweiten Weltkrieg gekommen sei, sagte Bartoszewski gegenueber einer deutschen Wochenzeitung. Dies gelte auch fuer die reale Kriegsursache. Von Polen aus, das von Hitlers Armee ueberfallen wurde, sei es zur Verwuestung Europas gekommen, wie der neue polnische Aussenminister formulierte. Bartoszewski wird bei seinen Gespraechen diese Enttaeuschung Warschaus zur Sprache bringen. Von Bundestagspraesidentin Rita Suessmuth erhoffte sich der polnische Aussenminister Auskuenfte ueber die Plaene, in der Woche vor dem 50. Jahrestag eine Bundestagsondersitzung mit hochrangigen auslaendischen Gaesten aus Polen und anderen Nachbarstaaten Deutschlands einzuberufen.


Bartoszewski vertritt Polen bei Gedenkfeier im Bundestag

Der polnische Aussenminister Bartoszewski wird sein Land auf der geplanten Gedenkfeier von Bundesrat und Bundestag zum 50. Jahrestag des Kriegsendes vertreten. Wie es in Korrespondentenberichten aus Bonn heisst, wird Bartoszewski dabei auch eine Rede halten. Der polnische Gast hatte dies am Vormittag in Gespraechen mit Bundesaussenminister Kinkel und Bundestagspraesidentin Suessmuth mitgeteilt. Zuvor hatte sich Frau Suessmuth mit den Vorsitzenden der Fraktionen auf die Gedenkstunde am 28. April verstaendigt. Die Einladung des Bundestages und Bundesrates als Hauptredner auf einer gemeinsamen Gedenkstunde am 28. April in Bonn zu sprechen, sei die Einladung der hoechsten Repraesentanten des deutschen Volkes, erklaerte Bartoszewski am Ende seines Gespraeches mit Bundeskanzler Kohl. "In dem Sinn und bei der Garantie, dass ich der einzige Redner sein werde, ausser selbstverstaendlich Bundesratsvorsitzenden und einfuehrenden Bundestagsvorsitzenden, habe ich sofort diese muendliche Einladung akzeptiert, denn ich sehe hier die Anerkennung der Bedeutung der Beteiligung eines polnischen Vertreters." Zwischen Deutschland und Polen habe es mit Blick auf die Gedenkfeiern am 8. Mai im Berliner Schauspielhaus deshalb keine Verstimmung gegeben, so Bartoszewski weiter, weil der polnische Staatspraesident keine Termine mehr zur Verfuegung habe. Deshalb warte er auch auf keine Einladung mehr, sagte der Aussenminister.


Steuererleichterungen fuer Dieselfahrer sollen gestrichen werden

Die Laenderumweltminister wollen die Steuererleichterungen fuer Dieselfahrer streichen. Nach einem Zeitungsbericht haben die Minister vor, die niedrigere Besteuerung von Dieselkraftstoff an die Benzinbesteuerung anzupassen. Ein Liter Diesel ist derzeit mit 35 Pfennigen weniger Steuer belastet. Neben der Steuererhoehung fuer Diesel werde auch die Abschaffung der Mineraloelsteuerbefreiung von Flugbenzin vorgeschlagen. Die Empfehlungen sollen der naechsten Umweltministerkonferenz vorgelegt werden.


CSU-Parteitag in Bamberg

"Neue Wege gehen will die CSU" - so lautet das Motto ihres Parteitages, der heute in Bamberg begann. Auf dem Treffen der Delegierten wird es auch um die Erhoehung der Diaeten der bayerischen Landtagsabgeordneten gehen. Das Wort "Zukunft" dominiert den kleinen Parteitag der CSU in Bamberg. Es verbindet auch die Reden von Theo Waigel und Edmund Stoiber. "Auf neuen Wegen erfolgreich in die Zukunft" heisst es heute beim Parteivorsitzenden, "Bayern, Neues wagen - Zunkunft sichern" morgen beim bayerischen Ministerpraesidenten. Auch der Leitantrag des Parteivorstands beschaeftigt sich mit diesem Thema. Der CSU geht es darum, den Menschen die Angst vor der rasanten technologischen Entwicklung zu nehmen und damit einer noch immer verbreiteten Verweigerungshaltung entgegenzuwirken. Eine wesentliche Aufgabe ihrer Politik sieht die Partei darin, an der Schwelle zum 21. Jahrhundert die vielfaeltigen neuen Chancen zum Wohle der Menschen zu nutzen und Arbeitsplaetze zu sichern. Mit besonderem Interesse erwartet wird der erste Auftritt des neuen CSU-Generalsekretaers Bernd Protzner auf einem Parteitag. Es ist nicht damit zu rechnen, dass in Bamberg kritische Stimmen laut werden ueber den Mann, der seit seinem Amtsantritt wiederholt ins Kreuzfeuer der Kritik geraten war. Auch die Diskussion ueber Kultusstaatssekretaerin Monika Hohlmeier, die zugleich eine der vier stellvertretenden Parteivorsitzenden ist, gilt als erledigt. Ministerpraesident Edmund Stoiber hatte sie wegen einer umstrittenen Multimediapraesentation in Anwesenheit ihres Bruders im Kultusministeriums geruegt. Voraussichtlich wird der zweitaegige Parteiausschuss in Bamberg ganz im Zeichen von Sachthemen stehen.


Kriegsverbrecher koennen nach Den Haag ueberstellt werden

In Deutschland festgenommene Kriegsverbrecher aus dem frueheren Jugoslawien koennen in Zukunft dem internationalen Gerichtshof in Den Haag ueberstellt werden. Der Bundesrat in Bonn billigte heute abschliessend eine entsprechende Aenderung der deutschen Auslieferungsbestimmungen. Damit ist der Weg fuer die Uebergabe des in Muenchen inhaftierten mutmasslichen Kriegsverbrechers Talic freigemacht worden. Talic wird des Mordes sowie der Vergewaltigung und der Folter im ehemaligen Lager Omarska in Bosnien beschuldigt. Die Laenderkammer billigte ausserdem eine Initiative von Rheinland-Pfalz, die der Tendenz entgegensteuert, dass Polizeibeamte immer frueher in Pension gehen. Der Gesetzesvorstoss hat zum Inhalt, die Anforderungen an die Polizeidienstfaehigkeit herabzusetzen.


Fluechtlinge aus serbischen Gebieten koennen laenger bleiben

Stuttgart. Die Duldungsfrist fuer Fluechtlinge aus den serbisch umkaempften Gebieten Kroatiens ist in Baden-Wuerttemberg um drei Monate verlaengert worden. Das gab der Stuttgarter SPD-Innenminister Buerzele bekannt. Er kommt damit einer Bitte Kroatiens nach, denn Zagreb sieht derzeit keine Moeglichkeit, die Fluechtlinge unterzubringen.


Praesident des Europaparlaments spricht im Bundesrat

Der Praesident des Europaeischen Parlaments, Hensch, hat vor einem neuen Nationalismus in Europa gewarnt. Er wuerde geradewegs zurueck in das alte Vorkriegseuropa fuehren, sagte Hensch vor dem Bundesrat in Bonn. Nie wieder duerfe ein Staat in Europa allein ueber Krieg und Frieden entscheiden koennen. Mit Hensch sprach zum zweiten Mal ein Praesident des Europaeischen Parlaments vor der Laenderkammer.


Bundesrat fuer Senkung der Promillegrenze

Der Alkohol ist schuld an vielen Verkehrsunfaellen. 1993 waren es rund 385.000 . Mit der Senkung der Promillegrenze will der Bundesrat den Strassenverkehr sicherer machen. Ausser Bayern waren sich alle Laender einig, die Promillelgrenze muss runter. Mit dem Antrag dieser Laender, die Promillegrenze von 0.8 auf 0.5 zu senken will Nordrhein-Westfalen die seit Jahren andauernde Diskussion um Alkohol am Steuer beenden wie Ilse Brusis, Duesseldorfs Repraesentantin im Bundesrat den Antrag begruendete: "Es darf bei den Autofahrern keine Diskussionen geben, mit wieviel Bieren und Schnaepsen jemand noch fahrtuechtig ist. Unerlaesslich ist die deutliche Absenkung der Promillegrenze als ein Signal, dass Alkohl und Teilnahme am Strassenverkehr sich gegenseitig ausschliessen." Vorschriften sind gut, Kontrolle ist besser. "Auch wenn ich bei der Bevoelkerung eine grosse Akzeptanz fuer diese Massnahme sehe, muss sie flankiert werden durch eine hinreichende Ueberwachung. Denn nach wie vor besteht eine hohe Dunkelziffer bei Alkoholfahrten. Nur jeder 600. Alkoholsuender am Steuer mit ueber 0.8 Promille wird erwischt". Obwohl fuenf weitere Laender dem Antrag aus Duesseldorf beigetreten sind, so ist Bayern nicht recht ueberzeugt von deren Argumentation. Staatssekretaer Sautter aus dem bayerischen Innenministerium erinnerte an den engen Zusammenhang zwische Drogen und Autofahren. So liegt denn auch ein Entschliessungsantrag vor, der die Bundesregierung auffordert, bald einen Gesetzentwurf mit effektiven Sanktionen gegen Drogen am Steuer vorzulegen.


Weltklimagipfel in Berlin

Beim Weltklimagipfel in Berlin wurde heute ein sogenannter Unternehmerrat "Energie-Zuknft" gegruendet. Das Gremium, an dem Grossfirmen und Forschungsinstitute beteiligt sein werden, will dem Klimaschutz neue Impulse geben. Zudem unternahm die Vorsitzende der Konferenz, Bundesumweltministerin Angela Merkel, einen neuen Versuch, fuer die Ministerrunde am kommenden Mittwoch einen Geschaeftsordnung festzulegen.


Zusammenfuehrung von EVS und Badenwerk

Stuttgart. Die Energieversorgung Schwaben in Stuttgart und das Badenwerk in Karlsruhe sollen unter dem Dach einer gemeinsamen Holding mit Sitz in Karslruhe zusammengeschlossen werden. Baden-Wuerttembergs Finanzminister Mayer-Vorfelder, Wirtschaftsminister Spoeri und SPD-Fraktionschef Maurer haben sich jetzt laut "Suttgarter Zeitung" mit den Eignern der beiden Stromkonzerne und den Vertretern der Belegschaft ueber die Zusammenfuehrung geeinigt. Der Versuch einer Fusion der beiden Energieversorgunsunternehmen war im November 1993 zunaechst gescheitert.


Fortsetzung der Gewaltserie gegen tuerkische Einrichtungen

Seit fast drei Wochen werden Nacht fuer Nacht tuerkische Einrichtungen in Deutschland in Brand gesetzt. Die Polizei sucht die unbekannten Taeter in den Kreisen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans, PKK. Sie vermutet aber auch, dass teilweise auch rechtsextreme Kriminelle dahinterstehen. In Ehrlenbach bei Aschaffenburg war ein tuerkisches Reisebuero Ziel eines Brandanschlags. Anwohner hatten um Mitternacht Scheiben klirren hoeren. Kurz darauf stand das Gebaeude in Flammen. Verletzt wurde niemand. Vermutlich hatten die Taeter durch die Frontscheiben des Gebaeudes Brandkoerper in das Innere des Gebaeudes geschleudert und dadurch das Feuer ausgeloest. Trotz des sofortigen Einsatzes der oertlichen Feuerwehr wurde das Reisebuero vollstaendig zerstoert. Der Sachschaden belaeuft sich auf mehere 10.000 DM. Trotz Grossfahndung fehlt von den Taetern bisher jede Spur. Im Nordrhein-westfaelischen Elsdorf(sp?) bei Bergheim brannte die Lagerhalle einer tuerkischen Kleiderfabrik bis auf die Mauern nieder. Menschen wurden nicht verletzt. Der Sachschaden belaeuft sich auf 250.000 DM. Auch hier konnten die Taeter fluechten. In Ulm fand die Polizei vor einem tuerkischen Geschaeft einen Brandsatz, der aber nicht explodierte.


Grossbrand in Bamberg

In Bamberg ist am Morgen ein schwerer Brand geloescht worden. Das Feuer war in zwei Gebaeuden eines Saegewerkes gleichzeitig ausgebrochen. Deshalb haelt man auch Brandstiftung fuer moeglich. Zusaetzliche Gefaehrdung bestand durch einen Gastank, der aus der Reichweite des Feuers gebracht werden musste. Menschen wurden nicht verletzt, der Sachschaden kann noch nicht geschaetzt werden.


Verfolgungsjagd im Allgaeu

Vier oder fuenf gescheiterte Bankraeuber sind auf der Flucht vor der Polizei. Sie hatten zuvor eine Bank in Hopferau ueberfallen. 20 Streifenwagen und ein Polizeihubschrauber fahndeten im Raum Segen nach den ca 25jaehrigen Maennern, die in einem gestohlenen roten Golf auf der Flucht waren. Die Taeter waren gegen 10:40 Uhr in den Schalterbereich der Bank eingedrungen. Dort hatten sie entdeckt, dass der Kassenbereich verglast ist. Sie verloren dann offensichtlich den Mut und ergriffen die FLucht. Nach den Worten des stellvertretenden Polizeidirektors Werner Mutzel wurde kurze Zeit spaeter im oberbayerischen Brem ein weiterer Bankueberfall versucht und zwar von den gleichen Taetern.


Daviscupviertelfinale

Beim heutigen ersten Tag des Daviscupviertelfinales zwischen den Niederlanden und Deutschland unterlag Boris Becker dem Niederlaender Paul Haarhuis mit 6:4, 2:6, 4:6 und 7:6. Im zweiten Spiel der Partie gewann dann Michael Stich gegen Robert Kraijcec mit 3:6, 6:4, 6:4 und 6:4. Somit steht der Laendervergleich nach dem ersten Tag 1:1 unentschieden.


Unser Algerien am Bosporus (Sueddeutsche Zeitung, 31.3.1995)

Wer in diesen TAgen eine deutsche und eine tuerkische Tageszeitung aufschlaegt, und ihre politischen Seiten miteinander vergleicht, der wird wenig Unterschiede finden: Ankaras Militaeroperation im Irak, deutsche Schuetzenpanzer, kurdische Newroz-Feiern und alewitische Proteste, Abschiebungen von Kurden aus Deutschland und Brandanschlaege auf Tuerken in Deutschland - es sind dieselben Themen, welche die oeffentliche Debatte in beiden Staaten beherrschen. Fuer die franzoesische, die britische oder gar die amerikanische Presse stehen ganz andere Themen im Vordergrund.

Der kleine Zeitungstest zeigt: Von einer multikulturellen Gesellschaft mag die Bundesrepublik Deutschland noch weit entfernt sein, doch eine bi-kulturelle deutsch-tuerkische Schicksalsgemeinschaft gibt es bereits. Jedes Ereignis in der Tuerkei hat direkte Auswirkungen auf Deutschland und Bonner Beschluesse beeinflussen so manches Mal die Politik in Ankara. Zu keinem anderem Staat hat die Bundesrepublik - ob es ihren Bewohnern nun gefaellt oder nicht - ein engeres, ein persoenliches, ein emotionaleres Verhaeltnis als zur Tuerkei. Bei allen Unterschieden: Das Verhaeltnis aehnelt dem Frankreichs zu seinen ehemaligen nordafrikanischen Kolonien. Unser Algerien liegt am Bosporus.

Knapp zwei Millionen Tuerken und Kurden leben zwischen Flensburg und Berchtesgaden, zum Teil schon in der dritten oder vierten Generation. Sie gehen zur Schule und zur Universitaet, sie heiraten hier, sie zeugen Kinder und lassen sich hier begraben. Es sind fleissige, gesetzestreue Buerger, auf die Staat und Wirtschaft nicht verzichten koennen: Jedes Jahr zaheln sie 3.4 Milliarden DM an den Fiskus und weitere drei Milliarden in die staatliche Rentenversicherung. Waehrend der ersten Runde des Solidarzuschlags foerderten sie den Aufbau Ost mit einer halben Milliarde. Auch als Konsumenten sind sie unentbehrlich - mit jaehrlich zehn Milliarden Mark foerden sie den Umsatz des deutschen Einzelhandels.

Aus all diesen Gruenden muesste es eigentlich selbstverstaendlich sein, dass es in Deutschland ein zusammenhaengendes, durchdachtes Konzept fuer die Tuerkei und fuer die Tuerken in unserem Land gibt. Es sollte eine Politik sein, die Augenmass, Realismus, eigene politische und wirtschaftliche Interessen sowie jene des Partners miteinander verknuepft; eine Politik zudem, die stellvertretend fuer die Freunde in der Europaeischen Union formuliert und umgesetzt wird; eine Politik schliesslich, die von den Kenntnissen und dem Sachverstand jener tuerkischen Mitbuerger profitiert, die seit Jahren unter uns leben.

Doch von alledem ist nichts zu spueren, wie die vergangenen Wochen erneut gezeigt haben. Noch immer scheinen zwei Emotionen vorzuherrschen: Die einen scheinen peinlich davon beruehrt zu sein, dass die Nachkriegsentwicklung die Deutschen ausgerechnet mit den Tuerken so innig verknuepft hat; andere bauen die Tuerkei als Kulisse auf, in der man seine eigenen innenpolitischen Dramoletten auffuehren kann.

So kommt es, dass die deutsche Tuerkeipolitik (oder was man dafuer haelt) zu grossen Teilen entweder an rechtsreaktionaeren Stammtischen oder in linksillusionaeren Selbsterfahrungsgruppen vorformuliert wird. Die einen sehen in jedem Kurden einen mutmasslichen Terroristen, der unverzueglich abgeschoben gehoert. Die anderen vermuten in jedem tuerkischen Gemuesehaendler einen Voelkermoerder, der daheim kurdische Haeftlinge gefoltert hat.

Diese Widersprueche komme am besten in der Reaktionen auf Brandanschlaege auf tuerkische Geschaefte zum Ausdruck. STammen die Taeter aus dem deutschen Skin-Umfeld, ist die Betroffenheit - voellig zu Recht - gross; sind Kurden die mutmasslichen Urheber, haelt sich die Empoerung - voellig zu Unrecht - in Grenzen. Fuer unsere Mitbuerger indes macht es keinen Unterschied, wer hinter dem Anschlag steht: Sie fuehlen sich ungeschuetzt und unsicher.

Genauso widerspruechlich ist die offizielle Politik Bonns gegenueber Ankara. Ein Minister (Kanther) konstatiert die Einhaltung von Menschenrechtsstandards, ein anderer (Kinkel) beklagt die Verletzung dieser Normen. Ein Minister (Ruehe) liefert regulaer Waffen an einen NATO-Partner, ein anderer (abermals Kinkel) will dem Verbuendeten ihren Einsatz verbieten - aber nicht wegen der Kurden, sonder nur, weil er es sich mit der oeffentlichen Meinung zu Hause nicht verderben will.

Am Ende bleibt ein Kompromiss, der nichts bedeutet und nichts bewirkt: Die Tuerken bekommen vorerst keine Bergungspanzer und keine Kriegsschiffe. Es gehoert schon eine gehoerige Portion Chuzpe dazu, die Oeffentlichkeit fuer so dumm verkaufen zu wollen. Denn das letzte Schiff, das in Kurdistan gesichtet wurde, hiess "Arche" und wurde von einem gewissen Noah kommandiert. Militaerisch haette auch sie keine Rolle gespielt; sie war bekanntlich gestrandet.

Wer mit derart vielen Zungen redet wie die Deutschen, der darf sich nicht wundern, wenn sein Gespraechspartner gar nicht mehr zuhoert. Bonn aber muss sich in Ankara Gehoer verschaffen - im eigenen Interesse, im Interesse der europaeischen Partner, und im Interesse der zwei Millionen Deutschen tuerkischer Herkunft. Bonn hat die Verantwortung, die aus der "special relationship" mit Ankara erwaechst, nicht angestrebt. Aber es ist zu spaet, sich aus ihr davonzustehlen.


Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,3775
ECU-Wert(1 ECU)  1,86095
 
Einige Indizes:
DAX:1931.7
Dowjones-Index:4172,56
Nikkei-Index:16139,95



Quellen

SDR3    8:00 MESZ    11:00 MESZ    19:00 MESZ
B5    8:30 MESZ    11:30 MESZ
Antenne Bayern 9:00 MESZ    12:00 MESZ
DLF    9:30 MESZ    12:30 MESZ    18:00 MESZ
Radio 7    10:00 MESZ    16:00 MESZ
Sueddeutsche Zeitung vom Fr, 31.Maerz    1995