GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 21.10.1997



* Teilweise Zustimmung fuer Grass
* Weiter Proteste gegen Kuerzungen bei Beamten
* Immunitaet von Europol-Beamten kommt in den Bundestag
* Bundesbank fordert hoehere Nettoeinkommen
* Schaeuble rechnet bei 610-Mark-Jobs mit Einigung mit FDP
* Prozess um Flughafenbrand in Duesseldorf
* Schneider gibt Faelschungen zu
* Rechtschreibreform in Hamburg zweitinstanzlich gebilligt
* SPD will Arbeitslosigkeit zum Hauptthema machen
* BGH streicht Gebuehrenpraxis der Banken
* Stellenabbau bei ABB: Adtranz betroffen
* Dresdner Bank will Advance Bank uebernehmen
* Beamte: Befoerderung auf Probe?
* Boerse



Teilweise Zustimmung fuer Grass

Bonn. Nach der scharfen Kritik der Bundesregierung an den Aeusserungen des Schriftstellers Grass zur Asyl- und Tuerkeipolitik haben Koalitionspolitiker dem Autor teilweise recht gegeben. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Geissler sagte in einem Interview, es gebe keine Garantie, dass Kurden in der Tuerkei nicht gefoltert oder zu Unrecht inhaftiert wuerden. Geissler wandte sich zugleich gegen Ruestungsexporte in die Tuerkei. Die Auslaenderbeauftragte der Bundesregierung Schmalz-Jacobsen, FDP, sagte, Grass' Worte enthielten im Kern bittere Wahrheiten wie etwa die latente Auslaenderfeindlichkeit, doch habe er in seiner Rede auch manches uebertrieben. Deutschland sei zum Beispiel kein Willkuerstaat.


Weiter Proteste gegen Kuerzungen bei Beamten

Bonn. Die Proteste gegen eine moegliche Kuerzung der Beamtengehaelter halten an. Gegen weitere Sonderopfer sprachen sich der rheinland-pfaelzische Ministerpraesident Beck, SPD, und der bayerische Finanzminister Huber, CSU, aus. Huber sagte, zwar seien Einsparungen im Versorgungssystem des Oeffentlichen Dienstes noetig, doch muessten diese massvoll sein. Der Oeffentliche Dienst duerfe nicht zum Sparschwein der Nation werden. Ausserdem sei noch im vergangenen Jahr die Besoldung junger Beamter erhoeht worden, um das Leistungsprinzip zu staerken. Die Finanzminister der Laender wollen am Donnerstag unter anderem ueber Senkungen beim Eingangsgehalt fuer Beamte, Kuerzungen des Weihnachtsgeldes sowie die Streichung des Pensionsausgleichs beraten.


Immunitaet von Europol-Beamten kommt in den Bundestag

Bonn. Die strafrechtliche Immunitaet von Beamten der kuenftigen europaeischen Polizeibehoerde wird nach dem Willen des Bundeskabinetts jetzt den Bundestag beschaeftigen. Nach den Vorstellungen der EU sollen Europol-Mitarbeiter fuer Verfehlungen im Dienst nicht haftbar gemacht werden koennen. Gegen diese Regelung gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. Urspruenglich wollte die Bundesregierung die Immunitaet per Verordnung ohne parlamentarische Beratung regeln. Wegen der politischen Brisanz entschied sie sich jetzt aber fuer die Gesetzesform.


Bundesbank fordert hoehere Nettoeinkommen

Frankfurt. Die Nettoeinkommen muessen nach Auffassung der Bundesbank steigen, um die Inlandsnachfrage zu staerken. Im juengsten Monatsbericht heisst es, dies solle aber nicht durch hoehere Loehne, sondern durch niedrigere Steuern und Abgaben erreicht werden. Die Bonner Parteien forderte die Bundesbank deshalb auf, den groesser gewordenen Abstand zwischen Brutto- und Nettoeinkommen deutlich zu verkleinern. Gleichzeitig spricht sich die Bundesbank fuer moderate Einkommenserhoehungen in den kommenden Jahren aus. Um die Massenarbeitslosigkeit zu senken, muesse es ausserdem mehr wettbewerbsfaehige Arbeitsplaetze geben.


Schaeuble rechnet bei 610-Mark-Jobs mit Einigung mit FDP

Bonn. Unionsfraktionschef Schaeuble setzt im Koalitionsstreit um die 610-Mark-Stellen auf eine einvernehmliche Loesung. Schaeuble begruesste, dass aus der FDP Gespraechsbereitschaft signalisiert worden sei. Der Streit sei auch gar nicht so aufregend wie oeffentlich dargestellt. Auf konkrete Modelle zur Eindaemmung des Missbrauchs der geringfuegigen Beschaeftigung wollte Schaeuble nicht eingehen. Er versicherte aber, die Union habe nicht vor, die 610-Mark-Jobs abzuschaffen, da dies nur ein Programm fuer mehr Schwarzarbeit waere. Schaeuble regte an, das Problem auf einer Expertenanhoerung zu diskutieren. Die FDP bekraeftigte, dass die sozialversicherungsfreie Arbeit erhalten werden muesse. Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder plaedierte dafuer, eine Betriebsquote von zehn Prozent oder weniger fuer 610-Mark-Jobs einzufuehren.


Prozess um Flughafenbrand in Duesseldorf

Duesseldorf. Eineinhalb Jahre nach dem Grossfeuer auf dem Rhein- Ruhr-Flughafen wird seit heute vor Gericht verhandelt. Vier Versicherungsunternehmen haben gegen die Flughafengesellschaft geklagt. Sie verlangen die Rueckerstattung ihrer Schadenersatzzahlungen, eine zweistellige Millionensumme. Dem Flughafenbetreiber wird vorgeworfen, dass beim Bau des Gebaeudes verbotene Materialien verwendet wurden, die zur rasend schnellen Ausbreitung des Schwelbrandes beigetragen haben sollen. Bei dem Feuer am 11. April des vergangenen Jahres waren 17 Menschen ums Leben gekommen.


Schneider gibt Faelschungen zu

Frankfurt. Der ehemalige Bauunternehmer Schneider hat vor Gericht erstmals gestanden, Kreditunterlagen gefaelscht zu haben. Schneider erklaerte vor dem Frankfurter Landgericht, er habe der Deutschen Bau- und Bodenbank eine fiktive Rechnung ueber 29 Mio. DM vorgelegt. Die Bank habe diese Rechnung akzeptiert. Die Anklagevertretung sprach davon, Schneider habe erstmals eine Straftat zugegeben, bei der zumindest ein bedingter Vorsatz vorzuwerfen sei. Der Anwalt des Bauunternehmers rechnet jetzt mit einer deutlichen Verkuerzung des Prozesses.


Rechtschreibreform in Hamburg zweitinstanzlich gebilligt

Hamburg. Das Oberverwaltungsgericht der Hansestadt hat den Eilantrag einer Schuelerin gegen die neuen Rechtschreibregeln abgelehnt und damit ein anders lautendes Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichtes aufgehoben. Einen Tag nach dem vorlaeufigen Stop der Rechtschreibreform in Niedersachsen genehmigten die Richter damit den Beschluss der Hamburger Schulbehoerde, nach den neuen Rechtschreibregeln zu unterrichten. Das Hamburger Oberverwaltungsgericht betonte, ueber die Rechtschreibreform muesse endgueltig das Bundesverfassungsgericht entscheiden.


SPD will Arbeitslosigkeit zum Hauptthema machen

Dortmund. Die SPD will im Falle eines Wahlsiegs die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung sozialer Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen. Parteichef Lafontaine kuendigte beim SPD-Kongress "Innovation und Gerechtigkeit" an, die Sozialdemokraten wollten dann ihre ganze Kraft dafuer einsetzen, die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen. Deutschland brauche eine neue Regierung, die ihr oekonomisches Handwerk verstehe. Auch wolle seine Partei dafuer sorgen, dass Freiheit, Gerechtigkeit und Solidaritaet wieder die Leitwerte des gesellschaftlichen Wandels wuerden. Lafontaine kuendigte an, die SPD werde nach einem Wahlsieg unverzueglich ein Sofortprogramm gegen die Jugendarbeitslosigkeit starten. Sie wolle jedem Jugendlichen die Chance auf Ausbildung geben. Wenn dies die Wirtschaft nicht schaffe, muesse der Staat eingreifen. Lafontaine fordert Arbeitszeitverkuerzungen, eine Entlastung von Steuern und Abgaben, eine Steuerreform, die die Kaufkraft der Arbeitnehmer staerke und Anreize fuer Umweltinvestitionen und Energieeinsparungen. Nach den Worten Lafontaines hat Bundeskanzler Kohl gezeigt, dass er dem Land keinen neuen Aufschwung bringen koenne. Schwach sei nicht das Land, schwach sei die Regierung.


BGH streicht Gebuehrenpraxis der Banken

Karlsruhe. Banken duerfen ihren Kunden fuer Auftraege, die mangels Deckung nicht ausgefuehrt werden, keine Gebuehren berechnen. In einem heute verkuendeten Urteil untersagte der Bundesgerichtshof einer Volksbank entsprechende Klauseln. Die Bank hatte Kunden fuer nicht ausgefuehrte Dauerauftraege und Ueberweisungen sowie fuer nicht eingeloeste Schecks und Lastschriften Gebuehren zwischen drei und zehn DM abgezogen. In der Urteilsbegruendung heisst es, die Bank handele ausschliesslich aus Eigeninteresse, wenn sie wegen eines ueberzogenen Kontos die Ausfuehrung von Auftraegen oder die Einloesung von Lastschriften verweigere. Nach dem BGH-Urteil koennen Kontoinhaber bereits gezahlte Gebuehren fuer nicht ausgefuehrte Auftraege zurueckfordern.


Stellenabbau bei ABB: Adtranz betroffen

Zuerich. Der Elektrokonzern ABB will in den naechsten zwei Jahren in Europa und den USA etwa 10.000 Arbeitsplaetze abbauen. In Deutschland wird vor allem das gemeinsame Tochterunternehmen von ABB und Daimler-Benz Adtranz betroffen sein. Dort sollen angeblich weitere 3.600 Arbeitsplaetze wegfallen.


Dresdner Bank will Advance Bank uebernehmen

Muenchen. Die Dresdener Bank will von der Bayerischen Vereinsbank zum Jahresende die Advance Bank uebernehmen. Die Advance Bank ist die Direktbanktochter der Bayerischen Vereinsbank und hat 40.000 Kunden. Die Dresdner Bank will aus diesem Kundenstamm den Kern ihres bisher fehlenden Direktbankgeschaefts machen. Die knapp 300 Beschaeftigten der Advance Bank sollen ebenfalls uebernommen werden. Vertreter der Bayerischen Vereinsbank begruendeten das Geschaeft mit der geplanten Fusion ihres Instituts und der Hypobank.


Beamte: Befoerderung auf Probe?

Stuttgart. Beamte in Baden-Wuerttemberg sollen kuenftig erst nach einer Probezeit auf Dauer befoerdert werden und spaeter als bisher in den vorzeitigen Ruhestand treten koennen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Man strebe an, die oeffentliche Verwaltung effektiver und kostenguenstiger zu machen, sagte Innenminister Schaeuble in Stuttgart. So soll die Altersgrenze fuer den vorzeitigen Ruhestand von Beamten und Richtern auf 63 Jahre angehoben werden. Bei der Befoerderung auf einen hoeheren Posten ist eine Probezeit von mindestens drei Monaten vorgesehen. Bei Fuehrungsstellen sind zwei Jahre Probe geplant.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,7762
Kanada(1 $)  1,2818
England(1 Pfund)  2,9082
Irland(1 Pfund)  2,6055
Schweiz(100 sfr)  120,430
Frankreich(100 FF)  29,835
Italien(1000 Lit)  1,0251
Oesterreich(100 oeS)  14,208
Spanien(100 Ptas)  1,1857
Japan(100 Yen)  1,4750
Schweden(100 skr)  23,255
 
Einige Indizes:
DAX:4139,50( aktuell )  
4040.75( Vortagswert )  
Dowjones-Index:7985,78( Stand 17:00 MESZ )  
7921,44( Schlussstand Vortag )  
Nikkei-Index:17210,09
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

SDR3    09:00 MESZ    11:00 MESZ    14:00 MESZ    17:00 MESZ    20:00 MESZ
B5    09:15 MESZ    20:15 MESZ