GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 23.11.1995



* Aktuelle Stunde im Bundestag - Kritik an Kohls Chinareise
* Bundestag beschliesst Winterausfallgeld fuer Bauarbeiter
* BVG unterbricht Verhandlung ueber Asylrecht
* PLO-Chef Arafat zu Besuch in Stuttgart
* Attentatsversuch auf den Innenminister von Sachsen-Anhalt
* Erstes Gespraech zum "Buendnis fuer Arbeit"
* Bundestag beraet ueber Krankenhausreform
* Landesparteitag der CDU in Baden-Wuerttemberg
* UNHCR gegen zu schnelle Rueckfuehrung von Kriegsfluechtlingen
* Verheugen lobt Bosnienabkommen
* Neuer Versuch zur Regelung der Abgeordnetendiaeten
* Prozess gegen Egon Krenz wird fortgesetzt
* Pessimistische Einschaetzung der Konjunkturaussichten
* Brandanschlaege gehen vermutlich zu Lasten der PKK
* Graf-Ausschuss erhebt keine Vorwuerfe gegen Lothar Spaeth
* Kritik am Solidaritaetszuschlag
* Haushaltshilfe fuer Eltern im Krankheitsfall eines Kindes
* Rechtsradikale zuenden Autos an



Aktuelle Stunde im Bundestag - Kritik an Kohls Chinareise

Letzte Woche hat Bundeskanzler Kohl einem Infanterieregiment der chinesischen Armee einen Besuch abgestattet. Diese Visite war von Anfang an heftig kritisiert worden und hatte heute ein Nachspiel in einer aktuellen Stunde im Bundestag. Die Bonner Opposition warf dem Kanzler einen Kotau bei jenen Militaers vor, die 1989 die Demokratiebewegung auf dem Platz des himmlischen Friedens blutig niedergeschlagen haben. Kanzler Kohl dagegen verteidigte heute seine Visite als Beitrag zur Oeffnung Chinas. Massiv hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rudolf Scharping den Besuch des Bundeskanzlers bei der chinesischen Volksbefreiungsarmee kritisiert. Kohl sei mit dieser Visite erneut zum Meister der falschen Symbole geworden, sagte Scharping waehrend der aktuellen Stunde im Bundestag. Der Bundeskanzler habe einen Beitrag zur aussenpolitischen Isolierung der Bundesrepublik geleistet, weil er als erster westlicher Regierungsschef die chinesischen Streitkraefte nach ihrer Mitwirkung an der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung vor sechs Jahren besucht habe. Scharping woertlich: "Es war schon wahrlich ein so brutaler, menschenverachtender Schlag gegen die Demokratiebewegung, dass sich jedem Regierungschef verbieten sollte, zur Rehabilitation dieser Werkzeuge beizutragen." Der Bundeskanzler verteidigte seinen zweistuendigen Besuch bei der Division der Volksarmee: "Wenn wir die Fortsetzung der chinesischen Reformpolitik ernsthaft foerdern und unterstuetzen wollen - und dies wollen wir - dann geht es nicht ohne oder gar gegen die Streitkraefte in diesem Land." Die Buendnis 90 / Die Gruenen - Abgeordnete Angelika Beer warf dem Bundeskanzler vor, mit seinem Besuch bei den chinesischen Streitkraeften zur Imagepflege einer Unterdrueckungsarmee beigetragen zu haben.


Bundestag beschliesst Winterausfallgeld fuer Bauarbeiter

Der Bundestag hat am Abend die Einfuehrung eines Winterausfallgeldes fuer Bauarbeiter beschlossen, die bei laengeren Schlechtwetterperioden nicht arbeiten koennen. Die Neuregelung ersetzt das bisherige Schlechtwettergeld und soll zusammen mit den neuen Bautarifvertraegen am 1.Januar in Kraft treten. Die Tarifpartner in der Bauindustrie haben sich darauf verstaendigt, dass die Bauarbeiter kuenftig ganzjaehrig beschaeftigt werden, wobei im Sommer eine laengere Wochenarbeitszeit gilt.


BVG unterbricht Verhandlung ueber Asylrecht

Das Bundesverfassungsgericht hat in Karlsruhe seine Verhandlung ueber das Asylrecht unterbrochen. Am 5.Dezember will der zweite Senat die muendliche Anhoerung fortsetzen. Heute befasste sich das Gericht mit der sogenannten Flughafenregelung. Dabei berichtete der soziale Dienst des Frankfurter Flughafens von Missstaenden. Dies wurde vom Bundesamt zur Anerkennung auslaendischer Fluechtlinge und vom Bundesgrenzschutz bestritten. Asylbewerber, die auf dem Luftweg eintreffen, werden im Transitbereich untergebracht, wenn sie keine Papiere haben oder aus einem sicheren Drittstaat stammen. Das Asylverfahren dauert in diesen Faellen nur 19 Tage.


PLO-Chef Arafat zu Besuch in Stuttgart

PLO-Chef Arafat hat Deutschland fuer die Aufbauhilfe in seinem Land gedankt. Dies sei eine Hilfe fuer den Friedensprozess, sagte Arafat nach einem Gespraech mit dem baden-wuerttembergischen Ministerpraesidenten Teufel in Stuttgart. Dabei wurde bekannt, dass die Bundesrepublik unter anderem den Aufbau des oeffentlich-rechtlichen Rundfunks in den palaestinensischen Autonomiegebieten mit 500000 DM unterstuetzen will. Arafat bleibt drei Tage in Deutschland. Heute abend wurde ihm in Baden-Baden der deutsche Medienpreis verliehen. Arafat war die Auszeichnung zusammen mit dem inzwischen ermordeten israelischen Ministerpraesidenten Rabin zugesprochen worden. Fuer den Freitag sind Treffen mit Bundeskanzler Kohl und Bundesaussenminister Kinkel geplant. In Bonn sind auch Gespraeche mit Vertretern der deutschen Wirtschaft vorgesehen.


Attentatsversuch auf den Innenminister von Sachsen-Anhalt

Auf den Innenminister von Sachsen-Anhalt, Buechel, ist in der vergangenen Nacht ein Attentat versucht worden. Der SPD-Politiker blieb jedoch unverletzt. Nach bislang vorliegenden Informationen schleuderten Unbekannte einen Molotow-Cocktail auf den Dienstwagen des Ministers, der sich auf der Heimfahrt von einer oeffentlichen Veranstaltung befand. Der Brandsatz verfehlte aber sein Ziel. Der Zwischenfall ereignete sich in der Ortschaft Barleben 2 km von Magdeburg entfernt. Weitere Einzelheiten wurden vom Landeskriminalamt, das eine Sonderkommission eingesetzt hat, am Vormittag bekanntgeben. Die Polizei hat eine etwa 35jaehrige offensichtlich geistesverwirrte Frau festgenommen; die Frau habe den Anschlag gestanden, teilte das Landeskriminalamt mit. Gegen sie sei seit geraumer Zeit wegen politisch motivierter Straftaten ermittelt worden. In ihrer ersten Aussage habe die 35jaehrige angegeben, da der Minister nicht zum Ruecktritt bereit sei, habe sie nachhelfen wollen.


Erstes Gespraech zum "Buendnis fuer Arbeit"

Bonn. Zu einem ersten Gespraech ueber das von der IG Metall vorgeschlagene "Buendnis fuer Arbeit" treffen am morgigen Freitag der Gewerkschaftsvorsitzende Zwickel und Bundesarbeitsminister Bluem zusammen. In Bonn sollen dabei Einzelheiten der Initiative beraten werden. Zwickel hatte vorgeschlagen, 1997 die Lohnforderungen auf einen Ausgleich der Inflationsrate zu begrenzen, wenn die Metallarbeitgeber bis dahin rund 100.000 Arbeitsplaetze schaffen und die Bundesregierung ihre Plaene stoppt, die Arbeitslosenhilfe zu kuerzen.


Bundestag beraet ueber Krankenhausreform

Bonn. Der Bundestag ist am Morgen zusammengekommen, um ueber die Krankenhausreform zu beraten. Ein Koalitionskompromiss sieht vor, die Ausgaben der Krankenkassen fuer stationaere Massnahmen gesetzlich zu begrenzen.


Landesparteitag der CDU in Baden-Wuerttemberg

Ravensburg. Die CDU Baden-Wuerttemberg bestimmt auf ihrem morgen beginnenden Parteitag ihren Spitzenkandidaten fuer die Landtagswahlen im naechsten Maerz. Eine Entscheidung fuer Ministerpraesident Teufel gilt als sicher. In Ravensburg stehen ferner Wahlen zum CDU-Landesvorstand auf der Tagesordnung. An einer Bestaetigung Teufels als Landeschef bestehen ebenfalls keine Zweifel. An dem bis Samstag dauernden Parteitag soll auch das CDU-Programm fuer die naechste Legislaturperiode verabschiedet werden.


UNHCR gegen zu schnelle Rueckfuehrung von Kriegsfluechtlingen

Gegen eine zu schnelle Rueckfuehrung aller Bosnien-Fluechtlinge hat sich der Sprecher des UNO-Fluechtlingshilfswerks UNHCR in Deutschland, Stefan Teloeken (sp?) ausgesprochen. Dies wuerde den Frieden auf dem Balkan destabilisieren und Chaos verursachen, warnte Teloeken in einem Interview des hessischen Rundfunks. Man muesse zuerst mit der Rueckkehr der Fluechtlinge innerhalb Bosnien beginnen, dann mit den Fluechtlingen fortfahren, die sich in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens aufhalten. In einer dritten und letzten Phase sollten dann die rund 700000 Menschen folgen, die ins Ausland geflohen seien. Dafuer sei ein Zeitraum von insgesamt 2 Jahren notwendig, meinte der Sprecher der Fluechtlingshilfswerks, Walter. Zugleich forderte er verstaerkte internationale Anstrengungen, um den Menschen in Bosnien ueber den Winter zu helfen.


Verheugen lobt Bosnienabkommen

Baden-Baden. Der SPD-Politiker Verheugen lobt das Bosnienabkommen von Dayton als solide Grundlage fuer einen stabilen Friedensvertrag. Im Suedwestfunk nannte es der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion notwendig, dass der Bundestag mit breiter Mehrheit den Bundeswehreinsatz innerhalb der Friedenstruppe billige. Das ist nach Worten Verheugens vor allem im Interesse der deutschen Soldaten erforderlich. Der SPD-Politiker kritisiert das Vorgehen der Regierung, die den Bundeswehreinsatz beschliesse und die Opposition vor vollendete Tatsachen stelle. Verheugen will wissen, welchen Auftrag die deutschen Soldaten in Bosnien erhalten. Wenn es nur um Schutz und Versorgung geht und ein Kampfauftrag eindeutig ausgeschlossen wird, stellt Verheugen die Zustimmung der SPD in Aussicht.


Neuer Versuch zur Regelung der Abgeordnetendiaeten

Bonn. Union und SPD im Bundestag haben einen gemeinsamen Plan vorgelegt, um die Diaeten der Abgeordneten zu erhoehen. Danach sollen die Bezuege in den kommenden 3 Jahren insgesamt um 2000DM angehoben werden. Zur Zeit bekommen die Parlamentarier knapp 10500DM. Eine entsprechende Aenderung des Diaetengesetzes soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Im Gegensatz zum urspruenglichen Vorschlag von Union und SPD, der im Bundesrat gescheitert war, sieht der neue Plan keine automatische Anpassung an die Besoldung der Bundesrichter vor. Der FDP-Abgeordnete Hirsch betont, seine Partei bleibe bei ihrem Vorschlag, eine unabhaengige Kommission zur Festlegung der Abgeordneten-Diaeten festzusetzen.


Prozess gegen Egon Krenz wird fortgesetzt

Berlin. Der Prozess gegen den letzten DDR-Staats- und Parteichef Krenz und fuenf weitere fruehere Politbueromitglieder wird fortgesetzt. Die 27. grosse Strafkammer des Berliner Landgerichts lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft ab, das Verfahren abzubrechen. Die Anklage hatte ihren Vorstoss damit begruendet, dass nach dem Ausscheiden des bisherigen vorsitzenden Richters Braeutigam kein Ergaenzungsrichter mehr zur Verfuegung steht und daher bei Krankheit eines amtierenden Richters die Hauptverhandlung zu platzen droht. In dem Beschluss der Kammer heisst es, dieses Risiko sei hinzunehmen.


Pessimistische Einschaetzung der Konjunkturaussichten

Bonn. Das Bundeswirtschaftsministerium schaetzt die Konjunkturaussichten pessimistisch. Wie es im Novemberbericht des Ministeriums heisst, kommt die Wirtschaft seit dem Sommer kaum noch voran. Vor allem fuer die Beschaeftigung werden die Aussichten als duester beschrieben. Die Arbeitslosigkeit nehme wieder zu und Besserung sei nicht in Sicht. Das Bundeswirtschaftsministerium hofft auf eine gewisse Konjunkturbelebung im kommenden Jahr.


Brandanschlaege gehen vermutlich zu Lasten der PKK

Dortmund. Die nordrhein-westfaelische Polizei vermutet, dass eine neue Serie von Brandanschlaegen auf das Konto der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK geht. Die Attentate richteten sich gegen tuerkische Geschaefte und Organisationen. Ausserdem war eine Polizeiwache Ziel eines Anschlags. Nach ersten Ermittlungen geht die Polizei davon aus, dass ein Zusammenhang mit dem zweiten Jahrestag des Verbots der PKK in Deutschland besteht. Die letzte Serie mit mehr als 50 Brandanschlaegen auf tuerkische Haeuser, Geschaefte oder Vereine hatte es Ende Juli gegeben.


Graf-Ausschuss erhebt keine Vorwuerfe gegen Lothar Spaeth

Stuttgart. Der Landtagsausschuss zur Untersuchung der Steueraffaire Graf erhebt keine Vorwuerfe gegen den frueheren baden-wuerttembergischen Ministerpraesidenten Spaeth. Bei der Zeugenvernehmung Spaeths sagte der Abgeordnete Buetigkofer von den Gruenen zu Spaeth, nach Durchsicht der Akten steht fuer mich fest, dass es keine Deckung durch sie gab. Peter Graf hatte von einem Angebot Spaeths fuer eine politische Loesung gesprochen. Das wies Spaeth vor dem Untersuchungsausschuss zurueck. In der Steueraffaire hat Peter und Steffi Grafs Steuerberater Eckhardt sein Schweigen gebrochen. Das gab die Staatsanwaltschaft Mannheim bekannt. Eckhardt sitzt seit Ende September in Untersuchungshaft.


Kritik am Solidaritaetszuschlag

Bonn. SPD und FDP haben die Absicht von Bundesfinanzminister Waigel kritisiert, den Solidaritaetszuschlag bis ins naechste Jahrtausend bestehen zu lassen. Damit haetten sich alle Versprechen Waigels als falsch erwiesen, erklaerte die SPD-Opposition im Bundestag. Der Generalsekretaer der mitregierenden FDP, Westerwelle, forderte, der Solidaritaetszuschlag entsprechend der Koalitionsvereinbarung bis 1998 abzuschaffen.


Haushaltshilfe fuer Eltern im Krankheitsfall eines Kindes

Wenn Eltern bei einem kranken Kind im Krankenhaus bleiben muessen, haben sie fuer diese Zeit ein Anrecht auf eine Haushaltshilfe, wenn ein anderes Kind juenger als 12 Jahre zu versorgen ist. Dies entschied das Bundessozialgericht in Kassel.


Rechtsradikale zuenden Autos an

Heidelberg. Im Rhein-Neckar-Kreis sind in der vergangenen Nacht mehrere Fahrzeuge von Angehoerigen der rechtsradikalen Szene angezuendet worden. Nach Angaben der Heidelberger Polizei entstand an den geparkten PKWs Sachschaden von insgesamt 14.000 DM. Die Autos gehoeren drei jungen Maennern, die sich vor dem Landgericht Heidelberg wegen Landfriedensbruchs und gefaehrlicher Koerperverletzung verantworten muessen. Sie sollen 1992 in eine Schlaegerei mit mehreren tuerkischen Jugendlichen in Eppelheim verwickelt gewesen sein. Wer die Brandanschlaege veruebt hat ist bisher nicht bekannt.


Quellen

HR 3    8:00 MEZ    20:00 MEZ
SWF 3    10:00 MEZ    12:00 MEZ    14:00 MEZ
SDR 3    9:00 MEZ    12:00 MEZ    24:00 MEZ
B5    17:30 MEZ