Beamte sollen sich an der Finanzierung ihrer Pensionen beteiligen |
Bundesinnenminister Kanther hat die Altersversorgung der Beamten auf den
Pruefstand gestellt. Damit die Pensionen in den naechsten Jahren nicht immer
mehr Geld kosten, hat Kanther den Rotstift gezueckt. In Bonn stellte er gleich
ein ganzes Massnahmenbuendel vor. Unter anderem sollen sich die
Staatsbediensteten kuenftig finanziell an ihrer Altersversorgung beteiligen,
spaeter in Pension gehen und weniger Zusatzleistungen wie etwa das
Weihnachtsgeld bekommen.
Mit diesen Vorschlaegen will Innenminister Kanther sicherstellen, dass die
Pensionen bezahlbar bleiben, ohne dass am Berufsbeamtentum geruettelt wird.
Oberstes Sparziel muesse es deswegen sein, "in diesem tauglichen System
Veraenderungen so anzubringen, dass die Effizienz steigt und die Kosten von
der ganzen Gesellschaft getragen werden koennen. Das ist die Aufgabe." Durch
die Eigenbeteiligung der Beamten am geplanten Pensionsfonds sollen ab dem
Jahr 2001 etwa 60 Milliarden DM zusammenkommen. Diese Rechnung geht nach
Ansicht Kanthers dann auf, wenn den Staatsdienern 15 Jahre lang jeden Monat
0.2 Prozent ihres Einkommens abgezogen werden. Eine Idee, die der deutsche
Beamtenbund auf keinen Fall mittragen werde, wie dessen Chef Geier bereits
angekuendigt hat. Der Deutsche Gewerkschaftsbund will an anderer Front gegen
Kanthers Plaene kaempfen und vor allem verhindern, dass das
Vorruhestandsalter fuer Beamte heraufgesetzt wird. Dabei muessen sich die
Gewerkschaften aber auch mit den Sozialdemokraten anlegen, den SPD-Chef
Lafontaine hat erklaert, dass er dafuer ist, Fruehpensionierungen
einzuschraenken. |
Erstmals Klage gegen Lohnkuerzung im Krankheitsfall |
Die Rechtsunsicherheit, die das Bonner Lohnfortzahlungsgesetz bewirkt hat,
soll jetzt auf gerichtlichem Weg behoben werden. In einem Fall bislang: Ein
Mitarbeiter des Mercedes-Werkes Rastatt klagt gegen die 80-prozentige
Lohnkuerzung bei Krankheit. Mercedes war der erste Konzern, der sich das
Bonner Gesetz zu eigen gemacht hat und die Lohnfortzahlung seit dem 1.10.
einschraenkt.
Eine Anwaltskanzlei aus Rastatt ist von einem Mitarbeiter des dortigen
Mercedes-Werkes mit der Klage beauftragt worden. Das Arbeitsgericht Karlsruhe
hat den Eingang der Klageschrift bestaetigt. Damit muss sich erstmals ein
Gericht mit der Frage beschaeftigen, ob die Lohnkuerzung auf 80 Prozent, wie
sie vom Daimler-Benz-Konzern und anderen Firmen praktiziert wird, rechtens
ist. Zu beruecksichtigen haben die Richter dabei den genauen Wortlaut des
badischen Metalltarifvertrages, der nach Auffassung der IG-Metall die volle
Lohnfortzahlung wasserdicht absichert. Zum anderen aber auch das seit dem
ersten Oktober geltende Lohnfortzahlungsgesetz aus Bonn, das eine Kuerzung
auf 80 Prozent vorsieht. Letztlich geht es um die Frage, ob in diesem Fall das
Gesetz oder der jeweilige Tarifvertrag Vorrang hat. In der ersten Instanz, wo
ein Richterspruch nach einigen Monaten zu erwarten ist, wird die Frage
sicherlich nicht endgueltig entschieden. Die Protestwelle, die die ohnehin
ueberlasteten Arbeitsgerichte jetzt fuerchten, wird - was Jahre dauern kann -
in ein hoechstrichterliches Urteil aus Kassel oder sogar aus Karlsruhe
einmuenden muessen, sofern sich die Tarifparteien nicht vorher miteinander
einigen. |
Biedenkopf appelliert an Tarifpartner |
Sachsens Ministerpraesident Biedenkopf hat an die Tarifpartner appelliert, im
Streit um die Lohnfortzahlung mehr Phantasie zu entwickeln. Im gegenwaertigen
Konflikt gehe es nicht um irgendwelche Kuerzungen, sondern um weniger
Aufwand fuer die Lohnfortzahlungen, sagte Biedenkopf der Leipziger
Volkszeitung. Dies lasse sich auch durch tarifliche oder betriebliche
Vereinbarungen ueber den Wegfall von Zuschlaegen erreichen. |
OETV beendet Bundeskongress in Stuttgart |
Die Gewerkschaft Oeffentliche Dienste, Transport und Verkehr schliesst heute
ihren Bundeskongress in Stuttgart ab. Eines der Hauptthemen des letzten Tages
waren die Finanzen. Die OETV will an ihrem Sparkurs festhalten, vor allem der
ausreichende Umfang der Streikkasse soll dadurch gesichert werden. Am fruehen
Abend war der Kongress aber entgegen den urspruenglichen Plaenen noch nicht
zu Ende. Die sorgfaeltige Regie der OETV-Fuehrung hatte eine Woche lang
hervorragend funktioniert, kurz vor Schluss des 13. Gewerkschaftstages probte
die Basis aber den Aufstand. Als das Praesidium kurz nach 16 Uhr vorschlug,
die noch ausstehenden Antraege an den Hauptvorstand zu ueberweisen und um 17
Uhr den Kongress zu beenden, forderten insbesondere Senioren und Delegierte
aus Ostdeutschland eine Verlaengerung der Debatte. In tumultartigen
Abstimmungen wurde dieser Vorschlag angenommen.
Die Angleichung der Arbeits- und Lebensverhaeltnisse in ganz Deutschland
bleibt nach den Worten des OETV-Vorsitzenden Mai wichtigstes politisches Ziel
der Gewerkschaft. In einer Zeit, in der Arbeitnehmern ein Sturm ins Gesicht
blase, habe die Gewerkschaft OETV ueber alle Meinungsverschiedenheiten hinweg
ihr Profil als Gegenmacht geschaerft, sagte Mai in seiner Abschlussrede. Dies
sei wichtig angesichts der, so woertlich, unheiligen Allianz zwischen
Regierung und Arbeitgeberverbaenden. Der wiedergewaehlte OETV-Chef betonte,
die Gewerkschaft werde die Lohnfortzahlung fuer Kranke entschlossen
verteidigen.
Zuvor hatten die Delegierten dem Konzept des Hauptvorstandes zur Sanierung
der Gewerkschaftskasse zugestimmt, das unter anderem Einsparungen durch
Personalabbau vorsieht. Weiter Entscheidungen des 13. Gewerkschaftstages
waren die Forderungen nach der 35-Stunden-Woche auch ohne Lohnausgleich und
eine sogenannte Jugendoffensive 2000, die den drastischen Rueckgang der
jugendlichen Mitglieder in der OETV aufhalten soll. |
Lafontaine kritisiert Bundesregierung |
Der SPD-Bundesvorsitzende Lafontaine hat der Bundesregierung vorgeworfen, die
Sorgen der Buerger vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg zu
instrumentalisieren. Die Interessenpolitik der Koalition basiere auf Angst
und gehe zu Lasten der Mehrheit der Bevoelkerung, kritisierte Lafontaine
heute in Berlin bei einer Tagung des Kulturforums der Sozialdemokraten. Die
anstehendne Aufgaben koennten nur durch eine Politik der Gerechtigkeit und
der internationalen Zusammenarbeit bewaeltigt werden. Lafontaine erneuerte
seine Forderung, die Arbeitnehmer am Kollektivvermoegen der Unternehmen zu
beteiligen. |
Gesetzentwurf zur Reform des Strafrechts |
Die Bundesregierung will das Strafrecht umfassend reformieren. Ein
Gesetzentwurf des Justizministeriums sieht vor, Gewalttaten wie Toetungen und
Koerperverletzungen kuenftig schaerfer, Eigentums- und Vermoegensdelikte
dagegen weniger hart zu bestrafen. Die Plaene haben eine hoechst kontroverse
Diskussion ausgeloest.
SPD-Rechtsexpertin Daeubler-Gmelin begruesst die Plaene des
Justizministeriums, die Strafrahmen nach dem Grundgesetz auszurichten.
Schliesslich stelle dieses den Schutz des Lebens ueber den des Eigentums.
Ihrer Ansicht nach reicht es aber nicht aus, den einen oder anderen
Strafrahmen anzuheben. Von Seiten der Gruenen hiess es, wenn Strafrahmen
korrigiert wuerden, muessten Eigentumsdelikte kuenftig deutlich milder
eingestuft werden. Genau dies trifft in Bayern auf harten Widerstand. Der
bayerische Justizminister warnt davor, das Strafniveau bei Vergehen wie
schwerem Raub oder raeuberischer Erpressung aufzuweichen. "Ich halte nichts
davon, dass man auf der einen Seite zurecht - dann wenn es um die
Integritaet einer Person geht - den Strafrahmen anhebt, aber andererseits bei
schwereren Eigentums- und Vermoegensdelikten wesentlich gnaediger sein
moechte. Wenn ich mir ueberlege, dass bei schwerem Raub oder bei schwerem
raeuberischem Diebstahl die Mindeststrafe nun gesenkt werden soll, dann ist
das ein Signal in die falsche Richtung." Was die Gewaltkriminalitaet
anbelangt, hat Bayern nach den Worten des bayerischen Justizministers im
Bundesrat schon vor vier Jahren eine Verschaerfung der Strafen verlangt. In
der Praxis, so erklaerte der Richterbund, habe die Strafrechtsreform laengst
stattgefunden. Die Richter nutzten die Spielraeume der Strafrahmen aus und
koennten so Koerperverletzungen haerter bestrafen als Eigentumsdelikte. |
Prozessbeginn im Zusammenhang mit Reemtsma-Entfuehrung |
Heute begann der erste Prozess im Zusammenhang mit der Entfuehrung des
Millionaers Jan Philipp Reemtsma. Vor dem Koelner Amtsgericht muss sich Lutz
Drach, der Bruder des mutmasslichen Drahtziehers der Reemtsma-Entfuehrung
wegen des Vorwurfs der Geldwaesche verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt
dem 35-jaehrigen zur Last, 27.000 Dollar aus dem Loesegeld der Entfuehrung
von seinem Bruder erhalten und von der Herkunft des Geldes gewusst zu haben.
Thomas Drach konnte bisher nicht gefasst werden.
Drach wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat
verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte nur auf versuchte Geldwaesche
plaediert und eine geringere Haftstrafe verlangt. Drachs Anwaelte wollen das
Urteil anfechten. |
Polizistin erschiesst Fluechtigen |
Bei einer Polizeikontrolle in Nuernberg ist ein Mann erschossen worden, als
er versuchte, zu fliehen. Die toedlichen Schuesse kamen aus der Pistole einer
Streifenbeamtin.
Kurz vor halb drei Uhr Nachmittags hatten zwei Beamte auf Streife bei einem
Routineeinsatz die Personalien zweier Maenner festgestellt. Ort des
Geschehens: der Stadtgraben am Handwerkerhof gegenueber dem Nuernberger
Hauptbahnhof. Ueber das, was dort weiter geschah erklaerte ein
Polizeipressesprecher: "Die Fahndungsabfrage ergab, dass einer der Maenner,
ein 28jaehriger Grieche, der in Nuernberg keinen Wohnsitz hat, mit Haftbefehl
zur Festnahme ausgeschrieben war. Im Rahmen der versuchten Festnahme ergriff
der 28jaehrige die Flucht. Dabei kam es zum Schusswaffengebrauch, durch den
der Mann toedlich verletzt wurde. Weitere Einzelheiten sind derzeit nicht
bekannt." Die Polizei will insbesondere keine Auskuenfte darueber geben, ob
der getoetete Grieche vor oder waehrend seier Flucht die Polizeibeamten
bedroht hat und ob er ueberhaupt bewaffnet war. Die 20jaehrige Beamtin, durch
deren Waffe der Fluechtige getoetet wurde, konnte bisher nicht vernommen
werden, da sie unter Schock steht. Der fuer heute Abend geplante Pressetermin
ist auf morgen frueh verschoben worden. Dass die Polizeiaktion in
Zusammenhang mit der Drogenbekaempfung steht, diese Vermutung hat sich bisher
nicht bestaetigt. |
Das Wetter |
Im Sueden, sowie in Sachsen und Thueringen heiter. Insgesamt zunehmend
bewoelkt aber trocken. In den anderen Gebieten von Nordwesten her Regen.
Hoechstwerte 12 bis 18 Grad. Tiefstwerte morgen frueh 10 bis 4 Grad. Schwacher
bis maessiger, in freien Lagen und an der Kueste starker Wind aus Sued bis
Suedwest. Die weiteren Aussichten: Morgen in Bayern, Thueringen und Sachsen
Regen. Im Norden und Westen wechselnd bewoelkt und weitgehend trocken. Am
Sonntag im Norden nach Nebelaufloesung sonnig, im Sueden bewoelkt und noch
etwas Regen. |
Quellen |
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