GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 14.12.1995



* Edzard Schmid-Jorzig soll neuer Bundesjustizminister werden
* Verhandlungen ueber Reform der oeffentlichen Verwaltungen abgebrochen
* Bundesbank senkt Leitzinsen
* Neues vom Plutoniumuntersuchungsausschuss
* Ex-Daimler-Finanzchef tot aufgefunden
* 580 DM-Jobs verstossen nicht gegen europaeisches Recht
* Prozess gegen Mielke geht moeglicherweise weiter
* Stasi-Funktionaere koennen nicht wegen Unterschlagung verurteilt werden
* Oberverwaltungsgericht entscheidet fuer "Zeugen Jehovas"
* Razzia gegen Menschenhandel in Baden-Wuerttemberg und Bayern
* Schnee und Glatteis behindern Verkehr in Baden-Wuerttemberg



Edzard Schmid-Jorzig soll neuer Bundesjustizminister werden

Nach dem Willen der FDP soll der Bundestagsabgeordnete Edzard Schmid-Jorzig (sp?) neuer Bundesjustizminister werden. Mit deutlicher Mehrheit nominierten der Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion der Liberalen den 54jaehrigen Jura-Professor. Schmid-Jorzig soll damit Nachfolger von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger werden, die am Nachmittag zurueckgetreten war. Der neue Chef im Justizministerium hat es binnen eines Jahres vom eher durch Zufall ins Parlament gerutschten Nachruecker zum Minister gebracht. Wolfgang Gerhard wie Schmid-Jorzig kam es zunaechst vor allem auf eines an. Gerhard: "Das ist kein Kurswechsel der FDP, das ist keine Richtungsdiskussion, das ist die simple Entscheidung einer eindeutigen Mehrheit von Mitgliedern, die ein moegliches Mittel des Rechtstaates, naemlich Wohnungen zur Verbrechensbekaempfung abhoeren zu koennen anders bewertet haben - was ja ersichtlich ist - als zwei Parteitagsbeschluesse der FDP. Wenn man eine FDP fuehren will, muss man dieses Ergebnis respektieren, denn es weist auch darauf hin, dass die bisherige Beschlusslage der FDP wohl nicht im richtigen Kontakt mit der ueberdeutlichen Mehrheit der Basisentscheidung der FDP steht." Der designierte neue Justizminister assistierte seinem Parteichef gleich mit dem ersten Satz in seiner ersten Pressekonferenz. "Die FDP ist und bleibt die liberale Rechtstaatspartei in Deutschland. Es hat keine Richtungsentscheidung gegeben und mit der Nachfolge von Edzard Schmid-Jorzig auf Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist nicht eine Richtungskorrektur verbunden. Alles andere ist eine glatte Fehleinschaetzung."


Verhandlungen ueber Reform der oeffentlichen Verwaltungen abgebrochen

Die Ministerpraesidenten der Laender haben die Verhandlungen mit der Bundesregierung ueber die Reform der oeffentlichen Verwaltungen abgebrochen. Grund sei die Verhaltensweise vom Bundesinnenminister Kanther, sagte die schleswig-holsteinische Ministerpraesidentin Simonis in Bonn. Kanther habe eine Bund-Laender-Gespraechsrunde kurzerhand abgesagt und dem Haushaltsausschuss des Bundestages Vorschlaege praesentiert, in denen die Laenderinteressen nicht beruecksichtigt wurden.


Bundesbank senkt Leitzinsen

Noch kurz vor Weihnachten hat die Bundesbank die Leitzinsen gesenkt und damit den Weg fuer billigere Kredite freigemacht. Lombard- und Diskontsatz wurden um jeweils einen halben Prozentpunkt herabgesetzt. Die Leitzinsen sind damit auf dem niedrigsten Stand seit Jahren. Die Bundesbanker verweisen zur Begruendung fuer den ueberraschend deutlichen Schritt jedoch nicht auf die schwache Konjunktur, sondern auf die Geldmenge. Diese sei nach leichter Ausdehnung im Sommer zuletzt wieder deutlicher schwaecher expandiert und gebe keine Inflationssignale. Den Retter der Konjunktur wollen die Frankfurter Waehrungshueter nicht spielen. Sie sehen die schwachen Wachstumszahlen der letzten drei Monate ohnehin nur als voruebergehende Delle an. Die heutige Zinssenkung durch die Bundesbank ist die dritte im laufenden Jahr. Der Diskontsatz hat jetzt den tiefsten Stand seit Juli 1988 erreicht. Die Deutsche Bundesbank hat heute nicht nur die Zinszuegel spuerbar gelockert, sie hat auch die Geldversorgung der Wirtschaft ausgweitet. Bisher durfte die umlaufende Geldmenge um vier bis sechs Prozent wachsen, im kommenden Jahr duerfen es sogar bis zu sieben Prozent sein. Ein Eingestaendnis, dass der stotternde Konjunkturmotor besser geschmiert werden muss. Inzwischen haben Bundesregierung, fuehrende Wirtschaftsvertreter und die Banken den Zinsschritt der Bundesbank begruesst. Das von der Bundesbank gesetzte Geldmengenziel, so liess Bundesfinanzminister Theo Waigel verkuenden, werde den monetaeren Anforderungen des Maastrichter Vertrages gerecht.


Neues vom Plutoniumuntersuchungsausschuss

Wer wusste in Bonn was vom Muenchner Plutoniumschmuggel. Moeglicherweise wird die Aussage des Geheimdienstkoordinators Schmidtbauer morgen mehr Klarheit bringen. Angeblich will er insbesondere die Vorwuerfe entkraeften, dass der Schmuggel des radioaktiven Materials vom Moskau nach Muenchen inszeniert wurde. Unterdessen hat heute der Praesident des Bundesnachrichtendienstes Porzner gegen den fruehren BND-V-Mann Raffa Strafanzeige erstattet. Es bestehe der Verdacht der uneidlichen Falschaussage vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss. Nach Einschaetzung des Vorsitzenden des Plutoniumuntersuchungsausschusses haben der Bundesnachrichtendienst und das bayerische Landeskriminalamt die Plutoniumschmuggler ermutigt, das waffenfaehige Nuklearmaterial am 10. August 1994 von Moskau nach Muenchen zu holen. Dies sei nach seinen Erkenntnissen schon jetzt ziemlich klar, sagte der CSU-Abgeordnete der deutschen Presseagentur. Der BND und das bayerische LKA haetten bei dem Fall kraeftig mitgemischt. Friedrich nahm heute ausdruecklich Kanzleramtsminister Bernd Schmidtbauer in Schutz. Die Akten, die dem Untersuchungsausschuss vorliegen, wuerden gegen den Geheimdienstkoordinator nichts hergeben. Die SPD-Opposition erhoehte heute den Druck auf den Kanzleramtsminister. Sie forderte staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Schmidtbauer und weitere Mitarbeiter des Kanzleramtes sowie der Nachrichtendienste.


Ex-Daimler-Finanzchef tot aufgefunden

Der fruehere Finanzchef der Daimler-Benz-AG, Gerhard Liener, ist in seiner Wohnung am Tegernsee tot aufgefunden worden. Dies hat die Polizei bereits bestaetigt. Der 63jaehrige soll Selbstmord begangen haben. Liener war von 1987 bis Mai 1995 Finanzchef des groessten deutschen Industrieunternehmens.


580 DM-Jobs verstossen nicht gegen europaeisches Recht

Luxemburg. Die bundesweit etwa 5 Millionen 580 DM-Jobs verstossen nicht gegen europaeisches Recht. Dies entschied der europaeische Gerichtshof in Luxemburg. Es sei auch kein Rechtsverstoss, wenn der Ausschluss der Geringverdiener von der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung deutlich mehr Frauen als Maenner trifft. Der Ausschluss sei durch soziale Erwaegungen gerechtfertigt, insbesondere den sonst drohenden Verlust von Teilzeitarbeitsplaetzen. Der europaeische Gerichtshof urteilte in zwei Verfahren, die die Sozialgerichte Hannover und Speyer vorgelegt hatten. Dabei war es um eine Klage von Putzfrauen gegangen.


Prozess gegen Mielke geht moeglicherweise weiter

Der Prozess gegen den frueheren Stasichef Mielke geht moeglicherweise doch weiter. Der 88jaehrige Mielke ist vor dem Berliner Landgericht wegen der Toetung von DDR-Fluechtlingen angeklagt. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes entschied heute, dass das Verfahren wieder aufgenommen werde, sobald sich der Gesundheitszustand des Angeklagten gebessert hat. Damit ist der BGH der Forderung des Bundesanwaltes gefolgt. Dieser hatte zuvor beantragt, das Urteil des Berliner Landgerichtes aufzuheben. Das hatte den Prozess gegen Erich Mielke im November 1994 wegen dauernder Verhandlungsunfaehigkeit eingestellt. Der angeschlagene Gesundheitszustand von Mielke koenne sich, so der Bundesanwalt heute, in Zukunft durchaus wieder bessern. Aus diesem Grund duerfe das Verfahren vorlaeufig eingestellt werden, um es gegebenenfalls spaeter fortfuehren zu koennen. Der Verteidiger Mielkes hatte den BGH dagegen aufgefordert, das Urteil des Landgerichtes zu bestaetigen. Damals hatte die 27. grosse Strafkammer unter dem vorsitzenden Richter Hans-Georg Braeutigam das Verfahren mit der Begruendung beendet, Mielke sei ein erschoepfter und gebrochener Mann und nicht mehr in der Lage, das ihm zur Last gelegte Geschehen der vergangenen dreissig Jahre zu ueberblicken. Gegen diese Entscheidung hatten Staatsanwaltschaft und Nebenklage Revision eingelegt. Frei kam Mielke allerdings nach der Einstellung des Verfahrens nicht. In einem anderen Prozess war er zuvor schon wegen des doppelten Polizistenmordes von 1931 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. In diesem Sommer wurde er nach fuenfeinhalb Jahren aus dem Gefaengnis entlassen.


Stasi-Funktionaere koennen nicht wegen Unterschlagung verurteilt werden

Karlsruhe. Stasi-Funktionaere, die zwischen 1984 und 1989 rund 32 Millionen DM aus Westpost fuer DDR-Buerger entnommen haben, koennen nicht wegen Unterschlagung verurteilt werden. Das hat der grosse Strafsenat des Bundesgerichtshofes entschieden. In der Begruendung heisst es, laut Gesetzestext sei Voraussetzung fuer eine Unterschlagung, dass ein Taeter sich das Geld zueignet. Die Beschuldigten haetten das Geld jedoch nicht behalten, sondern dem Staatshaushalt der DDR zugefuehrt. Diese Gesetzesluecke muss laut BGH hingenommen werden, weil der Wortlaut einer Strafvorschrift die Grenze der Auslegung bedeutet.


Oberverwaltungsgericht entscheidet fuer "Zeugen Jehovas"

Berlin. Die Religionsgemeinschaft "Zeugen Jehovas" hat Anspruch auf die Anerkennung als Koerperschaft des oeffentlichen Rechts. Das entschied das Oberverwaltungsgericht in Berlin. Die "Zeugen Jehovas" muessen damit mit den evangelischen und katholischen Kirchen gleichbehandelt werden. Die wegen ihr Praktiken umstrittene Glaubensgemeinschaft hat damit das Recht, unter anderem Kirchensteuer zu erheben.


Razzia gegen Menschenhandel in Baden-Wuerttemberg und Bayern

Kempten. Bei einer Polizeiaktion gegen Menschenhandel sind zwoelf Bordelle und acht Wohnungen in Baden-Wuerttemberg und Bayern durchsucht worden. 60 Menschen wurden festgenommen, darunter 52 Prostituierte aus osteuropaeischen Laendern, die illegal nach Deutschland eingeschleust worden seien.


Schnee und Glatteis behindern Verkehr in Baden-Wuerttemberg

Schnee- und Eisglaette haben am Morgen in Baden-Wuerttemberg wieder erhebliche Verkehrsbehinderungen verursacht. Bei leichtem Schneefall und Frosttemperaturen bis -12 Grad Celsius gab es viele Unfaelle mit Verletzten und einem Toten. Der schwerste Unfall ereignete sich in der Nacht im Raum Ravensburg, wo ein PKW wegen Glaette auf die Gegenfahrbahn geriet und mit einem entgegenkommenden Auto zusammenstiess.


Quellen

B5    8:30 MEZ    21:30 MEZ
Radio 7    9:00 MEZ    13:00 MEZ    17:00 MEZ
SDR 3    10:00 MEZ    12:00 MEZ    14:00 MEZ
DLF    9:00 MEZ    22:00 MEZ