Bundesbank sagt Aufschwung voraus |
Frankfurt. Nach dem Muenchener IFO-Institut fuer Wirtschaftsforschung hat
auch die Bundesbank der Konjunktur in Deutschland einen langanhaltenden
Aufschwung vorausgesagt. Das IFO-Institut hatte der deutschen Wirtschaft bis
ins Jahr 2000 jaehrliche Wachstumsraten von 2,5 % im Westen und von 8,5 % im
Osten vorhergesagt. Die Rezession sei trotz einiger Nachwehen weggesteckt.
Auf den Arbeitsmarkt wirke sich dies aber noch nicht aus: Obwohl bis zum Jahr
2000 etwa 1,7 Mio. Arbeitsplaetze neu geschaffen werden, werde ein hoher
Anteil von Menschen ohne Arbeit bleiben.
Nach Ansicht der Bundesbank leidet der Arbeitsmarkt unter tiefgreifenden
Funktionsstoerungen. Als Gruende werden unter anderem die hohen Loehne und
Lohnnebenkosten sowie mangelnde Mobilitaet und Qualifizierungsdefizite
genannt. |
SPD kritisiert Aeusserungen der Arbeitgeber |
Bonn. Die SPD hat die juengsten Vorstoesse der Arbeitgeber zur Tarifpolitik
scharf zurueckgewiesen. Parteichef Scharping sagte, damit sollten Kosten
einseitig auf die Arbeitnehmer abgewaelzt werden. Dem Arbeitgeberpraesident
Murmann warf Scharping vor, mit der Forderung nach regelmaessiger
Samstagsarbeit nur das Ziel zu verfolgen, die bisherigen Zusatzkosten dafuer
einzusparen. Mit den Vorschlaegen solle offensichtlich die gewachsene
Arbeitskultur in der Bundesrepublik beseitigt werden. Den Praesidenten
des Deutschen Industrie- und Handelstages, Stihl, forderte der
SPD-Vorsitzende zu mehr Zurueckhaltung auf. Die Mitgliedschaft im DIHT sei
nicht freiwillig und die Zwangsbeitraege der Unternehmen seien nicht zur
Finanzierung von Parteipolitik da. Stihl hatte unter anderem verlangt, die
Hoehe des Urlaubsgeldes von der Zahl der Krankheitstage abhaengig zu machen.
Auch Forschungsminister Ruettgers, CDU, kritisierte die Aeusserungen.
Der Vorsitzende der Sozialausschuesse der CDU, Eppelmann, erklaerte, die
Arbeitnehmer haetten schon in der Vergangenheit ihren Beitrag durch
Lohnverzicht und Arbeitslosigkeit getragen. Der Vorschlag verhaerte die
Fronten, anstatt sie aufzubrechen.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Kefer kuendigte an, dass die
Gewerkschaften zu Streiks aufrufen wuerden, sollten diese Vorschlaege
verwirklicht werden. |
Scharping bestreitet Zustimmung zu "Tornado"-Einsaetzen |
Bonn. SPD-Chef Scharping hat klargestellt, dass er der Bundesregierung keine
Zustimmung zum Einsatz von deutschen "Tornado"-Kampfflugzeugen in Bosnien
signalisiert habe. Scharping sagte, die SPD trete zwar dafuer ein, dass
humanitaere Einsaetze im Kriegsgebiet geschuetzt wuerden, auf welche Weise
dies aber notwendig und sinnvoll sei, muesse aber noch geklaert werden. Der
SPD-Chef betonte, gegenwaertig stehe auch aus der Sicht der NATO nur eine
allgemeine Bereitschaftserklaerung der Bundesregierung zur Debatte, sich an
den Planungen fuer einen moeglichen Rueckzug der UN-Truppen aus Bosnien zu
beteiligen. Wenn die Koalition hierueber hinausgehen wolle, dann muesse sie
ihre Beweggruende dafuer offenlegen. Er fuegte hinzu, die Koalition blase
sich auf wegen der moeglichen Entsendung von "Tornado"-Kampfflugzeugen.
Stattdessen muesse sie durch entsprechende Kontakte mit den USA einen Beitrag
dazu leisten, dass das Waffenembargo gegen Bosnien nicht aufgehoben werde. |
Regierung offenbar zu Hilfe bei Blauhelmabzug bereit |
Bonn. Die Bundesregierung ist offenbar grundsaetzlich bereit, im Falle eines
Abzugs der UN-Truppen aus Bosnien militaerische Hilfe zu leisten. Das
beschloss nach Angaben aus Regierungskreisen das Bundeskabinett am Abend. Die
Bundeswehr werde voraussichtlich acht "Tornado"-Kampfflugzeuge, etwa zehn
Transall-Maschinen, ein Minensuchgeschwader und Schnellboote zur Verfuegung
stellen. Ausserdem solle in Kroatien ein Feldlazarett errichtet werden.
Kanzleramtsminister Bohl sagte nach der Kabinettssitzung, Deutschland duerfe
seine Partner in einer solchen Situation nicht im Stich lassen. Morgen sollen
die Bundestagsausschuesse fuer Auswaertiges und Verteidigung informiert
werden; danach sollen Einzelheiten erlaeutert werden.
Ueber den Einsatz von "Tornados" zum Schutz der Hilfsfluege nach Bosnien soll
erst im Januar entschieden werden. |
Post-Aktiengesellschaften gegruendet |
Koeln. Die groesste Privatisierung in der Geschichte der Bundesrepublik ist
heute offiziell eingeleitet worden. In Koeln wurden die drei neuen
Post-Aktiengesellschaften gegruendet, und zwar die Deutsche Post AG, die
Deutsche Postbank AG und die Deutsche Telekom AG. Postminister Boetsch
aeusserte sich nach der nichtoeffentlichen Gruendungssitzung zuversichtlich,
dass sich die Postunternehmen in einem weiter liberalisierten Umfeld gut
behaupten wuerden. |
"Swatch-Auto" wird in Lothringen gebaut |
Stuttgart. Der Kleinwagen "Swatch-Mobil" von Mercedes-Benz und dem Schweizer
Unternehmer Hayek wird in Frankreich produziert. Der Vorstand der
Daimler-Benz AG beschloss, die Fabrik fuer den Zweisitzer im lothringischen
Hambach zu errichten. Als Gruende wurden unter anderem das guenstigere
Lohnkostenniveau und die gute logistische Lage genannt. Die Investitionen
belaufen sich auf 750 Mio. DM. Mit dem Bau der Fabrik soll im Sommer 1995
begonnen werden. Um den Standort hatten sich ueber 70 Laender und Regionen
beworben. Die Verlagerung der Produktion des "Swatch-Autos" nach Frankreich
hatten zahlreiche fuehrende Politiker, unter ihnen Bundeskanzler Kohl und
Unions-Fraktionschef Schaeuble, verhindern wollen.
Insgesamt sollen durch den Bau etwa 9.000 Arbeitsplaetze entstehen, davon
aber nur etwa 1.700 in dem Werk selbst. Die meisten Arbeitsplaetze in der
Zulieferindustrie sollen auf deutsche Standorte entfallen.
Die Entscheidung ist in Deutschland scharf kritisiert worden. Der
baden-wuerttembergische Ministerpraesident Teufel und und der Praesident des
DIHT, Stihl, bezeichneten die Entscheidung als Alarmsignal. Der Vorsitzende
der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Bregger (sp?), sprach von einem
nationalen Skandal. Auch der baden-wuerttembergische Wirtschaftsminister
Spoehri bedauerte die Entscheidung, warnte aber vor einer "Standortpsychose".
Der Betriebsrat von Daimler-Benz hatte schon letzte Woche angesichts der sich
abzeichnenden Niederlage des Standortes Lahr, der sich ebenfalls beworben
hatte, von einem verheerenden Signal fuer den Standort Deutschland gesprochen. |
Lotto-Jackpot geht an Tippgemeinschaft |
Wiesbaden. Der Lotto-Jackpot in Hoehe von 20,4 Mio. DM geht an eine
Tippgemeinschaft im Rhein-Main-Gebiet. Die vier Teilnehmer wollen anonym
bleiben. |
Bayern schafft Buss- und Bettag als gesetzlichen Feiertag ab |
Muenchen. Mit grosser Mehrheit hat der Bayerische Senat der Umwandlung des
Buss- und Bettages von einem gesetzlichen in einen staatlich geschuetzten
Feiertag zugestimmt. Damit kann die vom Landtag beschlossene Aenderung des
Feiertagsgesetzes am 1. Januar in Kraft treten. |
Teuerung in Bayern stabil |
Muenchen. In Bayern ist die Teuerungsrate im Dezember stabil geblieben. Wie
schon im November stiegen die Lebenshaltungskosten gegenueber dem
Vorjahresmonat um 2,6 % an. |
Erste starke Scheefaelle im Alpenvorland und im Bayerischen Wald |
Muenchen. Kurz vor dem kalendarischen Winteranfang zeigen sich das
Alpenvorland und die Hoehenlagen des Bayerischen Waldes jahreszeitlich. Von
dort wurden teils heftige Schneefaelle gemeldet. Am heftigsten schneite es im
Allgaeu. In den Wintersportorten dort liegt erstmals in dieser Saison eine
geschlossene stabile Schneedecke, die sich in der Nacht um bis zu 20 cm
erhoehte. |
Boerse: uneinheitlich, aber stabil |
Die Boerse tendierte uneinheitlich bei geringen Umsaetzen, da externe Impulse fehlten. DAX 2.080 (+ 4) Umlaufrendite 7,43 % (+ 0,03 %) US-$ 1,5729 DM , NY 20.30 MEZ: 1,5707 DM |
Kommentar: Das Kreuz des Kosten-Weltmeisters |
Auszuege aus dem Leitartikel der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom
20.12.1994:
Die Einstimmung auf das Weihnachtsfest will in diesem Jahr gar nicht so recht
gelingen. In Kaufhaeusern und Fachgeschaeften hat die Zurueckhaltung der
Kunden die Vorfreude ganz gehoerig getruebt. (...) Die widerspenstigen
Verbraucher wiederum sehen sich beinahe taeglich mit Vorstellungen
konfrontiert, die an ehernen Besitzstaenden ruetteln. Dabei gehoert die
juengst geaeusserte Forderung des Arbeitgeber-Praesidenten Klaus Murmann, der
Samstag muesse wieder staerker in die Produktionswoche mit einbezogen werden,
eher zu den kleineren Kalibern. (...)
Wer die sozialen Demontage-Absichten in dieser Massierung vor Augen hat, der
muss annehmen, dass die Existenz des Wirtschafts-Standortes Deutschland akut
gefaehrdet ist. Dies freilich steht im krassen Widerspruch zu den positiven
Konjunkturprognosen, die einmuetig einen sich verstaerkenden Aufschwung
registrieren, der sich zudem ueber Jahre erstrecken und eine nicht
unerhebliche Zahl neuer Arbeitsplaetze schaffen wird. (...)
Freilich sollten die Umstaende nicht den Blick fuer das Wesentliche
verstellen, was in der Tat bei wieder besser laufender Konjunktur ins
Hintertreffen zu geraten droht.
Das aber heisst, dass die deutsche Wirtschaft ihre Strukturschwaechen noch
nicht bereinigt hat, wenngleich sie auf dem Weg dorthin in der Rezession ein
gutes Stueck vorangekommen ist. Und das Rezept dafuer lautet schlicht: Weil
die Arbeit in Deutschland teurer ist als sonst nirgendwo auf der Welt, muessen
die Unternehmen, um wettbewerbsfaehig zu bleiben, die Arbeitskraft so
produktiv wie irgend moeglich einsetzen.
Was aber schlimmer ist: Die Tatsache, dass die deutschen Loehne Weltspitze
sind, zwingt die im internationalen Konkurrenzkampf stehende Wirtschaft,
Arbeitskraefte so sparsam wie moeglich einzusetzen. Dieses Bemuehen hat uns
bis heute vier Millionen offen ausgewiesene und weitere zwei Millionen
verkappte Arbeitslose eingebracht und dazu gefuehrt, dass selbst in diesem
Jahr, in dem die Wirtschaft um gut zweieinhalb Prozent waechst, die
Beschaeftigung weiter abgenommen hat. (...)
Dass in einer solchen Situation nicht alle in den Jahrzehnten des Aufbluehens
erworbenen Besitzstaende unangetastet bleiben koennen, ist eigentlich
selbstverstaendlich. Typisch erscheint unter diesen Aspekten die Diskussion
um das sogenannte Swatch-Auto. Als Mercedes kuerzlich erklaerte, man habe
sich fuer einen Produktionsstandort in Lothringen entschieden, erhob sich ein
Sturm um den geplanten "Landesverrat". (...)
Gerade bei dem relativ guenstigen Swatch-Auto zaehlt jeder Pfennig in der
Produktion. (...)
Der Sturm auf die Wohlstandsfestungen in Europa hat begonnen. Die
Abwehr-Waffen der Belagerten sind Hochtechnologie und Hoeherqualifizierung,
aber auch Flexibililaet und eine gewisse Bereitschaft, auf Besitzstaende zu
verzichten. |
Quellen |
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