GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 30.12.1995



* Neujahrsansprache von Bundeskanzler Kohl
* Lafontaine fordert erneut nationalen Beschaeftigungspakt
* Stolpe sieht Notwendigkeit fuer Solidaritaetszuschlag bis ins Jahr 2000
* DAG fordert Buendis fuer den Sozialstaat
* Telekombeitrag zum Regierungsumzug
* Therapeutin des Heidemoerders verhaftet
* Mehr Verbrechen im Norden Deutschlands
* Heiner Mueller gestorben
* Walter Killi gestorben
* Brand in Stuttgart zerstoert Kulissen des Staatstheaters
* Brand in Koblenz fordert drei Menschenleben
* Bose-Einstein-Kondensat "Molekuel des Jahres"
* Eisregen legt Verkehr lahm
* Jens Weissflog Zweiter in Oberstdorf
* In eigener Sache



Neujahrsansprache von Bundeskanzler Kohl

Die Bundesregierung wird im kommenden Jahr verstaerkte Anstrengungen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit unternehmen. Das ist die zentrale Botschaft der Neujahrsansprache von Bundeskanzler Kohl. In dem vorab veroeffentlichten Manuskript heisst es, die Regierung bereite fuer den Beginn des kommenden Jahres ein Aktionsprogramm fuer mehr Wachstum und Beschaeftigung vor. Auch Bayerns Ministerpraesident Stoiber ruft in seiner Ansprache zu gemeinsamen Bemuehungen auf, um die Beschaeftigungsflaute zu ueberwinden. Bei der Beschaeftigungskrise, sagt Bundeskanzler Kohl in seiner Ansprache, sei noch kein Durchbruch erreicht. Um bestehende Arbeitsplaetze zu erhalten und neue zu schaffen muessten Arbeitgeber, Gewerkschaften und Politiker gemeinsam handeln. Beim Rueckblick auf fuenf Jahre deutsche Einheit raeumt Kohl ein, dass sich auch 1995 nicht alle Erwartungen erfuellt haetten. Dennoch blickten viele Laender mit Achtung auf Deutschland und bewunderten die wirtschaftliche und politische Stabilitaet. Der bekennende Europaer Kohl wirbt in seiner Ansprache abermals fuer ein vereintes Europa, um Frieden und Freiheit zu bewahren, auch um dem Wort seiner Mitglieder Gewicht zu verschaffen in der Welt. Einen besonderen Gruss richtet Kohl an die deutschen Soldaten auf dem Balkan. Ihr Einsatz sei Dienst am Frieden. Zugleich dankte er allen, die sich fuer die Menschen im frueheren Jugoslawien engagiert haben. Der bayerische Ministerpraesident mahnte in seiner Ansprache grundlegende Kurskorrekturen an und fordert einen parteien- und gruppenuebergreifenden Konsens. Noch im Januar hole die Landesregierung Gewerkschaften und Arbeitgeber in Bayern an einen Tisch, in dem Bestreben, Stellen zu schaffen.


Lafontaine fordert erneut nationalen Beschaeftigungspakt

SPD-Chef Lafontaine hat erneut einen nationalen Beschaeftigungspakt verlangt. Beharrlich und mit Nachdruck wollten die Sozialdemokraten im neuen Jahr die Schaffung und die Sicherung von Arbeitsplaetzen einfordern, kuendigte Lafontain in der Zeitung "Welt am Sonntag" an. Die Prognosen fuer Konjunktur und Arbeitsmarkt machten ihm Sorgen, betonte der saarlaendische Ministerpraesident. Die Gewerkschaften haetten mit der Initiative "Buendnis fuer Arbeit" ihren Teil getan. Jetzt muessten Bundesregierung und Wirtschaft handeln, sonst steige die Erwerbslosigkeit weiter. Lafontaine setzte sich ausserdem dafuer ein, der Jugend genuegend Ausbildungsplaetze zur Verfuegung zu stellen.


Stolpe sieht Notwendigkeit fuer Solidaritaetszuschlag bis ins Jahr 2000

Der brandenburgische Ministerpraesident Stolpe geht davon aus, dass der Solidaritaetszuschlag noch bis zum Jahr 2000 gebraucht wird. Seine Partei sei jedoch bereit, sich der Diskussion ueber einen frueheren Abbau zu stellen, sagte der SPD-Politker dem "Berliner Kurier". Auch der Vorsitzende der CDU-Sozialausschuesse, Eppelmann, sprach sich gegen eine schnelle Abschaffung des Zuschlages aus. Wichtig sei nun eine schnelle Entlastung der Beitragszahler erklaerte er der Koelner Zeitung "Express". Die FDP hat dagegen gefordert, den Soliadaritaetszuschlag schon 1997 abzubauen.


DAG fordert Buendis fuer den Sozialstaat

Hamburg. Die Deutsche Angestelltengewerkschaft DAG hat Kirchen, Sozialverbaende und Gewerkschaften zu einem Buendnis fuer den Sozialstaat aufgerufen. Nach Ansicht von DAG-Bundesvorstand Freitag muesse im neuen Jahr eine soziale Gegenmacht zum Schutz des Sozialsystems organisiert werden. Es sei unvereinbar mit dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes, dass die Reichen immer reicher, die sozial Schwachen aber ausgegrenzt werden.


Telekombeitrag zum Regierungsumzug

Die Telekom will kuenftig fuer Telefongespraeche zwischen Berlin und Bonn weniger Gebuehren fordern. In einem Zeitungsinterview sagte ein Telekomsprecher, dass mit der Gebuehrenaenderung zum ersten Januar die Verbindungen zwischen den beiden Staedten in eine guenstige Regionalzone eingestuft wuerden. Dies sei der Beitrag der Telekom zum Thema Regierungsumzug.


Therapeutin des Heidemoerders verhaftet

Die Hamburger Polizei hat die Therapeutin des als Heidemoerders bekannten Thomas Holzt verhaftet. Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Frau dem wegen dreifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Holzt Ende September geholfen habe, aus dem Krankenhaus Ochsenzoll zu fliehen, sagte ein Polizeisprecher heute.


Mehr Verbrechen im Norden Deutschlands

Freiburg. In Norddeutschland werden mehr Verbrechen veruebt als im Sueden. Das ergab eine Studie der Forschungsgruppe Kriminologie am Freiburger Max-Planck-Institut. Am schlimmsten betroffen ist demnach Schleswig-Holstein. Dort wurde der Studie zufolge in den zehn Jahren bis 1994 jeder fuenfte Einwohner Opfer eines Diebstahles, eines Raubs oder eines taetlichen Angriffs. Am anderen Ende des Nord-Sued-Gefaelles liegt Baden-Wuerttemberg wo weniger als jeder zwoelfte Einwohner betroffen war. Professor Kuri (sp?), unter dessen Verantwortung die Studie erschien, erklaerte in der Welt am Sonntag, dass Ergebnis zeige, wie sehr die Kriminalitaetsbelastung der einzelnen Laender von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Komponenten abhaengig sei.


Heiner Mueller gestorben

Berlin. Der Autor und Regisseur Heiner Mueller ist im Alter von 66 Jahren gestorben. Der Dramatiker und Regisseur, der heute nachmittag kurz vor seinem 67. Geburtstag starb, hat den Theaterfreunden mit seinen Stuecken und Inszenierungen viel zugemutet, er war im urspruenglichsten Wortsinne umstritten. Aber - es ist ihm auch immer wieder gelungen, die Bewunderung seines Publikums und grosses Lob der Kritik zu gewinnen. Zuletzt mit seiner Inszenierung des Brecht-Stueckes "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" am Berliner Ensemble, dessen Kointendant er seit Maerz 1992 war. Das dramatische Werk Heiner Muellers, das etwa 30 Stuecke umfasst war mit den Erfahrungen des Nationalsozialismus und dem Aufbau des Sozialismus der DDR gepraegt. Nach der Wende in Deutschland wurde Mueller als informeller Mitarbeiter der Stasi enttarnt, er gab das zu, weitergehende Verdaechtigungen bestaetigten sich jedoch nicht. Mueller gehoerte zu den meistgespielten Gegenwartsautoren in Deutschland, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Preise. Er starb, wie das Berliner Ensemble heute mitteilte, an einem Krebsleiden.


Walter Killi gestorben

Im Alter von 78 Jahren ist in der Nordseeklinik in Westerland auf Sylt der Literaturwissenschaftler Walter Killi gestorben. Er gehoerte zu den fuehrenden Germanisten der Nachkriegszeit. Mit Killis Standardwerken und Lexika haben Generationen von Germanistikstudenten gearbeitet.


Brand in Stuttgart zerstoert Kulissen des Staatstheaters

Stuttgart. Bei dem Brand einer Lagerhalle in Stuttgart Hedelfingen sind in der vergangenen Nacht zahlreiche Kulissen des Staatstheaters zerstoert worden. Nach Angaben der Feuerwehr stand die Halle gegen Mitternacht vollstaendig in Flammen. Die Brandursache ist noch unklar. Der Sachschaden betraegt mindestens eine Million DM.


Brand in Koblenz fordert drei Menschenleben

Bei einem Feuer in einer Wohnsiedlung in Koblenz sind in der Nacht drei Kinder im Alter zwischen zwei und zehn Jahren ums Leben gekommen. Nach Angaben der Feuerwehr erstickten sie in einer verqualmten Wohnung im viertem Obergeschoss einer ehemaligen Kaserne. Nach den bisherigen Ermittlungen war das Feuer zwei Stockwerke tiefer ausgebrochen. DAs Treppenhaus konnte wegen der starken Rauchentwicklung zunaechst nicht als Fluchtweg genutzt werden. Nach Eintreffen der Feuerwehr wurden 20 Hausbewohner mit Hilfe von Atemschutzgeraeten in Sicherheit gebracht. Die Brandursache steht noch nicht fest.


Bose-Einstein-Kondensat "Molekuel des Jahres"

Zum Molekuel des Jahres 1995 waehlte die amerikanische Gesellschaft zur Foerderung der Wissenschaft das sogenannte Bose-Einstein-Kondensat. Das Bose-Einstein-Kondensat ist eigentlich gar kein Molekuel, sondern ein Zustand der Materie, in dem die Atome voellig ihren individuellen Charakter verlieren und eine einzige Teilchenwelle bilden. Ein derartiges Gebilde hatten Albert Einstein und der indische Physiker Bose bereits 1924 vorausgesagt. Der experimentelle Nachweis gelang aber erst in diesem Jahr und zwar einem Team um Eric Cornell vom National Institute of Standards and Technologie in Boulder, Colorado. Die Forscher kuehlten mit Hilfe eines Lasers Rubidiumgas so stark ab, dass die Atome fuer kurze Zeit zu dieser ungewoehnlichen quantenmechanischen Einheit verschmolzen.


Eisregen legt Verkehr lahm

Stuttgart. Eisregen und ueberfrierende Naesse haben am Abend in weiten Teilen Baden-Wuerttembergs den Verkehr zum Erliegen gebracht. Die Rettungsdienste sind im Dauereinsatz. Im Raum Stuttgart, im Bereich Heidelberg-Mannheim und im Raum Karlsruhe kam es nach Angaben der Polizei zu zahlreichen Verkehrsunfaellen, die jedoch meist glimpflich verliefen. Fuenf Personen wurden leicht verletzt. Bereits am Nachmittag war der Verkehr im Saarland, in Hessen und in Rheinland-Pfalz zusammengebrochen. Bis morgen frueh muss weiterhin mit eisglatten Fahrbahnen gerechnet werden.


Jens Weissflog Zweiter in Oberstdorf

Beim Auftaktspringen zur internationalen Vier-Schanzen-Tournee auf der Schattenbergschanze in Oberstdorf vor 30.000 begeisterten Besucheren erkaempfte Jens Weissflog sich den zweiten Platz hinter dem Finnen Mika Leitinnen. Insgesamt erreichten acht deutsche Springer das Finale. Christoph Dufner erreichte Platz 7, Dieter Thoma Platz 12.


In eigener Sache

Bei der gestern von den Radiostationen (und somit auch von GermNews) gemeldeten Sperrung von 200 CompuServe-Accounts handelt es sich in Wirklichkeit um die Sperrung von 200 Newsgruppen.


Quellen

SDR 3    10:00 MEZ    15:00 MEZ    15:30 MEZ    19:00 MEZ
B5    10:30 MEZ    12:30 MEZ
DLF    11:00 MEZ    17:00 MEZ
Radio 7    12:00 MEZ
Antenne Bayern    13:00 MEZ