GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 16.09.1995



* Carsten Vogt will nicht mehr in den Parteivorstand
* SPD BaWue waehlt Landtagswahlsspitzenkandidaten
* Scharping kritisiert Kritiker
* Zoepel zieht sich von Parteiaemtern zurueck
* Fluechtlingskomissarin der UNO in Bonn zum Fall der Sudanesen
* Katholisches Kirchenvolksbegehren laeuft
* Frau Sitte nimmt zu Vorwuerfen Stellung
* Buendnis 90/ Die Gruenen fordert Freigabe von Protestierern und Schiffen
* Anti-Atomtestdemo in Heidelberg
* Deutschland foerdert Heimkehr von vietnamesischen Gastarbeitern
* Berichte von Festnahme von Abgeschobenen im Sudan dementiert
* Kinder leiden an Arbeitslosigkeit der Eltern



Carsten Vogt will nicht mehr in den Parteivorstand

Der aussenpolitische Experte der SPD, Carsten Vogt, wird auf dem Bundesparteitag im November in Mannheim nicht mehr fuer den Parteivorstand kandidieren. Im Parteivorstand faende Aussenpolitik nicht mehr statt, sagte Vogt im Westdeutschen Rundfunk. Das gelte allerdings nicht fuer die Arbeit der Bundestagsfraktion. Deren aussenpolitischer Sprecher will Vogt auch nach dem Parteitag bleiben. Erst Anfang der Woche hatte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Jens, seinen Ruecktritt erklaert.


SPD BaWue waehlt Landtagswahlsspitzenkandidaten

Die SPD in Baden-Wuerttemberg hat Walter Spoeri zum dritten Mal in Folge als Spitzenkandidaten fuer die Landtagswahl nominiert. Auf dem Parteitag in Pforzheim erhielt der baden-wuerttembergische Wirtschaftsminister 294 von 300 abgegebenen Stimmen. Die Wahl Spoeris galt als sicher, nachdem SPD-Landeschef Maurer nach langem Tauziehen im Mai auf eine Kandidatur verzichtet hatte. Maurer wurde gestern in seinem Amt als baden-wuerttembergischer SPD-Chef bestaetigt. Der neue stuttgarter Landtag wird am 24. Maerz gewaehlt. Nach Meinungsumfragen kann die SPD mit annaehernd 32% der Stimmen rechnen, der Koalitionspartner CDU mit 44%.


Scharping kritisiert Kritiker

Der SPD-Vorsitzende Scharping wehrt sich gegen Kritik an der SPD-Wirtschaftspolitik. Auf einer Parteiveranstaltung in Bottrop sagte Scharping, wer innerhalb der SPD sage, es gaebe keine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik mehr, der verwechsle Wirtschaftspolitik mit Branchen- und Industriepolitik. Die Spitze der Partei sei dazu da, auf die Abloesung der Regierung hinzuarbeiten und nicht, um eitle Wettkaempfe untereinander zu fuehren.


Zoepel zieht sich von Parteiaemtern zurueck

Mit einer Ueberraschung wartete Dittrich Zoepel bei dem bottropper Bezirksparteitag westliches Westfalen auf. Zoepel erklaerte, er wolle nicht mehr stellvertretender Vorsitzender der nordrhein-westfaelischen SPD sein, und auch nicht mehr dem Bezirksvorstand der SPD westfaelisches Westfalen angehoeren. Der Rucktritt wird in etwa anderthalb Jahren wirksam. Zoepel, ein Gegner des Braunkohletagebaus in Garzweiler, sagte, er scheide nicht wegen Garzweiler aus. Vielmehr seien es die gestoerten Kommunikationsbedingungen innerhalb der Partei.


Fluechtlingskomissarin der UNO in Bonn zum Fall der Sudanesen

Die Fluechtlingskommissarin der Vereinten Nationen in Bonn, Judith Kunin, mahnt zu einer sachlichen Diskussion des Themas Asyl. Im Westdeutschen Rundfunk sagte sie, es sei bedauerlich, dass haeufig nur Einzelfaelle im Mittelpunkt stuenden, wie jetzt zB die Abschiebung der 7 Sudanesen. Verglichen mit anderen Laendern sei das Asylverfahren in der Bundesrepublik eigentlich vorbildlich. Aber auch in solchen Verfahren koenne es zu Fehlentscheidungen kommen. Die rechtlichen Voraussetzungen fuer ein faires Verfahren seien in Deutschland jedenfalls gegeben. Im Fall der Sudanesen, so meinte die UNO-Fluechtlingskommissarin, koenne man ueber die konkrete Entscheidung streiten, denn die Menschenrechtslage im Sudan sei sehr duester.


Katholisches Kirchenvolksbegehren laeuft

In der katholischen Kirche hat am Vormittag das sogenannte Kirchenvolksbegehren begonnen. Mit ihrer Unterschrift sollen die Katholiken in Deutschland unter anderem ueber die Ehelosigkeit der Pfarrer, den Zugang von Frauen zum Priesteramt und mehr Mitspracherechte fuer Laien abstimmen. Bischoefe und katholische Organisationen haben die Unterschriftenaktion kritisiert. Vielerorts duerfen die Listen nicht ausgelegt werden. Die Organisatoren hoffen, dass sich bis Mitte November 2,5 Millionen von insgesamt 28 Millionen deutschen Katholiken an dem Begehren beteiligen.


Frau Sitte nimmt zu Vorwuerfen Stellung

Mit einer traenenreichen Erklaerung begann in Magdeburg der PDS von Sachsen-Anhalt. Die Vorsitzende der Landtagsfraktion, Petra Sitte, aeusserte sich zu dem Vorwurf des Ladendiebstahls. Die 34jaehrige sagte, sie habe in einem Drogeriegeschaeft ohne Vorsatz einen Kosmetikstift zusammen mit persoenlichen Kosmetikgegenstaenden eingesteckt, jedoch aus Versehen, und nicht mit der Absicht zu stehlen. Des politischen Schadens sei sie sich bewusst und bereit, gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Sie will am Dienstag in der Fraktion die Vertrauensfrage stellen.


Buendnis 90/ Die Gruenen fordert Freigabe von Protestierern und Schiffen

Der Laenderrat von Buendnis 90/ Die Gruenen hat Frankreich aufgefordert, die im Suedpazifik festgenommenen Atomkraftgegner freizulassen und die beiden Greenpeaceschiffe herauszugeben. Auf der Laenderratssitzung in Berlin wurde eine Resolution verabschiedet, in der die Buendnisgruenen von Frankreich verlangen, die Atombombenversuche einzustellen. Der franzoesischen Regierung wird koloniale Arroganz vorgeworfen.


Anti-Atomtestdemo in Heidelberg

Gegen die franzoesischen Atomtests im Suedpazifik haben in Heidelberg rund 1500 Menschen demonstriert. Zu der friedlichen Demonstration hatte das heidelberger Aktionsbuendnis Atomteststop aufgerufen. Es forderte auch die Chinesen auf, ihre Atomwaffentests einzustellen.


Deutschland foerdert Heimkehr von vietnamesischen Gastarbeitern

Deutschland und Vietnam haben in Hanoi Hilfen fuer heimkehrende Vietnamesen vereinbart. Es handelt sich zunaechst um 16 Millionen DM, die Rueckkehrern zur Verfuegung gestellt werden, um sich eine eigene wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Deutschland und Vietnam zahlen jeweils die Haelfte. Wie die kommunistische Parteizeitung in Hanoi berichtet, wurde das Abkommen von Vertretern des Arbeit- und Sozialministeriums und der deutschen Botschaft unterzeichnet. Der Geldbetrag ist Teil eines Pakets von insgesamt 200 Millionen DM, die die Regierung in Bonn zugesagt hat. zuvor hatte sich im Juni Vietnam bereiterklaert, die etwa 40000 Vietnamesen wieder aufzunehmen, die als Gastarbeiter in die DDR gekommen waren.


Berichte von Festnahme von Abgeschobenen im Sudan dementiert

Zwei der sieben aus Deutschland abgeschobenen Sudanesen sollen direkt auf dem Flughafen bei ihrer Rueckkehr von den Behoerden festgenommen worden sein. Das berichtete der Generalsekretaer des Verbandes arabischer Rechtsanwaelte, Faruk abu-Hissa (sp?) in Berlin. Auf einer Tagung der Organisation fuer Menschenrechte in den arabischen Staaten sagte er, ihm liege ein entsprechender Bericht aus zuverlaessiger Quelle vor. Die beiden Festgenommenen seien in der Oppositionsbewegung ihres Landes aktiv gewesen und vor ihrer Flucht in die Bundesrepublik im Sudan gefoltert worden. Das Auswaertige Amt in Bonn teilte mit, es gaebe keinerlei Anhaltspunkte dafuer, dass die beiden Sudanesen in ihrem Heimatland festgenommen worden seien. Die deutsche Botschaft in Karthoum habe zu allen sieben Abgeschobenen Kontakt aufnehmen koennen.


Kinder leiden an Arbeitslosigkeit der Eltern

Kinder entwickeln bei Arbeitslosigkeit ihrer Eltern haeufig selbst Schuldgefuehle. Das haben Wissenschaftler erneut festgestellt. Experten vom Institut fuer klinische Kinder- und Jugendpsychatrie in Hannover erklaerten, viele Eltern wuerden mit dem Verlust ihrer Stelle seelisch nicht fertig. Aufgrund dieser Belastung koennten sie nicht mehr angemessen auf ihre Kinder reagieren und verloeren ihre wichtige Funktion als Orientierungsgeber. Kinder wuerden dann von ihren Eltern als Blitzableiter missbraucht, oder im anderen Extrem vergoettert.


Quellen

WDR 2    10:00 MESZ    12:00 MESZ    14:00 MESZ    16:00 MESZ    18:00 MESZ