GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 02.03.1998



* Schroeder formell zum Kanzlerkandidat der SPD nominiert
* Weitere Reaktionen zur Landtagswahl in Niedersachsen
* DAG und OeTV veranstalten Warnstreiks
* Verwaltungsgericht Hannover faellt Urteil gegen Rechtschreibreform
* Sozialministerin Hildebrand der Veruntreuung beschuldigt
* Bundesregierung bekraeftigt Unumkehrbarkeit von Enteignungen in SBZ
* Giftmuell-Prozess in Frankfurt/Main eroeffnet
* "Schimanski" klagt auf Schmerzensgeld
* Boerse



Schroeder formell zum Kanzlerkandidat der SPD nominiert

Am Tag nach seinem deutlichen Wahlsieg in Niedersachsen ist der Ministerpraesident Schreoder formell zum Kanzlerkandidat der SPD bestimmt worden. Die von den Spitzengremien in Bonn nahezu einmuetig getroffene Entscheidung wird im April dem Parteitag in Liepzig vorgelegt. Schroeder stellte klar, dass er auch in inhaltlichen Fragen die Fuehrung beansprucht: In Niedersachsen habe man viele Stimmen in der Mitte geholt, dies wolle er auf Bundesebene wiederholen. In einem Gespraech mit dem Stern betonte Schroeder, er werde auch kuenftig Parteibeschluesse auf ihre Tauglichkeit in der Realitaet hin ueberpruefen. Der neue Kanzlerkandidat wuerdigte erneut die Integrationsleistung von SPD-Chef Lafontaine und nannte das Zusammenspiel mit ihm unverzichtbar fuer einen Erfolg. Der CDU-Vorsitzende Bundeskanzler Kohl verwahrte sich in Bonn gegen die Einschaetzung werde in den eigenen Reihen zur Disposition gestellt. In der Parteispitze habe heute niemand einen anderen Kanzlerkandidaten verlangt; wer so etwas hinter vorgehaltener Hand mache, sei aufgefordert, an die Oeffentlichkeit zu treten. Kohl kuendigte an, er werde sich hart mit Schroeder auseinandersetzen und den Waehlern verdeutlichen, dass dieser konkrete Antworten auf konkrete Fragen schuldig bleibe. Der stellvertretende Unionschef Geissler meinte unterdessen, der Bundeskanzler solle das Ergebnis von Niedersachsen zum Anlass nehmen, um mit sich selbst zu Rate zu gehen. In Hannover, wo die SPD weiter mit absoluter Mehrheit regieren kann, wird es eine Kabinettsumbildung geben. Regierungschef Schroeder erklaerte, Umweltministerin Griefan scheide wegen ihrer Bundestagskandidatur aus, Kultusminister Wernstedt sei als Landtagspraesident vorgesehen.


Weitere Reaktionen zur Landtagswahl in Niedersachsen

In Bonn interpretierten heute alle Parteien - von der CDU und der FDP bis hin zu den Gruenen - den Sieg der SPD als Folge der bislang einmaligen Wahlkostellation durch die die Niedersachsenwahl zu einer Art Volksentscheid ueber den Kanzlerkandidaten der SPD geworden sei. So lautete auch die Wahlanalyse des Bundeskanzlers. Vor diesem Hintergrund, so Kohl, sei es fast unmoeglich gewesen, ueber Sachfragen zu diskutieren. Das soll jetzt anders werden. Konkrete Fragen werde man stellen, so der Kanzler, was Schroeder und die SPD in den einzelnen Feldern der Politik zu tun gedaechten und konkrete Antworten wuerde man erwarten. Schroeder sei bekannt dafuer, auszuweichen, so der Kanzler weiter. Die Fronten sind fuer Kohl auch mit Schroeder als Herausforderer nach wie vor dieselben geblieben: Union und FDP gegen ein rot-gruenes Buendnis, das Kohl wie er sagte, mit aller Kraft verhindern will. Helmut Kohl ist der Kanzlerkandidat der Koalition hiess es dazu immer wieder bei CDU und FDP, deren Spitzen sich heute keine Diskussion darueber aufdaraengen lassen wollten, ob Wolfgang Schaeuble jetzt nicht doch an die Stelle von Helmut Kohl als Kanzlerkandidat der Koalition treten soll.


DAG und OeTV veranstalten Warnstreiks

Mit zahlreichen Warnstreiks im oeffentlichen Dienst haben die Gewerkschaften ihre Kampfbereitschaft demonstriert. Mehr als 60'000 Beschaeftigte in 150 Staedten beteiligten sich an Aktionen im Busverkehr, in Arbeitsaemtern, bei Verwaltungen und der Muellabfuhr sowie in Schulen. Die Warnstreiks sollen morgen fortgesetzt werden, parallel zur naechsten Verhandlungsrunde. Das Forderungspaket der Gewerkschaften OeTV und DAG belaeuft sich auf insgesamt 4,5%. Die Arbeitgeber haben noch kein Angebot gemacht.


Verwaltungsgericht Hannover faellt Urteil gegen Rechtschreibreform

Das Verwaltungsgericht Hannover hat als zweites Gericht im Hauptsacheverfahren die Einfuehrung der umstrittenen Rechtschereibreform abgelehnt. Es gab damit heute der Klage einer Mutter aus Oldenburg statt, die verhindern wollte, dass ihre Tochter nach den neuen Schreibregeln unterrichtet wird. Zur Begruendung hiess es, dass fuer die Einfuehrung der Rechtschreibreform ein Beschluss der Kultusminister nicht ausreiche; noetig sei vielmehr eine gesetzliche Grundlage. Mit dem Urteil untermauerte die Kammer ihre Eilentscheidung vom vergangenen August. Auch das Verwaltungsgericht Berlin hatte in einem Hauptsacheverfahren gegen die Einfuehrung der Reform entschieden.


Sozialministerin Hildebrand der Veruntreuung beschuldigt

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat Ermittlungen gegen die brandenburgische Sozialministerin Hildebrand (sp?) aufgenommen. Wie die Anklagebehoerde erlaeuterte, besteht gegen die SPD-Politikerin der hinreichende Verdacht, an der Veruntreuung von Foerdergeldern in Millionenhoehe beteiligt gewesen zu sein. Ermittelt wird in diesem Zusammenhang auch gegen den ehemaligen Finanzminister Kuehbacher und Staatssekretaer Mentrup. Ein Sprecher des Sozialministeriums wies den Verdacht der Untreue gegen Frau Hildebrand zurueck. Zwar habe es im Ministerium Verstoesse gegen das Haushaltsrecht gegeben, doch habe sich niemand persoenlich bereichert.


Bundesregierung bekraeftigt Unumkehrbarkeit von Enteignungen in SBZ

Die Bundesregierung haelt an ihrer Entscheidung fest, dass die 1945-49 in der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone erfolgten Enteignungen unumkehrbar sind. Kanzleramtsminister Bohl reagierte auf juengste Auesserungen des ehemaligen sowjetischen Ministerpraesidenten Gorbatschow. Dieser hatte in Berlin betont, die Frage der Bodenreform habe im Prozess der deutschen Einheit keine Rolle gespielt, weshalb deshalb daran auch nicht festgehalten werden muesse.


Giftmuell-Prozess in Frankfurt/Main eroeffnet

Ueber einen der groessten Giftmuellskandale in Deutschland wird seit heute vor dem Landgericht Frankfurt/Main verhandelt. Den sieben Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft vor, zwischen 1991 und 1996 grosse Mengen Abfalls illegal beseitigt und dabei Millionengewinne erzielt zu haben. Die Maenner sind ausserdem der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt.


"Schimanski" klagt auf Schmerzensgeld

Vor dem Muenchner Landgericht hat heute der als "Kommissar Schimanski" bekannt gewordene Schauspieler Goetz George in einem Schadensersatzprozess ausgesagt. Es geht um einen Schwimmunfall, bei dem ein Motorbootfahrer George schwer verletzt hatte. Der Schauspieler fordert mehr als 1 Mio. DM Schmerzensgeld. Das Verfahren wurde heute nach kurzer Verhandlung wieder eingestellt, da das Gericht anordnete, in Italien, dem Schauplatz des Unfalls, in Erfahrung bringen zu lassen, ob Goetz George auch als "Schnorchler" einen weithin sichtbaren Warnballoon mit sich haette fuehren muessen, wie es fuer Taucher vorgeschrieben ist.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,8074
Kanada(1 $)  1,2654
England(1 Pfund)  2,9858
Irland(1 Pfund)  2,4810
Schweiz(100 sfr)  123,680
Frankreich(100 FF)  29,827
Italien(1000 Lit)  1,0152
Oesterreich(100 oeS)  14,214
Spanien(100 Ptas)  1,1801
Japan(100 Yen)  1,4436
Schweden(100 skr)  22,698
 
Einige Indizes:
DAX:4736,74( aktuell )  
4709,83( Vortagswert )  
Dowjones-Index:8530,52( Stand 17:00 MEZ )  
8545,72( Schlussstand Vortag )  
Nikkei-Index:17264,34
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

Deutschlandradio Berlin    21:00 MEZ
Deutschlandfunk    20:00 MEZ
BR5 Aktuell    20:30 MEZ