GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 26.03.1996



* Inflation wieder leicht gestiegen
* Herzog will SED-Spitze keine Amnestie gewaehren
* Wieder Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen
* Veterinaerausschuss kam wegen der Rinderseuche BSE erneut zusammen
* Seehofer begruesst Exportverbot der EU
* Sonderparteitag der SPD gefordert
* Tausende gingen bei Alcatel/SEL auf die Strasse
* Strategie von Regierungskoalition zur Steuer- und Finanzpolitik erarbeitet
* 5000 Rinder aus Grossbritannien in Deutschland
* Niederlage fuer Niedersachsen im Gorleben-Streit
* Umweltpolitik wird zu wenig an oekonomischer Effizienz ausgerichtet
* SPD uneinig ueber weiteren Kurs der Partei



Inflation wieder leicht gestiegen

Wiesbaden. Die Lebenshaltungskosten sind im Februar etwas schneller gestiegen, als im Januar. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, zog die Jahresinflationsrate von 1,5 auf 1,6 Prozent an. Dabei war die Preissteigerung im Osten mit 2,6 Prozent erneut deutlich hoeher als im Westen mit 1,4 Prozent. Vor allem sessionabhaengige Nahrungsmittel und Heizoel verteuerten sich ueberdurchschnittlich.


Herzog will SED-Spitze keine Amnestie gewaehren

Berlin. Bundespraesident Herzog hat Forderungen nach einer Amnestie bei SED-Unrecht eine Absage erteilt. Da kleinere und mittlere Delikte bereits verjaehrt seien, wuerden mit einer Amnestie DDR-Spitzenpolitiker und damit auch Verletzer von Menschenrechten in den Genuss von Straffreiheit kommen, so Herzog. Der Bundespraesident sprach zu Anlass zur 10. Sitzung der Enquete Kommission "SED-Diktatur" des Bundestages.


Wieder Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen

Bielefeld. Auf tuerkische Einrichtungen in Bielefeld und Bremen sind in der vergangenen Nacht Brandanschlaege veruebt worden. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden blieb gering. Nach Angaben der Polizei waren in Bielefeld ein tuerkisches Kulturzentrum und ein tuerkisches Lebensmittelgeschaeft Ziele der Anschlaege. In Bremen wurde ein tuerkisches Bistro mit einem Molowtow-Cocktail beworfen. Der Gesamtschaden wird auf rund 18000 DM geschaetzt. Die Polizei nahm drei Personen fest, die dann jedoch wieder freigelassen wurden, da sie offenbar nichts mit den Anschlaegen zu tun hatten.


Veterinaerausschuss kam wegen der Rinderseuche BSE erneut zusammen

Bruessel. Der staendige Veterinaerausschuss der EU kam heute erneut zusammen, um ueber die BSE-Rinderseuche zu beraten. Das Treffen fand auf Wunsch Grossbritanniens statt, da sich die britische Regierung nicht mehr mit dem gestern gefassten Entschluss eines Exportstopps von britischen Rindfleisches abfinden will. Das ab morgen in Kraft tretende Ausfuhrverbot fuer Grossbritannien soll fuer britisches Rindfleisch, lebende Rinder und Rindfleischprodukte gelten. Die heutigen Beratungen fuehrten jedoch zu keiner Aenderung der Politik der EU.


Seehofer begruesst Exportverbot der EU

Bonn. Gesundheitsminister Seehofer hat das Exportverbot der EU-Kommission von britischem Rindfleisch begruesst. Deutsche Gesundheitsexperten warnten heute vor uebertriebener Panik vor dem Rinderwahnsinn. Es ginge nicht um Kuehe, die wahnsinnig sind, sondern um Menschen, die sich verrueckt machen, beklagte sich der britische Gesundheitsminister am Morgen. "Haetten die Englaender ihre Kontrollen korrekt durchgefuehrt, haetten sie jetzt nicht solche Probleme", antwortete ein Professor der Universitaet Duesseldorf. Trotz des Fuetterungsverbots von BSE-verseuchten Tiermehls gebe es dort etwa 300 Neuerkrankungen pro Woche, wunderte sich die Expertenkommission ueber die Vorgehensweise der Briten. Der einzige komplette Schutz vor einer weiteren Ausbreitung der Krankheit, sei ein kompletter Exportstop britischen Rindfleisches, so die Forscher.


Sonderparteitag der SPD gefordert

Stuttgart. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende in Baden-Wuerttemberg Schaefer hat mittlerweile einen Sonderparteitag der SPD im Juni gefordert. Nach der verheerenden Niederlage bei den Landtagswahlen muesse dabei weniger ueber Personen, als ueber Sachthemen gesprochen werden.


Tausende gingen bei Alcatel/SEL auf die Strasse

Stuttgart. Beim Elektronikkonzern Alcatel/SEL haben heute Tausende von Beschaeftigten an allen Standorten in Deutschland die Arbeit niedergelegt. Allein am Firmensitz Stuttgart gingen rund 3000 Menschen auf die Strasse. Die Belegschaft folgte dem Aufruf der IG Metall und der Deutschen Angestelltengewerkschaft zu einem bundesweiten Aktionstag gegen den geplanten Abbau von Arbeitsplaetzen. Nach Angaben der Gewerkschaften sollen noch in diesem Jahr weitere 4000, der insgesamt 17000 Arbeitsplaetze bei Alcatel/SEL gestrichen werden. Das Unternehmen selbst will Einzelheiten erst nach der Bilanzpressekonferenz des franzoesischen Mutterkonzerns am Freitag bekannt geben.


Strategie von Regierungskoalition zur Steuer- und Finanzpolitik erarbeitet

Bonn. In der ersten Koalitionsrunde nach den Landtagswahlen haben CDU, CSU und FDP ihre Strategie in der Steuer- und Finanzpolitik festgelegt. Danach sollen Gewerbekapital- und Vermoegenssteuer abgeschafft und soziale Leistungen abgebaut werden, um neue Arbeitsplaetze zu schaffen. Eine Erhoehung der Mehrwertsteuer ist nicht geplant. Ausserdem will die Koalition eine haertere Gangart gegenueber die SPD anlegen. Die neue Kraft der Koalition soll auch die SPD-Mehrheit im Bundesrat zu spueren bekommen, versicherten Spitzen von Union und FDP waehrend ihres vierstuendigen Strategiegipfels im Bonner Kanzleramt. Klare, unmissverstaendliche Positionen werde die Koalition beziehen, kuendigten die Generalsekretaere der Parteien an. Genauere Einzelheiten sollen aber erst nach der Osterpause behandelt werde. An der geplanten Verschaerfung des Auslaenderrechts will die Union und die FDP festhalten. Die Abschiebung gewalttaetiger Auslaender soll so schnell wie moeglich erleichtert werden.


5000 Rinder aus Grossbritannien in Deutschland

Bonn. In Deutschland gibt es zur Zeit rund 5000 aus Grossbritannien importierte Rinder. Die meisten davon befinden sich in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, sagte ein Sprecher des Bundesernaehrungsministeriums in Bonn. Von den 5000 Rindern stammen demnach etwa 200 aus britischen Bestaenden, in denen die Rinderseuche BSE festgestellt wurde. Der groesste Teil dieser 200 Tiere sei auf Veranlassung der Laender beseitigt worden. Ihr Fleisch gelangte nicht zum Verzehr.


Niederlage fuer Niedersachsen im Gorleben-Streit

Celle. Im Dauerstreit um das geplante Atommuell-Lager Gorleben hat das Land Niedersachsen erneut eine Niederlage gegen den Bund erlitten. Das Oberlandesgericht Celle raeumte dem Bundesamt fuer Strahlenschutz einen Schadenersatzanspruch gegenueber dem Land ein und bestaetigte damit ein Urteil des Landgerichtes Hannover. Niedersachsen muss dadurch moeglicherweise ueber 10 Millionen DM zahlen, weil es nach Ansicht der Richter seine Amtspflichten verletzt hat. Es geht um den Stop von Erkundungsarbeiten Ende 1990 und Anfang 1991, den das Umweltministerium Niedersachsens zu Unrecht angeordnet hatte.


Umweltpolitik wird zu wenig an oekonomischer Effizienz ausgerichtet

Guetersloh. Die Umweltpolitik muss sich nach Wirtschaftsforschern mehr an der Marktwirtschaft orientieren. Zur Zeit stehe noch zu stark das Ordnungsrecht im Mittelpunkt, hiess es in einer heute vorgestellten Studie des Kieler Instituts fuer Weltwirtschaft. Die Entscheidungen der Politik richten sich in vielen Faellen nicht nach der Dringlichkeit, sondern an der OEffentlichkeitswirkung aus, kritisierten die Forscher.


SPD uneinig ueber weiteren Kurs der Partei

Bonn. Nach den Niederlagen bei den Landtagswahlen ist sich die SPD uneinig ueber den weiteren Kurs der Partei. Der SPD-Vorsitzende Lafontaine will an der bisherigen Linie festhalten. Er stiess damit auf offenen Widerspruch einiger Genossen. Der fruehere Parteichef und Fraktionsvorsitzende Vogel sagte, die Partei muesse nun ehrlich nach den Ursachen fuer das schlechte Abschneiden suchen. Sie duerfe nicht einfach zur Tagesordnung uebergehen. Eine neue Personaldebatte moechte die SPD aber auf jeden Fall verhindern.


Quellen

SDR 3    9:00 MEZ    10:00 MEZ
Radio 7    14:00 MEZ    15:00 MEZ