GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 30.10.1995



* Kritik an Berliner SPD wegen Koalitionsquerelen
* Scharping unter Kritik wegen Zweifeln an Abschaffung der D-Mark
* DASA will moeglicherweise Weihnachtsgeld streichen
* Neues zum Fall Barschel von 1987
* Neues Urteil aus Augsburg gegen Kurden Simsek
* Vermoegen des frueheren DDR-Ministers Mielke wird freigegeben
* Brandanschlag auf tuerkisches Beratungsbuero
* Toepfer zu laengeren Ladenoeffnungszeiten
* Leasons Auslieferung nach Singapur nun doch absehbar
* Dollarwechselkurs



Kritik an Berliner SPD wegen Koalitionsquerelen

Der Berliner Bausenator Nagel (SPD) hat den Beschluss seiner Partei, erst im kommenden Jahr ueber die Fortsetzung der grossen Koalition mit der CDU zu entscheiden, kritisiert. Angesichts der dramatischen Finanzkrise der Hauptstadt stehe die SPD bei ihren Waehlern in der Pflicht, sagte Nagel heute frueh im Deutschlandfunk. Er sprach sich dafuer aus, so schnell wie moeglich Gespraeche mit der CDU aufzunehmen. Das Argument, die SPD koenne sich nur in der Opposition erneuern, wies der Bausenator zurueck. Auch der fruehere Hamburger Buergermeister von Dohnany hat die SPD in Berlin aufgefordert, die grosse Koalition fortzusetzen. Wenn sich die SPD jetzt der Regierungsverantwortung entziehe, fuehre das vermutlich zu weiteren Stimmenverlusten meint von Dohnany. Es sei nicht richtig, dass in erster Linie die Streitereien an der Parteispitze in Bonn fuer die Wahlniederlage verantwortlich seien. Der tiefere grund liege vielmehr darin, dass die SPD den Eindruck vermittele, sie sei nur mit halbem Herzen dabei, wenn es um die harten Entscheidungen der modernen Welt gehe.


Scharping unter Kritik wegen Zweifeln an Abschaffung der D-Mark

Der SPD-Vorsitzende Scharping ist wegen seiner Warnung vor einer ueberstuerzten Abschaffung der D-Mark von der Budnesregierung, aber auch in seiner eigenen Partei, heftig kritisiert worden. Der Praesident des europaeischen Parlaments in Strassburg, der Sozialdemokrat Hensch, warf Scharping vor, er foerdere nationalistisches Stammtischgerede. Er warnte die SPD davor, die Aengste der Bevoelkerung vor der Europawaehrung zum Wahlkampfthema zu machen. Der Bonner Regierungssprecher Haussmann meinte, die SPD mache in unverantwortlicher Weise Politik mit den Aengsten der Menschen. Aussenminister Kinkel sprach von billigem Populismis. Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder wies die Vorwuerfe zurueck, er koenne keinen Populismus darin sehen, wenn die SPD oekonomische Vernunft in den Mittelpunkt stelle.


DASA will moeglicherweise Weihnachtsgeld streichen

Der angeschlagene Luft- und Raumfahrtkonzern Daimler-Benz Aerospace (DASA) will in diesem Jahr das aussertariflich gezahlte Weihnachtsgeld streichen. Dies hat die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates in Bremen bestaetigt. Betroffen seien Beschaeftigte der unteren Lohngruppen. Die DASA zahlt nach eigenen Angaben derzeit 60 % des Monatslohnes als Weihnachtsgeld. Nur die Beschaeftigten mit einem Einkommen von unter 4000 DM bekommen zusaetzlich einen freiwilligen Sockelbetrag. Ueber dessen Streichung soll in der naechsten Woche verhandelt werden. Ausserdem gehe es auch um Mehrarbeit ohne Lohnausgleich fuer die aussertariflich Beschaeftigten.


Neues zum Fall Barschel von 1987

Die Rolle des frueheren schleswig-holsteinischen Ministerpraesidenten Barschel in der Kieler Affaire von 1987 muss in wichtigen Teilen neu bewertet werden. Zu diesem Schluss kommt der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Klaerung der sogenannten Schubladenaffaire. In einem jetzt bekanntgewordenen Entwurf fuer einen Abschlussbericht wird betont, es gebe keinen Beweis dafuer, dass Barschel 1987 den Auftrag fuer die Aktivitaeten gegen den damaligen SPD-Oppositionsfuehrer Engholm gegeben habe, die vom Staatskanzleireferenten Pfeiffer organisiert worden seien. Auch fuer eine blosse Mitwisserschaft gibt es nach Ansicht der beiden Ausschussvorsitzenden, Ahrends und Buchholz, keinen Beleg. Allerdings sei auch eine voellige Unschuld Barschels an den Machenschaften nicht beweisbar. Ungeachtet der Erkenntnisse des Ausschusses bleibe erwiesen, dass Barschel die politische Verantwortung fuer Pfeiffers Aktionen getragen, das er auf der sogenannten Ehrenwort-Pressekonferenz gelogen und eigene Mitarbeiter zu Falschaussagen gedraengt habe.


Neues Urteil aus Augsburg gegen Kurden Simsek

Das Amtsgericht Augsburg hat den 29jaehrigen Kurden Simsek (sp?) wegen Beteiligung an einer gewalttaetigen Aktion vor 1 1/2 Jahren zu 9 Monaten Haft auf Bewaehrung verurteilt. das gericht sah es in dem Revisionsprozess als erwiesen an, dass Simsek auf den Krawallen eine dominante Rolle gespielt habe, und verurteilte ihn wegen Noetigung und Landfriedensbruch. Das Urteil blieb um 3 Monate unter dem Strafbefehl, der vor einem Jahr gegen den Kurden verhaengt worden war. Simsek ist seit dem Fruehjahr wegen einer drohenden Abschiebung untergetaucht. Seine Ehefrau haelt sich mit den zwei Kindern des Paares in der Kirche einer Augsburger Gemeinde auf.


Vermoegen des frueheren DDR-Ministers Mielke wird freigegeben

Der Chef des frueheren DDR-Ministeriums fuer Staatssicherheit, das ehemalige SED-Politbueromitglied Miekle, erhaelt sein gesperrtes Vermoegen in Hoehe von rund 390,000 DM offenbar zurueck. Unter Berufung auf Justizsprecherin Voelzter berichtet die Zeitung Berliner Kurier heute, dass nach der Einstellung des Verfahrens gegen den ehemaligen DDR-Politiker aus strafrechtlicher Sicht nichts mehr vorliege. Die Beschlagnahme sei deshalb aufgehoben worden. Die Anfang 1990 von der DDR-Volkskammer beschlossene Einfrierung des Vermoegens des Exministers habe keine juristische Grundlage gehabt. Die Justizsprecherin raeumte ein, dass diese Konsequenz aus dem Verfahren wieder Emotionen aufruehren wuerde, doch die Rechtsfolge sei klar und eindeutig.


Brandanschlag auf tuerkisches Beratungsbuero

Bei einem Brandanschlag auf ein tuerkisches Beratungsbuero ist heute frueh im wuerttembergischen Heilbronn Sachschaden entstanden. Nach Mitteilung der Polizei wurde ein Molotov-Cocktail in die Raeume geschleudert, ueber das moegliche Tatmotiv ist zunaechst nichts bekannt. In dem betroffenen Mehrfamilienhaus wohnen ausschliesslich Tuerken. Verletzt wurde niemand.


Toepfer zu laengeren Ladenoeffnungszeiten

Baden-Baden. Durch laengere Ladenoeffnungszeiten sieht sich Bundesbauminister Toepfer in seinem Bemuehen bestaerkt, die Innenstaedte attraktiver zu machen. Im Suedwestfunk erneuerte der CDU-Politiker seinen Vorschlag, die Geschaefte nur in den Innenstaedten laenger geoeffnet zu lassen, nicht jedoch die Einkaufszentren ausserhalb der Stadt. Toepfer fuegte hinzu, sein Vorschlag faende Zuspruch. Der Bundesbauminister will keine Amerikanisierung der Staedte, will verhindern, dass die Innenstaedte veroeden und die Einkaufszentren die Kaufkraft abschoepfen. Die Attraktivitaet der Staedte soll ausserdem durch den Wohnungsbau gestaerkt werden. Dabei setzt der Bundesminister auch auf das Konzept der Staedteplanung und der Raumordnung und will sich nicht allein auf staedtische Entscheidungen verlassen.


Leasons Auslieferung nach Singapur nun doch absehbar

Der in Frankfurt am Main inhaftierte ehemalige Wertpapierhaendler der Berings-Bank, Leason, wird nach Angaben der Staatsanwaltschaft voraussichtlich in der zweiten Novemberhaelfte an Singapur ausgeliefert. Er gehe von der erforderlichen Zustimmung der Bundesregierung aus, sagte Staatsanwalt Eckert am Vormittag. Ein Anwalt Leasons hatte zuvor mitgeteilt, der 28 Jahre alte Brite wolle die Auslieferung an Singapur nicht mehr gerichtlich anfechten. Der ehemalige Boersenmakler wird beschuldigt, die Berings-Bank mit Fehlspekulationen in Milliardenhoehe ruiniert zu haben.


Dollarwechselkurs

1 US-Dollar  =  1,4330 DM (+ 0,02 DM)



Quellen

DLF    9:00 Uhr MEZ    10:30 Uhr MEZ    20:00 Uhr MEZ    22:00 Uhr MEZ
SWF3    10:00 Uhr MEZ