GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 11.04.1995



* Fruehjahrsgutachten: Real drei Prozent Wachstum erwartet
* Tuerkisches Lebensmittelgeschaeft niedergebrannt
* Parlamentarische Kontrollkomission befasst sich mit Vorwuerfen gegen BND
* Steuerhinterziehungsverfahren gegen Johannes Zwick
* Steuerzahlerbund: Keine Rechtfertigung fuer Diaetenerhoehung
* Gedenkfeiern im ehemaligen KZ bei Nordhausen
* Kanzlerspion Goulliaume ist tot
* Gauck-Behoerde: In der DDR waren im Krisenfall Internierungslager geplant
* Erstmals seit der Einheit weniger Lehrstellen als Bewerber
* Eklat bei Usbekistan-Besuch des Bundespraesidenten
* Voscherau kritisiert SPD-Fuehrung
* Eli Wiesel fordert von Bundestag formelle Bitte um Vergebung
* "Castor"-Transport von Philippsburg offenbar nach Ostern geplant
* Teufel fuer regionalisierte Rundfunkgebuehren
* Schulbusunfall im Alb-Donau-Kreis
* Boerse: Freundlich
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Fruehjahrsgutachten: Real drei Prozent Wachstum erwartet

Bonn. Die sechs fuehrenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben heute ihr Fruehjahrsgutachten vorgelegt. Darin rechnen sie in diesem Jahr mit einem Wachstum von real drei Prozent. Anders als Wirtschaftsvertreter sind sie der Ansicht, dass die Dollarkrise die Wirtschaftsentwicklung erst naechstes Jahr beeintraechtige. Daher halten sie an der im Herbst prognostizierten Wachstumsrate von 3 % fest. Fuer den Westen werden dabei 2,5 %, fuer den Osten 8,5 % Zuwachs prognostiziert. Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt habe dies vorwiegend im Osten. Insgesamt wird ein Rueckgang der Arbeitslosenquote von 9,6 auf 9.1 Prozent erwartet. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt und Finanzminister Waigel sehen sich von dem Gutachten bestaetigt. Rexrodt meinte, das Gutachten sei eine Absage an die Konjunkturpessimisten. Kritisch aeusserten sich die Institute ueber die steuerpolitischen Plaene der Bundesregierung. Das steuerfreie Existenzminimum sei zu gering bemessen. Die Institute fordern vielmehr eine grundlegende Reform des Steuerrechts und eine staerkere Haushaltsdisziplin. Es koennte vor allem bei den Subventionen noch mehr eingespart werden, meinten die Forscher. Die Tarifpartner wurden zur Zurueckhaltung ermahnt. Der Forderung nach einer Senkung der Staatsausgaben und der Steuerlast stimmte auch Bundesfinanzminister Waigel zu. Er betonte, die Ansichten der Wissenschaftler deckten sich mit dem finanzpolitischen Konzept der Bundesregierung. Die SPD nahm das Gutachten zum Anlass, die Regierung erneut zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aufzufordern. Die Wirtschaftsforscher zeigen nach Ansicht der SDP mittelfristig keine Perspektive fuer einen Abbau der Arbeitslosigkeit auf. Die Gruenen verurteilten das Gutachten als konservativ und oekologisch blind. Der Deutsche Gewerkschaftsbund nahm das Gutachten als Bestaetigung seiner Tarifpolitik. Angesichts der Exportprobleme brauche die Wirtschaft dringend Anstoesse fuer die Kaufkraft und die Binnenkonjunktur.


Tuerkisches Lebensmittelgeschaeft niedergebrannt

Dortmund. Ein tuerkischer Lebensmittel-Laden ist in der vergangenen Nacht in Dortmund durch ein Feuer vollstaendig zerstoert worden. Die Dortmunder Polizei schaetzt den Schaden auf 150.000 DM. Verletzte gab es nicht. Die Polizei nahm einen Griechen und einen Tuerken als Tatverdaechtige fest. In ihrem Wagen wurden ein Benzinkanister, Putzlappen und Flaschen gefunden.


Parlamentarische Kontrollkomission befasst sich mit Vorwuerfen gegen BND

Bonn. Die Parlamentarische Kontrollkomission des Bundestages wird sich noch waehrend der Osterpause mit den Vorwuerfen gegen den Bundesnachrichtendienst BND befassen, er habe den 1994 aufgeflogenen Plutoniumschmuggel inszeniert. Wie aus Bonner Parlamentskreisen verlautete, soll das Gremium am Donnerstag naechster Woche zusammenkommen. Buendnis 90/die GRUENEN forderten Geheimdienstkoordinator Schmidbauer wegen der Affaere zum Ruecktritt auf. Mittlerweile liegt gegen ihn auch eine Strafanzeige vor. Die "Internationalen Aerzte zur Verhuetung des Atomkriegs" werfen Schmidbauer vor, er habe von der angeblichen Verwicklung des BND gewusst. Die Aerzte erstatteten ausserdem Strafanzeige gegen Mitglieder des BND und des Landeskriminalamtes. Unterdessen verdichten sich Informationen, nach denen das bayerische Landeskriminalamt staerker an der Aktion beteiligt war als der BND.


Steuerhinterziehungsverfahren gegen Johannes Zwick

Landshut. Der bayerische Baederunternehmer Johannes Zwick muss sich wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Der Prozess soll Ende Juni vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landshut beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft Zwick vor, sich durch falsche Angaben ueber das Vermoegen seiner Eltern Steuervorteile in Millionenhoehe verschafft zu haben.


Steuerzahlerbund: Keine Rechtfertigung fuer Diaetenerhoehung

Wiesbaden. Die geplante Diaetenerhoehung fuer die bayerischen Landtagsabgeordneten laesst sich nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler nicht rechtfertigen. Der Vorsitzende des Bundes Daeke kritisierte im Saarlaendischen Rundfunk, mit dieser Erhoehung wuerden die bayerischen Abgeordneten mit grossem Abstand die hoechsten Diaeten bekommen. Zusammen mit der Kostenpauschale erhielten sie sogar mehr als die Parlamentarier des Bundestages. Daeke monierte auch, dass die Diaetenkomission, die morgen beraet, im Freistaat noch nicht gehoert worden ist. Er forderte die Parlamente auf, unbedingt die Vorschlaege der Komissionen zu uebernehmen.


Gedenkfeiern im ehemaligen KZ bei Nordhausen

Nordhausen. Im ehemaligen Konzentrationslager "Mittelbau Dora" haben am Morgen die Feiern zum 50. Jahrestag der Befreiung begonnen. Mit einer Kranzniederlegung am Krematorium erinnerten etwa 800 KZ-Haeftlinge und Kriegsvereranen an die 20.000 Opfer des Lagers bei Nordhausen in Thueringen. Spaeter wurde eine Ausstellung eroeffnet, in der das Leiden der Haeftlinge in den Stollenanlagen des KZ dokumentiert wird. In den Stollen mussten die Haeftlinge unter unmenschlichen Bedingungen V1- und V2-Raketen montieren.


Kanzlerspion Goulliaume ist tot

Bonn. Der ehemalige Kanzlerspion Guenther Goulliaume (sp?) ist tot. Er starb im Alter von 68 Jahren an Herzversagen. Seine Enttarnung hatte 1974 zum Sturz des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt gefuehrt. Goulliaume war 1975 zu 13 Jahren Haft verurteilt worden und wurde 1981 ausgetauscht.


Gauck-Behoerde: In der DDR waren im Krisenfall Internierungslager geplant

Berlin. Das ehemalige DDR-Ministerium fuer Staatssicherheit wollte im Krisenfall mehr als 10.000 Oppositionelle internieren. Nach einem Bericht der Gauck-Behoerde geht aus Stasi-Akten hervor, dass dann auch Auslaender, darunter Diplomaten, Journalisten und Transitreisende interniert werden sollten. Noch bis Dezember 1989 soll die Geheimpolizei Karteikarten mit den Namen von Personen angelegt haben, die zur sog. "Isolierung" vorgesehen waren. Zur Wendezeit 1989 habe es erste Vorbereitungen zur Durchfuehrung dieser Plaene gegeben. Sie seien dann nicht weitergefuehrt worden, da zum einen bereits zuviele demonstrierten und zum anderen keine Rueckendeckung aus Moskau mehr vorhanden war. Die Plaene seien auf Anweisung von Stasi-Chef Mielke in enger Abstimmung mit der SED-Fuehrung unter Honecker erstellt worden.


Erstmals seit der Einheit weniger Lehrstellen als Bewerber

Duesseldorf. Erstmals seit der deutschen Einheit gibt es in diesem Jahr bundesweit weniger Lehrstellen als Bewerber. Der Deutsche Gewerkschaftsbund wies darauf hin, das fuer die bisher gemeldeten 520.000 Lehrstellensuchenden bisher nur 506.000 Ausbildungsplaetze zur Verfuegung stehen. DGB-Vorstandsmitglied Goerner (sp?) appellierte an die Arbeitgeber, ihr Versprechen einzuhalten, das sie bei der Kanzlerrunde Mitte Maerz gegeben hatten. Damals versprachen die Arbeitgeber, sie wuerden mindestens 600.000 Ausbildungsvertraege abschliessen. Goerner sprach von einer "Katastrophe fuer die Jugendlichen", die zu einer Katastrophe fuer die gesamte deutsche Wirtschaft werden koennte. Bei alledem handele es sich im uebrigen nicht um ein konjunkturelles Problem. Dafuer spreche auch, dass nur noch jeder dritte Betrieb Lehrstellen anbiete. Der DGB forderte einen Lastenausgleich zwischen Betrieben, die Lehrstellen anbieten, und den "Ausbildungsabstaubern". Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbaende und der Deutsche Industrie- und Handelstag haben inzwischen eine gemeinsame Initiative ergriffen. Sie forderten in Briefen 70 Unternehmen auf, zusaetzliche Lehrstellen anzubieten.


Eklat bei Usbekistan-Besuch des Bundespraesidenten

Taschkent. Der Besuch von Bundespraesident Herzog in Usbekistan hat mit einem Eklat begonnen. Bei der Ankunft des Bundespraesidenten wurden deutsche Journalisten massiv bei der Berichterstattung behindert. Sie wurden taetlich angegriffen und beleidigt. Bundespraesident Herzog versprach am Nachmittag, die Beschwerden der Medienvertreter bei den usbekischen Gastgebern zur Sprache zu bringen.


Voscherau kritisiert SPD-Fuehrung

Hamburg. Der Hamburger Buergermeister Voscherau hat den Spitzenpolitikern der SPD vorgeworfen, sie seien unfaehig zu solidarischer gemeinsamer Fuehrung. Der Wochenzeitung "Die Woche" sagte Voscherau, unter den Mitgliedern der Parteifuehrung herrschten Eifersuechteleien und Missgunst. Die Gruppe der Willy-Brandt-Enkel habe nicht mehr die Kraft zu Gemeinsamkeit. Der Sozialdemokrat Voscherau forderte die Parteispitze auf, die drei unterschiedlichen Fluegel der SPD, Gewerkschafter, Gruene- und CDU-Sympathisanten wieder zusammenzubringen. Die Probleme der SPD haetten auch mit dem Einfluss der Gewerkschaften zu tun. Man muesse endlich begreifen, dass auf Dauer nur verteilt werden koenne, was vorher erwirtschaftet worden sei.


Eli Wiesel fordert von Bundestag formelle Bitte um Vergebung

Hamburg. Der Friedensnobelpreistraeger Eli Wiesel hat den Bundestag aufgefordert, zum 50. Jahrestag des Kriegsendes die Juden formell um Vergebung zu bitten. Wiesel schrieb in einem Beitrag fuer die "Zeit", 50 Jahre nach dem Kriegsende wachse die Gefahr des Vergessens. Deshalb sei eine solche Geste des Bundestages notwendig, auch wenn sie sehr spaet kaeme und nicht viel aendern wuerde. Wiesel hat als einziger seiner Familie die nationalsozialistische Judenvernichtung ueberlebt.


"Castor"-Transport von Philippsburg offenbar nach Ostern geplant

Hannover. Der umstrittene Atommuelltransport vom baden-wuerttembergischen Kernkraftwerk Philippsburg ins niedersaechsische Zwischenlager Gorleben soll offenbar in den Tagen nach Ostern stattfinden. Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" hatte berichtet, der "Castor"-Behaelter solle am 25. April in Gorleben ankommen. Auch Vertreter von Greenpeace halten diesen Termin fuer wahrscheinlich. Eine Sprecherin wies darauf hin, dass in Niedersachsen dann die Osterferien vorbei seien. Die Polizei habe glaubhaft versichert, dass der Transport nicht waehrend der Ferien stattfinden solle. Die niedersaechsische Landesregierung hatte den Transport des Atommuells abgelehnt, ihm aber auf Weisung aus Bonn doch zustimmen muessen.


Teufel fuer regionalisierte Rundfunkgebuehren

Stuttgart. Der baden-wuerttembergische Ministerpraesident Teufel, CDU, will kuenftig keine bundeseinheitlichen Rundfunkgebuehren mehr. Auch sollte der Finanzausgleich zwischen den ARD-Anstalten Ende 1998 abgeschafft werden, schrieb Teufel in einem Brief an seinen rheinland-pfaelzischen Amtskollegen Beck. Die ARD muesse so reformiert werden, dass leistungsfaehige Rundfunkanstalten entstuenden, die keine Unterstuetzung anderer Anstalten mehr brauchten. Bei privaten Rundfunkanstalten will Teufel kuenftig auch 100%-Beteiligungen zulassen. Gegen die Forderungen Teufels hat sich der baden-wuerttembergische SPD-Vorsitzende Maurer gewandt. Vor allem die Erlaubung von 100%-Beteiligungen waere eine Beguenstigung des Medienunternehmers Kirch.


Schulbusunfall im Alb-Donau-Kreis

Ulm. Im Alb-Donau-Kreis hat sich zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen ein Schulbusunfall ereignet. Dabei wurden am Morgen in der Naehe von Oberdischingen zwoelf Kinder verletzt. Der Bus war auf unbefestigtes Bankett geraten und an einer Boeschung umgekippt. Bei dem Unfall vor 14 Tagen zwischen Maerklingen und Nellingen hatten acht Kinder Verletzungen erlitten.


Boerse: Freundlich

Die deutschen Boersen schlossen freundlich bei maessigen Umsaetzen.

DAX      1.993,45  (+ 21)
Umlaufr. 6,85 %    (+ 0,01)
1 US-$   1,4103    (- 0,0007)



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Quellen

SDR3    08:00 MESZ    11:00 MESZ    15:00 MESZ    22:00 MESZ
B5    14:45 MESZ
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