GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 19.06.1994



* Kohl mahnt neuen Buergersinn an
* Geissler warnt vor uebermaessiger Betonung des Nationalen
* Bundesregierung will Wiederzulassung von Pflanzengiften verhindern
* Seehofer droht mit Geldstrafen
* PDS signalisiert Unterstuetzung fuer SPD-Minderheitsregierung
* Postgewerkschaft faehrt Warnstreiks zurueck
* Suessmuth fordert staerkere Entlastung der Familien
* DAG fuer mehr Teilzeitarbeit mit vollem Versicherungsschutz
* Meinungen zu und von Scharping
* Sportbootunfall ueberschattet Beginn der 100. Kieler Woche
* Fahndung nach Juergen Schneider in Paraguay
* Eishockeytrainer Ludek Bukac tritt zurueck



Kohl mahnt neuen Buergersinn an

Muenchen. Bei einem Festakt in der Muenchner Residenz hat Bundeskanzler Kohl heute den Konrad-Adenauer-Freiheitspreis 1994 entgegengenommen. Vor dem Hintergrund der Debatte ueber die deutsche Integritaet sagte Kohl: "Patriotismus ist berechtigter Ausdruck der Verwurzelung in Heimat und Herkunft. Und erst aus solchen Quellen erwaechst Halt und Orientierung in einer immer weniger ueberschaubaren Welt." Wer Hass gegen Auslaender schuere, koenne nicht fuer sich in Anspruch nehmen ein guter Patriot zu sein, fuegte der CDU-Vorsitzende hinzu.


Geissler warnt vor uebermaessiger Betonung des Nationalen

Bonn. Der stellvertretende Unionsfrakionsvorsitzende Geissler hat vor einer uebermaessigen Betonung des Nationalen gewarnt. Nationalismus ist wie religioeser Fundamentalismus, Faschismus und Kommunismus eine ideologische Pest, unterstrich der CDU-Politiker in einem Zeitungs - interview. Notwendig sei die Liebe zum Naechsten und nicht die Liebe zum Volk. Nach Geisslers Auffassung ist auch die CDU vor ueberschaeumendem Nationalpathos nicht gefeit.


Bundesregierung will Wiederzulassung von Pflanzengiften verhindern

Bonn. Die Bundesregierung will eine neue EU-Richtlinie zur Wiederzulassung von 700 bisher verbotenen Pflanzengiften verhindern. Dazu gehoeren auch DDT und Atrazin. Bundesernaehrungsminister Borchert will morgen auf der Sitzung der Agrarminister der Europaeischen Union in Luxemburg versuchen, diese Frage von der Tagesordnung zu nehmen. Bonn verlangt ein Gesamt- konzept, das Trinkwasserqualitaet, Lebensmittelrecht und Gesundheits- schutz beruecksichtigt. Der Verband der deutschen Wasserwirtschaft be- zeichnete die geplanten Richtlinien der Europaeischen Union als einen unglaublichen Rueckschritt.


Seehofer droht mit Geldstrafen

Bonn. Bundesgesundheitsminister Seehofer hat mit Geldstrafen bis zu 50.000 DM fuer illegale Rindfleischimporte aus Grossbritannien ge- droht. In der Illustrierten Bunte sagte Seehofer, die Regierung werde veranlassen, dass kuenftig jeder Fleischimporteur ein Zertifikat vom Lieferanten besorgen muss. Seehofer bezeichnete es als am wirkungs- vollsten, wenn die Haendler eine eidesstattliche Versicherung vorlegten, dass das importierte Fleisch nicht aus Grossbritannien stammt. In Grossbritannien tritt immer wieder die als Rinderwahnsinn bekannte Viehseuche auf. Eine Uebertragung dieser Krankheit auf den Menschen ist bis heute laut Seehofer allerdings nicht bewiesen.


PDS signalisiert Unterstuetzung fuer SPD-Minderheitsregierung

Stuttgart. Eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt hat die PDS signalisiert, dass sie bereit sei, eine Minderheitsregierung der SPD in Magdeburg zu unterstuetzen. Der PDS Bundesvorsitzende Biski sagte gegenueber dem Sueddeutschen Rundfunk, eine starke regierungsfaehige SPD im Landtag von Sachsen-Anhalt sei das Wunschergebnis seiner Partei. Die PDS sei bereit, politische Verantwortung zu uebernehmen, aber nicht als Koalitionspartner sondern als starke Opposition, die eine sozialdemo- kratische Regierung toleriere und unterstuetze. Biski warnte die anderen Parteien zugleich davor, die PDS und ihre Waehler pauschal zu kriminal- isieren. Diese fuehre lediglich zu einer DDR-Nostalgie. Bei den letzten Kommunal- und Europawahlen war die PDS in Ostdeutschland drittstaerkste Partei geworden. In Sachsen-Anhalt erhielt sie rund 19%, die SPD lag bei 28% und die CDU bei 30%.


Postgewerkschaft faehrt Warnstreiks zurueck

Frankfurt (Main). Die Deutsche Postgewerkschaft hat ihre Warnstreiks zurueckgefahren. Das Vorstandsmitglied der Deutschen Postgewerkschaft, Sommer, sagte am morgen, die Warnstreiks sollten allerdings nicht voellig ausgesetzt werden. Es laege auch im Interesse der Postkunden, dass die Gewerkschaft weiter Druck auf die Verhandlungen ausuebe um rasch zu einer Einigung beim Themenkomplex Sozialtarifvertrag zu kommen. Ueber weitere Streikmassnahmen wurde am Abend zu Beginn der naechsten Verhandlungsrunde in Koeln beraten. Bei den Verhandlungen zwischen Postgewerkschaft und Arbeitgebern von Telecom, Postdienst und Postbank hatte es gestern eine weitere Teileinigung gegeben. Sie sieht einen Kuendigungsschutz fuer die Beschaeftigten in Ostdeutschland nach der geplanten Privatisierung der Post vor. Arbeitszeit und Loehne fuer die ostdeutschen Postbediensteten sollen auf der Grundlage der Ver- handlungen fuer den oeffentlichen Dienst festgelegt werden. Die Verhandlungen sind ohne greifbares Ergebnis auf morgen vormittag vertagt worden. Wie Telekom-Sprecher Althoff mitteilte, haben beide Seiten ihre Haltung zur Frage der Mitbestimmung der Postbeschaeftigten dargelegt. In die konkrete Diskussion von Einzelpunkten solle dann morgen eingestiegen werden. Althoff aeusserte scharfe Kritik am Beschluss der Postgewerkschaft, trotz der Wiederaufnahme der Verhandlungen die Warnstreiks fortzusetzen. Dies zeige einmal mehr, dass es der Gewerkschaft nicht um die Verhandlungen gehe, sondern um politische Streiks mit dem Ziel, die Postreform zu kippen. Die DPG hatte am Abend in Frankfurt mitgeteilt, dass die Beschaeftigten von 11 Fernmeldeaemtern in ganz Deutschland aufgerufen worden seien, in der Nacht in den Streik zu treten. Nach den Worten ihres Sprechers Vetter haben die Arbeitgeber immer noch kein verhandlungsfaehiges Angebot fuer einen Sozialtarifvertrag nach der Privatisierung vorgelegt.


Suessmuth fordert staerkere Entlastung der Familien

Bonn. Eine staerkere Entlastung der Familien fordert Bundestagspraesidentin Suessmuth. Der Staat gebe derzeit 30 Mrd. DM fuer das Ehegattensplitting aus, aber nur 22 Mrd. DM fuer die Kinder. Das muesse umgeschichtet werden. Kindgerecht sei es, wenn das Existenzminimum fuer ein Kind von rund 600 DM monatlich von der Steuerschuld abgezogen wuerde. Fuer Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen sei eine entsprechende Kindergeldregelung noetig, so Frau Suessmuth.


DAG fuer mehr Teilzeitarbeit mit vollem Versicherungsschutz

Hamburg. Fuer mehr Teilzeitarbeit mit vollem Versicherungsschutz hat sich die Deutsche Angestelltengewerkschaft DAG ausgesprochen. Die sogenannten geringfuegigen Arbeitsverhaeltnisse ohne Renten-, Kranken- und Arbeits- losenversicherungen muessten abgeschafft werden, forderte DAG Chef Issen. Wenn es auch fuer diese Beschaeftigungen eine Versicherungspflicht gebe, bestuende kein Anreiz mehr fuer Unternehmer mit einer Zerstueckelung von Vollzeitarbeitsplaetzen Versicherungsbeitraege zu sparen.


Meinungen zu und von Scharping

Der SPD-Kanzlerkandidat Scharping ist nach Ansicht des CDU-Praesidiums- mitgliedes Geissler in keiner guten politischen Verfassung. Scharping habe im Wahlkampf schwere Fehler begangen, sagte Geissler in einem Fernseh- Interview. Der SPD-Chef sei nicht nur beim Thema Finanzpolitik ins schleudern gekommen, Unverstaendnis haetten sogar die eigenen Genossen gezeigt, als er nach der Bundespraesidentenwahl oberlehrerhafte und ruede Attacken gegen Roman Herzog geritten habe. Scharping selbst will die jetzt andauernde Koalitionsdebatte in seiner Partei mit einem Machtwort beenden. Die Tageszeitung "Die Welt" berichtet, Scharping wolle bei seiner Partei- tagsrede in Halle so klar zur Koalitionsfrage Stellung nehmen, dass niemand mehr Lust verspuere, das Thema erneut aufzugreifen.


Sportbootunfall ueberschattet Beginn der 100. Kieler Woche

Kiel. Ein schwerer Sportbootunfall mit mindestens einem Toten ueberschattete den Auftakt der 100. Kieler Woche. In der vergangenen Nacht fuhr ein Renn- boot mit vier Insassen frontal auf eine staehlerne Fahrwasserbegrenzung in der Kieler Foerde. Ein 27 Jahre alter Mann konnte nur noch tot geborgen werden. Ein weiterer Bootsinsasse wurde von der Wasserschutzpolizei am Morgen total erschoepft auf der fuenf Tonnen schweren Fahrwassermarkierung entdeckt. Taucher suchen noch nach mindestens zwei weiteren Insassen. Die Kieler Woche, die groesste Segelveranstaltung der Welt, wurde gestern abend offiziell eroeffnet.


Fahndung nach Juergen Schneider in Paraguay

Ascuncion. Die deutsche Polizei hat die Behoerden in Paraguay um verstaerkte Mithilfe bei der Fahndung nach dem untergetauchten Bauloewen Juergen Schneider gebeten. Die deutschen Fahnder sind sich sicher, dass sich der wegen Milliardenbankrotts per Haftbefehl gesuchte Unternehmer in dem latein- amerikanischen Land versteckt haelt. In Paraguay wurden Fahndungsphotos veroeffentlicht, die Schneider mit seiner Frau Claudia und seinen beiden Kindern zeigen.


Eishockeytrainer Ludek Bukac tritt zurueck

Muenchen. Eishockey-Bundestrainer Ludek Bukac ist von seinem Posten zurueck- getreten und kehrt in seine Heimat zurueck. Bukac wird neuer Cheftrainer der Nationalmannschaft in der Tschechischen Republik. Laut einer Pressemit- teilung hat der Deutsche Eishockeybund Bukacs Arbeitsvertrag auf dessen Wunsch hin gestern Abend aufgeloest. Ueber einen Nachfolger sei noch keine Entscheidung getroffen.


Quellen

SDR3    10:00 MESZ    13:00 MESZ
Radio Donau 1    11:00 MESZ    15:00 MESZ
Antenne Bayern    12:00 MESZ    16:00 MESZ
HR 3    23:00 MESZ