GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 08.01.1996



* Kinkel zu Gespraechen in Bosnien
* CSU Klausurtagung im oberbayerischen Wildbad Kreuth
* CSU-Chef Waigel fuer Sparpolitik in seiner Rede zur Klausurtagung
* Beamtenbund fordert staerkere Beteiligung bei Belangen der Beamten
* Spitzengespraech zu Buendnis fuer Arbeit von IG Metall und Arbeitgebern
* Prozess gegen Aerzte wegen zu hoher Bestrahlungen bei Krebspatienten
* Weitere Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen
* Ehemaliger Praesident Mitterand im Alter von 79 Jahren gestorben
* SPD verlangt Klarheit ueber Zukunft des Solidaritaetszuschlages
* Starker Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland im Dezember



Kinkel zu Gespraechen in Bosnien

Bundesaussenminister Kinkel ist heute frueh zu einem eintaegigen Besuch nach Sarajewo abgeflogen. Er will in der bosnischen Hauptstadt mit Praesident Izetbegovic und Regierungschef Silajdzic sowie dem Kommandeur der IFOR Friedenstruppe US-Admiral Smith sprechen. Kinkels Besuch in Sarajewo war urspruenglich bereits in Mitte Dezember geplant. Damals konnte aber seine Maschine wegen schlechten Wetters in der bosnischen Hauptstadt nicht landen.

Bundesaussenminister Kinkel will wegen der Zuspitzung der Lage in Mostar zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen Christopher Kontakt zum kroatischen Praesidenten Tudjman aufnehmen. Die kuendigte Kinkel heute bei einem Besuch in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo an. in Mostar war es in den letzten Tagen zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Kroaten gekommen. Kinkel sicherte der bosnischen Regierung weitere Hilfe Deutschlands beim Wiederaufbau des Landes zu. Ferner nahm er den internationalen Beauftragten fuer die Wiederherstellung der zivilen Infrastruktur in Bosnien Bilt (sp?) gegen Vorwuerfe von Bundesverteidigungsminister Ruehe in Schutz. Ruehe hatte am Wochenende kritisiert, die zivilen Bemuehungen um den Aufbau Bosniens hinkten weit hinter den Aktionen der Militaers her. Dazu sagte Kinkel, die NATO habe einen eingespielten Apparat zur Verfuegung, Bilt dagegen muesse ganz von vorn anfangen.


CSU Klausurtagung im oberbayerischen Wildbad Kreuth

Im oberbayerischen Wildbad Kreuth beginnt am Nachmittag das traditionelle Klausurtreffen der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Parteichef Waigel will zunaechst einen Lagebericht geben. Der Vorsitzende der Landesgruppe Gloss bezeichnete es heute frueh im Deutschlandfunk als vorangiges Ziel der Tagung, ein Programm zur Bekaempfung der Arbeitslosigkeit vorzulegen. Zugleich warnte er vor zu hohen Erwartungen. Patentrezepte gebe es nicht. Ausserdem gehe es um ein klares Bekenntnis zur europaeischen Wirtschafts- und Waehrungsunion. Gloss vertrat im uebrigen die Ansicht, dass die Freien Demokraten nach wie vor im Bonner Regierungsbuendnis gebraucht wuerden. Laut Gloss ist es nur zusammen mit den Freien Demokraten moeglich, eine buergerlich liberale Politik zu betreiben. Aus der Sicht des Politikers war das Drei-Koenigs-Treffen der FDP in Stuttgart ein Erfolg, der auch geeignet sei, die Bonner Koalition zu stabilisieren. Parteichef Waigel sagte zu Beginn der Klausurtagung, er gehe davon aus, dass das Regierungsbuendnis von FDP und CDU/CSU bis zur Wahl 1998 halte. Die CSU-Politiker wollen bei ihren dreitaegigen Beratungen vor allem ueber Sozial- und Beschaeftigungspolitik beraten.


CSU-Chef Waigel fuer Sparpolitik in seiner Rede zur Klausurtagung

Zur Schaffung neuer Arbeitsplaetze sind nach Ansicht von CSU-Chef Waigel ein nationaler Wachstums- und Stabilitaetspakt sowie schmerzhafte Einschnitte ins soziale Netz erforderlich. Deutschland stehe oekonomisch am Scheideweg sagte Waigel zum Auftakt der dreitaegigen Klausurtagung seiner Partei in Wildbad Kreuth. Den Buegern muessten die Grenzen des Wohlfahrtstaates klargemacht werden. In der Tarifpolitik sei mehr Flexibilitaet erforderlich, meinte Waigel. Den von der FDP geforderten raschen Abbau des Solidaritaetszuschlags koenne es nur um den Preis weiterer Einsparungen in Milliardenhoehe geben. Der CSU-Chef bekannte sich zur Fortsetzung der Bonner Regierungskoalition auch im Falle weiterer Niederlagen der Liberalen bei den naechsten Landtagswahlen.


Beamtenbund fordert staerkere Beteiligung bei Belangen der Beamten

Der ehemalige Praesident des Bundesverfassungsgerichtes Benda verlangt die staerkere Beteiligung der Beamten an allen Gesetzgebungsverfahren, die ihre Belange betreffen. Dies schreibe die Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 des Grundgesetzes vor, sagte Benda heute auf der Beamtenbundtagung in Bad Kissingen. Da das geltende Bundesbeamtengesetz keinen solchen Beteiligungsanspruch vorsehe, muesse es neu gestaltet werden. Zuvor hatte Bundesinnenminister Kanther auf der Tagung die Plaene zur Reform des oeffentlichen Dienstes verteidigt. Zugleich aber wandte er sich gegen die Kuerzung von Beamtenbezuegen in Krisenzeiten. Auch der Vorsitzende des Beamtenbundes Gaier (sp?) hatte mit Kritik auf Vorschlaege zu einer Nullrunde fuer Staatsbedienstete reagiert.


Spitzengespraech zu Buendnis fuer Arbeit von IG Metall und Arbeitgebern

Frankfurt. Zu einem Spitzengespraech zu einem Buendnis fuer Arbeit treffen sich heute IG Metall und Arbeitgeberverband. Hauptthema des Gespraechs soll der Vorschlag von IG-Metall-Chef Zwickel sein, im Gegenzug fuer die Schaffung neuer Arbeitsplaetze auf Lohnsteigerungen ueber die Inflationsrate hinaus zu verzichten. Die IG Metall fordert weiter, dass Ueberstunden kuenftig mit Freizeit statt mit Geld verrechnet werden, um so neue Stellen zu schaffen.

Mit dem erklaerten Willen zur Verhandlungsbereitschaft sind die Tarifparteien der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie zu ersten Gespraechen ueber ein Buendnis fuer Arbeit zusammengekommen. Vor Beginn des Gespraeches in der Naehe von Frankfurt am Main sagte IG-Metall-Chef Zwickel am Nachmittag, er rechne mit einem prinzipiellen JA des Arbeitgeberverbandes fuer einen Beschaeftigungspakt. In dieser Runde seien konkrete Absprachen jedoch noch nicht zu erwarten. Er hoffe, dass bis zur naechsten Kanzlerrunde am 23. Januar erste Ergebnisse auf dem Tisch laegen. Gesamtmetallpraesident Gotschol erklaerte, sein Verband koenne den Unternehmen keine Beschaeftigungsgarantien von Oben verordnen. Er bekraeftigte seine Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten. Zwickel hatte fuer die Tarifverhandlungen 1997 eine reale Nullrunde angeboten, falls die Arbeitgeber sich im Gegenzug zur Schaffung von 100,000 neuen Arbeitsplaetzen bereiterklaerten.

Ohne konkrete Ergebnisse haben am Abend die Tarifparteien der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie ihr erstes Spitzengespraech ueber einen Beschaeftigungspakt beendet. Ein neuer Meinungsaustausch soll am kommenden Donnerstag in Duesseldorf stattfinden. Die Arbeitgeber hatten im Verhandlungsverlauf ein eigenes Angebot vorgestellt das den Titel Buendnis fuer Arbeit und Wettbewerbsfaehigkeit traegt. Es sieht Einstiegsloehne fuer Langzeitarbeitslose, die Moeglichkeit Tarifleistungen wie Weihnachtsgeld gegen Beschaeftigungsgarantien zu senken sowie Anreize zum Abbau von Ueberstunden vor. Das Paket wurde von der IG Metall begelehnt.


Prozess gegen Aerzte wegen zu hoher Bestrahlungen bei Krebspatienten

Duesseldorf. Vor dem Landgericht beginnt der Prozess gegen zwei Aerzte und einen Physiker. Ihnen wird der Tod von mindestens fuenf Krebspatienten zur Last gelegt, die nach zu hoch dosierten Bestrahlungen gestorben sind. Aufgrund falsch berechneter Bestrahlungstabellen wurden insgesamt mindestens 150 Patienten falsch behandelt, der groesste Teil von ihnen ist inzwischen gestorben.


Weitere Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen

Singen. Am Abend und in der Nacht sind wieder drei Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen in Singen, Mannheim und Ulm veruebt worden. Verletzt wurde niemand. Es entstand in allen drei Faellen nur geringer Sachschaden. In Hamburg-Altona warfen Unbekannte einen Brandsatz auf eine grosse Strassenkreuzung, auch hier wurde niemand verletzt. Die Taeter hinterliessen ein Transparent in tuerkischer Sprache mit dem sie gegen die Unterdrueckung in tuerkischen Gefaengnissen protestierten. Die Polizei vermutet, dass es sich bei der Anschlagserie der letzten Tage um eine bundesweite Aktion der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK handelt.


Ehemaliger Praesident Mitterand im Alter von 79 Jahren gestorben

Der heute im Alter von 79 Jahren verstorbene fruehere franzoesische Praesident Mitterand ist von Politikern in aller Welt als ein bedeutender Staatsmann gewuerdigt worden. In zahlreichen Beileidstelegrammen und Stellungnahmen wurde ausserdem sein Engagement fuer die europaeische Einigung hervorgehoben. Die fuehrenden Repraesentanten der Bundesrepublik erinnerten ausserdem an den Einsatz Mitterands fuer die deutsch-franzoesische Aussoehnung. Bundespraesident Herzog erklaerte, Deutschland habe einen grossen Freund und Europa einen Visionaer von hohem Rang verloren. Bundeskanzler Kohl sagte, Mitterands politische Vision vom vereinten Europa werde fuer die Deutschen auch kuenftig Vermaechtnis und Ansporn sein.


SPD verlangt Klarheit ueber Zukunft des Solidaritaetszuschlages

Die Bundestagsfraktion der SPD verlangt von den Regierungsparteien Klarheit ueber die Zukunft des Solidaritaetszuschlages. Bislang sei noch nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die Koalition vorgehen wolle, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Poss heute in Bonn. Unterdessen kuendigte das Parteipraesidium an, man werde bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung auf den Abbau von Steuersubventionen draengen, um Spielraum fuer die Rueckfuehrung des Solidarzuschlags zu schaffen. Ausserdem sprach sich das unter Leitung von Parteichef Lafontaine tagende Gremium gegen eine hoehere Schuldenaufnahme zur Bekaempfung der Arbeitslosigkeit aus. Stattdessen sei eine rasche Senkung der Lohnnebenkosten erforderlich.


Starker Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland im Dezember

Frankfurt. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau im Dezember stark angestiegen. Sie erhoehte sich um 231,000 auf 3,79 Millionen. Die Quote wuchs damit auf 10.9 Prozent. Die Bundesanstalt fuer Arbeit will die Zahlen morgen offiziell bekanntgeben.


Quellen

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