GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 01.10.1996



* Bundesweite Protestes gegen Lohnkuerzungen
* OETV und IG Metall gemeinsam fuer volle Lohnfortzahlung
* CDU-Entwurf zur Steuerreform
* UNHCR kritisiert Innenministerbeschluss
* 60 bis 70 Millarden DM Steuergelder verschwendet
* Steuerprozess gegen Peter Graf geht weiter
* Goennenwein wegen Haushaltsuntreue vor Gericht
* Boerse
* Das Wetter



Bundesweite Protestes gegen Lohnkuerzungen

Stuttgart. Mit Warnstreiks und Protestkundgebungen im gesamten Bundesgebiet haben Arbeitnehmer gegen die seit heute wirksamen Kuerzungen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall protestiert. Nach Angaben des Gesamtbetriebsrates von Daimler Benz beteiligten sich an den Demonstrationen etwa 100.000 Konzernbeschaeftigte. Allein 16.000 Mitarbeiter gingen im Werk Sindelfingen nach der Frueschicht heim. 10.000 waren es in Untertuerkheim, 6.500 in Mannheim und auch in allen kleineren Werken legten die Beschaeftigten die Arbeit nieder. Bilanz der ersten Protestwoche fuer den Konzern: weit ueber 4.000 PKW und LKW rollten nicht vom Band. Allein bei Mercedes-Benz betraegt der Produktionsausfall weit ueber 200 Millionen DM. Auch in anderen Betrieben zeigten sich heute die Arbeitnehmer solidarisch mit den Daimler-Beschaeftigten und das mit kurzfristigen Arbeitsniederlegungen. Am Morgen waren rund 700 Delegierte der OETV zu einem Protestmarsch vor dem Mercedeswerk in Untertuerkheim erschienen. OETV-Chef Herbert Mai erklaerte, ein derartiger Sozialabbau werde nicht so ohne weiteres hingenommen. Daimler Gesamtbetriebsrat Karl Feuerstein kuendigte heute weitere Aktionen an, falls der Daimler-Vorstand seine Entscheidung nicht rueckgaengig mache.

Der Automobilhersteller Audi kuendigte an, erkrankten Mitarbeitern auch kuenftig den vollen Lohn zu zahlen. Allerdings sollen 20 Prozent der ausgefallenen Arbeitszeit auf einem sogenannten Zeitkonto als Schulden angerechnet werden. Ueber deren Abbau soll zu einem spaeteren Zeitpunkt entschieden werden. Auch Porsche will die heute in Kraft getretene Neuregelung der Lohnfortzahlung vorerst nicht umsetzen. Das erklaerte Vorstandschef Wideking in Paris. Nach seinen Worten ist der Krankenstand in der deutschen Automobilbranche niedrig. Unterdessen hat die Siemens AG ihre Entscheidung zur Kuerzung der Lohnfortzahlung nach Darstellung der IG Metall wieder rueckgaengig gemacht. Wie die Gewerkschaft mitteilte, sollen erkrankte Angestellte auch kuenftig 100 Prozent ihrer Gehaelter erhalten.


OETV und IG Metall gemeinsam fuer volle Lohnfortzahlung

Stuttgart. Die Gewerkschaften OETV und IG Metall wollen gemeinsam fuer die volle Lohnfortzahlung fuer Kranke kaempfen. Der wiedergewaehlte OETV-Vorsitzende Mai sagte auf dem Bundeskongress seiner Gewerkschaft, den Arbeitgebern muesse man geschlossen gegenuebertreten. Mai hatte zuvor fuer eine zweite Amtszeit 88.5 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten. Auch seine Stellvertreter Warburg und Schmid wurden im Amt bestaetigt.


CDU-Entwurf zur Steuerreform

Die CDU will die Steuersaetze deutlich senken und im Gegenzug Ausnahmen im Steuerrecht abschaffen. Der Spitzensteuersatz solle von derzeit 53 auf 35 Prozent ermaessigt werden, heisst es in einem in Bonn vorgestellten Leitantrag fuer den CDU-Parteitag zur geplanten Steuerreform. Ausserdem solle der Eingangssteuersatz kuenftig von derzeit 25.9 Prozent auf unter 20 Prozent gesenkt werden. Ziel sei es, die Leistungs- und Investitionsbereitschaft zu foerdern und die Motivation zur Arbeitsaufnahme zu staerken, sagte Unionsfraktionschef Schaeuble. Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosenhilfe, sowie Arbeitslosen- und Erziehungsgeld sollten kuenftig besteuert werden, kuendigte Schaeuble an.


UNHCR kritisiert Innenministerbeschluss

Das UNO-Fluechtlingskommissariat in Genf hat die Vereinbarung der deutschen Innenminister kritisiert, nach der heute mit der Rueckfuehrung bosnischer Kriegsfluechtlinge in ihre Heimat begonnen werden kann. Eine Sprecherin des UNHCR sagte, die von ihnen veroeffentlichte Liste mit 22 sicheren Regionen in Bosnien sei von den deutschen Behoerden falsch interpretiert worden. Sie enthielte nur Angaben ueber die persoenliche Sicherheit. Eine Rueckkehr sei angesichts des bevorstehenden Winters aber nur dann moeglich, wenn es genuegend Unterkuenfte und Versorgungsmoeglichkeiten gebe. Die Arbeitsgemeinschaft fuer Fluechtlinge, Pro Asyl, appellierte in Frankfurt am Main an Kanzler Kohl und Aussenminister Kinkel, eine zwangsweise Rueckfuehrung durch die Laender Berlin, Baden-Wuerttemberg und Bayern zu verhindern.


60 bis 70 Millarden DM Steuergelder verschwendet

Berlin. Nach Einschaetzung des Steuerzahlerbundes sind in Deutschland im vergangenen Jahr 60 bis 70 Milliarden DM an Steuergeldern verschwendet worden. Lohnsteuer und Einkommenssteuer koennten um ein Viertel gesenkt werden, wenn diese Milliarden eingespart worden waeren, so der Praesident des Steuerzahlerbundes, Karl-Heinz Daehlke. In seinem neuen sogenannten Schwarzbuch dokumentiert der Steuerzahlerbund 104 Faelle von Verschwendung. Aus Sicht der Kritiker Fehlplanungen und Bauskandale, Prunk und Protz auf Kosten der Steuerzahler. So wurde in Bremen eine acht Millionen DM teure Eissporthalle nach 13 Jahren abgerissen, obwohl sie weder Schaeden noch Maengel gehabt habe. Im Strassenbauamt in Hameln stand vier Jahre lang originalverpackt und unbenutzt eine 35.000 DM teure Teerspritzmaschine. Die Mitglieder des Bauausschusses des Bundestages reisten in die USA, um sich bei amerikanischen Experten ueber preiswerten Wohnungsbau zu informieren. Zur gleichen Zeit fand ein Fachkongress zu diesem Thema in Muenchen statt, auch amerikanische Experten waren dort. Um die Verschwendung von Steuergeldern zu bekaempften fordert der Bund der Steuerzahler eine Reform des Strafrechts. Wer in einem oeffentlichen Amt Geld verschwendet, soll dafuer Schadensersatz leisten.


Steuerprozess gegen Peter Graf geht weiter

Im Steuerprozess gegen Peter Graf hat sein frueherer Berater Schmid heute vor dem Mannheimer Landgericht teilweise von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Sein Anwalt begruendete dies damit, dass gegen Schmid selbst wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt werde. Unter Ausschluss der Oeffentlichkeit habe Schmid aber Fragen zu Medikamenten- und Alkoholkonsum des Vaters der Tennisspielerin Steffi Graf beantwortet.


Goennenwein wegen Haushaltsuntreue vor Gericht

Stuttgart. Seit heute muessen sich der ehemalige Generalintendant der wuerttembergischen Staatstheater, Goennenwein, und sein damaliger Verwaltungsdirketor Kwati wegen Haushaltsuntreue vor Gericht verantworten. Die beiden angeklagten Ex-Theaterchefs der wuerttembergischen Staatstheater sollen die Etas der Theater um insgesamt etwa 4.3 Millionen DM geschaedigt haben. Jahrelang zwischen 1985 und 1990 wurden Rechnungen ins naechste Jahr geschoben, wenn der Etat bereits ausgeschoepft war - ohne Absprache mit den zustaendigen Ministerien. So musste das Land Baden-Wuerttemberg 1991 fuer den Schuldenberg des teuren Theaters im Nachtragshaushalt aufkommen, heisst es in der Anklageschrift. Beide, sowohl der Generalintendant als auch der Verwaltungsdirektor haetten aufgrund ihrer Vertraege dafuer sorgen muessen, dass das Dreispartenhaus mit den jeweils zugewiesenen Mitteln auskomme. Wolfgang Goennenwein, der 1992 nach heftigen Krisen im Staatstheater als Generalintendant zuruecktreten musste, hat den Vorwurf der Haushaltsuntreue heute entschieden zurueckgewiesen. Der kulturelle Mehrwert, den er dem Land verschafft habe, sei politisch gewollt gewesen. Das wuerden die zustaendigen Politiker hier vor dem Stuttgarter Landgericht wohl bezeugen.


Boerse

DAX      2654 Punkte
1 US-$ = DM 1.5248



Das Wetter

Die Lage: Ein quer ueber Deutschland liegender Tiefauslaeufer trennt Warmluft im Suedosten von kuehler Meeresluft im Nordwesten. Die Vorhersage: Anfangs im Osten und Sueden noch aufgelockert, sonst bedeckt und regnerisch. Morgen wechselnd wolkig mit einzelnen Schauern, am Alpenrand bedeckt mit Regen. Hoechstwerte nur noch 10 bis 15 Grad. Die weiteren Aussichten: Am Donnerstag heiter bis wolkig, an den Alpen anfangs noch etwas Regen, weiterhin kuehl. Am Freitag im Suedosten freundlich und bis 20 Grad. Sonst von Westen her zeitweise Regen.


Quellen

SDR 3    16:00 MESZ
DLF    16:00 MESZ
B5    16:30 MESZ