GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 17.12.1996



* Breite Kritik an Plaenen zur Rentenbesteuerung
* Joachim Becker bleibt vorerst SPD-Mitglied
* Mehrere ehemalige Buergerrechtler treten in die CDU ueber
* Mehrjaehrige Haftstrafen im Prozess um den European Kings Club
* Ruettgers legt Bilanz zum Lehrstellenmark vor
* Suttgarter Oberbuergermeister Manfred Rommel feierlich verabschiedet
* Tarifverhandlungen der Chemieindustrie in entscheidender Runde
* Tarifverhandlungen im Norden Baden-Wuerttembergs dauern an
* Diesjaehrige Finanzierungsluecke wird 110 Mrd. DM erreichen
* Baden-Wuerttemberg schafft Wintersmogverordnung ab
* Bayern fordert Nachbesserungen an deutsch-tschechischer Erklaerung
* Beugehaft fuer Palaestinenserin Andrawes
* Anzeige gegen Suessmuth wegen privater Nutzung von Bundeswehrmaschinen
* Schalck-Golodkowski wieder vor Gericht
* Drei Tote bei Lawinenunglueck in Kanada



Breite Kritik an Plaenen zur Rentenbesteuerung

Bonn. Die Plaene der Bonner Koalition zur Rentenbesteuerung sind auf breite Kritik gestossen. Die Gewerkschaft DAG und der Sozialverband VdK protestierten dagegen. VdK-Praesident Hierlinger kuendigte auch Widerstand beim Bundesverfassungsgericht an. Eine steuerliche Belastung der Renten waere eine glatte Rentenkuerzung. Da der Beitrag zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen entrichtet worden sei, wuerde die Rente doppelt besteuert.


Joachim Becker bleibt vorerst SPD-Mitglied

Stuttgart. Der Pforzheimer Oberbuergermeister Joachim Becker bleibt vorerst SPD-Mitglied. Die Schiedskommision der Landes-SPD hob am Abend den Beschluss des Vorstandes auf, wonach die Mitgliedsrechte Beckers ruhten. Die Spitze der Suedwest-SPD hatte Becker wegen seiner Kandidatur bei der Oberbuergermeisterwahl in Stuttgart parteischaedigendes Verhalten vorgeworfen und gegen ihn ein Ausschlussverfahren eingeleitet. Warum die Schiedskommision das Verfahren nun gestoppt hat, wurde nicht bekannt. Der SPD-Landesvorstand ist mit der Entscheidung nicht zufrieden und behaelt sich den Gang vor das Bundesschiedsgericht vor.


Mehrere ehemalige Buergerrechtler treten in die CDU ueber

Bonn. Die Gruene Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld wirft ihrer Partei vor, sich vor allem in Ostdeutschland aus taktischen Gruenden der PDS anzunaehern und damit das politische Erbe der Buergerrechtler preiszugeben. Deshalb verlaesst Lengsfeld die Gruenen und wechselt zur CDU. Das gab sie bereits gestern bekannt. Heute trat Vera Lengsfeld mit mehreren ehemaligen Buergerrechtlern, die ebenfalls der CDU beitreten wollen, vor die Presse. Mit Vera Lengsfeld haben heute vormittag auch einige andere Vertreter der DDR-Buergerrechtsbewegung ihren Wechsel zur CDU erklaert. Dazu gehoeren auch der fruehere Fraktionsvorsitzende von Buendnis90/Gruene im brandenburgischen Landtag Guenter Nooke, der derzeitige Fraktionschef der Buendnis/Gruenen im Stadtrat von Halle Wolfgang Kupke und die Mitbegruenderin der ostdeutschen SPD Angelika Barbe. Erst gestern hat Vera Lengsfeld ihre bisherige Fraktion von ihrem Schritt in einem ausfuehrlichen Brief informiert. Von Seiten der CDU habe es dazu gar keine Ermutigung gegeben. Es sei ihr eigener Entschluss gewesen und sie habe sich mit diesem Entschluss sehr schwer getan. Sie habe sehr lange ueberlegt, und versucht, innerhalb der Buendnis/Gruenen die Weichen anders zu stellen. Immer wieder habe sie sich oeffentlich und parteiintern ganz klar geaeussert. Vera Lengsfeld will ihr Bundestagsmandat nicht zurueckgeben. Sie habe den Wahlkampf mit einer klaren Linie gegen die PDS gefuehrt und damit ein hervorragendes Wahlergebnis erzielt. Sie wolle den Waehlerauftrag nun in der CDU erfuellen. Mit offenen Armen empfaengt Hintze die neuen Parteimitglieder. Der Uebertritt der Buendnis/Gruenen Vera Lengsfeld und sechs Kollegen aus der Buergerrechts- bewegung sei ein Gewinn und zeige, dass die Ideale von Freiheit und Einheit nur in der CDU zu verwirklichen seien, freute sich Hintze. Gruenen-Fraktionssprecher Fischer bedauert den Wechsel sehr. Enttaeuscht sei er darueber, dass seine Fraktions-Kollegin nicht ueber den Wechsel und ihre Motive gesprochen habe.


Mehrjaehrige Haftstrafen im Prozess um den European Kings Club

Frankfurt/Main. Im Prozess um den European Kings Club (EKC) sind drei ehemalige Fuehrungsmitglieder heute zu mehrjaehrigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Frankfurter Landgericht befand die Maenner des Betrugs von Geldanlegern sowie der Organisation einer kriminellen Vereinigung fuer schuldig. Laut Anklage hat der EKC mehr als 30.000 Menschen bei Geldanlagen betrogen. Der finanzielle Schaden wird auf 850 Mio. DM geschaetzt. Die Richter verurteilten jeweils zwei der Angeklagten zu je sieben Jahren Haft und einen weiteren zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Gegen eine vierte Angeklagte, die ehemalige Praesidentin des dubiosen Vereins Tamara Bertges (sp?) wird weiterverhandelt, denn sie hat bisher noch kein Gestaendnis abgelegt. Das Gericht blieb mit dem heutigen Urteil nur ganz knapp unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafen. Ein Beleg dafuer, dass es im Vorfeld einen Handel zwischen Anklage und Verteidigung gegeben hat: Teilgestaendnisse der Angeklagten gegen milde Urteile. Der European Kings Club hatte in der ersten Haelfte der 90-er Jahre ueber 90.000 ahnunglose und gutglaeubige Anleger mit einem raffinierten Schneeballsystem und dem Versprechen von ueber 70% Gewinn pro Jahr zwei Mrd. DM aus den Taschen gezogen. Knapp ueber eine Mrd. DM wurde zurueckbezahlt, der Rest ist verschwunden oder verloren. In einem parallel zu diesem Strafverfahren laufenden Konkursprozess haben 35.000 Geschaedigte bisher Forderungen von rund 900 Mio. DM erhoben.


Ruettgers legt Bilanz zum Lehrstellenmark vor

Bonn. Bundesbildungsminister Ruettgers hat heute die Bilanz zur Lage auf dem Lehrstellenmarkt vorgelegt. Die Situation ist nach wie vor alles andere als zufriedenstellend. Die Wirtschaft hat ihr Versprechen nicht eingehalten, mehr Lehrstellen zu schaffen. Der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage wurde nur knapp erreicht und auch das nur auf dem Papier. Obwohl 38.000 junge Menschen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, stimmt fuer Bildungsminister Ruettgers die Bilanz. Schliesslich haetten 574.000 Jugendliche Lehrvertraege abschliessen koennen und ausserdem seien noch gut 42.000 Stellen offen. Das zeige, dass der bundesweite Ausgleich von Angebot und Nachfrage erneut geschafft worden sei. In den Gepraechen mit Kohl hatte die Wirtschaft versprochen, in diesem Jahr 625.000 Lehrstellen anzubieten, 50.000 weniger sind herausgekommen. Junge Leute muessten nun eben notfalls umsatteln und dort hinziehen, wo ein Ausbildungsplatz frei sei, so Ruettgers Empfehlung. Neue Ausbildungschancen gab es vor allem bei Banken und Versicherungen, sowie im Gast- und Verkehrsgewerbe, wo ein Lehrstellenplus von zwei Prozent erreicht wurde. Duester sieht es dagegen im Handwerk aus, dort ging die Zahl der Lehrstellen um zwei Prozent zurueck, Und auch im naechsten Jahr ist laut dem Generalsekretaer des Handwerksverbandes Schleier keine Trendwende in Sicht. Wegen der Lehrstellenknappheit will die SPD im Bundestag nun einen Gesetzesentwurf vorlegen, der Geldstrafen fuer Betriebe vorsieht, die keine Ausbildungsplaetze anbieten. Die Spitzenverbaende der deutschen Wirtschaft werden fuer das kommende Jahr kein Lehrstellenversprechen abgeben. Spitzenmanager erklaerten lediglich, man wolle alles versuchen, um im naechsten Jahr das Angebot fuer junge Menschen zu steigern. In den beiden vergangenen Jahren hat die Wirtschaft ihre Versprechen nicht eingehalten.


Suttgarter Oberbuergermeister Manfred Rommel feierlich verabschiedet

Stuttgart. Mit einem Festakt im wuerttembergischen Staatstheater ist heute der Stuttgarter Oberbuergermeister Manfred Rommel in den Ruhestand verabschiedet worden. Bundeskanzler Kohl ueberreichte dem 67-jaehrigen das grosse Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Dabei handelt es sich um die hoechste Auszeichnung Deutschlands. In seiner Rede wuerdigte Kohl Rommels Engagement fuer die Voelkerverstaendigung und die deutsch-franzoesische Zusammenarbeit. Kohl sagte, Rommel habe vieles zur Offenheit der Stadt Suttgart beigetragen. In seiner Dankesrede rief Rommel dazu auf, die Demokratie zu staerken und zu erhalten. Die Stadt Stuttgart verleiht am Donnerstag Manfred Rommel die Ehrenbuergerwuerde. Zum neuen Oberbuergermeister der Landeshauptstadt ist vor kurzem Wolfgang Schuster, ebenfalls CDU, gewaehlt worden.


Tarifverhandlungen der Chemieindustrie in entscheidender Runde

Bad Homburg. Die Tarifverhandlungen fuer die knapp 600.000 Beschaeftigten in der westdeutschen Chemieindustrie gehen heute in Bad Homburg in die moeglicherweise entscheidende Runde. Nach dem Vorbild der Metallbranche sind auch die Chemiearbeitgeber jetzt ueber eine Beibehaltung der vollen Lohnfortzahlung mit sich reden zu lassen. Sie erwarten dafuer aber im Gegenzug auch von den Gewerkschaften gewisse Zugestaendnisse. Die Metaller befluegeln die Kollegen der Chemie. Vieles deutet darauf hin, dass heute Abend im hessischen Bad Homburg ein Tarifvertrag unter Dach und Fach kommt, der die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall fuer die 590.000 Chemiebeschaeftigten in den alten Bundeslaendern sicherstellt. Der Verhandlungsfuehrer der Industriegewerkschaft Chemie Hans Terbrak (sp?) geht davon aus, dass in der heutigen Verhandlung die 100% Entgeltfortzahlung nicht mehr strittig sein werden. Man seie sich allerdings von Anfang an darueber klar gewesen, dass man zur Sicherung der Lohnfortzahlung auch irgendeine Kompensation brauche. Das bedeutet, dass die Erhoehung der Einkommen weitaus niedriger ausfallen duerfte als in den vergangenen Jahren, so wie bei Metall in Niedersachsen und auch in Bayern. Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten. Der Sprecher des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie Burkhard Jahn (sp?) ist kompromissbereit und will versuchen noch in diesem Jahr einen Kompromiss zustande zu bringen. Auch bei Chemie ein Abschluss in Sicht, der auf die Kostenentlastung der Unternehmen Ruecksicht nimmt.


Tarifverhandlungen im Norden Baden-Wuerttembergs dauern an

Stuttgart. Die Metall-Tarifverhandlungen fuer den Bereich Nordwuerttemberg/Nordbaden kommen offenbar nicht voran. Arbeitgeber und Gewerkschaften richten sich auf eine lange Nacht ein. Klar scheint, dass auch in Nordwuerttemberg/Nordbaden die volle Lohnfortzahlung fuer Kranke erhalten bleibt. Die Frage ist, welche Gegenleistung die Gewerkschaft dafuer bringen muss. Klaus Fritsche, der fuer die Arbeitgeber erstmals nach Dieter Hund die Verhandlungen fuehrt, will einen Abschluss erzielen, der den Gegebenheiten von Nordwuerttemberg/ Nordbaden angepasst ist. Dabei will er vor allem betriebliche Oeffnungsklauseln im Tarifvertrag festschreiben, d.h. bei entsprechender Auftragslage muesse es Unternehmern moeglich sein, Loehne und Gehaelter fuer einen bestimmten Zeitraum abzusenken.


Diesjaehrige Finanzierungsluecke wird 110 Mrd. DM erreichen

Frankfurt. Die Finanzierungsluecke der oeffentlichen Haushalte wird nach Berechnungen der Bundesbank in diesem Jahr auf ueber 110 Mrd. DM wachsen. Im neuesten Monatsbericht erklaeren die Frankfurter Waehrungshueter, die Sparbemuehungen von Bund, Laendern, Gemeinden und Sozialkassen reichten noch nicht aus. 1997 sei eine noch striktere Ausgabendisziplin notwendig.


Baden-Wuerttemberg schafft Wintersmogverordnung ab

Stuttgart. Baden-Wuerttemberg schafft die Wintersmogverordnung ab. Wie das Stuttgarter Umwelt- und Verkehrsministerium heute mitteilte, sind die klassischen Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid in den vergangenen Jahren so vermindert worden, dass die Verordnung ueberfluessig geworden ist. So lagen in Baden-Wuerttemberg in den vergangenen Jahren die monatlichen Maximalwerte der Schadstoffe um 50% unter den Vorwarnwerten der Wintersmogverordnung.


Bayern fordert Nachbesserungen an deutsch-tschechischer Erklaerung

Muenchen. Die bayerische Staatsregierung hat in der deutsch-tschechischen Versoehnungserklaerung offenbar noch Maengel ausfindig gemacht. Nach einer Kabinettssitzung forderte Ministerpraesident Stoiber heute noch einige Nachbesserungen. Gast beim Kabinett war heute auch der Sprecher der sudetendeutschen Landsmannschaft Franz Neubauer. Ein Ja zur deutsch-tschechischen Erklaerung, aber mit Bedingungen, das ist das Fazit der heutigen Sitzung des bayerischen Ministerrats. Ministerpraesident Edmund Stoiber legte zwei wesentliche Forderungen auf den Tisch: Erstens, so Stoiber, duerfe das Wort Vertreibung nicht durch die tschechische Uebersetzung abgeschwaecht werden. Zum Zweiten verlangt die Staatsregierung, dass Bayern als Schirmland der Sudetendeutschen und die Sudentendeutschen selbst an den Projekten aus dem Zukunftsfond und an dem deutsch-tschechischen Gespraechsforum beteiligt werden. Spaetestens mit der Unterzeichnung der Erklaerung muesse es eine Zusage fuer ein Gespraech der tschechischen Seite mit den Sudetendeutschen geben, verlangte Stoiber. Der Sprecher der sudetendeutschen Landsmannschaft Franz Neubauer blieb bei seinem Nein zur Erklaerung, wuerdigte aber die Forderungen der Staatsregierung. Trotz aller Bedenken sieht die Staatregierung einen wichtigen Baustein im Verstaendigungsprozess, betonte Stoiber, es komme nun darauf an, was in der Zukunft geschehe.


Beugehaft fuer Palaestinenserin Andrawes

Frankfurt. Gegen die Palaestinenserin Suhaila Andrawes hat das Oberlandesgericht Beugehaft verhaengt, die bis zu sechs Monaten gehen kann. Sie ist Kronzeugin im Prozess gegen die als RAF-Helferin angeklagte Monika Haas. Die einzige Ueberlebende des Palaestinenserkommandos, das im Oktober 1977 die Lufthansamaschine Landshut entfuehrt hatte, verweigerte erneut die Aussage. Da Frau Andrawes nach ihrer Verurteilung zu 12 Jahren Freiheitsstrafe kein Recht mehr hat, die Aussage zu verweigern, wurde die Beugehaft verhaengt. In frueheren Aussagen hatte sie Monika Haas schwer beschuldigt. Frau Haas soll 1977 die Waffen fuer die Entfuehrung der Landshut nach Mallorca gebracht haben.


Anzeige gegen Suessmuth wegen privater Nutzung von Bundeswehrmaschinen

Bonn. Die angebliche private Nutzung von Bundeswehrmaschinen durch Bundestagspraesidentin Suessmuth beschaeftigt nun auch die Justiz. Nach Angaben der Bildzeitung wurde eine Anzeige erstattet. Die Bonner Staatsanwaltschaft pruefe die Angelegenheit. Suessmuth soll mit Bundeswehrmaschinen zu privaten Besuchen in die Schweiz zu ihrer Tochter geflogen sein.


Schalck-Golodkowski wieder vor Gericht

Berlin. Der fruehere DDR-Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski (sp?) ist zum siebten Mal angeklagt worden. Diesmal wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, 12 Mio. DM aus Staatsunternehmen beiseite geschafft zu haben.


Drei Tote bei Lawinenunglueck in Kanada

Vancouver. Fuenf deutsche Skifahrer sind auf einem Gletscher im Westen Kanadas von einer Lawine verschuettet worden. Drei kamen ums Leben, zwei wurden gerettet. Die Skifahrer waren mit dem Hubschrauber auf den Gletscher geflogen worden. Das Unglueck ereignete sich beim Wintersportort Whistler (sp?).


Quellen

Radio 7:    09:00 MEZ    14:00 MEZ    17:00 MEZ
B 5:    09:30 MEZ    14:30 MEZ    17:30 MEZ
SWF 3:    10:00 MEZ    15:00 MEZ    18:00 MEZ