GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 02.07.1995



* Sozialdemokratischer Landesparteitag in Hagen
* Designierung der von Buendnis 90/Die Gruenen gestellten Minister in NW
* Waigel gegen von SPD verlangte Steuererhoehungen
* Herzog will sich verstaerkt fuer Probleme des Arbeitsmarktes einsetzen
* Polnischer Aussenminister aeussert sich zum polnisch-deutschen Verhaeltnis
* Tarifverhandlungen im Westberliner Einzelhandel abgeschlossen
* Zentralrat der Juden warnt vor Bauverzoegerung des Holocaust-Mahnmals
* Wissmann will "Fuehrerscheintourismus" ins Ausland stoppen
* Greenpeace gegen Gesetzentwurf zur Bekaempfung des Sommersmogs
* Aufloesung einer verbotenen Kundgebung durch Leipziger Polizei
* Ingeborg-Bachmann-Preis in Wien vergeben
* Sportflugzeug abgestuerzt



Sozialdemokratischer Landesparteitag in Hagen

In Hagen fand heute der sozialdemokratische Landesparteitag statt. Zentrales Thema der Beratungen war der mit Buendnis 90/Die Gruenen ausgehandelte Vertrag zur Bildung einer Koalitionsregierung in Duesseldorf. Der Landesparteitag stimmte dem Buendnis fast einstimmig zu. Vor dem Tagungsgebaeude hatten sich mehrere tausend Bergleute versammelt, um gegen den Kompromiss zum umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler 2 zu demonstrieren. An der Aktion beteiligten sich auch Strassenbauarbeiter, die ihre Belange durch die geplanten Einsparungen in Bereich des Strassenbaus nachteilig beruehrt sehen. Auf Transparenten und in Sprechchoeren werfen sie den Sozialdemokraten Verrat vor. Die Gruenen wurden auf mitgefuehrten Plakaten beschuldigt, Arbeitsplaetze in der Braunkohle zu vernichten. Gestern haben die Buendnis-Gruenen auf ihrer ausserordentlichen Landesversammlung im niederrheinischen Keevelaar die Vereinbarungen mit der SPD zur gemeinsamen Ausgestaltung der Legislaturperiode mit grosser Mehrheit gebilligt. Die Gruenen interpretieren den Kompromiss zu Garzweiler dahingehend, dass bis zum Jahr 2000 ueberhaupt nichts passiert und dann erst ueber einen moeglichen Aufschluss der neuen Lagerstaette entschieden wird. Der nordrhein-westfaelische Ministerpraesident Rau bekraeftigte gegenueber den Demonstranten, er habe sein 'Ja' zu Garzweiler nie zurueckgenommen. Und er halte an dem Ziel fest, dass im Jahr 2006 mit dem Abbau begonnen werde. Weiterhin hat Rau die rot-gruene Koalitionsvereinbarung fuer das Bundesland gegen Kritik verteidigt. Auf dem Sonderparteitag der SPD in Hagen sagte Rau, angesichts des Wahlergebnisses vom Mai sei nicht mehr durchsetzbar gewesen, doch trage der Koalitionsvertrag unverwechselbar die Handschrift der Sozialdemokraten. Er plaedierte dafuer, den Koalitionsvertrag anzunehmen. Der Regierungschef bekraeftigte zudem, er sei bereit, weitere fuenf Jahre als Ministerpraesident im Amt zu bleiben. Die designierte Umweltministerin Baerbel Hoehn von den Gruenen bezeichnete die Aussage von Rau, dass die Genehmigung von Garzweiler 2 rechtsgueltig sei und dass das Projekt komme, als voreiliges Versprechen. Der fruehere Fraktionsvorsitzende der nordrhein-westfaelischen SPD Fartmann ist gegen eine rot-gruene Koalition im Duesseldorfer Landtag. Auf dem Sonderparteitag sagte Fartmann, jede andere Kombination sei besser als Rot-Gruen. Er kritisierte, dass ein Grossteil der SPD-Funktionaere mit, so woertlich, Besessenheit eine rot-gruene Regierung anstrebe. Einige Kompromisse im Koalitionsvertrag mit den Gruenen stehen nach seiner Meinung im Gegensatz zu Wahlaussagen der SPD.


Designierung der von Buendnis 90/Die Gruenen gestellten Minister in NW

Die Gruenen haben sich gestern auf dem Sonderparteitag in Keevelar fuer eine Mitarbeit in einer rot-gruenen Landesregierung ausgesprochen. Fraktionchef Vespar soll nach dem Willen der Delegierten Bauminister werden. Als kuenftige Umweltministerin wurde die Fraktionssprecherin im Duesseldorfer Landtag Frau Hoehn nominiert.


Waigel gegen von SPD verlangte Steuererhoehungen

Im Streit zwischen Regierungskoalition und SPD-Opposition um das Jahressteuergesetz zeichnet sich ein Durchbruch nicht ab. Bundesfinanzminister Waigel lehnte in der Bild-Zeitung die von den Sozialdemokraten verlangten Steuererhoehungen zur Finanzierung des Familienlastenausgleichs erneut ab. Unionsfraktionschef Schaeuble wies auch die Einfuehrung einer sogenannten Stromsteuer als nicht verfassungskonform zurueck. Dagegen warnte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Lafontaine die Bundesregierung, falls es nicht zu einem vernuenftigen Kompromiss komme, drohe das Vermittlungsverfahren vor der Sommerpause zu platzen. Die Verhandlungen beider Seiten werden morgen mit Beratungen in einer Arbeitsgruppe fortgesetzt.


Herzog will sich verstaerkt fuer Probleme des Arbeitsmarktes einsetzen

Bundespraesident Herzog will im Ausland die Furcht vor einer deutschen Vorherrschaft abbauen. Im ZDF sagte Herzog, er wolle gerade in Osteuropa ein Deutschland repraesentieren, dem derartige Befuerchtungen nicht entgegengebracht werden muessten. In dem Interview kuendigte Herzog an, dass er sich kuenftig verstaerkt fuer die Probleme des Arbeitsmarktes einsetzen wolle. Allein durch Ankurbeln der Konjunktur koenne der Arbeitsmarkt nicht in Gang gebracht werden. Er wolle sich kuenftig auch mit der Frage der Wettbewerbsfaehigkeit deutscher Technologie beschaeftigen. Die Bundesrepublik duerfe hier nicht in die zweite Reihe zurueckfallen. Ueberhaupt gebe es zu viele unuebersichtliche Rechtsvorschriften, betonte Herzog.


Polnischer Aussenminister aeussert sich zum polnisch-deutschen Verhaeltnis

Im Verhaeltnis zwischen Warschau und Bonn gibt es nach Ansicht des polnischen Aussenministers Bartowscewski heute weniger Probleme als in den Beziehungen anderer europaeischer Staaten. Allerdings begriffen die Deutschen noch nicht, wie weit beide Laender bereits gemeinsam seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems vor sechs Jahren gegangen seien, sagte Bartowscewski am Mittag im Deutschlandfunk. Er aeusserte ferner die Ueberzeugung, dass es eine politisch relevante Deutschfeindlichkeit in Polen nicht gebe. Der Aussenminister betonte, Bonn habe sich fuer Warschau zu einem wichtigen strategischen Partner in allen Bereichen entwickelt. Bundeskanzler Kohl wird am Donnerstag zu einem Polen-Besuch in Warschau erwartet.


Tarifverhandlungen im Westberliner Einzelhandel abgeschlossen

Nach mehr als fuenfzehnstuendigen Verhandlungen haben sich in der Nacht die Tarifparteien auf Einkommensverbesserungen fuer die Beschaeftigten im Westberliner Einzelhandel verstaendigt. Der Abschluss hat ein Gesamtvolumen von 3,45% und gilt ab 1. Juli. Danach erhoehen sich die Eckgehaelter fuer Verkaeufer und Verkaeuferinnen von jetzt rund 3000 DM bis zum Juni kommenden Jahres stufenweise auf 3130 DM. Die Ausbildungsverguetungen werden um rund 4,5% angehoben. Der Tarifabschluss hat direkte Auswirkungen fuer die Kollegen im Ostteil der Stadt, die 90% des Westniveaus erhalten. Auch die Einkommen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thueringen sind davon abhaengig.


Zentralrat der Juden warnt vor Bauverzoegerung des Holocaust-Mahnmals

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat vor einer Verzoegerung beim Bau des geplanten Holocaust-Mahnmals in Berlin gewarnt. Wie das Direktorium der Organisation heute in der Hauptstadt erklaerte, ist ein solches Denkmal in Deutschland nach Ansicht des Zentralrats unverzichtbar. Man habe zur Kenntnis genommen, dass die Jury in dem Wettbewerb zwei erste Preise vergeben habe, wolle aber keine eigene Bewertung der Entwuerfe abgeben. Bundeskanzler Kohl hatte sein Veto gegen einen der erfolgreichen Plaene eingelegt. Dabei handelt es sich um den Entwurf der Berliner Architektin Jakob-Marx.


Wissmann will "Fuehrerscheintourismus" ins Ausland stoppen

Bundesverkehrsminister Wissmann will den sogenannten Fuehrerscheintourismus ins benachbarte Ausland stoppen. Gegenueber der in Berlin erscheinenden Zeitung "BZ am Sonntag" erklaerte Wissman, die Erteilung einer Fahrerlaubnis werde kuenftig an den Wohnsitz gekoppelt. Wer seinen Fuehrerschein machen wolle, muesse einen ordentlichen Wohnsitz in dem betreffenden Land nachweisen. Nach der juengsten EU-Richtlinie, die am 1. Juli 1996 in Kraft tritt, bedeutet das einen Mindestaufenthalt von 185 Tagen pro Jahr. Der CDU-Politiker verwies ferner darauf, dass viele der in England oder in anderen Staaten erworbenen Fahrgenehmigungen bereits heute nicht gueltig seien. Wer seinen Fuehrerschein in Deutschland verloren habe, koenne sich nicht einfach im Ausland einen neuen holen, unterstrich Wissmann. Die auslaendische Fahrerlaubnis werde in Deutschland weder anerkannt noch umgeschrieben, wenn sie hier rechtskraeftig entzogen worden sei, betonte der Bundesverkehrsminister.


Greenpeace gegen Gesetzentwurf zur Bekaempfung des Sommersmogs

Die Umweltorganisation Greenpeace hat eine Telefax-Aktion an den Bundesrat gestartet, um die Verabschiedung des Gesetzes zur Bekaempfung des Sommersmogs zu verhindern. Die Buerger sollten der Laendervertretung auf diesem Wege moeglichst viele Protestschreiben gegen die untaugliche Regelung zukommen lassen, erklaerte Greenpeace heute in Hamburg. Das Gesetz, das am Freitag vom Bundestag verabschiedet wurde, sehe erst dann Massnahmen vor, wenn beim Ozon Katastrophenwerte erreicht wuerden. Gleichzeitig sollten damit bereits existierende Sommersmogverordnungen der Laender, die Tempolimits vorsehen, zu Fall gebracht werden.


Aufloesung einer verbotenen Kundgebung durch Leipziger Polizei

Leipzig. Die Polizei hat eine verbotene Kundgebung der Leipziger Hausbesetzerszene gewaltsam aufgeloest. Dabei wurden 10 Demonstranten festgenommen. Sie wollten gegen die Raeumung eines besetzten Hauses protestieren. Die Demonstration war nach gewaltaetigen Auseinandersetzungen in der Nacht zum Samstag zwischen etwa 100 Hausbesetzern und der Polizei verboten worden.


Ingeborg-Bachmann-Preis in Wien vergeben

Wien. Der mit knapp 29000 DM ausgestattete Ingeborg-Bachmann-Preis ist an den Oesterreicher Franz Zobel verliehen worden. Es ist das erste Mal seit 1977, dass ein Oesterreicher die begehrte Auszeichnung erhielt. Franz Zobel, der unter einem Pseudonym auftritt, wurde fuer seinen Text "Krautflut" ausgezeichnet. Den mit 14000 DM dotierten zweiten Preis erhielt die Deutsche Ulrike Kolb fuer ihren Beitrag "Danach".


Sportflugzeug abgestuerzt

Ein mit vier Personen besetztes Sportflugzeug ist in der Naehe des Flugplatzes von Tannheim abgestuerzt. Alle vier Insassen verbrannten. Wie die Polizei mitteilte, war die einmotorige Maschine vom Typ Cessna am Vormittag im bayerischen Donauwoerth gestartet. Nach einer Zwischenlandung auf einem Flugplatz bei Tannheim in Baden-Wuerttemberg streifte die Maschine beim erneuten Start mit dem Fahrwerk mehrere Baumwipfel und stuerzte in ein Waldgebiet. Die Cessna ging sofort in Flammen auf. Im nordrhein-westfaelischen Steinhagen stuerzte ein Leichtflugzeug aus bisher ungeklaerter Ursache auf die Wiese eines Privathauses. Beide Insassen konnten nur noch tot geborgen werden.


Quellen

DLF    8:00 MESZ    9:00 MESZ    12:00 MESZ    14:00 MESZ    18:00 MESZ    20:00 MESZ
SWF3    11:00 MESZ    16:00 MESZ
RPR    17:00 MESZ
SDR1    21:00 MESZ