GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 29.03.1996



* Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs
* Reaktionen auf BSE in London und Bonn
* Beschaeftigungspakt bei der Deutschen Bahn AG
* Pilotabschluss fuer die westdeutsche Chemie-Branche
* Reaktionen auf den Abschluss in der Chemie-Branche
* Im Baugewerbe beginnen die Schlichtungsgespraeche
* Kanther denkt ueber laengere Arbeitszeiten im oeffentlichen Dienst nach
* Alcatel-SEL baut weitere Arbeitsplaetze ab
* PKK droht mit Anschlaegen
* Aufatmen bei EKU
* KFZ-Zulassungsstelle in Passau in Autoschiebereien verwickelt
* Ueberfall auf Leiterin einer Lebensmittelfiliale



Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs

Auf ihrem Sondergipfel in Turin haben die 15 Staats- und Regierungschefs der Europaeischen Union der sogenannten EU-Regierungskonferenz offiziell den Auftrag erteilt, den Vertrag von Maastricht zu ueberarbeiten. Fuer die Beratungen ueber eine weitreichende Reform sind 15 Monate angesetzt. Ueberschattet war das Treffen vom aktuellen Streit ueber die Rinderseuche BSE. In Lingotto, in der ehemaligen FIAT-Autofabrik, wird hinter den Kulissen schwer verhandelt. Der Rinderwahn hat das ganze Programm durcheinandergebracht. Und es ist noch nicht klar, ob es am Ende nur Aerger fuer die Europaeische Union bringen wird, oder vielleicht nicht auch einen gewissen Vorteil fuer den europaeischen Einigungsprozess. Der englische Regierungschef Major will aus dem Rinderwahn ein europaeisches Problem machen. Und das ist kein Wunder, denn es geht gewaltig ins Geld. 10, 11 Milliarden, die die Toetung der kranken Rinder kosten wuerde, wer soll das bezahlen ? Grossbritannien alleine wird dazu nicht in der Lage sein. Und deshalb werden die europaeischen Partner jetzt einen Kuhhandel daraus zu machen versuchen. Hilfen gegen den Rinderwahn gegen mehr Zugestaendnisse der Englaender bei dieser Regierungskonferenz.


Reaktionen auf BSE in London und Bonn

London/Bonn. Als Reaktion auf die Rinderseuche BSE hat die britische Regierung ein vorlaeufiges Verkaufsverbot fuer Fleisch aelterer Tiere angeordnet. Das teilte der britische Landwirtschaftsminister gestern Abend mit. Geplant seien ausserdem schaerfere Vorschriften bei der Herstellung von Tierfutter und ein Verbot der Nutzung von Knochenmehl fuer Duengemittel. In Deutschland sind von heute an amtliche Herkunftszertifikate fuer alle Rindfleischimporte vorgeschrieben.


Beschaeftigungspakt bei der Deutschen Bahn AG

Bei der Deutschen Bahn AG haben sich die Tarifpartner auf einen Vertrag fuer mehr Beschaeftigung geeinigt. Rund 13.000 Arbeits- und Ausbildungsplaetze sollen allein in diesem Jahr gesichert werden, unter anderem durch den Abbau von Ueberstunden und bessere Personalplanung. Verlangsamung ist das Schluesselwort der heutigen Tarifvereinbarungen. Die Deutsche Bahn AG wird auch in den naechsten Jahren weiter rationalisieren muessen. Aber der damit verbundenen Personalabbau soll gestreckt werden. Durch den Abbau von Ueberstunden sollen noch in diesem Jahr 4.500 Arbeitsplaetze zusaetzlich gesichert werden, so die Zusage der Deutschen Bahn AG. Weitere 6.000 Mitarbeiter, fuer die heute kein Arbeitsplatz im Bahngeschaeft vorhanden ist, finden Beschaeftigung im Rahmen der Restrukturierungsmassnahmen. 4.200 zusaetzliche Ausbildungsplaetze werden zur Verfuegung gestellt, das seien 2.000 mehr als die Bahn eigentlich brauche. Vor allem aber verzichte die Deutsche Bahn AG bis zum 31.12.1998 auf betriebsbedingte Kuendigungen. Die Gewerkschaften machten demgegenueber Zugestaendnisse bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Es soll kuenftig eine Jahresarbeitszeit geben, in deren Rahmen Zeitkorridore festzulegen sind. Dafuer sollen in Betriebsvereinbarungen Arbeitszeitkonten eingefuehrt werden. Ausserdem sind neue Regelungen fuer Teilzeit und Vorruhestand geplant. Die Gewerkschaften verpflichteten sich, eine staerkere Mobilitaet der Mitarbeiter zu gewaehrleisten. All diese Vereinbarungen beduerfen aber zur Umsetzung noch einiger Detailarbeit.


Pilotabschluss fuer die westdeutsche Chemie-Branche

Fast 20 Stunden hat es gedauert bis der Pilotabschluss in der westdeutschen Chemie-Industrie unter Dach und Fach war. Der Vertrag von Rheinland-Pfalz soll nun auch von allen anderen Bezirken uebernommen werden und gilt dann fuer rund 600.000 Beschaeftigte der Branche. Im Gegenzug fuer die Vereinbarungen zur Sicherung von Arbeitsplaetzen akzeptierte die Gewerkschaft einen relativ bescheidenen Lohnanstieg von rund 2 Prozent. In 18-stuendigen Verhandlungen schnuerten die Tarifparteien zudem ein Branchenbuendnis fuer Standort- und Beschaeftigung. Darin versichern die Arbeitgeber, dass der Personalabbau zum ersten Juli gestoppt und das dann erreichte Niveau bis zum Ende des zwoelf Monate laufenden Tarifvertrages nicht unterschritten wird. Fuer das Buendnis musste die IG-Chemie von ihrer urspruenglichen Forderung nach Einkommensverbesserungen von 6 Prozent abruecken. Aber dafuer wurden beschaeftigungspolitische Massnahmen in den Tarifvertrag miteingebracht, die den Unterhaendlern der Gewerkschaft am Herz lagen. So etwa ein Freizeitausgleich fuer Ueberstunden, ein Ausbildungsplatzangebot auf Vorjahresniveau inklusive einer angestrebten Uebernahmequote fuer Lehrlinge von 90 Prozent. Ausserdem haben die Tarifparteien eine Regelung zur Altersteilzeit unter Dach und Fach gebracht - als erste Branche ueberhaupt. Wer mit 55 Jahren gleitend in den Ruhestand gehen will, kann ueber eine Zeitraum von 5 Jahren halbtags arbeiten und bekommt dafuer 65 Prozent seines bisherigen Lohns vom Arbeitgeber und 20 Prozent von der Bundesanstalt fuer Arbeit, wenn die dann uebrigbleibende halbe Stelle mit einem Auszubildenden oder einem Langzeitarbeitslosen besetzt wird.


Reaktionen auf den Abschluss in der Chemie-Branche

Die Reaktionen auf den Chemie-Pilotabschluss in Rheinland-Pfalz sind ueberwiegend positiv. Zwei Prozent mehr Lohn, aber vor allem eine vielversprechenden Altersteilzeitregelung lassen in Bonn bei Politikern die Ohren klingen. Immerhin haben die Tarifpartner zustande gebracht, wozu die Politik noch nicht in der Lage war - naemlich eine vernuenftige Arbeitszeitenregelung fuer Aeltere. Das Buendnis fuer Arbeit lebt. Die Bonner Koalition sieht den Beweis dafuer im Abschluss der rheinland-pfaelzischen Tarifbranche. Ein Zeichen der Vernunft ist die Einigung nach den Worten des CDU-Generalsekretaer Peter Hinze, die Tarifautonomie habe damit ihre Belastungsprobe bestanden. Hinze weiter: sie habe bewiesen, dass sie auf veraenderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen flexibel und angemessen reagieren kann. Er empfiehlt Arbeitnehmern und Arbeitgebern anderer Branchen nun nachzuziehen. Ganz aehnlich aeusserte sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Herrmann Otto Solms. Mit dem rheinland-pfaelzischen Tarifabschluss sei bewiesen, dass die deutsche Tariflandschaft aus ihrer Sklerose herausfindet. Besonders begruesst Solms die Oeffnungsklauseln. Der FDP-Politiker woertlich: "Lobenswert ist, dass damit die schaedigenden Flaechentarifvertraege zugunsten von betrieblichen Notwendigkeiten abgeloest werden. Vor allem mittelstaendischen Unternehmen eroeffnet das neue Chancen." Fuer die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbaende weist der Abschluss dagegen nach, dass das Instrument des Flaechentarifvertrages genuegend Spielraeume bietet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund erhofft sich nun auch auf europaeischer Ebene ein Buendnis fuer Arbeit. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kaefer forderte in einem ARD-Interview, dass die Verringerung der Arbeitslosigkeit um die Haelfte jetzt zum verbindlichen Ziel der Europaeischen Union wird. Auf dem Turiner EU-Gipfel soll das nach Ansicht des DGB festgeschrieben werden.


Im Baugewerbe beginnen die Schlichtungsgespraeche

Frankfurt am Main. Im Tarifkonflikt des Baugewerbes hat heute die Schlichtung begonnen. Schlichter ist der fruehere Bundesminister Apel, der auch im Streit um den Mindeslohn fuer auslaendische Beschaeftigte auf deutschen Baustellen vermittelt. Der Chef der IG-Bau Wiesehuegel hatte gestern Abend angekuendigt, er werde die Lohnforderung seiner Gewerkschaft von 5 auf 3.6 Prozent zuruecknehmen. Die Arbeitgeber hatten bis zur Schlichtung auf einer Nullrunde bestanden.


Kanther denkt ueber laengere Arbeitszeiten im oeffentlichen Dienst nach

Bundesinnenminister Kanther will laengere Arbeitszeiten fuer den oeffentlichen Dienst zur Diskussion stellen. Was bundesweit im Gespraech ist, ist fuer Bayerns Beamte schon der Alltag. Die muessen seit zwei Jahren schon wieder 40 Stunden pro Woche arbeiten. Und die Tarifverhandlungen werden sich fuer dieses Jahr ebenfalls schwierig gestalten. In einem Hintergrundgespraech hat Bayerns Finanzminister Erwin Huber bereits angekuendigt, dass kein Geld fuer Gehaltserhoehungen im Staatssaeckel sei. Im Gegenteil, Huber fordert von den Beamten eine Nullrunde, was unter dem Strich einen Verlust bedeutet.


Alcatel-SEL baut weitere Arbeitsplaetze ab

Der Stuttgarter Elektronikkonzern Alcatel-SEL wird weitere Arbeitsplaetze abbauen. Wie das Unternehmen heute mitteilte sollen bis zum Ende naechsten Jahres 3.000 Stellen gestrichen werde. Zur Begruendung hiess es, die Geschaeftsentwicklung im vergangenen Jahr sei enttaeuschen gewesen und auch in diesem Jahr sei keiner Besserung zu erwarten. Der Personalabbau wird alle neun deutschen Standorte von Alcatel-SEL treffen. Noch in diesem Jahr sollen 1.300 Arbeitsplaetze wegfallen, davon allein am Firmensitz in Stuttgart ueber 400 vor allem in der Verwaltung. Die Werke in Bonndorf im Schwarzwald und im bayerischen Landshut wuerden aber entgegen anderslautenden Geruechten nicht geschlossen, erklaerte Vorstandschef Peter Landsberg. Er begruendete den Personalabbau mit den Verlusten von Alcatel-SEL, die im vergangenen Jahr noch einmal angestiegen seien. Notwendig sei deshalb eine deutliche Senkung der Personalkosten. Der Gesamtbetriebsrat von Alcatel-SEL sprach von einer Bankrotterklaerung des Managements. Der Stuttgarter Vorstand habe offenbar nicht die Kraft, sich der Stellenvernichtungspolitik des franzoesischen SEL-Mutterkonzerns Alcatel zu widersetzen. Die Arbeitnehmervertreter verlangten Verhandlungen ueber Beschaeftigungs- und Standortsicherung und kuendigten weitere Aktionen der Belegschaft an.


PKK droht mit Anschlaegen

Die Bundesregierung hat die neuen Drohungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans als absolut unertraeglich bezeichnet. PKK-Chef Oecalan hatte in der Sueddeutschen Zeitung Attentate auf deutsche Urlauber in der Tuerkei und moeglicherweise Anschlaege in Deutschland angkuendkigt. Bundesaussenminister Kinkel sagte, damit drohe Oecalan, seinen Guerilliakrieg auf Menschen auszudehnen, die mit seinen kriminellen Zielen nicht das Geringste zu tun haetten. Regierungssprecher Herbert Schmuelling sprach in Bonn von einer neuen Qualitaet der Bedrohung. Sicherheitsmassnahmen sind in Deutschland nur sehr sehr schwer durchzufuehren, das muesse man leider sagen. "Solche Aeusserungen oder Drohungen schaden im uebrigen in erster Linie den Betroffenen hier in der Bundesrepublik Deutschland selbst. Mit einer Sammelbezeichung wie 'die Kurden' wird letztlich die grosse Mehrheit der hier friedlich lebenden Auslaender mit einbezogen. Und gerade diese Mehrheit will keine Gewalt." Er bekraeftigte noch einmal, dass Probleme in der Heimat hier lebender Auslaender nicht auf deutschem Boden geloest werden koennten. Das Auswaertige Amt warnt weiterhin davor, in die Osttuerkei zu reisen. Ob die Warnung nun auch auf andere Gebiete ausgeweitet wird steht noch nicht fest.


Aufatmen bei EKU

Aufatmen beim angeschlagenen Bierbrauer EKU. Ueberraschend haben die Banken doch noch der Uebernahme durch die benachbarte Reichel-Braeu zugestimmt. Die "grosse Kulmbacher Loesung" war von allen Beteiligten als Idealloesung angestrebt worden. Noch vor drei Wochen schien die geplante Uebernahme am Veto der Poolbanken von EKU-Mutter Merz-Ag zu scheitern. 300-400 Arbeitsplaetze standen auf dem Spiel. Nun kam die Wende. Was die Geldgeber doch noch in Bewegung zugunsten der angestrebten Bierehe brachte, darueber gab es bisher keine Angaben. Unter der Dachgesellschaft "Kulmbacher Brauerei" werden EKU und Reichel-Braeu in Zukunft ihre Marken anbieten. Und - gleich zu Beginn der Ehe - soll es nach Informationen der Bayerischen Rundschau ein neues Premium geben. Bundesweit: das Kulmbacher Pils.


KFZ-Zulassungsstelle in Passau in Autoschiebereien verwickelt

Ausgerechnet der stellvertretende Leiter der KFZ-Zulassungsstelle in Passau soll in Autoschiebereien in oestliche Laender verwickelt sein. Auf den Mann, der unter anderem fuer die Ausfuhr von Fahrzeugen verantwortlich war wurde die Polizei durch seine Ehefrau aufmerksam. Sie hatte eine KFZ-Handelsgesellschaft angemeldet. Nun durchsuchte die Polizei die Raeumlichkeiten der Passauer Zulassungsstelle und verhaftete einen Oesterreicher, der im Verdacht steht, an den Autoschiebereien massgeblich mitbeteiligt gewesen zu sein. Wie gross der Schieberring und vor allem der moralische Schaden fuer die KFZ-Zulassungsstelle in Passau ist wird sich erst im Laufe der polizeilichen Ermittlungen herausstellen.


Ueberfall auf Leiterin einer Lebensmittelfiliale

Zwei unbekannte Maenner haben am spaeten Abend in Nuernberg eine 29jaehrige Leiterin einer Lebensmittelfiliale ausgeraubt. Die Frau hatte drei Geldbomben mit den Tageseinnahmen in Hoehe von mehreren tausend DM bei sich. Die Taeter bedrohten nach Angaben der Polizei die Frau mit Messern und zwangen sie so, das Geld herauszugeben. Die Fahndung nach den Maennern verlief bisher erfolglos.


Quellen

SDR 3    9:00 MEZ    14:00 MEZ    17:00 MEZ
B5    15:00 MEZ    17:00 MEZ
Antenne Bayern    10:00 MEZ