Mehrheit fuer alte Koalition |
Bonn. Bundeskanzler Kohl bleibt mit seiner Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP weiter an der Macht. Die SPD hat auch nach 12 Oppositionsjahren im vierten Anlauf den Wechsel in Bonn nicht geschafft. Allerdings schrumpfte der Vorsprung der Koalition gegenueber der Opposition. Die Gruenen schafften den Wiedereinzug ins Parlament. Die christlich-liberale Koalition aus CDU/CSU und FDP kann nach den gestrigen Wahlen im kuenftigen Bundestag mit einer Mehrheit von 10 Sitzen rechnen. 672 Abgeordnete werden im neuen Bundestag sitzen, zehn mehr als bisher, weil die Stimmenauszaehlung 16 Ueberhangmandate ergeben hat. Nach dem amtlichen Endergebnis hat die Regierungskoalition 48.4 % der abgegebenen Stimmen bekommen, SPD, Buendnis 90/Die Gruenen und die PDS erhielten 48.1 %. Dabei haben Union und FDP knapp 6 % verloren, die FDP bleibt aber im Bundestag vertreten. SPD, Buendnis 90/Die Gruenen und PDS haben zwar Stimmen gewonnen, jedoch die fuer einen Regierungswechsel notwendige Mandatsmehrheit verfehlt, und zwar doch nicht so knapp, wie es gestern ausgesehen hatte. Die PDS kam mit 30 Sitzen in den Bundestag, ob- wohl sie die 5%-Huerde nicht ueberschritten hat. Sie hat jedoch 4 Direkt- mandate errungen. Die Vorsitzenden der Koalition - Kohl, Waigel und Kinkel - haben erklaert, dass sie ihre Zusammenarbeit fortsetzen wollen. Die Fuerungsgremien aller Parteien wollen das Wahlergebnis noch analysieren. Die Beteiligung bei der Wahl lag bei 79.1 %. Vorlaeufiges amtliches Endergebnis: CDU/CSU 41.5 % (-2.3 %) Sitze: 294 SPD 36.4 % (+2.9 %) 252 FDP 6.9 % (-4.1 %) 47 Buendins90/Die Gruenen 7.3 % 49 PDS 4.4 % 30 sonst. 3.5 % |
Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Bundestagswahl 1994 |
(Sitze) CDU/CSU 41.5% |########################################## 294 SPD 36.4% |#################################### 252 FDP 6.9% |####### 47 B90/Gruene 7.3% |####### 49 PDS 4.4% |#### 30 Sonstige 3.5% |#### Die absolute Mehrheit im Deutschen Bundestag liegt bei 337 Sitzen. |
Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Landtagswahlen in Meckl.-Vorp. |
(Sitze) CDU 37.7% |###################################### 30 SPD 29.5% |############################## 23 FDP 3.8% |#### B90/Gruene 3.7% |#### PDS 22.7% |####################### 18 |
Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Landtagswahl in Thueringen |
(Sitze) CDU 42.6% |########################################### 42 SPD 29.6% |############################## 29 FDP 3.2% |### B90/Gruene 4.5% |#### PDS 16.6% |################# 17 |
Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Landtagswahl im Saarland |
(Sitze) CDU 38.6% |####################################### 23 SPD 49.4% |################################################# 29 FDP 2.1% |## B90/Gruene 5.5% |###### 3 |
Kohl draengt auf schnellen Abschluss der Koalitionsverhandlungen |
Bonn. Die Parteien des alten und neuen Bonner Regierungsbuendnisses haben
angekuendigt, rasch Koalitionsverhandlungen aufzunehmen und diese auch
baldmoeglichst abzuschliessen. Bundeskanzler Kohl sagte, er werde nicht den
Fehler wie nach der Wahl 1990 machen, wo sich Union und FDP erst nach
langen Nachtsitzungen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt hatten.
Moegliche Probleme beim Regieren angesichts der kanppen Mehrheit von nur
zehn Sitzen im neuen Bundestag wollte der Kanzler nicht erkennen.
Er sei schlicht und einfach dankbar fuer den Wahlsieg nach vier schwierigen
Jahren erklaerte CDU-Parteichef und Bundeskanzler Helmut Kohl. Die
Koalition der Mitte habe gesiegt, die deutsche Demokratie sei stabil und
dies sei ein wichtiges Signal fuer das Ausland, betonte Kohl. Fragen, ob
der knappe Vorsprung der christlich-liberalen Koalition in ihrer Neuauflage
auch auf Dauer ausreiche, wiess der Kanzler mit einem Vergleich zurueck:
"Die Koalition hat abgeschlossen mit einer Mehrheit von zehn Mandaten. Sie
ist also sehr gut regierungsfaehig. Wenn ich die Vergleiche ziehe zu der
Regierungsbildung 1976 unter dem Kollegen Schmidt und 1969 unter dem
Kollegen Brand, in einem Fall waren es zehn Mandate, im anderen waren es
zwoelf Mandate, dann, meine Damen und Herren, finde ich, kann man sehr wohl
sagen, dass wir mit diesem Ergebnis gut arbeiten koennen. Das ist jener
legendaere Satz: 'Mehrheit ist Mehrheit', betonte Willy Brand."
Mit mehr als 5 % Vorsprung vor der SPD habe die CDU bewiesen, so der
Paarteivorsitzende weiter, dass sie eine grosse Volkspartei sei. Kohl hob
hervor, dass es sehr bald Koalitionsverhandlungen mit der FDP geben solle. |
CSU verlangt mehr Einfluss in der Regierung |
Muenchen. Keine Auskunft wollte der Kanzler heute geben, ob die
unterschiedlichen Wahlresultate der Koalitionspartner CSU und FDP zu einer
Machtverschiebung im Regierungsbuendnis fuehren werden. Die CSU jedenfalls
verweist darauf, dass sie nun vor der FDP zweitstaerkste Kraft in der
Koalition sei. Der bayrische Ministerpraesident Staeuber empfahl den
Liberalen ueber ein Festhalten an Justizministerin
Leuthaeuser-Schnarrenberger im Kabinett nachzudenken. Und CSU-Vorsitzender
Waigel sagte, die CSU gehe nun mit gestaerktem Selbstvertrauen in die
Koalitionsverhandlungen.
Ein sichtlich entspannter Theo Waigel nannte die 51.2 % fuer die CSU ein
nicht erwartetes Superergebnis, das den Erfolg der Koalition ueberhaupt
erst moeglich gemacht habe:
"Ohne uns haetten in den anderen Bundeslaendern CDU und FDP miteinander
nicht die Staerke erreicht, um gemeinsam staerker zu sein als SPD, Buendnis
90/Gruene und PDS."
Als zweitstaerkster Partner in der Koalition und als drittstaerkste Partei
im Bundestag habe die CSU das strategische Ziel erreicht, dass ohne oder
gegen sie nicht regiert werden koenne. Die Partei habe in den letzten
eineinhalb Jahren eine der groessten Bewaehrungsproben ihrer Geschichte
bestanden. Mit dem Erfolg, der ein Vertrauensbeweis sei, werde man klug
umgehen, kuendigte Waigel an. Die CSU plaediere fuer kurze sachliche
Koalitionsgespraeche. Auf Bonner Personalspekulationen wollte er sich heute
noch nicht festlegen. Insgesamt sprach sich der CSU-Vorsitzende und
Bundesfinanzminister fuer eine Reduzierung der Zahl der Ministerien und
fuer effizientere Strukturen aus. |
Kohls Reaktionen |
Bonn/Muenchen. Der CDU-Vorsitzende Bundeskanzler Kohl hat Forderungen nach
einem groesserem politischen Einfluss der Schwesterpartei CSU indirekt
zurueckgewiesen. Nach Sitzungen der CDU-Fuehrungsgremien sagte Kohl, man
habe gemeinsam gekaempft und auch gemeinsam gewonnen. Es gebe deshalb
nichts zu honorieren.
Die CSU, die vor der FDP zweitstaerkste Kraft in der Koalition geworden
ist, hatte dementsprechend mehr Gewicht im Kabinett fuer sich beansprucht.
Ausserdem, so CSU-Generalsekretaer Huber, muessten die Liberalen nun den
sogenannten "Grossen Lauschangriff" akzeptieren. |
FDP will angesichts der Stimmenverluste Sonderparteitag abhalten |
Bonn. Trotz der erheblichen Stimmenverluste bei den Bundestagswahlen und
der Schlappe bei den Landtagswahlen wies der Chef der Liberalen Klaus
Kinkel Forderungen nach personellen Konsequenzen als Unsinn zurueck. Als
schlechten Stil im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen bezeichnete Kinkel
die Debatte um den Verbleib der FDP-Justizministerin im Amt. Am Abend
teilte Kinkel in einem Interview mit, dass im Falle einer Verkleinerung des
Kabinetts auch in den eigenen Reihen die Moeglichkeiten einer Reduzierung
ausgelotet werden muessten.
Die Niederlagen in den Laendern, das knappe Ergebnis auf Bundesebene laesst
nur wenig Frohsinn aufkommen, aber, so der Parteichef, es gibt keinen Grund
zu Defitismus.
"Der Vorsprung der Bonner Koalition von zehn Mandaten ist nicht
konfortabel, aber man kann vernuenftig Politik machen mit einem solchen
Vorsprung. Das ist bei den beiden letzten Malen ja auch moeglich gewesen."
Man wolle nichts schoenreden, betonte der nur maessig gut gelaunte FDP-Chef.
Immerhin bedeuteten diese Ergebnisse aber auch eine Chance fuer die Partei.
"Wir haben die Botschaft begriffen. Die 6.9 % sind auch ein Vorschuss auf
die Zukunft. Vorschuss fuer eine FDP, die es besser machen muss, besser
machen kann und auch besser machen wird."
Bald schon soll ein Sonderparteitag in den neuen Laendern stattfinden. Am
Wochenende wird das Praesidium in einer Klausur den Blick energisch nach
vorne richten und bei den bevorstehenden Wahlen in Berlin,
Nordrhein-Westfalen und Hessen mit voller Pulle antreten, so der FDP-Chef
nach der Praesidiumssitzung heute. |
SPD und Gruene halten Bruch der Regierungskoalition fuer moeglich |
Bonn. Die SPD und Buendnis 90/Die Gruenen halten nach dem nur knappen Sieg
der Koalition aus Union und FDP einen Machtwechsel noch vor 1998 fuer
moeglich. Der gescheiterte sozialdemokratische Kanzlerkandidat Rudolf
Scharping sagte, seine Partei befaende sich in einer strategisch sehr
guenstigen Ausgangslage. Scharping, der den Fraktionsvorsitz der SPD
uebernehmen wird, kuendigte eine offensive, entschlossene und an der Sache
orientierte Oppositionspolitik an.
"Nichts geht mehr ohne die SPD", das ist das Fazit von Rudolf Scharping zum
Wahlausgang. Die Stellung im Bundesrat habe die Partei naemlich weiter
gefestigt. Jetzt werde eine konsequente Oppositionspolitik folgen,
ausgerichtet an einer fortschrittlichen Wirtschaftspolitik, sozialer
Gerechtigkeit und oekologischer Modernisierung. Rudolf Scharping:
"Wir haben den Kanzlerwechsel nicht geschafft, aber der Abstand zwischen
Koalition und Opposition, und dazu rechne ich SPD und Gruene, ist so gering
wie seit vielen, vielen Legislaturperioden nicht mehr. Wir halten es fuer
an der Grenze des verantwortbaren bei den bekannten Schwierigkeiten, bei
den bekannten Herausforderungen, den grossen wirtschaftlichen, sozialen und
oekologischen Problemen des Landes, mit einer derart knappen Mehrheit den
Versuch einer Regierungsbildung zu machen."
Wie die SPD so sagen auch die Gruenen der jetzigen Bonner Koalition sehr
unruhige Zeiten voraus und kuendigten einen scharfen Oppositionskurs an.
Joschka Fischer:
"Diese Mehrheit ist zu knacken. Und angesichts der kommenden Wahlen, in
Hessen wird bereits Mitte Februar gewaehlt, und angesichts der
Sachprobleme, um die es geht, besteht in der Tat eine Moeglichkeit, um die
man kaempfen muss, dass diese Regierung das Ende der Legislaturperiode, ja
vielleicht sogar die Halbzeit dieser Legislaturperiode dann nicht erreichen
wird."
Joschka Fischer meldete den Anspruch seiner Fraktion auf den Posten eines
Bundestagsfizepraesidenten an. Dieses Amt stehe den Gruenen zu, denn sie
stellten mit 49 Abgeordneten die drittstaerkste Fraktion. |
Bewertung der Wahl aus Sicht von Wirtschaft und Gewerkschaften |
Bonn. Wirtschaftsverbaende und Gewerkschaften bewerten den Erfolg der
Koalition bei der gestrigen Bundestagswahl unterschiedlich. Der Deutsche
Industrie und Handelstag sprach von einem Votum fuer Stabilitaet und
Marktwirtschaft. Die Neue Bundesregierung muesse sich aber darum bemuehen,
die oeffentliche Verschuldung zurueckzufuehren und der Wirtschaft
staatliche Belastungen zu nehmen, so der DIHT.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund verlangte, Bonn muesse kuenftig die
beschaeftigungspolitischen, sozialen und oekologischen Probleme im Land
entschiedener anpacken. Laut DGB haben Marktradikalismus und eine in weiten
Bereichen fehlende Wirtschaftspolitik durch den Waehler eine deutliche
Abfuhr erhalten. |
Einen Tag nach den Landtagswahlen in den Laendern |
Schwerin/Erfurt/Saarbruecken. Mecklenburg-Vorpommern und Thueringen werden
kuenftig moeglicher Weise von Grossen Koalitionen regiert.
Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Seitel (sp.?) und sein
thueringischer Kollege Vogel boten der SPD ein Buendnis an. Die
Sozialdemokraten in Thueringen nahmen das Gespraechsangebot Vogels bereits
an.
Bei den Landtagswahlen ist die CDU in beiden Laendern mit 37.7 bzw. 42.5 %
zwar die staerkste jeweils politische Kraft geblieben, sie verlohr aber
ihren Koalitionspartner FDP und damit die Regierungsmehrheit. Auch Buendnis
90/Gruene scheiterten an der Fuenfprozentklausel. In beiden Landtagen ist
nun die PDS mit 22.7 % in Mecklenburg-Vorpommern und 16.6 % in Thueringen
die drittstaerkste Kraft. CDU und SPD haben aber eine Zusammenarbeit mit
der SPD ausgeschlossen.
Im Saarland blieb die SPD trotz leichter Verluste mit 49.4 % an der
Regierung. Im Landtag haelt sie die absolute Mehrheit. Die Gruenen sitzen
mit 5.5 % jetzt erstmals im Saarbruecker Landtag, die FDP scheiterte mit
2.1 %. |
Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen |
Die SPD ist staerkste Kraft in den Gemeindeparlamenten.
Sie kommt nach leichten Verlusten auf gut 42 % der Stimmen.
Die CDU legte auf etwa 40% zu. Die Gruenen schafften die 10 % Marke,
dagegen fiel die FDP auf etwa 3.8 % zurueck. |
Lohnforderung der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden |
Die Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden will bei den Tarifverhandlungen
1995 noch ueber die Lohnforderungen der IG Metall hinausgehen und mehr als
6 % fordern.
Gerwerkschaftschef Koebele wies darauf hin, dass sich seine Gewerkschaft
trotz einer seit zehn Jahren recht guten Baukonjunktur in den vergangenen
Tarifverhandlungen eher zurueck gehalten hat. Ausserdem werde die IG Bau
einen entscheidenden Schritt bei der Angleichung der Osttarife fordern.
Derzeit werde auf Baustellen in den neuen Bundeslaendern zum Teil noch
weniger gezahlt, als den Beschaeftigten jetzt schon zusteht. |
Ermittlungen im Mord an einem elfjaehrigen Regensburger Schueler |
Regensburg. Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei haben weitere
Einzelheiten zu dem Spektakulaeren Mord an einem elfjaehrigen Regensburger
Schueler bekanntgegeben. Danach hat der 18jaehrige Taeter den Ministraten
beim Verlassen der Kirche durch rund 70 Messerstiche am ganzen Koerper
getoetet. Der Taeter haette wohl sexuelle Absichten gehabt. Das Opfer habe
sich jedoch deutlich widersetzt. Der Festgenommene, ein 18jaehriger
Kaufmannslehrling verweigert jede Aussage. Er hatte sich am Samstag in
Begleitung seines Vaters selbst der Polizei gestellt. |
Mielke verhandlungsunfaehig |
Berlin. Der fruehere Chef der DDR-Staatssicherheit Mielke ist von einem
Gerichtsmediziner als unfaehig fuer Gerichtsverhandlungen bezeichnet
worden. Der Gutachter Maier (sp.?) erklaerte, dass Mielke geistig
nicht einmal ansatzweise zu einer ernsthaften Auseinandersetzung vor
Gericht faehig sei. So wie Mielke frueher nicht aussagen wollte, so koenne
er es nun nicht mehr, hiess es in dem heute verlesenen Gutachten.
Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen am Donnerstag dazu Stellung
nehmen. |
8. Muenchner Medientage |
Mit einem Appell fuer mehr Freiheiten im Medienrecht hat der Leiter der
bayrischen Staatskanzlei Huber, CSU, die 8. Muenchner Medientage eroeffnet.
Huber sagte, Presse, Funk und Fernsehen duerften nicht in ein
ordnungspolitisches Korsett gezwaengt werden, das ihnen keinen
Bewegungsspielraum mehr lasse. Die Medientag dauern bis Sonntag. |
Dollarwechselkurs |
1 US-$ = 1.5036 DM DAX = 2090.88 Punkte |
Nachrichten der letzten Seite |
|
Quellen |
|