GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 18.09.1995



* Regierungskoalition ringt um Reform der KFZ-Steuer
* "Nein" zu Diaetenerhoehungen
* Kontroverse Diskussion in der SPD zum Zustand der Partei geht weiter
* Wohlfahrtsverbaende fordern Rueckzug der Plaene zur Sozialhilfereform
* Kinderschutzbund wirft Bundesregierung kinderfeindliche Politik vor
* Bekennerschreiben zu Breuer-Anschlag
* Schalck-Prozess vertagt
* Fajfr schwer belastet
* Ex-Europaabgeordneter vor Gericht
* Busfahrer vor Gericht in Neumarkt
* Noch keine Spur von fluechtigen Gewalttaetern
* Abgeordnete im Internet
* Peter Graf bleibt in Haft
* Fussballbundesliga
* Boerse
* Der falsche Vorsitzende (Sueddeutsche Zeitung)



Regierungskoalition ringt um Reform der KFZ-Steuer

Bonn. Die Regierungskoalition ringt noch immer um eine Reform der KFZ-Steuer. Derzeit liegen acht Modelle vor. Das Verkehrs-, das Wirtschafts-, das Umwelt- und das Finanzministerium sind sich dabei einig, dass Halter von Altautos ohne Katalysator staerker zur Kasse gebeten werden, Besitzer von schadstoffarmen PKW dagegen mit Steuerbefreiungen rechnen koennen. Ziel aller Vorschlaege ist es, den Bestand der 1.8 Millionen Fahrzeuge zu reduzieren. Die FDP, obwohl Teilnehmer der Arbeitsgruppe, will an einer kompletten Abschaffung der KFZ-Steuer festhalten und nur die Mineraloelsteuer erhoehen. Dies lehnen die Unionsminister ab. Ihre Argumente dagegen lauten, es wuerden nur Berufspendler zur Kasse gebeten und der ruhende Verkehr werde nicht belastet.


"Nein" zu Diaetenerhoehungen

Bonn. Die FDP bleibt bei ihrem "Nein" zu geplanten Diaetenerhoehungen fuer Bundestagsabgeordnete. Nach der Fraktion hat sich heute auch das Praesidium der Liberalen gegen die von Union und SPD gewuenschte Koppelung der Diaeten an die Bezuege der Bundesrichter ausgesprochen. Das gab heute der Vorsitzende Wolfgang Gerhard bekannt. Er fuegte hinzu, die FDP sehe verfassungsrechtliche Probleme.


Kontroverse Diskussion in der SPD zum Zustand der Partei geht weiter

Bonn. In der SPD dauert die kontroverse Diskussion ueber den Zustand der Partei an. Der Vizepraesident des Bundestages, Klose, uebte Kritik an der sozialdemokratischen Wirtschaftspolitik. Einige Einzelgewerkschaften seien hier moderner als die SPD. In der anhaltenden Fuehrungsdiskussion stellten sich Nordrhein-Westfalens Ministerpraesident Rau und der SPD-Sozialexperte Dressler hinter den Parteivorsitzenden.

Das SPD-Praesidium hat den angeschlagenen Parteichef Rudolf Scharping nach den Ruecktritten der vergangenen Tage zum Weitermachen ermutigt. Wie Scharping-Stellvertreter Johannes Rau nach einer Sitzung des SPD-Praesidiums auf einer Pressekonferenz bekanntgab, habe es eine ernste und gute Aussprache ueber die momentane Situation in der SPD gegeben, bei der auch ein ganz schoenes Stueck Selbstkritik geuebt worden sei. "Wir sind miteinander - der Vorsitzende, seine Stellvertreter, die uebrigen Mitglieder des Praesidiums - bereit und willens, entdeckte Defizite abzuarbeiten und die Arbeit - wie nennt man das heute - zu optimieren. Das gilt fuer den Vorsitzenden, aber auch fuer alle anderen." Man habe ihn nach draussen geschickt, so Rau, weil er ja fuer seine Froehlichkeit bekannt sei. Aus Sitzungkreisen war verlautet, dass Scharping das Praesidium eindringlich aufgefordert hatte, die Fuehrungsdebatte in der Partei endlich zu beenden.


Wohlfahrtsverbaende fordern Rueckzug der Plaene zur Sozialhilfereform

Bonn. Mehr als 80 Wohlfahrtsverbaende fordern die Bundesregierung auf, ihre Plaene fuer eine Sozialhilfereform zurueckzuziehen. Sie sehen darin eine Gefahr fuer den Sozialstaat. Die Verbaende werfen der Regierung vor, mit missverstaendlichen Daten zu operieren. Die Angaben, wonach sich die Sozialhilfeausgaben seit 1980 nahezu verdreifacht haetten, seien irrefuehrend. Inflationsbereinigt erhalte der einzelne Sozialhilfeempfaenger heute naemlich keineswegs mehr Geld als 1980. Die Kostenexplosion stamme also nur daher, dass insgesamt zu viele Menschen von Sozialhilfe abhaengig seien. Deshalb muss, so die Verbaende, nicht beim einzelnen Sozialhilfeempfaenger gespart, sondern deren Zahl insgesamt abgebaut werden. Fuer die Loesung dieses prinzipiellen Problems zeige der Gesetzentwurf aber keinerlei Ansaetze.


Kinderschutzbund wirft Bundesregierung kinderfeindliche Politik vor

Hannover. Der Kinderschutzbund hat der Regierung eine kinderfeindliche Politik vorgeworfen. Ueber 2.2 Millionen Kinder in Deutschland lebten in Armut, kritisiert der Kinderschutzbund. Die Organisation macht auch eine verfehlte Verkehrspolitik dafuer verantwortlich, dass Deutschland bei der Zahl der verunglueckten Kinder eine europaeische Spitzenposition einnimmt.


Bekennerschreiben zu Breuer-Anschlag

Die antiimperialistische Zelle hat sich zu dem Anschlag auf den CDU-Politiker Breuer bekannt. In einem Schreiben, das heute bei der Nachrichtenagentur afp einging hiess es, Deutschland habe sich zu einem global agierenden militaerischen Akteur entwickelt. Daran sei Breuer massgeblich beteiligt gewesen. Breuer ist verteidigungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Gestern war vor seinem Haus in Siegen eine Bombe explodiert, die aber nur Sachschaden anrichtete. Die RAF-Nachfolgegruppe kuendigte weitere Sprengstoffanschlaege an.


Schalck-Prozess vertagt

Der vorsitzende Richter am Berliner Landgericht teilte nach kurzer Verhandlung mit, die Verteidigung habe die Zusammensetzung der grossen Strafkammer kritisiert. Nun will das Gericht ueber diesen und andere Antraege bis zum naechsten Montag entscheiden. Der fruehere DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski ist wegen Waffenhandels angeklagt.


Fajfr schwer belastet

Stuttgart. Die Eislaeuferin Nadine Pflaum hat ihren frueheren Trainer Carel Fajfr vor Gericht belastet. Nadine Pflaum hatte mit ihrer Anzeige den Prozess wegen Koerperverletzung und sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener ins Rollen gebracht. Als Nebenklaegerin belastete sie heute den Angeklagten schwer. Sie schilderte mit leiser kindlicher Stimme, wie sich der als brutal gefuerchtete Trainer in einer gemeinsam bewohnten Ferienwohnung und in Eissportumkleidekabinen an sie herangemacht habe und sie seine handfesten Zudringlichkeiten nur selten abzuwehren wagte. In ihrer Aussage charakterisierte sie Fajfr als einen uebermaechtigen und brutalen Typ, der mit Haerte, koerperlicher Gewalt und psychischem Druck aus zarten Kindern harte und erfolgreiche Berufssportlerinnen machen wollte und der es gegenueber seinen minderjaehrigen Schuetzlingen nicht bei verbalen Obszoenitaeten bewenden liess, sondern Nadine zwang, zu dulden, dass er ihr an und unter die Waesche ging. Fajfr bestreitet bislang die ihm gemachten Vorwuerfe. Nadine Pflaum hat seit den Vorfaellen Alptraeume und ist in Behandlung bei einer Kinderpsychologin.


Ex-Europaabgeordneter vor Gericht

Der fruehere SPD-Europagabeordnete Dieter Schimpfel muss sich seit heute vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und drei weiteren Angeklagten versuchte Hehlerei vor. Sie sollen versucht haben, gefaelschte Schweizer Franken im Wert von knapp 5 Millionen DM unter die Leute zu bringen. Schimpfel hatte wiederholt beteuert, er habe die Banknoten fuer echt gehalten.


Busfahrer vor Gericht in Neumarkt

Dem 63jaehrigen Busfahrer wird 7fache fahrlaessige Toetung vorgeworfen. Er soll im Dezember 1994 auf der Autobahn Nuernberg - Regensburg versucht haben, ein kaputtes Rollo an der Windschutzscheibe seine Busses zu reparieren. Dabei verursachte er einen Unfall, bei dem sieben Mitreisende getoetet worden waren. 20 Menschen wurden verletzt.


Noch keine Spur von fluechtigen Gewalttaetern

Ravensburg. Zwei Tage nach dem Ausbruch aus dem psychatrischen Landeskrankenhaus Weissenau gibt es noch keine heisse Spur von den vier fluechtigen Gewalttaetern. Die 39jaehrige Krankenschwester, die bei dem Ausbruch durch Stiche schwer verletzt worden war, schwebt weiter in Lebensgefahr. Die Suche nach den Haeftlingen konzentriert sich auf die Region Ravensburg und den Bodenseekreis.


Abgeordnete im Internet

Seit knapp zwei Wochen laeuft das Pilotprojekt "Abgeordnete im Internet", URL: http://www.fu-berlin.de/POLWISS/mdb-projekt/ Im Rahmen des Projekt praesentieren sich sechs Abgeordnete des Deutschen Bundestages im WWW und sind zudem per E-Mail erreichbar. Zudem werden allerlei Rahmeninformationen drumherum angeboten: die "woche im bundestag", Zusammensetzung der Ausschuesse, Fraktionen und Kommissionen, einen einfuehrenden Text in die Arbeit des Deutschen Bundestages und vieles mehr.


Peter Graf bleibt in Haft

Steffi Grafs Vater wird vorerst nicht aus der Haft entlassen. Das hat das Amtsgericht Mannheim beschlossen. Damit wies der Richter eine Beschwerde der Graf-Anwaelte zurueck. Diese wollten ihren Mandanten gegen Zahlung einer Kaution auf freien Fuss bekommen. Es seien Summen von 10 bis 15 Millionen DM geboten worden. Die Haftbeschwerde der Anwaelte wird jetzt dem Landgericht in Mannheim, der zustaendigen Beschwerdekammer, vorgelegt. Vorgelegt werden soll der Fall noch heute, doch wann die Richter am Landgericht entscheiden, das ist im Moment noch voellig unklar.


Fussballbundesliga

      Leverkusen  2-0   E. Frankfurt
        Freiburg  0-1   Werder Bremen
   186O Muenchen  2-1   1. FC Koeln
       Uerdingen  1-1   Schalke O4
       Karlsruhe  3-1   Duesseldorf
    Hamburger SV  1-1   Hansa Rostock
      M'gladbach  2-4   St. Pauli
        Dortmund  6-3   VfB Stuttgart
  Kaiserslautern  2-3   B. Muenchen

Rk.    Team            Points    #  Goal Diff.        W    D    L   Goals
 ===========================================================================
 1 B. Muenchen           18      6      + 12          6    0    0   18- 6
 2 Leverkusen            12      6      +  6          3    3    0   10- 4
 3 Dortmund              11      6      +  6          3    2    1   15- 9
 4 Werder Bremen         11      6      +  1          3    2    1    8- 7
 5 St. Pauli             10      6      +  2          3    1    2   12-10
 6 M'gladbach            10      6      +  1          3    1    2   10- 9
 7 Schalke O4             9      6         0          2    3    1    7- 7
 8 Hansa Rostock          8      6      +  1          2    2    2   12-11
 9 E. Frankfurt           8      6         0          2    2    2   10-10
10 Uerdingen              7      6      +  1          1    4    1    5- 4
11 Karlsruhe              7      6      -  3          2    1    3    9-12
12 VfB Stuttgart          6      6      -  4          1    3    2    9-13
13 Duesseldorf            5      6      -  2          0    5    1    8-10
14 1. FC Koeln            5      6      -  2          1    2    3    5- 7
15 Kaiserslautern         5      6      -  4          1    2    3    8-12
16 Hamburger SV           4      6      -  2          0    4    2   11-13
17 186O Muenchen          4      6      -  7          1    1    4    7-14
18 Freiburg               3      6      -  6          1    0    5    3- 9



Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,4845
ECU-Wert(1 ECU)  1,8725
England(1 Pfund)  2,2960
Schweiz(100 sfr)  122,8900
Frankreich(100 FF)  29,0190
Italien(1000 Lit)  0,9204
Oesterreich(100 oeS)  14,2150
Spanien(100 Ptas)  1,1703
Japan(100 Yen)  1,4350
 
Einige Indizes:
DAX:2301,41
Dowjones-Index:4764,88
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Der falsche Vorsitzende (Sueddeutsche Zeitung)

Von Dieter Schroeder. Das Problem der SPD heisst nicht Rudolf Scharping, sondern Helmut Kohl. Der Bundeskanzler sitzt fester denn je im Sattel, als haette es das fuer die Koalition magere Wahlergebnis vom Oktober 1994 nicht gegeben. Nicht vergessen ist dagegen das Wort Scharpings, die Opposition werde dafuer sorgen, dass der Kanzler die Schlappe nicht lange ueberlebe. Inzwischen werden sogar in der SPD Stimmen laut, ob es der SPD 1998 gelingen koenne, Helmut Kohl abzuloesen. Rudolf Scharping spielt aber unverdrossen die Kohl-Abloese-Nummer weiter, waehrend ihm die Partei um die Ohren fliegt und seine sowie der SPD Popularitaetswerte in den Keller sausen.

Das kann nicht gutgehen - fuer Rudolf Scharping. Je verzweifelter er an einer verfehlten Oppositionsstrategie festhaelt, desto schneller werden ihn seine eigenen Bataillone im Stich lassen. Was jetzt vehement ueber Scharping einstuerzt, ist nichts anderes als die Verzweiflung vieler Genossen darueber, dass es der Partei nicht gelingt, die vermeintlichen Schwaechen Kohls - eine geringe Mehrheit und einige ungeloeste Wirtschaftsprobleme - zu ihrem Gunsten auszunutzen.

Daran ist Scharping nicht unschuldig. Sein Versuch, die Bundesregierung mit Hilfe des Bundesrates lahmzulegen, musste schlicht daran scheitern, dass die SPD-regierten Laender ihre eigenen Interessen verfolgen und sich nicht vom Kanzlerherausforderer an die Leine legen lassen. Neben alten unbeglichenen persoenlichen Rechnungen hat dies entscheidend zum Konflikt zwischen Gerhard Schroeder und Rudolf Scharping beigetragen. Der eine ist Praktiker und muss sehen, wie "sein" Land an der Pleite vorbeisteuert, der andere kuemmert sich, mit dem Kanzlersturz jetzt oder 1998 im Auge, wenig um Tagesfragen, die sich nur schwer mit einem sozialdemokratischen Angebotskatalog fuer bessere Tage vereinbaren lassen. Was fuer Schroeder gilt, gilt aber auch fuer Voscherau und Lafontaine. So waren denn Kompromisse im Bundesrat wie beim Jahressteuergesetz vorherzusehen.

Als frueherer Ministerpraesident haette Scharping das wissen koennen. Er hatte Erwartungen geweckt, die er nicht erfuellen konnte. Nichts entwickelt aber - in der Politik wie im sonstigen Leben - mehr Sprengkraft als enttaeuschte Erwartungen. Dass ihn nun rechte SPD-Politiker wie Carsten Voigt und linke wie Christian Zoepel im Stich lassen, kann nicht ueberraschen. Den einen wollte er es recht machen, den anderen etwas beweisen - dass die SPD auch bei einer Absage an rot-gruen, und damit war Scharping angetreten, siegen koenne. Es war ein verzweifelter und im Ansatz richtiger Versuch, die SPD zusammenzuhalten. Er war damit glaubwuerdiger als Schroeder, dessen Politik schon beim ersten Konflikt mit dem neuen Vorsitzenden, naemlich rot-gruen das Wort zu reden und die Gruenen hinterruecks auzubooten, nicht sehr glaubwuerdig war. Aber bei allen ehrlichen Absichten ist Scharping dieser Versuch nicht gelungen. Nun, da die Partei sich im Abseits wiederfindet, brechen die alten Konflikte wieder auf, sei es in der Bosnien- oder in der Wirtschaftspolitik, beschleunigt durch den Verlust der absoluten Mehrheit in Nordrhein-Westfalen und das Zusammengehen mit den Gruenen.

Der zweite grobe Schnitzer unterlief Scharping, als der sich von Schroeder herausfordern liess. Da es ihm in der Wirtschaftspolitik an der sachlichen Autoritaet fehlt, liess er sich darauf ein, den Machtkampf mit einem trotzigen Machtwort zu entscheiden: "Ich bin der Vorsitzende". Das reicht aber nicht, auch nicht in der Aussenpolitik. So lassen sich sachliche Divergenzen nicht aus der Welt schaffen, so laesst sich Fuehrungsstaerke nicht demonstrieren. Der Beifall nach der Ausbootung Schroeders war nur die kurzfristige Freude ueber ein bisschen Schmerzlinderung. Auch die Fraktion war so fuer Scharping als neues Fuehrungsinstrument anstelle des Bundesrates nicht zu gewinnen. Dass allein der Aufstand dreier Hinterbaenkler ausreichte, die Fuehrungsfrage in nie dagewesener Schaerfe wieder aufzurollen, zeigt den Zustand der Partei und den Verfall der Autoritaet Scharpings an.

Scharping ist der falsche Vorsitzende zur falschen Zeit. Die Partei haette in diesem Zeitpunkt keinen Moechtegern-Machiavelli aus Mainz gebraucht, sondern einen konzeptionellen Denker, der formulieren koennte, wie die sozialdemokratische Antwort auf die von den Parteivaetern nicht vorausgesehenen Probleme unserer Zeit aussieht. Dieser Denker ist allerdings auch Gerhard Schroeder nicht. Dass beide ueber den Gegensatz zwischen sozialdemokratischer und moderner Wirtschaftspolitik streiten, ist leeres Wortgeklingel, bei dem der bullige Populist nur den Vorteil hat, einige - wahrscheinlich begrenzte - Sanierungserfolge vorweisen zu koennen. Der Streit findet zudem zur Unzeit statt. Schroeders Versuch, jetzt die Kandidatenfrage fuer 1998 offenzuhalten schadet auch seinen eigenen Ambitionen und den Chancen der Partei. Dies gilt umso mehr, als es einen Dritten nicht gibt, denn Lafontaine gilt nach der Wahlniederlage von 1990 als "verbraucht".

Wenn sowohl Scharping als auch Schroeder die Partei nicht geschlossen hinter sich bringen, ist Sorge um die SPD angebracht. Die Gefahren einer Spaltung der Partei in eine rechten und in einen linksgruenen Fluegel muessen dann ernsthafter betrachtet werden, zumal sie Auswirkungen auf unser gesamtes Parteiensystem haetten.


Quellen

B5    10:00 MESZ    15:00 MESZ
B3    11:00 MESZ    17:00 MESZ
SDR3    12:00 MESZ    19:00 MESZ
SWF1    13:00 MESZ    18:00 MESZ
Antenne Bayern    14:00 MESZ
Radio7    16:00 MESZ
Sueddeutsche Zeitung vom Montag,    18. September    1995