GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 20.11.1996



* Abschluss von Herzogs Staatsbesuch in China
* Kinkel weist Kritik an Iran-Politik zurueck
* Iranische Drohungen gegen Bundesanwaelte
* Dreieinhalb Prozent mehr Studienanfaenger
* Deutschland will UN-Organisation fuer industrielle Entwicklung verlassen
* Deutsch-bosnisches Rueckkehrerabkommen unterzeichnet
* Metallarbeitgeber fordern fuenfjaehrige Nullrunde
* Metaller in Bayern fordern fuenf Prozent
* Viele Nahrungsmittelfirmen setzen Gen-Soja ein
* THW beginnt Einsatz in Ruanda
* Bundesweiter Aerzteprotest gegen Budgetierung
* Buss- und Bettag: Proteste
* Kuenftig keine Abloesesummen mehr nach Vertragsende



Abschluss von Herzogs Staatsbesuch in China

Peking. Deutschland und China wollen trotz aller Differenzen in Menschenrechtsfragen ihre Beziehungen stabil und dauerhaft gestalten. Nach Ansicht von Bundespraesident Herzog haben beide Laender trotz aller Differenzen einen neuen Dialog eingeleitet. Nach seinen Gespraechen mit Regierungschef Li Peng und Staats- und Parteichef Jiang Zemin zog Herzog eine insgesamt positive Bilanz. "Ich bin zufrieden", sagte der Praesident. Herzog sagte bei einem Empfang in Peking, er erwarte, dass nach seinen Beratungen mit der chinesischen Fuehrung der Dialog Stueck fuer Stueck vorankomme. Man habe eine neue Gespraechsplattform geschaffen. Herzog betonte, er wolle die deutsch-chinesische Diskussion auf eine nuechterne Basis stellen, machte aber keinen Hehl aus den Unstimmigkeiten mit der chinesischen Fuehrung. Bei den Gespraechen habe man nichts ausgeklammert. Die Menschenrechte seien ein wichtiges Thema neben anderen gewesen. Herzog zeigte sich allerdings skeptisch, ob er in dieser Frage etwas bewegt habe. Eine Liste mit den Namen von 14 politischen Gefangenen sei der chinesischen Seite uebergeben worden. Insgesamt habe sich nach den Worten des Bundespraesidenten die rechtliche Stellung der meisten Chinesen seit dem Beginn der Reformen und der Oeffnungspolitik erheblich verbessert. Herzog zeigte sich zuversichtlich, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen werde.


Kinkel weist Kritik an Iran-Politik zurueck

Bonn. Bundesaussenminister Kinkel hat Kritik an seiner Politik gegenueber dem Iran zurueckgewiesen. Angesichts der Spannungen ueber den "Mykonos"-Prozess nannte er es sinnlos, in einer kritischen Situation Entscheidungen zu treffen, die spaeter nicht haltbar seien. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen waere voellig falsch. Kinkel raeumte ein, dass der von ihm gepraegte Begriff des "kritischen Dialogs" einen ueberzogenen Symbolwert bekommen habe. Richtig bleibe aber der Grundsatz, dass es besser sei, mit einem Land Kontakt zu halten als es in eine Ecke zu stellen. Zu Forderung des CDU-Aussenpolitikers Lahmers, den Begriff "Kritischer Dialog" nicht mehr zu verwenden, sagte Kinkel, er selbst habe den Umgang der Europaeer mit dem Iran als "Politik der Kritischen Einmischung" bezeichnet. Unterdessen liess die iranische Fuehrung das Bestreben erkennen, die Spannungen im deutsch-iranischen Verhaeltnis nicht weiter eskalieren zu lassen. Das iranische Aussenministerium teilte nach einer Meldung des staatlichen iranischen Fernsehens offiziell mit, dass deutsche Staatsangehoerige in Teheran sich in keiner Weise in Gefahr befaenden.


Iranische Drohungen gegen Bundesanwaelte

Bonn/Teheran. Drohungen der iranischen Geistlichkeit gegen die Anklagevertreter im "Mykonos"-Prozess belasten die iranisch-deutschen Beziehungen weiter. Iranische Geistliche drohten heute den drei Bundesanwaelten mit einem sogenannten Todesbann. Bei einer Kundgebung in der heiligen Stadt Gomm verabschiedeten mehrere tausend Koranstudenten und Geistliche eine entsprechende Erklaerung. Darin heisst es, die im "Mykonos"- Prozess erhobenen Beleidigungen gegen den Iran seien genauso schlimm wie das Buch "Die satanischen Verse" des britischen Authors Salman Rushdie. Dieser wird seit 1989 vom Iran mit dem Tode bedroht und lebt seitdem in wechselnden Verstecken. Justizminister Schmidt-Jortzig erklaerte, er habe die Meldungen aus dem Iran mit grosser Empoerung zur Kenntnis genommen. Er stehe persoenlich dafuer ein, dass die Bundesanwaltschaft auch in Zukunft ihre Pflicht unbeeinflusst von politischem Druck und Drohungen wahrnehmen koenne. Entwicklungsminster Spranger verlangte eine Wende in der deutschen Iran-Politik. Gegenueber der BILD-Zeitung sagte Spranger, der Staatsterrorismus gegen Andersdenkende sei durch den "Mykonos"-Prozess erneut deutlich geworden. Die Morddrohungen gegen Vertretung der deutschen Justiz zeigten die Menschenverachtung des Regimes in Teheran, das damit dem "Kritischen Dialog" den Boden entzoege.


Dreieinhalb Prozent mehr Studienanfaenger

Bonn. Die Zahl der Studienanfaenger ist 1996 gegenueber dem Vorjahr um 3.5 Prozent auf 283.100 gestiegen. Der Praesident der Hochschulrektorenkonferenz Erichsen erklaerte dazu in Bonn, damit sei die Phase ruecklaeufiger Anfaengerzahlen endgueltig vorbei. Bis zum Jahr 2010 sei mit einem weiterem Wachstum auf bis zu 380.000 zu rechnen. Damit erweise sich die Kuerzungs- und Streichungspolitik im Hochschulbereich in den meisten Bundeslaendern als kurzsichtig und unvertretbar. Weiter sagte Erichsen, mittelfristig werde eine solche Einstellung teuer, es sei denn man nehme in Kauf, den Anschluss zu verpassen. Waehrend die in der Organisation fuer Wirtzschaft und Zusammenarbeit in Europa vertretenen Staaten im Schnitt 9.326 Dollar pro Jahr und Studierendem ausgaeben, seien es in Deutschland nur 6.322 Dollar. Dies sei erschuetternd.


Deutschland will UN-Organisation fuer industrielle Entwicklung verlassen

Bonn. Deutschland will aus der UN-Organisation fuer industrielle Entwicklung austreten. Das hat Entwicklungshilfeminister Spranger angekuendigt. Die UNIDO unterstuetzt Entwicklungslaender mit technischer Hilfe bei der Industrialisierung. Spranger begruendete den Rueckzug mit der Kuerzung seines Entwicklungshilfeetats. Deutschland zahlt derzeit jaehrlich 17 Mio. DM fuer die Vorhaben der UNIDO.


Deutsch-bosnisches Rueckkehrerabkommen unterzeichnet

Bonn. Innenminister Kanther und der bosnische Minister Reciza (sp?) haben das Abkommen ueber die Rueckkehr der rund 320.000 bosnischen Fluechtlinge unterzeichnet. Bosnien-Herzegowina verpflichtet sich darin, alle nach Deutschland geflohenen Staatsangehoerigen wieder aufzunehmen. Kanther sagte, die Bundesrepublik habe mit der Aufnahme der Kriegsfluechtlinge ihre humanitaeren Verpflichtungen in hoechstem Masse erfuellt. Jetzt muessten diese allerdings zurueckkehren, um beim Aufbau ihrer zerstoerten Heimat mitzuhelfen. Nach dem Beschluss der Innenminister und -senatoren sei mit der Rueckfuehrung von Straftaetern seit dem 1. Oktober in geringem Umfang bereits begonnen worden. Die gesamte Rueckfuehrung werde nach dem mit den Laendern abgestimmten Plan zeitlich in geordneter und humaner Weise und unter Beruecksichtigung der tatsaechlichen Lage vor Ort vor sich gehen. Kanther und Reciza betonten, dass eine freiwillige Rueckkehr der Fluechtlinge angestrebt werde. In einer ersten Phase bis Ende Juni 1997 sollen bis zu 90.000 Personen zurueckkehren, danach muessen laut Kanther alle uebrigen heim.


Metallarbeitgeber fordern fuenfjaehrige Nullrunde

Berlin. Eine fuenfjaehrige Nullrunde haben die Arbeitgeber der Metallbranche gefordert. Der Praesident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall Stumpfe sagte, das bereits jetzt sehr hohe Kostenniveau muesse auf fuenf Jahre gehalten werden, wenn die noch vorhandenen Arbeitsplaetze gesichert werden sollten. Es duerfe keinen weiteren Anstieg der Arbeitskosten geben. Dazu muesse auch der Gesetzgeber beitragen. Bei der anstehenden Tarifrunde der Metallrunde muesse sich die Reformfaehigkeit des Sozialstaates erweisen. Die Tarifrunde werde sich an der Lohnfortzahlung fuer Kranke entscheiden. Stumpfe sagte voraus, die Tarifrunde 1997 werde eine Runde der Superlative. Noch nie sei ein so schweres Paket zu verhandeln gewesen.


Metaller in Bayern fordern fuenf Prozent

Muenchen. Die bayerische IG Metall geht mit einer Forderung von fuenf Prozent mehr Lohn und Gehalt inklusive beschaeftigungssichernder Massnahmen in die Tarifrunde 1997. Nach der Sitzung der Tarifkommission hiess es, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit habe weiterhin oberste Prioritaet. Bezirksleiter Neugebauer erklaerte, die Bestimmungen ueber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sollten so eindeutig vereinbart werden, dass die vollen 100 Prozent auch weiterhin tariflich garantiert werden.


Viele Nahrungsmittelfirmen setzen Gen-Soja ein

Bonn. Die meisten deutschen Lebensmittelbetriebe werden trotz der Proteste der vergangenen Wochen auch weiterhin genmanipuliertes Soja verarbeiten. Zu dieser Einschaetzung kam der Bund fuer Lebensmittelrecht und -kunde in Bonn. Die Organisation vertritt nach eigenen Angaben mehrere hundert Hersteller und Haendler. Nach Darstellung der Umweltorganisation Greenpeace haben bisher 45 internationale Lebensmittelhersteller den Verzicht auf Gen-Soja in Deutschland erklaert, darunter auch einige Grosskonzerne.


THW beginnt Einsatz in Ruanda

Stuttgart. Der deutsche Einsatz des Technischen Hilfswerkes in Ruanda hat begonnen. Die ersten 41 Helfer starteten heute richtung Nairobi. Sie sollen in die ruandische Hauptstadt Kigali weiterfliegen, sobald auch die Hilfsgueter engetroffen sind. Vorrangiges Ziel der auf drei Monate angelegten Aktion im Auftrag des UN-Fluechtlingshilfswerks ist es, die Fluechtlinge aus Ost-Zaire mit frischem Trinkwasser zu versorgen.


Bundesweiter Aerzteprotest gegen Budgetierung

Stuttgart/Muenchen. Mehr als 10.000 Aerzte haben bundesweit gegen Kuerzungen im Gesundheitswesen protestiert. Viele Praxen waren geschlossen; Notdienste uebernahmen die Versorgung der Patienten. Die Aktion richtete sich primaer gegen die Budgetierung bei Arzneimitteln. Danach muessen Aerzte ab sofort Arzneien, die sie verschreiben, faktisch selbst bezahlen, weil das Jahresbudget aufgebraucht ist. Die Aerzte werfen den Krankenkassen vor, das Geld an der falschen Stelle auszugeben.


Buss- und Bettag: Proteste

Hamburg. Mit Gottesdiensten und Mahnaktionen haben in ganz Deutschland Christen gegen die Streichung des heutigen Buss- und Bettages als gesetzlichen Feiertag protestiert. Der protestantische Feiertag war 1994 zur Finanzierung des Arbeitgeberanteils an der Pflegeversicherung in allen Bundeslaendern bis auf Sachsen abgeschafft worden. In Schleswig-Holstein, Hessen und Bayern laufen zur Zeit Volksbegehren gegen die Streichung des Feiertages.


Kuenftig keine Abloesesummen mehr nach Vertragsende

Kassel. Abloesesummen nach Vertragsende sind auch innerhalb Deutschlands kuenftig nicht mehr moeglich. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts verstossen sie gegen die Wettbewerbsfaehigkeit und gegen die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Das Urteil betrifft allerdings nur abgelaufene oder rechtsgueltig gekuendigte Vertraege. Vereinswechsel aus einem laufenden Vertrag heraus koennen weiterhin mit Abloesezahlungen verbunden sein. Das Kasseler Gericht bezog sich ausdruecklich auf das sogenannte Bosman-Urteil des Europaeischen Gerichtshofs. Darin waren Transfersummen nach Vertragsende bei grenzueberschreitenden Vereinswechseln innerhalb der 15 EU-Staaten fuer unrechtmaessig erklaert worden.


Quellen

SDR3    15:00 MEZ    17:00 MEZ    19:00 MEZ    21:00 MEZ
B5    12:15 MEZ    14:15 MEZ    17:16 MEZ    18:45 MEZ