GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 20.11.1995



* Sachsens SPD bewertet Wahl Lafontaines als Befreiungsschlag
* Kanzleramtsminister zu Altschulden ostdeutscher Kommunen
* Proteste gegen drohende Entlassungen an norddeutschen DASA-Standorten
* Prozess gegen Krenz wird fortgesetzt
* Bundespraesident Herzog startet zu Besuch in Brasilien
* Herzog gratuliert neuem polnischen Praesidenten
* Kohl lobt Praesenz der deutschen Industrie in Asien
* Geplante Einschnitte in Leistungen an Asylbewerbern stossen auf Kritik
* Deutsche Steuergewerkschaft mit neuem Vorsitzenden
* Leutheuser-Schnarrenberger zu Nuernberger Prozessen vor 50 Jahren
* Patriarch Alexey II. bei Kranzniederlegung im KZ Dachau
* Frueherer Intendant des DLF, Franz Tilik, gestorben
* Rueckgang der Foerderung verlaengert Studiendauer



Sachsens SPD bewertet Wahl Lafontaines als Befreiungsschlag

Die Sozialdemokraten im Landesverband Sachsen haben nach den Worten ihres Parteichefs Kunkel die Wahl des Saarlaenders Lafontaine zum Bundesvorsitzenden als Befreiungsschlag gewertet. Im Deutschlandfunk aeusserte Kunkel heute frueh die Hoffnung, dass die SPD nun wieder als grosse Volkspartei sichtbar werde. Gestaerkt werden muesse auch der Einfluss der ostdeutschen Sozialdemokraten in der Gesamtpartei. Der saechsische SPD-Chef plaedierte dafuer, sich offensiv und selbstbewusst mit der PDS auseinanderzusetzen. Das Magdeburger Modell der rot-gruenen Minderheitsregierung unter Tolerierung der PDS werde von den meisten Mitgliedern der saechsischen SPD als Chance begriffen, mit allen Risiken, sagte Kunkel.


Kanzleramtsminister zu Altschulden ostdeutscher Kommunen

Kanzleramtsminister Bohl dringt auf einen Kompromiss bei den Verhandlungen ueber die Altschulden der ostdeutschen Kommunen von rund 8 Milliarden DM aus DDR-Zeit. Bohl erlaeuterte der Chemnitzer Zeitung 'Neue Presse', der Bund sei bereit, die Haelfte der bisher aufgelaufenen 3 Milliarden DM Zinsen zu uebernehmen. Die andere Haelfte sollten die Laender tragen. Die restlichen 5 Milliarden DM Schulden verblieben bei den Kommunen. Der Kanzleramtsminister sprach von einem fairen Angebot und machte deutlich, dass der Bund keinesfalls die gesamten Altschulden der ostdeutschen Kommunen abgraben werde.


Proteste gegen drohende Entlassungen an norddeutschen DASA-Standorten

An den norddeutschen DASA-Standorten protestieren seit dem fruehen Morgen Betriebsraete und Belegschaft gegen drohende Entlassungen. Der Konzernvorstand will im Laufe des Tages endgueltig ueber das Sanierungskonzept Dolores entscheiden, das unter anderem den Abbau von 8800 Arbeitsplaetzen vorsieht. Drei Standorte der DASA stehen beim Sanierungskonzept zur Schliessung zur Disposition, es handelt sich dabei um Speyer, Laupheim in Baden-Wuerttemberg und Peissenberg in Bayern. In erster Linie sind dies die Airbus- und die Triebwerks-Sparte die von Schliessungen bedroht ist. Der Ruestungs- und Raumfahrtbereich plant hingegen schon wieder Neueinstellungen.


Prozess gegen Krenz wird fortgesetzt

Berlin. Mit einem neuen vorsitzenden Richter wird der Prozess gegen den ehemaligen Staats- und Parteichef Krenz fortgesetzt. Krenz wird Totschlag und versuchter Totschlag an DDR-Fluechtlingen vorgeworfen. Mit Krenz muessen sich weitere fuenf ehemalige Politbueromitglieder wegen der Schuesse an der innerdeutschen Grenze verantworten. Am Freitag hatte der bisherige Richter Braeutigam das Verfahren abgeben muessen, nachdem einem Befangenheitsantrag des Verteidigers des Gefangenen Jabowski stattgegeben worden war. Den Vorsitz uebernahm der bisherige Beisitzende Richter Hoch. Staatsanwaltschaft und Verteidigung beantragten im Laufe des Tages vor dem Berliner Landgericht, das Verfahren auszusetzen. Begruendet wurde dies mit dem Argument, dass nach dem Ausscheiden des bisherigen vorsitzenden Richters Braeutigam wegen Befangenheit kein Ergaenzungsrichter mehr zur Verfuegung stehe. Damit sei der gesamte Prozessverlauf gefaehrdet. Am Donnerstag will die 27. Grosse Strafkammer ueber den Antrag entscheiden.


Bundespraesident Herzog startet zu Besuch in Brasilien

Bundespraesident Herzog ist in der vergangenen Nacht zu einem elftaegigen Besuch nach Brasilien abgeflogen. Er wird Morgen in der Hauptstadt Brasilia vom Staatschef Cardoso empfangen. Der Bundespraesident wird begleitet von Wirtschaftsminister Rexrodt, vom Praesidenten des Bundesverbandes der deutschen Industrie Henkel und anderen hochrangigen Wirtschaftsvertretern. Nach einer Rundreise durch das groesste Land Lateinamerikas wird der Bundespraesident in der naechsten Woche in Sao Paulo eine deutsch-brasilianische Industrieaustellung eroeffnen.


Herzog gratuliert neuem polnischen Praesidenten

Bundespraesident Herzog hat dem neuen polnischen Praesidenten Krajnewski Unterstuetzung zugesichert. In einem Gluckwunschtelegramm schrieb Herzog, der sich zur Zeit auf einer Brasilien-Rundreise befindet, die Amtszeit Krajnewskis werde bis in das Jahr 2000 reichen und damit einen Zeitraum umfassen, in dem grundlegende Entscheidungen hinsichtlich der Integration Polens in die europaeischen und atlantischen Strukturen anstuenden. Auf diesem Weg werde die Bundesrepublik Deutschland fest an der Seite des Praesidenten zu finden sein. Fuer Krajnewski votierten 51,7 %, fuer Walensa stimmten 48,3 % der Stimmen.


Kohl lobt Praesenz der deutschen Industrie in Asien

Bundeskanzler Kohl hat die deutsche Industrie fuer ihre Praesenz auf den asiatischen Maerkten gelobt. Beim Besuch des deutschen Industrie- und Handelszentrums in Singapur sagte der Kanzler, es sei unverkennbar, dass in der deutschen Wirtschaft zunehmend die Chancen im ostasiatischen Raum erkannt und wahrgenommen wuerden. Singapur ist die letzte Station der Asienreise Kohls. Gestern hatte er im vietnamesischen Ho-Tschi-Minh-Stadt, dem frueheren Saigon, den Grundstein fuer eine LKW-Montagefabrik von Mercedes-Benz gelegt.


Geplante Einschnitte in Leistungen an Asylbewerbern stossen auf Kritik

Die von der Bundesregierung geplanten Einschnitte in die Leistungen an Asylbewerber stossen bei zahlreichen Organisationen auf Kritik. In einer oeffentlichen Anhoerung des Bundestags-Gesundheitsausschusses in Bonn wiesen unter anderem Vertreter der freien Wohlfahrtsverbaende darauf hin, dass die bereits 1993 verwirklichten Kuerzungen die Lebenssituation von Fluechtlingen deutlich verschlechtert haetten. Aehnliche Bedenken aeusserten das diakonische Werk der evangelischen Kirche, die Organisation Pro-Asyl und die Bundesvereinigung der kumunalen Spitzenverbaende.


Deutsche Steuergewerkschaft mit neuem Vorsitzenden

Neuer Vorsitzender der deutschen Steuergewerkschaft ist das bisherige Vorstandsmitglied Endrachek (sp?). Der Vorstand der Gewerkschaft, die unter dem Dach des Deutschen Beamtenbundes taetig ist berief den 51jaehrigen heute in Bonn zum Nachfolger von Erhard Geier. Dieser war vor kurzem zum neuen Chef des Beamtenbundes gewaehlt worden. Endrachek kuendigte an, seine Organisation werde auch weiterhin dafuer streiten, dass die Steuern vereinfacht und die Leistungsfaehigkeit der Steuerverwaltung gestaerkt werde.


Leutheuser-Schnarrenberger zu Nuernberger Prozessen vor 50 Jahren

Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnarrenberger hat die Nuernberger Prozesse als Verfahren gegen Kriegsverbrecher gewuerdigt, denen die Deutschen den Anstoss zur Vergangenheitsbewaeltigung verdanken. Nuernberg habe deutlich gemacht, welcher geschichtlichen Verantwortung man sich gegenueber sehe, sagte die FDP-Politikerin heute in Bonn aus Anlass des Beginns der Prozesse vor genau 50 Jahren. Es habe sich nicht um einen Akt der Siegerjustiz gehandelt sondern um die, so woertlich, erste richtige Antwort auf das Verbrechersystem.


Patriarch Alexey II. bei Kranzniederlegung im KZ Dachau

Mit einer Kranzniederlegung und einem Totengebet in das KZ-Gedenkstaette Dachau hat der russisch-orthodoxe Patriarch Alexey II. heute der etwa 13000 russischen Haeftlinge waehrend der Nazizeit gedacht. Im Beisein des Muenchener Kardinals Wetter und des evangelischen Landesbischofs von Lowenich informierte sich das Oberhaupt von rund 120 Millionen russisch-orthodoxen Christen ueber die Geschichte des KZs. Alexey II. haelt sich seit Donnerstag zu einem sechstaegigen Besuch in Deutschland auf.


Frueherer Intendant des DLF, Franz Tilik, gestorben

Der fruehere Intendant des Deutschlandfunks, Franz Tilik (sp ?) ist heute im Alter von 95 Jahren in Bonn gestorben. Der aus Hagen in Westfalen stammende Tilik begann seine politische Karriere 1923 als er in Koeln die Stelle zur Abwehr des Separatismus im Rheinland uebernahm. Von 1949 bis 1964 war er Staatssekretaer im damaligen Bundesministerium fuer gesamtdeutsche Fragen. Intendant des Deutschlandfunks war Tilik von 1966 bis 1972.


Rueckgang der Foerderung verlaengert Studiendauer

Der Rueckgang der staatlichen Ausbildungsfoerderung verlaengert nach Angaben des Deutschen Studentenwerkes (DSW) die Studiendauer an den Hochschulen. Der Anteil der BaFoeG-Bezuege an den Einkommen der Studenten sei von 1982 bis 1994 fast halbiert worden, sagte DSW-Chef von Nutius. Mittlerweile arbeiteten in Westdeutschland rund 60 % der Studierenden waehrend des Semesters um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In den neuen Laendern laege die Zahl bei 48 %.


Quellen

DLF    8:30 Uhr MEZ    10:00 Uhr MEZ    18:00 Uhr MEZ
SWF3    9:00 Uhr MEZ
RPR    19:00 Uhr MEZ