Urteil im Prozess gegen Schnur |
Berlin. Der fruehere DDR-Anwalt und Politiker Schnur ist vom Berliner
Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten auf Bewaehrung verurteilt
worden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Schnur in den achtziger
Jahren die beiden DDR-Buergerrechtler Klier und Kraftschick an die
DDR-Staatssicherheit verraten hatte und sie damit der Gefahr einer Verfolgung
aussetzte. Schnur, der wegen der Spitzeltaetigkeit seine Anwaltszulassung
verloren hat, bekannte sich in dem Verfahren zu einer moralischen Schuld.
Das Delikt, dessen Schnur schuldig gesprochen wurde heisst "politische
Verdaechtigung." Im Strafgesetzbuch steht dazu, dass bestraft wird, "wer
andere der Gefahr aussetzt, aus politischen Gruenden verfolgt zu werden."
Schnur habe, so der vorsitzende Richter, rechtswidrig und schuldhaft
gehandelt, als er dem MFS im Januar 1988 berichtete, dass die beiden
Kuenstler Kontakt zum Westfernsehen haetten und seinem Fuehrungsoffizier
spaeter das Versteck eines Buchmanuskripts von Freya Klier verraten habe.
Als Rechtsanwalt habe er wissen muessen, in welche Gefahr er die beiden
Kuenstler mit seinen Berichten bringe. Klier und Kraftschick haetten Anklagen
wegen Landesverrat und staatsfeindlicher Hetze gedroht. Ende Januar waren die
beiden verhaftet und kurze Zeit spaeter in den Westen abgeschoben worden.
Schnur sei, so der vorsitzende Richter, ein ehrlicher und zuverlaessiger
Mitarbeiter des MFS gewesen, der freiwillig in ein System gegenseitiger
Bespitzelung eingebunden gewesen sei. Zielgerichtet habe er sich das
Vertrauen der beiden Buergerrechtler erschlichen, deren Vertrauen
missbraucht und sie in der Haft gegeneinander ausgespielt. |
Haushaltsausschuss beraet ueber Ausgabensperre |
Auf Draengen der Bonner Oppositionsparteien ist der Haushaltsausschuss des
Bundestages zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Angesichts der heute
wirksam werdenden Haushaltssperre verlangten SPD und Gruene Klarheit ueber
die zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben im Bundesetat. Nach Schaetzungen
der Sozialdemokraten koennte die drohende Finanzluecke im Haushalt bis zu
25 Milliarden DM erreichen - und um die zu fuellen ist ihrer Ansicht nach
eine Haushaltssperre nicht ausreichend.
Trotz der Loecher in Milliardenhoehe sieht die Koalition offenbar nach wie
vor keinen Bedarf fuer einen Nachtragshaushalt oder ein
Haushaltssicherungsgesetz. Der CDU-Abgeordnete Dietrich Austermann jedenfalls
lehnt entsprechende Forderungen von SPD und Buendnis 90 ab. Die seit heute
geltende Haushaltssperre geht der Opposition nicht weit genug.
Bundesfinanzminister Waigel, CSU, hatte sie vorgestern erlassen, der
FDP-Haushaltspolitiker Wolfgang Wingen haelt einen Nachtragshaushalt
zumindest dann fuer wahrscheinlich, wenn sich die Kassenlage bis zur
Steuerschaetzung im Mai nicht verbessert hat. Fuer den parlamentarischen
Geschaeftsfuehrer der Union, Joachim Hoerster, handelte es sich bei der
Sondersitzung des Ausschusses um ein Wahlkampfspektakel, das SPD und Gruene
inszenieren wollten. |
Bundestag debattiert ueber Maastrichtfolgekonferenz |
Bonn. Der Bundestag debattierte am Vormittag ueber die Folgekonferenz von
Maastricht. Die SPD brachte dazu einen Antrag ein, in dem sie verstaerkte
beschaeftigungspolitische Aktivitaeten der Europaeischen Union fordert.
Ein weiteres Thema des Bundestages war die zweite Stufe der
Pflegeversicherung, die zum ersten Juli in Kraft treten soll. Geplant ist mit
einem Ergaenzungsgesetz die Kosten fuer die medizinische Behandlung in
Pflegeheimen von den Krankenkassen auf die Pflegeversicherung zu uebertragen. |
Erneut Streit in rot-gruener Koalition |
Der Streit in der nordrhein-westfaelischen Koalition zwischen
Sozialdemokraten und Gruenen hat sich vor dem morgigen Landesparteitag von
Buendnis 90 / Die Gruenen zugespitzt. Im Haushalts- und Finanzausschuss des
Landtages votierten heute drei Vertreter der Gruenen mit der CDU und
bereiteten damit dem Koalitionspartner SPD eine Abstimmungsniederlage.
SPD-Fraktionschef Mathiesen sprach von einem gravierenden politischen
Vorgang. Im Koalitionsvertrag seien wechselnde Mehrheiten auch in den
Ausschuessen ausgeschlossen worden. Die Sprecherin der gruenen Fraktion,
Nacken, sagte, das kritisierte Stimmverhalten sei nicht mit der
Fraktionsspitze abgesprochen gewesen. Das Votum der 275 Delegierten auf dem
morgigen Parteitag der nordrhein-westfaelischen Gruenen ueber die Zukunft der
rot-gruenen Koalition in Duesseldorf ist voellig offen. Die Chancen stuenden
50 zu 50. |
Oberleutnant der Bundeswehr in Bosnien schwer verletzt |
Ein Oberleutnant der Bundeswehr ist heute beim Bosnieneinsatz der deutschen
IFOR-Truppe durch eine Minenexplosion schwer verletzt worden. Der Soldat sei
beim Brueckenbau durch die Detonation einer Mine verletzt worden, sagte ein
Bundeswehrsprecher. Der Offizier sei noch vor Ort von einem Truppenarzt
versorgt worden. Anschliessend sei er mit einem Hubschrauber in das deutsche
Feldlazarett in die kroatische Kuestenstadt Trodje geflogen worden. Seine
Verletzungen wurden als nicht lebensgefaehrlich bezeichnet. Sobald die Wunden
behandelt sind und es der Gesundheitszustand zulaesst soll der verletzte
Offizier nach Deutschland geflogen werden. Bundesverteidigungsminister Volker
Ruehe sandte dem Verletzten ein Genesungstelegramm und warnte die deutschen
Soldaten in Kroatien, die Augen offen zu halten und mit aeusserster Vorsicht
vorzugehen. |
Prozess gegen die Telekom beginn in Muenchen |
Muenchen. Zum Auftakt eines Prozesses gegen die Telekom hat der Muenchner
Anwalt Thieler die neuen Tarife fuer rechts- und sittenwidrig erklaert.
Thieler warf dem Unternehmen Machtmissbrauch und Wucher vor. Eine
Entscheidung wird das Amtsgericht Muenchen voraussichtlich erst im Juli
treffen. Der Anwalt vertritt nach seinen Angaben ueber 50 weitere
unzufriedene Telekomkunden. Sein eigentliches Ziel ist eine
Verfassungsbeschwerde. |
Fokker endgueltig bankrott |
77 Jahre niederlaendische Luftfahrtgeschichte gehen zu Ende. Fokker ist
unwiderruflich bankrott. Die Konzernmutter Daimler Benz hatte Ende Januar
ihre Finanzhilfen fuer den Flugzeugbauer eingestellt. Fokker hatte vorher am
1995er Daimler-Rekordverlust von 6 Milliarden DM einen erheblichen Anteil.
Die Verhandlungen mit moeglichen Uebernahmepartnern aus China und Korea haben
nichts ergeben. "Wir haben bis zuletzt gekaempft, heute morgen noch", sagte
der Fokker-Chef am Vormittag in Amsterdam. Doch es sei nicht gelungen,
Fokker doch noch in einen sicheren Hafen zu lotsen. Auch eine selbstaendige
Weiterexistenz ohne Partner ist ausgeschlossen, da Fokker keine Investoren
finden konnte und weder Banken noch die Regierung bereit sind, weiter zu
investieren. Rund 5.600 der 7.900 Fokker-Arbeitnehmer haben heute morgen per
Kurier ein Kuendigungsschreiben erhalten. Die lebensfaehigen Teile von
Fokker, darunter die Militaer-, Raumfahrt- und Wartungsabteilung werden zur
Fokker-Aviation GmbH zusammengeschlossen. Auch hier werden 350 Menschen ihren
Arbeitsplatz verlieren, 350 andere koennen noch drei Monate weiterarbeiten,
um bestellte Flugzeuge fertigzubauen. Einen Sozialplan fuer die Entlassen
gibt es nicht. Der europaeische Sozialfonds hingegen will rund 5 Millionen DM
fuer Umschulungsprogramme zur Verfuegung stellen. |
Weiterbau zweier Schiffe bei Vulkan gesichert |
Der Weiterbau von zwei Kreuzfahrtschiffen fuer den italienschen Reeder Costa
bei der Bremer Vulkan Verbund AG ist gesichert. Die Vergleichsverwalter des
Werftenkonzerns teilten mit, nach tagelangen Verhandlungen sei die
Finanzierung gewaehrleistet. Der Auftrag fuer beide Schiffe umfasst ein
Volumen von 1.2 Milliarden DM. |
Mindestlohn von DM 15.00 im Baugewerbe realistisch |
Der Geschaeftsfuehrer des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Schleier,
hat zu einer raschen Einigung auf einen Mindestlohn im Baugewerbe gedraengt.
Im ZDF-Morgenmagazin sagte Schleier, ein Mindestlohn von DM 15.00 pro Stunde
sei eine realistische Groesse. Dieser Satz ermoegliche auch deutschen
Bauarbeitern Beschaeftigung. Der Tarifstreit, der eine praktische
Verwirklichung des Entsendegesetzes verhindert, soll in der kommenden Woche
von dem Schlichter, dem frueheren Bundesminister Apel, beigelegt werden. Das
Entsendegesetz soll die wachsende Beschaeftigung auslaendischer Arbeitnehmer
zu Niedrigloehnen eindaemmen. |
Demonstrationen von Bauarbeitern |
Frankfurt. Bauarbeiter haben heute bundesweit gegen die Billiglohnkonkurrenz
aus anderen EU-Staaten demonstiert. Ausserdem forderten sie die Einfuehrung
von Mindestloehnen fuer auslaendische Beschaeftigte auf deutschen Baustellen.
Die IG Bau hatte nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen ueber Mindestloehne
zum sogenannten Entsendegesetz zu den Kundgebungen aufgerufen. Die
Veranstalter erwarteten mehrere 10.000 Teilnehmer. |
Spranger unterstreicht das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" |
Der Bundesminister fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
Spranger, hat das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" fuer die Laender der
dritten Welt unterstrichen. Im Deutschlandradio Berlin sagte Spranger, die
Vergabe von oeffentlichen Mitteln sei nicht eingeschraenkt, jedoch werde sie
durch die Erblasten in Osteuropa beeintraechtigt. Nach seinen Angaben fliesst
zunehmend Privatkapital in die armen Laender. Spranger sagte weiter, die
juengsten Welthandelskonferenzen haetten dazu beigetragen, auch die
Erwerbssituation der Menschen in den Entwicklungslaendern zu verbessern. Er
hob die Beachtung von Umweltkriterien bei der Vergabe von Foerdermitteln
hervor. |
Zum Streit um den Status des Religionsunterrichts in Brandenburg |
Der Streit um den Status des Religionsunterrichts in Brandenburg muss nach
Ansicht des rheinland-pfaelzischen Justizministers Caesar im Land und nicht
auf Bundesebene geregelt werden. Im Deutschlandfunk sagte er heute frueh,
die Bundeslaender muessten ihre Spielraeume erhalten. Auch vor das Karlsruher
Bundesverfassungsgericht gehoere dieses Thema nicht. Der FDP-Politiker
raeumte ein, dass er dem brandenburgischen Schulgesetz sehr kritisch
gegenuebersteht.
Unionsfraktionschef Schaeuble hat davor gewarnt, den Religionsunterricht an
den Schulen in Frage zu stellen. Zu Beginn einer Debatte ueber die
Einfuehrung von Ethikunterricht in Brandenburg verwies er heute im Bundestag
darauf, dass die Religion ueber Jahrhunderte eine wichtige Quelle der
Wertorientierung gewesen sei. Diese duerfe nicht versiegen. Nach dem Willen
von CDU/CSU und FDP hat der Bundestag nun den brandenburgischen Landtag
aufgefordert, das geplante Schulgesetz nicht zu verabschieden. Dort ist der
Religionsunterricht nicht als Pflichtfach vorgesehen.
Der entsprechende Antrag der Koalitionsfraktion wurde nach erregter Debatte
in namentlicher Abstimmung verabschiedet. Vertreter der Union nannten das
neue brandenburger Schulgesetz verfassungswidrig, da es das bekenntnisfreie
Pflichtfach "Lebensgestaltung" schaffen will. |
BGH erlaesst Haftebefehl gegen iranischen Geheimdienstminister |
Der Bundesgerichtshof hat Haftbefehl wegen vierfachen Mordes und versuchten
Mordes gegen den iranischen Geheimdienstminister Ali Falachian (sp?)
erlassen. Falachian soll der Drahtzieher des sogenannten Mykonos-Attentates
gewesen sein. In dem Berliner Restaurant Mykonos wurden vor drei Jahren vier
iranische Oppositionelle umgebracht. Seit Oktober 1993 muessen sich ein
Iraner und vier Libanesen vor dem Berliner Landgericht wegen dem Anschlag
verantworten. |
Wolfgang Koeppen gestorben |
"Der Tod in Rom" war einer seiner bekanntesten Romane, jetzt ereilte ihn der
Tod in einem Muenchner Altersheim. Wolfgang Koeppen, der seit 1945 in
Muenchen gelebt hatte, ist in der vergangenen Nacht im Alter von 89 Jahren
gestorben. Oberbuergmeister Uhde wuerdigte ihn mit den Worten: "Wir verlieren
einen aeusserst sensiblen Liebhaber der Stadt."
Wolfgang Koeppen war der grosse alte Mann der deutschen Literatur. Seine
ersten Romane "Eine unglueckliche Liebe" und "Die Mauer schwankt"
veroeffentlichte er bereits in den 30er Jahren. Seine Durchburch erlebte
Wolfgang Koeppen aber erst nach dem Krieg. Insbesondere Marcel Reich-Ranitzki
hat sich damals wie heute fuer den Autor und sein Werk eingesetzt. Koeppen,
der nie ein Bestsellerautor gewesen ist hat in Romanen wie "Tauben in Gras"
von 1950 schonungslos am Nachkriegsdeutschland Kritik geuebt, lange bevor
Kollegen wie Heinrich Boell ihre sozialkritischen Romane geschrieben haben.
1962 wurde der Schriftsteller mit dem Georg Buechner Preis ausgezeichnet, dem
wichtigsten deutschen Literaturpreis. Es war eine Anerkennung fuer seine in
einem betont nuechternen Stil gehaltene, treffende Sprachkunst. |
Demonstrationsverbot bestaetigt |
Gelsenkirchen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Verbot einer fuer
morgen in Dortmund geplanten Demonstration von Kurden bestaetigt. Es sei
anzunehmen, dass es dabei zu Straftaten kommen werde. Das Gericht verwies bei
seiner Entscheidung auf gewalttaetige Ausschreitungen bei einer Demonstration
von Kurden am vergangenen Wochenende in Bonn. Innenminister Kanther forderte
die, so woertlich, grosse rechtstreue kurdische Mehrheit auf, sich von
politischen Scharfmachern nicht verfuehren zu lassen. |
Steffi Graf im Finale von Indian Wells |
Steffi Graf hat beim Turnier von Indian Wells das Finale erreicht. Die
Weltranglistenerste besiegte Lindsay Davenport aus den USA mit 6:7, 7:6 und
6:4. Im Endspiel trifft sie morgen auf die Siegerin des zweiten Halbfinals
zwischen der Spanierin Conchita Martinez und der Japanerin Kimiko Date. |
Quellen |
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