Bundestagswahl |
In Deutschland wurde heute ein neuer Bundestag gewaehlt. Bis 18:00 Uhr waren 60,5 Millionen Bundesbuerger aufgerufen, ein neues Parlament zu bestimmen. Um die 656 Mandate bewerben sich 5062 Kandidaten von 33 Parteien, mehr als je zuvor. Die Haelfte der Sitze ist fuer die Direktkandidaten reserviert, die weiteren Mandate werden von den Parteien ueber die Landeslisten vergeben. Die Wahlaemter meldeten bereits gegen Mittag eine rege Wahlbeteiligung. In den ersten Stunden haben bis zu 4,5% mehr Buerger als im Vergleichszeitraum vor vier Jahren gewaehlt. Nach Angaben des Bundeswahlleiters hatten bis zwoelf Uhr 31% der Bundesbuerger ihre Stimme abgegeben, zwei Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Die Briefwaehler sind darin nicht enthalten. Vor allem in den neuen Bundeslaendern fand ein Ansturm auf die Wahllokale statt. Dort lag die Beteiligung am Mittag bei 37%, das ist im Vergleich zum letzten Mal ein Anstieg um acht Prozentpunkte. Vor einigen Wahllokalen in Berlin, Neu-Brandenburg und Rostock bildeten sich zum Teil lange Schlangen. 1994 gingen 79% der Wahlberechtigten an die Urnen, 1998 lag die Wahlbeteiligung insgesamt bei 80,2%. Nach ersten Hochrechnungen wird die CDU die Aera Kohl beendet sehen. Laut infratest hat die Union massive Einbrueche hinzunehmen. Hauptursache fuer die Verluste der CDU: der Partei liefen die Stammwaehler weg. Besonders deutlich ist der Einbruch in den neuen Laendern, hier sind die Verluste fuer die Union zweistellig. Diese Waehler wanderten hauptsaechlich zur SPD. Die SPD wurde bundesweit vor allem von Arbeitern, Angestellten und Arbeitslosen gewaehlt. Konkurrenz bekam die Union auch von der FDP, die Selbstaendigen waehlten wieder verstaerkt liberal. Die SPD zieht im gesamten Bundesgebiet an der Union vorbei. Gerhard Schroeder wird voraussichtlich der dritte sozialdemokratische Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach den ersten Hochrechnungen ist eine rot-gruene Bundesregierung moeglich, unabhaengig davon, ob die PDS den Sprung ueber die 5%-Huerde schafft. Gruene und FDP sind beide wieder im Bundestag. Die Gruenen sind nicht nur die Partei der Jungwaehler, Gruen waehlten hauptsaechlich besser gebildete Frauen im Alter zwischen 35 und 44 Jahren. Spannend wird es fuer die PDS. Nach ersten Hochrechnungen liegt die Partei bei 5%, soll aber im Osten Berlins 3 Direktmandate erreicht haben, so dass die 5%-Huerde unter Umstaenden ausgehebelt werden kann. Die PDS ist hauptsaechlich eine Ostpartei und wird ueberdurchschnittlich oft von Beamten gewaehlt. |
Das Ergebnis der Bundestagswahl |
Hochrechnung von Infratest dimap 23:31 MESZ Anteil in % Gewinne/Verluste Sitze CDU/CSU 35.0 -6.4 242 (-52) SPD 41.8 +5.4 290 (+38) B90/Gruene 6.6 -0.7 46 ( -3) FDP 6.1 -0.8 42 ( -5) PDS 5.2 +0.8 36 ( +6) Sonstige 5.3 +1.7 Wahlbeteiligung: 80.2 Prozent (Aktuellere Hochrechnungen sind ueber unsere Seite http://www.bn-ulm.baynet.de/germnews abrufbar. Dieser Ergebnisdienst wird in Zusammenarbeit mit dem Buergernetzverein Ulm/Neu-Ulm realisiert) |
Stimmen zur Bundestagswahl |
Bundeskanzler Kohl will auch als Parteivorsitzender zuruecktreten.
Helmut Kohl: "An dieser Niederlage gibt es nichts zu diskutieren und
daraus ziehe ich auch selbstverstaendlich die Konsequenz fuer mich. Das
werden wir morgen im Parteivorstand besprechen, dass ich den Vorstand
bitte, auf dem jetzt bald stattfindenden Parteitag davon auszugehen, dass
ich zu einer Wiederwahl als Parteivorsitzender nicht zur Verfuegung stehe."
Gerhard Schroeder: "Ich habe geahnt und gefuehlt, dass wir wohl vorne liegen wuerden, aber in dieser Deutlichkeit, wie es sich jetzt ankuendigt, habe ich das Wahlergebnis nicht erwartet. Wir haben ueber die klassische Waehlerschaft der SPD hinaus wirken koennen. Das hat sicher auch zu tun damit, dass wir auch personell ein Stueck Offenheit demonstriert haben und nicht nur demonstriert, wir meinen das ganz ehrlich, wenn wir ueber die neue Mitte reden, die, so scheint es mir jedenfalls, hat sich entschieden, sie ist zur SPD zurueckgekehrt. Und natuerlich weiss man in der SPD, dass jetzt harte Arbeit vor uns steht, wir muessen mal in die Kasse gucken und dann koennen wir entscheiden, was wir machen koennen. Aber ich sage hier deutlich, das was wir angekuendigt haben, war finanzierbar und wird es auch in Zukunft sein, jedenfalls nach allem was wir wissen." Der parlamentarische Geschaeftsfuehrer der SPD Peter Struck aeusserte sich zum Wahlergebnis: "Wir wussten, dass wir immer vorne liegen. Die Buerger haben uns grosse Zustimmung bei vielen Veranstaltungen signalisiert. Es ist auch ein grosser Erfolg fuer Gerhard Schroeder, weil viele wollten, dass Gerhard Schroeder ein Zukunftskanzler wird und Helmut Kohl wirklich nur fuer die Vergangenheit stand. Insofern ist es nicht so ueberraschend. Allerdings der Abstand, den wir offensichtlich haben zur CDU, ist so gross, damit haben wir eigentlich auch nicht gerechnet." CDU-Generalsekretaer Peter Hintze: "Die Entscheidung dieser Wahl ist gelaufen ueber die Inhaltsfrage. Uns ist nicht gelungen, die Reformpolitik, die wir in den letzten Jahren gemacht haben und die ja auch den Menschen einiges zugemutet hat, durchzusetzen gegen die suessen Versprechungen der Gegenseite, die gesagt haben, es geht auch ohne Anstrengung, wir brauchen gar keine Einsparungen, das koennen wir auch alles viel leichter machen. Und das haben die Menschen als Angebot angenommen, und nun ist die Gegenseite in der Pflicht, auch einmal zu zeigen, wie sie diese ganzen Versprechungen realisiert." Gruenen-Fraktionssprecher Joschka Fischer: "Liebe Freundinnen und Freunde, das ist heute ein Tag fuer den viele von uns sechzehn Jahre darauf hingearbeitet haben. Die Aera Kohl ist heute definitiv zu Ende gegangen. Gerhard Schroeder und die Sozialdemokraten haben einen glaenzenden Wahlsieg erreicht und ich moechte Gerhard Schroeder, dem kommenden Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, auf diesem Wege recht herzlich in unser aller Namen gratulieren." Der Ministerpraesident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, SPD: "Ich bin natuerlich hoch zufrieden, Gerhard Schroeder wird Bundeskanzler, der bisherige Kanzler Helmut Kohl ist abgewaehlt worden, das ist das erste mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, und ich glaube, dass die Waehlerinnen und Waehler auch auf Stabilitaet gesetzt haben. Die Rechtsradikalen sind in keinem Parlament, Kompliment also fuer diese Verantwortung. Wir wissen noch nicht, ob die PDS drin ist. Da bin ich noch unsicher, ob dieses Kompliment auch an diese Stelle passt. Und ansonsten gehe ich davon aus, dass jetzt gearbeitet wird und dass eine Politik des wirtschaftlichen Erfolgs, der arbeitsmarktpolitischen Konzentration und natuerlich auch der sozialen Gerechtigkeit gefuehrt wird." Der Ministerpraesident von Baden-Wuerttemberg Teufel (CDU) hat sich gegen eine grosse Koalition ausgesprochen. Erwin Teufel: "Enttaeuscht auf jeden Fall, aber in gar keiner Weise resigniert. Wir haben eine starke Mitgliederschaft und eine starke kommunale Basis. Von der her werden wir wieder den Aufschwung schaffen, fuer die Union ueber die Laender und in vier Jahren im Bund. Es wird sich zeigen, was Rot-Gruen fuer unser Land anrichten wird und es wird leichter sein, gegen eine solche Regierung in Opposition zu sein, als es dieser Regierung moeglich sein wird, die Probleme unseres Landes zu loesen."
FDP-Chef Wolfgang Gerhard: "Wir hatten eine erfolgreiche Koalition,
wir haben eine Niederlage der Koalition im Wahlkampf erlitten, wir
gratulieren Gerhard Schroeder zu seinem Erfolg und wir nehmen die Rolle
einer parlamentarischen Kraft in der Opposition im deutschen Bundestag
an." |
Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern |
Parallel zum Bundestag waehlte Mecklenburg-Vorpommern seinen Landtag. Auch
dort hatten bereits zu Mittag mehr Buerger ihre Stimme abgegeben als 1994.
Nach Angaben der Wahlleitung lag die Wahlbeteiligung am Mittag bei 38 %.
In Mecklenburg-Vorpommern gab es ebenfalls einen massiven Rutsch zu
Ungunsten der Union und zu Gunsten der SPD. Die CDU kommt in
Mecklenburg-Vorpommern auf etwa 30%, das ist ein Verlust von ungefaehr 7%,
die SPD auf rund 35,5%. Die PDS erhielt nach ersten Hochrechnungen etwa
23%, was fuer diese Partei ein hervorragendes Ergebnis waere.
Die Rechten hatten keine Chance in den Landtag zu kommen.
Ministerpraesident Bernd Seite von der CDU hat seinen Ruecktritt von
allen Aemtern angekuendigt.
Bernd Seite: "Ich habe die Wahl verloren. Wir haben unser Wahlziel nicht
erreicht, das ist eine Tatsache. Ich gratuliere der SPD und auch dem
Spitzenkandidaten. Meine Partei hat wirklich gut gekaempft und sie ist auch
wirklich kampagnefaehig gewesen, das war wirklich grossartig. Aber wir
konnten uns natuerlich nicht vom Bundestrend abkoppeln. Wir konnten nicht
so unsere landestypischen Themen in den Vordergrund bringen, wie wir das
eigentlich erwartet haben. Ich muss nur ganz klar sagen, das ich selbst
keine weiteren Aemter anstrebe, und alles andere wird morgen Abend und in
den naechsten Tagen von den Gremien entschieden." |
Volksentscheide in Hamburg und Schleswig-Holstein |
In Schleswig-Holstein und in Hamburg fanden neben der Bundestagswahl auch
Volksentscheide statt. Die rund 2,1 Millionen Wahlberechtigten im
noerdlichsten Bundesland stimmten bundesweit erstmalig ueber die
Rechtschreibreform in den Schulen ab. Die Menschen sollten waehlen, ob
weiter nach den neuen Regeln unterrichtet werden oder ob wieder die
bisherige Schreibweise gelten soll.
Die neue Rechtschreibung gilt seit dem ersten August an allen Schulen und
Behoerden Deutschlands.
Nach einer Hochrechnung des Norddeutschen Rundfunks haben sich rund 59%
der Wahlberechtigten gegen die Rechtschreibreform entschieden. Kuenftig
werden die Schueler in Schleswig-Holstein also offenbar wieder nach den
alten Regeln der Rechtschreibung unterrichtet. Sollten sich die Werte
dieser einzigen Hochrechnung bestaetigen, so ist es der Initiative
"Wir gegen die Rechtschreibreform" gelungen, rund 900.000 Wahlberechtigte
von ihrem Antrag zu ueberzeugen. Notwendig waeren nur 530.000 Stimmen
gewesen.
In Hamburg entscheiden die Buerger darueber, ob die gesetzlichen Huerden
fuer eine Volksbefragung gesenkt werden sollen. |
Neuer Fahrplan der Deutschen Bahn AG |
Die Deutsche Bahn AG hat mit dem heutigen Beginn des neuen Fahrplanes
weitere Zugverbindungen und Sondertarife eingefuehrt. Besonders das Angebot
von und nach Berlin wurde aufgestockt. Auf keiner Strecke werden Zuege
eingestellt. Ein neues Sonderangebot ist der Fahrschein HerbstSpezial. Damit
koennen Fahrgaeste fuer 69 DM und wenn sie die Bahncard besitzen fuer 49 DM
zu bestimmten Zeiten Interregios und abends auch alle anderen Zuege
benutzen. Mit der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover-Berlin verkuerzt
sich die Reisezeit zwischen beiden Staedten um etwa eine Stunde.
Das ICE-Angebot von Berlin Richtung Westen wurde um ein Viertel
aufgestockt. |
Illegal eingereiste Kosovo-Albaner aufgegriffen |
In Bayern haben Polizei und Bundesgrenzschutz 34 illegal eingereiste
Kosovo-Albaner aufgegriffen. Die Fluechtlinge wurden bei Kontrollen zweier
Kleinbusse und eines Eurocitys entdeckt. Die Polizei hat zwei mutmassliche
Schleuser festgenommen. |
Woche der auslaendischen Mitbuerger |
Zu Beginn der Woche der auslaendischen Mitbuerger haben die Kirchen in
Deutschland der Abschottung Europas eine deutliche Absage erteilt. In einer
gemeinsamen Erklaerung heisst es an die Adresse der EU-Staaten gerichtet,
gerade in der Solidaritaet mit Hilfesuchenden erweise sich Europa als
Wertegemeinschaft. Auslaender und andere Minderheiten duerften nicht zu
Suendenboecken fuer eine verfehlte Politik gemacht werden, so die
Kirchenrepraesentanten. |
Grosser Preis von Luxemburg |
Mika Hakkinen hat den Grossen Preis von Luxemburg auf dem
Nuerburgring gewonnen. Michael Schumacher wurde zweiter.
Hakkinen liegt jetzt in der WM-Wertung mit 90 Punkten um 4 Punkte
vor Schumacher. Die endgueltige Entscheidung ueber die Weltmeisterschaft
faellt in fuenf Wochen beim Grossen Preis von Japan. |
Quellen |
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