GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 05.08.1995



* Kohl zur kroatischen Grossoffensive
* PDS-Politiker unterstuetzen angeblich PKK
* Westerwelle gegen weitere Neuverschuldung des Staates
* Chaostage in Hannover gehen weiter
* Veranstaltungen zum Atombombenabwurf vor 50 Jahren
* Hohe Ozonkonzentration in Baden-Wuerttemberg und Nordrhein-Westfalen
* Immer noch viele Jugendliche ohne Lehrstelle gemeldet
* Steffi Graf zur Steueraffaere
* Michael Schumacher vor dem Traualtar
* Leichtsinn vernichtet vier alte Fachwerkhaeuser
* Staus bestimmen das Strassenbild
* Schwerer Unfall mit Fahrerflucht fordert ein Menschenleben
* Ulmer Ruderer erfolgreich
* Erste Goldmedaille fuer den DLV in Goeteborg
* A1 wurde gestern Nacht zur Reifenwechselstation
* Hiroshima nach 50 Jahren (Sueddeutsche Zeitung)
* Nachrichten der letzten site



Kohl zur kroatischen Grossoffensive

Bundeskanzler Kohl warnte davor, den Balkankonflikt mit militaerischen Mitteln beenden zu wollen. Kohl sagte, jede Chance fuer Verhandlungen muesse wahrgenommen werden, auch wenn dies aussichtslos erscheine. Ein grosser Krieg koenne noch vermieden werden. Kohl bekraeftigte, dass keine deutschen Soldaten in die Kampfregion entsandt werden sollen. Der Sicherheitsexperte der SPD-Fraktion, Opel, forderte die Bundesregierung auf, unverzueglich in OSZE und UNO eine politische Initiative zur Beendigung der Kaempfe auf dem Balkan zu ergreifen. Die bisherigen Mahnungen und Appelle reichten nicht aus. Opel bot der Regierungskoalition eine, wie er sagte, Politik des nationalen Konsenses an. Die Sozialdemokraten seien bereit, ueber eine Beteiligung der Bundeswehr an der Sicherung von UNO-Schutzzonen zu sprechen. Wenn die Gebiete professionell geschuetzt wuerden seien die wenigsten Konflikte zu befuerchten.


PDS-Politiker unterstuetzen angeblich PKK

Bonn. Politiker der PDS unterstuetzen die in Deutschland verbotene kurdische Rebellenorganisation PKK. Das berichtet die Bild am Sonntag unter Berufung auf einen gemeinsamen Bericht des Verfassungsschutzes und des Bundesnachrichtendienstes. Demnach wird die PKK in Deutschland von ueber 30 Gruppen unterstuetzt. Sie hat 50.000 Sympathisanten vorwiegend aus der linksextremen Szene. Der Bericht nennt die Namen von mindestens drei PDS-Politikern, die dem Bundestag oder dem Berliner Abgeordnetenhaus angehoeren.


Westerwelle gegen weitere Neuverschuldung des Staates

Muenchen. FDP-Generalsekretaer Westerwelle will mit Hilfe der Aenderung des Grundgesetzes eine weitere Neuverschuldung des Staates verbieten lassen. Das sagte der FDP-Politiker dem Nachrichtenmagazin FOCUS. Westerwelle forderte eine Bestimmung im Grundgesetz, wonach die Staatsausgaben kuenftig die Einnahmen nicht mehr uebersteigen duerften. Nur so koenne der Staat zur Sparsamkeit gezwungen und die Neuverschuldung gestoppt werden.


Chaostage in Hannover gehen weiter

Seit Beginn der 80er Jahre versammeln sich am ersten Augustwochenende in Hannover Punks aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland zu den sogenannten Chaostagen. Ihr Ablauf ist jedes Jahr der gleiche; die Punks kuehlen erst ihre heissen Kehlen mit Stroemen von Bier und danach ihr Muetchen in Auseinandersetzungen mit dem polizeilichen Grossaufgebot. In der vergangenen Nacht haben die Krawalle einen neuen Hoehepunkt erreicht. Die Nordstadt in Hannover ist die ganze Nacht nicht zur Ruhe gekommen. Immer wieder gab es Krawalle, immer wieder musste die Polizei mit Wasserwerfern und schwerem Raeumgeraet gegen die rund 200 Randalierer vorgehen. Nach sieben Stunden relativer Ruhe war es um 21:00 Uhr zu den ersten heftigen Angriffen auf die Polizei gekommen. Beim Versuch, zwei besetzte Haeuser in der Naehe der Lutherkirche zu raeumen, wurde die Polizei aus einer Nebenstrasse mit Molotowcocktails und Pflastersteinen angegriffen. Der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Krawallen, die auch am Samstagmorgen noch andauerten und bis dahin auf Seiten der Polizei zu mindestens 100 Verletzten gefuehrt haben. Mehrere Geschaefte sind im Laufe der Nacht gepluendert worden, Autos wurden umgestuerzt und als Barrikaden benutzt. Mit einer Entschaerfung der Lage rechnet die Polizei vorerst noch nicht, denn im Laufe des Tages werden weitere Punks aus dem gesamten Bundesgebiet hier in Hannover erwartet. Insgesamt rechnet die Polizei mit 2500 Punks aus dem In- und Ausland. Um der Gewalt Herr zu werden wurden weitere Einsatzkraefte aus anderen Bundeslaendern angefordert. Am Mittag herrschte in Hannover gespannte Ruhe. Die Polizei beobachtet mehrere groessere Punkergruppen, die sich durch die Innenstadt bewegen. Am Bahnhof Hannover wurden die Punks gleich nach ihrer Ankunft wieder nach Hause zurueckgeschickt worden.


Veranstaltungen zum Atombombenabwurf vor 50 Jahren

Berlin. In mehreren deutschen Staedten haben Umweltschutz- und Friedensgruppen heute an die Atombombenabwuerfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 50 Jahren erinnert. Gleichzeitig protestierten sie gegen die geplanten franzoesischen Nukleartests und warfen der Bundesregierung vor, dem Vorhaben Frankreichs gleichgueltig zuzuschauen. Der franzoesische Europaminister Barnier deutete unterdessen in einem Zeitungsinterview an, dass sein Land moeglicherweise auf den letzten der acht geplanten Atomversuche verzichten wolle.


Hohe Ozonkonzentration in Baden-Wuerttemberg und Nordrhein-Westfalen

Bonn/Stuttgart. In den Laendern Baden-Wuerttemberg und Nordrhein-Westfalen haben die Behoerden heute Ozonkonzentrationen ueber 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Das Umweltministerium in Stuttgart gab fuer Baden-Wuerttemberg Ozonalarm der Stufe eins und rief die Autofahrer dringend auf, ihren Wagen stehen zu lassen, oder langsamer zu fahren. Fahrverbote wird es an diesem Wochenende voraussichtlich aber nicht geben. Der Ozonhoechstwert wurde in Freiburg gemessen, er betrug fuer etwa zwei Stunden 235 Mikrogramm je Kubikmeter Luft.


Immer noch viele Jugendliche ohne Lehrstelle gemeldet

Nuernberg. Wenige Wochen vor Beginn des neuen Aubildungsjahres sind bei den deutschen Arbeitsaemtern noch immer 165.000 Jugendliche ohne Lehrstelle gemeldet. Das berichtet die Deutsche Presseagentur unter Berufung auf eine neue Lehrstellenstatistik der Bundesanstalt fuer Arbeit in Nuernberg. Diesen Angaben zufolge standen Ende Juli im Osten noch 11.500 offene Lehrstellen fuer 55.000 Bewerber zur Verfuegung. Im Westen waren 110.000 Jugendliche als nicht vermittelt registriert. Fuer sie stehen aber 118.000 offene Ausbildungsplaetze zur Verfuegung. Ungeachtet dieses leichten Ueberhangs gibt es auch im Westen regionale Probleme. So im Ruhrgebiet, in Niedersachsen und in Hessen.


Steffi Graf zur Steueraffaere

Fuer die ARD hat Steffi Graf Hans-Juergen Pohmann in New York ein Interview zur Steueraffaere um sie und ihren Vater gegeben.

P: Steffi Graf, auch Sie sind Beschuldigte - wissen Sie darueber Bescheid, was wird Ihnen vorgeworfen? G: Ja, natuerlich weiss ich Bescheid, dass ich beschuldigt bin. Sicherlich habe ich mich in den letzten zehn Jahren auf mein Tennis konzentriert, das ist ganz klar. Ich habe natuerlich, das muss ich auch eingestehen, den Fehler gemacht, dass ich mich um meine finanziellen Dinge eben nicht gekuemmert habe. Daraus werde ich jetzt sicherlich meine Konsequenzen ziehen und auch in den naechsten Tagen wichtige Entscheidungen faellen - dass ich eben mehr Verantwortung oder die volle Verantwortung fuer diese Dinge auch jetzt uebernehme und werde da sicherlich einige Schritte einleiten. P: Wann haben Sie davon gehoert, dass sie beschuldigt sind? G: An dem Tag, an dem die Polizei zum ersten Mal bei uns zuhause war. Das war am 1. Mai. P: Kennen Sie konkrete Vorwuerfe? G: Nein, kenne ich nicht. P: Steffi Graf, es ist in Deutschland viel darueber gesprochen worden als diese Geschichte aufkam, dass Sie eventuell sofort ueber einen Ruecktritt vom Tennissport nachdenken. Ist das der Fall gewesen, wie sieht es heute aus? G: Das war eigentlich ueberhaupt nicht in meinen Gedanken. Ruecktrittsgedanken habe ich ueberhaupt nicht. Ich habe mir ganz klar in den letzten Wochen darueber Gedanken gemacht, wie ich die ganze Sache konfrontiere, wie ich mich eben auf einem Turnier fuehlen werde. Es war sicherlich so, dass ich mich in den letzten Wochen auf dem Platz nicht sehr gut konzentrieren konnte. Es hat mich einfach absolut mitgenommen und dadurch, dass ich eben doch sehr viel Zeit dafuer im Moment in Anspruch nehme, mir konkrete Gedanken fuer die Zukunft zu machen, war Tennis nicht unbedingt mein erster Gedanke. An Ruecktritt habe ich ueberhaupt keinen Moment gedacht.


Michael Schumacher vor dem Traualtar

Bonn. Formel-I-Weltmeister Michael Schumacher und seine Frau Corinna haben heute kirchlich geheiratet. Die Zeremonie fand in der Kapelle auf dem Petersberg bei Bonn statt. Schumachers Management hatte dafuer beim Erzbistum Koeln eine Sondergenehmigung erwirkt. Fuer die anschliessende Hochzeitsfeier stand das Gaestehaus der Bundesregierung zur Verfuegung. Schaulustige wurden von einem privaten Wachdienst abgehalten. Bundeskanzler Kohl hat dem Brautpaar zur Hochzeit gratuliert. In einem Telegramm wuenschte Kohl dem Paar fuer die Zukunft von Herzen alles Gute.


Leichtsinn vernichtet vier alte Fachwerkhaeuser

Durch den Leichtsinn von vier Jugendlichen sind in Saalfeld in Thueringen in der vergangenen Nacht vier alte Fachwerkhaeuser ausgebrannt. Ein Hausbewohner musste wegen Herzbeschwerden behandelt werden. Es entstand ein Schaden von etwa 1.5 Millionen DM. Die drei Jungen und ein Maedchen im Alter von 14, 15 und 16 Jahren hatten sich zum Rauchen getroffen und die Zigaretten auf dem Teppich ausgedrueckt. Dadurch fingen zuerst die Moebel und dann die ueber 100 Jahre alten Haeuser Feuer.


Staus bestimmen das Strassenbild

Die Menschen treibt es auf die Strassen. Vor allem auf den Autobahnen in Richtung Sueden bestimmten heute Staus das Strassenbild. Die einen zog es bei dem herrlichen Wetter in die Erholungsgebiete, die anderen wollten zurueck nach Hause. In drei noerdlichen Bundeslaendern gehen naemlich die Ferien zuende. Nach mehreren Unfaellen gab es Stop and Go mancherorts bis zu 25 Kilometern Laenge.


Schwerer Unfall mit Fahrerflucht fordert ein Menschenleben

Ein schwerer Unfall mit Fahrerflucht hat heute auf der Autobahn Nuernberg-Wuerzburg bei Tennenlohe ein Menschenleben gefordert. Acht Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Bei einem Ueberholmanoever war ein PKW von einem ausscherenden Kleinbus gerammt und gegen die Mittelplanke geschleudert worden. Vier weitere Autos fuhren in die Unfallstelle hinein. Der Unfallverursacher fuhr ohne anzuhalten weiter. Die Polizei fahndet jetzt nach einem blauen VW-Bus neuen Typs mit vermutlich stark beschaedigter linker Seite.


Ulmer Ruderer erfolgreich

Bei den Juniorenweltmeisterschaften im polnischen Posen holten Johannes Bart und sein Teamkollege Stefan Roehnert im Doppelzweier vor Daenemark und Kroatien die Goldmedaille. Erfolgreich war auch Andrea Winkler im Vierer ohne Steuerfrau, das Boot der Renngemeinschaft Ulm-Dresden-Leipzig liess Rumaenien und Grossbritannien hinter sich.


Erste Goldmedaille fuer den DLV in Goeteborg

Am ersten Tag der Leichtathletikweltmeisterschaften in Goeteborg gab es gleich die erste Goldmedaille fuer die deutsche Mannschaft. Erwartungsgemaess siegte Astrid Kumbernus aus Neu-Brandenburg im Kugelstossen. Damit wird zum ersten Mal eine Deutsche Weltmeisterin im Kugelstossen. Um 18:13 wuchtete sie mit ihrem dritten Versuch die Kugel auf 21.22 m. Das ist nicht nur persoenliche Bestleistung, sondern auch die Verbesserung ihrer eigenen Weltjahresbestleistung um fast 30 Zentimeter.


A1 wurde gestern Nacht zur Reifenwechselstation

Muenster. Verlorene Ladung in Form von hunderten superscharfer Teppichschneider hat in der Nacht auf der A1 bei Ascheberg rund 70 Autofahrern platte Reifen beschert. Nach Angaben der Polizei glich der Streckenabschnitt stundenlang einer Reifenwechselstation. Wer nur einen Platten hatte, konnte auf der gesperrten Strecke seinen Reifen gleich selber wechseln. Autofahrer, denen die Teppichklingen mehrere Pneus zerschnitten hatten mussten auf Pannenhelfer warten. Wer die Kartons mit den kleinen Messern verloren hat ist noch unbekannt.


Hiroshima nach 50 Jahren (Sueddeutsche Zeitung)

Von Juergen Busche. Am Abend des 16. September 1941 trafen sich die Atomphysiker Niels Bohr und Werner Heisenberg in Kopenhagen zu einem Gespraech. Der eine war der Nestor der Nuklearforschung, der seit vielen Jahre eine internationale Schar junger Physiker hatte um sich versammeln koennen, zu denen seit Mitte der zwanziger Jahre Heisenberg gehoerte. Dieser wiederum galt als der genialste Physiker nach Albert Einstein. Jetzt, im zweiten Kriegsjahr, war Heisenberg mit der Herausforderung konfrontiert, die seit der Kernspaltung grundsaetzlich moeglich gewordene Nutzung der Kernenergie fuer militaerische Zwecke zu erforschen. Heisenberg - ein philosophisch gebildeter Naturwissenschaftler, wusste, was er damit unternahm. Erst kurz zuvor, als ihm klar geworden war, dass man eine Atombombe wuerde bauen koennen, hatte er an den Goettinger Historiker Hermann Heimpel geschrieben, dass vielleicht der Mensch selbst einmal den Erdball werde zerstoeren koennen.

Ein gescheitertes Gespraech --- Ueber das Gespraech, das die beiden Physiker in dem besetzten Daenemark fuehrten, und das sicherlich zu den wichtigsten Gespraechen - wenn diese Kategorie einmal erlaubt sein soll - gehoert, die im 20. Jahrhundert zwischen zwei Menschen gefuehrt worden sind, gibt es sehr unterschiedliche Darstellungen. Heisenberg hat stets und mit viel Zurueckhaltung angedeutet, dass er damals versucht habe, bei seinem verehrten Lehrer zu erkunden, ob es - mitten im Krieg - so etwas wie eine solidarische Weigerung der internationalen Physik geben koenne, die Bombe zu bauen. Bohr hingegen hatte wohl den Eindruck, sein Gast, dessen nationale Gesinnung ihm nicht fremd war, wollte ihn ausholen ueber den Entwicklungsstand der Waffe bei den Alliierten. Das Gespraech endete mit einem unaufloeslichen Missverstaendnis. Vier Jahre spaeter, am 6. August 1945, zerstoerte die erste Atombombe die japanische Stadt Hiroshima.

Waere eine solche solidarische Verweigerung moeglich gewesen? Es scheint schon das Gespraech zwischen den beiden aussichtslos gewesen zu sein. Bohr kannte das Schicksal juedischer Menschen in Deutschland, auch war er daenischer Patriot genug, um die Realitaet der Nazibesetzung seiner Heimat nicht verleugnen zu koennen. Heisenberg stand zwischen dem Wunsch, deutscher Patriot zu sein und der Abscheu gegen das Hitler-Regime, ein Zwiespalt, der von aussen kaum erkannt werden konnte. Zwar ist beiden Gelehrten zuzutrauen, dass sie das Verhaeltnis des Schreckens des damaligen Krieges zu den Schrecken zukuenftiger Kriege annaehernd zutreffend einzuschaetzen vermochten, aber deshalb konnten beide doch nicht ihrer aktuellen Verantwortung als buergerliche Individuen entkommen - weder vor sich selbst, noch in den Augen anderer. In den Vereinigten Staaten hatten sich zudem laengst angesehene Physiker - mit Albert Einstein an der Spitze - fuer die Entwicklung der Atombombe eingesetzt, aus Angst davor, dass die Deutschen, die bis 1933 in der Welt erstklassig gewesen waren, was die Nuklearforschung betraf, sie bauen wuerden.

Das Gespraech, das Heisenberg wahrscheinlich tatsaechlich aus den von ihm spaeter angedeuteten Gruenden gesucht hatte, konnte deshalb nicht gelingen, weil es eine Ethik, die eine solche Selbstverpflichtung ermoeglicht haette, nicht mehr gab. Der Zusammenhang von Wissenschaft und Technik hatte seit langer Zeit schon eine Dynamik bekommen, in der die Entwicklung der Produkte durch einzelne Menschen nicht mehr steuerbar war - und ist. Verabredungen tragen die Gefahr des Getaeuschtwerdens in sich. Zumal bei der Entwicklung der Kriegswaffen war dieser Prozess weit fortgeschritten, seit Hiroshima ist er unumkehrbar. In frueheren Jahrhunderten lag es an persoenlichen Dispositionen, an guten oder boesen Vorsaetzen, ob ein Feldherr und seine Soldaten im Krieg grausam verfuhren oder generoes, eine Stadt konnte gepluendert oder verschont werden. Das war eine Frage der jeweiligen Entscheidung, nicht jedoch der zwanghafen Logik des Krieges. In einem Atomkrieg koennen die Kriegsfuehrenden gute Vorsaetze haben so viel sie wollen und den ehrlichen Willen, sie zu verwirklichen, das Ergebnis ihrer Kriegsfuehrung wird unendlich grauenhaft sein.

Diese Ausweglosigkeit zeigt auch die Begrenztheit ethisch begruendeten Verhaltens, ja, sie hat zu einer Veraenderung dessen gefuehrt, was ueberhaupt unter Ethik verstanden wird. Was man seit geraumer Zeit als Ethisierung politischer Entscheidungen bezeichnet, ist nichts anderes als die resignative und gleichwohl als Fortschritt empfundene Privatisierung des Verhaeltnisses, in das sich der Einzelne zur Politik setzt. Im ethischen Anspruch wird nicht mehr das Verbindliche formuliert, auf das alle zu verpflichten waeren und das entsprechend operational zu vermitteln waere. Im ethischen Anspruch wird das Appellative gesucht, mit Hilfe dessen Positionen moeglichst scharf und grell differenziert werden koennen, so dass eine Seite dabei als gut, die andere als boese herauskommt; es wird nicht mehr operational so gedacht, dass mit dem ethischen Gedanken alle erreicht werden koennten, sondern so, dass dass die, die man ueberwinden kann, dann auch eindeutig als die schlechten dastehen; also Proteste wegen Atomtests gegen Frankreich, aber nicht gegen China. Der Erfolg macht die Welt weder sicherer noch besser. Aber es gibt den Akteuren einer jeweiligen Ethik ein gehobenens Bewusstsein von sich selbst in ihrem Wunsch nach Selbstverwirklichung und - vermeintlich - selbstbestimmten Leben. Ethik wird heute Kindern in der Schule verabreicht wie Kondome im Sexualkundeunterricht.

Eine gescheiterte Ethik --- Es ist sinnlos, Nuklearstrategie als kriminell oder als ein moralisches Uebel zu bezeichnen, weil man von beidem nur sinnvoll reden kann, wenn es eine Interventionsmoeglichkeit des Menschen gegen dieses Verhaengnis geben koennte. Die gibt es aber nicht, weil das, was wissenschaftlich und technisch moeglich ist, nicht mehr zurueckgenommen werden kann; es kann allenfalls wissenschaftlich und technisch beherrscht werden. Auf der anderen Seit hat die Privatisierung des ethischen Anspruchs dazu gefuehrt, dass intersubjektive Verbindlichkeiten auch dort geopfert werden, wo sie zu Anfang dieses Jahrhunderts noch wenigstens halbwegs bestanden. Das macht auch Kriege unterhalb der Atomschwelle, doch mit dem schrecklichen technischen Potential, das konventionelle Waffen ebenfalls haben, so unfassbar grausam. Die - ohnehin wenig ueberzeugende - Wirkung etwa internationaler Nichtverbreitungspolitik bei Atomwaffen vermag nichts gegen die Abloesung des klassisch-ethischen durch ein anonymisierendes Denken in Konfliktlagen.

Einige Jahre vor dem Gespraech zwischen Bohr und Heisenberg ging der italienische Physiker Ettore Majorana, der fuer kurze Zeit Heisenbergs Schueler in Leipzig war, in den Tod oder er verschwand in einem Kloster. Man weiss es nicht. Man vermutet, er wollte die Verantwortung des Physikers nicht tragen. Seit 1945 ist die Atombombe nicht mehr als Kriegswaffe zum Einsatz gekommen. Das ist ein politischer Erfolg. Aber die verhaengnisvolle Umkehrung der Reihenfolge von wissenschaftlich-technischem und besinnlich-kritischem Denken, die mit Hiroshima ihre furchtbarste Auswirkung gezeigt hat, ist geblieben.


Nachrichten der letzten site

* In Koeln-Brueck faehrt ein Motorradfahrer in eine Rotte Wildschweine und muss in's Krankenhaus. Als er entlassen wird, ist sein Motorrad gestohlen.

* Joerg Zars, der erste Eigentuemer von Sammy, hat sich ein neues Reptil gekauft: `Ali'. Da es sich um einen Alligator handelt, wird dieses Tierchen nach einer etwaigen Flucht einfach zu finden sein. Ausgewachsen erreicht es eine Groesse von 6 Metern.

* Eine suedafrikanische Astronomin berechnet, dass Hale-Bob, der Komet, der erst letzte Woche von Hobby-Astronomen in Jupiternaehe entdeckt wurde, und dementsprechend riesig sein muss, am 27. Maerz 1997 an der Erde vorbeifliegen wird. Auswirkungen auf die Erde sind damit eher unwahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen. Das Datum wurde inzwischen auf den 1. April 1997 korrigiert.

* Wissenschaftler der Uni Paderborn haben ermittelt, warum gesunde Kuehe oft ramdoesig in der Gegend rumhuepfen: Kleine Pilze sind fuer das verhalten verantwortlich. (Wenn unser Bibliothekar in der Gegend rumtorkelt sind meistens grosse Pilse schuld dran).

* Kinder aus wohlhabenden Elternhaeusern sind staerker neurodermitis- gefaehrdet als Kinder aus aermeren Schichten.

* Der Rat von Thomas Deutschmann --- taz : Steffi moege mit ihrem Vater in die Oeffentlichkeit ziehen, `am besten in das Aktuelle Sportstudio. Stell ihn an die Torwand. Nimm den alten Holzschlaeger, mit dem du vor 20 Jahren angefangen hast! Kraeftig ausholen. Ein Schlag Vorhand --- ein Schlag Rueckhand, und Du bist erwachsen.'

* Vor dem Koelner Landgericht tobt der Koelsch-Streit. Ein Koelner Ehepaar hat beim Patentamt das `Koebes-Koelsch' (Fuer Imis: Koebes ist der Kellner) angemeldet. Marktfuehrer Kueppers klagt gegen die Namenswahl mit der Begruendung: `Da wollen Trittbrettfahrer an unserem guten Namen (???????) partizipieren.' (Kueppers ist das einzige Koelsch, das wir rauslassen. Das andere trinken wir selber.) Nach dem Genuss einiger Koelsch koenne man Koebes und Kueppers nicht mehr unterscheiden. Die Verwechslungsgefahr sei zu gross. Die Gegenseite weist darauf hin, dass Kueppers kurz und akzentuiert ausgesprochen wird, waehrend man auch nach mehreren Koelsch noch Koebes nuscheln kann. Aussserdem: Welcher Koebes reagiert schon auf Kueppers?

* Der Koelner Maennergesang Verein begeistert derzeit das verwoehnte australische Publikum.

* Die deutsche Ausgabe von `Mad` wird ab sofort eingestellt.

* Im Golf von Biskaya werden einige 10.000 Flaschen 94er Puilly Fume in 25 Meter Tiefe versenkt und etwas spaeter wieder raufgeholt. Diese sollen besser schmecken, als vergleichbare Flaschen, die nicht von Meereswellen gewiegt wurden.


Quellen

B5    9:30 MESZ    19:30 MESZ
SDR3    10:00 MESZ    19:00 MESZ
DLF    11:00 MESZ    15:00 MESZ
Radio7    11:00 MESZ    13:00 MESZ    19:00 MESZ
Antenne Bayern    12:00 MESZ
Sueddeutsche Zeitung vom Samstag/Sonntag, 5./6. August    1995
Nachrichten der letzten site: pjs@eudora.informatik.uni-koeln.de