GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 28.03.1995



* Erneuter Wintereinbruch in Deutschland
* Klimakonferenz in Berlin eroeffnet
* Schlussberatungen ueber den Bundeshaushalt
* Verteidigungsministerium: Keine deutschen Waffen im Kurdengebiet
* DRK kritisiert Pflegezahlungen
* Hans-Joachim Friedrichs ist tot
* Bluem siegt vorerst gegen "Scientology"
* Prozess um DDR-Todesurteile: Staatsanwalt fordert acht Jahre Haft
* Berlin: Abschiebestop fuer Kurden endet am 01. April
* Angeblich massive Kuerzungen bei Sozialhilfe geplant
* Rechtsextremistische Schriften in Tuebingen sichergestellt
* Boerse: Schwach



Erneuter Wintereinbruch in Deutschland

Hamburg/Stuttgart/Muenchen. Mit heftigen Schneeschauern, Eisglaette und Stuermen ist der Winter in weiten Teilen Deutschlands wieder zurueckgekehrt. An vielen Orten brach gestern abend und heute morgen der Verkehr zusammen. Es ereigneten sich zahlreiche Unfaelle.


Klimakonferenz in Berlin eroeffnet

Berlin. Bundesumweltministerin Angelika Merkel hat heute in Berlin die UN-Weltklimakonferenz eroeffnet. Das Folgetreffen des Erdgipfels von 1992 soll die Einhaltung der damals verabschiedeten Klima-Rahmenkonvention ueberpruefen und weitere Schritte gegen die Erderwaermung vorbereiten. Merkel sagte nach ihrer Wahl zur Praesidentin der Konferenz, nur gemeinsames und schnelles Handeln koenne eine Klimakatastrophe verhindern. Vor allem die Industrielaender muessten ihre Konsum-, Produktions- und Lebensgewohnheiten grundlegend aendern. Woertlich sagte Merkel: "Wir in den Industrielaendern muessen unsere Vorstellungen von dem, was gutes Leben heisst, veraendern." Auf der anderen Seite seien die Beeintraechtigungen durch die Praevention weit geringer als die Folgen der ansonsten drohenden Klimakatastrophe. Begriffe wie Fortschritt und Lebensqualitaet duerften nicht weiter an Dingen festgemacht werden, die an den uneingeschraenken Verbrauch der natuerlichen Ressourcen gebunden seien. Die bisherigen Verpflichtungen der Industrielaender, die unter anderem in der Konvention von Rio festgelegt seien, reichten nicht aus. Das Einfrieren des Kohlendioxid-Ausstosses (CO2) bis zum Jahr 2000 auf den Stand von 1990 koenne nur ein erster Schritt sein. Notwendig sei eine deutliche Reduzierung der Treibhausgase, um eine weitere Erwaermung zu verhindern. Ungeachtet der verschiedenen Einzelinteressen muessten alle Laender zu einer gemeinsamen Linie finden. Von Berlin muesse ein positives Signal ausgehen. Die Bundesregierung als Gastgeber will erreichen, dass die Konferenz ein Mandat fuer Verhandlungen ueber ein Protokoll erteilt. Darin sollen sich die Vertragsstaaten zu einem weiteren Abbau der CO2-Emmissionen verpflichten. Verbindliche Beschluesse werden nicht erwartet, da die Interessen der teilnehmenden Laender zu weit auseinanderliegen. Vor allem die Industriestaaten und die erdoelfoerdernden Laender sind gegen weitergehende Verpflichtungen. Der bis zum 07. April dauernden Konferenz liegt als weitestreichender Antrag eine Initiative der Allianz kleiner Inselstaaten vor. Sie schlagen vor, dass die Industriestaaten, die Hauptproduzenten des klimaschaedigenden CO2, ihren Ausstoss dieser Substanz bis 2005 um 20 Prozent reduzieren. Fuer die Konferenz waren unmittelbar vor Beginn 117 stimmberechtigte Staaten und die EU gemeldet. Insgesamt wird mit 3.000 Teilnehmern gerechnet.


Schlussberatungen ueber den Bundeshaushalt

Bonn. Der Bundestag hat heute mit den Schlussberatungen ueber den Bundeshaushalt 1995 begonnen. Zum Auftakt der viertaegigen Debatte befassten sich die Abgeordneten mit der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Regierung. Bundesfinanzminister Waigel kuendigte zum Beginn der Debatte Einsparungen in fast allen Bereichen fuer das kommende Jahr an. Wegen der geplanten Entlastungen gebe es 1996 einen Finanzierungsbedarf von 20 Mrd. DM. Etwa 15 Mrd. DM wuerden durch die positive Konjunkturentwicklung, einem Rueckgang der Zinsausgaben und die sinkenden Zuschuesse an die Arbeitsaemter wieder ausgeglichen. Fuer die restlichen 5 Mrd. DM muesse noch ein Weg gefunden werden. Der Opposition bot er Gespraeche an, um gemeinsam einen Weg bei den anstehendenen Steuervorhaben zu finden. Zugleich verteidigte Waigel seine Haushaltsvorlage fuer 1995 gegen die Kritik der Opposition. Der Entwurf, so Waigel, stehe auf solider Grundlage. Die Ausgabensteigerung liege bei nur 1,3 Prozent. Die Schulden seien fuer die deutsche Einheit notwendig gewesen. Das Defizit des oeffentlichen Gesamthaushaltes werde bis 1996 jedoch auf 100 Mrd. DM zurueckgehen, waehrend es 1993 noch 190 Mrd. DM gewesen seien. Die SPD warf der Regierung Schuldenwaesche vor. Im Etat seien Posten als Einnahmen verbucht, die tatsaechlich durch Schulden finanziert seien. Die Begrenzung der Neuverschuldung sei nicht das Ergebnis struktureller Einsparungen, sondern trickreicher Buchungen. Da der Schuldenstand insgesamt auf rund 1,4 Billionen DM gestiegen sei, koenne Waigel als erster "Schulden- Billionaer" der Republik gelten. Die Bundesregierung setze damit die Handlungsfaehigkeit des Staates aufs Spiel. Kritisiert wurden auch die Plaene zur Kuerzung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Der Etatentwurf von Bundesfinanzminister Waigel sieht eine Neuverschuldung von rund 49 Mrd. DM vor. Insgesamt umfasst er Ausgaben von ueber 477 Mrd. DM. Am Abend stimmte der Bundestag der Neuverschuldung mit den Stimmen der Koalition zu.


Verteidigungsministerium: Keine deutschen Waffen im Kurdengebiet

Bonn. Die Auswertung von Fernsehfilmen aus dem Nordirak hat nach Darstellung des Bundesverteidigungsministeriums keinen eindeutigen Beweis dafuer ergeben, dass die tuerkische Armee im Kampf gegen die kurdische PKK auch Waffen deutscher Herkunft einsetzt. In einer Expertise fuer das Ausawaertige Amt heisst es, bei keinem der Kampffahrzeuge sei eine Zuordnung zu nur aus Deutschland geliefertem Kriegsgeraet moeglich. Aussenminister Kinkel hatte dies bereits gestern abend in den "Tagesthemem" versichert. Ein ehemaliger NVA-Oberst hatte dagegen erklaert, die gezeigten Schuetzenpanzer stammten ganz klar aus Bestaenden der Nationalen Volksarmee (NVA) der ehemaligen DDR. Bonn hatte 300 dieser Panzer im Golfkrieg an Ankara verkauft. Unterdessen hat die Koalition einstimmig die Empfehlung von Aussenminister Kinkel gebilligt, 150 Mio. DM Zuschuesse zum Bau von zwei Fregatten fuer die Tuerkei zu sperren. Union und FDP erklaerten, es mache einen gravierenden Unterschied, ob ein Staat eine Terrororganisation zerschlagen wolle oder ob er den Teil eines anderen Staatsgebietes besetzt halte. Die endgueltige Entscheidung ueber die Sperrung der Mittel trifft der Bundestag.


DRK kritisiert Pflegezahlungen

Bonn. Das Deutsche Rote Kreuz hat die von den Pflegekassen angebotenen Zahlungen fuer die Leistungen der ambulanten Pflege als "Dumpingpreise" abgelehnt. Bei dieser Bezahlung koenne eine fachlich qualifizierte Pflege nicht finanziert werden, heisst es in einer Erklaerung des Roten Kreuzes. Auch der Caritas-Verband hatte vor wenigen Tagen beklagt, dass die Pflegesaetze der Kassen viel zu niedrig seien. Die Pflegestunde koste die Caritas durchschnittlich 82,- DM. Die Kassen wollten aber nur 52,- DM bezahlen. Rotes Kreuz und Caritas leisten den groessten Teil der ambulanten Pflege.


Hans-Joachim Friedrichs ist tot

Hamburg. Der Journalist Hans-Joachim Friedrichs ist tot. Er erlag gestern nacht wenige Tage nach seinem 68. Geburtstag einem Krebsleiden erlegen. Friedrichs war bis 1991 Moderator der "Tagesthemen". Davor war er unter anderem Leiter des ZDF-Sportstudios und Kriegsberichterstatter gewesen. Der Tod Friedrichs' hat unter seinen Berufskollegen Betroffenheit ausgeloest. ARD-Aktuell-Chef Deppendorf hob den Vorbildcharakter Friedrichs' fuer den Nachrichtenjournalismus hervor. Aehnlich aeusserten sich auch die Intendanten von NDR und WDR. NDR-Intendant Jobst Ploog wuerdigte Friedrichs mit den Worten, man trauere um einen Mann, der Vorbild fuer eine ganze Generation von Journalisten sei. Er habe eine im deutschen Fernsehen neue Form der Nachrichtenvermittlung gepraegt. Sein Stil habe ueberragende fachliche Kompetenz mit einem Hauch feiner Ironie verbunden.


Bluem siegt vorerst gegen "Scientology"

Koeln. Bundesarbeitsminister Bluem darf die "Scientology"-Sekte vorerst weiter als "verbrecherische Geldwaescheorganisation" bezeichnen. Das Verwaltungsgericht Koeln wies den Antrag Scientoloys auf eine Einstweilige Anordnung zurueck. Die eigentliche Gerichtsentscheidung steht noch aus. Das Bundesarbeitsgericht hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass die "Scientology"-Sekte keine Religionsgemeinschaft sei, sondern lediglich wirtschaftlichen Interessen diene.


Prozess um DDR-Todesurteile: Staatsanwalt fordert acht Jahre Haft

Berlin. Im bisher groessten Prozess um die Todesurteile in der ehemaligen DDR hat die Staatsanwaltschaft acht Jahre Haft fuer eine ehemalige DDR-Richterin gefordert. Zur Begruendung des Strafantrages sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm, die heute 77jaehrige Angeklagte habe schwere Schuld auf sich geladen, als sie in den 50er Jahren offensichtlich bedenkenlos an vier Todesurteilen mitgewirkt habe. Die damaligen Schauprozesse richteten sich gegen angebliche Spione und Wirtschaftssaboteure.


Berlin: Abschiebestop fuer Kurden endet am 01. April

Berlin. Der Abschiebestop fuer kurdische Fluechtlinge wird fuer das Land Berlin zum 01. April aufgehoben. Darauf einigten sich die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD. Nach einem Bericht der "Berliner Morgenpost" sollen allerdings bei Kurden aus den zehn als gefaehrlich eingestuften Provinzen vor den Abschiebungen Einzelfallpruefungen stattfinden.


Angeblich massive Kuerzungen bei Sozialhilfe geplant

Bonn/Essen. Nach Meldungen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" plant die Bundesregierung bei der Sozialhilfe moeglicherweise einen drastischen Umbau und teils massive Kuerzungen. Entsprechende Gesetzentwuerfe von Bundesgesundheitsminister Seehofer seien von Koalitionsvertretern bereits gebilligt worden. So sollten kuenftig die Erhoehungen bei der Sozialhilfe wie bei den Renten an die Nettolohnentwicklung gekoppelt werden. Erwerbslose, die als arbeitsunwillig eingeschaetzt wuerden, muessten mit Kuerzungen der Sozialhilfe bzw. mit Umstellung auf Sachleistungen rechnen. Der "WAZ" zufolge strebt die Koalition zudem an, bei Buergerkriegsfluechtlingen, Asylbewerbern und auslaendischen Sozialhilfeempfaengern 1,2 Mrd. DM einzusparen. Gegen diese Absicht kuenigte die Auslaenderbeauftragte der Bundesregierung Schmalz-Jacobsen bereits Widerstand an. Unterdessen hat das Bundesgesundheitsministerium dementiert, die Koalition habe sich bereits geeinigt. Ein Sprecher sagte, die Plaene seien noch nicht abgesegnet. Man strebe aber eine Entscheidung vor Ostern an. Details wollte er nicht nennen.


Rechtsextremistische Schriften in Tuebingen sichergestellt

Tuebingen. Bei der Suche nach rechtsextremistischer Literatur sind die Staatsanwaltschaft Tuebingen und das baden-wuerttembergische Landeskriminalamt fuendig geworden. Im Rahmen einer Durchsuchungsaktion wurden ueber 2.000 Exemplare eines Buches mit nationalsozialistischen Tendenzen beschlagnahmt. Ziel der Aktion waren ein einschlaegig bekannter Verlag in Tuebingen und die Arbeitsstelle eines 30jaehrigen Diplomchemikers im Kreis Esslingen. Das Buch, das Beitraege verschiedener Autoren enthaelt, erfuellt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft durch die Leugnung des Massenmordes an den Juden die Straftatbestaende der Volksverhetzung und der Beleidigung.


Boerse: Schwach

Die deutschen Boersen schlossen heute nach den Kursgewinnen gestern sehr
schwach. Die Umsaetze waren sehr gering. Haendler erklaerten, die gestrige
Erholung sei nur technischer Natur gewesen.

DAX      1.911     (- 36)
Umlaufr. 6,91 %    (+ 0,02)
1 US-$   1,4005 DM (- 0,0137)



Quellen

SDR3    10:00 MESZ    17:00 MESZ    19:00 MESZ
B5    11:15 MESZ    12:45 MESZ    14:45 MESZ
SWF3    15:00 MESZ