GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 28.09.1996



* AOK kritisiert Seehofer scharf
* Seehofer kritisiert Krankenkassen scharf
* Weitere Kuerzungen bei den Leistungen der Krankenkassen geplant
* Protestaktionen bei Daimler Benz
* Bundesregierung: Vorgehen der Arbeitgeber nicht rechtmaessig
* Scharping legt Bluem Ruecktritt nahe
* Murrmann kritisiert Tarifabschluesse im Einzelhandel
* OETV feiert 100jaehriges Bestehen
* Herzog spricht Tarifparteien ins Gewissen
* Streit um Finanzierung des Bundeswehreinsatzes in Bosnien in Sicht
* Ausserordentlicher Parteitag der Bayern-SPD
* Schauspieler Klaus Holm gestorben
* Schwerer Verkehrsunfall bei Bamberg
* Das Wetter



AOK kritisiert Seehofer scharf

Harte Worte der allgemeinen Ortskrankenkassen gegenueber Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer. Er treibe die AOK mit seiner dritten Reformstufe glatt in den Ruin heisst es. Gerade jene Krankenkassen wuerden bestraft, die noch soziale Prinzipien verfolgten. Der Chef des AOK-Verwaltungsrates, Peter Kirch, sagte in einem Interview, falls die dritte Stufe der Gesundheitsreform wie geplant verwirklicht werde stehe die AOK mit dem Ruecken zur Wand. Dann muesse die AOK in einigen Regionen finanzielle Verluste hinnehmen, die bis zum Ruin fuehren koennten. Seehofer strafe jene Kasse, die die sozialen Prinzipien der Krankenversicherung am konsequentesten verteidige, so Kirche. Die angespannte Finanzlage begruendete der Verwaltungsratschef mit der unguenstigten Mitgliederstruktur und der schlechten Finanzausstattung. Die AOK koenne nur ueberleben, wenn der Risikostrukturausgleich zu ihren Gunsten verbessert werde, betonte Kirch. Statt dessen solle sie im Zuge der geplanten Strukturreform jaehrlich sogar 850 Millionen DM erhalten. Schon jetzt muesse die AOK hoehere Beitraege nehmen als etwa die Ersatzkassen. Wenn die Beitraege weiter erhoeht wuerden und wie in der Reform vorgesehen dann auch hoehere Zuzahlungen der Patienten verlangt werden muessten wuerden Mitglieder zu anderen Kassen wechseln. Fuer diesen Fall koenne er schon heute eine Einheitskrankenversicherung oder eine rein private Absicherung prophezeien. Denn nach der AOK wuerden auch andere Kassen in die Pleite getrieben.


Seehofer kritisiert Krankenkassen scharf

Bundesgesundheitsminister Seehofer hat die Krankenkassen erneut scharf kritisiert. Zur Zeit haetten die Kassen nicht zu wenig Einnahmen, sondern zu viele Ausgaben, sagte der Minister dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Seit Jahren werde Geld fuer ueberfluessige, zum Teil sogar rechtswidrige Ausgaben verschwendet, sagte Seehofer weiter. Anschliessend erhoehten dann die Krankenkassen die Beitraege und schoeben die Verantwortung auf die Politik.


Weitere Kuerzungen bei den Leistungen der Krankenkassen geplant

Die Regierungskoalition erwaegt einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge Kuerzungen im Leistungskatalog der Krankenversicherung. Im Gespraech sei die Kuerzung des von Kassen bisher gezahlten Sterbe- sowie des Muttersschaftsgeldes. Auch fuer Abtreibung, Sterilisation, kuenstliche Befruchtung zahlen die Kassen dann keinen Pfennig mehr. CSU-Gesundheitsexperte Zoeller begruendete dies damit, dass die Kassen fuer diese Leistung nicht zustaendig seien, sie muessten aus dem Steuersaeckel finanziert werden. In die selbe Kerbe schlug auch CDU-Politiker Hoefel. Mutterschaftsgeld habe nichts mit Krankheit zu tun. Mehrere Betriebs- und Ersatzkrankenkassen haben unterdessen angekuendigt, noch in diesem Jahr ihre Beitraege zu erhoehen - um rund einen Prozentpunkt.


Protestaktionen bei Daimler Benz

Aus Protest gegen die angekuendigte Kuerzung der Lohnfortzahlung haben heute rund 20.000 Beschaeftigte in drei inlaendischen Mercedeswerken die Sonderschichten ausfallen lassen. Nach Angaben der IG Metall standen in Sindelfingen die Baender still, weil die meisten der rund 13.000 Arbeiter nicht zur Schicht gekommen waren. Auch im Stammwerk Stuttgart-Untertuerkheim fehlten rund 3.000 Beschaeftigte. Im Montagewerk Bremen versammelten sich nach Angaben des Betriebsrates nur einige hundert der 4.000 eingeteilten Arbeiter vor dem Werkstor. Die Betriebsleitung hatte wegen der hohen Nachfrage mit dem Betriebsrat je nach Werk bis zu fuenf Sonderschichten an Samstagen vereinbart. Die Arbeitnehmervertretung hatte diese Regelung gekuendigt, nachdem der Daimler-Benz Vorstand die Kuerzung der Lohnfortzahlung beschlossen hatte. Daimler-Chef Schremp verteidigte gegenueber dem Nachrichtenmagazin FOCUS die Kuerzungen. Durch die Lohnfortzahlungen entstuenden dem Konzern Kosten in Hoehe von jaehrlich 600 Millionen DM.


Bundesregierung: Vorgehen der Arbeitgeber nicht rechtmaessig

Hamburg. Experten der Bundesregierung halten das Vorgehen der Arbeitgeber bei der Kuerzung der Lohnfortzahlung fuer nicht rechtmaessig. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Fachleute des Kanzleramts sowie des Arbeits- und Justizministeriums sollen in einem vertraulichen Papier festgestellt haben, dass rund 80 Prozent aller Arbeitnehmer in Bereichen angestellt seinen, in denen der Lohn nicht gekuerzt werden kann ohne zuvor den Tarifvertrag zu kuendigen.


Scharping legt Bluem Ruecktritt nahe

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Scharping hat Bundesarbeitsminister Norbert Bluem zum Ruecktritt aufgefordert. Mit Blick auf den Streit in der Koalition ueber weitere soziale Kuerzungen sagte Scharping in einem dpa-Gespraech, Bluem werde viel zugemutet. Wenn er sich nicht noch mehr verbiegen lassen wolle hoere er besser auf. Weiter meinte Scharping, es sei ein Skandal, dass grosse Unternehmen die Lohnfortzahlung fuer einfache Beschaeftigte kuerzten, fuer leitende Angestellte aber beibehielten. Den Unternehmen warf er vor, mit der Aufkuendigung der Lohnfortzahlung die gewerkschaftliche Gegenmacht brechen zu wollen. Wer so handle gefaehrde den sozialen Frieden.


Murrmann kritisiert Tarifabschluesse im Einzelhandel

Der Praesident der Bundesvereinigung der bundesdeutschen Arbeitgeberverbaende Murrmann hat die Tarifabschluesse im Einzelhandel von Nordrhein-Westfalen und Hessen kritisiert. Murrmann sagte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, mit der Vereinbarung ueber die 100prozentige Lohnfortzahlung bei Krankheit haetten die Arbeitgeber akzeptiert, was eigentlich nicht hinnehmbar sei. Die Branche habe offenbar angesichts des bevorstehenden Weihnachtsgeschaefts keinen Streik riskieren koennen. Von den oeffentlichen Arbeitgebern verlangte Murrmann, diese muessten nun schleunigst den Bundesangestelltentarifvertrag kuendigen.


OETV feiert 100jaehriges Bestehen

Stuttgart. Die Gewerkschaft Oeffentliche Dienste Transport und Verkehr, OETV, feiert heute ihr 100jaehriges Jublilaeum. Prominentester Redner bei einem Festakt in der Stuttgarter Liederhalle war Bundespraesident Roman Herzog. Erwartet wurden unter anderem auch Vertreter der Bundesregierung und der oeffentlichen Arbeitgeber. Morgen beginnt die Gewerkschaft der OETV ihren mehrtaegigen Bundeskongress.


Herzog spricht Tarifparteien ins Gewissen

Bundespraesident Herzog hat die Tarifparteien aufgefordert, im Streit um die Lohnfortzahlung nicht die Wettbewerbsfaehigkeit des Standorts Deutschland zu gefaehrden. In seiner Rede auf dem Festakt zum 100jaehrigen Bestehen der OETV sagte Herzog, die Gewerkschaften muessten nicht jede Forderung der Arbeitgeber akzeptierten, aber sie muessten deren Vorschlaege daraufhin pruefen, ob sie volkswirtschaftlich sinnvoll seien und Arbeitsplaetze sicherten. Der Bundespraesident rief dazu auf, die angespannte Haushaltslage auch als Chance zu begreifen. Bisher seien sich die Beteiligten nur darueber einig, dass der Staat schlanker sein muesse. Mit dem Abnehmen solle aber immer ein anderer beginnen, kritisierte Herzog.


Streit um Finanzierung des Bundeswehreinsatzes in Bosnien in Sicht

Um die Finanzierung eines kuenftigen Bundeswehreinsatzes in Bosnien deutet sich Streit in der Regierungskoalition an. Der FDP-Verteidigungsexperte Koppelin sagte in einem Zeitungsinterview, auch wenn der Bundeswehreinsatz im kommenden Jahr erwuenscht sei, sei er doch nicht zu bezahlen. Bevor die Bundesregierung internationale Versprechungen abgebe, sollte sei erklaeren, wie die Mandatsverlaengerung ueber den 20. Dezember hinaus bezahlt werden soll. Auch der Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, der CSU-Politiker Rose, erklaerte, der Verteidiungsetat sei bereits so zusammengestrichen, dass kein Speilraum mehr fuer Auslandseinsaetze bleibe. Nach dem Willen von Verteidigungsminister Ruehe soll sich die Bundeswehr an einer neuen Friedensmission in Bosnien mit rund 3.000 Mann beteiligen.


Ausserordentlicher Parteitag der Bayern-SPD

Die bayerische SPD traf sich am Vormittag in Nuernberg zu einem ausserordentlichen Parteitag. Das Treffen stand unter dem Leitwort "Ideen und Konzepte fuer eine bessere Zukunft", was auf die wirtschafts- und sozialpolitische Ausrichtung der Diskussion hinwies. Es ging unter anderem ueber Bildung in Beruf und Schule sowie um Anstoesse fuer den technischen Fortschritt. "So stelle ich mir die Bayern-SPD der Zukunft vor". Dazu waren diesmal weder die Parteivorsitzende noch der designierte Generalsekretaer gefragt. Junge SPDler sollten ihrer Partei die Augen oeffnen fuer ihre Wuensche. Zum Auftakt des Landesparteitages bekraeftigte die bayerische SPD-Vorsitzende Schmidt den Machtanspruch der Sozialdemokraten in Bayern. Sie sagte, wenn eine Oppositionspartei nicht jederzeit um die Regierungsmacht kaempfe habe sie ihre Rolle verfehlt.


Schauspieler Klaus Holm gestorben

Berlin. Der Schauspieler Klaus Holm ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Der gebuertige Bochumer war durch Rollen in zahlreichen Spielfilmen bekannt geworden.


Schwerer Verkehrsunfall bei Bamberg

Bei einem Verkehrsunfall im Landkreis Bamberg sind am Morgen vier Menschen getoetet worden. Ein PKW prallte beim Ueberholen auf einen entgegenkommenden Lastwagen. Der Fahrer eines 3er BMW ueberholte mit seinem Fahrzeug zwei vor ihm fahrende PKW und uebersah einen entgegenkommenden Laster, mit dem er frontal zusammenstiess. Der BMW ist total zerstoert, nur am Heck kann man noch erkennen, um welchen Fahrzeugtyp es sich handelt. Der 21jaehrige LKW-Fahrer aus dem Raum Chemnitz versuchte noch durch die Lichthupe den ueberholenden PKW-Fahrer zu warnen und wich dann mit seinem LKW auf die linke Fahrspur aus. Im gleichen Augenblick versuchte der PKW-Fahrer ebenfalls noch den Zusammenstoss zu vermeiden und wich nach rechts aus. So kam es zum Frontalzusammenstoss der beiden Fahrzeuge. Die vier Insassen des PKW, drei junge Maenner und eine Frau wurden im Fahrzeugwrack eingeklemmt. Sie konnten von der Feuerwehr nur noch tot geborgen werden. Vermutlich handelt es sich um einen typischen Disco-Unfall.


Das Wetter

An den Kuesten sowie in Suedbayern stark bewoelkt mit Regen oder Schauern. Im uebrigen Deutschland wolkig mit Aufheiterungen und kaum Schauer. Hoechsttemperaturen 13 bis 18, naechtliche Tiefstwerte 11 bis 4 Grad. In Norddeutschland stark auffrischender Wind. Die weiteren Aussichten: in Norddeutschland unbestaendig bei Regenfaellen oder Schauern 13 bis 18 Grad. Im Sueden wolkig mit Aufheiterungen, weniger Regen und Erwaermung auf 20 bis 25 Grad.


Quellen

B5    9:30 MESZ
DLF    10:00 MESZ    14:00 MESZ
SDR 3    10:00 MESZ    16:00 MESZ
Radio 7    11:00 MESZ