GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 20.10.1998



* Koalitionsvertrag unterzeichnet
* Stollmann kritisiert Lafontaine
* Wirtschaftsverbaende kritisieren Steuerplaene scharf
* Wirtschaftsforscher: Steuerreform mutiger anpacken
* Lafontaine: Profil der SPD gegenueber den Gruenen bleibt scharf
* Thierse als Bundestagspraesident nominiert
* Zwei Tote bei Absturz eines Tornados
* Treffen ehemaliger Zwangsarbeiter der IG Farben
* "Mehmet" kann abgeschoben werden
* SAP weiter auf der Ueberholspur
* Konzertveranstalter Hoffmann vor Gericht
* Boerse



Koalitionsvertrag unterzeichnet

Bonn. Die neue Bundesregierung sieht die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit als ihr vorrangiges Ziel an. Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags sagte der kuenftige Bundeskanzler Schroeder, dazu muesse es ein Buendnis fuer Arbeit geben, in dem konkrete Massnahmen vereinbart wuerden. Dieses Buendnis duerfe nicht nur eine einmalige Einladung sein, sondern muesse eine dauerhafte Veranstaltung sein. Gelegentliche Weigerungen seitens der Wirtschaft und der Industrie wuerden die neue Regierung nicht von diesem Kurs abbringen, betonte Schroeder. Sein kuenftiger Stellvertreter und Aussenminister Fischer bekraeftigte, eine positive Trendwende auf dem Arbeitsmarkt werde der Masstab sein, an dem die neue Koalition gemessen werde. Beide bezeichneten den Koalitionsvertrag als verlaessliche Grundlage fuer die Regierungsarbeit. Die bisherigen Regierungsparteien reagierten mit massiver Kritik. Der designierte CDU-Chef Schaeuble sagte, der Koalitionsvertrag sei ein Dokument der alten Linken und eine Enttaeuschung fuer alle, die den Versprechungen Schroeders geglaubt haetten. Die Ruecknahme bereits eingeleiteter Reformen, vor allem im Rentensystem, werde zu milliardenschweren Belastungen fuehren. CSU-Landesgruppenchef Glos wandte sich insbesondere gegen die geplanten Aenderungen im Staatsbuergerschaftsrecht. Die doppelte Staatsangehoerigkeit foerdere nicht die Integration, sondern gefaehrde sie.


Stollmann kritisiert Lafontaine

Muenchen. Der Unternehmer Stollmann hat nach seinem Verzicht auf das Bundeswirtschaftsministerium SPD-Parteichef Lafontaine kritisiert. Der "Sueddeutschen Zeitung" sagte Stollmann, der SPD-Chef habe die inhaltliche Gestaltung der Koalitionsvertraege beherrscht. Darueber hinaus habe Lafontaine die Personalentscheidungen in seinem Sinne getroffen. Stollmann sieht in seinem Rueckzug vor allem eine Niederlage fuer den Reformerfluegel in der SPD. Stollmann woertlich: "Gescheitert sind fuers erste diejenigen, die das Konzept der Neuen Mitte durchsetzen wollen".


Wirtschaftsverbaende kritisieren Steuerplaene scharf

Bonn. Die Spitzenverbaende der deutschen Wirtschaft haben die rot-gruenen Koalitionsvereinbarungen scharf kritisiert. Vor allem die geplante Steuerreform wurde als beschaeftigungsfeindlich kritisiert. BDI-Chef Henkel nannte das Konzept eine "gigantische Mogelpackung". Die geplanten Steuern auf Energie seien Gift fuer den Arbeitsmarkt. Auch Arbeitgeberpraesident Hundt sprach von einem Abschreckungsprogramm fuer Investitionen und bezeichnete die Steuerplaene als teuer, starr und beschaeftigungsfeindlich. DIHT-Praesident Stihl erwartet nach eigenen Worten eine weitere Belastung des Arbeitsmarkts. Die Verbaende des Handwerks und des Mittelstandes sehen die Steuerreform ebenfalls als schaedlich fuer ihre jeweiligen Mitglieder.


Wirtschaftsforscher: Steuerreform mutiger anpacken

Bonn. Fuehrende Wirtschaftsforscher haben die Steuerplaene der kuenftigen Bundesregierung als unzulaenglich kritisiert. Entscheidende Impulse fuer Wachstum und Beschaeftigung seien davon nicht zu erwarten, erklaerten die sechs wichtigsten Wirtschaftsforschungsinstitute bei der Vorstellung ihres Herbstgutachtens. Um Impulse fuer mehr Beschaeftigung zu geben, sei eine Reform notwendig, bei der alle Steuersaetze deutlich gesenkt und steuerliche Ausnahmen weitgehend beseitigt wuerden. Obwohl es dafuer ausreichend Finanzspielraum gebe, weil die Haushaltslage des Bundes entgegen anderslautender Meldungen durchaus positiv sei, habe SPD und Gruenen offenbar der Mut fuer den grossen Wurf gefehlt. Zur Konjunkturlage erklaerten die Institute, die Krisen in Asien, Russland und Lateinamerika verlangsamten das Wachstum. Das Bruttoinlandsprodukt werde 1999 voraussichtlich um 2,3 Prozent zunehmen, und nicht um 2,7 Prozent, wie bisher angenommen. Die Zahl der Arbeitslosen duerfte im Jahresdurchschnitt um 210.000 auf 4,07 Mio. zurueckgehen.


Lafontaine: Profil der SPD gegenueber den Gruenen bleibt scharf

Bonn. Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags von SPD und Buendnisgruenen hat SPD-Chef Lafontaine die Distanz der kuenftigen Regierungspartner unterstrichen. In einer oeffentlichen Fraktionssitzung der SPD sagte Lafontaine, man werde nicht den Fehler machen, durch die Zusammenarbeit mit einer kleinen Partei die Identitaet der grossen Partei beschaedigen zu lassen. Diesen Fehler habe die Union in ihrer Koalition mit der FDP gemacht. In dem rot-gruenen Koalitionsvertrag sind die Schwerpunkte der kuenftigen Regierungsarbeit festgeschrieben, die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit, eine oekologische Steuerreform und der Ausstieg aus der Kernenergie. In Bonn wurden inzwischen weitere Details der Steuerreform bekannt. So soll die Steuerpflicht fuer Personalrabatte verschaerft werden. Das betrifft insbesondere die Beschaeftigten in der Automobilindustrie beim Verkauf von Jahreswagen sowie Arbeitnehmer in Kaufhaeusern.


Thierse als Bundestagspraesident nominiert

Bonn. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thierse ist von der SPD-Fraktion fuer das Amt des Bundestagspraesidenten nominiert worden. Er wird der erste ostdeutsche Politiker sein, der das dritthoechste politische Amt in der Bundesrepublik bekleidet. Mit 171 zu 116 Stimmen setzte sich Thierse gegen seine Mitbewerberin Hahnewinkel durch. Thierses Stellvertreterin soll nach dem Willen der SPD-Fraktion Anke Fuchs werden. Die Wahl des Bundestagspraesidenten und seiner Stellvertreter findet am kommenden Montag statt, wenn sich der Bundestag konstituiert. Die SPD-Fraktion waehlte ausserdem Peter Struck zu ihrem neuen Vorsitzenden. Struck war bisher parlamentarischer Geschaeftsfuehrer der SPD und Sprecher seiner Partei im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.


Zwei Tote bei Absturz eines Tornados

Bonn. Beim Absturz eines Tornado-Kampfflugzeugs der Bundesluftwaffe ueber Kalifornien sind beide Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. Nach Mitteilungen der US-Streitkraefte ging die Maschine in der Naehe eines Luftwaffenstuetzpunktes bei Los Angeles nieder. Dabei seien auch einige Gebaeude beschaedigt und mehrere Menschen verletzt worden. Das Bundesverteidigungsministerium gab bekannt, der Tornado habe sich auf einem Uebungsflug befunden. Die Absturzursache ist nicht bekannt. Die Bundeswehr hat damit in diesem Jahr bereits fuenf Tornados verloren.


Treffen ehemaliger Zwangsarbeiter der IG Farben

Frankfurt. Ehemalige Zwangsarbeiter der IG Farben in Auschwitz haben sich zum ersten Mal getroffen. In der ehemaligen Zentrale des Chemiekonzerns in Frankfurt kamen 89 Zwangsarbeiter zusammen, die den Naziterror ueberlebt haben. Das Treffen diente in erster Linie dem Wiedersehen der Auschwitz-Haeftlinge. Eine Austellung mit Fotos und Dokumenten belegte das Schicksal der Zwangsarbeiter im IG-Farben-Lager Buna. Der kuenftige Bundeskanzler Schroeder kommt morgen mit den Vorstandschefs deutscher Unternehmen zusammen. Sie wollen ueber Moeglichkeiten der Entschaedigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter beraten. Schroeder hat vorgeschlagen, dass die Unternehmen gemeinsam einen Fonds zur Unterstuetzung der Zwangsarbeiter finanzieren.


"Mehmet" kann abgeschoben werden

Muenchen. Nach einem Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs muss der 14jaehrige Serienstraftaeter "Mehmet" mit seiner Abschiebung rechnen. Das Gericht lehnte die Beschwerde gegen die Nicht-Verlaengerung seiner Aufenthaltsgenehmigung ab. Die Richter halten es fuer zumutbar, wenn entweder ein Elternteil "Mehmet" in die Tuerkei begleitet oder der Jugendliche dort bei Verwandten untergebracht wird. Der bayerische Innenminister Beckstein kuendigte an, den Jugendlichen unverzueglich abzuschieben. Der Muenchner Kreisverwaltungsreferent Blume-Beyerle sagte, dafuer muessten nur noch technische Details geklaert werden. Die bayerischen Buendnisgruenen sprachen dagegen von einem zynischen Urteil und einem Verstoss gegen Menschenrechte.


SAP weiter auf der Ueberholspur

Walldorf. Das Softwareunternehmen SAP ist weiter auf Wachstumskurs. Nach den neuesten Zahlen des Unternehmens lag der Gewinn vor Steuern in den ersten neun Monaten diesen Jahres bei 1,2 Mrd. DM und damit um 45 Prozent ueber dem Wert des Vorjahres. Beim Umsatz ergibt sich in diesem Dreivierteljahr ein Plus von 54 Prozent auf 5,9 Mrd. DM.


Konzertveranstalter Hoffmann vor Gericht

Mannheim. Der Konzertveranstalter Hoffmann muss sich seit heute vor dem Landgericht Mannheim verantworten. Die Anklage wirft dem 47jaehrigen vor, knapp 24 Mio. DM an Steuern hinterzogen beziehungsweise dies versucht zu haben. So soll er in den 90er Jahren dem Finanzamt Erloese aus Konzerten nicht als Betriebseinnahmen deklariert haben. Darueberhinaus wirft die Staatsanwaltschaft Hoffmann vor, bei Veranstaltungen mit auslaendischen Kuenstlern Honorare ohne Abzug von Einkommensteuer ausbezahlt zu haben. Hoffmann war als Veranstalter von Konzerten mit den "drei Tenoeren" oder den Rolling Stones bekanntgeworden.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,6334
Kanada(1 $)  1,0542
England(1 Pfund)  2,7870
Irland(1 Pfund)  2,4935
Schweiz(100 sfr)  122,6400
Frankreich(100 FF)  29,8220
Italien(1000 Lit)  1,0111
Oesterreich(100 oeS)  14,2140
Spanien(100 Ptas)  1,1767
Japan(100 Yen)  1,3975
Schweden(100 skr)  20,9200
 
Einige Indizes:
DAX:4595,82( aktuell )  
Vortagswert leider nicht verfuegbar
Dow-Jones-Index:8637,93( Stand 17:00 MESZ )  
8466,45( Schlussstand Vortag )  
Nikkei-Index:13808,05
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

SWR1    11:00 MESZ    14:00 MESZ    18:00 MESZ    20:00 MESZ
B5    21:45 MESZ