GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 05.09.1995



* Luftangriffe auf bosnische Serben wieder aufgenommen
* Erste Lesung des Bundeshaushaltes 1996
* Meinungen zum neuen Bundeshaushalt
* Beratungen ueber Umwelt-Etat und Etat des Verkehrsressorts
* Ministerpraesident Schroeder kritisiert SPD
* Selbstaufloesung der IG Chemie, Papier, Keramik beschlossen
* Fuenfte Tarifrunde zwischen VW und IG-Metall
* Arbeitgeber-Verband Gesamtmetall nimmt Stellung zum Urlaubsgeld
* Arbeitnehmervertreter der DASA regen Einfuehrung der 4-Tage-Woche an
* Erster Justizerfolg fuer Schalk-Olodkowski (sp?)
* Prozess gegen Eiskunstlauftrainer Fajfr
* Schiff mit Atombomben-Gegnern treibt weiterhin mit Motorschaden
* Explosion einer von 14jaehrigem selbstgebastelten Bombe
* Brand in Luebecker Altstadt
* Protest gegen Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels
* Sojus-Kapsel an Weltraumstation MIR angedockt
* Dollarkurs und Goldpreis



Luftangriffe auf bosnische Serben wieder aufgenommen

Vierzehn Stunden nach Ablauf eines Ultimatums an die bosnischen Serben haben NATO-Flugzeuge am fruehen Nachmittag die am Freitag vergangener Woche ausgesetzten Luftangriffe wieder aufgenommen. Das wurde vom Hauptquatier der Allianz in Bruessel sowie vom franzoesischen Staatspraesidenten Chirac und vom Bundesverteidigungsministerium in Bonn bestaetigt. Zum Schutz der schnellen Eingreiftruppe sind heute ueber bosnischem Territorium wieder deutsche Tornado-Kampfflugzeuge eingesetzt worden. Sie flogen Aufklaerungseinsaetze, an den Angriffen der NATO waren sie nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums aber nicht beteiligt. Saemtliche Maschinen seien unversehrt auf die Luftwaffenbasis Piachenza in Norditalien zurueckgekehrt. Der SPD-Vorsitzende Scharping sagte, es gebe Zweifel daran, ob die Tornado-Einsaetze im Einklang mit den entsprechenden Beschluessen des Parlaments und den interpretierenden Aeusserungen von Aussenminister Kinkel und Verteidigungsminister Ruehe dazu stuenden. Die beiden Minister haetten seinerzeit betont, dass die Tornados nur bei einem Angriff auf die schnelle Eingreiftruppe eingesetzt werden sollten.


Erste Lesung des Bundeshaushaltes 1996

Bonn. Mit der ersten Lesung des Bundeshaushaltes 1996 hat der Bundestag seine Sommerpause beendet. Finanzminister Waigel plant Ausgaben von 452 Milliarden DM. Das sind 1,3% weniger als im laufenden Haushaltsjahr. Dies ist das erste Mal seit 1953, dass ein Haushaltsentwurf niedriger ist als der laufende Etat. Allerdings steigt die Neuverschuldung um 11 auf 59,8 Milliarden DM. Aber immerhin, so Waigel, bleibt damit die Netto-Kreditaufnahme wenigstens unter der von der Regierung selbst gesetzten magischen Grenze von 60 Milliarden DM. Waigel benoetigt vor allem fuer die im Jahressteuergesetz vorgesehenen Entlastungen und die Besserstellung von Familien mehr Mittel. Hoehepunkt der fuer 4 Tage angelegten Debatte soll die politische Aussprache sein, in der morgen Bundeskanzler Kohl und Ministerpraesident Scharping das Wort ergreifen. Bundesfinanzminister Waigel bezeichnete den Bundeshaushalt als kraeftigen Schritt auf dem Weg zur Konsolidierung. Zum Auftakt der Haushaltsdebatte sagte Waigel im Bundestag, der Etat solle dazu beitragen, Deutschland fuer die Europaeische Waehrungsunion und die haerter werdenden internationalen Herausforderungen fit zu machen. Das Motto des Haushalts 1996 sei "Sparen und Gestalten".


Meinungen zum neuen Bundeshaushalt

Bonn. Die SPD hat der Bundesregierung Versaeumnisse und falsche Zielsetzungen im Etat-Entwurf fuer das kommende Jahr vorgeworfen. Zu Beginn der Debatte verwies Umweltministerin Merkel auf die Erfolge in der Umweltpolitik der neuen Bundeslaender seit der deutschen Vereinigung. Groesste Herausforderung fuer die Zukunft sei die Verringerung des Strassenverkehrs. Die SPD-Finanzexpertin Matthaeus-Maier sagte in der Haushaltsdebatte des Bundestages in Bonn, im Entwurf von Finanzminister Waigel blieben milliardenschwere Risiken unberuecksichtigt. Zudem habe die Koalition das Land in eine Zinsfalle hineinmanoeuvriert. Mittlerweile muesse jede vierte Steuermark fuer Zinsen ausgegeben werden, was den politischen Handlungsspielraum stark einenge. Der Finanzexperte von Buendnis 90/Die Gruenen Metzger kritisierte vor allem die steigende Neuverschuldung. SPD und Buendnis 90/Die Gruenen uebten weiterhin Kritik an den Schwerpunkten. Arbeitsmarkt, Umweltschutz, Bildung und Forschung wuerden vernachlaessigt. Dafuer steige der Etat der Bundeswehr. Bundesfinanzminister Waigel verteidigte den Finanzentwurf und betonte, oberstes Ziel sei die Rueckfuehrung der Steuer- und Abgabenlast. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion Reppnick (sp?) erklaerte, der wirtschaftspolitische Weg der Bundesregierung garantiere auch fuer die Zukunft Aufschwung und Wachstum. Die FDP unterstuetzt den Waigel'schen Etat. Allerdings verlangen die Liberalen, dass der Solidaritaetszuschlag so rasch wie moeglich abgeschafft wird. Der Finanzminister sicherte zu, dass diese Abgabe spaetestens 1998 gesenkt wird.


Beratungen ueber Umwelt-Etat und Etat des Verkehrsressorts

Bonn. Der Bundestag in Bonn beriet in seiner Haushaltsdebatte am Abend ueber den Etat des Verkehrsressorts. Vorgesehen sind im kommenden Jahr Ausgaben von 50,9 Milliarden DM. 4,4% weniger als 1995. Minister Wissmann (CDU) bezeichnete die Kuerzungen als schmerzlich, doch bleibe sein Haushalt der groesste Investitionsposten im Gesamtetat. Ziel der Bundesregierung sei es, die Umweltfreundlichen Verkehrstraeger Schiene und Binnenschiffahrt weiter zu foerdern. Sozialdemokraten und Gruene kritisierten die geplanten Einsparungen bei der Bahn und meinten, damit habe sich die Regierung vom Vorrang der Schiene vor der Strasse verabschiedet. Zuvor hatte das Parlament ueber den Umwelt-Etat beraten, der ein Volumen von knapp 1,4 Milliarden DM vorsieht.


Ministerpraesident Schroeder kritisiert SPD

Hannover. Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder (SPD) hat seiner Partei einen Mangel an Risiko-Bereitschaft vorgeworfen. Bei der Bundestagsfraktion gebe es ein Kartell der Mittelmaessigkeit, sagte Schroeder in einem Interview des Stern.


Selbstaufloesung der IG Chemie, Papier, Keramik beschlossen

Hannover. Die Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik hat ihre Selbstaufloesung zum 31. Dezember 1997 beschlossen. Ein entsprechender Antrag wurde von den 376 Delegierten des Gewerkschaftstages in Hannover einmuetig gebilligt. Bei 12 Gegenstimmen und vier Enthaltungen akzeptierten sie ausserdem den Satzungsentwurf fuer die neue IG Bergbau, Chemie, Energie, in dem die bisherige Gewerkschaft aufgehen soll. Die neue Organisation wird mit rund 1,1 Millionen Mitgliedern die drittgroesste deutsche Einzelgewerkschaft sein.


Fuenfte Tarifrunde zwischen VW und IG-Metall

Hannover. Heute begann die fuenfte Tarifrunde zwischen VW und IG-Metall. Der VW-Konzern hat versichert, dass er keine weiteren Arbeitsplaetze abbauen will. Industriegewerkschaft Metall verlangt fuer die rund 100000 Beschaeftigten in den westdeutschen VW-Werken 6% mehr Lohn und Gehalt und die Verlaengerung der 4-Tage-Woche. IG-Metallchef Riester sagte, eine Einigung sei bis spaetestens morgen moeglich, wenn die Arbeitgeber ein annehmbares Lohnangebot machten und fuer eine Beschaeftigungsgarantie keine finanziellen Ausgleichsforderungen stellten. Im Tarifstreit hat es heute eine erste Annaeherung gegeben. Der Verhandlungsfuehrer der IG-Metall Peters erklaerte in Hannover, seine Gewerkschaft sei grundsaetzlich bereit, innerhalb einer 4-Tage-Woche eine flexiblere Arbeitszeit zu akzeptieren. So koenne bei starker Nachfrage auf dem Automarkt im Einzelfall bis zu acht Stunden taeglich gearbeitet werden. Man sei sich mit Volkswagen jedoch einig darueber, dass der Samstag nicht Regelarbeitstag werden duerfe. Differenzen bestuenden dagegen weiterhin vor allem in der Frage der Beschaeftigungssicherung. Ein Angebot zu der Gewerkschaftsforderung nach 6% mehr Lohn hat VW noch nicht vorgelegt. Die bisherigen Warnstreiks haben nach Angaben der Konzern-Fuehrung zu Umsatzeinbussen von ueber 200 Millionen DM gefuehrt.


Arbeitgeber-Verband Gesamtmetall nimmt Stellung zum Urlaubsgeld

Koeln. Die Metall-Arbeitgeber stellen das Urlaubsgeld in der bisherigen Form in Frage. Der Geschaeftsfuehrer des Arbeitgeber-Verbandes Gesamtmetall Kirchner sagte, wenn auf das Urlaubsgeld verzichtet wuerde, koennte das mit einer befristeten Beschaeftigungsgarantie belohnt werden. In der Tageszeitung "Koelnische-Bonner Rundschau" erklaerte Kirchner woertlich:"Wir muessen Lebensraum fuer unsere Firmen schaffen." Er raeumte ein, dass er keine Forderungen stelle, sondern lediglich zum Nachdenken anregen wolle.


Arbeitnehmervertreter der DASA regen Einfuehrung der 4-Tage-Woche an

Arbeitnehmervertreter der Daimler-Benz Aerospace AG (DASA) haben die Einfuehrung der 4-Tage-Woche bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern angeregt, um Betriebsschliessungen und Entlassungen zu vermeiden. Ein IG-Metall-Sprecher erklaerte heute in Bremen, mit einem Konzept a la Volkswagen koenne die DASA den Standort Deutschland wettbewerbsfaehig machen. Das Unternehmen erwaegt den Abbau von 15000 der 40000 Arbeitsplaetze und die Stillegung mehrerer Werke.


Erster Justizerfolg fuer Schalk-Olodkowski (sp?)

Berlin. Der fruehere DDR-Devisenbeschaffer Schalk-Olodkowski hat in der Auseinandersetzung mit der Berliner Justiz einen ersten Erfolg erzielt. Die 26. grosse Strafkammer des Landgerichts lehnte es wegen rechtlicher Zweifel ab, gegen Schalk ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung zu eroeffnen. Sein Anwalt Dankert sagte, diese Anklage sei von den fuenf bisher erhobenen die gewichtigste gewesen. Die Staatsanwaltschaft kuendigte gegen die Entscheidung Beschwerde an. Sie legt dem frueheren DDR-Spitzenfunktionaer zur Last, Gewinne der von ihm kontrollierten SED-Parteifirmen in Westdeutschland illegal in die DDR transferiert zu haben.


Prozess gegen Eiskunstlauftrainer Fajfr

Stuttgart. Vor dem Landgericht hat der Prozess gegen den ehemaligen Eiskunstlauftrainer Fajfr begonnen. Die Staatsanwaltsschaft wirft dem 52jaehrigen Verletzung der Fuersorgepflicht, Misshandlung Schutzbefohlener sowie sexuellen Missbrauch in 12 Faellen und Koerperverletzung vor. Mitangeklagt sind der ehemalige Vorsitzende des TUS Stuttgart Eissport Voell und dessen Mutter, die sich wegen Beihilfe verantworten muessen. Der Prozess wird voraussichtlich bis November dauern. Fajfr hat die gegen ihn erhobenen Vorwuerfe groesstenteils bestritten. Er sagte, er habe seine ehemalige Schuelerin Patricia Jares weder geschlagen noch gewuergt. Er raeumte ein, die heute 19jaehrige einmal geohrfeigt zu haben, als diese, wie Fajfr es nannte, ausgerastet sei.


Schiff mit Atombomben-Gegnern treibt weiterhin mit Motorschaden

Papeete. Ein Schiff mit Atombombentest-Gegnern wird das Mururoa-Atoll wahrscheinlich nicht mehr erreichen. Das berichtete die SPD-Bundestagsabgeordnete Heidemarie Wieczorek-Zeul, die mit 43 weiteren Atomtestgegnern an Bord ist. Das Schiff, der Frachter Kaunitoni, treibt seit Donnerstag mit Motorschaden vor den Cook-Inseln.


Explosion einer von 14jaehrigem selbstgebastelten Bombe

Kassel. Bei der Explosion einer selbstgebastelten Bombe ist ein 14jaehriger Schueler schwer verletzt worden. Der Junge erlitt Splitterverletzungen, als er den Sprengkoerper zusammen mit einem Freund auf freiem Feld zuendete. Die Zutaten fuer den Bombenbau hatten die beiden nach Erkenntnissen der Polizei in einem Baumarkt gekauft.


Brand in Luebecker Altstadt

Luebeck. Bei einem Brand in der Luebecker Altstadt sind am Morgen eine Deutsche und ein Tuerke ums Leben gekommen. 21 Menschen wurden verletzt, unter den Verletzten sind vier Kinder, die lebensgefaehrliche Verbrennungen erlitten. Die Brandursache war zunaechst unklar. In dem Haus leben vorwiegend Tuerken. Das Feuer ist nach Angaben der Polizei vorsaetzlich gelegt worden. Wie ein Sprecher am Nachmittag bekannt gab, wurde in dem Bistro im Erdgeschoss grossflaechig Benzin ausgegossen und angezuendet.


Protest gegen Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels

Frankfurt am Main. Rund 100 Autoren und Verlage haben an Bundespraesident Herzog appelliert, auf die Ueberreichung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an die Orientalistin Schimmel zu verzichten. In einem heute in Koeln verbreiteten oeffentlichen Brief verweisen sie auf die umstrittene Haltung von Frau Schimmel zur iranischen Todesdrohung gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdi. Der Boersenverein des deutschen Buchhandels erklaerte, der Stiftungsrat werde sich am naechsten Montag mit der Situation befassen. Inzwischen stehe fest, dass einige der Anschuldigungen gegen Frau Schimmel nachweislich falsch seien.


Sojus-Kapsel an Weltraumstation MIR angedockt

Moskau. Die Sojus-Kapsel TM22 mit dem Deutschen Thomas Reiter und zwei russischen Kosmonauten an Bord hat an die Weltraumstation MIR angedockt. Die neue Besatzung wird insgesamt 135 Tage im Weltraum verbringen.


Dollarkurs und Goldpreis

US-Dollar (Amtlicher Mittelkurs in Frankfurt): 1,4656 DM
Goldpreis: Feinunze in London: 379,40 US-Dollar
           Kilogrammbarren in Frankfurt: 17880 DM



Quellen

SDR3    12:00 MESZ    16:00 MESZ
SWF3    11:00 MESZ
DLF    15:00 MESZ    17:00 MESZ    17:30 MESZ    20:00 MESZ
HR3    18:00 MESZ