Auch Niederlaender stimmen gegen EU-Verfassung |
Den Haag. Nach dem Nein der Franzosen haben auch die Niederlaender der
Europaeischen Verfassung eine deutliche Absage erteilt. Bei dem
gestrigen Referendum stimmte eine klare Mehrheit von gut 61 Prozent
gegen das Vertragswerk. Dass die Wahlbeteiligung mit knapp 63 Prozent
hoch war, verleiht dem Votum zusaetzliches Gewicht. Ministerpraesident
Balkenende sprach von einem klaren Ergebnis und zeigte sich
enttaeuscht. Die Regierung werde das deutliche Nein der Waehler
respektieren. Rechtlich bindend ist das Referendum nicht. Die
Praesidenten von europaeischem Parlament, Ministerrat und Kommission
forderten ungeachtet des franzoesischen und des niederlaendischen
Neins eine Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses. Bundeskanzler
Schroeder erklaerte, die Krise um die Ratifizierung der EU-Verfassung
duerfe nicht zur allgemeinen Krise Europas werden. In Grossbritannien
will Premierminister Blair Zeitungsberichten zufolge das fuer
Fruehjahr 2006 angesetzte Referendum absagen. Bundeskanzler Schroeder
reiste nach Luxemburg, wo er mit dem amtierenden EU-Ratspraesidenten
Juncker zusammentrifft. Am Samstag kommt Frankreichs Praesident Chirac
zu einem Krisentreffen nach Berlin. Juncker kuendigte fuer den
geplanten EU-Gipfel in Bruessel konkrete Vorschlaege an. Wie er sagte,
muss jetzt bewiesen werden, dass Europa funktioniert und sich bewegt.
Vom EU-Gipfel soll ein Signal der Ermutigung ausgehen.
Das lettische Parlament in Riga hat die Europaeische Verfassung
ratifiziert. Fuer die Vorlage stimmten 71 von insgesamt 100
Abgeordneten. Damit haben nunmehr zehn EU-Staaten die Verfassung
ratifiziert. Um in Kraft treten zu koennen, muss sie jedoch von allen
25 Mitgliedsstaaten gebilligt werden. |
EU-Minister beraten ueber gesetzliche Arbeitszeit |
Luxemburg. Die Innen- und Justizminister der EU beraten heute unter
anderem ueber die Neuregelung der gesetzlich vorgeschriebenen
Arbeitszeit. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Bereitschaft
etwa von Aerzten als Arbeitszeit angerechnet werden soll. Strittig
ist, ob es Ausnahmen von der geplanten maximalen Wochenarbeitszeit von
48 Stunden geben soll. Grossbritannien ist dafuer, Frankreich dagegen
wehrt sich gegen eine Aufweichung. Weitgehend einig ist sich der
Ministerrat in dem Vorhaben, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
staerker zu bekaempfen. Geplant ist ein Initiative, wonach
Aufstachelung zu Gewalt gegen Menschen anderer Hautfarbe oder Religion
kuenftig in allen Staaten als Straftat gilt. |
Erstes amerikanisch-russisches Manoever in Grafenwoehr |
Grafenwoehr. Auf Westeuropas groesstem Truppenuebungsplatz in der
Oberpfalz findet heute erstmals ein amerikanisch-russisches Manoever
statt. Die ehemals verfeindeten Laender wollen damit an ihre Begegnung
in der saechsischen Elbestadt Torgau vor 60 Jahren erinnern. |
Bundestag debattiert ueber Unternehmenssteuerreform |
Finanzminister Eichel hat Vorwuerfe zurueckgewiesen, die geplante
Unternehmenssteuerreform sei nicht vollstaendig gegenfinanziert. Bei
der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag sagte Eichel, von
Luftbuchungen koenne keine Rede sein. Der erhoffte
Selbstfinanzierungseffekt von mehr als zwei Milliarden Euro sei eher
zurueckhaltend geschaetzt. Eichel appellierte an die Opposition, die
beim Job-Gipfel vereinbarten Beschluesse mitzutragen. Der
CDU-Abgeordnete Seiffert entgegnete, die Bundesregierung sei nicht an
einer Verabschiedung der Unternehmensteuerreform interessiert. Dagegen
stehe die Union nach wie vor zu den Plaenen. - Die Regierung will die
Koerperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent senken. Die Erbschaftsteuer
soll fuer Erben von Familienunternehmen entfallen, wenn sie den
Betrieb mindestens zehn Jahre weiterfuehren. |
Bundestag: Eichel raeumt Milliardenloch ein |
Berlin. Bundesfinanzminister Eichel hat die Haushaltslage in
Deutschland als dramatisch und prekaer bezeichnet. In einer Debatte im
Bundestag sagte er, allein im Bundeshaushalt 2005 klaffe ein Loch von
10 bis 12 Milliarden Euro. Einen Nachtragshaushalt lehnt Eichel weiter
ab. Da auch die Bundeslaender ueber grosse Defizite klagen, ist
sicher, dass Deutschland auch in diesem Jahr die Defizitgrenze des
Euro-Stabilitaetspaktes ueberschreitet. Die Union forderte Eichel zum
Ruecktritt auf. Der Bundestag hat heute ausserdem den Kosovo-Einsatz
der Bundeswehr um ein weiteres Jahr verlaengert. |
Kultusminister der Laender beraten ueber Rechtschreibreform |
Quedlinburg. Die Kultusminister der Laender kamen heute zu einer
Konferenz zusammen, um ueber die Rechtschreibreform zu beraten. Ein
Teil der Reform soll am 1.August fuer Schulen und Behoerden
verbindlich eingefuehrt werden. Umstritten ist aber noch, welche
Inhalte der Rechtschreibreform noch geaendert werden sollen. Der Rat
fuer deutsche Rechtschreibung will auf seiner Sitzung morgen
entsprechende Vorschlaege beschliessen. Wann diese umgesetzt werden,
ist noch unklar. |
Rot-Gruen beschliesst Aus fuer Visa-Ausschuss |
Der Visa-Untersuchungsausschuss des Bundestages wird seine
Beweisaufnahme wegen der erwarteten Neuwahlen vorzeitig beenden. Nach
Angaben der Gruenen beschloss der Ausschuss mit der Mehrheit von SPD
und Gruenen, die Beweisaufnahme auszusetzen. Gegen heftigen Widerstand
von Union und FDP wurden sechs geplante Sitzungtage gestrichen,
darunter die Vernehmung von Bundesinnenminister Otto Schily. Die
Koalition begruendete den Vorstoss damit, dass nur so der gesetzlich
vorgeschriebene Bericht ueber die Arbeit des Ausschusses rechtzeitig
bis zu der im September geplanten Bundestagswahl vorgelegt werden
koenne. Union und FDP wollen am kommenden Montag Klage und einen
Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen, um doch eine
Anhoerung Schilys zu erreichen. Die Opposition hatten bereits vor der
Ausschusssitzung mit einem Gang nach Karlsruhe gedroht. Die CDU hatte
mitgeteilt, dass sie pruefe, ob sie beim Bundesverfassungsgericht
Organklage wegen Verstosses gegen Artikel 44 des Grundgesetzes
einreichen kann. Demnach bestimmt zwar die Mehrheit im Bundestag ueber
den Gang des Verfahrens. Die Arbeit des Ausschusses darf aber nur
unter Beachtung der Minderheitenrechte und nur durch einen
Plenarbeschluss eingestellt werden, heisst es in einem
Grundgesetzkommentar.In der Visa-Affaere werfen Union und FDP der
rot-gruenen Regierung vor, dass sie nach dem Regierungswechsel 1998
die Visa-Politik gelockert und damit einen massenhaften Missbrauch
deutscher Einreisevisa an der deutschen Botschaft in der Ukraine
erleichtert habe. Aussenminister Joschka Fischer hatte durch die
Affaere in Umfragen enorm an Beliebtheit verloren. |
Schmidt: Krankenkassen erzielen im ersten Quartal Ueberschuss |
Die gesetzliche Krankenversicherung wird nach Angaben von
Gesundheitsministerin Schmidt auch in diesem Jahr deutliche
Ueberschuesse erwirtschaften. Die Ministerin teilte in Berlin mit,
allein im ersten Quartal haetten die Kassen ein Plus von 156 Millionen
Euro erzielt. Und dies obwohl von Januar bis Maerz wegen der
Nichtberuecksichtigung von Weihnachts- und Urlaubsgeld bei der
Beitragsbemessung die Einnahmen fast immer deutlich geringer seien.
Die SPD-Politikerin mahnte angesichts dieser Entwicklung
Beitragssenkungen an. Diese duerften nicht mit Hinweis auf kuenftige
Risiken unterbleiben. |
Seehofer kritisiert Steuerplaene der Union |
Berlin. Der CSU-Sozialexperte Seehofer hat die angekuendigte
Steuerpolitik der Union heftig kritisiert. Seehofer warnte in diesem
Zusammenhang vor einer - so woertlich - einseitigen Veranstaltung zu
Lasten der Arbeitnehmer" gewarnt. Der "Leipziger Volkszeitung" sagte
Seehofer, dafuer stehe er nicht zur Verfuegung. Der CSU-Vize bezog
sich dabei auf Parteichef Stoiber, der gestern angekuendigt hatte,
dass unter anderem die Steuerbefreiung fuer Sonntags-, Feiertags- und
Nachtzuschlaege komplett abgebaut werden soll. Auch
Bundessozialministerin Schmidt kritisierte den Stoiber-Vorstoss und
nannte die Plaene in der Zeitung voellig unsozial. |
Deutschlandtrend: Union weiter vorn |
Die Union hat ihren Vorsprung vor der SPD nach dem neuesten
ARD-Deutschlandtrend gegenueber der Vorwoche ausgebaut. Faende die
Bundestagwahl an diesem Sonntag statt, bekaeme die Union 48 Prozent
der Stimmen, die SPD 28 Prozent. Gruene und FDP kaemen auf neun bzw.
sieben Prozent. Die PDS wuerde mit vier Prozent an der
Fuenf-Prozent-Huerde scheitern. Koennte der Kanzler direkt gewaehlt
werden, wuerden sich 46 Prozent fuer Unionskandidatin Merkel
entscheiden, 38 Prozent fuer Schroeder. |
Staedtetag gegen Abschaffung der Gewerbesteuer |
Der Deutsche Staedtetag hat zum Abschluss seiner 33. Hauptversammlung
die Beibehaltung der Gewerbesteuer verlangt. Der neue Praesident,
Muenchens Oberbuergermeister Ude, sagte in Berlin, man sei
parteiuebergreifend gegen die Abschaffung. Im Wahlkampf muesse
geklaert werden, wie die Parteien zu der Gewerbesteuer als
Einnahmequelle fuer die Staedte stuenden. Die beunruhigendsten Signale
kaemen hier von der FDP und der CDU, erklaerte Ude. Der SPD-Politiker
tritt die Nachfolge der Oberbuergermeisterin von Frankfurt am Main,
Roth, von der CDU an. |
CDU und FDP in NRW wollen Windenergie-Nutzung einschraenken |
CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen wollen durch ein geaendertes
Landschaftsgesetz den Ausbau der Windenergie-Nutzung begrenzen. Bei
ihren Koalitionsverhandlungen in Duesseldorf vereinbarten sie, den Bau
von zwei und mehr nebeneinander stehenden Windraedern kuenftig als
Eingriff in Natur und Landschaft zu werten. Zudem teilten die Parteien
mit, oekologische und konventionelle Landwirtschaft sollten kuenftig
gleichrangig behandelt werden. |
Ermittlungen gegen Deutsche Telekom eingestellt |
Die Staatsanwaltschaft Bonn hat ihre Ermittlungen gegen die Deutsche
Telekom wegen angeblicher Ueberbewertung ihrer Immobilien nach fast
fuenf Jahren eingestellt. Im Gegenzug verpflichtet sich das
Unternehmen zur Zahlung von fuenf Millionen Euro fuer einen
gemeinnuetzigen Zweck. Wie Oberstaatsanwalt Apostel mitteilte, besteht
zwar weiter der Verdacht, dass die Telekom Immobilien zu hoch bewertet
und damit Aktionaere ueber den Boersenwert getaeuscht hat. Anklage
werde aber dennoch nicht erhoben, weil in dem zu erwartenden
kostspieligen und langwierigen Verfahren nicht mit einem
befriedigenden Ergebnis zu rechnen sei. Die Deutsche Schutzvereinigung
fuer Wertpapierbesitz kritisierte die Entscheidung. |
Kaeufer war Briefkastenfirma |
Mainz. Bei dem neuen Inhaber des frueheren Karstadt-Quelle-Call
Centers soll es sich um eine Briefkastenfirma handeln. Das erklaerte
die Gewerkschaft ver.di. Dies habe KarstadtQuelle gewusst, hiess es.
Dennoch habe der Konzern das Call Center Ende 2004 an das britische
Unternehmen Wellcare verkauft. Die 80 Mitarbeiter fallen durch den
Verkauf aus dem Sozialplan fuer Karstadt-Quelle heraus. Das Call
Center hatte am Montag Insolvenz angemeldet und die Angestellten
entlassen. Diese warten noch auf ihre Maigehaelter. |
Kein deutscher Atommuell nach England |
Nach dem Stoerfall in der britischen Atomanlage Sellafield hat der
Energiekonzern Vattenfall den weiteren Transport von Atommuell nach
England gestoppt. Umweltminister Trittin begruesste die Entscheidung.
Der letzte Transport vom Kernkraftwerk Kruemmel nach Sellafield war in
diesem Monat geplant. |
Ethikrat dringt auf Einfuehrung der Patientenverfuegung |
Berlin. Der Nationale Ethikrat befuerwortet Patientenverfuegungen und
dringt ungeachtet der geplanten Bundestagsneuwahlen auf eine
gesetzliche Regelung. Das Expertengremium aus Medizinern, Theologen
und Philosophen sprach sich ausdruecklich dafuer aus, dem Willen des
Patienten Vorrang vor der aerztlichen Hilfeleistungspflicht
einzuraeumen. Einen Schwerpunkt legte der Rat dabei auf das
Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Jedermann muesse fuer den Fall
spaeterer Entscheidungsunfaehigkeit das Recht haben festzulegen,
welche medizinische Massnahmen auch zur Lebenserhaltung gewuenscht
werden oder unterbleiben sollen. Weiter heisst es in den Empfehlungen,
die Patientenverfuegung muesse schriftlich oder als Videoaufnahme
vorliegen. |
Studentenproteste gegen Studiengebuehren |
An vielen deutschen Hochschulen haben mindestens 10.000 Studenten
gegen die geplante Einfuehrung von Studiengebuehren protestiert.
Allein in Hannover kamen nach Angaben der Veranstalter etwa 3000
Studierende zusammen. Weitere Schwerpunkte waren Frankfurt am Main,
Dresden, Potsdam und Halle. Ein Slogan der Proteste lautete: "Reiches
Kind studier. Armes Kind 'Hartz IV'". Das Aktionsbuendnis gegen
Studiengebuehren sieht in den heutigen Demonstrationen den Hoehepunkt
des "Protestsommers". |
Telefondatenspeicherung bleibt strittig |
Probleme mit den Kosten und der Technik bremsen den umstrittenen
EU-Plan zur jahrelangen Speicherung aller Verbindungsdaten im
Internet. Grundsaetzlich sind sich die EU-Innenminister ueber eine
Speicherung der Daten einig. Um einen Beschluss zu fassen, muessen
aber noch Fragen zur Rechtsgrundlage und zum Datenschutz geklaert
werden. Die Minister versprechen sich von der Datenspeicherung ohne
konkreten Verdacht Vorteile bei der Verbrechensbekaempfung. |
'Theater der Welt' stellt Projekte vor |
Stuttgart. Zwei Wochen vor Beginn des internationalen Festivals
"Theater der Welt" haben die Organisatoren die politischen und
sozialen Seiten des Programms aufgezeigt. 22 Frauen aus islamisch
gepraegten Laendern sind eingeladen, um Darstellungs- und Kunstformen
vorzustellen. Die Frauen aus neun islamisch gepraegten Laendern -
darunter Frauen aus dem Irak, Aegypten und der Tuerkei - wollen mit
dem Vorurteil aufraeumen, Theater sei dort verboten. Fuer die
Produktionen mit 1.200 Mitwirkenden stehen rund 4,5 Millionen Euro
bereit - so viel wie noch nie in der 1981 begonnenen Geschichte von
"Theater der Welt". Das Land, die Stadt und die Kulturstiftung der
Laender tragen das Festival zu 73 Prozent, knapp 27 Prozent der Kosten
werden von Kartenerloesen und Sponsorengeldern gedeckt. Das Festival
steht unter der Schirmherrschaft von Bundespraesident Horst Koehler
und findet alle drei Jahren an einem anderen Ort statt. |
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Quellen |
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