GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 01.06.1995



* Kohl bekennt sich in Regierungserklaerung zu Dialog mit Tschechien
* Schaeuble wuerdigt Leistung der Vertriebenen beim Wiederaufbau
* Glotz ueber das deutsch-tschechischen Verhaeltnis
* Weitere Reaktionen auf Kohls Regierungserklaerung
* Regierung fuer Bundeswehreinsatz bei Umgruppierung der UNO-Truppen
* Bundestag beschliesst BaFoeG-Anhebung um 4% und "Studienstand-Nachweis"
* Plutoniumausschuss vernimmt erst nach der Sommerpause Zeugen
* Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen
* Befangenheitsantrag gegen Richter im Solingen-Prozess abgelehnt
* Gauck weist Gysis Vorwuerfe gegen seine Behoerde zurueck
* Protestaktionen im Tarifkonflikt des Einzelhandels werden ausgeweitet
* Zuzug von Aussiedlern bleibt konstant
* 27. Januar wird Gedenktag fuer Nazi-Opfer
* Karlsruher OB Seiler neuer Praesident des Deutschen Staedtetages
* Hochwasser in Baden-Wuerttemberg
* Aeltestes kommerzielles deutsches Atomkraftwerk wird stillgelegt
* Zeitschrift "Tango" wird eingestellt
* Badische Sparkassen richten auch wirtschaftlich Schwachen Girokonten ein
* Immer weniger Arbeitsplaetze mit Schwerbehinderten besetzt
* Tennis: 2. Runde der French Open aus deutscher Sicht
* Boerse



Kohl bekennt sich in Regierungserklaerung zu Dialog mit Tschechien

Bundeskanzler hat sich zur Fortentwicklung des Dialogs mit Tschechien bekannt. In einer Regierungserklaerung vor dem Bundestag in Bonn erklaerte Kohl am Vormittag: "Wir wollen und wir werden die ausgestreckte Hand Prags ergreifen." Er warnte zugleich vor einer Aufrechnung der Opfer von Krieg und Vertreibung. Kuenftige Gespraeche sollten auf der Basis gegenseitiger Wahrhaftigkeit gefuehrt werden. Auf die von der Regierung in Prag seit langem angemahnte Entschaedigung tschechischer NS-Opfer ging der Kanzler nicht ein. Kohl wuerdigte in seiner Rede auch die Aufbauarbeit der Heimatvertriebenen und Fluechtlinge nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland.


Schaeuble wuerdigt Leistung der Vertriebenen beim Wiederaufbau

Fuer die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wuerdigte deren Vorsitzender Schaeuble die Leistung der 12 Millionen Fluechtlinge und Vertriebenen beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Schaeuble verwies in der Aussprache ueber die Regierungserklaerung darauf, dass die Vertriebenenverbaende mit ihrer Stuttgarter Charta bereits fruehzeitig jedem Vergeltungsgedanken abgeschworen haetten. Die Ausgrenzung und Diffamierung der heimatvertriebenen Landsmannschaften als Revanchisten seien unverstaendlich, unterstrich Schaeuble.


Glotz ueber das deutsch-tschechischen Verhaeltnis

Der SPD-Politiker Glotz kritisierte, die Bundesregierung habe 5 Jahre lang keinerlei politische Antwort auf die grosse Rede des tschechischen Praesidenten Havel gefunden und das Verhaeltnis zu Prag verschlammen lassen. Er forderte, das de facte Junktim zwischen der Wiedergutmachung fuer tschechische NS-Opfer und der Entschaedigung vertriebener Sudetendeutscher aufzugeben.


Weitere Reaktionen auf Kohls Regierungserklaerung

Buendnis 90 / Die Gruenen verlangten einen Verzicht der Sudetendeutschen auf Eigentumsforderungen. Die tschechische Regierung wuerdigte die Aeusserungen des Bundeskanzlers als einen weiteren Schritt zur Entspannung.


Regierung fuer Bundeswehreinsatz bei Umgruppierung der UNO-Truppen

Das Kabinett in Bonn ist zu einem Einsatz von Bundeswehrsoldaten bei der Umgruppierung der UNO-Truppen in Bosnien bereit. Die Regierung hat der NATO 2000 zum Schutz der UNO-Truppen angeboten. Eine Entsendung von Bodentruppen sei jedoch weiterhin ausgeschlossen, erklaerten Aussenminister Kinkel und Verteidigungsminister Ruehe heute nach einem Gespraech mit den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen. Die Bundeswehr koennte jedoch Schiffe, Lazarette und Tornado-Aufklaerer bereitstellen. Sollte die NATO eine solche Anfrage stellen, muessten zuerst das Kabinett und dann der Bundestag zustimmen. Bisher hatte die Regierung das Engagement von Bundeswehreinheiten in Bosnien auf die Sicherung eines moeglichen Abzugs der Blauhelmsoldaten begrenzt.


Bundestag beschliesst BaFoeG-Anhebung um 4% und "Studienstand-Nachweis"

Gegen die Stimmen der Opposition hat der Bundestag heute die Erhoehung der BaFoeG-Saetze ab Herbstsemester um 4% beschlossen. Die Sozialdemokraten bestehen auf einer Anhebung um 6%. Der von den SPD-regierten Laendern dominierte Bundesrat wird jetzt wahrscheinlich den Vermittlungsausschuss anrufen. Ausserdem beschloss der Bundestag, einen sogenannten "Studienstand-Nachweis" nach dem 2. Semester einzufuehren. Nur wer diesen Nachweis fuer Lernerfolg vorlegen kann, soll nach dem Willen der Koalition weitere Lehrveranstaltungen besuchen duerfen und weiter BaFoeG erhalten. Die SPD ist gegen den Studienstand-Nachweis.


Plutoniumausschuss vernimmt erst nach der Sommerpause Zeugen

Gegen die Stimmen der SPD hat der Bundestagsausschuss zur Aufklaerung der Plutoniumaffaire heute beschlossen, erst nach der Sommerpause mit ersten Zeugenvernehmungen zu beginnen. Einig waren sich die Abgeordneten darueber, dass Bundeskanzler Kohl und SPD-Chef Scharping vor das Gremium geladen werden sollen. Koalition und Buendnis 90 / Die Gruenen setzten ferner durch, dass die strikten Geheimhaltungsvorschriften aufrechterhalten werden.


Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen

Sozialdemokraten und Buendnis 90 / Die Gruenen haben am Abend in Bonn ihre Gespraeche ueber die Bildung einer Kalitionsregierung in Nordrhein-Westfalen fortgesetzt. Dabei soll es vorrangig um die Finanzsituation des Landes gehen. Vor Beginn der Beratungen erklaerte SPD-Unterhaendler Zoepel (sp?), es bestehe zwischen beiden Seiten Einvernehmen, dass Neuausgaben nur durch Umschichtungen im Haushaltsplan finanziert werden duerften. Gestern hatten SPD und Buendnis/Gruene acht Arbeitsgruppen fuer einzelne Fachgebiete sowie Verhandlungstermine bis Ende Juni verabredet.


Befangenheitsantrag gegen Richter im Solingen-Prozess abgelehnt

Im Prozess um den Brandanschlag von Solingen hat das Duesseldorfer Oberlandesgericht einen Befangenheitsantrag gegen den vorsitzenden Richter abgelehnt. Zuvor hatte die Berliner Notarin Petra Rauhkopf die gestern aufgetauchte eidesstattliche Erklaerung als Faelschung bezeichnet. Vor Gericht erklaerte sie, weder den angeblichen Unterzeichner, noch den Tuerken zu kennen, der in dem Papier der Brandstiftung bezichtigt wird.


Gauck weist Gysis Vorwuerfe gegen seine Behoerde zurueck

Der Bundesbeauftragte fuer die Stasi-Unterlagen, Gauck, hat die Vorwuerfe des PDS-Abgeordneten Gysi gegen die Arbeit seiner Behoerde zurueckgewiesen. Im Deutschlandfunk sagte Gauck heute frueh, es sei Gysi unbenommen, rechtliche Schritte einzuleiten. Das Amt stehe aber zu seinem Gutachten und habe solide Arbeit geleistet. Im uebrigen enthielten die Unterlagen auch entlastende Passagen. Wenn Gysi jetzt medienwirksam das Gutachten, dessen Vorwuerfe auf illegalen Wegen bekannt geworden seien, kritisiere, dann muesse dem entgegengehalten werden, dass sein Amt nichts erfinde, sondern lediglich dokumentiere, fuegte Gauck hinzu. Gysi hat das Gutachten fuer den Immunitaetsausschuss ueber dem IM-Notar als falsch sowie unserioes bezeichnet und eine Unterlassungsklage angedroht.


Protestaktionen im Tarifkonflikt des Einzelhandels werden ausgeweitet

Im Tarifkonflikt des westdeutschen Einzelhandels wollen die Gewerkschaften ihre Protestaktionen morgen ausweiten. Schwerpunkt der Arbeitsniederlegungen soll vor allem Niedersachsen sein. In Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen wird morgen weiter verhandelt. Im ostdeutschen Einzelhandel hat sich die Lage leicht entspannt. Die Tarifpartner vereinbarten fuer den 8. Juni in Dessau einen vierten Verhandlungstermin.


Zuzug von Aussiedlern bleibt konstant

Der Zuzug von Aussiedlern aus Mittel- und Osteuropa bleibt konstant. Im Mai kamen insgesamt 15.000 Aussiedler in die Bundesrepublik, fast genausoviele wie im Mai des vergangenen Jahres. Der ueberwiegende Teil der Aussiedler kommt aus den Nachfolgestaaten der frueheren Sowjetunion. Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Waffenschmied, versicherte, die Bundesregierung werde die deutschen Minderheiten in Russland weiterhin unterstuetzen.


27. Januar wird Gedenktag fuer Nazi-Opfer

Der 27. Januar soll kuenftig zu einem Gedenktag fuer die Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft und des Voelkermordes im 2. Weltkrieg gemacht werden. Darauf haben sich heute in Bonn das Bundestagspraesidium sowie die Fraktions- und Gruppenvorsitzenden das Parlaments verstaendigt. Der 27. Januar ist jener Tag, an dem die im Konzentrationslager Auschwitz Gefangenen von den Aliierten befreit wurden. Die Idee fuer diesen Gedenktag geht auf eine Anregung des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Bubis, zurueck.


Karlsruher OB Seiler neuer Praesident des Deutschen Staedtetages

Der Oberbuergermeister von Karlsruhe, Seiler, ist neue Praesident des Deutschen Staedtetages. Die Hauptversammlung waehlte ihn heute in Magdeburg an die Spitze der Kommunalorganisation. Der CDU-Politiker loest satzungsgemaess den sozialdemokratischen Oberbuergermeister von Koeln, Burger nach dessen zweijaehriger Amtszeit ab.


Hochwasser in Baden-Wuerttemberg

Wegen Hochwasser auf dem Oberrhein wird die Schiffahrt oberhalb der Schleuse Karlsruhe-Maxau am Nachmittag voraussichtlich eingestellt. Die Hochwasservorhersagezentrale in Karlsruhe erwartet, dass morgen am Pegel Maxau die 8m-Marke ueberschritten wird. Am Samstag sei dann mit fallenden Wasserstaenden zu rechnen. Die Fachleute rechnen damit, dass das Hochwasser keine groesseren Schaeden anrichten wird, weil die Nebenfluesse des Rheins kein Hochwasser fuehren. Die Bahnstrecke zwischen Basel und Freiburg ist wieder befahrbar. Nach einem Erdrutsch waren die Gleise fuer mehr als 15 Stunden blockiert. Rund 10.000 Fahrgaeste mussten an der blockierten Stelle auf Busse umsteigen.


Aeltestes kommerzielles deutsches Atomkraftwerk wird stillgelegt

Das Atomkraftwerk Wuergassen (sp?) in Nordrhein-Westfalen an der Weser wird aus wirtschaftlichen Gruenden endgueltig stillgelegt. Der Betreiber Preussen Elektra hat heute einen entsprechenden Antrag beim Wirtschaftsministerium in Duesseldorf gestellt. Eine Grundsanierung des aeltesten kommerziellen deutschen Atomkraftwerks waere mit Kosten von mindestens 200 Millionen DM und einem zweijaehrigen Stillstand der Anlage verbunden.


Zeitschrift "Tango" wird eingestellt

Die Zeitschrift "Tango" des Verlags Gruner & Jahr wird ab sofort eingestellt. Ein Verlagssprecher sagte, die Erwartungen an die Auflage und das Anzeigengeschaeft seien nicht erfuellt worden. "Tango" soll bis Ende Mai einschliesslich der Vorlauf- und Entwicklungskosten 57 Millionen DM Minus gemacht haben.


Badische Sparkassen richten auch wirtschaftlich Schwachen Girokonten ein

Die badischen Sparkassen verpflichten sich, auch wirtschaftlich schwachen Kunden kuenftig ein Girokonto einzurichten. In der Vergangenheit hatten sich viele Geldinstitute geweigert, Arbeitslosen oder Sozialhilfeempfaengern ein Girokonto einzurichten und hatten damit die wirtschaftliche Lage der Betroffenen oft noch verschaerft. Auch die Postbank hat nach ihrer Privatisierung solchen Kunden kein Girokonto mehr eingeraeumt. Die Girokonten auf Guthaben-Basis bei den badischen Sparkassen koennen nicht ueberzogen werden.


Immer weniger Arbeitsplaetze mit Schwerbehinderten besetzt

Die Zahl der Schwerbehinderten in deutschen Betrieben sinkt immer weiter. Dies ergab eine Umfrage der Bundesanstalt fuer Arbeit bei 2000 Arbeitgebern. 1994 waren nur 4% aller Stellen mit Schwerbehinderten besetzt. Nach dem Schwerbehindertengesetz muessten es aber mindestens 5% der Arbeitsplaetze sein. Vor 12 Jahren war diese Auflage mit 5,9% fast erfuellt. Fuer jeden nicht besetzten Platz muessen Arbeitgeber derzeit eine Ausgleichsabgabe von 200 DM pro Monat bezahlen.


Tennis: 2. Runde der French Open aus deutscher Sicht

Boris Becker, Michael Stich und Bernd Karbacher haben bei den French Open die 3. Runde erreicht. Becker besiegte den Amerikaner Jared Palmer glatt in 3 Saetzen, Stich schlug den Schweden Stefan Edberg, und Karbacher rang Edbergs Landsmann Mikael Tillstroem in einem 5-Satz Marathon nieder. Bei den Damen sind dagegen Silke Meier, Meike Babel und die Stuttgarterin Christina Christina Singer ausgeschieden. Damit sind nur noch 8 der insgesamt 26 deutschen Tennisprofis im Rennen.


Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,4335
ECU-Wert(1 ECU)  1,87009
England(1 Pfund)  2,37
Schweiz(100 sfr)  122,60
Frankreich(100 FF)  29,70
Italien(1000 Lit)  0,94
Oesterreich(100 oeS)  14,39
Spanien(100 Ptas)  1,22
Japan(100 Yen)  1,69
 
Einige Indizes:
DAX:2126,3
Dowjones-Index:4445,08
Nikkei-Index:15594,57



Quellen

DLF    12:00 MESZ    20:00 MESZ
SWF3    15:00 MESZ
Radio7    17:00 MESZ