Erster Tag der Schlussdebatte ueber den Haushalt 1998 |
Bonn. In der Steuer- und Finanzpolitik bleiben die Fronten zwischen
Koalition und Opposition hart. Zum Auftakt der viertaegigen Schlussdebatte
ueber den Haushalt 1998 und den Nachtragsetat 1997 wies die SPD den
Appell von Finanzminister Waigel zurueck, wieder in Verhandlungen
ueber die Steuer- und Rentenreform einzutreten. Mit den Stimmen der
Koalitionsparteien lehnte das Parlament spaeter erwartungsgemaess das
Votum des Vermittlungsausschusses zur Rentenreform ab.
In der Haushaltsdebatte verteidigte Waigel seine Finanzpolitik. Sie stelle
sicher, dass die Kriterien zur Einfuehrung der Eurowaehrung eingehalten
werden koennten. Waigel forderte die Opposition auf, jetzt endlich ihre
"populistische Blockade" zu beenden. Innerhalb von 24 Stunden koenne eine
Steuer- und Rentenreform beschlossen werden, die ein Investitionsfeuerwerk
ausloesen wuerde. Er warf der SPD zugleich vor, bisher noch keinen
Beitrag zur Modernisierung der Wirtschaft geleistet zu haben. Nicht die
Politik habe versagt, sondern die SPD. -- Die Opposition sprach dagegen
von einer gescheiterten Politik. Die Finanzpolitik sei eine Art von
Konkursverschleppung zur Taeuschung der Waehler. Der SPD-Haushaltsexperte
Diller beschuldigte Waigel eines verfassungswidrigen Haushalts. Der
Haushalt sei geschoent, ferner gebe es versteckte Kreditaufnahmen bei der
Kreditanstalt fuer Wiederaufbau. Weiter warf er der Bundesregierung vor,
das Bundesvermoegen auszupluendern und Lasten in die Zukunft zu verschieben.
Die Haushaltsvorlage fuer das kommende Jahr umfasst knapp 457 Mrd. DM bei
einer Nettokreditaufnahme von ueber 56 Mrd. DM. Zur Gegenfinanzierung der
von der FDP durchgesetzten Senkung des Solidaritaetszuschlags wird ferner
die Tilgung mehrerer Mrd. DM an DDR-Altschulden auf spaeter verschoben. |
Studentenproteste fuehren nicht zu Aufstockung des Bildungsetats |
Bonn. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Studentenproteste ist es der FDP
nicht gelungen, in der Koalition eine Erhoehung des Bildungshaushaltes
fuer 1998 durchzusetzen. Nach Angaben von CSU-Generalsekretaer Protzner
bleibt der Ansatz fuer das Bildungsministerium bei rund 14,9 Mrd. DM. Die
FDP hatte eine Erhoehung des Bildungsetats um 70 Mio. DM auf 15,0 Mrd. DM
gefordert. Die SPD forderte unterdessen 400 Mio. DM Erhoehung, davon
sollten 250 Mio. DM fuer den Hochschulbau ausgegeben werden.
Bundesbildungsminister Ruettgers gab unterdessen bekannt, dass die
Regierung im Rahmen eines Sonderprogramms zusaetzliche Mittel fuer die
Universitaetsbibliotheken zur Verfuegung stellen will. Das Volumen des
Programms umfasse 80 Mio. DM in den naechsten zwei Jahren, von denen Bund
und Laender jeweils die Haelfte aufbringen sollen.
Der Vorlesungsboykott an den deutschen Universitaeten hat sich
heute ausgeweitet. Betroffen sind 23 Standorte. Die groesste
Studentendemonstration fand in Frankfurt (Main) statt, wo etwa 10.000
Menschen aus Protest gegen die Studienbedingungen auf die Strasse gingen. |
Seehofer gegen Regionalisierung der Sozialbeitraege |
Bonn. Bundesgesundheitsminister Seehofer, CSU, hat erneut den Vorstoss
seiner Partei zur Regionalisierung der Sozialversicherungsbeitraege
abgelehnt. Auf einer gesundheitspolitischen Veranstaltung in Bonn sagte
Seehofer, die Prinzipien der Sozialversicherung bildeten die Grundpfeiler
des sozialen Friedens in Deutschland. Jede Kasse und jedes Bundesland
habe schon von dem Solidarprinzip profitiert. Seehofer begruendete seine
Ablehnung auch mit der besonderen Situation der neuen Laender. Diese
duerften nicht mit Problemen alleingelassen werden, die sie nicht selbst
verschuldet haetten. Zuvor hatte bereits Bundesarbeitsminister Bluem
den Vorstoss der CSU kritisiert, die Sozialbeitraege entsprechend der
Wirtschaftskraft der einzelnen Bundeslaender zu staffeln. |
Vorstellung der Antraege fuer den SPD-Parteitag |
Bonn. Mit ihrem Parteitag kommender Woche in Hannover wollen die
Sozialdemokraten inhaltlich die Weichen fuer die Bundestagswahl 1998
stellen. Bei der Vorstellung der Antraege fuer den Parteitag sagte
SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Muentefehring, das Treffen solle Orientierung
nach innen und nach aussen geben. Zentraler Punkt ist der Leitantrag
"Innovationen fuer Deutschland", der die Linie der SPD in der Wirtschafts-
und Sozialpolitik festlegen soll. |
Bonn will Wirtschaftsbeziehungen zu Kasachstan verstaerken |
Bonn. Deutschland will die Wirtschaftsbeziehungen zu Kasachstan
ausbauen. Bei einem Gespraech mit dem kasachischen Praesidenten
Nasarbajew wies Bundeskanzler Kohl auf die Bereitschaft deutscher
Unternehmen hin, sich verstaerkt in der zentralasiatischen Republik zu
engagieren. Wichtig sei hier eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen
fuer Direktinvestitionen. Bundespraesident Herzog erinnerte bei einem
Abendessen in der Villa Hammerschmidt an die Bodenschaetze Kasachstans
und sagte deutsche Hilfe bei deren Erschliessung und Vermarktung zu. |
Verunglueckter Gueterzug war offenbar zu schnell |
Cottbus. Der Zug, der im Bahnhof von Elsterwerde verunglueckt war, fuhr
offenbar doppelt so schnell wie erlaubt. Wie die Oberstaatsanwaltschaft
in Cottbus mitteilte, ergab die Auswertung der Lok-Aufzeichnungen eine
Geschwindigkeit von 80 km/h. Die Weiche an der Unglueckstelle duerfe
vorschriftsmaessig nur mit 40 km/h befahren werden. Bei dem Unglueck
waren am vergangenen Donnerstag 15 Kesselwagen mit Benzin entgleist und
zwei von ihnen explodiert. Ob es sich um menschliches oder technisches
Versagen handelte, ist nach Angaben der Behoerden noch unklar. Zwei der
Gleise wurden heute fuer die Strecken Berlin-Chemnitz und Berlin-Dresden
wiede freigegeben. |
Treffen der Laenderchefs zu Sparmassnahmen am Freitag |
Stuttgart. Die Ministerpraesidenten der 16 Bundeslaender kommen am Freitag
in Bonn zu einer Sonderkonferenz zusammen, auf der sie ueber gemeinsame
Sparmassnahmen beraten wollen. Das teilte der baden-wuerttembergische
Regierungschef Teufel als Initiator des Treffens mit. Angesichts
der juengsten Steuerschaetzung und der sich abzeichnenden weiteren
Einnahmeausfaelle koennten die Laender die Dinge nicht einfach weiter
treiben lassen. Er wolle vor allem herausfinden, ob es eine ernsthafte
Bereitschaft darueber gebe, sich ueber Einsparungen, etwa bei den
Personalkosten, zu unterhalten. |
Stoiber und Biedenkopf plaedieren fuer Strukturveraenderung im Sozialsystem |
Dresden. Fuer eine staerkere Regionalisierung der Sozialsysteme haben
erneut Bayern und Sachsen plaediert. Nach einer gemeinsamen Sitzung
der beiden Kabinette sagte der bayerische Ministerpraesident Stoiber,
Moeglichkeiten dafuer gebe es unter anderem in der Arbeitslosen- und
Krankenversicherung. In einem eindringlichen Appell plaedierten Stoiber
und sein saechsischer Kollege Biedenkopf fuer umfassende Reformen von
Staat und Gesellschaft.
Zuvor hatten beide Landesregierungen den Abschlussbericht der gemeinsamen
Zukunftskommission diskutiert. Die Kommission empfiehlt der Politik
eine Doppelstrategie aus Erneuerung und Anpassung. Ziel muesse es sein,
die Bevoelkerung zu befaehigen, als Unternehmer ihrer Arbeitskraft und
Daseinsvorsorge aufzutreten. Die gesetzliche soziale Sicherung wird
nach Ansicht der Kommission kuenftig nur noch existenz-, nicht aber
lebensstandardsichernd sein. |
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Quellen |
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