Bei Anruf Mord (Suedwest Presse) |
|
Tarifverhandlungen im Baugewerbe erfolgreich |
Frankfurt am Main. Bei den Tarifverhandlungen fuer die 1,5 Millionen
Beschaeftigten im deutschen Baugewerbe ist offenbar ein Durchbruch
gelungen. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur (DPA) sollen die
Bauarbeitnehmer im Westen 3,8% Arbeitslohn mehr Lohn sowie eine Einmalzahlung
von 50 DM zahlen, Auszubildende erhalten 20 DM mehr. Die von der
IG-Bau-Steine-Erden geforderte Angleichung der ostdeutschen Tarifeinkommen von
derzeit 90 auf 100% sollen am 1. Oktober 1997 erfolgen. Nach Angaben eines
Sprechers der Industriegewerkschaft Bau hat die Vereinbarung eine Laufzeit
von 12 Monaten.
Die Angleichung der Loehne der 440 000 Beschaeftigten in Ostdeutschland von
derzeit 90 auf 100% soll in vier Stufen verwirklicht werden. Zum 1. Oktober
dieses Jahres werden die Einkommen um 2% auf 92% angehoben, zum 1. Oktober
1996 werden sie auf 95% erhoeht, zum 1. April 1997 auf 96,5% und zum
1. Oktober 1997 gibt es in Ost und West den gleichen Lohn fuer die gleiche
Arbeit.
Der grosse Knackpunkt bei den Verhandlungen war die Angleichung der Loehne
und Gehaelter. Die Arbeitgeber verwiesen auf die wirtschaftlichen
Schwierigkeiten der Branche, schliesslich sei der konjunkturelle
Aufwaertstrent nicht in allen Bereichen gleichermassen zu spueren.
Schwieriger als erwartet gestaltete sich im Laufe der Verhandlungen auch die
Diskussion um die Lohnerhoehungen. Die 4 vor dem Komma, das scheint fuer alle
Arbeitgeberverbaende ein politisches Tabu zu sein. Die Arbeitgeber sollten
keinesfalls besser abschliessen als die Tarifparteien in der Chemiebranche,
also 3,8% und das haben sie schliesslich auch erreicht. |
Bundesfamilienministerin Nolte warnt vor Ausbreitung von Sekten |
Berlin. Bundesfamilienministerin Nolte hat vor einer zunehmenden Ausbreitung
von Sekten in Deutschland gewarnt. Gegenueber der "Berliner Morgenpost" sagte
die CDU-Politikerin, die finanzielle Schlagkraft mancher Sekten und ihre
Verbreitung im gesellschaftlichen Leben bis hin in die Fuehrungsebenen der
Wirtschaft haetten schon fast die Form einer Unterwanderung angenommen.
Nolte beklagte, dass juristisch nur selten gegen die Sekten vorgegangen
werden koenne, da sie sich bisher auf die im Grundgesetz verankerte
Religionsfreiheit haetten berufen koennen. Nach dem juengsten Urteil
des Bundesarbeitsgerichts muesse dies jedoch ueberprueft werden. Das
Gericht hatte Mitte der Woche entschieden, dass die Scientology-Bewegung
rechtlich keine Kirche ist, sondern nur ein Wirtschaftsunternehmen. |
Bundeslaender wollen Kindergartenplaetze zum 1. Januar 1996 bereitstellen |
Hamburg. Die Bundeslaender haben sich nach einem Bericht des
Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" nun doch entschlossen, den Rechtsanspruch
auf einen Kindergartenplatz schon bis zum 1. Januar 1996 zu erfuellen.
Darauf haetten sich die Laenderchefs schon vor zwei Wochen geeinigt.
Urspruenglich war angekuendigt worden, wegen leerer Kassen erst 1998 jedem
Kind einen Platz zu schaffen. Laut "Spiegel" wollen die Laender die Vergabe
der Kindergartenplaetze mit einem Stichtag aehnlich wie bei der Einschulung
reglementieren. |
FDP-Parteitag und SPD-Parteitag in Bremen zur kommenden Buergerschaftswahl |
Bremen. Knapp zwei Monate vor der Buergerschaftswahl in Bremen sind am
Vormittag in der Hansestadt SPD und FDP zu Landesparteitagen zusammengekommen.
Beide Parteien wollen ihre Wahlprogramme und die Landeslisten fuer die
vorgezogene Wahl am 14. Mai beschliessen. Die FDP will ihren bisherigen
Wirtschaftssenator Klaus Jaeger zum Spitzenkandidaten kueren.
Der FDP-Vorsitzende Kinkel rechnet bei den anstehenden Landtagswahlen in
Bremen, Nordrhein-Westfalen und Berlin mit einem guten Abschneiden seiner
Partei. Die FDP habe sowohl im Bund als auch in den Laendern zu innerer
Geschlossenheit gefunden. Das sagte Kinkel am Vormittag auf dem Landesparteitag
der Liberalen in Bremen. Eine moegliche Rot-Gruene Regierung bezeichnete
Kinkel als Gift fuer Bremen. Dort war kuerzlich die Ampelkoalition aus SPD,
FDP und Gruenen gescheitert.
Bremens Buergermeister Wedemeier ist heute wieder zum SPD-Spitzenkandidaten
fuer die vorgezogene Buergerschaftswahl gewaehlt worden. Auf dem
Landesparteitag bekraeftigte Wedemeier seine Absage an eine neue Auflage der
Ampelkoalition. |
Herzklappenskandal weitet sich aus |
Wuppertal. Der sogenannte Herzklappenskandal weitet sich jetzt auch auf
andere medizinische Bereiche aus. Nach inoffiziellen Schaetzungen summieren
sich die den Krankenkassen durch ueberhoehte Abrechnungen zugefuegten
Schaeden auf zweistellige Millionenbetraege. Nach Angaben der Wuppertaler
Staatsanwaltschaft tauchen immer mehr Beweise auf. Die Ermittler haetten
bislang mehr als 5000 Belege fuer Zahlungen der Lieferanten von Herzklappen
und anderen medizinischen Produkten an Aerzte und leitendes Klinikpersonal
gefunden.
Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft verdaechtigt 1500 Aerzte und
Klinikangestellte, fuer die Anschaffung ueberteuerter Herzklappen
Bestechungsgeld kassiert zu haben.
Die Ermittler fanden nach eigenen Angaben heraus, dass die Herstellerfirmen
von Herzklappen, Ersatzteilen fuer Herz-Lungen-Maschinen, Herzschrittmachern
und anderen Implantaten fast alles bezahlten, was deutschen Aerzten lieb und
teuer ist. Arbeitszimmer mit edler Holzvertaefelung fuer 15 000 DM, teure
Kosmetika, Privattouren nach China, Kanada oder in die USA, wobei die
Lieferanten auch fuer die gut gefuellte Reisekasse sorgten. Die Ausgaben
sollen als Rueckverguetungen und Forschungsgelder deklariert gewesen sein. In
dem Mitte vergangenen Jahres beschlagnahmten Material fand die Wuppertaler
Ermittlergruppe heraus, wie das Finanzierungssystem funktionierte. Laut
Oberstaatsanwalt Horst Rosenbaum hatten die Firmen in ihren eigenen Haeusern
fuer die Kunden Konten eingerichtet, auf die, je nach Art und Umfang der
Lieferung, verdeckte Provisionen gutgeschrieben wurden. Bei Bedarf konnten
die beguenstigten Mediziner und die Krankenhausbediensteten Gelder fuer
private Zwecke abrufen. Finanziert wurden die Zuwendungen letztlich durch
die Krankenkassen. Sie hatten die bislang groesste Polizeiaktion im
Medizinbereich am 3. August vergangenen Jahres in Gang gebracht, weil der
Verdacht bestand, die Hersteller wuerden ueberteuert abrechnen. Fuer eine
Herzklappe, die in den USA nur umgerechnet DM 900 kostet, zahlten die
deutschen Krankenkassen das Siebenfache. |
Bluem kritisiert Angriff der Tuerkei gegen Stellungen der PKK |
Seit fast einer Woche sind im Norden des Irak rund 35 000 tuerkische Soldaten
im Einsatz. Unterstuetzt von der Luftwaffe und Panzern greifen sie Stellungen
der kurdischen Arbeiterpartei PKK an. Waehrend die Regierung in Ankara
beteuert, die Offensive werde nicht laenger dauern als noetig, nimmt die
Kritik an dem Vorgehen zu. Bundesarbeitsminister Bluem erklaerte in einem
Zeitungskommentar, die Tuerkei trete die Menschenrechte mit Fuessen. Sie
behandle die Kurden, wie man nicht einmal Tiere behandeln duerfe. Dagegen
sagte Kanzleramtsminister Bohl, nach Analyse der Menschenrechtssituation
stehe fest, dass Abschiebungen von Kurden in die Tuerkei moeglich seien. Die
Bundesregierung forderte die Bundeslaender zu einem verschaerften
Schutz tuerkischer Einrichtungen auf. Gleichzeitig plaedierte Bonn an
die SPD-gefuehrten Landesregierungen, ueberfuehrte kurdische Gewalttaeter
sofort abzuschieben. Innenminister Kanther und Kanzleramtschef Bohl erklaerten
angesichts der neuen Serie von Anschlaegen auf tuerkische Einrichtungen,
Deutschland werde die Bedrohung durch extremistische Gruppierungen nicht
hinnehmen. |
Zusammenkunft von Kurden zur Feier ihres traditionellen Neujahrsfest |
Stuttgart. Etwa 15 000 Kurden sind heute in Stuttgart zusammengekommen, um
ihr traditionelles Neujahrsfest zu feiern. Nach Polizei-Angaben ist die
Veranstaltung bislang friedlich verlaufen. Einige Fahnen der verbotenen
kurdischen Arbeiterpartei PKK seien beschlagnahmt worden. |
Kosovo-Albaner demonstrierten fuer Einhaltung ihrer Rechte |
Bonn. Rund 40 000 Kosovo-Albaner haben fuer die Einhaltung ihrer Rechte
demonstriert. Ziel sei ein freies Europa ohne Grenzen und das Ende des
Toetens und Verwundens, stand auf den Transparenten in Bonn. Politiker
sicherten den Demonstranten ihre Unterstuetzung bei der friedlichen
Durchsetzung ihrer Rechte in Kosovo zu. |
Neue Gedenkstaette in Frauenkonzentrationslager Ravensbrueck |
Im frueheren Frauenkonzentrationslager Ravensbrueck in Brandenburg erinnert
seit heute eine Gedenkstaette an die von den Nationalsozialisten ermordeten
500 000 Sinti und Roma. Der Vorsitzende des Deutschen Zentralrats der Sinti
und Roma Rose rief bei der Einweihung dazu auf, allen Formen von
Diskriminierung und Ausgrenzung engagiert entgegenzutreten. In Luebeck
erinnern heute Buerger mit einer 24stuendigen Mahnwache an den Brandanschlag
auf die Synagoge der Hansestadt vor einem Jahr. |
Dritte Nuklearrunde in Berlin |
Berlin. Vertreter der USA und Nordkoreas sind am Vormittag zur dritten
Nuklearrunde zusammengetroffen. Dabei sollen Einzelheiten des Atomabkommens
von Genf besprochen werden. Darin ist vorgesehen, Nordkorea moderne
Leichtwasser-Reaktoren zu liefern, wenn die Koreaner dafuer ihre bisherigen
Atomkraftwerke stillegen. Mit dem bisherigen Reaktortyp kann Nordkorea
atomwaffenfaehiges Plutonium herstellen. |
Unfall in Druckerei des "Muenchener Merkur" |
Muenchen. Bei einem Unfall in einer Druckerei der Zeitung "Muenchener Merkur"
sind drei Arbeiter getoetet worden. Ein weiterer wurde schwer verletzt. Nach
Angaben von Polizei und Feuerwehr waren die Maenner mit dem Abbau schwerer
Maschinen beschaeftigt, als eine Stahlplatte auf sie herabfiel. |
Umstellung auf Sommerzeit |
Offenbach. Puenktlich zum Beginn der Sommerzeit meldet sich der Winter
zurueck. Heute Nacht um 2:00 Uhr werden die Uhren in Deutschland auf
3:00 Uhr vorgestellt. |
Kein Tag fuer Feuerwerk und Boellerschuesse (Sueddeutsche Zeitung) |
Das Schengen-Abkommen bedeutet rechtsstaatlich einen Schritt in die falsche
Richtung.
Wieder einmal heisst es: Die Grenzkontrollen entfallen. Wieder einmal heisst es: Freizuegigkeit, uneingeschraenkt. Wieder einmal heisst es: Ganz Europa ist Inland. Indes: Wieder einmal ist das eine Luege. Kein anderes europaeisches Versprechen wurde so oft gebrochen, wie das Versprechen eines Europas ohne Grenzen. Wenn nun von Sonntag an der sogenannte Schengen-Vertrag umgesetzt wird und die Regierungen deshalb von einem historischen Schritt reden, dann erreicht nicht das alte Europa, sondern die alte Luege eine neue Qualitaet. Es ist naemlich nicht so, dass die Grenzen in der ganzen Europaeischen Union fallen: sie fallen nur in einem Teil der Mitgliedslaender, und sie fallen auch dort gar nicht richtig. An die Stelle der alten Kontrollen treten naemlich neue, andersartige Kontrollen. Im Artikel 7a des Vertrages ueber die Europaeische Union steht zu lesen, dass es fuer die Menschen in der ganzen Union spaetestens (!) mit Beginn 1993 keine Binnengrenzen mehr gibt. Dieser Artikel bleibt auch nach dem Sonntag ein papierener Artikel. Das europaeische Grenzkonzept lautet, auf einen Nenner gebracht, so: Aussen zu und innen offen. Also: Die Aussengrenzen Europas werden so dicht wie moeglich gemacht - weil dies der Preis ist fuer die groesstmoegliche Kontrollfreiheit im Inneren. Kritiker bezeichnen dieses Modell als "Festung Europa". Am Teil 1 des Konzepts wird mit Hochdruck gearbeitet: Die europaeischen Aussenmauern werden massiv verstaerkt und erhoeht. Von Teil 2 des Konzepts ist wenig zu sehen: Abbau der Binnenkontrollen findet vorerst nicht statt. Und daran aendert der morgige Schengen-Sonntag nicht sehr viel: Schengen ist weniger ein Beitrag zum Abbau der Personenkontrollen in Europa als ein Beitrag zum Abbau der Festung Europa. Schengen zieht innerhalb Europas eine neue Mauer. Um im Festungsbild zu bleiben: Bisher gab es nur die aeussere europaeische Mauer. Jetzt ist innerhalb der Festung eine zweite, die innere Ringmauer errichtet worden. Innerhalb dieser neuen Schengen-Mauer befinden sich die Deutschen, die Franzosen, Belgier, Niederlaender, Luxemburger, die Spanier und die Portugiesen. Zwischen der Innen- und der Aussenmauer leben die Menschen der uebrigen Staaten der Europaeischen Union. So ist nun also aufgrund des Schengen-Vertrags, der schon vor zehn Jahren in Luxemburgs Weinort Schengen geschlossen wurde, ein Zwei-Klassen-Europa entstanden. Wie sieht nun das Leben innerhalb der Schengen-Mauern aus? Es herrsche volle Freizuegigkeit fuer alle Bewohner, heisst es. In der Tat werden von nun an Fluggaeste aus den Schengen-Laendern, wenn sie nur von einem Land zum anderen fliegen, an den Inlandsterminals abgefertigt - also ohne Passkontrolle. Die Mindereuropaeer, die zwischen Innen- und Aussenmauer leben, muessen aber diese Prozedur nach wie vor ueber sich ergehen lassen. Und Nichteuropaeer werden noch schaerfer als bisher kontrolliert werden. Die Landgrenzen innerhalb der Schengen-Mauer werden nicht schon am Sonntag, sondern erst am 1. Juli fallen. An die Stelle der Grenzstationen treten dann allerdings mobile Kontrollen. Die ehemaligen Grenzkontrollen werden also schlicht ins Inland verlagert. Es werden Kontrollen des fliessenden Verkehrs und Sonderfahndungstage eingefuehrt. Dies laeuft auf eine generelle Kontrolle von Menschen mit auslaendischem Aussehen hinaus. In Strassburg geht ein Polizei-Grosscomputer in Betrieb - das Schengen Informationssystem SIS: alle Polizei- und Fahndungsdaten, die in einem Staat in die EDV-Systeme eingespeichert werden, sind kuenftig automatisch auch in allen anderen Staaten verfuegbar. Dies betrifft auch die Personalien von Fahrzeughaltern, deren Auto in eine Verkehrskontrolle geraten ist, oder von Personen, die irgendwann bei der Polizei eine Zeugenaussage gemacht haben. Solange solche Daten in Deutschland blieben, konnte man davon ausgehen, dass mit ihnen kein Schindluder getrieben wurde. Kuenftig kann man sich so sicher nicht mehr sein. Generell ist es so: Die Buergerrechte bleiben hinter den neuen Polizeirechten zurueck: vom Informationsaustausch bis zur grenzueberschreitenden Observation: Es ist nicht klar, wie sich der Buerger dagegen wehren kann. Der Deutsche muss sich also kuenftig gegebenenfalls mit Behoerden in Spanien oder Portugal herumschlagen - der Europaeische Gerichtshof hat keine Zustaendigkeiten erhalten. Es ist bezeichnend, dass der "Exekutivausschuss", der die Durchfuehrung des Schengen-Abkommens ueberwachen soll, schalten und walten kann, wie er will. In diesem Ausschuss sitzen Beamte der nationalen Regierungen und haben quasi gesetzgeberische Regelungskompetenz. Wesentliche Teile eines europaeischen Auslaenderrechts werden in diesem Exekutiv-Ausschuss gestaltet, sein Einfluss auf die nationale Gesetzgebung ist enorm. Doch all dies passiert ohne demokratische und gerichtliche Kontrolle, die nationalen Parlamente haben keinen Vertreter in diesem Exekutiv-Ausschuss, und auch das Europaeische Parlament hat auf dessen Arbeit keinerlei Einfluss. Dazu fuegt sich, dass der Exekutivausschuss grundsaetzlich geheim beraet.
So sieht also die "Offenheit und Transparenz der Gemeinschaft" aus, von der
der Europaeische Rat immer spricht. Schengen ist ein Beispiel dafuer, wie
heimlich undemokratische europaeische Strukturen entstehen. Der morgige
Schengen-Sonntag ist deshalb kein Tag fuer Feuerwerk und Boellerschuesse. Es
mag sein, dass Europa einen Schritt weiterkommt - einen Schritt in die
falsche Richtung. |
Bei Anruf Mord (Suedwest Presse) |
Kaum dass wir uns schaudernd der Frage gestellt haben, wie wir so lange ohne
Handy ueberhaupt ueberleben konnten, kaum dass uns klar war, dass das
Menschsein in seiner bedeutenderen Form untrennbar an die Handyphonitis
gekoppelt ist, stellt sich dem Handytraeger die Existenzfrage. Seit laengerem
schon wird ihm ja ohnehin die Menschenwuerde beschnitten, indem
Drei-Sterne-Restaurants handyfreie Zonen einrichten. Die Kirche zwingt uns
zur Kommunion ohne Kommunikation. Im Theater darf nur noch im Orchestergraben
geklingelt werden. Und das Golfplatz-Verbot fuer Handys gefaehrdet den
Wirtschaftsstandort Deutschland mehr als Gewerkschaften in voller Lohngier
dies jemals tun koennten.
Hoechste Zeit, dass unsere Verfassung um das Grundrecht erweitert wird, zu jeder Zeit an jedem Ort unsere persoenliche Bedeutung vorfuehren zu koennen. Wie ueberfaellig diese Verfassungsreform ist, zeigt der radikale Ruf nach einem Handy-Verbot auf den Intensivstationen der Krankenhaeuser, den das Bonner Gesundheitsministerium erhebt. Wo wenn nicht gerade dort ist ein Handy sozusagen ueberlebenswichtig. Wie anders als ueber D- oder E-Netz die Nachtschwester alamieren, wie die liebe Verwandtschaft vom nahen Ableben informieren, wie den letzten Willen noch modifizieren?
Handys sollen die Traeger von Herzschrittmachern gefaehrden? Einfach
laecherlich! Wer einen billig importierten Herzschrittmacher benutzt, weil er
fuer ein anstaendiges deutsches Modell zu geizig ist, muss halt auch das
Restrisiko tragen: Bei Anruf Mord. |
Quellen |
|