Reaktionen auf die gestrigen Wahlen |
Potsdam/Dresden/Bonn. Die gestrigen Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg
wurden heute von allen Parteien analysiert. Der Ausgang der Wahlen, die der
SPD in Brandenburg unter Manfred Stolpe eine absolute Mehrheit verschafften
und die der CDU in Sachsen unter Kurt Biedenkopf ausbauten, wurden von den
Parteien unterschiedlich bewertet, auch im Hinblick auf die Bundestagswahl im
Oktober.
CDU-Generalsekretaer Hintze sagte, die Waehler haetten auf Kontinuitaet und
Erfahrung gesetzt; der Wechsel sei out. Dabei habe Sachsens Ministerpraesident
Biedenkopf einen grossartigen Erfolg erzielt, in Brandenburg habe sich das
Beduerfnis der Buerger nach Kontinuitaet allerdings gegen die CDU gerichtet.
Bundesarbeitsminister Bluem zeigte sich hocherfreut ueber das gute Abschneiden
der CDU in Sachsen. Das schlechte Ergebnis der CDU in Brandenburg begruendete
Bluem damit, dass der Zustand der Partei dort nicht sehr gut sei.
Bundeskanzler Kohl sah in dem Ausgang der Wahlen ein Indiz fuer die zuneh-
mende Personalisierung der Politik; dies koenne dem Amtsinhaber nur recht
sein. Kohl zeigte sich optimistisch fuer die Bundestagswahl im Oktober. Eine
Unterstuetzung fuer den Koalitionspartner schloss der Kanzler aus. Er habe
aber keine Zweifel, dass die FDP ihre Position im Bund halten werde.
SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Verheugen meinte, nach den Landtagswahlen habe die
SPD Rueckenwind im Bund. Der SPD-Politiker Struck fuehrte das Ergebnis der Wahl
in Brandenburg nicht nur auf die Person Stoltes zurueck. Struck verwies auch
auf die Landessozialministerin Hildebrand und sprach von einem gemeinsamen
Sieg Stolpes und der SPD.
SPD-Chef Scharping gab sich fuer die Bundestagswahl zuversichtlich: Der
Wechsel sei zum Waehlen nahe, sagte er. Alle Wahlen dieses Jahres haetten ge-
zeigt, dass die christlich-liberale Koalition keine Mehrheit habe.
Uebereinstimmend meinten Politiker der Koalition wie der SPD, dass das Rennen
um den Sieg bei der Bundestagswahl noch lange nicht entschieden sei.
Auch SPD-Vize Lafontaine sah den Ausgang der Bundestagswahl als offen an.
Als bedeutsam nannte er die Tatsache, dass die Union im Bund allmaehlich
ihren Koalitionspartner, die FDP verliere.
GRUENEN-Sprecher Vollmer nannte die Ergebnisse seiner Partei, die wie die FDP
in beiden neuen Landtagen nicht mehr vertreten ist, einen herben Rueckschlag.
Die GRUENEN haetten im Osten ein Imageproblem, sie wuerden noch zusehr mit
Vergangenheitsbewaeltigung als mit alternativer oekologischer Politik identi-
fiziert. Vollmer setzte fuer die Bundestagswahl auf Stimmen aus dem Westen.
FDP-Generalsekretaer Hoyer sprach nach dem Ausscheiden seiner Partei aus den
beiden Landtagen von einem schlimmen Ergebnis. Die FDP sei jedoch bundesweit
im Aufwind. Die FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Bruecher uebte scharfe Kritik
an ihrer Partei. Sie sagte, die FDP muesse froh sein, wenn sie im Oktober im
Bund wegen ihrer Funktion als Mehrheitsbeschaffer gewaehlt werde.
FDP-Chef Kinkel bekraeftigte, die FDP werde an ihrem Kurs festhalten. An der
Koalitionsaussage zugunsten der Union werde nicht geruettelt.
Gregor Gysi, PDS, betonte, die PDS habe als einzige in beiden Laendern Stimmen
dazugewonnen. Im Hinblick auf die Bundestagswahl sei er optimistisch.
Der PDS-Vorsitzende Bisky aeusserte die Ansicht, dass die SED-Nachfolgerpartei
ihr Waehlerpotential noch nicht voll ausgeschoepft habe. Bisky bedauerte in
diesem Zusammenhang die geringe Wahlbeteiligung am gestrigen Tag. Sowohl in
Brandenburg als auch in Sachsen hat die PDS knapp den Status als zweit-
staerkste Kraft verfehlt, in Brandenburg trennen sie nur 58 Stimmen von der
CDU.
Unterdessen haben die beiden Landessprecher von Buendnis90/DIE GRUENEN in
Sachsen ihren Ruecktritt erklaert. Sie zogen damit die Konsequenzen aus dem
Scheitern ihrer Partei, fuer das sie innerparteiliche Querelen verantwort-
lich machten. |
Kompromiss im Streit um das Verbrechensbekaempfungsgesetz |
Bonn. Eine Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundes-
rat hat jetzt einen Kompromiss zu bisher strittigen Punkten des Verbrechens-
bekaempfungsgesetzes gefunden. Danach soll die "Auschwitz-Luege" mit fuenf
statt bisher drei Jahren Gefaengnis bedroht sein. Der Bundesnachrichtendienst
soll auch zur Bekaempfung der Schwerkriminalitaet eingesetzt werden. Auch soll
die Kronzeugenregelung auf den Bereich der Organisierten Kriminalitaet ausge-
dehnt werden. Stimmt der Vermittlungsausschuss zu, koennte das Gesetz in der
Sondersitzung des Bundestags Ende des Monats verabschiedet werden. |
Granate in Munster explodiert |
In der nordrhein-westfaelischen Stadt Munster ist heute eine Granate der
Bundeswehr explodiert. Nach Angaben der zustaendigen Behoerden wurde die
Granate versehentlich von einem nahegelegenen Bundeswehruebungsgelaende
abgefeuert. Vermutlich war das Geschoss mit einer zu hohen Treibladung ver-
sehen. Wie durch ein Wunder wurde durch den Einschlag der Granate in
der Innenstadt niemand verletzt, es ist lediglich Sachschaden an den
umliegenden Haeusern und Autos entstanden. Die Staatsanwaltschaft
ermittelt nun gegen die Bundeswehr. |
Lotto-Jackpot geknackt |
Stuttgart. Der 42-Millionen-Jackpot ist geknackt. Die heutige Auswertung
der Tippscheine der letzten Woche erbrachte drei Tippgemeinschaften und einen
Einzeltipper, die die sechs Ziffern und auch die Superzahl richtig hatten.
Damit entfallen auf jeden der vier Scheine voraussichtlich etwa 10,5 Mill.
DM. Dies ist trotz der Rekordsumme von 42 Mill. nur der dritthoechste Gewinn-
betrag in der Geschichte des Samstagslottos. 1992 gab es einmal 16,5 Mill.
und im Maerz 1994 schon einmal 12,4 Mill. |
Deutscher von tschechischem Polizisten erschossen |
Muenchen. Ein tschechischer Polizeibeamter hat gestern in der Naehe von Fran-
zensbad einen 23-jaehrigen Deutschen erschossen. Wie die bayerische Grenz-
polizei mitteilte, hatte der Mann ein Haltezeichen der Polizei nicht beach-
tet, worauf der Polizist einen Schuss auf das Auto abgegeben habe. Der 23-
jaehrige sei getroffen worden und in der Unfallklinik Pilsen seinen Verlet-
zungen erlegen. |
Hamburger Innensenator zurueckgetreten |
Hamburg. Der Innensenator der hansestadt, Werner Hackmann (sp?), ist wegen
auslaenderfeindlicher Uebergriffe der Polizei ueberraschend zurueckgetreten.
Hackmann sagte, er trete nicht zurueck, weil er sich habe etwas zuschulden
kommen lassen. Er sei jedoch zutiefst beschaemt ueber das Ausmass auslaender-
feindlicher Aktionen seiner Beamten. Er habe dies nicht fuer moeglich gehal-
ten und hoffe, dass mit seinem Ruecktritt etwas in der Hamburger Polizei in
Bewegung gerate. Zwei betrunkene Polizisten hatten in ihrer Freizeit einen
Afrikaner zusammengeschlagen. Die Beamten erhielten Strafbefehle von jeweils
5.400 DM, es wurde aber kein Prozess eingeleitet. |
OeTV-Chefin Wulf-Matties tritt am 10. November zurueck |
Stuttgart. Die Vorsitzende der Gewerkschaft Oeffentliche Dienste, Transport
und Verkehr (OeTV), Monika Wulf-Matties, wird ihr Amt am 10. November nieder-
legen. Ihr Nachfolger soll auf einem ausserordentlichen Gewerkschaftstag im
Februar gewaehlt werden. Wulf-Matties war in der letzten Woche offiziell
von der Bundesregierung als EU-Kommissarin vorgeschlagen worden. |
Wieder Kirchenasyl fuer Armenier in Thueringen |
Altenburg. In Thueringen sind zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage armeni-
sche Fluechtlinge in einer Kirche aufgenommen worden. Ein Kirchensprecher
teilte heute mit, die Altenburger Gnadenkapelle habe acht Erwachsenen und elf
Kindern Zuflucht gewaehrt. Nach ueber einem Jahr Aufenthalt in Deutschland
seien deren Asylantraege jetzt abgelehnt worden. Bereits seit fuenf Tagen
halten sich 20 armenische Fluechtlinge in der Stadtkirche St. Michael in Jena
auf. |
EU-Parlamentspraesident kritisiert "Kerneuropa"-Plaene |
Bonn. Der Praesident des Europaparlaments, Klaus Hentsch, hat die von Unions-
Fraktionschef Schaeuble und anderen vorgelegten Thesen zu einem "Kerneuropa"
abgelehnt. Es sei eine irrtuemliche Annahme, dass ein solcher Kern aus
Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten die Europaeische Union voran-
bringen koenne. Hentsch sagte, es gebe nur einen EU-Vertrag. Wer den zer-
schlage, der werde nicht ein Kerneuropa, sondern ein Chaos herbeifuehren. |
Boerse: Schwach |
Frankfurt. Auf die Boersen strahlten heute die Irritationen der Wallstreet von Freitag aus. Nachboerslich tendierte der DAX gehalten, auch Anleihen erholten sich nach dem Fixing wieder etwas. DAX 2.154 (- 30) Umlaufrendite 7,34 (+ 0,09) US-$ 1,5430 |
Quellen |
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