GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 19.10.1997



* Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels
* Verzicht auf Rechtschreibreform gefordert
* DGB fordert Ausgleich fuer Teilzeitarbeitnehmer
* DAG fordert Einigung zum Thema 610-DM-Jobs
* Flaechendeckende Postversorgung auch nach Ende des Briefmonopols
* HBV wirft Einzelhandel Rechtsbruch vor
* Generalbundesanwalt kritisiert EUROPOL
* Grossfahndung nach Kinderschaender bislang erfolglos
* Eroeffnung des ZKM in Karlsruhe
* Massenkarambolage auf der A92
* Das Wetter



Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels

Frankfurt am Main. In der Paulskirche wurde am Mittag der tuerkische Autor Yaza Kemal mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Er gilt in seiner Heimat als einer der populaersten zeitgenoessischen Schriftsteller. In der Verleihnungsurkunde heisst es, Kemals Romane und Erzaehlungen seien mit unbestechlichem Blick fuer die Realitaet geschrieben. Fuer Arme, Ausgebeutete und Verfolgte habe sich dieser Anwalt fuer die Menschenrechte selbstlos und mutig eingesetzt. Dabei habe der heute 74jaehrige auch Gefaengnis und Exil nicht gescheut. Die Laudatio hielt Guenther Grass. Der Preistraeger, der mit dem Roman "Mehmet mein Falke" 1955 international bekannt wurde, war als Sozialist und Fuersprecher der Kurden mehrmals zu Haftstrafen verurteilt worden. Mit dem Friedenspreis ehrt der deutsche Buchhandel jaehrlich zur Buchmesse Persoenlickkeiten aus Literatur, Wissenschaft und Kunst, die sich besonders fuer die Verwirklichung des Friedensgedankens eingesetzt haben. Der Preis ist mit 25.000 DM dotiert.

Kemal hat die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Tuerken und Kurden in seiner Heimat scharf verurteilt. Bei der Entgegennahme des Preises in der Frankfurter Paulskirche sagte Kemal, seit zwoelf Jahren finde ein unglaublich schmutziger, grausamer und sinnloser Krieg statt. Die ueberwiegende Mehrheit tuerkischer und kurdischer Intellektueller wolle, dass das Morden schnellstens aufhoere. Der 74jaehrige Schriftsteller rief zugleich zu Frieden und Demokratie auf. Er sagte woertlich: "Wer meine Romane liest soll vor Kriegen Abscheu empfinden und sich stets fuer Frieden und Bruederlichkeit einsetzen."

In seiner Laudatio wuerdigte Guenther Grass Kemal als einen Autor, dessen Werke den Leser nicht losliessen. Sein politischer Einspruch sei tief in den Noeten, Traeumen und Hoffnungen des einfachen Volkes verwurzelt. Mit Nachdruck kritisierte Grass die deutschen Waffenlieferungen in die Tuerkei und den seiner Ansicht nach vorhandenen latenten Fremdenhass in der Bundesrepublik. Er schaeme sich seines zum blossen Wirtschaftsstandort verkommenen Landes, dessen Regierung todbringenden Handel zulasse und zudem verfolgten Kurden das Recht auf Asyl verweigere.


Verzicht auf Rechtschreibreform gefordert

In einem gemeinsamen Appell haben 26 Buergerinitiativen einen Verzicht auf die Rechtschreibreform gefordert. Nur durch einen Stop koennten jahrelange Streits und vor allem Milliardenausgaben vermieden werden, erklaerten Sprecher der Initiativen zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse. Ihren Angaben zufolge haben ueber 500.000 Menschen den Appell unterzeichnet. Die Gegner der Rechtschreibreform hatten am Freitag mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lueneburg ihren bislang groessten Erfolg erzielt. Die Lueneburger Richter hatten die vorzeitige Einfuehrung der Neuregelungen in Niedersachsen fuer rechtswidrig erklaert


DGB fordert Ausgleich fuer Teilzeitarbeitnehmer

Nuernberg. Arbeitnehmer, die wegen Teilzeitarbeit weniger verdienen, sollen nach dem Willen des deutschen Gewerkschaftsbundes vom Arbeitsamt zumindest teilweise entschaedigt werden. Die stellvertretende DGB-Chefin Engelen-Kaefer sagte, dadurch solle der voruebergehende Verzicht auf einen Vollzeitarbeitsplatz attraktiver gemacht werden. Das gelte etwa bei Teilzeit wegen der Pflege kleiner Kinder oder pflegebeduerftiger Angehoeriger. Aehnlich wie beim Altersteilzeitmodell muesse aber Voraussetzung sein, dass fuer die Stelle ein Arbeitsloser eingestellt werde. Ausserdem prangerte Engelen-Kaefer erneut die umstrittenen sozialversicherungsfreien 610-DM-Jobs an. Dieses fuer Arbeitgeber bequeme Schlupfloch verhindere attraktive Teilzeitangebote, so Engelen-Kaefer.


DAG fordert Einigung zum Thema 610-DM-Jobs

Die Deutsche Angestelltengewerkschaft hat Union und SPD aufgefordert, sich noch in dieser Wahlperiode auf eine Begrenzug der sozialversicherungsfreien Arbeitsverhaeltnisse zu verstaendigen. DAG-Vorstandsmitglied Freitag erklaerte in Hamburg, gesetzgeberische Schritte duerften nicht an der Blockadepolitik der FDP scheitern. Fuer die Arbeitgeber muesse der Anreiz beseitigt werden, durch die Aufsplittung von Normalarbeitsplaetzen die Sozialabgaben zu sparen und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Freitag schlug vor, alle Taetigkeiten mit einer Bezahlung von mehr als 100 DM pro Monat in die Versicherungspflicht miteinzubeziehen.


Flaechendeckende Postversorgung auch nach Ende des Briefmonopols

Bonn. Auch nach Ende des Briefmonopols wird es nach Worten von Bundespostminister Boetsch in Deutschland eine flaechendeckende Postversorgung geben. Im Sueddeutschen Rundfunk sagte der Minister, das muesse aber nicht heissen, dass der naechste Briefkasten und das naechste Postamt mit Hausschuhen zu erreichen seien. Im freien Wettbewerb koenne sich aber nur behaupten, wer die Flaechen gleichmaessig bediene. Das haetten die seit 20 Jahren dem freien Markt unterliegenden Paketdienste bereits gezeigt. Die Bundesregierung will der Post AG 1998 letztmals fuer fuenf Jahre eine Exklusivlizenz fuer die Befoerderung von Briefen unter 100 Gramm zugestehen. Der Bundesrat hat jedoch den Vermittlungsausschuss zum Postgesetz angerufen. Er verlangt unter anderem eine Verlaengerung des Monopols.


HBV wirft Einzelhandel Rechtsbruch vor

Duesseldorf. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) hat dem Einzelhandel beim neuen Ladenschlussgesetz Rechtsbruch vorgeworfen. Kommunen und Staedte erteilten immer oefter Ausnahmegenehmigungen zur Oeffnung an Sonntagen. Dies sei ein Angriff auf die Reste des freien Wochenendes der Beschaeftigten, so die Kritik der HBV. Die Laeden, die dem Konkurrenzdruck nicht gewachsen seien, blieben auf der Strecke. Ausserdem werde die Regelung haeufig missachtet, wonach Geschaefte, die sonntags oeffnen, am vorangegangenen Samstag schon um 14:00 Uhr statt um 16:00 schliessen muessten. Die Arbeitsminister von Bund und Laendern saehen tatenlos zu. Insbesondere in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz werde das Gesetzt unterhoehlt. Die HBV kuendigte an, alle vorhandenen Rechtsmittel auzuschoepfen, um dagegen vorzugehen.


Generalbundesanwalt kritisiert EUROPOL

Koeln. Generalbundesanwalt Kai Nehm hat die mangelnde Kontrolle der kuenftigen europaeischen Polzeibehoerde EUROPOL kritisiert. Im Deutschlandfunk meinte Nehm, zur Sicherung der Grundrechte sei eine solche Kontrolle durch die Justiz unverzichtbar. Andernfalls fehle im Strafprozessrecht eine tragende Saeule des Rechtsstaates. Es sei ungluecklich, dass nicht die Justiz, sondern die Polzei Motor der europaeischen Einigung bei Strafermittlung und Fahndung sei. Der Generalbundesanwalt appellierte an die zustaendigen Politiker, die vereinbarten Regelungen noch einmal zu ueberpruefen. Die EUROPOL-Konvention, die in Kuerze auch in Deutschland Gesetz werden soll,

gesteht der neuen Behoerde weitreichende Vollmachten zur Sammlung und Weitergabe von Daten ueber Personen und Unternehmen zu. Fuer die Ratifizierung ist noch die Zustimmung des Bundesrates noetig, in dem die SPD-gefuehrten Laender die Mehrheit haben. Sozialdemokraten, aber auch die Freien Demokraten haben vor allem Bedenken gegen eine strafrechtliche Immunitaet von EUROPOL-Mitarbeitern, wie sie in der Konvention vereinbart ist.


Grossfahndung nach Kinderschaender bislang erfolglos

Schweinfurt. Trotz einer bundesweiten Grossfahndung fehlt noch immer jede Spur von dem Mann, der ein zehnjaehriges Maedchen aus dem unterfraenkischen Grossalbstadt entfuehrt und sexuelle missbraucht hat. Nach der Beschreibung des Kindes ist der Taeter zwischen 50 und 60 Jahren alt, stark taetowiert, hat eine Stirnglatze und traegt einen Vollbart. Das Tatfahrzeug ist vermutlich ein roter Kleinwagen. Eine 20koepfige Sonderkommission wertet derzeit alle Hinweise aus.


Eroeffnung des ZKM in Karlsruhe

Karlsruhe. Zur Eroeffnung des Zentrums fuer Kunst- und Medientechnologie ZKM hat die Elektopopgruppe Kraftwerk ihr erstes Deutschlandkonzert seit Jahren gegeben. Zwei Stunden lang praesentierten die Duesseldorfer Musiker gestern Abend sowohl alte Hits wie "Autobahn" und "Roboter", als auch neue Stuecke. Das Kraftwerk-Konzert in der zum Museum umgebauten Fabrik war mit 4.500 Besuchern ausverkauft und galt als einer der Hoehepunkte bei der Eroeffnung des Zentrums.


Massenkarambolage auf der A92

Muenchen. Auf der A92 hat es in der vergangenen Nacht bei Muenchen eine Massenkarambolage gegeben. Nach Angaben der Polzei wurde ein Mensch getoetet und fuenf weitere verletzt. Nach einem Auffahrunfall seien etwa 20 Fahrzeuge ineinander gefahren. Fuenf Wagen gingen in Flammen auf und brannten aus.


Das Wetter

Heute in Kuestennaehe trueb bedeckt und vereinzelt Spruehregen. Im groessten Teil Deutschlands nach zoegernder Nebelaufloesung sonnig. Hoechstwerte zwischen 13 Grad an Kueste und nahe 20 Grad in der Koelner Bucht. Morgen im Norden sonnig, aber nur Temperaturen von 8 bis 11 Grad. In der Mitte etwas Regen und nach Nebelaufloesung heiter bis wolkig. Temperaturen 11 bis 16 Grad, in Suedbaden bis 18 Grad. Die Aussichten: Vielfach sonnig, voruebergehend etwas wolkig. Am Dienstag in den Alpen anfangs etwas Regen. Hoechstwerte zwischen 6 und 13 Grad. Nacht gebietsweise leichter Frost.


Quellen

SDR 3    10:00 MESZ
B5    11:00 MESZ
DLF    12:00 MESZ