GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 23.04.1996



* Prozess um Brandstifter hat begonnen
* Heftige Diskussionen um Sparpaket der Bundesregierung
* Grosse Koalition in Mecklenburg-Vorpommern bleibt vorerst erhalten
* Uneinigkeit ueber weiteres Vorgehen bei BSE
* Deutsche fahren seltener mit oeffentlichen Nahverkehrsmitteln
* Diaetenerhoehung wird erneut diskutiert
* Bundesregierung ergreift Massnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit
* Sozialmieten werden erhoeht
* Weniger Spendenbereitschaft der Bundesbuerger
* Juristenkommission kritisiert deutsche Behoerden
* Boerse



Prozess um Brandstifter hat begonnen

Stuttgart. Vor dem Landgericht in Baden-Wuerttemberg hat der Prozess um die Brandkatastrophe vor zwei Jahren begonnen. Angeklagt wird ein 25-jaehriger Mann aus Esslingen. Er soll im Maerz 1994 ein Feuer in der Stuttgarter Innenstadt gelegt haben, bei dem sieben Menschen getoetet und 16 zum Teil schwer verletzt worden waren. Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten auch acht Brandstiftungen an anderen Orten Baden-Wuerttembergs zur Last. Der Mann hatte nach seiner Festnahme im vergangenen Sommer die Taten zugegeben, sein Gestaendnis zu dem Stuttgarter Feuer spaeter allerdings wieder zurueckgenommen.


Heftige Diskussionen um Sparpaket der Bundesregierung

Bonn. Im Kanzleramt kamen heute abend Arbeitgeber und Gewerkschaften zusammen, um gemeinsam ueber das geplante Sparpaket der Bundesregierung zu diskutieren. Die Spitzen des Deutschen Gewerkschaftsbundes und die fuenfzehn Chefs der DGB-Einzelgewerkschaften hatten gestern ihren Kurs festgelegt. Unterdessen verhaerteten sich die Fronten, je naeher die Kanzlerrunde rueckte. Die Arbeitgeber beharrten bei Einschnitten bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle. Sie wollen eine laengere Lebensarbeitszeit, also ein hoeheres Rentenalter. Darueber hinaus sollte ihrer Ansicht nach der Kuendigungsschutz gelockert werden, damit Betriebe bereitwilliger einstellen. Fuer die Gewerkschaften ist dies ein Horrorkatalog. Sie drohten mit dem Auszug aus der Kanzlerrunde, wenn an den umstrittenen Sparmassnahmen festgehalten wird. Dazu gehoeren gesetzliche Eingriffe in die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sowie das Krankengeld, der Kuendigungsschutz und das Kindergeld. Die Schmerzgrenze ist erreicht, sagte am morgen der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastaetten Moellenberg (sp?). Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Kaefer ist gegen Einschnitte bei der Lohnfortzahlung und gegen ein hoeheres Rentenalter bei Frauen. Die SPD wandte sich gegen eine Nullrunde im oeffentlichen Dienst und regte an, den Solidaritaetszuschlag durch eine Abgabe auf groessere Vermoegen zu ersetzen. Die Gruenen plaedierten fuer eine Kuerzung hoher Renten. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) hat hingegen die Koalition aufgefordert, ihre Sparplaene auch gegen Widerstaende durchzusetzen.


Grosse Koalition in Mecklenburg-Vorpommern bleibt vorerst erhalten

Schwerin. Die grosse Koalition in Mecklenburg-Vorpommern bleibt vorerst bestehen. Der Streit zwischen CDU und SPD ist allerdings nicht beigelegt. Nach mehrstuendigen Verhandlungen bekraeftigten beide Parteien in der vergangenen Nacht, dass sie eine Fortsetzung des Buendnisses wuenschen. Die SPD zog ein Ultimatum fuer den Ruecktritt der CDU-Finanzministerin Cledin zurueck, beharrt aber weiter darauf, dass die Ministerin ihren Posten raeumen muesse. Die Gespraeche der Koalitionspartner sollen am Donnerstag fortgesetzt werden.


Uneinigkeit ueber weiteres Vorgehen bei BSE

Bruessel. Zwischen Grossbritannien und der EU bestehen weiterhin grosse Meinungsverschiedenheiten in der Frage, wie die Rinderseuche bekaempft werden kann. Nach einer Treffen zwischen EU-Agrarkommisar Fischler und dem britischen Landwirtschaftsminister Douglas Hogg wurde bekannt, dass die britische Seite keinen Plan fuer die Schlachtung von Rindern vorgesehen hat. Die EU verlangt von London bis zum Ende des Monats einen Schlachtplan, von dem bis zu vier Millionen Tiere betroffen waeren. Hauptsaechlich sollen alle Rinder geschlachtet werden, die aelter als zweieinhalb Jahre sind. Grossbritannien will lediglich mehrere 10000 Rinder schlachten lassen. Seit Ende Maerz besteht fuer britische Rinder und Rinderprodukte ein weltweites Exportverbot. Grossbritannien draengt weiter auf eine baldige Aufhebung des Exportverbots.


Deutsche fahren seltener mit oeffentlichen Nahverkehrsmitteln

Wiesbaden. Immer weniger Menschen fahren in Deutschland mit Bussen und Strassenbahnen. Die Zahl der Fahrgaeste im oeffentlichen Nahverkehr ging im vergangenen Jahr um 0,6 Prozent auf insgesamt knapp 7,9 Milliarden Fahrten zurueck. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Da Fahrkarten teurer wurden, stiegen die Einnahmen der Verkehrbetriebe trotzdem um ungefaehr 3,5 Prozent.


Diaetenerhoehung wird erneut diskutiert

Bonn. Die fuer dieses Jahr beschlossene Erhoehung der Diaeten der Bundestagsabgeordneten wird noch einmal ueberprueft. Darauf haben sich nach Informationen des SDR/SWF- Studios in Bonn die Fraktionsfuehrungen verstaendigt. Nach dem bisher geltenden Beschluss sollen die Bezuege nach einer Anhebung zu Jahresbeginn zum 1. Juli noch einmal um 4,6 Prozent steigen, nachdem sie bereits zu Anfang des Jahres bereits schon einmal um 1000 DM auf nun 11300 DM erhoeht worden waren. Dazu kommt dann noch die steuerfreie Kostenpauschale von 6122 DM. Angesichts des von der Bundesregierung vorbereiteten Sparpakets hat sich in den vergangen Tagen die Kritik an der Diaetenerhoehung verstaerkt. Vor allem FDP und Gruene fordern, wenn die Bundesregierung mit ihrem Sparpaket eine Nullrunde im oeffentlichen Dienst verordnen und von den Buergern Opfer verlangen will, dann muessten die Parlamentarier mit guten Beispiel vorangehen und auf die Diaetenerhoehung verzichten. Die Liberalen haben ohnehin die im vergangenen Jahr beschlossene automatische Anhebung der Bezuege der Abgeordneten immer abgelehnt. Die Gruenen warnten allerdings davor, die jetzt ausgefalle Diaetenerhoehung dadurch auszugleichen, in dem die Abgeordnetendiaeten im kommenden Jahr doppelt so stark angehoben werden.


Bundesregierung ergreift Massnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit

Bonn. Angesichts der Probleme auf dem Lehrstellenmarkt will die Bundesregierung verschiedene Massnahmen fuer zusaetzliche Ausbildungsplaetze sorgen. Nach dem heute vom Kabinett vorgelegten Berufsbildungsbericht sollen mehrere gesetzliche Auflagen gelockert werden, darunter das Jugendarbeitschutzgesetz. Ausserdem beschloss das Kabinett einen Entwurf zur Neuordnung des Zivilschutzes. Danach sollen die Zivilschutzeinrichtungen erheblich verringert werden.


Sozialmieten werden erhoeht

Bonn. Ein Teil der Sozialmieten in Deutschland soll erhoeht werden. Das Bundeskabinett beschloss heute, die Pauschalen fuer die Instandsetzungs- und Verwaltungskosten anzuheben. Damit muessen Sozialmieter mit einer Erhoehung um bis zu vierzig Pfennig pro Quadratmeter rechnen.


Weniger Spendenbereitschaft der Bundesbuerger

Caritas International hat einen dramatischen Spendenrueckgang beklagt. Konnten 1994 noch rund 60 Millionen DM fuer Hilfsleistungen im Ausland gesammelt werden, spendeten die Bundesbuerger dieses Jahr nur noch gut die Haelfte. Grund fuer den Einbruch sei, die fehlende Medienresonanz. Ausserdem sei die Konkurrenz durch kleinere Hilfsorganisationen schaerfer geworden. Die internationalen Hilfsleistungen der Caritas seien damit zum ersten Mal wieder unter die 100 Millionen Mark-Grenze gesunken. Das meiste Geld geht nach Afrika und Lateinamerika, gefolgt vom ehemaligen Jugoslawien. Caritas International sprach sich vehement dagegen aus Katastrophenhilfe gegen Entwicklungshilfe auszuspielen. Kurzfristige Interventionen, wie sie zum Beispiel Echo, die Nothilfeorganisation der EU favorisierte, truegen nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung in den Krisenregionen bei. Caritas sprach sich dafuer aus, dass schon in der Katastrophenhilfe der Grundstein fuer die Selbsthilfe gelegt werden muesste.


Juristenkommission kritisiert deutsche Behoerden

Im Zusammenhang mit dem Feuer im Luebecker Asylbewerberheim im vergangenen Januar hat eine internationale Juristenkommission die deutschen Behoerden kritisiert. Die sieben Anwaelte aus fuenf Laendern sprachen von schleppenden Ermittlungen. Ausserdem bezweifelten sie, dass der unter Tatverdacht stehende, festgenommene Libanese das Feuer gelegt hat. Bei dem Brand waren am 18. Januar zehn Menschen Asylbewerber getoetet und 36 zum Teil schwer verletzt worden.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,5209
Kanada(1 $)  1,1168
ECU-Wert(1 ECU)  1,90910
England(1 Pfund)  2,2987
Schweiz(100 sfr)  123,526
Frankreich(100 FF)  29,5800
Italien(1000 Lit)  0,9804
Oesterreich(100 oeS)  14,2160
Spanien(100 Ptas)  1,2029
Japan(100 Yen)  1,4263
Schweden(100 skr)  22,6340
 
Korrektur: Aufgrund eines Tippfehlers wurde am Freitag, den 19.04.1996 der
Kurs des Kanadischen Dollar mit 1 $ = 1,90249 DM angegeben. Richtig muss
es aber lauten 1 $ = 1,10249 DM. Der ECU-Wechselkurs wurde auch aufgrund
eines Tippfehlers mit 1,1007 DM falsch angegeben. Richtig musste es lauten
1 ECU = 1,90070.
 
Einige Indizes:
DAX:2550.18
Dowjones-Index:5572.69
Nikkei-Index:22119.88
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

SDR 3    9:00 MESZ    10:00 MESZ    11:00 MESZ    14:00 MESZ    16:00 MESZ