GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 29.03.1997



* Primakov zu Besuch bei Kinkel
* Deutsche Stimmen zur NATO-Osterweiterung
* Bluem warnt vor Verfall der Unternehmenskultur in Deutschland
* Berichte ueber neues Sparpaket nicht bestaetigt
* UNO-Fluechtlingsorganisation kritisert Bundesregierung
* Keine Nachricht von den Entfuehrern der im Jemen verschleppten Deutschen
* Das Wetter



Primakov zu Besuch bei Kinkel

Russlands Aussenminister Primakov wurde heute zu einem Auslandsbesuch in Bonn erwartet. Im Zentrum der Gespraeche mit seinem deutschen Amtskollegen Klaus Kinkel duerfte die geplante NATO-Osterweiterung gestanden haben. In diesem Zusammenhang wollten beide Politiker ueber das Verhaeltnis Russlands zur NATO sprechen. Die Differenzen ueber die Ausdehnung der NATO an die russische Westgrenze steht im Mittelpunkt der politischen Gespraeche, doch sie sollen den Besuch von Primakov nicht beherrschen, so jedenfalls wuenschte es sich Aussenminister Klaus Kinkel. Dass Russland auch nach der Ostervisite von Primakov dagegen ist, die frueheren Verbuendeten Russlands in die westliche Allianz aufzunehmen, ist sicher. Dass die NATO an ihren Plaenen festhaelt ebenso. Der Besuch soll deshalb vor allem fuer eine gute Atmosphaere sorgen und mehr Vertrauen schaffen. Schon am Mittag begann deshalb der private Teil des Programms mit einem Spaziergang der Minister samt Gattinnen durch die Weinberge des Aartales. Bis zu seinem Abflug bekommt Primakov immer wieder deutschen Wein eingeschenkt, auch ein Dampfer fuer eine Rheintour steht bereit und morgen wollen die Aussenminister dann gemeinsam zum Ostergottesdienst gehen. Wie gut solche Ausfluege fuer das politische Klima sind hat Kinkel schon vor Wochen mit seinem tschechischen Kollegen ausprobiert. Im Aussenministerium setzt man darauf, dass Kinkels Form der halbprivaten Diplomatie auch bei der russischen Fuehrung nachwirkt - mindestens bis Mitte April, dann kommt Praesident Jelzin.


Deutsche Stimmen zur NATO-Osterweiterung

Der aussenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion erklaerte, die Allianz muesse jetzt die geplante Osterweiterung der NATO sowie eine vertiefte Zusammenarbeit mit Russland verwirklichen. Er sei optimistisch, dass es nicht zu einer erneuten Konfrontation kommen werde, sondern dass Bruecken fuer eine europaeische Friedensordnung gebaut werden koennten, sagte Vogt heute frueh im Deutschlandfunk. Helmut Lippelt vom Buendnis 90 / Die Gruenen, sagte, die Zustimmung seiner Fraktion zur Osterweiterung werde davon abhaengen, ob das Buendnis in seinen alten Strukturen verharre oder ob es eine umorientierte NATO geben werde. In dieser Frage gebe es allerdings unterschiedliche Positionen in seiner Partei, betonte Lippelt ebenfalls im Deutschlandfunk.


Bluem warnt vor Verfall der Unternehmenskultur in Deutschland

Bonn. Bundesarbeitsminister Bluem hat vor einem Verfall der Unternehmenskultur in Deutschland gewarnt. Nach dem Versuch einer feindlichen Uebernahme von Thyssen durch den Krupp-Konzern sagte Bluem gegenueber der Zeitung "Welt am Sonntag", solche Strategien haetten nichts mit sozialer Marktwirtschaft sondern mit Wildem Westen zu tun. Aehnlich aeusserte sich auch der nordrhein-westfaelische Wirtschaftsminister Clement, SPD. Dagegen erwartet Krupp-Chef Kromme kuenftig weitere Uebernahmeversuche in der deutschen Wirtschaft. Die Zeit ist reif, verkrustete Strukturen aufzubrechen, erklaerte Kromme.


Berichte ueber neues Sparpaket nicht bestaetigt

Bonn. Die Bundesregierung hat Berichte ueber ein neues Sparpaket nicht bestaetigt. Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte, erst nach der naechsten Steuerschaetzung im Mai werde ueber weitere Sparmassnahmen entschieden. Finanzminister Waigel bekraeftigte allerdings die Absicht, die Sozialhilfe zu kuerzen, um einen groesseren Abstand zu den unteren Lohngruppen zu erreichen. Die "Bild-Zeitung" hatte heute berichtet, neben einer Sozialhilfekuerzung seien auch Einschnitte beim Arbeitslosengeld und bei der Beamtenbesoldung geplant. So denke die Regierungskoalition darueber nach, Arbeitslosen erst ab der zweiten Woche ihrer Erwerbslosigkeit Leistungen zu gewaehren. Beamte sollen demnach ihre seit 1. Maerz gueltige Besoldungserhoehung erst im Mai nachgezahlt bekommen.


UNO-Fluechtlingsorganisation kritisert Bundesregierung

Der Sprecher der UNO-Fluechtlingsorganisation in Deutschland, Diluegen hat die Rueckfuehrungspolitik der Bundesregierung fuer Bosnienfluechtlinge kritisiert. Im Deutschlandradio Berlin sagte er, nicht der Familienstand duerfe fuer die Abschiebung entscheidend sein, sondern die Moeglichkeit der Fluechtlinge eine Unterkunft zu finden. Nach Schaetzungen des UNHCR muessen in diesem Jahr etwa 200.000 ehemalige Bosnier aus verschiedenen Staaten in ihre Heimat zurueckkehren. Um sie unterzubringen bedarf es nach den Worten Diluegens mehr als 50.000 Wohneinheiten. Es sei aber zu befuerchten, dass maximal 13.000 Wohnungen zur Verfuegung stuenden. Die Bundesregierung hat beschlossen, zunaechst kinderlose Fluechtlinge und ab dem 1. Mai auch Familien nach Bosnien zurueckzuschicken.


Keine Nachricht von den Entfuehrern der im Jemen verschleppten Deutschen

Die Entfuehrer der vier an Gruendonnerstag im Jemen verschleppten Deutschen haben sich bisher noch nicht gemeldet. Auch die Behoerden huellen sich weitgehend in Schweigen. Sie teilten lediglich mit, es seien Krisenstaebe eingerichtet und das Gebiet, in dem die Entfuehrung erfolgte von Sicherheitskraeften umstellt worden. Nach wie vor sind die Fakten ueberaus duerftig. Vier deutsche Touristen, zwei Maenner und zwei Frauen waren wohl in Begleitung ihres jeminitischen Reisefuehrers von Sana aus nach Mareb unterwegs, zu den Ruinen der einstigen Sabeerhauptstadt, gelegen im Land des Ostens wo die unendlichen Sandwuesten beginnen, die sich hinueber ins benachbarte Saudi-Arabien erstrecken. Eine Region wo sich die Autoritaeten der Zentralregierung auf die Erdoelfoerderstaetten beschraenken und die ansonsten von Stammesfuersten beherrscht wird, die traditionell und mit saudischer Rueckendeckung in Opposition zur Hauptstadt stehen. Politische Hintergruende sind indessen nicht naheliegend. Viel eher schon, dass es sich um einen weiteren Fall der im Jemen in bedrohlichem Masse in Mode gekommenen modernen Wegelagerei handelt, um fuer die Freilassung der Geiseln erkleckliche Loesegelder zu erpressen. Ueber 80 auslaendische Touristen wurden waehrend der zurueckliegenden sechs Monate schon entfuehrt. Die meisten davon in eben genau dieser Gegend. Zuletzt, da allerdings im Land des Suedens waren vor vier Wochen sieben deutsche Motorradtouristen von Stammeskriegern festgehalten worden. Offiziell dementiert war danach aber hinter vorgehaltener Hand von einer zweistelligen Millionensumme als Kopfgeld die Rede gewesen.


Das Wetter

Teils aufgelockert, teils stark bewoelkt. Zunaechst nur einzelne Schauer, im Bergland Schneeschauer. In der zweiten Tageshaelfte suedwestlich der Elbe aufkommender Regen. Im hoeheren Bergland Schnee. Hoechstwerte 4 bis 10 Grad. Tiefstwerte nachts 7 bis 0 Grad.


Quellen

B5    8:30 MEZ
DLF    9:00 MEZ
SDR 3    21:00 MEZ