GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 02.12.1994



* Entscheidung ueber Tornadoeinsatz naechste Woche
* SPD-Laenderchefs lehnen Aenderung der Gewerbesteuer ab
* Neue Studie zum Betrieb des AKWs Obrigheim
* Gesetzliche Krankenkassen machen auch 1994 wieder Ueberschuesse
* Leutheuser-Schnarrenberger schlaegt den "Kinderanwalt" vor
* Frankfurt eroeffnet Gesundheitsraum fuer Heroinsuechtige
* Stoiber kuendigt Bayerns Ausstieg aus dem Hochschulbau an
* Volksbuehne gewaehrt hungerstreikenden PDS-lern Asyl
* Bayern SPD fordert Ausgleich der Wettbewerbsvorteile der Privatsender
* US-$



Entscheidung ueber Tornadoeinsatz naechste Woche

Bonn. Die Bundesregierung wird wahrscheinlich Mitte naechster Woche entscheiden, ob sie Tornado-Kampfflugzeuge fuer einen Einsatz in Bosnien-Herzegowina bereitstellt. Bundeskanzler Kohl kuendigte Gespraeche ueber die NATO-Anforderung mit Aussenminister Kinkel und Verteidigungsminster Ruehe fuer Anfang der Woche an. Man sei nicht unter Zeitdruck. 45 Jahre lang waere ein Einsatz deutscher Kampfflugzeuge im frueheren Jugoslawien undenkbar gewesen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Sommer sind weltweite Kampfeinsaetze der Bundeswehr jetzt moeglich. Voraussetzung ist allerdings, dass der Bundestag zustimmt. In Bonn ist darueber jetzt ein heftiger Streit entbrannt. Anlass ist die Bitte der NATO, Bundeswehrkampflieger zur Unterstuetzung der NATO-Luftoperationen ueber Bosnien zur Verfuegung zu stellen. Verteidigungsminister Volker Ruehe erlaeuterte, die NATO habe sechs bis acht Tornados mit einer speziellen elektronischen Ausruestung angefordert. Die Flugzeuge koennen Luftabwehrstellungen der Serben besonders gut aufspueren. Sollte es zu einer Beteiligung der Bundeswehr kommen, dann wuerden wahrscheinlich Flugzeuge des Jagdbombergeschwaders 32 im bayrischen Lager Lechfeld ueber Bosnien eingesetzt. Die Sozialdemokraten hatten bereits am Morgen klargestellt, dass sie einer Entsendung von Bundeswehrsoldaten nach Bosnien auf keinen Fall zustimmen werden. SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Guenter Verheugen, der in der SPD-Spitze gleichzeitig fuer die Aussenpolitik zustaendig ist, erklaerte heute morgen, eine deutsche Beteiligung an Aktionen der NATO in Bosnien koenne den Konflikt nur verschaerfen. Bisher habe es in Deutschland ueber die Parteigrenzen hinweg Einigkeit darueber gegeben, dass auf keinen Fall Bundeswehrsoldaten in Bosnien eingesetzt werden.


SPD-Laenderchefs lehnen Aenderung der Gewerbesteuer ab

Dessau. Die Ministerpraesidenten der SPD-regierten Laender lehnen eine Aenderung der Gewerbesteuer ohne eine Reform der Gemeindefinanzierung ab. Sachsen-Anhalts Regierungschef Hoeppner sagte nach einem Treffen der Regieurungsschefs in Dessau, die Grundfragen der Kommunalfinanzierung muessten dringend geloest werden. Zuvor hatten die Regierungschefs beschlossen, dass der Baden-Wuerttembergische Ministerpraesident Teufel fuer vier Jahre deutsch-franzoesischer Kulturbeauftragter wird. Teufel loest in dieser Funktion den saarlaendischen Regierungschef Lafontaine ab.


Neue Studie zum Betrieb des AKWs Obrigheim

Stuttgart. Zum Betrieb des Kernkraftwerkes Obrigheim liegt eine neue Studie vor. Danach sind die Nachweise ueber die Erfuellung der Auflagen fuer den Reaktordruckbehaelter nicht erbracht. In dem Teilgutachten, dessen Ergebnis das Baden-Wuerttembergische Umweltministerium bekanntgab, wird auf Abweichungen verwiesen, die zwischen Nachweisfuehrung einerseits und Stand der Technik und Wissenschaft andererseits bestuenden.


Gesetzliche Krankenkassen machen auch 1994 wieder Ueberschuesse

Bonn. Die gesetzlichen Krankenkassen werden nach Darstellung von Bundesgesundheitsminister Seehofer auch in diesem Jahr wieder Ueberschuesse erwirtschaften. Nach den juengsten Schaetzungen beliefen sich diese bis September in den alten Laendern auf 500 Mio. DM und in den neuen Laendern auf 300 Mio. DM. Seehofer erklaerte, insgesamt haetten die Kassen wegen der guenstigen Finanzentwicklung seit Beginn des Jahres 1993 ihre Reserven deutlich aufstocken koennen. Im Westen haetten die allgemeinen Ortskrankenkassen auf diese Entwicklung mit Beitragssenkungen reagiert. Auch im Osten sei der Beitragssatz ruecklauefig.


Leutheuser-Schnarrenberger schlaegt den "Kinderanwalt" vor

Frankfurt am Main. Fuer einen Anwalt, der vor Gericht insbesondere die Interessen Minderjaehriger vertritt hat sich Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnarrenberger ausgesprochen. Kuenftig sollten Familien- und Vormundschaftsgerichte Kindern solche Vertreter etwa in Faellen von Kindesmissbrauch oder Misshandlungen zur Seite stellen. Der Anwalt des Kindes soll nach Vorstellungen der Justizministerin im Zuge der geplanten Reform des Kinderstrafrechts verwirklicht werden.


Frankfurt eroeffnet Gesundheitsraum fuer Heroinsuechtige

Frankfurt. Als bundesweit erste hat die Stadt Frankfurt einen sogenannten Gesundheitsraum fuer Heroinsuechtige eroeffnet. Die umstrittene Einrichtung ist fuer die rund 150 Fixer aus der Bahnhofsgegend gedacht. Gesundheitsdezernentin Nimsch sagte, der Raum koenne die gesundheitlichen Risiken des Konsums vermindern, die AIDS-Vorbeugung verbessern und die Schwerabhaengigen wieder in Kontakt mit der Drogenhilfe bringen. Hauptziel ist, dass die Suechtigen frueher oder spaeter an einem Methadonprogramm teilnehmen.


Stoiber kuendigt Bayerns Ausstieg aus dem Hochschulbau an

Bayerns Ministerpraesident Stoiber hat den Ausstieg Bayerns aus dem Hochschulbau angekuendigt. Auf der Konferenz der Laenderchefs in Dessau begruendete Stoiber seinen Vorstoss mit der unzureichenden Geldbereitstellung des Bundes. Der Hochschulbau wird je zur Haelfte von Bund und Laendern finanziert. Doch der Beitrag des Bundes reiche bei weitem nicht aus, daher koennten die Laender die Verantwortung dafuer auch genausogut selber uebernehmen ohne den Bund jedesmal um Zustimmung bitten zu muessen.


Volksbuehne gewaehrt hungerstreikenden PDS-lern Asyl

Der Intendant der Berliner Volksbuehne, Frank Kasdorf, hat den hungerstreikenden PDS-Politikern Asyl gewaehrt. Nachdem die PDS-ler das Berliner Abgeordnetenhaus am Morgen raeumen mussten, befinden sich die Politiker um Parteichef Lothar Bisky und Gregor Gysi in dem Theater am Rosa Luxemburg Platz, wo sie ihre Aktion bis zu einer Einigung mit den Behoerden fortsetzen wollen. Diese fordern von der PDS eine Steuerrueckzahlung von 67 Mio. DM. Dabei ist nach wie vor unklar, ob der Steuerbescheid rechtsgueltig ist. Die Volksbuehne am Ostberliner Rosa Luxemburg Platz macht nach den Worten ihres Intendanten Frank Kasdorf politisches Theater. Seit heute Morgen laeuft dort ein besonderes Stueck aus diesem Genre. Gegeben wird der dritte Akt der Auffuehrung "Die PDS-Spitze hungert weiter". Nach Treuhand- und Fraktionsraeumen im Abgeordnetenhaus haben Parteichef Bisky und Bundestagssprecher Gysi ihr Domizil nun auf Brettern aufgeschlagen, die dort seit 80 Jahren die Theaterwelt bedeutetn. Vis a vis der Parteizentrale, dem Karl-Liebknecht-Haus, demonstriert die PDS Spitze damit weiter gegen die 67 Mio. DM - Forderung der Finanzbehoerde und die Pfaendung von rund 3 Mio. DM Wahlkampfkostenerstattung. Aus dem Abgeordnetenhaus waren die Hungerstreikenden heute frueh um halb fuenf durch die Polizei verwiesen worden. Parlamentspraesidentin Laurien hatte Weisung gegeben. Weitere Proteste der PDS laufen an verschiedenen Orten der neuen Laender oder sind angekuendigt. So eine Demonstration morgen vor dem Berliner Finanzamt oder die Sperrung des Ruegendamms bei Stralsund.


Bayern SPD fordert Ausgleich der Wettbewerbsvorteile der Privatsender

Eine Lanze fuer oeffentlich rechtlichen Rundfunk und Fernsehen hat heute die Bayern-SPD gebrochen. Damit der Zuschauer auch weiterhin bei ARD und ZDF in der ersten Reihe sitzt muessen nach Ansicht der SPD-Landtagsfraktion Wettbewerbsvorteile der privaten Anbieter ausgeglichen werden. Im Klartext: die 20:00 Uhr Werbegrenze fuer die oeffentlich-rechtlichen Sender muss aufgehoben werden.


US-$

1 US-$ = DM 1.5792


Quellen

S4    15:00 MEZ
B5    16:30 MEZ
SDR3    17:00 MEZ
Radio7    19:00 MEZ