GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 19. 09. 2005



* Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Bundestagswahl
* Parteien sehen sich nach moeglichen Koalitionen um
* Barroso fordert schnelle Bildung einer stabilen Regierung
* Kirchhof zieht sich aus der aktiven Politik zurueck
* Reaktionen von Gewerkschaften und Verbaenden auf das Wahlergebnis
* Vollversammlung der katholischen Bischoefe in Fulda
* Stoibers Fuehrungsstil nach Wahl in der Kritik
* Zeugen entlasten BW-Landesregierung vor Messe-Untersuchungsausschuss
* Wahlausgang fuehrt zu Kursverlusten der Energieversorger
* Die Deutsche Post uebernimmt britische Logistik-Gruppe Exel
* Siemens plant massiven Stellenabbau
* 74. Interpol-Generalversammlung in Berlin
* Weg frei fuer ICE-Verbindung von Trier nach Berlin
* Weinbauern rechnen mit guter Qualitaet der diesjaehrigen Weine



Vorlaeufiges amtliches Endergebnis der Bundestagswahl

Bei der Bundestagswahl hatten die beiden grossen Parteien CDU/CSU und SPD gestern deutliche Stimmenverluste hinnehmen muessen. Der verschobene Wahlgang in Dresden wird das Endergebnis der Bundestagswahl voraussichtlich nicht grundlegend veraendern. Dass die SPD im Wahlkreis Dresden I drei Mandate gewinne, sei so wahrscheinlich wie ein "Sechser im Lotto", sagte Dresdens Kreiswahlleiter Sittel. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren die CDU das Direktmandat im Wahlkreis gewann. Die Nachwahl in Dresden war angesetzt worden, da wenige Tage vor der Wahl eine NPD-Direktkandidatin gestorben war.

Das vorlaeufige amtliche Endergebnis lautet:

  Partei % 2005 Sitze 2005 % 2002 Sitze 2002
  SPD 34,3 222 38,5 251
  CDU/CSU 35,2 225 38,5 248
  Gruene 8,1 51 8,6 55
  FDP 9,8 61 7,4 47
  Linke 8,7 54 4,0 2
  Sonst. 3,9 - 2,8 -

Wahlbeteiligung: 2005: 77,7% 2002: 79,1%


Parteien sehen sich nach moeglichen Koalitionen um

Berlin: Der Ausgang der gestrigen Wahl laesst keine klare Koalition zu. Rechnerisch moeglich sind eine grosse Koalition, eine Ampelkoalition von SPD, FDP und Gruenen sowie ein Buendnis von Union, FDP und Gruenen. Bundeskanzler Schroeder und seine Herausforderin Merkel beanspruchten gestern Abend das Amt des Regierungschefs fuer sich, beide wollen mit allen anderen Parteien ausser der Linkspartei ueber eine Koalition sprechen. Schroeder schloss eine grosse Koalition unter Fuehrung Angela Merkels aus. Der CSU-Vorsitzende Stoiber warb dafuer, auch mit den Gruenen Sondierungsgespraeche zu fuehren.

Gruenen-Chefin Roth haelt eine so genannte Jamaika-Koalition mit Union und FDP fuer u-nwahrscheinlich. "Ich war noch nicht in Jamaika, aber ich bin ReggaeFan und das hat sehr wenig mit der Leitkultur von Herrn Stoiber zu tun", sagte Roth in der ARD. Sie rede dennoch gerne mit dem CSU-Chef "ueber den Atomausstieg" oder ueber "die EU-Integration der Tuerkei." Der Spitzenkandidat der Gruenen, Aussenminister Fischer, hatte bereits am Abend gesagt, die Gruenen wuerden sich auf ihre Oppositionsrolle einstellen.

FDP-Chef Westerwelle hat einer Koalition seiner Partei mit der SPD unter Kanzler Schroeder schriftlich eine Absage erteilt. Ein Buendnis mit Union und Gruenen schloss Westerwelle nicht aus. Der Chef der Linkspartei, Bisky, versagte Schroeder im Fall einer Kandidatur im 16. Bundestag die Unterstuetzung.


Barroso fordert schnelle Bildung einer stabilen Regierung

EU-Kommissionspraesident Barroso hat die politischen Fuehrer in Deutschland aufgefordert, nach der Wahl schnell fuer eine stabile Regierung zu sorgen. Politische Stabilitaet in Deutschland sei unerlaesslich. Ohne ein dynamisches Deutschland koenne Europas Wirtschaft nicht wieder Tritt fassen, so Barroso. Als "Ueberraschung" und "erfreuliches Ergebnis" fuer den EU-Beitrittsprozess der Tuerkei wertete der tuerkische Ministerpraesident Erdogan den Wahlausgang. Er kritisierte die CDU und ihre "negative Propaganda" zu Lasten der Tuerkei.


Kirchhof zieht sich aus der aktiven Politik zurueck

Der von CDU-Chefin Merkel als Finanzminister vorgesehene Wissenschaftler Kirchhof will sich aus der aktiven Politik zurueckziehen und auf seine Professur in Heidelberg konzentrieren. Das sagte Kirchhof der Muenchner "Abendzeitung". Mit seinem Steuermodell habe er "etwas angestossen", das sich weiter entwickeln werde. An dieser Entwicklung werde er auch weiter mitwirken, wenn auch nicht aktiv in der Politik. In einer Regierung, an der die SPD beteiligt ist, sehe er aber keine Realisierungschancen fuer sein Steuersystem.


Reaktionen von Gewerkschaften und Verbaenden auf das Wahlergebnis

Berlin. Die Gewerkschaften in Deutschland haben das Wahlergebnis als klare Absage an Sozialabbau und Neoliberalismus gewertet. IG-Metall-Chef Peters sagte, eine strukturelle Mehrheit im Land habe fuer eine solidarische und soziale Reformpolitik gestimmt, in der die Interessen der Arbeitnehmer im Vordergrund stehen. Dagegen befuerchten Wirschaftsverbaende durch das unklare Ergebnis einen Reformstillstand. Sie forderteten deshalb eine schnelle Regierungsbildung.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet nicht mit negativen Auswirkungen der Bundestagswahl auf die Konjunkturentwicklung in Deutschland. Vielleicht wuerden einige Firmen Investitionsentscheidungen aufschieben, sagte DIHK-Praesident Braun mit Blick auf die voraussichtlich schwierigen Koalitionsverhandlungen. Einen kurzfristigen Einfluss auf das Wachstum werde dies jedoch nicht haben. Sollte sich eine neue Regierung aber nicht auf ein Reformprogramm einigen, koennte dies sehr wohl Auswirkungen auf die Entwicklung des Brutto-Inlandsprodukts haben.

Nach dem unklaren Wahlausgang haben die Wirtschaftsverbaende an die Politik appelliert, schnell eine handlungsfaehige Regierung zu finden. Franz Fehrenbach, der Chef des Stuttgarter Autozulieferers Bosch, fuerchtet um den Reformprozess in Deutschland, wenn die politische Debatte zu lange andauert.


Vollversammlung der katholischen Bischoefe in Fulda

Die katholischen Bischoefe sind in Fulda zusammengekommen. Im Mittelpunkt des Treffens steht die Wahl des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Ob Karl Kardinal Lehmann aus Mainz im Amt bleibt, ist unklar. Unter anderen ist Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch als Nachfolger im Gespraech.

Karl Kardinal Lehmann wird vielleicht nicht mehr fuer eine weitere sechsjaehrige Amtszeit kandidieren. Falls er sich zurueckziehen sollte, gilt der Erzbischof von Freiburg, Robert Zollitsch, als ein moeglicher Nachfolger. Auch dem Trierer Bischof Reinhard Marx werden in Kirchenkreisen Chancen auf die Lehmann-Nachfolge eingeraeumt. Offizielle Kandidaten gibt es aber nicht. Lehmann leitet die Bischofskonferenz seit 18 Jahren. Die Wahl ist fuer morgen geplant.

Die 68 Bischoefe wollen bei ihrer traditionellen Herbstvollversammlung zudem Perspektiven fuer die neue Legislaturperiode des Bundestags, Fragen zur Gefaengnisseelsorge und die Zukunft der Bundeswehr eroertern.


Stoibers Fuehrungsstil nach Wahl in der Kritik

Muenchen. Die herben Verluste fuer die CSU bei der Bundestagswahl haben eine partei-interne Diskussion ueber die Ursachen ausgeloest. Die stellvertretende Parteichefin Stamm kritisierte offen den Fuehrungsstil des Vorsitzenden Stoiber. Es koenne nicht so sein, dass einige wenige die Strategie vorgaeben und andere Solidaritaet zu ueben haetten, sagte Stamm vor einer CSU-Vorstandssitzung. Staatskanzleichef Huber und der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Glos warnten dagegen vor Schuldzuweisungen. Die CSU ist gegenueber 2002 um mehr als neun Prozentpunkte auf 49,3 Prozent abgerutscht, die SPD verlor geringfuegig und kam auf 25,5 Prozent. Die FDP hat ihren Stimmenanteil auf 9,5 Prozent mehr als verdoppelt, die Gruenen steigern sich leicht auf 7,9 Prozent. Damit entsendet die CSU nur noch 46 Abgeordnete ueber die Landesliste in den Bundestag und ist dort die kleinste Partei. Die SPD schickt 24, die FDP neun und die Gruenen sieben Abgeordnete nach Berlin. Drei Mandate entfallen auf die Linkspartei.


Zeugen entlasten BW-Landesregierung vor Messe-Untersuchungsausschuss

Vor dem Messe-Untersuchungsausschuss des Landtags haben die ersten Zeugen die Landesregierung entlastet. Diese sei nicht die treibende Kraft fuer den Umzug gewesen, sagten sowohl der Geschaeftsfuehrer der Stuttgarter Messe wie auch der Sinsheimer Messeveranstalter Paul Schall.

Schall sagte, die Landesregierung habe ihn nicht zu dem Umzug gedraengt. Es habe auch keine Gespraeche oder Verhandlungen mit Regierungsmitgliedern gegeben. Vielmehr haetten ihn viele Aussteller zu einem Umzug gedraengt, da sie mit den Bedingungen in Sinsheim unzufrieden gewesen waren.


Wahlausgang fuehrt zu Kursverlusten der Energieversorger

Der offene Ausgang der Bundestagswahl hat an der Boerse zu teilweise heftigen Kursverlusten der Energieversorger gefuehrt. Einen grundlegenden Wandel in der Energiepolitik forderte Veit Buerger vom Oeko-Institut in Freiburg.

Am Tag nach der Wahl verloren die Aktien von RWE und E.ON zeitweise deutlich ueber drei Prozent. Eine Verlaengerung der Laufzeiten fuer Atomkraftwerke sei zunaechst vom Tisch, sagten Haendler. Darauf hatten die Energieversorger im Falle einer schwarz-gelben Koalition gehofft. Aber es gab auch Gewinner: So legten Solartitel wie Solarworld oder Conergy aus dem TecDax kraeftig zu, weil sich die Furcht vor Kuerzungen bei der Foerderung alternativer Energien gelegt hat.


Die Deutsche Post uebernimmt britische Logistik-Gruppe Exel

Die Deutsche Post uebernimmt den britischen Logistik-Konzern Exel. Das gab das Unternehmen heute frueh in Bonn bekannt. Der Kaufpreis betrage 5,5 Milliarden Euro. Die Exel-Uebernahme ist die bislang umfangreichste Auslands-Investition der Post, die damit zum weltweit groessten Logistik-Anbieter aufsteigt.


Siemens plant massiven Stellenabbau

Muenchen. Der Technologiekonzern Siemens hat den Abbau von tausenden weiteren Stellen in Deutschland angekuendigt. Wie Vorstandschef Kleinfeld heute bekannt gab, sollen allein bei der defizitaeren IT-Tochter SBS 2.400 Jobs wegfallen. Die Logistiksparte wird laut Kleinfeld zerschlagen, verlustreiche Teile mit rund 5.000 Mitarbeitern werden ausgegliedert. In der Kommunikationssparte befuerchten Arbeitnehmervertreter den Abbau von 3.000 bis 4.000 Stellen. Die IG Metall sprach von einem Horrorpaket. Sie rechnet damit, dass es auch noch Gehaltskuerzungen bei den verbliebenen Mitarbeitern geben wird.


74. Interpol-Generalversammlung in Berlin

In Berlin ist die groesste Generalversammlung in der Geschichte von Interpol zusammengetreten.Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen treffen sich mehr als 600 Experten aus 154 der 184 Mitgliedslaendern der Polizeiorganisation. Im Mittelpunkt der Beratungen stehen Anstrengungen gegen den Terrorismus und die organisierte Kriminalitaet.

Bundesinnenminister Schily hat eine Datenbank fuer Vermisste und unbekannte Tote gefordert. So koenne kuenftig besser auf Naturkatastrophen oder grosse Ungluecksfaelle reagiert werden, sagte der Minister zur Eroeffnung der Generalversammlung von Interpol. Der Zugriff auf die gespeicherten Informationen solle allen Mitgliedstaaten der Interpol moeglich sein.


Weg frei fuer ICE-Verbindung von Trier nach Berlin

Der geplanten direkten ICE-Verbindung zwischen Trier und Berlin steht nichts mehr im Wege. Ab Dezember werde der Regelverkehr aufgenommen, teilte die Deutsche Bahn AG in Frankfurt mit. Die Zuege werden zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember taeglich fahren. Sie starten um 5.00 Uhr in Trier und kommen gegen 13.00 Uhr in der Hauptstadt an. In Berlin fahren sie um 16.00 Uhr ab und erreichen Trier gegen Mitternacht. Die Verbindung fuehrt ueber Koblenz und den Flughafen Koeln/Bonn. Eine Genehmigung vom Eisenbahn-Bundesamt fuer die Nutzung einer S-Bahn-Trasse durch einen Tunnel bei Koeln-Porz sei doch nicht notwendig gewesen, sagte ein Bahn-Sprecher. Die Bahn habe eine andere Loesung gefunden. In der Naehe des Tunnels habe es noch eine andere S-Bahn-Strecke ohne Genehmigungspflicht gegeben.


Weinbauern rechnen mit guter Qualitaet der diesjaehrigen Weine

Die Weinbauern rechnen in diesem Jahr mit ausgezeichneten Weinen in ausreichender Erntemenge. In den beiden Weinanbaugebieten Baden und Wuerttemberg koenne mit einem ueberdurchschnittlichen Ertrag gerechnet werden, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) in Freiburg. Trotz der vergleichsweise vielen Regentage habe die Witterung in diesem Jahr doch noch fuer eine gute Weinqualitaet gesorgt. In dieser Woche wollen die Winzer im Land mit der diesjaehrigen Hauptlese beginnen, sagte Hauk.


Quellen

DLF    12:00 MESZ    18:00 MESZ
BR5    06:00 MESZ    12:00 MESZ    18:00 MESZ
SWR3    12:00 MESZ    18:00 MESZ