GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 22.01.1996



* Polizei ermittelt weiter in Luebecker Brandstiftung
* Daeubler-Gmelin fordert andere Unterbringung von Asylbewerbern
* IG Metall protestiert gegen Abschaffung des Vorruhestandes
* Buendnis 90 fordert staerkere Foerderung mittelstaendischer Betriebe
* Daimler Benz beraet ueber Zukunft der Tochterfirma Fokker
* Geiselnahme nach Ueberfall auf Spielhalle in Hannover
* Morgen Kanzlerrunde in Bonn
* Regierungssprecher Haussmann dementiert Mehrwertsteuererhoehung
* Laender wollen tarif-Nullrunde im oeffentlichen Dienst
* Abwassergebuehren steigen laut Staedtetag nur um 6 Prozent



Polizei ermittelt weiter in Luebecker Brandstiftung

In Luebeck hat die Polizei am Morgen die Vernehmung des Libanesen fortgesetzt, dem die Brandstiftung in einem Auslaenderwohnheim zur Last gelegt wird. Der unter dringendem Tatverdacht stehende Mann sei aussagebereit, erklaerte ein Sprecher der Kriminalpolizei. Auch in seinem Umfeld solle ermittelt werden. Es gebe eventuell Mitwisser oder Mittaeter aus dem Freundeskreis oder seiner Familie. Der 20jaehrige Libanese war am Sonnabend verhaftet worden. Er bestreitet die Tat, soll sie aber in der Brandnacht einem Feuerwehrmann gestanden haben. Als Motif vermuten die Ermittler Streitigkeiten unter den Bewohnern des Fluechtlingsheims. Bei dem Feuer waren am fruehen Donnerstagmorgen 10 Menschen ums Leben gekommen und weitere 38 verletzt worden.

Am Mittag hatte die Polizei die Spurensicherung in dem abgebrannten Haus abgeschlossen und gemeldet, dass alle Beweise gesichtert seien.

Der Rechtsanwalt des Libanesen, der der Brandstiftung im Luebecker Asylbewerberheim verdaechtig wird, ist von der Unschuld seines Mandanten ueberzeugt. Anwalt Wolter erklaerte in einem Gespraech mit der Deutschen Presseagentur, der 20jaehrige habe gegenueber einem Sanitaeter gesagt "Die waren es" und nicht "Wir waren es". Zwei Brueder des Beschuldigten seien Zeugen dieser Aeusserung gewesen. Mit den Worten "Die waren es" habe sich sein Mandant auf die Aussagen seines Vaters bezogen, der das Klappen einer Gartentuer und eine Art Explosion gehoert habe. Der Anwalt widersprach den Angaben der Polizei, Streit unter den Hausbewohnern koenne ein moegliches Tatmotiv sein. Er sagte, Schwarzafrikaner und Libanesen seien prima miteinander ausgekommen. Zuvor hatte der Luebecker Polizeisprecher mitgeteilt, die Ermittlungen seien inzwischen auf das Umfeld des beschuldigten Libanesen ausgeweitet worden.


Daeubler-Gmelin fordert andere Unterbringung von Asylbewerbern

Baden-Baden. Nach der Brandkatastrophe von Luebeck muessen nach Ansicht der stellvertretenden SPD Vorsitzenden Hertha Daeumbler-Gmelin Lehren gezogen werden. Asylbewerber sollten nicht in Grossunterkuenften auf engem Raum und abgeschieden von der deutschen Umwelt wohnen. Wie die SPD Politikerin im Suedwestfunk sagte, sind Spannungen unausweichlich, wenn um die 60 Leute unterschiedlicher Nationalitaet und unterschiedlicher Temperamente unter einem Haus zusammenleben muessen. Wenn Asylbewerber als einzelne Familien untergebracht wuerden, koennte sich nach Auffassung von Hertha Daeubler-Gmelin eine andere Beziehung zu den Deutschen entwickeln.


IG Metall protestiert gegen Abschaffung des Vorruhestandes

In Nordrhein-Westfalen haben heute frueh die Aktionen der Industriegewerkschaft Metall gegen die geplanten Aenderungen des Vorruhestandes begonnen. Mitarbeiter der Thyssen Stahl AG besetzten nach Gewerschaftsangaben einen Hochofen in Duisburg. Die IG Metall hatte fuer heute zu einem bundesweiten Protesttag aufgerufen. In vielen Betrieben soll es befristete Streiks geben. IG Metall Chef Zwickel will in Duisburg auf der zentralen Kundgebung sprechen. Die Gewerkschaft befuerchtet weitere Massenentlassungen wenn den Unternehmen die Moeglichkeit genommen wird, aeltere Beschaeftigte in den Vorruhestand zu schicken.


Buendnis 90 fordert staerkere Foerderung mittelstaendischer Betriebe

Die wirtschaftspolitische Sprecherin von Buendnis 90/Die Gruenen, Wolf, hat eine staerkere Foerderung mittelstaendischer Betriebe verlangt. Frau Wolf sagte heute frueh im Deutschlandradio Berlin, es sei nicht richtig, dass der Bund zu 90 Prozent die Grossindustrie unterstuetze, die nur 30 Prozent der Arbeitsplaetze stelle. Kleinere und mittlere Unternehmen bekaemen dagegen nur 10 Prozent. Auf diese Betriebe entfielen aber 80 Prozent der Ausbildungsplaetze und mehr als 70 Prozent der Arbeitsplaetze. Insbesondere sollten im Rahmen eines oekologischen Umbaus Betriebe mit innovativer Produktion gefoerdert werden. Frau Wolf schlug vor, solche Unternehmen fuer 5 Jahre von der Unternehmenssteuer freizustellen.


Daimler Benz beraet ueber Zukunft der Tochterfirma Fokker

Der Aufsichtsrat des Daimler Benz Konzerns ist in Stuttgart zusammengekommen, um ueber die Zukunft der niederlaendischen Tochterfirma Fokker zu entscheiden. In Amsterdam wird damit gerechnet, dass das hochverschuldete Flugzeugbauunternehmen geschlossen wird. Verhandlungen zwischen Daimler Benz und der niederlaendischen Regierung ueber staatliche Subventionen waren in der vergangenen Woche gescheitert. Der Stuttgarter Konzern verlangte umgerechnet rund 2,4 Milliarden DM ueber einen Zeitraum von 6 Jahren und machte dies zur Voraussetzung fuer eine eigene Beteiligung an einer Sanierung fuer Fokker. Wegen der Krise beim niederlaendischen Flugzeugbauer wurde heute in Deutschland und den Niederlanden der Handel mit Papieren von Daimler, AEG und Fokker ausgesetzt.

Der niederlaendische Wirtschaftsminister Weiers (sp?) hat der Daimler Benz AG vorgeworfen, den Verpflichtungen gegenueber dem Flugzeugbauer Fokker nicht gerecht geworden zu sein. In Den Haag wies er darauf hin, dass der Stuttgarter Konzern im Jahr 1993 das Unternehmen zu sehr guenstigen Preisen uebernommen habe. Die niederlaendische Regierung habe damals eine dauerhafte Verstaerkung der Kapitalbasis von Fokker und des Aufbau eines grossen europaeischen Kooperationsverbandes in Luftfahrtbereich erwartet. Der Aufsichtsrat der Daimler Benz AG hatte am Mittag beschlossen, die Finanzhilfen fuer das angeschlagene Tochterunternehmen mit sofortiger Wirkung einzustellen. Zur Begruendung hiess es, die Gespraeche mit der Regierung in Den Haag ueber eine Rettung des Unternehmens seien gescheitert. Der Vorstandsvorsitzende Schrempp raeumte ein, man habe die Marktchancen von Fokker falsch eingeschaetzt. Die niederlaendische Regierung will nun versuchen, einzelne Wirtschaftsbereiche des traditionsreichen Flugzeugherstellers zu retten. Ein Konkurs des Unternehmens, das mehr als 7000 Menschen beschaeftigt, koennte auch Arbeitsplaetze bei der Daimler Benz Aerospace (DASA) gefaehrden.


Geiselnahme nach Ueberfall auf Spielhalle in Hannover

In Hannover hat am Vormittag ein bislang noch unbekannter Taeter nach einem Ueberfall auf eine Spielhalle vermutlich eine oder mehrere Geiseln genommen. Ein Polizeisprecher sagte, das Gebaeude sei umstellt.


Morgen Kanzlerrunde in Bonn

Mit der Voraussage geringeren Wirtschaftswachstums und einer hoeheren Arbeitslosigkeit geht die Bundesregierung morgen in das Gipfeltreffen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften. Aus dem Entwurf des Jahreswirtschaftsberichtes gehe hervor, dass sich das Wachstum im naechsten Jahr von 1,9 auf 1,5 Prozent abschwaeche hiess es heute in Bonn. Die Arbeitslosenquote koenne auf 10 Prozent steigen. Im Mittelpunkt der Kanzlerrunde morgen abend wird das von IG Metall Chef Zwickel angeregte Buendnis fuer Arbeit stehen. Ausserdem soll ueber Fruehrenten und Ausbildungsplaetze beraten werden.


Regierungssprecher Haussmann dementiert Mehrwertsteuererhoehung

Zur Diskussion ueber die Erhoehung der Mehrwertsteuer sagte Regierungssprecher Haussmann, eine Erhoehung sei vom Kabinett nicht vorgesehen. Die Debatte ueber eine Erhoehung von 15 auf 16 Prozent war vom CDU Vorstandsmitglied Linssen(sp?) ausgeloest worden.


Laender wollen tarif-Nullrunde im oeffentlichen Dienst

Die Finanzminister der Laender wollen bei der diesjaehrigen Tarifrunde fuer den oeffentlichen Dienst eine Nullrunde durchsetzen. Dies kuendigte die Ressortchefin von Mecklenburg-Vorpommern Cledin (cp?) in der Schweriner Volkszeitung an. Frau Cledin sagte, 1996 und auch in den Folgejahren muesse weit mehr gespart werden als bisher vorgesehen.


Abwassergebuehren steigen laut Staedtetag nur um 6 Prozent

Die kommunalen Gebuehren fuer Abwasser und Abfall werden nach Einschaetzung des deutschen Staedtetages in diesem Jahr voraussichtlich um hoechstens 6 Prozent steigen. Der Praesident der Organisation Seiler widersprach in Bonn Berichten ueber eine 20-prozentige Anhebung. Zugleich betonte er, die Kommunen duerften die Gebuehren nicht zur Sanierung ihrer Haushalte sondern lediglich zur Begleichung ihrer Kosten verwenden.


Quellen

DLF    9:00 Uhr MEZ    11:00 Uhr MEZ    20:00 Uhr MEZ
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