GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 18.12.1995



* Kinkel eroeffnet Jugoslawien-Konferenz in Bonn
* SPD-Politiker Duwe zu voelliger Abruestung in Ex-Jugoslawien
* Albaniens Praesident Berisha tritt Besuch in Deutschland an
* Bundeskabinett tritt zu letzter Sitzung diesen Jahres zusammen
* Bundesregierung plant weitere Einschnitte im Gesundheitswesen
* Innenminister Birzele weisst Vorwuerfe der Datenschutzbeauftragten zurueck
* Peter Graf bleibt weiter in Untersuchungshaft
* Arbeitgeberverband Gesamtmetall sieht Buendnis fuer Arbeit nicht finanzierbar
* Ermittlungen gegen frueheren Oberstaatsanwalt von Bock und Pullach
* 47 Nigerianer nach abgelehntem Asylantrag zur Ausreise verpflichtet
* AIDS-Infizierter Mann kettete sich vor Kanzleramt an



Kinkel eroeffnet Jugoslawien-Konferenz in Bonn

Bundesaussenminister Kinkel hat am Vormittag auf dem Petersberg bei Bonn die Konferenz ueber Abruestung und vertrauensbildende Massnahmen im ehemaligen Jugoslawien eroeffnet. Dabei betonte er, Frieden auf dem Balkan koenne es nicht geben wenn die Konfliktparteien hochgeruestet blieben. Deshalb muessten Wiederaufbau und Ruestungskontrolle verbunden werden. Teilnehmer der Konferenz sind neben Rest-Jugoslawien auch Bosnien und Kroatien sowie eine Reihe weiterer Staaten, unter ihnen die Mitglieder der internationalen und der islamischen Bosnien-Kontaktgruppe. Vertreten sind darueber hinaus die europaeische Union und die NATO. Kinkel betonte am Nachmittag, das Treffen sei erfolgreich gewesen. Wichtig sei jetzt, dass sich Rest-Jugoslawien und Kroatien gegenseitig anerkennen wuerden. Zu Beginn des Treffens hatte der Minister vor allem neuen Ruestungswettlauf auf dem Balkan gewarnt. Die geplante Wiederaufbauhilfe machte er deshalb von konkreten Abruestungsschritten der bisherigen Konfliktparteien abhaengig.


SPD-Politiker Duwe zu voelliger Abruestung in Ex-Jugoslawien

Der aussenpolitische Experte der SPD-Bundestagsfraktion Duwe hat sich gegen eine voellige Entwaffnung der Kriegsparteien in Bosnien ausgesprochen. Vor der in Bonn beginnenden Konferenz ueber Abruestung im ehemaligen Jugoslawien wies Duwe heute frueh im Deutschlandfunk darauf hin, dass das Mandat der NATO-Friedenstruppe nach einem Jahr auslaeuft. Anzustreben sei deswegen eine Art Gleichgewicht der Kraefte auf niedrigem, polizeiaehnlichem Niveau, sagte der SPD-Politiker. Diese Kraefte muessten in der Lage sein, jene zu kontrollieren, die noch zu militaerischen Uebergriffen bereit seien. Dazu brauche man aber keine Flugzeuge oder schwere Waffen.


Albaniens Praesident Berisha tritt Besuch in Deutschland an

Der albanische Praesident Berisha wird heute in Bonn zu Beginn seines viertaegigen Deutschlandbesuchs von Bundespraesident Herzog empfangen. Auf dem Programm stehen auch Gespraeche mit Bundeskanzler Kohl und Entwicklungsminister Spranger sowie Vertretern der Opposition. Hauptthema duerfte die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Albanien sein, das zu den aermsten Laendern Europas zaehlt. Herzog hatte Anfang des Jahres als erster Bundespraesident Albanien besucht. Bundespraesident Herzog hat die Reformpolitik Albaniens nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft gewuerdigt. Das Land sei auf dem Wege seiner Integration in Europa ein grosses Stueck vorangekommen, sagte Herzog am Abend in Bonn bei einem Essen mit dem albanischen Praesidenten Berisha. Er verwies unter anderem darauf, dass der Staat seit Juli Mitglied im Europarat ist. Zuvor hatte Bundeskanzler Kohl nach einer Unteredung mit Berisha weitere politische und wirtschaftliche Unterstuetzung fuer Albanien zugesagt. Kohl wuerdigte die albanischen Bemuehungen um demokratische und marktwirtschaftliche Reformen.


Bundeskabinett tritt zu letzter Sitzung diesen Jahres zusammen

Das Bundeskabinett kommt heute in Bonn zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr zusammen. Unter Leitung von Bundeskanzler Kohl soll der Gesetzentwurf zur Verlaengerung der Ladenoeffnungszeiten beschlossen werden. Ausserdem geht es um die Einfuehrung der zweiten Stufe der Pflegeversicherung. Beide Vorhaben sind in der Unionsfraktion und bei den Freien Demokraten umstritten. Zur Verlaengerung der Ladenoeffnungszeiten hat der Praesident des Bundeskartellamtes Wolf die Auffassung zurueckgewiesen, laengere Oeffnungszeiten koennten den mittelstaendischen Handel in den Ruin treiben. Wolf sagte der Berliner Zeitung, trotz des bestehenden Ladenschlusses sei die Zahl der kleineren Handelsbetriebe dramatisch zurueckgegangen. Eine Schutzfunktion durch kuerzere Oeffnungszeiten gebe es nicht. Unter Leitung von Bundeskanzler Kohl hat sich das Bundeskabinett heute Abend auf seiner letzten Sitzung in diesem Jahr mit den Themen Pflegeversicherung und Liberalisierung der Ladenschlusszeiten befasst. Die Minister stimmten der zweiten Stufe der Pflegeversicherung zu. Sie umfasst vom 1. Juni an stationaere Leistungen. Bei der Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes wurde am Abend insbesondere wegen der Bedenken in den Reihen der Union vor dem Fruehjahr keine Entscheidung des Bundestages erwartet. Spaeter am Abend hat das Bundeskabinett dem Entwurf zur Lockerung der Ladenschlusszeiten zugestimmt. Der Entwurf sieht vor, dass die Geschaefte kuenftig wochentags von 6 bis 20 Uhr oeffnen duerfen, am Samstag je nach Entscheidung des betreffenden Bundeslandes bis 16 oder 18 Uhr. Frische Broetchen duerfen auch an Sonntagen verkauft werden. Das Kabinett beschloss den Entwurf obwohl es in der Fraktion auf starken Widerstand gegen die Aenderung des Ladenschlussgesetzes stiess.


Bundesregierung plant weitere Einschnitte im Gesundheitswesen

Bonn. Die Bundesregierung plant weitere Einschnitte im Gesundheitswesen. Mit der dritten Stufe der Gesundheitsreform sollen pro Woche Kuraufenthalt zwei Tage Urlaub angerechnet werden. Die Zuzahlungen fuer Kur, Krankenhausbehandlungen, Fahrtkosten und Arzneimittel sollen weiter angehoben werden. Bundesgesundheitsminister Seehofer plant Aenderungen bei den gesetzlichen Krankenkassen. Wie bei den privaten Kassen soll es Praemien fuer Gesunde geben und der sogenannte Selbstbehalt eingefuehrt werden. Selbstbehalt bedeutet, dass der Versicherte einen Beitragsrabatt erhaelt, wenn er einzelne Leistungen, zum Beispiel Zahnersatz, selbst bezahlt. Das vorgestellte Konzept sieht weiterhin vor, dass die Zuzahlungen zu Arzneimitteln erstmals zum 1. Juli 1997 angehoben werden. Die niedrigste Zuzahlung zu Arzneimitteln wuerde dann von 3,00 DM auf 3,50 DM steigen. Mehr als verdoppelt werden soll der Eigenanteil bei Kuren. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dressler kuendigte an, man werde die Plaene der Regierung zum Scheitern bringen.


Innenminister Birzele weisst Vorwuerfe der Datenschutzbeauftragten zurueck

Stuttgart. Der sozialdemokratische Innenminister von Baden-Wuerttemberg Birzele hat die Vorwuerfe der Datenschutzbeauftragten Leutze zurueckgewiesen. Frau Leutze hatte heute angekuendigt, sie werde Ende Maerz ihr Amt aufgeben, weil sich der Innenminister massiv in ihre Arbeit eingemischt habe. Die gesetzlich garantierte Unabhaengigkeit des Datenschutzes sei deshalb unter Birzele nicht mehr so gewaehrleistet wie es unter seinem CDU-Vorgaenger der Fall gewesen sei kritisierte Frau Leutze. Birzele erklaerte dazu, Frau Leutze wiederhole alte Vorwuerfe und versuche ihn persoenlich zu diffamieren. Im zustaendigen Ausschuss des Landtages habe sich kein einziger Abgeordneter die Vorwuerfe der Datenschutzbeauftragten zueigen gemacht. In ihrem Jahresbericht listet Frau Leutze zahlreiche Verstoesse auf. Das Steuergeheimnis sei von den Finanzaemtern mehrfach gebrochen worden. Das Wirtschaftsministerium habe sich verbotenerweise Daten ueber die Zuverlaessigkeit von Sachverstaendigen besorgt.


Peter Graf bleibt weiter in Untersuchungshaft

Mannheim. Peter Graf bleibt weiter in Untersuchungshaft. Dies entschied der zustaendige Haftrichter. Zur Erklaerung heisst es, bei dem Vater der Tennisspielerin Steffi Graf bestehe weiterhin Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Deshalb muesse die Untersuchungshaft fortdauern. Peter Graf sitzt seit Anfang August im Mannheimer Gefaengnis. Peter Graf hatte im Wege eines Haftpruefungstermins erreichen wollen, ueber Weihnachten bei seiner Familie zu sein.


Arbeitgeberverband Gesamtmetall sieht Buendnis fuer Arbeit nicht finanzierbar

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall betrachtet das von der IG Metall vorgeschlagene Buendnis fuer Arbeit als nicht finanzierbar. Das berichtet das in Duesseldorf erscheinende Handelsblatt. Die Zeitung beruft sich auf eine Studie der Volkswirte von Gesamtmetall. Darin heisst es, die Unternehmer gingen von einem Verlust von 110,000 Stellen aus, falls die Lohnkostenbelastung nicht verringert werde. Wuerden die Arbeitgeber bis Ende naechsten Jahres 110,000 zusaetzliche Arbeitsplaetze schaffen, um die IG Metall Bedingungen zu erfuellen liefe das auf insgesamt 220,000 Stellen hinaus. Dies aber sein nicht finanzierbar.


Ermittlungen gegen frueheren Oberstaatsanwalt von Bock und Pullach

Gegen den Staatsrat beim Bremer Innensenator und frueheren Oberstaatsanwalt von Bock und Pullach (sp?) ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Justizpressestelle teilte mit, es bestehe der Anfangsverdacht der Strafvereitelung im Amt. Nach offiziell nicht bestaetigten Berichten soll es um verschwundene oder nicht bearbeitete Akten aus der Zeit Bocks als Oberstaatsanwalt gehen. Der Bremer Innensenator Borttscheller sagte, beim gegenwaertigen Stand des Verfahrens sehe er keinerlei Anlass, von Bock vom Dienst zu suspendieren.


47 Nigerianer nach abgelehntem Asylantrag zur Ausreise verpflichtet

In Berlin sind derzeit 47 Nigerianer aufgrund abgelehnter Asylantraege zur Ausreise verpflichtet. Das teilte Innensenator Heckelmann heute in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage aus dem Abgeordnetenhaus mit. Ein Abschiebestop fuer die Betroffenen sei rechtlich unzulaessig.


AIDS-Infizierter Mann kettete sich vor Kanzleramt an

Bonn. Ein AIDS-infizierter Mann hat sich am Abend drei Stunden lang am Eingang des Kanzleramts angekettet. Er drohte damit, sich selbst in die Luft zu sprengen. Der Mann verlangte mit Bundeskanzler Kohl ueber seine Probleme zu sprechen. Er gab dann aber auch wegen der Kaelte auf. Der Sprengsatz entpuppte sich als Attrappe. Ein Psychologe kuemmerte sich um den Mann, der heute einen Prozess vor einem Arbeitsgericht und damit seinen Job verloren hatte.


Quellen

DLF    8:00 Uhr MEZ    10:00 Uhr MEZ    17:00 Uhr MEZ    20:00 Uhr MEZ
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