GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 13.02.1995



* Gedenken an Dresden
* Bundesverwaltungsgerichtsurteil ueber "Liste 3"
* Neuer Vorsitzender fuer die OeTV
* Bund der Steuerzahler gegen Steuergeldverschwendung in der Ex-DDR
* Tarifgespraeche zwischen IG Metall und Arbeitgebern
* Neuer Prozess gegen Ex-DDR-Unterhaendler
* Werder: Rehhagel wechselt zu Bayern Muenchen
* Einweihung der Oberrhein-Agentur
* Sensationeller Fossilienfund bei Muenchen



Gedenken an Dresden

Die Gedenkfeiern und Veranstaltungen zum 50. Jahrestag der Zerstoerung Dresdens wurden heute fortgesetzt. Rund 30 000 Menschen gedachten gestern abend vor der Ruine der Frauenkirche der Opfer der Bombenangriffe. Der Angriff der alliierten Bomber begann am Abend des 13.Februar, setzte sich am 14. fort und hinterliess eine Truemmerlandschaft. Zwischen 25000 und 35 000 Menschen, unter ihnen viele Fluechtlinge aus dem Osten, sind in dem Flammeninferno, entfacht mit Spreng- und Brandbomben sowie Phosphorkanistern, umgekommen. Ueber 12 000 Gebaude, darunter die Frauenkirche und der Zwinger, wurden zerstoert. Zwei Tage zuvor hatten die Verbuendeten in Jalta beraten und dabei vor allem die Nachkriegsordnung besprochen, aber auch die Frage der militaerischen Mittel. Das Ende des zweiten Weltkriegs war in greifbare Naehe gerueckt. "Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens." schrieb der greise Dichter Gerhart Hauptmann, der das Inferno mitansehen musste. Mehr als 80 Gedenkveranstaltungen verzeichnet Dresden aus Anlass des Jahrestags. Deren Hoehepunkt war zweifellos heute, beginnend um 9:00 Uhr, als Dresden die Partnerschaftsurkunden mit den 12 Partnerstaedten in aller Welt, von Columbus in den USA bis St. Petersburg in Russland erneuerte. Der heutige 50. Jahrestag der Zerstoerung Dresdens stand im Zeichen des Gedenkens und der Versoehnung. Am Vormittag um 11:00 Uhr wurden zur Totenehrung Kraenze auf dem Dresdner Heidefriedhof niedergelegt, in Anwesenheit auch von Militaers der ehemaligen Kriegsgegner. Dort sind tausende Opfer der Angriffe britisch-granadischer und amerikanischer Bomber beigesetzt. An der zentralen Gedenkstunde im Kulturpalast nahmen am Nachmittag um 16:00 Uhr unter anderem der Oberbuergermeister der Stadt Dresden, die Ministerpraesidenten von Sachsen und Brandenburg, der Oberbuergermeister der Partnerstadt Coventry, Nolan, und Bundespraesident Roman Herzog teil, dessen Rede mit Spannung erwartet wurde. Als Vertreter des englischen Koenigshauses wurde der Herzog von Kent in der saechsischen Landeshauptstadt erwartet, der auch dann einen Kranz niederlegte. Der Bischof von Coventry, Barrington Ward, hielt die Hauptpredigten waehrend des oekumenischen Gottesdienstes. Coventry, die Stadt suedlich des Industriezentrums Birmingham, ist im zweiten Weltkrieg, besonders waehrend der Luftschlacht ueber England, mehrfach von deutschen Bomberstaffeln angegriffen und schwer getroffen worden. Besondere Symbolik hatte die Uebergabe von Planskizzen fuer ein neues goldenes Kuppelkreuz der Frauenkirche, die gerade wieder aufgebaut wird. Ein britischer Fonds hatte Geld fuer das Kreuz gesammelt. Alle Beteiligten betonten, man wolle heute aller Kriegstoten gedenken, nicht nur der Opfer in Dresden. Sachsens Innenminister Eggert hatte fuer seine Polizei hoechste Alarmstufe ausgerufen, er befuerchtete Neonazi-Aktionen.


Bundesverwaltungsgerichtsurteil ueber "Liste 3"

Das Bundesverwaltungsgericht entschied heute ueber die Rueckgabe von rund 1500 Grundstuecken in Berlin, die zwischen 1945 und 1949 nach der sogenannten "Liste 3", dem Gesetz zur Einziehung des Vermoegens von Kriegsverbrechern und Nazi-Aktivisten, unter sowjetischem Einfluss enteignet worden waren. Verkuendet wurde dieses Urteil damals vom Magistrat von Gross-Berlin. Wichtig fuer den Ausgang des Verfahrens war, ob es sich dabei um Enteignungen nach alliiertem Recht handelt oder um einen selbststaendigen Beschluss des Parlaments. Die ehemaligen Eigentuemer und deren Erben verlangten die Rueckgabe der insgesamt rund 40 Milliarden Mark teuren Immobilien. Das Bundesverwaltungsgericht entschied heute in zwei Faellen: zum einen ueber die Klage einer Erbin, die Anspruch auf eine Druckerei und das dazugehoerende Grundstueck erhoben hatet und ueber die Klage des Kaufhauskonzerns Wertheim, der auf die Rueckgabe eines Grundstuecks in der Naehe des Potsdamer Platzes draengte. Geklaert werden musste, ob die Enteignungen auf der "Liste 3" noch auf die sowjetische Besatzungsmacht zurueckging oder auf die damals neugegruendete DDR. Nach dem Einigungsvertrag und dem 2+4 Vertrag mit den Alliierten duerfen Enteignungen der Sowjets nicht mehr rueckgaengig gemacht werden. Doch ob darunter auch die "Liste 3" faellt, war umstritten. Zwar war sie noch von den Sowjets in Zusammenarbeit mit dem Berliner Magistrat im ersten Halbjahr 1949 beschlossen und erstellt worden, aber veroeffentlicht wurde sie erst Anfang Dezember 1949, knapp zwei Monate nach Gruendung der DDR. Seit der Wiedervereinigung waren die "Liste 3"-Immobilien an den Bund und das Land Berlin uebergegangen. Das Land Berlin vertrat den Standpunkt, die Enteignungen seien schon vor Gruendung der DDR vollzogen worden, eine Rueckgabe sei auszuschliessen. Nach Auffassung der Alteigentuemer haben die DDR-Behoerden und nicht die Sowjets die Anordnung zur Enteignung getroffen. Aus diesem Grund sei eine Rueckgabe moeglich. Das Bundesverwaltungsgericht jedoch entschied anders: Alteigentuemer der enteigneten Grundstuecke haben keinen Anspruch auf Rueckgabe und hat somit die Enteignungen von damals fuer rechtens erklaert. Damit wurde die "Liste 3" bestaetigt, auf der Ost-Berlins Magistrat erst nach der Gruendung der DDR die Enteignung von 954 Einzelpersonen und 589 Unternehmen aufgefuehrt hatte. Das Gericht erklaerte, die Grundstuecke seien auf besatzungshoheitliche Grundlage enteignet worden. Auch wenn die DDR zu diesem Zeitpunkt schon existiert habe, so seien die Enteignungen doch auf den Wunsch der sowjetischen Besatzungsmacht zurueckgegangen. Die Alteigentuemer koennen nur Entschaedigungen fordern, die jedoch weit unter dem Verkehrswert liegen.


Neuer Vorsitzender fuer die OeTV

Die Gewerkschaft Oeffentliche Dienste, Transport und Verkehr waehlte heute auf einem ausserordentlichen Kongress einen neuen Vorsitzenden. Einziger Kandidat war der hessische OeTV-Bezirksleiter Herbert May. Er sollte die Nachfolge von Monika Wulf-Mathies antreten, die im Januar als Komissarin zur Europaeischen Union nach Bruessel gewechselt war. May leitet den OeTV-Bezirk Hessen seit 1982, hat sich den Ruf eines Modernisierers erworben und war bei allen Tarifrunden der vergangenen Jahre Mitglied der verhandlungskomission. Er ist seit 1971 hauptberuflich fuer die Gewerkschaft OeTV taetig und bringt den Stallgeruch mit, den manche Kritiker bei der Quereinsteigerin Wulf-Mathies vermisst haben. Nach seiner Wahl, bei der er 668 von 894 Stimmen erhielt, umriss der neue OeTV-Chef in einer programmatischen Rede seinen Kurs fuer die zweitgroesste deutsche Einzelgewerkschaft, denn am 16. Maerz will die OeTV den Arbeitgebern ihre Lohnforderungen vorlegen. Dann sollen auch die ostdeutschen Angestellten im oeffentlichen Dienst gleichgestellt werden, die bisher nur 82% der Westgehaelter verdienen. Laut eines Delegierten stellt dies die Feuerprobe von May dar, der beweisen muss, dass er die Ueberzeugungskraft einer Monika Wulf-Mathies besitzt. Der 47-jaehrige May tritt ein schweres Amt an, denn die aeusseren Bedingungen sind fuer die Gewerkschaft OeTV unguenstig. Allenthalben werden in den Amtsstuben Stellen eingespart und oeffentliche Leistungen privatisiert. Und die Gewerkschaft OeTV selber befindet sich mitten in einem Umstrukturierungsprozess, bei dem ebenfalls Stellen abgebaut werden. Der Rueckgang der Mitgliederzahl auf nunmehr 1,9 Millionen zwingt zu diesem Sparkurs. May sieht die OeTV in einer schweren Akzeptanz und Legitimationskrise. Die starren Gewerkschaftsstrukturen machten es den Mitgliedern schwer, sich mit der OeTV zu identifizieren. Der Kongress gedachte bei seinem Auftakt der Bombardierung Dresdens vor 50 Jahren. Der Gewerkschaftsvize Warburg sagte woertlich: "Wir trauern um die Toten von Dresden. Wir gedenken der Opfer der nationalsozialistischen Wahns und aller Opfer von Krieg und Gewalt."


Bund der Steuerzahler gegen Steuergeldverschwendung in der Ex-DDR

Die Landesrechnungshoefe sollten nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler im Zusammenhang mit der Verschwendung von oeffentlichen Geldern in Ostdeutschland Sonderkomissionen bilden. Der Sprecher des Steuerzahlerbundes, Lau, sagte im ZDF Morgenmagazin: "Nach Schaetzungen gehe es um 65 Milliarden Mark." Nunmehr muesse gerettet werden, was noch zu retten sei. Gerade im Bauwesen gebe es Verjaehrungsfristen. Ein Teil des Geldes koenne aber auf jeden Fall noch eingefordert werden. Die Sonderkomissionen sollten die Projekte im einzelnen nachpruefen, empfahl Lau. Der Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern in Ostdeutschland trifft nach den Worten des mecklenburg-vorpommerschen Wirtschaftsministers Ringsdorf auch auf sein land zu. Der SPD-Politiker erlaeuterte im Norddeutschen Rundfunk, in der Umbruchzeit seien Gewerbebetriebe weit ueberhoeht gefoerdert und Planungen in der Wasserwirtschft zu gross aufgezogen worden. Wieviel Geld in Mecklenburg-Vorpommern genau verlorengegangen sei, konnte Ringsdorf allerdings nicht sagen. Aus seiner Sicht seien die geschaetzten 65 Milliarden Mark allerdings weit ueberhoeht. In Faellen von Subventionsmissbrauch muessen nach Ansicht der Bundesregierung die notwendigen Schritte eingeleitet werden. Das, so Regierungssprecher Vogel in Bonn, sei notwendig, um den Schaden zu begrenzen und weiteres Fehlverhalten zu verhindern. Kanzler Kohl unterstuetzte deshalb die Absicht den Bundesfinanzministers Waigel, die Vorwuerfe wegen Subventionsverschwendung und -missbrauch in den neuen Laendern sorgfaeltig pruefen zu lassen. Die Bundesregierung warne, so Vogel, aber entschieden vor verallgemeinernden Urteilen und davor, derartige Hilfen anzuzweifeln.


Tarifgespraeche zwischen IG Metall und Arbeitgebern

In der Metallindustrie deutete witerhin nichts auf die Annaeherung der Tarifpartner hin. Der Praesident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Gottscholl, beharrte im ZDF auf der Forderung nach Kostenentlastung fuer die Betriebe als Voraussetzung fuer Lohnerhoehungen. Die IG Metall hatte am Wochenende noch einmal ein Angebot von den Arbeitgebern verlangt und damit gedroht, morgen die Weichen fuer Urabstimmung und Streik zu stellen. Diese Drohung sei, laut Gottscholl, voellig fehl am Platz. Vor dem Hintergrund neuer Warnstreiks fanden heute fuer den Bezirk Rheinland-Pfalz noch einmal Tarifgespraeche statt. In Baden-Wuerttemberg machte die IG Metall weiter Druck. Vor Ablauf des Gewerkschaftsultimatums haben sich mehrere tausend Beschaeftigte an Protestaktionen beteiligt. Zugleich sagte der DGB Baden-Wuerttemberg den Metallern Unterstuetzung zu.


Neuer Prozess gegen Ex-DDR-Unterhaendler

Der Prozess gegen den ehemaligen DDR-Unterhaendler Wolfgang Vogel muss moeglicherweise voellig neu aufgerollt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragte vor dem Berliner Landgericht das Verfahren auszusetzen. Der Anklagevertreter bezog sich mit seinem Antrag auf die Entscheidung des Kammergerichtsvom 1. Februar, wonach in rund 50 statt bisher nur 20 Erpressungsfaellen zu verhandeln sei. Vogel wird zur Last gelegt, ausreisewillige DDR-Buerger zugunsten von Nutzniessern des SED-Regimes um ihre Haeuser erpresst zu haben. Der neue Prozess soll dann, so die Anklage, zugleich auch gegen den fuer Ausreisefragen zustaendigen Ex-Stasi Generalmajor Gerhard Niebling und Vogels Notariatsgehilfin Erika Doerrfeld gefuehrt werden.


Werder: Rehhagel wechselt zu Bayern Muenchen

Der Wechsel von Bremens Trainer Otto Rehhagel zum FC Bayern Muenchen ist offenbar perfekt. Werder Manager Lemke sagte am Morgen gegenueber dem NDR woertlich: "Wir haben bis zuletzt gehofft, dass es moeglich sein wuerde, ihn in Bremen zu halten. Nun muessen wir uns auf die gegebene Situation einstellen. Im Laufe des Tages solle eine offizielle Erklaerung des Werder Praesidiums folgen. Spaeter bestaetigte Franz Beckenbauer die Verpflichtung von Otto Rehhagel als neuen Trainer des FC Bayern Muenchen. Der 56jaehrige Coach von Werder Bremen werde ab dem 1. Juli die Nachfolge von Giovanni Trappatoni antreten. Beckenbauer sagte, der FC Bayern und Rehhagel seien sich einig. Was noch ausstehe, sei die Einigung mit Werder Bremen. Zu Trappatoni raeumte Beckenbauer ein, die sprachlichen Schwierigkeiten des Italieners mit der Mannschaft unterschaetzt zu haben.


Einweihung der Oberrhein-Agentur

Der baden-wuerttembergische Umweltminister Schaefer hat die seit Jahresbeginn arbeitende Oberrhein-Agentur offiziell eingeweiht. Aufgabe der dort taetigen Wasserbauingenieure und Oekologen ist die Umsetzung des integrierten Rheinprogramms. Es sieht die Wiederherstellung des vor dem Oberrheinausbau vorhandenen Hochwasserschutzes sowie die Rematurierung der Auen vor und soll bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein. Schaefer betonte, die juengsten Ueberflutungen haetten die Notwendigkeit solcher Massnahmen drastisch vor Augen gefuehrt. Doch sei extremes Hochwasser trotz gezielter Schutzmassnahmen auch kuenftig nicht auszuschliessen.


Sensationeller Fossilienfund bei Muenchen

Archaeologen haben auf einer Baustelle im oberbayrischen Kreis Traunstein ein aeusserst seltenes Fossil gefunden. Dabei handelt es sich um die ueber 65 Millionen Jahre alten Reste eines nur 2m grossen Entenschnabeldinosauriers. Wie ein Muenschner Wissenschaftler berichtete, ist dies der erste Saurierfund aus der Kreidezeit in Deutschland.


Quellen

SDR3    8:00 MEZ    10:00 MEZ    14:00 MEZ
B5    8:30 MEZ    10:15 MEZ    13:30 MEZ    15:30 MEZ    16:15 MEZ
DLF    9:00 MEZ    10:30 MEZ
Antenne Bayern    11:00 MEZ
Radio7    16:00 MEZ