GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 21.06.1996



* Bundestag billigt Lockerung des Ladenschlussgesetzes
* Bundespraesident Herzog bedauert Auswanderung junger Forscher
* Ende des Tarifstreits bei Post, Postbank und Telekom
* Frueherer NPD-Vorsitzender Deckert zu Gefaengnisstrafe verurteilt
* Landgericht Mainz hebt mehrere Haftbefehle im Kinderschaenderprozess auf
* EU-Gipfel versucht Schlichtung im Streit um Exportverbot
* Aussenminister Kinkel kritisiert Kandidatur Karacziczs
* Werner Stumpfe neuer Praesident von Gesamtmetall
* Landgericht Berlin hebt nach 54 Jahren Nazi-Urteil auf
* Kauhaeuser duerfen weiterhin Fertigbrillen verkaufen
* Schweroel verschmutzt 16 Kilometer Strand auf der Nordseeinsel Amrum
* Phosphatersatzstoffe verschmutzen Bodensee- und Rheinwasser
* Deutschland weltgroesster Importeur bei Agrarerzeugnissen
* Frueherer Vorsitzender der Pfadfinder unter Anklage
* Erleichterte Abschiebung krimineller Auslaender umstritten
* Bundesbauminister Toepfer soll Wohngeld erhoehen
* IG Metall hat durch Immobiliengeschaefte rund 130 Millionen verloren



Bundestag billigt Lockerung des Ladenschlussgesetzes

Bonn: Der Bundestag hat die Lockerung des Ladenschlussgesetzes gebilligt. Fuer den Gesetzentwurf stimmten 327 Abgeordnete. 321 Parlamentarier waren gegen die Lockerung des Gesetzes. Drei enthielten sich der Stimme. Das Gesetz sieht vor, dass Geschaefte kuenftig an Werktagen von sechs bis 20Uhr und am Samstag bis 16Uhr oeffnen duerfen. Baecker koennen schon ab 5:30Uhr oeffnen und auch Sonntags frische Broetchen verkaufen. Das neue Ladenschlussgesetz soll am ersten November in Kraft treten. In der Debatte hat die CDU die geplante Verlaengerung der Ladenoeffnungszeiten verteidigt. Der CDU-Abgeordnete Falke sagte, es gehe um eine Anpassung an dramatisch veraenderte Gewohnheiten der Gesellschaft. Laengere Oeffnungszeiten beguenstigten kleinere Haendler und fuehrten zu hoeheren Umsaetzen. Die SPD hielt entgegen, Einzelhaendler in Mittelstaedten und im laendlichen Raum wuerden Umsatzeinbussen hinnehmen muessen. Die Verlagerung der Umsaetze in Spitzenlagen werde zu einem weiteren Konzentrationsprozess fuehren. Die Gewerkschaft HBV hat des Gesetz scharf kritisiert. Das Gesetz bedrohe zehntausende Arbeitsplaetze und gefaehrde tausende mittelstaendische Geschaefte.


Bundespraesident Herzog bedauert Auswanderung junger Forscher

Saarbruecken: Bundespraesident Herzog ist darueber besorgt, dass viele junge Forscher aus Deutschland auswanderten. Vor der Max-Planck- Gesellschaft sagte Herzog, es gehe nicht an, dass fuer die beste Ausbildung von Physikern, Chemikern und Ingenieuren gesorgt werde, diese dann jedoch arbeitslos wuerden oder auswandern muessten, um einen attraktiven Arbeitsplatz zu finden. Der Bundespraesident forderte dazu auf, die Forschungslandschaft in Deutschland zu veraendern, um einen Rueckfall bei zukunftstraechtigen Technologien zu vermeiden. Deutsche Wissenschaftler haetten Computer, Mikroprozessor, Telefax und CD als Erste entwickelt. Japanische und amerikanische Firmen aber haetten diese Schluesseltechnologien als Erste vermarktet, sagte Herzog.


Ende des Tarifstreits bei Post, Postbank und Telekom

Stuttgart: Bei der Post und der Postbank ist der Tarifstreit beendet. Arbeitgeber und Gewerkschaften einigten sich in der Nacht auf der Basis des Schlichterspruchs im oeffentlichen Dienst. Bei der Post und der Postbank gibt es wie im oeffentlichen Dienst eine Einmalzahlung von 300 Mark in diesem Jahr. Ab Januar 97 werden die Loehne um 1,3 Prozent angehoben. In Ostdeutschland steigen die Einkommen im September 97 auf 85 Prozent des Westniveaus. Die Tarifverhandlungen bei der Telekom gehen heute in die fuenfte Runde. Die deutsche Postgewerkschaft fordert 4,5 Prozent mehr Geld. Dies wird vom Arbeitgeber zurueckgewiesen. Im Verlaufe des Nachmittags gelang auch bei der Telekom der Durchbruch. Danach werden die Einkommen in Ostdeutschland stufenweise bis zum ersten Oktober 1999 auf 100 Prozent des Westniveaus angehoben. Im Tarifgebiet West erhalten die Arbeiter und Angestellten Lohnerhoehungen auf der Grundlage des Schlichtervorschlags im oeffentlichen Dienst.


Frueherer NPD-Vorsitzender Deckert zu Gefaengnisstrafe verurteilt

Weinheim: Der fruehere NPD-Vorsitzende Guenther Deckert muss fuer ein Jahr und acht Monate ins Gefaengnis. Dieses Urteil faellte das Amtsgericht Weinheim. Er hat sich der Beihilfe zur Volksverhetzung schuldig gemacht und das Andenken Verstorbener verunglimpft. Das Schoeffengericht blieb mit dem Urteil unter der Forderung des Staatsanwalts, der sich fuer vier Jahre Haft ausgesprochen hatte. Die Staatsanwaltschaft will in Berufung gehen.


Landgericht Mainz hebt mehrere Haftbefehle im Kinderschaenderprozess auf

Mainz: Im Verfahren um mutmassliche Kinderschaendung in Worms sind die letzten der 24 Angeklagten wieder in Freiheit. Das Mainzer Landgericht setzte die Haftbefehle gegen ein Ehepaar nach zweieinhalb Jahren ausser Vollzug, obwohl es in einzelnen Faellen noch dringenden Tatverdacht hat. Die beiden Angeklagten werden von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, in insgesamt 74 Faellen unter anderem die eigenen Kinder missbraucht zu haben. Neun weitere Haftbefehle, die bereits ausgesetzt waren, hob das Gericht mangels dringendem Tatverdacht auf. Zur Begruendung hiess es, der sexuelle Missbrauch sei medizinisch weder bewiesen noch ausgeschlossen. Das Verfahren muesse daher aufgrund der Zeugenaussagen entschieden werden


EU-Gipfel versucht Schlichtung im Streit um Exportverbot

Florenz: Der EU-Gipfel versucht den Streit um das Exportverbot um britisches Rindfleisch beizulegen. Die fuenfzehn europaeischen Staats- und Regierungschefs tagen seit heute morgen. London hatte gedroht, saemtliche Gipfelbeschluesse blockieren zu wollen, sollte das Exportverbot fuer britisches Rindfleisch bestehen bleiben. Auf dem Tisch liegt ein Kompromissvorschlag der EU-Kommission, der eine schrittweise Lockerung des Exportverbots von bestimmten Auflagen abhaengig macht. Der britische Premierminister Major hofft jetzt, dass das Ausfuhrverbot im Herbst schrittweise aufgehoben wird. Allerdings sieht der EU-Vorschlag keinen Zeitplan vor. Im Verlauf des Tages wurde bekannt, dass eine Einigung erzielt wurde. Der Weg fuer eine schrittweise Lockerung des Exportverbotes sei damit frei.


Aussenminister Kinkel kritisiert Kandidatur Karacziczs

Bonn: Aussenminister Kinkel hat die bosnischen Serben aufgefordert, die Nominierung von Karaczicz als Praesidentschaftskandidat zurueckzunehmen. Kinkel will das Thema beim EU-Gipfel in Florenz auf die Tagesordnung bringen.


Werner Stumpfe neuer Praesident von Gesamtmetall

Freiburg: Werner Stumpfe ist neuer Praesident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Er bleibt zugleich Hauptgeschaeftsfuehrer von Gesamtmetall.


Landgericht Berlin hebt nach 54 Jahren Nazi-Urteil auf

Berlin: Das Landgericht hat nach 54 Jahren ein Nazi-Urteil gegen den frueheren Berliner Domprobst Lichtenberg aufgehoben. Ein Berliner Sondergericht hatte Lichtenberg im Jahre 1942 zu zwei Jahren Gefaengnis verurteilt, weil der Geistliche zum Gebet fuer die verfolgten Juden und die Gefangenen in den Konzentrationslagern aufgerufen hatte. Der Papst will Lichtenberg bei seinem Deutschlandbesuch am Sonntag als Maertyrer selig sprechen.


Kauhaeuser duerfen weiterhin Fertigbrillen verkaufen

Karlsruhe: Kaufhaeuser duerfen weiter Fertigbrillen, sogenannte Lesehilfen, anbieten. Der Bundesgerichtshof hat eine Klage des Zentralverbandes der Augenoptiker abgewiesen. Laut BGH kann man von den Fertigbrillen zwar Kopfschmerzen bekommen, aber keine anhaltenden Gesundheitsschaeden.


Schweroel verschmutzt 16 Kilometer Strand auf der Nordseeinsel Amrum

Hamburg: Sechzehn Kilometer Strand auf der Nordseeinsel Amrum sind durch Oel verschmutzt. Das Schweroel - rund 2000 Kubikmeter - wurde vermutlich von einem unbekannten Schiff ins Meer abgelassen. Robbenkolonien vor Amrum sind bisher nicht betroffen.


Phosphatersatzstoffe verschmutzen Bodensee- und Rheinwasser

Karlsruhe: Dem Wasser in Rhein und Bodensee wird weiterhin zugesetzt. Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke Bodensee/Rhein hat auf ihrer Mitgliederversammlung beklagt, das Wasser werde noch immer verschmutzt mit Pestiziden aus der Landwirtschaft, Salz aus franzoesischen Kaliminen und Phosphatersatzstoffen aus der Industrie. Schwierigkeiten machen vor allem zwei Phosphatersatzstoffe in Waschmitteln und aus Papierfabriken, die biologisch kaum abbaubar sind.


Deutschland weltgroesster Importeur bei Agrarerzeugnissen

Bonn: Deutschland bleibt nach den letzten Zahlen weltgroesster Importeur von landwirtschaftlichen Produkten. 1994 importierte Deutschland Agrarprodukte fuer 64 Milliarden Mark und bleibt damit vor Japan und den USA. Beim Export landwirtschaftlicher Waren belegte Deutschland mit 37 Milliarden Mark hinter den USA, den Niederlanden und Frankreich Platz 4.


Frueherer Vorsitzender der Pfadfinder unter Anklage

Karlsruhe: Die Karlsruher Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben gegen den Geschaeftsfuehrer des Pfadfinderbundes Sued, Scholz. Dem frueheren Vorsitzenden der Pfadfinder wird Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener vorgeworfen. Scholz soll in einem Pfadfinderheim gesagt haben, die massenhafte Vergasung der Juden im Dritten Reich habe nicht stattgefunden.


Erleichterte Abschiebung krimineller Auslaender umstritten

Die von der Bundesregieung geplante erleichterte Abschiebung krimineller Auslaender bleibt im Bundestag heftig umstritten. Bei der ersten Lesung des von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurfs stiessen die Plaene auf den geschlossenen Widerstand der Oppositionsparteien. Der SPD- Innenpolitiker Penner nannte eine Verschaerfung des Abschieberechtes ueberfluessig und schaedlich. Innenminister Kanter sagte, es sei nicht laenger hinzunehmen, dass eine Minderheit das Asylrecht missbrauche, um das Gastland wie im Falle gewalttaetiger Kurden regelrecht zu terrorisieren.


Bundesbauminister Toepfer soll Wohngeld erhoehen

Potsdam: Die Bauminister der Laender haben Bundesbauminister Toepfer aufgefordert, die Mittel fuer das Wohngeld in diesem Jahr aufzustocken. Sie reagierten damit auf Toepfers gestrigen Vorschlag, eine Novelle des Wohngeldes nur durch eine Umschichtung der Leistungen zwischen verschiedenen Mietergruppen in Gang zu setzen. In den alten Laendern muesse das Wohngeld angehoben, in den neuen Laendern duerfe es nicht auf des derzeitige Westniveau gesenkt werden, sagte der brandenburgische Minister Mayer, SPD, nach einer Tagung der Bauminister. Die Plaene Toepfers wuerden zu beachtlichen Mehrbelastungen fuer Laender und Gemeinden fuehren.


IG Metall hat durch Immobiliengeschaefte rund 130 Millionen verloren

Frankfurt am Main: Die IG Metall hat durch Immobiliengeschaefte Verluste von rund 130 Millionen Mark erlitten. Zu diesem Ergebnis kommt eine im letzten Herbst eingesetzte Untersuchungskommission in ihrem heute veroeffentlichten Abschlussbericht. In dem Bericht werden die Immobiliengeschaefte als unprofessionell bezeichnet und schwere Vorwuerfe gegen den inzwischen zurueckgetretenen Hauptkassierer der IG Metall, Schreiber, erhoben. Der damalige zweite Vorsitzende und heutige Chef der Gewerkschaft, Zwickel, sei an den fraglichen Geschaeften aktiv nicht beteiligt gewesen.


Quellen

SWF3    11:00MESZ    12:00MESZ    13:00MESZ    14:00MESZ    15:00MESZ
SDR3    16:00MESZ    17:00MESZ    18:00MESZ