GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 19.07.1997



* SPD reagiert auf Angriffe des Kanzlers
* Schroeder will innere Sicherheit zu zentralem SPD-Thema machen
* Schaeuble: Senkung der Steuersaetze auf breiter Front noetig
* 1998 Nullrunde fuer die westdeutschen Renter vorhergesagt
* CDA fordern neue Wege in der betrieblichen Altersversorgung
* Bezahlte Nebentaetigkeiten von Abgeordneten sollen veroeffentlicht werden
* Hochwasserlage nicht ganz so dramatisch wie befuerchtet
* Einschraenkung der Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr
* Bundeskanzler Kohl eroeffnet die Glasstrasse
* Landesparteitag der baden-wuerttembergischen Republikaner
* ADAC rechnet mit Rekordstaus in Richtung Sueden
* Jan Ulrich baut Vorsprung bei der Tour der France aus
* Deutsche Degenfechterinnen im Finale von Kapstadt
* Das Wetter



SPD reagiert auf Angriffe des Kanzlers

Der Bundesgeschaeftsfuehrer der SPD, Muentefering, hat den Vorwurf der Blockadepolitik zurueckgewiesen. Mit Blick auf entsprechende Aeusserungen von Bundeskanzler Kohl sagte Muentefering im Deutschlandfunk, bei ihren Reformbemuehungen blockiere die Koalition sich selbst. Sie sei bei der Diskussion um die geplante Steuerreform nicht bereit gewesen, auf Kompromissangebote der SPD einzugehen. Kohl sei ein Kanzler der vergangenen Tage, aber nicht der Zukunft. Nach den Bundestagswahlen im naechsten Jahr koenne es in Bonn ein rot-gruenes Buendnis geben. Eine Zusammenarbeit mit der PDS komme aber nicht in Frage. SPD-Chef Lafontaine hat auf die scharfen Angriffe des Bundeskanzlers reagiert und der Koalition seinerseits vorgeworfen, zerstritten, konzeptions- und erfolgslos zu sein. Im ZDF sagte Lafontaine zu dem Vorwurf des Missbrauchs des Bundesrates: "Wenn sie so wollen ist diese sogenannte Blockade der Wille der grossen Mehrheit der Bevoelkerung. Eines ist klar: Sofern die SPD mitwirkt, wird es einen weiteren sozialen Abbau und weitere soziale Ungerechtigkeit nicht geben, der Kern liegt doch bei der falschen Wirtschaft- und Finanzpolitik. Die Regierung Kohl versucht jetzt seit 15 Jahren Sozialkuerzungen, Lohnzurueckhaltung zu predigen und gleichzeitig Unternehmenssteuern zu senken und das Ergebnis ist Rekordarbeitslosigkeit, Rekordschulden und Rekordbelastung der Buergerinnen und Buerger." In einem Zeitungsinterview wetterte Lafontaine weiter: Die innere Zerstrittenheit und Konzeptlosigkeit von Union und FDP seien die wahren Ursachen fuer die politische Handlungsunfaehigkeit der Regierung Kohl. Als Beispiele nannte der SPD-Chef den Streit ueber den Solidaritaetszuschlag und den Euro. In Anspielung auf die von Kohl versprochenen bluehenden Landschaften in den neuen Bundeslaendern sagte Lafontaine, in Ostdeutschland gebe es statt dessen nur Abschreibungsruinen und eine weitgehend plattgemachte Industrie.


Schroeder will innere Sicherheit zu zentralem SPD-Thema machen

Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder will die innere Sicherheit zu einem der zentralen politischen Themen der SPD machen. In einem Zeitungsinterview setzte sich Schroeder unter anderem fuer ein haerteres Vorgehen gegen auslaendische Straftaeter ein. Gerhard Schroeder sieht seit dem Fall der Mauer eine Welle von Verbrechen aus dem Osten nach Deutschland schwappen. Man darf nicht mehr so zaghaft umgehen mit auslaendischen Straftaetern, meint der SPD-Politiker. Wer unser Gastrecht missbraucht, fuer den gibt es nur eins: Raus - und zwar schnell. Haerte fordert Schroeder auch im Umgang mit Sexualverbrechern. Selbst wenn ihn manche fuer reaktionaer hielten - wer ein Kind missbraucht und umgebracht habe, dem sei seiner Meinung nach nicht mehr zu helfen. Solche Taeter sollten im Zweifelsfall fuer immer in geschlossenen Anstalten weggesperrt werden. Nachdruecklich wandte sich Schroeder auch dagegen, Ladendiebstahl zu entkriminalisieren, weil damit alle Bewertungsmassstaebe ins Rutschen zu geraten drohten. Schroeders sicherheitspolitische Vorstellungen duerften dem momentan chancenreichsten SPD-Kanzlerkandidatenanwaerter an den Stammtischen einige Pluspunkte bringen, sie bieten allerdings auch allerhand Reibungspunkte mit seinem Wunschkoalitionspartern Buendnis 90 / Die Gruenen - und die haben Schroeders Aeusserungen prompt als "Kriminalpolitik in Wildwestmanier" kritisiert. Die Gruenen wollen in der kommenden Woche ihr Sicherheitskonzept vorlegen, aus dem das Nachrichtenmagazin FOCUS schon vorab zitiert. Danach setzen sich die Buendnisgruenen unter anderem fuer eine Abschaffung lebenslanger Haftstrafen und fuer eine Absenkung des Strafrahmens insgesamt ein. Und Ladendiebe sollen nach ihren Vorstellungen ohne Verfahren davonkommen, wenn sie das Diebesgut zurueckgeben und ein Bussgeld zahlen.


Schaeuble: Senkung der Steuersaetze auf breiter Front noetig

Im Streit um die Steuerreform ist nach Ansicht von Unions-Fraktionschef Schaeuble ein Kompromiss mit der SPD nur moeglich, wenn es zu einer Senkung der Steuersaetze auf breiter Front kommt. In der Zeitung "Bild am Sonntag" kuendigte Schaeuble an, die Koalition werde im Parlament ein weiteres Vermittlungsverfahren beantragen, sollte das Ergebnis der jetzigen Beratungen zu sehr von der SPD gepraegt sein. Die FDP will unterdessen auch bei einem Scheitern der Steuerreform auf der Senkung des Solidaritaetszuschlags zum 1. Januar 1998 beharren. Fraktionschef Solms erklaerte im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", dies koenne per Sondergesetz innerhalb einer Woche geregelt werden. SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Muentefering betonte im Deutschlandfunk, seine Partei werde die falsche Politik der Koalition nicht mitmachen. Verstaendigung sei aber etwa bei der Senkung des Eingangssteuersatzes und den Lohnnebenkosten denkbar.


1998 Nullrunde fuer die westdeutschen Renter vorhergesagt

Die Renter in Westdeutschland muessen sich nach Darstellung des Sozialverbandes VDK im kommenden Jahr auf eine Nullrunde einstellen. Verbandspraesident Hirlinger sagte der Zeitung "Bild am Sonntag", im besten Fall werde es zu einer Erhoehung der Altersbezuege um 0.1 Prozent kommen. Grund dafuer seien die geringen Lohnzuwaechse sowie die steigenden Sozialabgaben.


CDA fordern neue Wege in der betrieblichen Altersversorgung

Unternehmer und Gewerkschaften sollten nach den Vorstellungen der CDU Sozialausschuesse in der betrieblichen Altersversorgung neue Wege gehen. In der "Neuen Osnabruekcer Zeitung" schlug der CDA-Vorsitzende Eppelmann konkret vor, das Arbeitnehmer beispielsweise bei einer Tariferhoehung von 3 Prozent kuenftig entscheiden sollten, ob der Gesamtbetrag ausgezahlt, oder ein Teil der Erhoehung als ergaenzender Beitrag zur Betriebsrente angelegt werde. Im Falle der Anlage sollte das Unternehmen mindestens den gleichen Betrag zusaetzlich einzahlen. Eppelmann erklaerte, das Motto muesse lauten "wer heute verzichtet, kassiert morgen doppelt".


Bezahlte Nebentaetigkeiten von Abgeordneten sollen veroeffentlicht werden

Der Bundestagsabgeordnete Hefner vom Buendnis 90 / Die Gruenen hat die Veroeffentlichung bezahlter Nebentaetigkeiten von Parlamentariern gefordert. Im Deutschlandradio Berlin kritisierte er, einzelne Parlamentarier wuerden ein Vielfaches ihres Abgeordnetengehaltes verdienen, obwohl die Abgeordnetentaetigkeit ein Full-Time-Job sei. Diejenigen, die das Mandat als Nebentaetigkeit betrachteten schadeten der Demokratie und dem Parlament. Notwendig sei eine Transparenz fuer die Oeffentlichkei, um Verbindungen und moegliche Abhaengigkeiten aufzuzeigen, betonte Hefner.


Hochwasserlage nicht ganz so dramatisch wie befuerchtet

In Frankfurt/Oder ist das Hochwasser in den Nachtstunden nicht so stark gestiegen wie befuerchtet. Wie ein Sprecher des Krisenstabes in Potsdam mitteilte, zeigte der Pegel am Morgen 5m90 an. Damit blieb der Wasserstand deutlich unter der kritischen Marke von 6m30. In Ratzdorf, beim Zusammenfluss von Oder und Neisse, stand der Pegel am Morgen allerdings bei 6m43. 1.500 freiwillige Helfer, Angehoerige der Bundeswehr und des technischen Hilfswerks verstaerkten in der Nacht die Uferbefestigungen. Kritisch ist die Lage in dem Frankfurt gegenueberliegenden Surbize (sp?). Die Stadt liegt tiefer. Die meisten Einwohner haben ihre Wohnungen verlassen.


Einschraenkung der Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr

Die Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr durch Minister und andere Politiker soll eingeschraenkt werden. Das berichtet die "Bild-Zeitung" in ihrer heutigen Ausgabe. Demnach sollen die Bundeswehrflugzeuge nur noch fuer sehr wichtige Dienstangelegenheiten benutzt werden duerfen. Nicht mehr zulaessig waeren dann beispielsweise Reisen zu Vortraegen bei privaten Unternehmen oder Organisationen. Die Neuerungen gehen zurueck auf die sogenannte Dienstflugaffaire von Bundestagspraesidentin Suessmuth. Der Aeltestenrat des Bundestags hatte Suessmuth der privaten Nutzung der Flugbereitschaft freigesprochen, aber eine Ueberpruefung der Vorschriften empfohlen.


Bundeskanzler Kohl eroeffnet die Glasstrasse

Zum ersten Mal in seiner Amtszeit hat Bundeskanzler Kohl heute eine touristische Strasse eroeffnet - die sogenannte Glasstrasse. 250 Kilometer ist sie lang und fuehrt von Neustadt an der Waldnab durch den Oberpfaelzer und Bayerischen Wald hinunter bis nach Passau. Sie soll dem Glasgewerbe und dem Tourismus wieder einen Schub nach vorne bringen. Auf den aber hoffen auch andere Berufsgruppen. Eitel Sonnenschein erwartete den Kanzler heute nicht im bayerischen Wald. Dafuer tausende von Bauern aus ganz Niederbayern. Sie nutzten die Chance, eine andere Agrarpolitik zu fordern, eine, die auch kleinen und mittleren Betrieben noch eine Chance gibt. Ohne die Landwirtschaft verliert auch der Tourismus sein Kapital, die gepflegte Kulturlandschaft, davon ist Josef Strohmeier von der Aktionsgemeinschaft noch produzierender Landwirte ueberzeugt. "Es ist doch fuenf vor zwoelf oder schon nach zwoelf. Wir moechten doch aufmerksam machen auf unsere letzte Chance, die wir noch haben." Der Bauernprotest stand gleich am Anfang in Spiegelau. Helmut Kohl reiste dann weiter nach Frauenau, Zwiesel und Bodenmais, wo am Nachmittag ein kleines Volksfest stattfand. In Frauenau hatte der Kuenstler Erwin Eisch ein Geschenk fuer den Kanzler vorbereitet: Einen glaesernen Kopf von Helmut Kohl, wie er ihn auch schon von Picasso geschaffen hat.


Landesparteitag der baden-wuerttembergischen Republikaner

Wehr. Die baden-wuerttembergischen Republikaner sind heute in Wehr im Kreis Waldshut zu ihrem Landesparteitag zusammengekommen. Der bisherige Vorsitzende Kaes tritt als alleiniger Kandidat erneut fuer den Landesvorsitz an. SPD und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben eine Gegendemonstration angekuendigt.


ADAC rechnet mit Rekordstaus in Richtung Sueden

Die Autoschlangen auf den Fernstrecken in Richtung Sueden werden an diesem Wochenende vermutlich ziemlich lang. Der ADAC rechnet mit Rekordstaus. Grund ist der Ferienbeginn in Bremen, Niedersachsen, Sachsen, in Sachsen-Anhalt und in Thueringen. Gleichzeitig starten die Mitarbeiter der Ford-Werke in Dueren und Wuelferat in die Werksferien. Eine zweite Urlauberwelle wird aus Nordrhein-Westfalen und aus Holland erwartet. Auf Autoausfluege in Richtung Sueden sollte man an diesem verregneten Wochenende also besser verzichten.


Jan Ulrich baut Vorsprung bei der Tour der France aus

Der Italiener Marco Pantani hat heute Nachmittag die 13. Etappe der Tour de France gewonnen. Jan Ulrich erreichte bei der Bergetappe als Zweiter das Ziel, dritter wurde Richard Viranc aus Frankreich. Telekom-Star Ulrich hat damit seinen Abstand im Gesamtklassement weiter ausgebaut.


Deutsche Degenfechterinnen im Finale von Kapstadt

Die deutschen Degenfechterinnen haben bei den Weltmeisterschaften in Kapstadt das Finale erreicht. Sie treffen am Abend auf Titelverteidiger Ungarn.


Das Wetter

Die Lage: Das Regentief ueber dem oestlichen Mitteleuropa beeinflusst hauptsaechlich den Sueden und die Mitte Deutschlands mit kuehler und wolkenreicher Luft. Der Norden liegt im Randbereich des Tiefs. Hier gestaltet sich das Wetter mit schwachen Hochdruckeinfluss etwas freundlicher. Die Vorhersage: Im Sueden und in der Mitte zeitweise Regen und wenig Sonne. Im Norden etwas mehr Sonne. Relativ kuehl bei Werten zwischen 15 Grad bei Dauerregen im Suedosten und 23 Grad in Schleswig-Holstein und im Emsland.


Quellen

DLF    8:00 MESZ    18:00 MESZ
B5    8:30 MESZ    17:30 MESZ
SDR 3    9:00 MESZ