GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 18.02.1995



* SPD warnt vor Metaller-Streik
* IG Metall bereitet Streik in Bayern vor
* Zulage fuer Wehrpflichtige versprochen
* Lafontaine will Einfuehrung des ECU verschieben
* Bund der Steuerzahler fuer Abschaffung des Solidaritaetszuschlags
* Erinnerung an die Besetzung von Wyhl
* Leiche bei Kaiserslautern gefunden
* SPD in Rheinland-Pfalz befragt ihre Mitglieder zum Wahlprogramm
* Bundesverfassungsrichter veraergert ueber neues Asylgesetz
* Muellermilch des Subventionsbetrugs verdaechtigt
* Haftbefehl gegen Wienand
* Das Streiflicht der Sueddeutschen Zeitung
* Leitartikel der Sueddeutschen Zeitung: Sommersmog-Druck



SPD warnt vor Metaller-Streik

Bonn. Die SPD hat die Metall-Tarifparteien vor den Folgen eines Streiks gewarnt. Die SPD forderte die Arbeitgeber auf, ein Angebot von etwa 3% mehr Lohn abzugeben.


IG Metall bereitet Streik in Bayern vor

Muenchen. Die Funktionaere der IG Metall bereiten in Bayern die Urabstimmung vor. Ab Montag entscheiden die Mitglieder in der dreitaegigen Abstimmung ueber den Arbeitskampf in Bayern. Die Gewerkschaftsfuehrung benoetigt die Zustimmung von mindestens 75% der Mitglieder, um einen Streik ausrufen zu koennen. Die Gewerkschaftsspitze rechnet mit einer grossen Mehrheit fuer den Streik. Als Streikbeginn ist bei der IG Metall der kommende Freitag im Gespraech. Die IG Metall hat den Tarifbezirk Bayern fuer den Arbeitskampf ausgewaehlt, weil nach ihrer Ansicht die Arbeitgeber dort die Verhandlungen besonders erschwert haben. In diesem Tarifbezirk arbeiten rund 165000 Beschaeftigte in der Metallindustrie.


Zulage fuer Wehrpflichtige versprochen

Hamburg. Wehrpflichtige bekommen ab 1996 eine Mobilitaetszulage von 60DM monatlich und werden schneller befoerdert. Dies kuendigte Verteidigungsminister Ruehe an.


Lafontaine will Einfuehrung des ECU verschieben

Bonn. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Lafontaine will die Einfuehrung einer gemeinsamen Euro-Waehrung ueber den Bundesrat verhindern. Der Zeitplan dafuer koenne wegen der wirtschaftlich schwaecheren EU-Lander nicht eingehalten werden.


Bund der Steuerzahler fuer Abschaffung des Solidaritaetszuschlags

Der Bund der Steuerzahler bezweifelt, dass der Solidarzuschlag fuer den Aufbau in Ostdeutschland verwendet werden soll. Der BZ am Sonntag sagte Steuerzahlerpraesident Dehke, statt dessen beabsichtige Bundesfinanz- minister Waigel mit den jaehrlich zu erwartenden 30 Mrd Mark lediglich die Zinsen fuer den Erblastentilgungsfonts zu zahlen. Dehke bekraeftigte die Forderung, der Solidaritaetszuschlag wieder abzuschaffen. Dabei sei die Hoehe der Verschwendung von Steuergeldern in Ostdeutschland nicht entscheidend, wichtig sei vielmehr, dass die Wut der Steuerbuerger ueber die Verschwendung von den Politikern endlich zur Kenntnis genommen werde.


Erinnerung an die Besetzung von Wyhl

Freiburg. Im suedbadischen Wyhl erinnert man heute mit mehreren Veranstaltungen an die Besetzung des Bauplatzes fuer ein geplantes Atomkraftwerk vor 20 Jahren. Am 18.Februar 1975 hatten Einwohner der Region und Kernkraftgegner das Gelaende in den Auwaeldern besetzt, wo die Landesregierung einen Atommeiler bauen lassen wollte. Das Gelaende wurde damals von der Polizei geraeumt, aber nach kurzer Zeit wieder besetzt. Der Widerstand gegen das Atomkraftwerk am Oberrhein wurde von badischen, elsaessischen und schweizer Buergerinitiativen getragen, der Rechtsstreit gegen die Landesregierung ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht. In den 80er Jahren verzichtete die Landesregierung dann darauf, das Kernkraftwerk gegen den Willen der Bevoelkerung durchzusetzen. Die Vorgaenge in Wyhl gelten als der Beginn der bundesweiten Anti-Atomkraft- Bewegung.


Leiche bei Kaiserslautern gefunden

Kaiserslautern. Eine Streife der amerikanischen Militaerpolizei hat bei Kaiserslautern die Leiche eines Mannes entdeckt. Der Mann war mit mehreren Messerstichen in die Brust getoetet worden. Seine Leiche lag an der Strasse zwischen Kaiserslautern, Einsiedlerhof und Rodenbach. Das Alter des Toten wird auf etwa 40-50 Jahre geschaetzt. Seine Identitaet und die Hintergruende der Tat sind noch nicht bekannt. Der aufgefundene Tote war ein Taxifahrer, sein Taxi wurde in einer Tiefgarage am Messegelaende aufgefunden.


SPD in Rheinland-Pfalz befragt ihre Mitglieder zum Wahlprogramm

Mainz. Die rheinland-pfaelzische SPD will ihre Mitglieder am Wahlprogramm fuer die Landtagswahl im kommenden Jahr mitarbeiten lassen. Der landesausschuss beschloss, an alle SPD-Mitglieder einen Fragebogen zu verschicken. Die rund 70000 Mitglieder sollen darin Wuensche und Kritik aeussern. Auf dieser Grundlage soll ein Programm erarbeitet werden, das dem Landesparteitag dann vorgelegt wird.


Bundesverfassungsrichter veraergert ueber neues Asylgesetz

Karlsruhe. Die Praesidentin des Bundesverfassungsgerichtes, Limbach, haelt das 1993 geaenderte Asylgesetz fuer verbesserungswuerdig. Einige Aenderungen des neuen Asylrechts seien mit der heissen Nadel genaeht worden, sagte Limbach. Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts muesse immer haeufiger Eilentscheidungen treffen und Abschiebungen in buchstaeblich letzter Minute stoppen. Nach Angabe der Praesidentin des Bundesverfassungsgerichts ist die Zahl der Eilantraege im vergangenen Jahr auf rund 800 angestiegen.


Muellermilch des Subventionsbetrugs verdaechtigt

Chemnitz. Die Zeitung Freie Presse berichtet, dass die Staatsanwaltschaft gegen die bayrische Grossmolkerei Muellermilch ermittelt. Bueros des Unternehmens wurden nach Angaben der Chemnitzer Zeitung durchsucht. Es geht um den Verdacht des Subventionsbetrugs bei dem Bau einer Grossmolkerei in Sachsen. Der Schaden wird auf etwa 13 Mio DM beziffert.


Haftbefehl gegen Wienand

Duesseldorf. Das Duesseldorfer Oberlandesgericht hat gegen den frueheren SPD-Fraktionsgeschaeftsfuehrer Haftbefehl erlassen. Wie das Gericht mitteilte, wurde der Haftbefehl wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr erlassen, gegen Auflagen aber nicht vollstreckt. Wienand, dem Spionage vorgeworfen wird, ist zur Zeit erkrankt und befindet sich in einer Herz- klinik. Bei einer Durchsuchung von Anwaltsraeumen eines Wienand-Vertrauten ist vor einigen Tagen angeblich belastendes Material gefunden worden. Wienand bestreitet, von 1970 bis Herbst 1989 fuer Ostberlin gearbeitet und dafuer Geld kassiert zu haben.


Das Streiflicht der Sueddeutschen Zeitung

Ruck a weng her, sunscht friert's mi g'rad - am Abend, ach ja, wurde die Revolution erst richtig gemuetlich. Oben am badischen Himmel leuchtete der Orion, unten glomm das Lagerfeuer: Karl May war ein Dreck dagegen. Andererseits, dass die Revolutionaere ihren Karl May gelesen hatten, kam ihnen gut zupass - damals, vor zwanzig Jahren. Am 18.Februar 1974 hatten badische Winzer und Bauern den Bauplatz fuer das geplante Atomkraftwerk Wyhl besetzt. Freiburger Studenten, die hinzugeeilt waren, um der Sache den ideologischen Schliff zu geben, bekamen ein paar Schluck schwarzgebrannter Hefe, damit sie ruhig waren, und wurden dann eingereiht. Anschliessend trugen rund 800 Polizisten die Besetzer fort, riegelten die einzige Zugangsstrasse mit Gittern und Panzerspaehwagen ab, starrten martialisch auf die mittlerweile vieltausendkoepfige Wut-Menge vor dem Platz - und wunderten sich sehr, als die Besetzer ploetzlich in ihrem Ruecken auftauchten: Sie waren, huebsch verteilt auf zwei Dutzend kleiner Stosstrupps, durch den Auwald geschlichen. Karl May! Wie es weiterging? Schlecht fuer die Polizei, schlecht fuer die Atom- industrie und schlecht fuer einen Ministerpraesidenten namens Filbinger, der damals die Republik mit einem Satz entzueckte: Wenn das AKW Wyhl nicht gebaut wuerde, gingen im Jahre 2000 in Deutschland die Lichter aus. Fuer Einzelheiten haben wir keine Zeit; wir muessen aufbrechen zum Meeting der Wyhl-Veteranen im Gasthaus Limburg zu Sasbach. Ach, wird das schoen sein! Wie werden wir, die wir nun Ministerialdirektor geworden sind oder Streiflichtschreiber oder Chef des christkatholischen Herder-Verlags - wie werden wir uns in den Armen liegen und schwaermen von den guten alten revolutionaeren Zeiten! Und wie werden wir jammern ueber die Jungs und Girlies von heute, die in ihrer schlappen Konsum- geilheit nichts zustandebringen, nicht einmal ... Halt, nein! In Wahrheit sind wir die Schlappen, die nicht merken, was jetzt alles abgeht. Ja, jetzt! Chef-Girlie Tanya Donelly (von der Band Belly) erklaert's in der taz: "Wir sind jetzt mit der Welt an einem Punkt, wo jeder aufsteht und dem anderen die Stirn bietet. Und das ist erstmal positiv." Da schau her! Wenn das so ist, verstehen wir sogar den Bund Naturschutz in Deutschland, der der Staatsmacht sogar nachtraeglich die Stirn bietet, indem er behauptet, er, der BUND, habe damals das AKW Wyhl verhindert - und das, obwohl er erst fuenf Monate nach der Platz- besetzung gegruendet wurde. Macht aber nichts. Jetzt will der BUND ein Naturschutzgebiet in Wyhl, und das wollen wir auch. Und wollen, waehrend der Wind durch die geschuetzten Weiden rauscht, alle herumwandeln auf diesem Gebiet, wir und Tanya und der BUND, und wollen uns liebhaben und uns die Stirn bieten - und alles wird gut. Oder wenigstens positiv.


Leitartikel der Sueddeutschen Zeitung: Sommersmog-Druck

In der Sommersmog-Diskussion hat sich die Bundesregierung nicht mit Ruhm bekleckert. Nach dem Wirrwarr des letzten Sommers bedurfte es der Initiative des Bundesrats, um zu einer bundesweit einheitlichen Regelung des Problems zu kommen. Nun hat die Laenderkammer hierzu die Weichen gestellt. Sie setzt Bonn zu Recht unter Druck, eine Verordnung so schnell vorzulegen, dass sie bereits in diesem Sommer wirksam werden kann. Jetzt aber geht das Hauen und Stechen erst richtig los. Denn die Grenzwerte fuer Verkehrsbeschraenkungen und Fahrverbote werden - auch zwischen den Laendern - heftig umstritten sein. Das gilt auch fuer die Ausnahmen. Der Streit ist programmiert, denn niemand will den Autofahrern zu viel zumuten - sei es dem Pendler zwischen Wohnung und Arbeitsplatz, sei es der Wirtschaft. Bund und Laender stehen aber unter Einigungszwang, das Ausscheren nur eines Landes wuerde die Regelung entwerten. Man mag beklagen, dass nun Verkehrsbeschraenkungen und Fahrverbote diskutiert werden. Und sicher darf trotz der Verordnung nicht vergessen werden, "an der Quelle" der Emissionen anzusetzen. Dabei geht es nicht nur um bessere Motoren, sondern auch um einen bewussteren Umgang mit dem Auto. Aber kurzfristig auftretende Probleme wie der Sommersmog brauchen kurzfristige Problemloesungen. Wer freiwillige Verhaltensaenderungen und technische Loesungen propagiert, vertagt das Problem, weil beides Zeit braucht. Verkehrsbeschraenkungen scheinen der einzige Ausweg zu sein. Man wird sich daran gewoehnen muessen.


Quellen

SWF3    9:00 MEZ    11:00 MEZ    13:00 MEZ    15:00 MEZ
HR3    17:00 MEZ