GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 30.10.1996



* Sturmflut in Norddeutschland
* Sondersitzung zur Lage der Staatsfinanzen
* Rentenversicherung droht 1997 Milliardendefizit
* Unterstuetzung fuer ostdeutschen Maschinenbauer
* Lohnfortzahlung: Proteste und Verhandlungen
* Lopez-Affaere: VW verliert Zivilklage gegen Opel
* Gewerkschaften: Fortschreitende Konzentration des Kapitals
* Kritik an Urteil gegen chinesischen Buergerrechtler
* Kritik des Naturschutzbundes an Bundesregierung
* Georgien gibt 100.000 Buecher an Deutschland zurueck
* Chef der Deutschen Bank legt im Mai sein Amt nieder
* Absturz der Birgen-Air-Maschine war Pilotenfehler
* Baden-Wuerttemberg plant Gebuehren fuer Grundschulfoerderklassen
* Boris Becker in Paris ausgeschieden
* Boerse



Sturmflut in Norddeutschland

Hamburg. Eine Sturmflut hat am fruehen Morgen die deutsche Nordseekueste erreicht. Im schleswig-holsteinischen Husum sowie in Bremen wurden Strassen ueberflutet. Windboeen bis Starke neun richteten gebietsweise Sachschaeden an.


Sondersitzung zur Lage der Staatsfinanzen

Bonn. Mit einer von gegenseitigen Vorwuerfen gepraegten Debatte hat sich der Bundestag heute in einer von der SPD beantragten Sondersitzung mit der Lage der Staatsfinanzen befasst. Bundesfinanzminister Waigel bezeichnete die Sitzung als reine Effekthascherei der SPD, die den Steuerzahler eine sechsstellige Summe koste. Den Sozialdemokraten warf Waigel vor, trotz ihrer Zustimmung fuer Maastricht die fuer die europaeische Waehrungsunion notwendige Konsolidierung der Finanzen zu blockieren. Die SPD sei verantwortlich fuer die hohen Defizite im Haushalt und fuer das investitionsfeindliche Klima. Waigel geht aber weiter davon aus, dass im kommenden Jahr die Kriterien fuer eine Teilnahme an der europaeischen Waehrungsunion eingehalten werden. Zu Beginn der Sitzung hatte SPD-Fraktionschef Scharping die Bundesregierung beschuldigt, mit ihrer Finanzpolitik die Bevoelkerung getaeuscht zu haben. Es muesse jetzt endlich zu einer Wende in einer verhaengnisvollen, die Menschen belastenden Politik kommen. Er sprach vom "groessten Steuerbetrug in der deutschen Geschichte". SPD-Chef Lafontaine kritisierte die Finanzpolitik der Regierung als unsolide. Die Koalition sei auch schuld an der weiter steigenden Arbeitslosigkeit in Deutschland. Fuer Buendnis 90/Die Gruenen machte Fraktionssprecher Fischer deutlich, dass es fuer Steuersenkungen derzeit keinen Spielraum gebe. Lediglich mehr Steuergerechtigkeit sei vorstellbar, allerdings nur, wenn nicht wie bei der FDP Interessen kleiner Gruppen wichtiger seien als die Interessen des Landes. Fischer warf Waigel "Angstbeissen aus Ratlosigkeit" vor und griff die FDP als "alte Umfallerpartei" an. FDP-Chef Gerhardt nannte die Opposition Besitzstandwahrer, die sich gegen jede Reform stellten. Er sprach ebenfalls von Populismus der Opposition gegen die Regierung und stellte sich gegen das Bild der FDP als "Umfaller". Die FDP besitze die Faehigkeit zu Kurskorrekturen, wenn sie notwendig seien, so Gerhardt. Fuer die PDS forderte Gruppenchef Gysi den zu einem Staatsbesuch auf den Philippinen weilenden Bundeskanzler auf, nach seiner Rueckkehr die Vertrauensfrage zu stellen, um Neuwahlen zu ermoeglichen. Das Parlament lehnte mit der Koalitionsmehrheit einen Antrag der SPD zum Haushalt 1996 ab, mit dem festgestellt werden sollte, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestoert sei. Fuer die SPD ist mit der Ablehnung des Antrages der Haushalt verfassungswidrig, da die Kreditaufnahme die Investitionen ueberstiegen. Dies sei laut Grundgesetz nur moeglich, wenn eine Stoerung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes gegeben sei. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Scharping hatte zuvor den Vorwurf bekraeftigt, der Haushalt sei verfassungswidrig. Zur Begruendung sagte er, bereits Ende September sei die vom Grundgesetz erlaubte Verschuldungsgrenze um fuenf Mrd. DM ueberschritten worden. Finanzminister Waigel entgegnete, nach Auffassung von Experten beziehe sich die erlaubte Kreditobergrenze auf die Aufstellung des Haushalts und nicht auf den Vollzug. Unmittelbar vor Beginn der Debatte hatte die SPD-Finanzexpertin Matthaeus-Maier Waigel zum Ruecktritt aufgefordert. Sie erklaerte, wer wie Waigel seine Hausaufgaben nicht mache und sich an haltlosen Versprechen wie der Senkung des Solidarzuschlags beteilige, sei als Finanzminister fehl am Platz.


Rentenversicherung droht 1997 Milliardendefizit

Frankfurt(Main). Der gesetzlichen Rentenversicherung droht im naechsten Jahr ein Defizit von fast sieben Mrd. DM. Das geht aus Berechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungstraeger VDR hervor. Auf der VDR- Mitgliederversammlung warf der Vorstandsvorsitzende Hussmann der Bundesregierung erneut vor, dass die Rentenversicherung keine serioese Finanzierungsgrundlage mehr habe, sollte der Beitragssatz wie geplant nur auf 19,9 Prozent angehoben werden. Das wuerde einen Fehlbetrag von 6,8 Mrd. DM Ende naechsten Jahres nach sich ziehen. Nach Meinung des VDR muessten die Rentenbeitraege von derzeit 19,2 auf 20,3 Prozent angehoben werden. Der VDR warnte auch vor Ueberlegungen, den Beitragssatz kuenstlich niedrig zu halten, etwa durch die Stundung der Beitraege der Rentenversicherung zur Pflegeversicherung. Dies wird vom VDR als unserioes kritisiert. Die gesetzlich vorgeschriebene Schwankungsreserve von einem Monat wird derzeit erheblich unterschritten. Ein Ausgleich dieses Defizits erfordere allein schon eine Anhebung des Beitragssatzes um 0,54 Prozentpunkte.


Unterstuetzung fuer ostdeutschen Maschinenbauer

Chemnitz. Nach dem Konkursantrag des Chemnitzer Maschinenbauer Heckert haben das Land Sachsen und die Bundesanstalt fuer vereinigungsbedingte Sonderaufgaben dem Unternehmen Unterstuetzung zugesichert. Heckert war in Schwierigkeiten geraten, nachdem das baden-wuerttembergische Mutterunternehmen Traub AG einen Vergleichsantrag gestellt hatte. Nach dem Vergleich haben die Banken Heckert einen Kredit von 15 Mio. DM nicht gewaehrt. Nun soll eine Auffanggesellschaft gegruendet werden, die die Fertigung weiterfuehrt und ein tragfaehiges Foerderkonzept vorlegt. Das Chemnitzer Unternehmen beschaeftigt derzeit noch 550 Mitarbeiter.


Lohnfortzahlung: Proteste und Verhandlungen

Muenchen. Im Streit um die Lohnfortzahlung fuer Kranke hat die IG Metall fuer kommende Woche zu Protesten in Bayern aufgerufen. Schwerpunkte fuer die ab Montag geplanten Aktionen sollen Nuernberg und die Region Ingolstadt sein. Ausserdem sind in Sachsen, Brandenburg und Berlin Streiks vorgesehen. In Baden-Wuerttemberg setzte die IG Metall dagegen die geplanten Demonstrationen aus. Am Donnerstag naechster Woche soll hier weiter ueber ein Gesamtpaket mit den Arbeitgebern verhandelt werden. Das Paket umfasst Lohnfortzahlungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Altersteilzeit und hoehere Einkommen.


Lopez-Affaere: VW verliert Zivilklage gegen Opel

Frankfurt. In der Affaere um den Wechsel des Spitzenmanagers Lopez hat Volkswagen eine Zivilklage gegen Opel in erster Instanz verloren. Das Landgericht Frankfurt wies eine Klage von VW auf Unterlassung ab. VW hatte Opel beschuldigt, unlauteren Wettbewerb und Rufschaedigung betrieben zu haben und hatte zehn Mio. DM Schadenersatz gefordert. Volkswagen hatte sich damit gegen den in den USA erhobenen Vorwurf einer kriminellen Verschwoerung wehren wollen. VW hat gegen das Urteil Berufung angekuendigt.


Gewerkschaften: Fortschreitende Konzentration des Kapitals

Duesseldorf. Immer mehr Kapital gehoert nach Gewerkschaftsangaben immer weniger Eigentuemern. Nach einer Statistik des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB konzentrieren sich 90 Prozent des Privatvermoegens bei einem Drittel der Vermoegensbesitzer. Die gesellschaftlichen Belastungen seien zunehmend von Beschaeftigten und sozial Schwachen zu tragen. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Keefer sagte, es sei nun an der Zeit, das vorhandene Kapital einzusetzen, um neue Arbeitsplaetze zu schaffen.


Kritik an Urteil gegen chinesischen Buergerrechtler

Bonn/Peking. Bundesregierung und Opposition haben das Urteil gegen den chinesischen Buergerrechtler Wang Dan kritisiert. Ein Gericht in Peking hatte Wang Dan einer Verschwoerung zum Sturz der chinesischen Regierung fuer schuldig befunden und ihn zu elf Jahren Haft verurteilt. Ein Sprecher des Aussenministeriums sprach von einem harten Urteil und sagte, man werde sich weiter fuer Menschenrechtsfragen einsetzen. Die SPD erklaerte, die Verurteilung Wang Dans solle kritische Stimmen in China mundtot machen. Die Vorstandssprecher der Buendnisgruenen forderten die sofortige Freilassung Wang Dans. Der 27jaehrige Buergerrechtler war einer der Anfuehrer der Demokratiebewegung, die 1989 von der chinesischen Regierung blutig niedergeschlagen worden war. Er sass bereits seit 17 Monaten in Haft. Der Prozess dauerte nur vier Stunden; internationale Beobachter waren nicht zugelassen.


Kritik des Naturschutzbundes an Bundesregierung

Bonn. Der Naturschutzbund Deutschland hat der Bundesregierung vorgeworfen, den Natur- und Umweltschutz als eigenstaendiges Politikfeld aufgegeben zu haben. In einer umweltpolitischen Zwischenbilanz zur Halbzeit der Legislaturperiode wurden vor allem Versaeumnisse beim Klimaschutz kritisiert. Mit dem Verweis auf Europa sperre sich die Bundesregierung immer noch gegen die Einfuehrung einer Energiesteuer und des Fuenfliterautos. In beiden Faellen aber habe gerade Bonn in der EU dafuer gesorgt, das Oekosteueransaetze in anderen EU-Staaten erschwert worden seien, so der Praesident des Naturschutzbundes Jochen Flassbart (sp?). In der Umweltpolitik sei das Kabinett Kohl der Regierung geradezu hoerig. Die Regierung setze statt auf Vorschriften auf vage Selbstverpflichtungserklaerungen, wie etwa die ueber die Reduktion des Kohlendioxidausstosses. Bundesumweltministerin Merkel bescheinigte er allerdings Engagement und Ueberzeugung.


Georgien gibt 100.000 Buecher an Deutschland zurueck

Berlin. Georgien hat rund 100.000 wertvolle Buecher an Deutschland zurueckgegeben. Sie waren nach dem Zweiten Weltkrieg aus verschiedenen deutschen Bibliotheken in die damalige Sowietunion gebracht worden. Es ist die erste umfassende Rueckfuehrungsaktion sowietischer Beutekunst seit den 60er Jahren. Unter den Buechern befinden sich einige Drucke aus der Zeit Gutenbergs, Schriften Luthers und Teile der Handbibliothek Friedrich Schillers.


Chef der Deutschen Bank legt im Mai sein Amt nieder

Frankfurt(Main). Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Hilmar Kopper legt nach der Hauptversammlung im Mai 1997 sein Amt nieder. Das Kreditinstitut teilte mit, Kopper scheide auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand der Deutschen Bank aus. Nachfolger von Kopper wird Rolf Breuer. Ausserdem geben zwei weitere Vorstandsmitglieder ihre Posten auf. Kopper soll in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank wechseln. Die Veraenderungen gehoeren zu einer Reihe von Personalentscheidungen ueber die Fuehrung der Deutschen Bank, die der Aufsichtsrat heute traf.


Absturz der Birgen-Air-Maschine war Pilotenfehler

Der Absturz einer Boeing 757 im Februar vor der Kueste der Dominikanischen Republik ist dem Untersuchungsbericht zufolge auf Fehler der Piloten zurueckzufuehren. In dem vorab bekanntgewordenen Bericht ist von Verwirrung und fehlendem Wissen die Rede. So habe die tuerkische Besatzung wenig Erfahrung mit den Systemen und Instrumenten des Flugzeuges gehabt. Die Untersuchung wurde gemeinsam von der dominikanischen und der US- Luftfahrtbehoerde vorgenommen. Beim Absturz der Maschine der tuerkischen Birgen-Air waren alle 189 Insassen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen deutsche Urlauber.


Baden-Wuerttemberg plant Gebuehren fuer Grundschulfoerderklassen

Stuttgart. Die CDU/FDP-Regierung in Baden-Wuerttemberg plant offenbar, ab kommenden Sommer Gebuehren fuer die Grundschulfoerderklassen zu erheben. Das berichtet die Deutsche Presseagentur unter Berufung auf einen Sprecher des Stuttgarter Kultusministeriums. Die Hoehe der Gebuehren sei nach Angaben des Sprechers noch offen. In den Grundschulfoerderklassen werden Kinder unterrichtet, die zwar das sechste Lebensjahr vollendet haben und eingeschult werden koennten, aber noch nicht schulreif sind.


Boris Becker in Paris ausgeschieden

Boris Becker ist in der zweiten Runde des Hallentennisturniers in Paris ausgeschieden. Er unterlag dem Spanier Carlos Moya mit 3:6, 7:5 und 4:6.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar(1 US_$)  1,5117
Kanada(1 $)  1,1241
England(1 Pfund)  2,4555
Irland(1 Pfund)  2,4690
Schweiz(100 sfr)  120,381
Frankreich(100 FF)  29,565
Italien(1000 Lit)  0,9939
Oesterreich(100 oeS)  14,212
Spanien(100 Ptas)  1,1857
Japan(100 Yen)  1,3183
Schweden(100 skr)  23,025
 
Einige Indizes:
DAX:2678,73(+5,11)  (Schlussstand)  
Dow-Jones-Index:5999,94(-7,08)  (15:50 GMT)  
Nikkei-Index:20681,67(-276,41)   (Schlussstand)  
 
(alle Angaben ohne Gewaehr)  



Quellen

B5    09:15 MEZ    15:45 MEZ    20:15 MEZ
SDR3 09:00 MEZ    11:00 MEZ    16:00 MEZ    18:00 MEZ    20:00 MEZ