GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 11.09.1996



* Zweiter Tag der Haushaltsdebatte; Generalaussprache
* Lohnkuerzung im Krankheitsfall soll im Baugewerbe bald umgesetzt werden
* Kohl: Deutschland beteiligt sich weiter an Bosnien-Friedenstruppen
* Staatsbesuch Herzogs in Slowenien
* Scharfe Sparmassnahmen in Baden-Wuerttemberg geplant
* Weitere Annaeherung im Tarifstreit bei der Bahn
* Bundesrat zieht wohl doch im Jahr 2000 nach Berlin
* Letzter Einspruch gegen Ausbau der B31 abgewiesen
* US-Generalkonsulat in Stuttgart wird geschlossen
* Willy Weber wegen Steuerhinterziehung verurteilt
* Matthias Sammer ist Deutschlands "Fussballer des Jahres"
* UEFA-Pokal, 1. Runde



Zweiter Tag der Haushaltsdebatte; Generalaussprache

Bonn. Am zweiten Tag der Haushaltsdebatte ueber den Haushalt 1997 ging es heute um die Etats des Bundeskanzleramtes, des Auswaertigen Amtes und des Verteidigungsministeriums. Traditionell nutzte die Opposition diese Debatte zur Generalabrechnung mit der Politik der Regierung. In der Generaldebatte warf die Opposition der Koalition unsolide und unsoziale Politik vor. SPD-Chef Lafontaine hielt Bundeskanzler Kohl vor, grosse Teile der Bevoelkerung glaubten nicht an den Erfolg des Regierungsprogramms fuer mehr Wachstum und Beschaeftigung. Die Regierung sei mit ihrer Politik gescheitert. Der Kurs der Regierung sei sozial ungerecht: Wer die Vermoegensteuer abschaffen und gleichzeitig eine versprochene Kindergelderhoehung verschieben wolle, der gehoere abgewaehlt. Die Bundesregierung trage die politische Verantwortung fuer Arbeitslosigkeit, sinkenden Wohlstand, Staatsverschuldung und Sozialabbau. Das Sparpaket bezeichnete Lafontaine als Etikettenschwindel. SPD-Fraktionschef Scharping mahnte eine gerechtere Verteilung der Lasten an. Der Wille dazu sei bei der Koalition nicht mehr erkennbar. Anwaelte der Schwachen bekaemen kein Gehoer mehr. Der Fraktionssprecher von Buendnis 90/Die Gruenen Fischer meinte, die Regierung betreibe nur die Politik, die ihrem Machterhalt diene. Sie wolle keine Reformen, sondern nur ihre Klientel abfuettern. Wenn die Regierung Kohl an der Macht bleibe, so Fischer, gaebe es Sparpakete im Halbjahresrhythmus. Mit der oppositionellen Verzagtheit muesse jetzt Schluss sein. Der Unionsfraktionsvorsitzende Schaeuble warf der Opposition vor, ein Zerrbild der Lage in Deutschland zu zeichnen, um damit die Aengste der Menschen zu schueren. Gleichzeitig blockiere die SPD aber wichtige Gesetzesvorhaben zur Sicherung des Standortes Deutschland. Deutschland muesse sich durch die geplanten Ausgabensenkungen dem internationalen Wettbewerb stellen. Den Deutschen sei es materiell nie besser gegangen als in den 90er Jahren, doch muessten jetzt die Entscheidungen getroffen werden, um den Wohlstand zu erhalten. Bundeskanzler Kohl wies die Kritik der Opposition in scharfen Worten zurueck. Die Opposition verschliesse die Augen davor, dass sich die Welt veraendert habe. Sie verunsichere die Menschen mit Verelendungstheorien. Rote Fahnen und Feldgeschrei wuerden den Arbeitslosen nicht helfen. Noetig seien Reformen, um Deutschland fitzumachen fuer die Zukunft. Ehrgeiziges Ziel seiner Regierung bleibe es, die Zahl der Arbeitslosen bis zum Jahr 2000 zu halbieren. Gewerkschaften und Arbeitgeber forderte Kohl auf, ihre Beitraege fuer den notwendigen Strukturwandel zu leisten. Kohl warnte vor Rot-Gruen auf Bundesebene. Nordrhein-Westfalen sei ein abstossendes Beispiel fuer Reformverweigerung und Perspektivlosigkeit. Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass der Bundestag am Freitag das Sparpaket verabschiedet. Danach werde es wieder Gespraeche geben mit SPD und Gewerkschaften. Wenn der Bundesrat morgen wie erwartet Einspruch gegen das Sparpaket einlegt, braucht die Koalition am Freitag im Bundestag die absolute Mehrheit. CDU/CSU und FDP verfuegen ueber 341 Stimmen, vier mehr als noetig. Das Paket umfasst die Kuerzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Lockerung des Kuendigungsschutzes in Kleinbetrieben sowie die Anhebung des Rentenalters. In einem Interview betonte Bundeskanzler Kohl, das Sparpaket sei notwendig und stehe durchaus im Einklang mit dem Anspruch auf soziale Gerechtigkeit. Nur durch Sparen koennten die Steuerzahler zusaetzlich entlastet werden. Die groesste soziale Ungerechtigkeit sei es aber, wenn Arbeitssuchende keine Arbeit faenden.


Lohnkuerzung im Krankheitsfall soll im Baugewerbe bald umgesetzt werden

Bonn. Im Baugewerbe muessen kranke Arbeitnehmer ab November mit einer 20prozentigen Kuerzung ihrer Loehne rechnen. Der Zentralverband des deutschen Baugewerbes kuendigte an, das erwartete Gesetz ueber die Kuerzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall baldmoeglichst umzusetzen. Das Gesetz kann unmittelbar nach Inkrafttreten greifen, weil die Lohnfortzahlung nicht im Tarifvertrag geregelt ist. In der Baubranche sind rund 1,3 Mio. Menschen beschaeftigt.


Kohl: Deutschland beteiligt sich weiter an Bosnien-Friedenstruppen

Bonn. Die Bundesregierung will sich auch nach Ablaufs des UN-Mandats an der Friedensmission in Bosnien beteiligen. Bundeskanzler Kohl sagte im Bundestag, er koenne sich nicht vorstellen, dass sich die Deutschen aus dieser Verantwortung zurueckziehen wuerden. Unverzichtbar nannte auch SPD-Fraktionsvize Verheugen Deutschlands Beteiligung an der Friedenssicherung, er hielt eine Diskussion darueber fuer verfrueht. Der Kanzler kuendigte ausserdem an, dass die deutsch-tschechische Versoehnungserklaerung noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Differenzen gab es ueber Fragen der NATO-Osterweiterung. Kohl sprach sich erneut dafuer aus, Russlands Sicherheitsbedenken zu beruecksichtigen. Die SPD befuerchtet dadurch eine Verunsicherung der beitrittswilligen Laender. Dies gelte insbesondere fuer das Baltikum, wo grosse Erwartungen geweckt worden seien.


Staatsbesuch Herzogs in Slowenien

Ljubljana. Bundespraesident Herzog begann heute einen zweitaegigen Besuch in Slowenien. Herzog will sich dabei ueber die politische Lage in dem Land informieren. Nach einem Gespraech mit dem slowenischen Praesidenten Kutschan unterstrich Herzog, Slowenien solle nach dem Willen Bonns so rasch wie moeglich Mitglied der NATO und der Europaeischen Union werden. Deutschland werde alles tun, um die ehemalige jugoslawische Teilrepublik beim Erreichen dieses Zieles zu unterstuetzen. Kutschan versicherte, sein Land habe stabile Grundlagen und alle Voraussetzungen fuer solche Mitgliedschaften geschaffen. Am Abend legte Herzog am Mahnmal fuer die Opfer der deutschen Besatzung Sloweniens im Zweiten Weltkrieg einen Kranz nieder. Slowenien hat seit der Unabhaengigkeit von Jugoslawien eine friedliche Entwicklung genommen. Gestern hatte der Bundespraesident seinen Besuch in Mazedonien beendet.


Scharfe Sparmassnahmen in Baden-Wuerttemberg geplant

Saulgau. Die baden-wuerttembergische CDU/FDP-Landesregierung will die Neuverschuldung im Haushalt 1997 trotz der drohenden Milliardenloecher zunaechst nicht erhoehen. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur einigte sich das Kabinett heute auf seiner Klausurtagung in Saulgau darauf, nicht mehr Kredite als die geplanten 1,6 Mrd. DM aufzunehmen. Die Deckungsluecke von mindestens 2,2 Mrd. DM solle mit strikten Sparmassnahmen geschlossen werden. So sollen die beschlossenen neuen Lehrerstellen wegfallen. Auch bei der Polizei koenne es keine Neueinstellungen geben Entgegen ersten Ueberlegungen sollen aber die Zuschuesse fuer Personalkosten in Kindergaerten nicht gekuerzt werden. Bis morgen will das Kabinett seinen Sparkurs fuer das kommende Jahr festgelegt haben. Inzwischen forderten Parteien und Lehrerverbaende die Landesregierung auf, von ihrem strikten Sparkurs abzuruecken. SPD-Chef Maurer sagte, die Sparplaene seien chaotisch sowie an Ungerechtigkeit kaum noch zu ueberbieten. Zahlreiche Lehrerverbaende warnten davor, Abstriche bei den Lehrerstellen zu machen.


Weitere Annaeherung im Tarifstreit bei der Bahn

Magdeburg. Im Tarifstreit bei der Bahn ist eine Einigung naehergerueckt. Der Hauptvorstand der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands beschloss, die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG auf Grundlage des Schlichterspruchs vom vergangenen Wochenende weiterzufuehren. Die Empfehlung sieht fuer die rund 180.000 Bahnarbeitnehmer unter anderem eine Einkommenserhoehung von 1,3 Prozent ab Mai 1997 vor. Fuer die ostdeutschen Eisenbahner soll es weitere Annaeherungen an das Westniveau geben. Nach Angaben der Gewerkschaft werden die Verhandlungen mit der Bahn AG morgen in Frankfurt fortgesetzt.


Bundesrat zieht wohl doch im Jahr 2000 nach Berlin

Bonn. Der Bundesrat soll nun doch wie der Bundestag um das Jahr 2000 nach Berlin umziehen. Auf einen entsprechenden Vorschlag haben sich 13 der 16 Laender geeinigt. Er soll in der naechsten Woche im Bundesrat eingebracht und Ende September dort verabschiedet werden. Der Bundesrat hatte 1991 beschlossen, im Gegensatz zu Bundestag und Regierung seinen Sitz in Bonn zu belassen, sich aber eine spaetere Ueberpruefung dieser Entscheidung vorbehalten.


Letzter Einspruch gegen Ausbau der B31 abgewiesen

Freiburg. Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hat auch den letzten Einspruch gegen den Ausbau der Bundesstrasse 31 suedoestlich von Freiburg zurueckgewiesen. Gegner des jahrzehntelang umstrittenen Projekts kuendigten nach der heute bekanntgewordenen Entscheidung Massnahmen zur Verhinderung des Baubeginns an. Der Freiburger Oberbuergermeister Boehme sagte, er erwarte jetzt rasch den Beginn des Ausbaus der Bundesstrasse zwischen Freiburg und Kirchzarten.


US-Generalkonsulat in Stuttgart wird geschlossen

Stuttgart. Das US-Generalkonsulat in Stuttgart schliesst morgen aus Kostengruenden entgueltig seine Pforten. Fuer Baden-Wuerttemberg wird in Zukunft das Generalkonsulat in Frankfurt zustaendig sein. Wie die US-Botschaft in Bonn mitteilte, ist die Schliessung nicht auf verringertes Interesse zurueckzufuehren. Die USA wollten vielmehr weiterhin auf wirtschaftlichem, kulturellen und militaerischem Gebiet in Baden-Wuerttemberg vertreten sein.


Willy Weber wegen Steuerhinterziehung verurteilt

Stuttgart. Der Manager von Formel 1-Weltmeister Michael Schumacher, Willy Weber, ist vom Amtsgericht Stuttgart wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 250.000 DM verurteilt worden. Weber hatte dem Gericht zufolge einen Ferrari nach Japan verkauft, ohne den erzielten Gewinn beim Finanzamt anzuzeigen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wies ausdruecklich darauf hin, dass zwischen dem Autoverkauf des Managers und seiner Taetigkeit fuer Schumacher keinerlei Zusammenhang besteht. Unter anderem betreut Weber auch das Topmodel Claudia Schiffer.


Matthias Sammer ist Deutschlands "Fussballer des Jahres"

Dortmund. Matthias Sammer ist erneut zu Deutschlands "Fussballer des Jahres" gewaehlt worden. Wie im vergangenen Jahr setzten die deutschen Sportjournalisten den 29jaehrigen Dortmunder Nationalspieler auf Platz 1 vor Juergen Klinsmann und Andreas Koepke.


UEFA-Pokal, 1. Runde

Rapid Bukarest - Karlsruher SC 1 - 0 (Mittwoch) FC Valencia - Bayern Muenchen 3 - 0 (Dienstag) Schalke 04 - Roda Kerkrade 3 - 0 (Dienstag) Celtic Glasgow - Hamburger SV 0 - 2 (Dienstag) Arsenal London - Moenchengladbach 2 - 3 (Dienstag)


Quellen

SDR3    09:00 MESZ    11:00 MESZ    15:00 MESZ    17:00 MESZ    19:00 MESZ
B5    09:15 MESZ    11:15 MESZ    15:15 MESZ    19:15 MESZ