Regierungskoalition ringt um Reform der KFZ-Steuer |
Bonn. Die Regierungskoalition ringt noch immer um eine Reform der
KFZ-Steuer. Derzeit liegen acht Modelle vor. Das Verkehrs-, das Wirtschafts-,
das Umwelt- und das Finanzministerium sind sich dabei einig, dass Halter von
Altautos ohne Katalysator staerker zur Kasse gebeten werden, Besitzer von
schadstoffarmen PKW dagegen mit Steuerbefreiungen rechnen koennen. Ziel aller
Vorschlaege ist es, den Bestand der 1.8 Millionen Fahrzeuge zu reduzieren.
Die FDP, obwohl Teilnehmer der Arbeitsgruppe, will an einer kompletten
Abschaffung der KFZ-Steuer festhalten und nur die Mineraloelsteuer erhoehen.
Dies lehnen die Unionsminister ab. Ihre Argumente dagegen lauten, es wuerden
nur Berufspendler zur Kasse gebeten und der ruhende Verkehr werde nicht
belastet. |
"Nein" zu Diaetenerhoehungen |
Bonn. Die FDP bleibt bei ihrem "Nein" zu geplanten Diaetenerhoehungen fuer
Bundestagsabgeordnete. Nach der Fraktion hat sich heute auch das Praesidium
der Liberalen gegen die von Union und SPD gewuenschte Koppelung der Diaeten
an die Bezuege der Bundesrichter ausgesprochen. Das gab heute der Vorsitzende
Wolfgang Gerhard bekannt. Er fuegte hinzu, die FDP sehe verfassungsrechtliche
Probleme. |
Kontroverse Diskussion in der SPD zum Zustand der Partei geht weiter |
Bonn. In der SPD dauert die kontroverse Diskussion ueber den Zustand der
Partei an. Der Vizepraesident des Bundestages, Klose, uebte Kritik an der
sozialdemokratischen Wirtschaftspolitik. Einige Einzelgewerkschaften seien
hier moderner als die SPD. In der anhaltenden Fuehrungsdiskussion stellten
sich Nordrhein-Westfalens Ministerpraesident Rau und der SPD-Sozialexperte
Dressler hinter den Parteivorsitzenden.
Das SPD-Praesidium hat den angeschlagenen Parteichef Rudolf Scharping nach
den Ruecktritten der vergangenen Tage zum Weitermachen ermutigt. Wie
Scharping-Stellvertreter Johannes Rau nach einer Sitzung des SPD-Praesidiums
auf einer Pressekonferenz bekanntgab, habe es eine ernste und gute Aussprache
ueber die momentane Situation in der SPD gegeben, bei der auch ein ganz
schoenes Stueck Selbstkritik geuebt worden sei. "Wir sind miteinander - der
Vorsitzende, seine Stellvertreter, die uebrigen Mitglieder des Praesidiums -
bereit und willens, entdeckte Defizite abzuarbeiten und die Arbeit - wie
nennt man das heute - zu optimieren. Das gilt fuer den Vorsitzenden, aber
auch fuer alle anderen." Man habe ihn nach draussen geschickt, so Rau, weil
er ja fuer seine Froehlichkeit bekannt sei. Aus Sitzungkreisen war verlautet,
dass Scharping das Praesidium eindringlich aufgefordert hatte, die
Fuehrungsdebatte in der Partei endlich zu beenden. |
Wohlfahrtsverbaende fordern Rueckzug der Plaene zur Sozialhilfereform |
Bonn. Mehr als 80 Wohlfahrtsverbaende fordern die Bundesregierung auf, ihre
Plaene fuer eine Sozialhilfereform zurueckzuziehen. Sie sehen darin eine
Gefahr fuer den Sozialstaat. Die Verbaende werfen der Regierung vor, mit
missverstaendlichen Daten zu operieren. Die Angaben, wonach sich die
Sozialhilfeausgaben seit 1980 nahezu verdreifacht haetten, seien
irrefuehrend. Inflationsbereinigt erhalte der einzelne Sozialhilfeempfaenger
heute naemlich keineswegs mehr Geld als 1980. Die Kostenexplosion stamme also
nur daher, dass insgesamt zu viele Menschen von Sozialhilfe abhaengig seien.
Deshalb muss, so die Verbaende, nicht beim einzelnen Sozialhilfeempfaenger
gespart, sondern deren Zahl insgesamt abgebaut werden. Fuer die Loesung
dieses prinzipiellen Problems zeige der Gesetzentwurf aber keinerlei
Ansaetze. |
Kinderschutzbund wirft Bundesregierung kinderfeindliche Politik vor |
Hannover. Der Kinderschutzbund hat der Regierung eine kinderfeindliche
Politik vorgeworfen. Ueber 2.2 Millionen Kinder in Deutschland lebten in
Armut, kritisiert der Kinderschutzbund. Die Organisation macht auch eine
verfehlte Verkehrspolitik dafuer verantwortlich, dass Deutschland bei der
Zahl der verunglueckten Kinder eine europaeische Spitzenposition einnimmt. |
Bekennerschreiben zu Breuer-Anschlag |
Die antiimperialistische Zelle hat sich zu dem Anschlag auf den CDU-Politiker
Breuer bekannt. In einem Schreiben, das heute bei der Nachrichtenagentur afp
einging hiess es, Deutschland habe sich zu einem global agierenden
militaerischen Akteur entwickelt. Daran sei Breuer massgeblich beteiligt
gewesen. Breuer ist verteidigungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.
Gestern war vor seinem Haus in Siegen eine Bombe explodiert, die aber nur
Sachschaden anrichtete. Die RAF-Nachfolgegruppe kuendigte weitere
Sprengstoffanschlaege an. |
Schalck-Prozess vertagt |
Der vorsitzende Richter am Berliner Landgericht teilte nach kurzer
Verhandlung mit, die Verteidigung habe die Zusammensetzung der grossen
Strafkammer kritisiert. Nun will das Gericht ueber diesen und andere Antraege
bis zum naechsten Montag entscheiden. Der fruehere DDR-Devisenbeschaffer
Alexander Schalck-Golodkowski ist wegen Waffenhandels angeklagt. |
Fajfr schwer belastet |
Stuttgart. Die Eislaeuferin Nadine Pflaum hat ihren frueheren Trainer Carel
Fajfr vor Gericht belastet. Nadine Pflaum hatte mit ihrer Anzeige den Prozess
wegen Koerperverletzung und sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener ins Rollen
gebracht. Als Nebenklaegerin belastete sie heute den Angeklagten schwer. Sie
schilderte mit leiser kindlicher Stimme, wie sich der als brutal gefuerchtete
Trainer in einer gemeinsam bewohnten Ferienwohnung und in
Eissportumkleidekabinen an sie herangemacht habe und sie seine handfesten
Zudringlichkeiten nur selten abzuwehren wagte. In ihrer Aussage
charakterisierte sie Fajfr als einen uebermaechtigen und brutalen Typ, der
mit Haerte, koerperlicher Gewalt und psychischem Druck aus zarten Kindern
harte und erfolgreiche Berufssportlerinnen machen wollte und der es
gegenueber seinen minderjaehrigen Schuetzlingen nicht bei verbalen
Obszoenitaeten bewenden liess, sondern Nadine zwang, zu dulden, dass er ihr
an und unter die Waesche ging. Fajfr bestreitet bislang die ihm gemachten
Vorwuerfe. Nadine Pflaum hat seit den Vorfaellen Alptraeume und ist in
Behandlung bei einer Kinderpsychologin. |
Ex-Europaabgeordneter vor Gericht |
Der fruehere SPD-Europagabeordnete Dieter Schimpfel muss sich seit heute vor
dem Landgericht Aschaffenburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm
und drei weiteren Angeklagten versuchte Hehlerei vor. Sie sollen versucht
haben, gefaelschte Schweizer Franken im Wert von knapp 5 Millionen DM unter
die Leute zu bringen. Schimpfel hatte wiederholt beteuert, er habe die
Banknoten fuer echt gehalten. |
Busfahrer vor Gericht in Neumarkt |
Dem 63jaehrigen Busfahrer wird 7fache fahrlaessige Toetung vorgeworfen. Er
soll im Dezember 1994 auf der Autobahn Nuernberg - Regensburg versucht haben,
ein kaputtes Rollo an der Windschutzscheibe seine Busses zu reparieren. Dabei
verursachte er einen Unfall, bei dem sieben Mitreisende getoetet worden
waren. 20 Menschen wurden verletzt. |
Noch keine Spur von fluechtigen Gewalttaetern |
Ravensburg. Zwei Tage nach dem Ausbruch aus dem psychatrischen
Landeskrankenhaus Weissenau gibt es noch keine heisse Spur von den vier
fluechtigen Gewalttaetern. Die 39jaehrige Krankenschwester, die bei dem
Ausbruch durch Stiche schwer verletzt worden war, schwebt weiter in
Lebensgefahr. Die Suche nach den Haeftlingen konzentriert sich auf die Region
Ravensburg und den Bodenseekreis. |
Abgeordnete im Internet |
Seit knapp zwei Wochen laeuft das Pilotprojekt "Abgeordnete im Internet",
URL: http://www.fu-berlin.de/POLWISS/mdb-projekt/
Im Rahmen des Projekt praesentieren sich sechs Abgeordnete des Deutschen
Bundestages im WWW und sind zudem per E-Mail erreichbar. Zudem werden
allerlei Rahmeninformationen drumherum angeboten: die "woche im bundestag",
Zusammensetzung der Ausschuesse, Fraktionen und Kommissionen, einen
einfuehrenden Text in die Arbeit des Deutschen Bundestages und vieles mehr. |
Peter Graf bleibt in Haft |
Steffi Grafs Vater wird vorerst nicht aus der Haft entlassen. Das hat das
Amtsgericht Mannheim beschlossen. Damit wies der Richter eine Beschwerde der
Graf-Anwaelte zurueck. Diese wollten ihren Mandanten gegen Zahlung einer
Kaution auf freien Fuss bekommen. Es seien Summen von 10 bis 15 Millionen DM
geboten worden. Die Haftbeschwerde der Anwaelte wird jetzt dem Landgericht in
Mannheim, der zustaendigen Beschwerdekammer, vorgelegt. Vorgelegt werden soll
der Fall noch heute, doch wann die Richter am Landgericht entscheiden, das
ist im Moment noch voellig unklar. |
Fussballbundesliga |
Leverkusen 2-0 E. Frankfurt Freiburg 0-1 Werder Bremen 186O Muenchen 2-1 1. FC Koeln Uerdingen 1-1 Schalke O4 Karlsruhe 3-1 Duesseldorf Hamburger SV 1-1 Hansa Rostock M'gladbach 2-4 St. Pauli Dortmund 6-3 VfB Stuttgart Kaiserslautern 2-3 B. Muenchen Rk. Team Points # Goal Diff. W D L Goals =========================================================================== 1 B. Muenchen 18 6 + 12 6 0 0 18- 6 2 Leverkusen 12 6 + 6 3 3 0 10- 4 3 Dortmund 11 6 + 6 3 2 1 15- 9 4 Werder Bremen 11 6 + 1 3 2 1 8- 7 5 St. Pauli 10 6 + 2 3 1 2 12-10 6 M'gladbach 10 6 + 1 3 1 2 10- 9 7 Schalke O4 9 6 0 2 3 1 7- 7 8 Hansa Rostock 8 6 + 1 2 2 2 12-11 9 E. Frankfurt 8 6 0 2 2 2 10-10 10 Uerdingen 7 6 + 1 1 4 1 5- 4 11 Karlsruhe 7 6 - 3 2 1 3 9-12 12 VfB Stuttgart 6 6 - 4 1 3 2 9-13 13 Duesseldorf 5 6 - 2 0 5 1 8-10 14 1. FC Koeln 5 6 - 2 1 2 3 5- 7 15 Kaiserslautern 5 6 - 4 1 2 3 8-12 16 Hamburger SV 4 6 - 2 0 4 2 11-13 17 186O Muenchen 4 6 - 7 1 1 4 7-14 18 Freiburg 3 6 - 6 1 0 5 3- 9 |
Boerse |
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Der falsche Vorsitzende (Sueddeutsche Zeitung) |
Von Dieter Schroeder.
Das Problem der SPD heisst nicht Rudolf Scharping, sondern Helmut Kohl. Der
Bundeskanzler sitzt fester denn je im Sattel, als haette es das fuer die
Koalition magere Wahlergebnis vom Oktober 1994 nicht gegeben. Nicht vergessen
ist dagegen das Wort Scharpings, die Opposition werde dafuer sorgen, dass der
Kanzler die Schlappe nicht lange ueberlebe. Inzwischen werden sogar in der
SPD Stimmen laut, ob es der SPD 1998 gelingen koenne, Helmut Kohl abzuloesen.
Rudolf Scharping spielt aber unverdrossen die Kohl-Abloese-Nummer weiter,
waehrend ihm die Partei um die Ohren fliegt und seine sowie der SPD
Popularitaetswerte in den Keller sausen.
Das kann nicht gutgehen - fuer Rudolf Scharping. Je verzweifelter er an einer verfehlten Oppositionsstrategie festhaelt, desto schneller werden ihn seine eigenen Bataillone im Stich lassen. Was jetzt vehement ueber Scharping einstuerzt, ist nichts anderes als die Verzweiflung vieler Genossen darueber, dass es der Partei nicht gelingt, die vermeintlichen Schwaechen Kohls - eine geringe Mehrheit und einige ungeloeste Wirtschaftsprobleme - zu ihrem Gunsten auszunutzen. Daran ist Scharping nicht unschuldig. Sein Versuch, die Bundesregierung mit Hilfe des Bundesrates lahmzulegen, musste schlicht daran scheitern, dass die SPD-regierten Laender ihre eigenen Interessen verfolgen und sich nicht vom Kanzlerherausforderer an die Leine legen lassen. Neben alten unbeglichenen persoenlichen Rechnungen hat dies entscheidend zum Konflikt zwischen Gerhard Schroeder und Rudolf Scharping beigetragen. Der eine ist Praktiker und muss sehen, wie "sein" Land an der Pleite vorbeisteuert, der andere kuemmert sich, mit dem Kanzlersturz jetzt oder 1998 im Auge, wenig um Tagesfragen, die sich nur schwer mit einem sozialdemokratischen Angebotskatalog fuer bessere Tage vereinbaren lassen. Was fuer Schroeder gilt, gilt aber auch fuer Voscherau und Lafontaine. So waren denn Kompromisse im Bundesrat wie beim Jahressteuergesetz vorherzusehen. Als frueherer Ministerpraesident haette Scharping das wissen koennen. Er hatte Erwartungen geweckt, die er nicht erfuellen konnte. Nichts entwickelt aber - in der Politik wie im sonstigen Leben - mehr Sprengkraft als enttaeuschte Erwartungen. Dass ihn nun rechte SPD-Politiker wie Carsten Voigt und linke wie Christian Zoepel im Stich lassen, kann nicht ueberraschen. Den einen wollte er es recht machen, den anderen etwas beweisen - dass die SPD auch bei einer Absage an rot-gruen, und damit war Scharping angetreten, siegen koenne. Es war ein verzweifelter und im Ansatz richtiger Versuch, die SPD zusammenzuhalten. Er war damit glaubwuerdiger als Schroeder, dessen Politik schon beim ersten Konflikt mit dem neuen Vorsitzenden, naemlich rot-gruen das Wort zu reden und die Gruenen hinterruecks auzubooten, nicht sehr glaubwuerdig war. Aber bei allen ehrlichen Absichten ist Scharping dieser Versuch nicht gelungen. Nun, da die Partei sich im Abseits wiederfindet, brechen die alten Konflikte wieder auf, sei es in der Bosnien- oder in der Wirtschaftspolitik, beschleunigt durch den Verlust der absoluten Mehrheit in Nordrhein-Westfalen und das Zusammengehen mit den Gruenen. Der zweite grobe Schnitzer unterlief Scharping, als der sich von Schroeder herausfordern liess. Da es ihm in der Wirtschaftspolitik an der sachlichen Autoritaet fehlt, liess er sich darauf ein, den Machtkampf mit einem trotzigen Machtwort zu entscheiden: "Ich bin der Vorsitzende". Das reicht aber nicht, auch nicht in der Aussenpolitik. So lassen sich sachliche Divergenzen nicht aus der Welt schaffen, so laesst sich Fuehrungsstaerke nicht demonstrieren. Der Beifall nach der Ausbootung Schroeders war nur die kurzfristige Freude ueber ein bisschen Schmerzlinderung. Auch die Fraktion war so fuer Scharping als neues Fuehrungsinstrument anstelle des Bundesrates nicht zu gewinnen. Dass allein der Aufstand dreier Hinterbaenkler ausreichte, die Fuehrungsfrage in nie dagewesener Schaerfe wieder aufzurollen, zeigt den Zustand der Partei und den Verfall der Autoritaet Scharpings an. Scharping ist der falsche Vorsitzende zur falschen Zeit. Die Partei haette in diesem Zeitpunkt keinen Moechtegern-Machiavelli aus Mainz gebraucht, sondern einen konzeptionellen Denker, der formulieren koennte, wie die sozialdemokratische Antwort auf die von den Parteivaetern nicht vorausgesehenen Probleme unserer Zeit aussieht. Dieser Denker ist allerdings auch Gerhard Schroeder nicht. Dass beide ueber den Gegensatz zwischen sozialdemokratischer und moderner Wirtschaftspolitik streiten, ist leeres Wortgeklingel, bei dem der bullige Populist nur den Vorteil hat, einige - wahrscheinlich begrenzte - Sanierungserfolge vorweisen zu koennen. Der Streit findet zudem zur Unzeit statt. Schroeders Versuch, jetzt die Kandidatenfrage fuer 1998 offenzuhalten schadet auch seinen eigenen Ambitionen und den Chancen der Partei. Dies gilt umso mehr, als es einen Dritten nicht gibt, denn Lafontaine gilt nach der Wahlniederlage von 1990 als "verbraucht".
Wenn sowohl Scharping als auch Schroeder die Partei nicht geschlossen
hinter sich bringen, ist Sorge um die SPD angebracht. Die Gefahren einer
Spaltung der Partei in eine rechten und in einen linksgruenen Fluegel
muessen dann ernsthafter betrachtet werden, zumal sie Auswirkungen auf unser
gesamtes Parteiensystem haetten. |
Quellen |
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