GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 27.12.1994



* Karl Schiller gestorben
* Frau Genc "Frau des Jahres 1994"
* Kinkel gegen Einstimmigkeitsbeschluesse im EU-Ministerrat
* Simonis rechnet mit zehn Jahren Solidaritaetszuschlag
* Stoiber gegen die Streichung von Feiertagen
* Bluem attakiert Arbeitgeber
* Hintze fordert Streichung des Steuersplittings
* Geissler fordert mehr finanzielle Hilfen fuer Familien
* Toepfer will das Bauen attraktiver machen
* Kritik an der Umweltpolitik
* Bund der Steuerzahler mahnt Konsequenz an
* Deutsche Bank Tochter uebernimmt ITT-Unternehmen
* 1995 Bauhausmuseum in Weimar
* 20 Neonazis ermittelt
* Kurde in die Tuerkei abgeschoben
* 1.500 Stunden Sonne im Jahr
* Zwei Tote bei Wohnungsbrand in Mannheim
* US-$ und DAX



Karl Schiller gestorben

Hamburg. Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Superminister Karl Schiller ist im Alter von 83 Jahren in der Hamburger Universitaetsklinik gestorben. In der grossen Koalition war Schiller zunaechst 1966 Wirtschaftsminister. Es gelang ihm die erste Konjunkturkrise der deutschen Nachkriegsgeschichte zu ueberwinden. Er folgte dabei der Devise, der Staat muesse in Rezessionszeiten die Wirtschaft ankurbeln. Die Ueberzeugungskraft Schillers trug 1969 zum Wahlsieg der SPD bei. Als Wirtschafts- und spaeterer Superminister rief er die konzertierte Aktion ins Leben, sorgte fuer die Freigabe der D-Mark und fuehrte die mittelfristige Finanzplanung ein. Das Ende der politischen Karriere Schillers kam 1972. Die Inflation drohte davonzulaufen. Mit seinen Sparplaenen konnte sich Schiller aber in der Regierung nicht durchsetzen. Er trat zurueck und verliess sogar die SPD. Bundesregierung und Opposition wuerdigten den Verstorbenen. Ueber Parteigrenzen hinweg habe er in allen wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen grosse Anerkennung gefunden. SPD-Chef Scharping sagte, Schiller habe die Sozialdemokratie seit Beginn der 50er Jahre entscheidend gepraegt. Finanzminister Waigel bezeichnete den Verstorbenen als bedeutenden Wirtschaftswissenschaftler mit politischer Weitsicht. Bundeskanzler Kohl erklaerte, Schiller habe wichtige Eckpunkte, das Wirtschaftswachstumsgesetz und die konzertierte Aktion geschaffen.


Frau Genc "Frau des Jahres 1994"

Hamburg. Die Tuerkin Genc ist "Frau des Jahres 1994" der ARD Tagesthemenredaktion. Sie hatte beim Brandanschlag von Solingen 1993 ihre beiden Toechter, eine Nichte und zwei Enkelinnen verloren. Wie der Norddeutsche Rundfunk mitteilte, wurde der Ehrentitel damit zum vierten Mal verliehen. Vor Frau Genc waren die Politikerinnen Angela Merkel von der CDU und Uta Wueffel von der FDP, sowie die in Bosnien engagierte Aerztin Monika Hauser geehrt worden.


Kinkel gegen Einstimmigkeitsbeschluesse im EU-Ministerrat

Berlin. Bundesaussenminister Kinkel hat sich gegen die bisher notwendige Einstimmigkeit im Ministerrat der EU ausgesprochen. Aussenpolitische Entscheidungen sollte der Rat grundsaetzlich nur mit Mehrheit treffen, sagte der FDP-Politiker der Berliner Zeitung "BZ". Der Ministerrat werde nicht die Arbeitsformen beibehalten koennen, die Ende der 60er Jahre geschaffen wurden, als es nur sechs Mitglieder gab.


Simonis rechnet mit zehn Jahren Solidaritaetszuschlag

Kiel. Die schleswig-holsteinische Ministerpraesidentin Simonis rechnet damit, dass der Solidaritaetszuschlag mindestens zehn Jahre gezahlt werden muss. Der Zuschlag in Hoehe von 7.5 % auf die Lohn- und Einkommenssteuer tritt am ersten Januar in Kraft. In einem Interview der Zeitung "Die Welt" verwies Frau Simonis auf die Einschaetzung von Fachleuten, dass das Wirtschaftsniveau in Ost- und Westdeutschland in fruehstens zehn Jahren angeglichen sein werde. Die Bundesregierung hat bisher nicht festgelegt, wie lange der Zuschlag erhoben werden soll. Man hat lediglich vereinbart, die Abgabe jaehrlich zu ueberpruefen.


Stoiber gegen die Streichung von Feiertagen

Der bayerische Ministerpraesident hat gefordert, das Finanzierungsmodell fuer die Pflegeversicherung zu aendern. In Muenchen sagte er, es zeige sich immer mehr, dass die vorgesehene Streichung von Feiertagen zum Ausgleich des Arbeitgeberanteils eine fehlerhafte Entscheidung gewesen sei. Dies stifte nicht nur Unfrieden in den Kirchen, sondern auch bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern, so Stoiber. Der Ministerpraesident sprach sich dafuer aus, statt dessen einen Urlaubstag zu streichen.


Bluem attakiert Arbeitgeber

Bundesarbeitsminister Bluem hat den Praesidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages Stihl vorgeworfen, den Sozialstaat ruinieren zu wollen. Gegenueber dem Magazin "Stern" nannte er Stihl ein Risiko fuer den Industriestandort Deutschland. Man habe es im Zusammenhang mit den Forderungen nach Sozialabbau mit einer ganzen Kompanie von Maulhelden zu tun, die viel redeten und wenig machten, so der Bundesarbeitsminister. Die Arbeitgeber hatten sich wiederholt fuer Samstagsarbeit ausgesprochen und dafuer, das Urlaubsgeld von der Anzahl der Krankheitstage abhaengig zu machen.


Hintze fordert Streichung des Steuersplittings

Bonn. CDU-Generalsekretaer Hintze hat sich fuer eine Umleitung der Steuervorteile fuer kinderlose Ehepaare zugunsten von Familien mit Kindern ausgesprochen. Er halte eine Kappung der Splittingsvorteile fuer Verheiratete ohne Kinder fuer diskussionswuerdig, sagte Hintze der Zeitung "Die Welt". Damit wuerden erhebliche Mittel fuer Familien mit Kindern frei, die nach der urspruenglichen Intention des Gesetzgebers beguenstigt sein sollten. Hintze setzte sich zudem fuer eine grundlegende Reform der Familienfoerderung ein.


Geissler fordert mehr finanzielle Hilfen fuer Familien

Nach Ansicht des Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Heiner Geissler, muessen Familien mit geringem und mittlerem Einkommen mehr finanzielle Hilfen erhalten. In einem Hoerfunkinterview sagte Geissler, dass ausser der steuerlichen Freistellung des Existenzminiums das Kindergeld entscheidend erhoeht werden muesse. Er koenne sich durchaus vorstellen, dass ein bestimmter Betrag fuer Familien mit Kindern von der Steuerschuld abgezogen werde.


Toepfer will das Bauen attraktiver machen

Hamburg. Bauminister Toepfer will nach einem Bericht der "BILD"-Zeitung das Bauen billiger machen und staerker fuer Geringverdiener foerdern. "Wir muessen erreichen, dass bis zu Jahr 2005 mindestens jeder zweite Haushalt in den eigenen vier Waenden wohnt", so Toepfer.


Kritik an der Umweltpolitik

Der Bund fuer Umwelt- und Natruschutz Deutschland (BUND) hat der Bundesregierung vorgeworfen, sich vom Umweltschutz abgemeldet zu haben. Der BUND-Vorsitzende Weinzierl sagte, das Superwahljahr sei ein, so woertlich "Superreinfall fuer die Umwelt gewesen". So habe es laut Weinzierl keine politische Entscheidung auf Bundesebene gegeben, die einen nennenswerten Erfolg im Umweltschutz gebracht haette.


Bund der Steuerzahler mahnt Konsequenz an

Stuttgart. In Baden-Wuerttemberg lassen die Bemuehungen der Staedte und Gemeinden, sparsam zu haushalten, die noetige Konsequenz vermissen. Dieser Ansicht hat der Bund der Steuerzahler vertreten. Angesichts leerer Kassen seien die Kommunen zwar um Ausgabebegrenzungen bemueht, der noetige Umbau der oeffentlichen Verwaltung werde aber nicht angepackt. Die Gemeinden seien jedoch nicht alleine fuer die Misere verantwortlich. Bund und Laender muessten Rahmenbedingungen wie das Dienstrecht aendern und das Leistungsprinzip in der Verwaltung einfuehren.


Deutsche Bank Tochter uebernimmt ITT-Unternehmen

New York. Die US-Tochtergesellschaft der Deutschen Bank will fuer rund 4 Mrd. US-$ (6.3 Mrd. DM) ein wichtiges Unternehmen des US-Konzerns ITT kaufen. Das wurde in New York bestaetigt. Die ITT Gesellschaft fuer Handelsfinanzierung stellte bisher unter anderem Unternehmen der Computer- und Autobranche Darlehen zur Verfuegung


1995 Bauhausmuseum in Weimar

Weimar. Die Kunstsammlungen zu Weimar werden im Mai 1995 eine staendige Bauhausausstellung in der Kunsthalle eroeffnen. Bisher war diese Kunstarchitekturentwicklung des 20. Jahrhunderts nur fragmentarisch zu sehen. Gezeigt werden dann Dokumente der Kunstschulenentwicklung in Weimar von der Jahrhundertwende bis 1930. Die Kunstgewerbeschule unter Leitung von Henry van de Velde wird ebenso vorgestellt wie das von Walter Gropius gegruendete staatliche Bauhaus, sowie dessen Weimarer Nachfolgeinstitute. Zu sehen ist auch die Dessauer Bauhauszeit.


20 Neonazis ermittelt

Die Polizei hat in Bayern und Suedhessen eine Gruppe von 20 rechtsextremen Aktivisten aus der Skinheadszene ermittelt. Ihnen werden Kontakte zu verbotenen Organisationen und viele politisch motivierte Straftaten vorgeworfen, wie die Polizei in Hanau mitteilte. Bei mehreren Hausdurchsuchungen seien zudem Waffen, Munition, Teile einer selbstgebauten Bombe und Propagandamaterial sichergestellt worden.


Kurde in die Tuerkei abgeschoben

Trotz eines noch immer geltenden Abschiebestops hat Bayern einen straffaellig gewordenen Kurden in die Tuerkei abgeschoben. Der Mann soll massgeblich an den gewaltigen Ausschreitungen von Kurden im Fruehjahr in Augsburg beteiligt gewesen sein. Das Urteil gegen ihn, eine Bewaehrungsstrafe von einem Jahr, ist noch nicht rechtskraeftig. Der bayerische Innenminister Beckstein erklaerte, wer so eklatant gegen das Gastrecht verstosse, duerfe nicht erwarten, von irgendwelchen Verguenstigungen profitieren zu koennen. Die Gruenen warfen Beckstein vor, er wolle mit der Ausweisung ein Exempel statuieren. Nach einem Erlass des Bundesinnenministeriums duerfen zwar Kurden bis zum 20. Januar nicht in die Tuerkei abgeschoben werden, dies gilt aber unter anderem in Bayern nicht fuer Straftaeter.


1.500 Stunden Sonne im Jahr

Region Bodensee. Das Jahr 1994 ist das waermste Jahre am Bodensee seit 110 Jahren. Nach dem waermsten November seit 1862 - damals gab es erstmals Wettermessungen - wird auch die Temperatur im Dezember ueberdurchschnittlich hoch sein im Vergleich zu den entsprechenden Zeitraeumen der Vorjahre. Im Jahresdurchschnitt herrschte 1994 eine Temperatur von 11 Grad Celsius. Die Zahl der Sonnenstunden wird mit 1.500 angegeben.


Zwei Tote bei Wohnungsbrand in Mannheim

Ein Brand in einem Mannheimer Hochhaus hat am Morgen zwei Todesopfer gefordert. Drei Menschen wurden verletzt. Nach Ermittlungen der Polizei brach das Feuer aus bisher ungeklaerter Ursache in einer Wohnung im 17. Stock aus. Nachbarn retteten zwei Kinder, die auf die Aussensimse der Fenster gefluechtet waren. Die Kinder erlitten Brandverletzungen und einen schweren Schock. Eine Hausbewohnerin musste mit einer Rauchvergiftung in die Klinik gebracht werden. Die beiden Toten sind moeglicherweise die Eltern der Kinder.


US-$ und DAX

DAX 2106 Punkte 1 US$ = DM 1.5770


Quellen

SWF3    6:00 MEZ    12:00 MEZ    15:00 MEZ
Antenne Bayern    8:00 MEZ
Radio 7    9:00 MEZ    13:00 MEZ
BR 3    10:00 MEZ    14:00 MEZ    16:00 MEZ