GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 09.11.1995



* Bei Brand in Obdachlosenheim mehrere Menschen ums Leben gekommen
* Haushaltsdebatte im Bundestag
* Vergleichende Werbung soll erlaubt werden
* Ab 1998 wird der Telekommunikationsmarkt voellig liberalisiert
* Proteste gegen Todesurteile
* Auch kuenftig Geld aus Eurotopf fuer die Neuen Laender
* THC-arme Hanfsorten sollen wieder angebaut werden duerfen
* Merkel kritisiert Sommersmoggesetz
* Erhard Geier neuer Beamtenbundchef
* Deckert bleibt wegen Fluchtgefahr in Haft
* Bayrische Verfassung wird vorerst nicht geaendert
* Privatisierung der Sondermuellentsorgung macht Fortschritte
* Senat der Uni Ulm fuer Entfernung des Anaesthesiechefs
* Aussergewoehnlicher Kriminalfall geloest
* Gerhardt fuer Elleman-Jensen als NATO-Chef
* Fussball
* Boerse



Bei Brand in Obdachlosenheim mehrere Menschen ums Leben gekommen

Detmold. Beim Brand eines Obdachlosenheimes im westfaelischen Detmold sind neun Menschen getoetet worden. Zwoelf weitere Bewohner der staedtischen Unterkunft liegen mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Die Feuerwehr sucht in dem voellig ausgebrannten Gebaeude weiter nach moeglichen Opfern. Ursache des Feuers am fruehen Morgen war offenbar eine brennende Zigarette. Eine offizielle Bestaetigung dafuer gibt es noch nicht, die Polizei schliesst einen Anschlag allerdings aus.


Haushaltsdebatte im Bundestag

Bonn. Wirtschaftsminister Guenther Rexrodt hat ein Programm fuer Wachstum und Beschaeftigung angekuendigt. In der Haushaltsdebatte des Bundestages sagte er, das Programm werde Anfang naechsten Jahres zusammen mit dem Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Rexrodt raeumte ein, dass noch nie in einem Aufschwung so wenig neue Arbeitsplaetze entstanden sind. Noetig sei die weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Die Lohnnebenkosten muessten gesenkt und dazu die Sozialversicherungen von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden. Der SPD-Wirtschaftssprecher Schwanhold warf Rexrodt vor, wider besseres Wissen behauptet zu haben, dass bei zwei bis drei Prozent Wachstum neue Beschaeftigung entstehe. Er sagte: "Sie haben den Bundestag und das deutsche Volk belogen". Am sechsten Jahrestag des Falls der Mauer am 09.11.1989, warf die SPD Rexrodt vor, die Neuen Bundeslaender zu vernachlaessigen. Der Bundestag verabschiedete den Haushalt des Wirtschaftsministers mit den Stimmen der Regierungsparteien. Rexrodt kann im naechsten Jahr ueber 18,6 Milliarden Mark verfuegen. Zustimmung aus allen Fraktionen gab es fuer den Vorschlag des IG-Metall-Vorsitzenden Zwickel fuer ein Buendnis fuer Arbeit. Damit habe die Gewerkschaft erstmals den Zusammenhang zwischen Lohnhoehe und Beschaeftigung anerkannt, sagte Rexrodt. Die SPD forderte die Bundesregierung auf, Zwickels Forderung nach einem Ende des Sozialabbaus zu akzeptieren. Dies lehnte FDP-Wirtschaftssprecher Graf Lambsdorf ab. Die Kuerzung der Arbeitslosenhilfe duerfe nicht der letzte Schritt eines noetigen Sozialabbaus sein. Die Oppositionsparteien haben der Regierung vorgeworfen, sich um eine konkrete Antwort auf den Vorschlag von Zwickel fuer ein Buendnis fuer Arbeit zu druecken. Bei der zweiten Lesung des Sozialetats erklaerten Redner von SPD, Gruenen und PDS, mit keinem Wort sei die Bundesregierung bisher darauf eingegangen, dass Zwickel als Voraussetzung von tarifpolitischer Zurueckhaltung und befristeten niedrigen Einstiegstarifen die Ruecknahme von geplanten Kuerzungen bei Arbeitslosengeld und -hilfe sowie einer Verschaerfung der Sozialhilfekriterien verlangt habe. Arbeitsminister Bluem wies die Vorwuerfe zurueck. Er betonte, bei der Novellierung der Arbeitslosenhilfe wuerden 1,5 Milliarden Mark als Hilfen fuer die Rueckkehr Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt vorgesehen. Er verteidigte die geplanten Einsparungen von 2,1 Milliarden Mark bei der Arbeitslosenhilfe. Auch die IG-Metall komme nicht darum herum, dass gespart werden muesse. Es werde jedoch nicht an der Unbeweglichkeit der Bundesregierung scheitern. Bluems Haushalt, mit rund 125 Milliarden Mark der mit Abstand groesste Etat des Bundes, wurde gegen die Stimmen der Opposition von der Mehrheit der Koalitionsfraktionen in zweiter Lesung gebilligt. Antraege von Gruenen und PDS, den Etat fuer Arbeitslosenhilfe um 3,5 Milliarden Mark wieder aufzustocken, wurde bei Enthaltung der SPD mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.


Vergleichende Werbung soll erlaubt werden

Bruessel. In Zukunft soll in allen Staaten der europaeischen Union vergleichende Werbung erlaubt sein. Eine ensprechende Richtlinie billigten heute die fuer Verbraucherfragen zustaendigen EU-Minister in Bruessel. Es soll allerdings sichergestellt werden, dass die Reklame wahrheitsgemaess und nicht irrefuehrend ist. In Deutschland ist es im Gesetz gegen unlautere Werbung verboten, zwei Produkte miteinander zu vergleichen. Die Bundesrepublik konnte sich heute nicht gegen andere EU-Staaten durchsetzen. Die fuenfzehn Minister legten heute den Grundstein fuer vergleichende Werbung. Noch aber liegt kein detailierter Gesetzestext vor, die Bundesregierung wird versuchen noch einige Klauseln fuer eine neue Richtlinie festzusetzen. Spaeter wird das europaeische Parlament ueber ein Gesetz entscheiden. Sollte es angenommen werden, waere es auch in der Bundesrepublik moeglich, zwei Produkt unterschiedlicher Firmen miteinander zu vergleichen.


Ab 1998 wird der Telekommunikationsmarkt voellig liberalisiert

Bonn. Der deutsche Telekommunukationsmarkt wird ab 1998 voellig liberalisiert und privatisiert. Die Telekom wird dann unbegrenzt viele Konkurrenten bekommen. Zugleich verliert das Unternehmen sein Monopol ueber Telefone und Netze. Auf diesen Grundsatz des neuen Telekommunikationsgesetzes haben sich die Postexperten der Regierungskoalition mit der SPD geeinigt. Das Gesetz soll nach den Plaenen von Postminister Boetsch im Sommer naechsten Jahres verabschiedet werden. Damit wird Deutschland, so Boetsch, zum freiesten Telefonmarkt der Welt. Wesentlich ist, dass kein neuer Anbieter verpflichtet wird, die Telefondienste flaechendeckend anzubieten. Energie- und Stahlkonzerne bereiten sich auf den neuen Markt bereits mit Milliardeninvestitionen vor. Durch den kuenftigen Konkurenzkampf sagen Experten deutliche Preissenkungen fuer die Kunden voraus.


Proteste gegen Todesurteile

Bonn-London. Die Bestaetigung des Todesurteils gegen den Nigerianischen Buergerrechtler Saro Viva und acht weitere Regimekritiker ist international scharf kritisiert worden. Bundesaussenminister Kinkel bestellte den Geschaeftstraeger der nigerianischen Botschaft in Bonn ein, und protestierte schaerfstens gegen die Todesurteile. Im Strafprozess gegen Saro Viva seien, so Kinkel, grundlegende Rechte des Angeklagten verletzt worden. Auch der britische Premierminister Major bezeichnete die Todesurteile als ungerecht, und forderte die Regierung von Nigeria auf, Gnade walten zu lassen. Saro Viva und die acht anderen Verurteilten gehoeren der ethnischen Minderheit der Ogoni an. Ihnen wird vorgeworfen, den Tod von vier Menschen waehrend einer Protestveranstaltung im Mai letzten Jahres verschuldet zu haben. Saro Viva hatte seinerseits Regierungstruppen fuer die Ermordung verantwortlich gemacht.


Auch kuenftig Geld aus Eurotopf fuer die Neuen Laender

Erfurt. Auch kuenftig werden Finanzhilfen von der europaeischen Union in die Neuen Bundeslaender fliessen. Das sicherte der Praesident der Europaeischen Kommission, Santer, nach einer Konferenz mit den ostdeutschen Regierungschefs in Erfurt zu. Fuer den Aufbau Ost stelle die EU in den naechsten vier Jahren insgesammt 27 Milliarden Mark bereit. Mit den Geldern aus Bruessel sollen 700.000 neue Arbeitsplaetze geschaffen werden. Zuvor hatte der thueringische Ministerpraesident Vogel gesagt, dass auch im Interesse Europas die Neuen Laender weiter unterstuetzt werden muessen.


THC-arme Hanfsorten sollen wieder angebaut werden duerfen

Bonn. Der kontrollierte Anbau von Nutzhanf soll wieder erlaubt werden. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer hat heute einen Entwurf zur Aenderung des Betaeubungsmittelgesetzes aangekuendiggt. Fuer den Hanfanbau duerfen nur THC-arme Sorten verwendet werden. THC ist der Wirkstoff, der den Rauschzustand erzeugt. Moeglicherweise treten die Gesetzesaenderungen so schnell in Kraft, dass eine Aussaat schon fuer die Ernte 1996 moeglich ist.


Merkel kritisiert Sommersmoggesetz

Bonn. Das umstrittene Gesetz zum Sommersmog soll nach 1999 moeglicherweise ganz entfallen. Das kuendigte Umweltministerin Angela Merkel heute aus Anlass ihrer einjaehrigen Amtszeit an. Merkel sagte, das Gesetz stelle keine grunddsaetzliche Massnahme dar, sondern sei ein Flicken an Symptomen an heissen Sommertagen. Viel wichtiger sei, die umweltschaedlichen Altfahrzeuge ohne Katalysator bis zum Jahr 2000 aus dem Verkehr verschwinden zu lassen.


Erhard Geier neuer Beamtenbundchef

Bonn. Erhard Geier wurde heute Mittag in Bonn auf dem Bundesvertretertag zum neuen Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes gewaehlt. Der 56jaehrige setzte sich im zweiten Wahlgang gegen Heinz Ossenkamp durch. Geier folgt dem aus Altersgruenden ausscheidenden Walter Hagedorn nach. Der 66jaehrige Hagedorn fuehrte den deutschen Beamtenbund acht Jahre lang. Der Beamtenbund hat mehr als eine Million Mitglieder. Geier setzt sich dafuer ein, dass Beamten auch weiter mehr als nur hoheitsrechtliche Aufgaben wahrnehmen. Geier sagte, zum Beispiel muessten auch die Lehrer Beamte bleiben. Er warnte Bund und Laender vor Polemik gegen das Berufsbeamtentum. Wer den Buergern neue Dienstleistungen verspreche, duerfe nicht bei der Personalstaerke im oeffentlichen Dienst sparen.


Deckert bleibt wegen Fluchtgefahr in Haft

Mannheim. Guenther Deckert bleibt weiter in Haft. Der zustaendige Haftrichter ist der Auffassung, dass bei dem frueheren Chef der rechtsextremen NPD Fluchtgefahr bestehe. Der 55jaehrige war gestern Abend nach seiner Rueckkehr von einem Urlaub am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen verhaftet worden. Die Behoerden werfen Deckert Volksverhetzung vor, weil er den Massenmord an den Juden leugnet. Erst Ende Oktober war auf Beschluss des Bundesgerichtshofes eine zweijaehrige Haftstrafe ohne Bewaehrung gegen Deckert wegen Leugnung des Holocausts auf einer oeffentlichen Veranstaltung rechtskraeftig geworden.


Bayrische Verfassung wird vorerst nicht geaendert

Muenchen. Die bayrische Verfassung bleibt vorerst wie sie ist. Die CSU-Mehrheit lehnte im Verfassungsausschuss des bayrischen Landtags einen Vorstoss der SPD-Fraktion ab, sie zu modernisieren. Die Sozialdemokraten wollten die Einsetzung eines Verfassungsrats, der ueberholte Formulierungen in der bayrischen Verfassung ausraeumen und weitere Themen auf breiter gesellschaftlicher Basis diskutieren sollte. So wollten die Sozialdemokraten die Frauen- und Kinderrechte sowie die Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften diskutieren. Die CSU lehnte in einer zeitweise heftigen Debatte eine Generalrevision der bayrischen Verfassung aber ab. Ihr Rechtsexperte Wellenhofer erklaerte, die Verfassung sei zeitlos und gut gelungen. Der SPD-Abgeordnete Hanzog sprach dagegen von gesellschaftspolitischen Aenderungen, die sich in der Verfassung niederschlagen muessten. Frueher sei die bayrische Verfassung ein demokratischer Exportartikel in alle Welt gewesen, heute sei das nicht mehr der Fall.


Privatisierung der Sondermuellentsorgung macht Fortschritte

Stuttgart. Die in Baden-Wuerttemberg angestrebte Privatisierung der Sondermuellentsorgung ist einen weiteren Schritt vorangekommen. Die Landesregierung hat die Gruendung einer Sonderabfallagentur beschlossen. Sie soll neben der Abfallberatung alle bisher von verschiedenen Behoerden wahrgenommenen Aufgaben erledigen.


Senat der Uni Ulm fuer Entfernung des Anaesthesiechefs

Ulm. Der Senat der Universitaet in der Donaustadt hat sich dafuer ausgesprochen, den Anaesthesiechef der Uniklinik Gregoriev (Sp?) aus dem Dienst zu entfernen. Dem muss jetzt noch das baden-wuerttembergische Wissenschaftsministerium zustimmen. Gregoriev soll schwere Vorwuerfe gegen ein Mitglied des Klinikvorstands im Zusammenhang mit der Affaere um aerztliche Kunstfehler erhoben haben. Diese hatten sich als unbegruendet erwiesen.


Aussergewoehnlicher Kriminalfall geloest

Nuernberg. In Bayern hat die Polizei einen aussergewoehnlichen Kriminalfall geloest. Die sogenannte K.O.-Tropfenbande hat dort vermutlich mehr als 100 Menschen betaeubt und dann ausgeraubt. Mindestens vier Menschen starben in den vergangenen vier Jahren an den Folgen der Droge. Die Polizei vermutet, dass viele Opfer mit einer Erinnerungsluecke herumlaufen, da die Psychodroge Gedaechtnisschwund ausloest. Das Taetertrio stammt aus Ex-Jugoslawien.


Gerhardt fuer Elleman-Jensen als NATO-Chef

Bonn. FDP-Chef Gerhardt hat sich fuer den frueheren daenischen Aussenminister Elleman-Jensen als neuen NATO-Chef ausgesprochen. Gerhardt liegt damit auf Gegenkurs zu Kanzler Kohl, der fuer den ehemaligen niederlaendischen Ministerpraesidenten Luebbers plaediert. Gerhardt sagte heute in Bonn, Elleman-Jensen sei ein kompetenter und ueberzeugender Kandidat. Morgen befassen sich die NATO-Staaten mit der Nachfolgefrage.


Fussball

Rekordnationalspieler Lothar Matthaeus hat bei Bayern Muenchen erstmals wieder trainiert. Der 34jaehrige haelt ein Comeback in der Bundesliga noch in diesem Jahr fuer moeglich. Matthaeus hat sich seit Januar zweimal an der Achillessehne operieren lassen muessen.


Boerse

DAX = 2193 Punkte 1 US_$ = 1,4238 DM Umlaufrendite : 5,80%


Quellen

Radio7 :    13:00 MEZ    18:00 MEZ
Bayern5:    14:15 MEZ    16:15 MEZ    17:45 MEZ
SWF3    :    14:00 MEZ    17:00 MEZ