GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 30.03.1995



* Dritter Tag der Haushaltsdebatte des Bundestages
* Bundesbank senkt Diskontsatz auf 4%
* CDU-Sozialausschuesse gegen Streichung eines weiteren Feiertages
* Gerichte muessen sich oeffentlicher Kritik stellen
* Beginn der Tarifverhandlungen fuer den Oeffentlichen Dienst in Stuttgart
* UN-Klimakonferenz setzt Beratungen fort
* Verhaftungen nach Protestaktion beim Klimagipfel
* BMW auf der Gewinnstrasse
* Wieder Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen
* 5 Tote bei Schiesserei in Berlin
* Hitlers Sommersitz wird Touristengebiet
* Strafbefehl gegen Birkenstock-Mitarbeiter
* Tennis: Im Davis-Cup-Viertelfinale Becker - Haarhuis, Stich - Kraijcek
* Boerse



Dritter Tag der Haushaltsdebatte des Bundestages

Fuer den heutigen dritten Tag der Haushaltsdebatte des Bundstages wurden die hitzigsten Debatten erwartet. Ums Geld ging es dabei nur noch indirekt, die meisten Einzeletats waren naemlich inzwischen verabschiedet, es stand die sogenannte "Generaldebatte" an. Bundeskanzler Kohl und die Chefs der wichtigsten Oppositionsparteien, Rudolf Scharping fuer die SPD und Joschka Fischer fuer die Gruenen, traten vors Plenum. Thematisch ist die letzte Runde ohne Grenzen. In der letzten Generaldebatte im September letzten Jahres stand die Aussenpolitik im Vordergrund. Diesesmal wollte der Bundeskanzler das Schwergewicht auf Zukunft und Forschung legen. Vor der Generaldebatte stand jedoch die Wahl des Wehrbeauftragten der Bundeswehr an. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundeswehr wurde mit Claire Marienfeld eine Frau in dieses Amt gewaehlt. Die 54jaehrige CDU-Abgeordnete soll ab Mai das Amt des nach fuenf Jahren Amtszeit ausscheidenden Wehrbeauftragten Alfred Biehle uebernehmen. Die gelernte pharmazeutisch-technische Assistentin gehoert dem Deutschen Bundestag seit 1990 an und war bereits in der letzten Legislaturperiode Mitglied im Verteidigunsausschuss. Die Besetzung des Amtes des Wehrbeauftragten mit einer Frau ist erst sei 1990 moeglich. Bis dahin konnte diese Funktion nur ausueben, wer mindestens 12 Monate Wehrdienst geleistet hatte. Fuer die Wahl in geheimer Abstimmung war die Kanzlermehrheit erforderlich. Sie galt nach umfangreichen Absprachen auch ueber Kaolitionsparteigrenzen hinweg als sicher.


Bundesbank senkt Diskontsatz auf 4%

Die Bundesbank hat den Diskontsatz von 4 1/2% auf 4% gesenkt. Mit dem ueberraschend deutlichen Zinssenkungsschritt reagierte der Zentralbankrat auf den juengsten Hoehenflug der D-Mark. Die Waehrungshueter betonten allerdings ausdruecklich, dass dieses Signal zwar eine Reaktion auf die juengsten Waehrungsturbulenzen sei, dass damit aber kein Wechselkursziel verfolgt werde. Vielmehr werde der geldpolitische Spielraum ausgenutzt, der sich aufgrund der starken D-Mark biete. Aus Sicht der Bundesbank geht es dabei vor allem um die Entwicklung der Geldmenge, die unter dem Einfluss der starken Mark gedaempft werde. Ausserdem, so meinen die Waehrungshueter, koennte die starke Mark und dementsprechend billige Importe ein beachtliches Gegengewicht zum inlaendischen Kostenauftrieb geben. Eine stabilitaetspolitische Entwarnung, so machte der Zentralbankrat deutlich, sei angesichts der diesjaehrigen Tarifabschluesse mit dem Zinssignal verbunden.


CDU-Sozialausschuesse gegen Streichung eines weiteren Feiertages

Bonn. Die CDU-Sozialausschuesse lehnen die Streichung eines weiteren Feiertages zur Finanzierung der Pflegeversicherung ab. Der stellvertretende Vorsitzende der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft, Ahrends, sagte in einem Zeitungsinterview, es gebe keine ernsthaften Anhaltspunkte, dass eine noch staerker Entlastung der Arbeitgeber noetig werde, wenn ab Mitte naechsten Jahres die Pflegekasse auch fuer die Kosten der Heimpflege aufkommt.


Gerichte muessen sich oeffentlicher Kritik stellen

Karlsruhe. Deutsche Gerichte muessen sich nach Ansicht der Praesidentin des Bundesverfassungsgerichtes, Limbach, oeffentlicher Kritik stellen. Limbach sagte gegenueber dem "Mannheimer Morgen", die Auseinandersetzung mit Richterspruechen sollte in einer Demokratie selbstverstaendlich sein. Sie wehrte sich jedoch gegen personenbezogene Kritik, die den Richter denunziere oder verunglimpfe. Die Richter forderte Limbach auf, ihre Urteile so zu formulieren, dass sie nicht interpretiert werden muessten. Dadurch wuerden Missverstaendnisse vermieden.


Beginn der Tarifverhandlungen fuer den Oeffentlichen Dienst in Stuttgart

In Stuttgart begannen heute die Tarifverhandlungen fuer den Oeffentlichen Dienst. Die 3.4 Mio. Beschaeftigten bei Bund, Laendern und Gemeinden sollten auf keinen Fall schlechter wegkommen als die Kollegen in der Industrie, so verlangen es die Gewerkschaften. Doch Lohnerhoehungen um knapp 4% wie etwa in der Metallbranche sind nach Ansicht der Arbeitgeber nicht zu vertreten. Am Nachmittag sind die Verhandlungen ohne Ergebnis auf den 26. April vertagt worden. Die Arbeitgeber legten kein Angebot vor. "Mehr Geld ins Portemonnaie der Arbeitnehmer" - Das ist das Motto des neugewaehlten OeTV-Chefs Herbert Mai, der heute sein Debut als Verhandlungsfuehrer der Gewerkschaften gibt. Mit der Forderung von 6% wollen OeTV und DAG vor allem signalisieren, dass sich die Staatsdiener nicht von der Tarifentwicklung in anderen Branchen abhaengen lassen. Nach den Abschluessen bei Metall, Chemie und juengst in der Bauindustrie bedeutet das, auch die OeTV wird alles daran setzen, in etwa einen Abschluss von 3.8% zu erreichen. Wichtig ist ihr dabei die soziale Orientierung, d.h. die unteren Lohn- und Gehaltsgruppen sollen ueberproportional von der Erhoehung profitieren, zum Beispiel durch eine Einmalzahlung. Die Ausbildungsverguetungen sollen laut Forderungen pauschal um 100 DM je Monat erhoeht werden. Ein wesentlich groesserer Brocken ist im Forderungskatalog weiter unten versteckt. Auch in Ostdeutschland soll eine Zusatzversorgung eingefuehrt werden, wie sie Arbeitern und Angestellten im Oeffentlichen Dienst West zusteht. Verhandlungsfuehrer auf Arbeitgeberseite ist Bundesinnenminister Kanther. Fuer die Laender hat der nordrhein-westfaelische Finanzminister Schleusser bereits auf die Ebbe in den oeffentlichen Kassen hingewiesen. Mit einem harten Tauziehen ueber mehrere Runden ist zu rechnen. Schleswig-Holsteins Ministerpraesidentin Simonis geht davon aus, dass die Tarifrunde fuer den Oeffentlichen Dienst ohne Arbeitskampf abgeschlossen werden kann. Die Gewerkschaften haetten bereits in der Chemie- und in der Metallbranche bewiesen, dass sie kein Oel in das Feuer giessen wollten. Sie forderte, der Lohnabschluss muesse so ausfallen, dass die Sparanstrengungen von Bund, Laendern und Gemeinden nicht durch die Personalkosten gefaehrdet wuerden.


UN-Klimakonferenz setzt Beratungen fort

In Berlin hat die Klimakonferenz der Vereinten Nationen heute ihre Beratungen fortgesetzt. Auf der Tagesordnung von Rahmenveranstaltungen stand unter anderem eine Podiumsdiskussion ueber Verkehrsprobleme, die vom Umweltbundesamt vorbereitet wurde. Die Organisation Greenpeace stellte einen Bericht ueber den Zusammenhang von Klimaveraenderungen und Flutkatastrophen vor. Die Teilnehmer der Konferenz haben sich auch heute nicht auf einen Abstimmungsmodus fuer moegliche Beschluesse einigen koennen. Vor allem die Oel-Laender beharren nach Angaben der deutschen Delegation auf dem Prinzip der Einstimmigkeit. Es sei jedoch davon auszugehen, dass bei schwierigen Fragen kein Konsens erreicht wird und damit jeder Beschluss blockiert waere. Bundesumweltministerin Merkel als Konferenzpraesidentin bemuehe sich, den Streit bis zum Wochenende beizulegen. Auch die Gespraeche ueber verbindliche Massnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe gestalten sich schwierig. Ein erster Entwurf ueber ein Verhandlungsmandat fuer ein Klimaprotokoll wurde von deutscher Seite als "Stichwortzettel" kritisiert.


Verhaftungen nach Protestaktion beim Klimagipfel

Nach einer Protestaktion am Rande des Klimagipfels sind 12 Demonstranten festgenommen worden. Sie hatten sich an Busse der Umwelttagung gekettet, um auf die drohende Klimakathastrophe hinzuweisen. Bei den Verhandlungen auf dem Klimagipfel hat es bisher keinen Durchbruch fuer die Verringerung des Treibhausgases gegeben.


BMW auf der Gewinnstrasse

Der Automobilkonzern BMW hat 1994 seinen Gewinn vor Steuern um fast zwei Drittel auf 1.380.000.000 DM gesteigert. Der Ertragsschub wurde trotz der Rover-Uebernahme sowie hoher Investitionen erreicht, berichtete die BMW-AG heute in Muenchen.


Wieder Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen

Unbekannte haben in der vergangenen Nacht erneut tuerkische Reisebueros und Kulturzentren in Deutschland angegriffen. In mehr als sieben Staedten wurden dabei Fenster eingeschlagen und Brandsaetze in die Gebaeude geworfen. In Bad Hersfeld nahm die Polizei in der Nacht vier Kurden fest, die mehrere Molotowcocktails bei sich hatten. Der folgenschwerste Anschlag wird aus Heidelberg gemeldet. Dort war ein Unbekannter in der Innenstadt gegen 23:00 Uhr einen Brandsatz in ein tuerkisches Reisebuero. Nach Angaben der Polizei wurde die Einrichtung komplett zerstoert. Der Sachschaden wird auf 50.000 DM geschaetzt. In Mainz wurden Brandsaetze gegen zwei Reisebueros geschleudert. Betroffen war auch ein deutsches, das in der Naehe eines tuerkischen Reisebueros liegt. Der Sachschaden war gering, die Polizei schliesst nicht aus, dass die Taeter ihr Ziel verwechselten. Geringe Sachschaeden verursachten ausserdem Brandanschlaege auf Reisebueros im Berliner Stadtteil Kreuzberg sowie in den Innenstaedten von Hannover, Salzgitter und Bielefeld. Ein weiterer Uebergriff auf einen tuerkischen Treffpunkt in Offenbach schlug fehl. Kurz nach 23:00 schleuderten Unbekannte einen Brandsatz an das vergitterte Fenster eines Gebetsraumes, der Brandsatz hatte jedoch nicht gezuendet. In Duisburg konnten sechs Gaeste eines Kulturvereins die Flammen selbst loeschen. Dort hatten zwei unbekannte Taeter Molotowcocktails in die Raeume geschleudert. Bei allen Anschlaegen der vergangenen Nacht wurde gluecklicherweise niemand verletzt. Von den Taetern fehlt jede Spur.


5 Tote bei Schiesserei in Berlin

Bei einer wilden Schiesserei in einem vor allem von Vietnamesen bewohnten Hochhaus in Berlin Marzahn sind gestern Abend fuenf Menschen getoetet worden. Zwei Vietnamesen wurden verletzt. Die Polizei nimmt an, dass der Ueberfall auf das Konto einer asiatischen Zigarettenmafia geht.


Hitlers Sommersitz wird Touristengebiet

Das von Adolf Hitler als Sommersitz genutzte Gelaende am Obersalzberg bei Berchtesgaden soll nach dem Abzug der Amerikaner ein Touristengebiet werden. Bayerns Finanzminister Von Waldenfels machte heute bei der Vorstellung des Konzepts deutlich, dass man streng darauf achten werde, keine Pilgerstaette fuer ewig Gestrige entstehen zu lassen.


Strafbefehl gegen Birkenstock-Mitarbeiter

Bei dem Schuhhersteller Birkenstock wird offenbar die Arbeit des Betriebsrates behindert. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb Strafbefehl gegen drei leitende Mitarbeiter der Firma Birkenstock beantragt. Die Beschuldigten sollen versucht haben, den tagenden Betriebsrat aus einem Firmenraum zu weisen.


Tennis: Im Davis-Cup-Viertelfinale Becker - Haarhuis, Stich - Kraijcek

Zum Auftakt des Davis-Cup-Viertelfinales zwischen den Niederlanden und Deutschland treffen Boris Becker und Paul Haarhuis aufeinander, das zweite Match bestreiten Michael Stich und und Richard Kraijcek. Das hat die Auslosung ergeben. Die Tennis-Davis-Cup-Begegnung findet von morgen bis Sonntag statt. Im deutschen Team ist man mit der Auslosung ueberwiegend zufrieden. "Nach einem vermuteten Auftaktsieg von Becker gegen Haarhuis ist fuer Michael Stich der Druck nicht mehr so gruss", so der allgemeine Tenor. Becker sprach von einer zusammengewachsenen Mannschaft.


Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,3775 (Fixing Frankfurt)  
England(1 Pfund)  2,33
Schweiz(100 sfr)  122,90
Frankreich(100 FF)  29,50
Italien(1000 Lit)  0,88
Oesterreich(100 oeS)  14,39
Spanien(100 Ptas)  1,16
Japan(100 Yen)  1,58
 
Einige Indizes:
DAX:1918.4
Dowjones-Index:4172,21
Nikkei-Index:16512,22



Quellen

B5    8:30 MESZ
SDR 3    9:00 MESZ
DLF    9:30 MESZ    19:00 MESZ
Antenne Bayern 10:00 MESZ
SWF3    14:00 MESZ
Radio7    16:00 MESZ