GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 31.07.1995



* Vermittlungsausschuss stimmt Kompromiss zum Jahressteuergesetz zu
* Schroeder will nicht fuer SPD-Vorsitz kandidieren
* Kinkel verurteilt Brandanschlaege auf tuerkische Einrichtungen
* Tuerkischer Botschafter fordert mehr Schutz fuer seine Landsleute
* Polizei sieht keine Versaeumnisse deutscher Behoerden
* Ausruestung fuer deutsches Feldlazarett in Kroatien eingetroffen
* Fischer fuer militaerisches Eingreifen in Bosnien-Herzegowina
* Regierung will Freibetraege fuer Arbeitslosen- und Sozialhilfe angleichen
* DGB bezeichnet senkung der Freibetraege als unsozial
* Organisierte Kriminalitaet in Deutschland hat stark zugenommen
* Geiselgangster von Koeln toetete sich vermutlich selber
* Bundesumweltamt in Berlin darf keine Ozonprognosen mehr verbreiten
* Mielke wird am Donnerstag aus der Haft entlassen
* Ermittlungen wegen Untreue gegen Mayer-Vorfelder eingestellt
* Ansturm beim Sommerschlussverkauf blieb aus
* Gesetzliche Krankenkassen bezahlen auch Kunststoff-Zahnfuellungen
* Unerlaubtes Lesen in Personal- oder Gehaltsakten ist Kuendigungsgrund
* Boerse



Vermittlungsausschuss stimmt Kompromiss zum Jahressteuergesetz zu

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat dem geplanten Jahressteuergesetz 1996 zugestimmt. Bundestag und Bundesrat koennen damit das Gesetz Mitte September verabschieden. Der Vermittlungsausschuss uebernahm den Kompromiss, auf den sich die Koalitionsparteien und die SPD-Opposition geeinigt hatten. Finanzminister Waigel und SPD-Verhandlungsfuehrer Lafontaine hatten vor Sitzungsbeginn uebereinstimmend erklaert, sie rechneten nicht mehr mit Aenderungen an der in der vergangenen Woche erzielten Einigung. Wichtigster Punkt des Gesetzes ist die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Einfuehrung eines steuerfreien Existenzminimums von zunaechst rund 12.000 DM fuer Ledige und 24.000 DM fuer Verheiratete. Der Grundfreibetrag soll in Stufen bis 1999 auf etwa 13.000 bis etwa 26.000 DM steigen. Das Kindergeld fuer das erste und zweite Kind erhoeht sich 1996 auf 200 und ein Jahr spaeter auf 220 DM. Die gesamte Steuerentlastung wird auf 19 Milliarden DM beziffert. Im Gegenzug soll eine Reihe von Steuersubventionen abgebaut werden, dazu gehoeren Abschreibungen fuer den Mietwohnungsbau und fuer das Arbeitszimmer im eigenen Haus.


Schroeder will nicht fuer SPD-Vorsitz kandidieren

Der niedersaechsische Ministerpraesident Schroeder zieht eine Kandidatur um das Amt des SPD-Vorsitzenden nicht in Betracht. Im Deutschlandfunk sagte Schroeder heute frueh, er habe keinerlei diesbezuegliche Ambitionen. Er werde auf dem Parteitag im November nicht gegen SPD-Chef Scharping antreten. Scharping hatte ihn zuvor aufgefordert, seine Ansprueche offen anzumelden. Zur Frage um die Kanzlerkandidatur meinte Schroeder, die Sozialdemokraten haetten keinen Grund, solch eine Debatte bereits heute zu fuehren. Erst 1998 werde ein neuer Bundestag gewaehlt, und man muesse zum gegebenen Zeitpunkt sehen, ob es dann eine personelle Alternative gaebe. Er habe jedenfalls nicht vor, sich jetzt an der, so woertlich, abenteuerlichen Diskussion ueber einen SPD-Kanzlerkandidaten fuer 1998 zu beteiligen, betonte Schroeder. Diese Frage stelle sich fuer die SPD jetzt ueberhaupt nicht. Scharping hatte am Wochenende erklaert, die Frage, ob er SPD-Vorsitzender und Kanzlerkandidat bleibe, werde der Mannheimer Parteitag im November entscheiden.


Kinkel verurteilt Brandanschlaege auf tuerkische Einrichtungen

Bundesaussenminister Kinkel hat die Serie von Brandanschlaegen auf tuerkische Einrichtungen in Deutschland scharf verurteilt. Sie seien unertraeglich und muessten mit allen Mitteln des Rechtsstaats unterbunden werden, erklaerte Kinkel am Vormittag in Bonn. Polizei, Verfassungsschutz und Justiz seien gefordert. Bundesinnenminister Kanther rief die Laender auf, kurdische Gewalttaeter konsequent abzuschieben.


Tuerkischer Botschafter fordert mehr Schutz fuer seine Landsleute

Der tuerkische Botschafter in Bonn forderte indessen mehr Sicherheit und Schutz fuer seine Landsleute in der Bundesrepublik. Er habe zwar Verstaendnis dafuer, dass nicht vor jedem tuerkischen Geschaeft deutsche Polizei stehen koenne, sagte der Diplomat heute frueh im Deutschlandfunk. Die Behoerden muessten aber entschiedener gegen Sympatisanten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgehen, die offenbar in die Anschlaege verwickelt sei.


Polizei sieht keine Versaeumnisse deutscher Behoerden

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Lutz, sieht keinerlei Versaeumnisse deutscher Behoerden im Vorgehen gegen die Anschlaege auf tuerkische Einrichtungen in Deutschland. Selbst wenn der Verfassungsschutz eine allgemeine Kenntnis von bevorstehenden Anschlaegen gehabt habe, so habe er nicht gewusst, wo und wann genau etwas passiere, sagte Lutz im Suedwestfunk. Im uebrigen muesse man der Tuerkei deutlicher als bisher klar machen, wie wichtig eine politische Loesung der Kurdenfrage sei, betonte Lutz. Auch in der vergangenen Nacht waren wieder zwei tuerkische Einrichtungen Ziele von Brandanschlaegen.


Ausruestung fuer deutsches Feldlazarett in Kroatien eingetroffen

In der kroatischen Hafenstadt Split ist heute frueh die Ausruestung fuer das deutsche Feldlazarett in Kroatien eingetroffen. Bundeswehrsoldaten begannen damit, den Frachter "Germania" zu entladen, der Container, Fahrzeuge und Ersatzteile an Bord hat und vor mehr als einer Woche in Emden ausgelaufen war. In Split befindet sich zur Zeit ein 130 Mann starkes Vorauskommando der Bundeswehr. Das mobile Militaerkrankenhaus, das zur Unterstuetzung der schnellen Eingreiftruppe errichtet wird, soll Mitte August betriebsfertig sein.


Fischer fuer militaerisches Eingreifen in Bosnien-Herzegowina

Der Fraktionschef der Gruenen im Bundestag, Fischer, befuerwortet ein militaerisches Eingreifen in Bosnien-Herzegowina. Der Sueddeutschen Zeitung liegt ein Positionspapier Fischers zur Aussenpolitik vor, in dem dieser von seiner Partei ein Umdenken verlangt. Das Prinzip der Gewaltlosigkeit muesse angesichts der Schrecken des Krieges im frueheren Jugoslavien ueberdacht werden, meint der gruene Politiker. Man habe es mit Kraeften zu tun, die sich einen Dreck um Menschenrechte kuemmerten. Fischer tritt nach diesem Bericht dafuer ein, die UNO-Schutzzonen in Bosnien aus der Luft und am Boden gegen serbische Angriffe zu schuetzen. Deutsche Soldaten haben nach Fischers Ansicht aus historischen Gruenden in Jugoslavien nichts zu suchen.


Regierung will Freibetraege fuer Arbeitslosen- und Sozialhilfe angleichen

Die Bundesregierung will bei der Berechnung der Arbeitslosenhilfe staerker das Privatvermoegen der Erwerbslosen heranziehen. Der CDU-Sozialexperte Fink sagte der Bild-Zeitung, die Freibetraege bei der Anrechnung privaten Vermoegens in der Arbeitslosenhilfe sollten denen der Sozialhilfe angeglichen werden. In beiden Faellen solle Vermoegen ueber 2500 DM angerechnet werden. Da es jeweils um staatliche Fuersorgeleistungen gehe, seien einheitliche Freibetraege gerechtfertigt, betonte Fink. Nach Angaben des Blattes liegt der gegenwaertige Freibetrag noch bei 8000 DM.


DGB bezeichnet senkung der Freibetraege als unsozial

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat gegen Plaene der Bundesregierung protestiert, privates Vermoegen staerker auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnen. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Kefer sagte, es sei zutiefst unsozial, den Freibetrag von 8000 auf 2500 DM zu senken. Sie warf der Bundesregierung vor, mit dem Notgroschen der Arbeitslosen ihren Haushalt sanieren zu wollen.


Organisierte Kriminalitaet in Deutschland hat stark zugenommen

Die organisierte Kriminalitaet in Deutschland weitet sich immer mehr aus. Wie das Bundeskriminalamt heute in Wiesbaden mitteilte, hat sich die Zahl der registrierten Delikte in diesem Bereich 1994 im Vergleich zum Vorjahr von rund 42.000 auf 98.000 Faelle mehr als verdoppelt. Den dabei entstandenen Schaden bezifferte das BKA auf etwa 3,5 Milliarden DM. 1993 lag die Schadenshoehe bei 1,2 Milliarden DM.


Geiselgangster von Koeln toetete sich vermutlich selber

Der 31jaehrige Geiselgangster hat sich vermutlich selbst getoetet. Die Obduktion des Exilrussen ergab, dass Leon Bor an einem Schuss aus unmittelbarer Naehe gestorben ist. Die Beamten waren aber zu weit entfernt. Bor hatte am Freitag in Koeln Touristen in seine Gewalt gebracht und zwei Menschen erschossen. Inzwischen verdichten sich die Hinweise darauf, dass der Gangster geisteskrank war.


Bundesumweltamt in Berlin darf keine Ozonprognosen mehr verbreiten

Bundesumweltministerin Merkel hat das Bundesumweltamt in Berlin angewiesen, keine Ozonprognosen mehr zu veroeffentlichen. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, begruendet die Ministerin dies mit dem neuen Ozongesetz. Die Vorhersagen fielen nun in die Zustaendigkeit der Laender, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Das Berliner Umweltamt darf seine Daten nicht mehr verbreiten.


Mielke wird am Donnerstag aus der Haft entlassen

Der fruehere Stasi-Chef Mielke wird nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft am Donnerstag aus dem Gefaengnis entlassen. Die Behoerde teilte heute mit, dass sie auf Rechtsmittel gegen einen entsprechenden Beschluss des Berliner Landgerichts verzichte. Der ehemalige DDR-Minister fuer Staatssicherheit, so die Richter, habe 5 1/2 Jahre und damit 2/3 seiner Haft verbuesst, und es bestehe keine Gefahr, dass er erneut straffaellig werde.


Ermittlungen wegen Untreue gegen Mayer-Vorfelder eingestellt

Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den baden-wuerttembergischen Finanzminister Mayer-Vorfelder eingestellt. Der CDU-Politiker ist Aufsichtsratsvorsitzender der staatlichen Lottogesellschaft und war in den Verdacht der Untreue geraten. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft teilte jetzt mit, es gebe keine Hinweise auf ein bewusstes schuldhaftes Verhalten Mayer-Vorfelders.


Ansturm beim Sommerschlussverkauf blieb aus

Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad zum Auftakt des Sommerschlussverkaufs blieb heute der grosse Ansturm auf die Kaufhaeuser aus. Trotz Preissenkungen von bis zu 70% meldeten die Einzelhaendler nur ein verhaltenes Kaufinteresse. Groesseren Andrang habe es lediglich in einigen ostdeutschen Staedten gegeben. Man hoffe jedoch, im weiteren Wochenverlauf, am langen Donnerstag und am langen Sonnabend, einiges gut machen zu koennen.


Gesetzliche Krankenkassen bezahlen auch Kunststoff-Zahnfuellungen

Die gesetzlichen Krankenkassen uebernehmen jetzt auch die Kosten fuer Kunststoff statt Amalgam als Fuellmaterial in Backenzaehnen. Voraussetzung ist allerdings die medizinische Notwendigkeit. Das teilte das Gesundheitsministerium in Bonn heute mit. Allerdings muesse fuer diese Faelle eine neue Honorarvereinbarung getroffen werden, weil Kunststofffuellungen schwieriger zu legen seien.


Unerlaubtes Lesen in Personal- oder Gehaltsakten ist Kuendigungsgrund

Unerlaubtes Lesen in Personal- oder Gehaltsakten ist ein ordentlicher Kuendigungsgrund. Das Marburger Arbeitsgericht urteilte heute, eine Abmahnung sei vorher nicht erforderlich. Damit wiesen die Richter die Klage einer Verkaeuferin ab, der gekuendigt worden war, weil sie in Abwesenheit des Geschaeftsleiters in Personal- und Gehaltsakten ihrer Kollegen geschnueffelt hatte.


Boerse

Einige Kurse:
Dollar(1 US_$)  1,3805
ECU-Wert(1 ECU)  1,87127
England(1 Pfund)  2,2049
Schweiz(100 sfr)  120,330
Frankreich(100 FF)  28,863
Italien(1000 Lit)  0,8662
Oesterreich(100 oeS)  14,197
Spanien(100 Ptas)  1,1591
Japan(100 Yen)  1,5686
 
Einige Indizes:
DAX:2218,7
Dowjones-Index:4715,16
Nikkei-Index:16677,53



Quellen

DLF    12:00 MESZ    19:00 MESZ
SWF3    14:00 MESZ    20:00 MESZ
Radio7    16:00 MESZ