GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 27.09.1998



* Bundestagswahl
* Das Ergebnis der Bundestagswahl
* Stimmen zur Bundestagswahl
* Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern
* Volksentscheide in Hamburg und Schleswig-Holstein
* Neuer Fahrplan der Deutschen Bahn AG
* Illegal eingereiste Kosovo-Albaner aufgegriffen
* Woche der auslaendischen Mitbuerger
* Grosser Preis von Luxemburg



Bundestagswahl

In Deutschland wurde heute ein neuer Bundestag gewaehlt. Bis 18:00 Uhr
waren 60,5 Millionen Bundesbuerger aufgerufen, ein neues Parlament zu
bestimmen. Um die 656 Mandate bewerben sich 5062 Kandidaten von 33
Parteien, mehr als je zuvor. Die Haelfte der Sitze ist fuer die
Direktkandidaten reserviert, die weiteren Mandate werden von den Parteien
ueber die Landeslisten vergeben.
Die Wahlaemter meldeten bereits gegen Mittag eine rege Wahlbeteiligung. In
den ersten Stunden haben bis zu 4,5% mehr Buerger als im Vergleichszeitraum
vor vier Jahren gewaehlt. Nach Angaben des Bundeswahlleiters hatten bis
zwoelf Uhr 31% der Bundesbuerger ihre Stimme abgegeben, zwei Prozentpunkte
mehr als vor vier Jahren. Die Briefwaehler sind darin nicht enthalten.
Vor allem in den neuen Bundeslaendern fand ein Ansturm auf die Wahllokale
statt. Dort lag die Beteiligung am Mittag bei 37%, das ist im Vergleich
zum letzten Mal ein Anstieg um acht Prozentpunkte. Vor einigen Wahllokalen
in Berlin, Neu-Brandenburg und Rostock bildeten sich zum Teil lange
Schlangen. 1994 gingen 79% der Wahlberechtigten an die Urnen, 1998 lag
die Wahlbeteiligung insgesamt bei 80,2%.

Nach ersten Hochrechnungen wird die CDU die Aera Kohl beendet sehen. Laut
infratest hat die Union massive Einbrueche hinzunehmen. Hauptursache fuer
die Verluste der CDU: der Partei liefen die Stammwaehler weg. Besonders
deutlich ist der Einbruch in den neuen Laendern, hier sind die Verluste
fuer die Union zweistellig. Diese Waehler wanderten hauptsaechlich zur SPD.
Die SPD wurde bundesweit vor allem von Arbeitern, Angestellten und
Arbeitslosen gewaehlt. Konkurrenz bekam die Union auch von der FDP, die
Selbstaendigen waehlten wieder verstaerkt liberal.
Die SPD zieht im gesamten Bundesgebiet an der Union vorbei. Gerhard
Schroeder wird voraussichtlich der dritte sozialdemokratische Kanzler in
der Geschichte der Bundesrepublik.
Nach den ersten Hochrechnungen ist eine rot-gruene Bundesregierung
moeglich, unabhaengig davon, ob die PDS den Sprung ueber die 5%-Huerde
schafft.  Gruene und FDP sind beide wieder im Bundestag. Die Gruenen sind
nicht nur die Partei der Jungwaehler, Gruen waehlten hauptsaechlich besser
gebildete Frauen im Alter zwischen 35 und 44 Jahren. Spannend wird es fuer
die PDS. Nach ersten Hochrechnungen liegt die Partei bei 5%, soll aber
im Osten Berlins 3 Direktmandate erreicht haben, so dass die 5%-Huerde
unter Umstaenden ausgehebelt werden kann. Die PDS ist hauptsaechlich eine
Ostpartei und wird ueberdurchschnittlich oft von Beamten gewaehlt.



Das Ergebnis der Bundestagswahl

Hochrechnung von Infratest dimap  23:31 MESZ

                Anteil in %    Gewinne/Verluste    Sitze

CDU/CSU         35.0               -6.4            242 (-52)
SPD             41.8               +5.4            290 (+38)
B90/Gruene       6.6               -0.7             46 ( -3)
FDP              6.1               -0.8             42 ( -5)
PDS              5.2               +0.8             36 ( +6)
Sonstige         5.3               +1.7
Wahlbeteiligung:  80.2 Prozent

(Aktuellere Hochrechnungen sind ueber unsere Seite
 http://www.bn-ulm.baynet.de/germnews abrufbar. Dieser Ergebnisdienst
 wird in Zusammenarbeit mit dem Buergernetzverein Ulm/Neu-Ulm realisiert)



Stimmen zur Bundestagswahl

Bundeskanzler Kohl will auch als Parteivorsitzender zuruecktreten. Helmut Kohl: "An dieser Niederlage gibt es nichts zu diskutieren und daraus ziehe ich auch selbstverstaendlich die Konsequenz fuer mich. Das werden wir morgen im Parteivorstand besprechen, dass ich den Vorstand bitte, auf dem jetzt bald stattfindenden Parteitag davon auszugehen, dass ich zu einer Wiederwahl als Parteivorsitzender nicht zur Verfuegung stehe."

Gerhard Schroeder: "Ich habe geahnt und gefuehlt, dass wir wohl vorne liegen wuerden, aber in dieser Deutlichkeit, wie es sich jetzt ankuendigt, habe ich das Wahlergebnis nicht erwartet. Wir haben ueber die klassische Waehlerschaft der SPD hinaus wirken koennen. Das hat sicher auch zu tun damit, dass wir auch personell ein Stueck Offenheit demonstriert haben und nicht nur demonstriert, wir meinen das ganz ehrlich, wenn wir ueber die neue Mitte reden, die, so scheint es mir jedenfalls, hat sich entschieden, sie ist zur SPD zurueckgekehrt. Und natuerlich weiss man in der SPD, dass jetzt harte Arbeit vor uns steht, wir muessen mal in die Kasse gucken und dann koennen wir entscheiden, was wir machen koennen. Aber ich sage hier deutlich, das was wir angekuendigt haben, war finanzierbar und wird es auch in Zukunft sein, jedenfalls nach allem was wir wissen."

Der parlamentarische Geschaeftsfuehrer der SPD Peter Struck aeusserte sich zum Wahlergebnis: "Wir wussten, dass wir immer vorne liegen. Die Buerger haben uns grosse Zustimmung bei vielen Veranstaltungen signalisiert. Es ist auch ein grosser Erfolg fuer Gerhard Schroeder, weil viele wollten, dass Gerhard Schroeder ein Zukunftskanzler wird und Helmut Kohl wirklich nur fuer die Vergangenheit stand. Insofern ist es nicht so ueberraschend. Allerdings der Abstand, den wir offensichtlich haben zur CDU, ist so gross, damit haben wir eigentlich auch nicht gerechnet."

CDU-Generalsekretaer Peter Hintze: "Die Entscheidung dieser Wahl ist gelaufen ueber die Inhaltsfrage. Uns ist nicht gelungen, die Reformpolitik, die wir in den letzten Jahren gemacht haben und die ja auch den Menschen einiges zugemutet hat, durchzusetzen gegen die suessen Versprechungen der Gegenseite, die gesagt haben, es geht auch ohne Anstrengung, wir brauchen gar keine Einsparungen, das koennen wir auch alles viel leichter machen. Und das haben die Menschen als Angebot angenommen, und nun ist die Gegenseite in der Pflicht, auch einmal zu zeigen, wie sie diese ganzen Versprechungen realisiert."

Gruenen-Fraktionssprecher Joschka Fischer: "Liebe Freundinnen und Freunde, das ist heute ein Tag fuer den viele von uns sechzehn Jahre darauf hingearbeitet haben. Die Aera Kohl ist heute definitiv zu Ende gegangen. Gerhard Schroeder und die Sozialdemokraten haben einen glaenzenden Wahlsieg erreicht und ich moechte Gerhard Schroeder, dem kommenden Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, auf diesem Wege recht herzlich in unser aller Namen gratulieren."

Der Ministerpraesident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, SPD: "Ich bin natuerlich hoch zufrieden, Gerhard Schroeder wird Bundeskanzler, der bisherige Kanzler Helmut Kohl ist abgewaehlt worden, das ist das erste mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, und ich glaube, dass die Waehlerinnen und Waehler auch auf Stabilitaet gesetzt haben. Die Rechtsradikalen sind in keinem Parlament, Kompliment also fuer diese Verantwortung. Wir wissen noch nicht, ob die PDS drin ist. Da bin ich noch unsicher, ob dieses Kompliment auch an diese Stelle passt. Und ansonsten gehe ich davon aus, dass jetzt gearbeitet wird und dass eine Politik des wirtschaftlichen Erfolgs, der arbeitsmarktpolitischen Konzentration und natuerlich auch der sozialen Gerechtigkeit gefuehrt wird."

Der Ministerpraesident von Baden-Wuerttemberg Teufel (CDU) hat sich gegen eine grosse Koalition ausgesprochen. Erwin Teufel: "Enttaeuscht auf jeden Fall, aber in gar keiner Weise resigniert. Wir haben eine starke Mitgliederschaft und eine starke kommunale Basis. Von der her werden wir wieder den Aufschwung schaffen, fuer die Union ueber die Laender und in vier Jahren im Bund. Es wird sich zeigen, was Rot-Gruen fuer unser Land anrichten wird und es wird leichter sein, gegen eine solche Regierung in Opposition zu sein, als es dieser Regierung moeglich sein wird, die Probleme unseres Landes zu loesen."

FDP-Chef Wolfgang Gerhard: "Wir hatten eine erfolgreiche Koalition, wir haben eine Niederlage der Koalition im Wahlkampf erlitten, wir gratulieren Gerhard Schroeder zu seinem Erfolg und wir nehmen die Rolle einer parlamentarischen Kraft in der Opposition im deutschen Bundestag an."


Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern

Parallel zum Bundestag waehlte Mecklenburg-Vorpommern seinen Landtag. Auch dort hatten bereits zu Mittag mehr Buerger ihre Stimme abgegeben als 1994. Nach Angaben der Wahlleitung lag die Wahlbeteiligung am Mittag bei 38 %. In Mecklenburg-Vorpommern gab es ebenfalls einen massiven Rutsch zu Ungunsten der Union und zu Gunsten der SPD. Die CDU kommt in Mecklenburg-Vorpommern auf etwa 30%, das ist ein Verlust von ungefaehr 7%, die SPD auf rund 35,5%. Die PDS erhielt nach ersten Hochrechnungen etwa 23%, was fuer diese Partei ein hervorragendes Ergebnis waere. Die Rechten hatten keine Chance in den Landtag zu kommen. Ministerpraesident Bernd Seite von der CDU hat seinen Ruecktritt von allen Aemtern angekuendigt. Bernd Seite: "Ich habe die Wahl verloren. Wir haben unser Wahlziel nicht erreicht, das ist eine Tatsache. Ich gratuliere der SPD und auch dem Spitzenkandidaten. Meine Partei hat wirklich gut gekaempft und sie ist auch wirklich kampagnefaehig gewesen, das war wirklich grossartig. Aber wir konnten uns natuerlich nicht vom Bundestrend abkoppeln. Wir konnten nicht so unsere landestypischen Themen in den Vordergrund bringen, wie wir das eigentlich erwartet haben. Ich muss nur ganz klar sagen, das ich selbst keine weiteren Aemter anstrebe, und alles andere wird morgen Abend und in den naechsten Tagen von den Gremien entschieden."


Volksentscheide in Hamburg und Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein und in Hamburg fanden neben der Bundestagswahl auch Volksentscheide statt. Die rund 2,1 Millionen Wahlberechtigten im noerdlichsten Bundesland stimmten bundesweit erstmalig ueber die Rechtschreibreform in den Schulen ab. Die Menschen sollten waehlen, ob weiter nach den neuen Regeln unterrichtet werden oder ob wieder die bisherige Schreibweise gelten soll. Die neue Rechtschreibung gilt seit dem ersten August an allen Schulen und Behoerden Deutschlands. Nach einer Hochrechnung des Norddeutschen Rundfunks haben sich rund 59% der Wahlberechtigten gegen die Rechtschreibreform entschieden. Kuenftig werden die Schueler in Schleswig-Holstein also offenbar wieder nach den alten Regeln der Rechtschreibung unterrichtet. Sollten sich die Werte dieser einzigen Hochrechnung bestaetigen, so ist es der Initiative "Wir gegen die Rechtschreibreform" gelungen, rund 900.000 Wahlberechtigte von ihrem Antrag zu ueberzeugen. Notwendig waeren nur 530.000 Stimmen gewesen. In Hamburg entscheiden die Buerger darueber, ob die gesetzlichen Huerden fuer eine Volksbefragung gesenkt werden sollen.


Neuer Fahrplan der Deutschen Bahn AG

Die Deutsche Bahn AG hat mit dem heutigen Beginn des neuen Fahrplanes weitere Zugverbindungen und Sondertarife eingefuehrt. Besonders das Angebot von und nach Berlin wurde aufgestockt. Auf keiner Strecke werden Zuege eingestellt. Ein neues Sonderangebot ist der Fahrschein HerbstSpezial. Damit koennen Fahrgaeste fuer 69 DM und wenn sie die Bahncard besitzen fuer 49 DM zu bestimmten Zeiten Interregios und abends auch alle anderen Zuege benutzen. Mit der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover-Berlin verkuerzt sich die Reisezeit zwischen beiden Staedten um etwa eine Stunde. Das ICE-Angebot von Berlin Richtung Westen wurde um ein Viertel aufgestockt.


Illegal eingereiste Kosovo-Albaner aufgegriffen

In Bayern haben Polizei und Bundesgrenzschutz 34 illegal eingereiste Kosovo-Albaner aufgegriffen. Die Fluechtlinge wurden bei Kontrollen zweier Kleinbusse und eines Eurocitys entdeckt. Die Polizei hat zwei mutmassliche Schleuser festgenommen.


Woche der auslaendischen Mitbuerger

Zu Beginn der Woche der auslaendischen Mitbuerger haben die Kirchen in Deutschland der Abschottung Europas eine deutliche Absage erteilt. In einer gemeinsamen Erklaerung heisst es an die Adresse der EU-Staaten gerichtet, gerade in der Solidaritaet mit Hilfesuchenden erweise sich Europa als Wertegemeinschaft. Auslaender und andere Minderheiten duerften nicht zu Suendenboecken fuer eine verfehlte Politik gemacht werden, so die Kirchenrepraesentanten.


Grosser Preis von Luxemburg

Mika Hakkinen hat den Grossen Preis von Luxemburg auf dem Nuerburgring gewonnen. Michael Schumacher wurde zweiter. Hakkinen liegt jetzt in der WM-Wertung mit 90 Punkten um 4 Punkte vor Schumacher. Die endgueltige Entscheidung ueber die Weltmeisterschaft faellt in fuenf Wochen beim Grossen Preis von Japan.


Quellen

B5    11:00 MESZ    15:00 MESZ
SWR 3    13:00 MESZ    18:00 MESZ    19:00 MESZ    20:00 MESZ    21:00 MESZ
B3    16:00 MESZ    17:00 MESZ