GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 02.09.1995



* Tagung der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe in Bonn
* Bundeskanzler Kohl zu Arbeitsbesuch in Moskau eingetroffen
* Deutsche Kampfflugzeuge seit Anfang August ueber Bosnien im Einsatz
* Ostdeutsche SPD will gemeinsam Antrag zum Aufbau der neuen Laender einbringen
* OeTV-Vorsitzender warnt vor Privatbeteiligung bei oeffentlichen Einrichtungen
* VW-Deutschland will in kommenden vier Jahren 30000 Arbeitsplaetze abbauen
* Badenwerk Karlsruhe zweifelt an neuem Muellbehandlungsverfahren Thermoselect
* Irakisches Biowaffen-Arsenal gefaehrlicher als bisher angenommen
* Reiseveranstalters "Gamma-Tours" stellt Konkursantrag
* Abschliessende Anhoerung im Fall Juergen Schneider verschoben
* Neonazi Lauck wird von Daenemark nach Hamburg ueberfuehrt
* Renault spricht sich fuer Geschwindigkeitsbegrenzungen aus
* Brand in Behinderten-Wohnheim in Duesseldorf
* Brandanschlag auf tuerkisches Lokal in Villingen-Schwenningen
* Punker-Treffen in Baden-Baden und in Stuttgart verhindert
* Ehemaliger SS-Hauptsturmfuehrer Pripke vielleicht an Deutschland ausgeliefert
* Berlins Justizsenatorin zur Rehabilitierung von Opfern der DDR-Justiz
* Funkkontakt mit moslemischer Extremistengruppe Al Faran (sp?)
* Tschechischer Dirigent Watzlav Neumann gestorben
* Fussball-Bundesliga
* Schroeders Doppelfehler (Sueddeutsche Zeitung)



Tagung der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe in Bonn

Bonn/Sarajevo. In Bonn tagte heute die internationale Bosnien-Kontaktgruppe. Der amerikanische Sondergesandte Holbrooke hat die Vertreter aus 5 Staaten (USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland) ueber den Stand seiner juengsten Friedensbemuehungen in Belgrad und Zagreb unterrichtet. Ausserdem traf er sich mit Bundesaussenminister Kinkel. Der deutsche Ressortchef begruesste bereits im Vorfeld, dass die Aussenminister von Bosnien, Kroatien und Restjugoslawien Ende naechster Woche in Genf zusammenkommen werden. Bei den Beratungen ueber die Lage in Exjugoslawien wollte Holbrooke Kinkel ueber die Ergebnisse seiner Gespraeche in Zagreb, Sarajevo und Belgrad unterrichten. Aussenminister Kinkel und die westlichen Bosnien-Unterhaendler haben die Unantastbarkeit der Souveraenitaet Bosnien-Herzegowinas und die Rechte des moslemischen Bevoelkerungsteils bekraeftigt. Die Chance auf einen Frieden in Bosnien sei greifbar nahe, betonten Holbrooke und Kinkel. Allerdings bestehe kein Anlass zur verfruehten Euphorie. Der US-Unterhaendler berichtete dem deutschen Aussenminister ausfuehrlich ueber seine Gespraeche mit dem serbischen Praesidenten Milosevic. Dabei bezeichnete Holbrooke die neue Haltung Belgrads als den eigentlichen Durchbruch seiner Verhandlungen auf dem Balkan. Milosevic hatte zugestimmt, dass Serbien am Aussenministertreffen aller Konfliktparteien Ende kommender Woche in Genf teilnehmen wird. Holbrooke meinte erfreut, 16 Monate lang habe es nur Gespraeche ueber Gespraeche gegeben, nun gehe es um Inhalte. Aussenminister Kinkel versicherte, die Souveraenitaet des Staates Bosnien werde nicht angetastet. Unzumutbare Kompromisse kaemen nicht in Frage. Das gelte besonders fuer die schwaechste Partei, die Moslems. EU-Unterhaendler Bilt (sp?), der ebenfalls zum Kontaktgruppentreffen nach Bonn geladen war, betonte zusammen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Holbrooke, fuer alle Konfliktparteien muessten kuenftig die gleichen Grundrechte gelten. Dazu gehoere auch das Recht, in Gebieten anderer ethnischer Gruppen zu leben.


Bundeskanzler Kohl zu Arbeitsbesuch in Moskau eingetroffen

Bonn-Moskau. Bundeskanzler Kohl ist am Nachmittag zu einem zweitaegigen Arbeitsbesuch in Moskau eingetroffen. Mit dem russischen Praesidenten Jelzin will Kohl unter anderem ueber den Stand der Friedensbemuehungen fuer Bosnien sprechen. Ein weiteres Thema ist die deutsch-russische Zusammenarbeit.


Deutsche Kampfflugzeuge seit Anfang August ueber Bosnien im Einsatz

Bundesverteidigungsminister Ruehe erwartet nach den NATO-Lufteinsaetzen noch in diesem Monat eine dauerhafte Friedensregelung fuer das ehemalige Jugoslawien. Die Angriffe seien ein klares Stopsignal fuer die Agressionen der bosnischen Serben gewesen, sagte Ruehe der Welt am Sonntag. Die Entschlossenheit der Weltgemeinschaft habe nun zu einem Wendepunkt des Krieges gefuehrt. Das Verteidigungsministerium in Bonn dementierte unterdessen eine Meldung des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", wonach es die zustaendigen Bundestagsausschuesse nicht vollstaendig ueber die Tornadofluege in Bosnien informiert haben soll. Diese Darstellung sei voellig gegenstandslos, erklaerte ein Sprecher. Allerdings bestaetigte er, dass die deutschen Kampfflugzeuge bereits seit Anfang August unter Einsatzbedingungen ueber Bosnien geflogen seien. Nach Informationen der deutschen Presseagentur haben die Bundeswehr-Maschinen mehrfach Stellungen und Truppenbewegungen der bosnischen Serben fotographiert.


Ostdeutsche SPD will gemeinsam Antrag zum Aufbau der neuen Laender einbringen

Die ostdeutschen Sozialdemokraten wollen auf dem kommenden SPD-Bundesparteitag einen gemeinsamen Antrag zum Aufbau der neuen Laender einbringen. Die thueringer SPD unterstuetzte bei ihrem Parteitag in Sonneberg heute einmuetig eine Initiative, die unter Federfuehrung der Sozialdemokraten Tierse, Hoeppner und Stolpe erarbeitet wurde. In dem Text heisst es, Kapitalmangel, schlechtes Managment und unzureichender Marktzugang gefaehrdeten die Entwicklung der Wirtschaft in Ostdeutschland. Diese und andere Schwierigkeiten seien ohne staatliche Hilfsprogramme nicht zu meistern.


OeTV-Vorsitzender warnt vor Privatbeteiligung bei oeffentlichen Einrichtungen

Der Vorsitzender der Gewerkschaft Oeffentliche Dienste, Transport und Verkehr (OeTV) Mey (sp?) hat vor einer Mehrheitsbeteiligung privater Unternehmen an oeffentlichen Einrichtungen gewarnt. Bei entsprechenden Fremdbeteiligungen wie beispielsweise an Stadtwerken muessten mindestens 51% der Anteile in oeffentlicher Hand bleiben, sagte Mey der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Anderenfalls leide die kommunale Selbstversorgung Schaden.


VW-Deutschland will in kommenden vier Jahren 30000 Arbeitsplaetze abbauen

Hannover. Bei VW im Inland muessen in den kommenden vier Jahren voraussichtlich 30000 Arbeitsplaetze gestrichen werden. Dies teilte der Sprecher der Volkswagen-AG Wax (sp?) heute mit. Wax sagte, der Abbau von 30000 Arbeitsplaetzen werde allerdings nur dann erfolgen, wenn in den kommenden vier Jahren die Produktivitaet um 30% steige. Sollte bei den Tarifverhandlungen kein vernuenftiger Kompromiss gefunden werden, muessten noch mehr Arbeitsplaetze abgebaut werden.


Badenwerk Karlsruhe zweifelt an neuem Muellbehandlungsverfahren Thermoselect

Karlsruhe. Im Badenwerk sind erstmals Zweifel an dem neuen Muellbehandlungsverfahren Thermoselect laut geworden. Das Energieversorgungsunternehmen will deshalb bei der Vermarktung von Thermoselect offenbar kuenftig kuerzer treten. Damit droht ein Milliarden-Geschaeft zu platzen.


Irakisches Biowaffen-Arsenal gefaehrlicher als bisher angenommen

Hamburg. Das irakische Biowaffen-Arsenal war nach Ansicht des UNO-Beauftragten Ikeus (sp?) viel gefaehrlicher als bisher angenommen. Der Irak habe bereits einsatzbereite Sprengkoepfe mit hochgiftigen biologischen Kampfstoffen in der Naehe von Raketenabschussbasen eingelagert gehabt, sagte Ikeus dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Bisher gibt es aber nach seinen Angaben keine Hinweise darauf, das deutsche Firmen am irakischen B-Waffenprogramm beteiligt waren.


Reiseveranstalters "Gamma-Tours" stellt Konkursantrag

Koeln. Nach einem Bericht der "Koelnischen Rundschau" sitzen rund 1300 deutsche Urlauber in Griechenland fest. Der Zeitung zufolge soll der Koelner Reiseveranstalter Gamma-Tours Konkursantrag gestellt haben. Nun werde geprueft, ob das Kapital fuer die Verfahrenseroeffnung ausreiche. Der deutsche Reisepreis-Sicherungsverein DRS, bei dem Gamma-Tours versichert sei, habe eine Rueckholaktion fuer die Betroffenen organisiert. Nach Angaben der Fluggesellschaft Nordic-East-Airways koennen die Touristen ihre regulaer gebuchten Rueckfluege antreten. Wie der Verkaufsleiter der schwedischen Airline Becker mitteilte, uebernimmt der DRS die Kosten. Schwieriger sei die Lage fuer etwa 2000 Kunden des Veranstalters, die in Kuerze in den Urlaub fliegen wollten. Waehrend die Pauschal-Bucher ebenfalls ueber eine Versicherung vor Verlusten geschuetzt seien, muessten Nur-Flieger sich wohl an den Konkurs-Verwalter wenden, erlaeuterte Becker.


Abschliessende Anhoerung im Fall Juergen Schneider verschoben

Miami. Der Fall des in den USA inhaftierten Bauspekulanten Juergen Schneider koennte eine unerwartete Wende nehmen. Die fuer Dienstag geplante abschliessende Anhoerung ueber den deutschen Auslieferungsantrag wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Ein neuer Verhandlungstermin sei nicht festgelegt worden. Schneider bleibe in Haft. Grund ist die Entscheidung eines Bundesrichters, das 150 Jahre alte Auslieferungsrecht der USA sei verfassungswidrig. Davon koennten etwa 250 weitere Verfahren betroffen sein. Der fuer Schneider zustaendige Richter forderte das Justiz-Ministerium in Washington auf, die Auswirkungen auf den Fall Schneider zu pruefen. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" wurden auf Antrag von Schneiders Anwaelten drei Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank vom Gericht in Miami vorgeladen. Gegen Schneider wird in Deutschland im Zusammenhang mit dem groessten Immobilien-Skandal der Nachkriegsgeschichte unter anderem wegen Kredit-Betrugs und Urkundenfaelschung ermittelt.


Neonazi Lauck wird von Daenemark nach Hamburg ueberfuehrt

Die daenische Auslaender-Behoerde hat einen Asyl-Antrag des inhaftierten amerikanischen Neonazis Lauck abgelehnt. Dies bestaetigte ein Polizei-Sprecher heute in Roskilde gegenueber der DPA. Damit steht einer Ueberstellung des 42jaehrigen an die Justiz-Behoerden in Hamburg endgueltig nichts mehr im Wege. Als moeglicher Auslieferungstermin gilt der kommende Montag.


Renault spricht sich fuer Geschwindigkeitsbegrenzungen aus

Hamburg. Der Autohersteller Renault haelt Geschwindigkeitsbegrenzungen umweltpolitisch fuer sinnvoller als das 3-Liter-Auto. Der deutsche Renault-Chef sagte dem "Hamburger Abendblatt", es sei absurd, wenn auf der einen Seite ueber das 3-Liter-Auto gesprochen werde und andererseits auf deutschen Autobahnen mit grossen Motoren mehr als 200km/h gefahren wuerde. Das 3-Liter-Auto werde auf absehbare Zeit ein Nischenprodukt bleiben.


Brand in Behinderten-Wohnheim in Duesseldorf

Duesseldorf. In einem Behinderten-Wohnheim ist in der Nacht ein Feuer ausgebrochen. Die Kriminalpolizei schliesst einen Brandanschlag nicht aus. Wie die Polizei heute mitteilte, brach das Feuer gegen 23 Uhr im Keller aus. Die Flammen konnten von der Feuerwehr schnell unter Kontrolle gebracht werden. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden belaeuft sich auf etwa 80 Tausend DM.


Brandanschlag auf tuerkisches Lokal in Villingen-Schwenningen

Villingen-Schwenningen. Bei einem Brandanschlag auf ein tuerkisches Lokal ist in der Nacht geringer Sachschaden entstanden. Gegen 3 Uhr schuetteten die Taeter Benzin in einen Vorbau des Lokals und legten das Feuer. Die im Haus wohnenden Wirtsleute konnten den Brand selbst loeschen. Die Taeter spruehten die Buchstaben PKK an die Hauswand. Die Polizei ist sich aber nicht sicher, ob der Brand tatsaechlich von kurdischen Extremisten gelegt wurde.


Punker-Treffen in Baden-Baden und in Stuttgart verhindert

Baden-Baden. Die Polizei hat moegliche Punker-Treffen in Baden-Baden und Stuttgart verhindert. In Baden-Baden nahmen die Beamten 15 Punker vorlaeufig in Gewahrsam, in Stuttgart 14. In beiden Staedten wurden insgesamt ueber 200 Platzverweise erteilt, das heisst, die Betroffenen mussten die Staedte verlassen. Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Punker angeblich Chaos-Tage am ersten September-Wochenende planten. Bei einem solchen Treffen in Hannover hatte es mehr als 200 Verletzte und Millionen DM an Sachschaden gegeben.


Ehemaliger SS-Hauptsturmfuehrer Pripke vielleicht an Deutschland ausgeliefert

50 Jahre nach Kriegsende leben nach Einschaetzung des Wiener Publizisten Wiesental noch tausende mutmassliche NS-Kriegsverbrecher unentdeckt unter falschem Namen. Die meisten von ihnen hielten sich in Suedamerika, einige aber auch in Deutschland versteckt, sagte der Leiter des Dokumentationszentrums zur Verfolgung von NS-Taetern der Nachrichtenagentur DDP-ADN. Wiesental aeusserte die Hoffnung, dass der in Argentinien lebende ehemalige SS-Hauptsturmfuehrer Pripke an die Bundesrepublik ausgeliefert wird. Ihm wird Beteiligung an einem Massaker in der Naehe von Rom im Maerz 1944 vorgeworfen. Pripke selbst hat zugegeben, damals einen Menschen umgebracht zu haben. Der argentinische Generalstaatsanwalt Algero Iturbe befuerwortete dagegen die Auslieferung Pripkes an Italien. Die endgueltige Entscheidung des obersten Gerichts in Buenos Aires wird naechste Woche erwartet. Pripke selbst hat einer Ueberstellung nach Deutschland zugestimmt. In Italien befuerchtet er einen unfairen Prozess.


Berlins Justizsenatorin zur Rehabilitierung von Opfern der DDR-Justiz

Fuer eine Verlaengerung der Antragsfrist fuer strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren von Opfern der DDR-Justiz hat sich die Berliner Senatorin Peschel-Gutzeit (sp?) eingesetzt. Es sei kaum damit zu rechnen, dass bis zum 31. Dezember alle Berechtigten einen Antrag gestellt haetten, erklaerte die SPD-Politikerin heute in Berlin. Sie wies darauf hin, dass die Zahl der Eingaben nach dem ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz seit dem Fruehsommer wieder stark ansteige. Es sei deshalb notwendig, die Antragsfrist um 2 Jahre zu verlaengern, forderte die Justizsenatorin.


Funkkontakt mit moslemischer Extremistengruppe Al Faran (sp?)

Die indischen Behoerden haben heute erneut Funkkontakt zu der moslemischen Extremistengruppe aufgenommen, die in Kaschmir den Deutschen Dirk Hasert und drei weitere westliche Touristen in ihrer Gewalt hat. Ein Regierungsvertreter habe rund 10 Minuten lang mit den Entfuehrern gesprochen, hiess es in Srinagar. Ueber das Ergebnis der Unterredung wurde nichts bekannt. Voraussichtlich am Montag sollen die Verhandlungen per Funk fortgesetzt werden. Die Gruppe Al Faran hatte vor einigen Tagen mit der Ermordung einer weiteren Geisel gedroht, falls ihre Forderungen nicht bald erfuellt wuerden. Sie haelt seit zwei Monaten neben Hasert, zwei Briten und einen US-Buerger gefangen. Ein fuenfter Tourist war vor einigen Wochen enthauptet aufgefunden worden.


Tschechischer Dirigent Watzlav Neumann gestorben

Prag. Der tschechische Dirigent Watzlav Neumann ist heute im Alter von 74 Jahren in Wien gestorben. Neumann stand jahrzehntelang als Chef-Dirigent an der Spitze der tschechischen Philharmonie. Von 1970 bis 1972 hatte Neumann das Amt des Generalmusikdirektors der wuerttembergischen Staatsoper in Stuttgart inne. Andere Wirkungsstaetten Neumanns waren die komische Oper in Berlin und Leipzig, wo er Mitte der 60er Jahre das Gewandthaus-Orchester leitete.


Fussball-Bundesliga

Mit sieben Begegnungen wurde heute der vierte Spieltag in der
Fussball-Bundesliga abgeschlossen.
Freitag:
Karlsruher SC - 1.FC Koeln           1:0
Borussia Dortmund - Moenchengladbach 2:1
Samstag:
1.FC Kaiserslautern - VFB Stuttgart  1:1
SC Freiburg - Eintracht Frankfurt    2:0
1860 Muenchen - Bayern Muenchen      0:2
Bayer Leverkusen - FC St. Pauli      1:1
KFC Uerdingen - Werder Bremen        3:0
Hamburger SV - Schalke 04            1:1
Fortuna Duesseldorf - Hansa Rostock  2:2
Souveraener Tabellenfuehrer ist Bayern Muenchen mit 12 Punkten. Dahinter drei
Mannschaften mit je sieben Punkten: St. Pauli, Rostock und Moenchengladbach.
Der VFB Stuttgart ist jetzt fuenfter, Karlsruhe und Freiburg liegen auf den
Plaetzen 15 und 16.



Schroeders Doppelfehler (Sueddeutsche Zeitung)

Womoeglich wird die Ueberraschung bei Gerhard Schroeder selbst am groessten sein, wenn er an diesem Wochenende in Ruhe seine politische Lage analysiert. Wenn er schonungslos genug ist, wird er sich eingestehen muessen: Seinem unbaendigen Selbstbewusstsein, seinem unbezaehmbaren Ueberlegenheitsgefuehl gegenueber Parteichef Rudolf Scharping und vielen Parteifreunden in der SPD fehlt das Fundament. Einzig der niedersaechsische SPD-Landesverband schlug sich nach Schroeders Absetzung als Wirtschaftssprecher der Partei eindeutig auf dessen Seite. Trefflicher liesse sich die ploetzlich zutage getretene Isolierung jenes Mannes kaum beschreiben.

Schroeders grosser Traum, die Kanzlerkandidatur, ist mit einem Schlag in weite Ferne gerueckt. Der Niedersachse hat einen schweren Fehler gemacht: denselben Fehler zweimal zu begehen. Schon bei der Urwahl des Kandidaten fuer den Parteivorsitz gegen Rudolf Scharping und Heidemarie Wieczorek-Zeul vor zwei Jahren hatte Schroeder versucht, den Erfolg mit Unterstuetzung der Medien gegen das Establishment der Partei zu suchen. Das ging schief - und musste auch schiefgehen. Vorsitzender oder Kanzlerkandidat wird nur, wer Mitglieder und Establishment der Partei zu gewinnen sucht, statt sie vor den Kopf zu stossen. Dennoch betrieb Schroeder den Fuehrungsstreit in diesem Sommer nach demselben Muster. Im Rausch des medialen Hoehenflugs erkannte er nicht, dass er sich laengst zu schaden begann. Schroeder nahm auch die letzte Verwarnung nicht ernst, die ihm das SPD-Praesidium am Montag einhellig erteilte. Dann erging es ihm wie im Fussball. Nach der gelben Karte folgte beim naechsten Foul der Rauswurf.

Ob es sich nun um eine gelb-rote oder aber eine rote Karte handelt - ob also die politische Zwangspause kuerzer oder laenger dauert -, das liegt in Schroeders Hand. Will er Tonfall und Attituede in der politischen Auseinandersetzung, die so viel Anstoss in der SPD erregt, beibehalten ? Dann muss er sich mit der bundespolitischen Rolle eines sozialdemokratischen Franz Josef Strauss abfinden. Oder will er tatsaechlich mehr ? Dann muss er sein Ego bisweilen zurueckstellen, fuer seine politischen Positionen mit der SPD und ihrem Establishment werben und nicht gegen sie. Niemand, nicht einmal Schroeder, muss deshalb gleich zum Parteisoldaten mutieren. Aber zumindest eine Anstandsregel muss er einhalten, wie die SPD ihm nun schmerzhaft klarmacht: Wer Respekt von Parteifreunden fordert, darf nicht selbst nur respektlos ueber sie reden.

Andererseits ist es vorschnell, angesichts der Entmachtung Schroeders von einem "Befreiungsschlag" des SPD-Chefs zu reden. Ob Scharping einen Befreiungsschlag gelandet, oder sich einen Pyrrhussieg eingehandelt hat, wird sich fruehestens in ein paar Monaten zeigen. Mit dem Ausscheiden Schroeders wird die Kritik an der Leistung des Bonner Oppositionsfuehrers nicht hinfaellig. Vielmehr vergroessert die Entscheidung den Druck auf Scharping, jetzt eine wirkungsvolle Opposition zu liefern.

Scharping hatte vielleicht keine andere Wahl als jetzt ein Machtsignal zu setzen. Es loest natuerlich nicht das eigentliche Problem. Will die SPD-Enkelgeneration tatsaechlich die Macht in Bonn erobern, ist sie zur Zusammenarbeit im Team verurteilt. Fuer die aelter werdenden Enkel - und fuer ein rot-gruenes Modell - ist die Bundestagswahl 1998 bereits die letzte Chance, an die Macht zu gelangen. Verliert rot-gruen erneut, werden sich Union und Gruene danach schneller anfreunden, als die SPD sich das vorstellen mag.


Quellen

DLF    8:00 MESZ    12:00 MESZ    19:00 MESZ
SDR3    9:00 MESZ    16:00 MESZ    18:00 MESZ
SWF3    8:00 MESZ    14:00 MESZ