GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Do, 12.09.1996



* Wirtschafts- und Sozialpolitik im Bundestag
* Bundesrat erhebt Einspruch gegen das Sparpaket
* Deutsch-tschechische Versoehnungserklaerung noch dieses Jahr
* Gespraeche bei Kohl zur Lehrstellensituation
* Tarifkonflikt bei der Bahn formell beigelegt
* Bruessel und Bonn verklagen sich gegenseitig
* Paket explodiert in Koelner Postamt
* Fussball
* Das Wetter



Wirtschafts- und Sozialpolitik im Bundestag

Die Themen Wirtschafts- und Sozialpolitik standen im Mittelpunkt des heutigen dritten Tages der Haushaltsberatungen im Bundestag. Und wie erwartet prallten bei diesen beiden Kernthemen die gegensaetzlichen Positionen von Regierung und Opposition scharf aufeinander. Waehrend Minister Rexrodt die Wirtschaft wieder auf Stabilitaetskurs sieht wirft ihm die Opposition Versagen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit vor. Waehrend Minister Bluem die Opposition zur Zusammenarbeit bei der geplanten Rentenreform aufforderte wurde dies von den Seiten der Opposition bruesk abgelehnt. In der Debatte ueber seinen gekuerzten Haushalt sprach sich Bundesarbeitsminister Norbert Bluem eindeutig gegen eine generelle Besteuerung der Renten aus. Eine solche Besteuerung waere nur moeglich, wenn die Beitraege zur Rentenversicherung steuerfrei waeren, erklaerte der Minister. Da die bisherige Beitraege der heutigen Rentner versteuert worden seien muessen ihre Renten steuerfrei bleiben, erklaerte der Minister. Dabei raeumte Bluem ein, dass die Vorschlaege wie die Rentenbesteuerung auch aus den eigenen Reihen kaemen. Aber dafuer koenne er schliesslich nichts. "Ich bemuehe mich, Schneisen in diesen Urwald aus Vorschlaegen zu schlagen" - Bluems Appell an die Opposition, bei der Rentenreform mitzuarbeiten lehnte Ottmar Schreiner mit den Worten ab, Bluem habe das Tischtuch mit der Opposition zerschnitten angesichts der vorzeitigen Anhebung des Rentenalters bei Frauen. Vor dem Sozialetat war ueber den Haushalt des Wirtschaftsministeriums heftig gestritten worden. Rexrodt deutete an, dass weitere Kuerzungen bei den Kohlesubventionen bevorstehen, die mehr als die Haelfte seines Etats ausmachen. Zum Wachstum aeusserte sich der Minister vorsichtig optimistisch, das dreiviertel-Prozent dieses Jahr sei gesichert, im naechsten Jahr koennten zwei bis zweieinhalb Prozent erreicht werden. Dennoch gab Rexrodt zu bedenken: "Immmer wieder muss gesagt werden: das reicht nicht aus, um die Lage am Arbeitsmarkt durchgreifend zu verbessern." Der Rotstift kennzeichnet auch den Haushalt von Bundesbildungsminister Ruettgers. Er muss Kuerzungen von 4.5 Prozent hinnehmen. In den Mittelpunkt seiner Rede stellte Ruettgers die Zukunftsfaehigkeit des Standorts Deutschland. "Wir koennen gar nicht soviel sparen, um mit Malaysia, um mit Korea oder anderswo alleine ueber die Kosten konkurrieren zu koennen." Ruettgers betonte deshalb die Wichtigkeit von Forschung- und Ausbildungsniveau. In diesem Zusammenhang forderte er die Arbeitgeber noch einmal auf, mehr Lehrstellen zur Verfuegung zu stellen.


Bundesrat erhebt Einspruch gegen das Sparpaket

Der Streit um das Sparpaket der Bundesregierung geht morgen in die wohl alles entscheidende letzte Runde. Erwartungsgemaess erhob der von der SPD dominierte Bundesrat heute im Rahmen einer Sondersitzung Einspruch gegen dieses Gesetzespaket. Bereits morgen aber kann der Bundestag mit der notwendigen absoluten Mehrheit diesen Einspruch zurueckweisen. Die Koalition verfuegt im Bundestag mit einer Mehrheit von vier Stimmen. Schon zum dritten Mal hat sich der Bundesrat heute mit dem Sparpaket befasst, die Debatte war heute kurz und dauerte nur eine Stunde. SPD-Chef Lafontaine bekannte sich noch einmal dazu, dass Sparen in Bund und Laendern noetig ist, aber: "es muss soziale Gerechtigkeit der Leitfaden sein der Massnahmen und oekonomische Vernunft. Und es ist oekonomisch nicht vernuenftig, die versprochene Kindergelderhoehung auszusetzen. Es ist oekonomisch nicht vernuenftig, die versprochene Erleichterung beim Grundfreibetrag Steuererleichterung auszusetzen. Es ist oekonomisch nicht vernuenftig, Frauen laenger arbeiten zu lassen und damit in Kauf zu nehmen, dass junge Menschen keinen Arbeitsplatz finden." Bundesarbeitsminister Bluem widersprach Lafontaine. Vom Abbau des Sozialstaates kann nach seinen Worten keine Rede sein. Angesichts von 30 Urlaubstagen haelt er ihre Anrechnung auf Kuren oder Krankheitszeiten fuer vertretbar. Bayern unterstuetzt die Linie der Bundesregierung, will an genau diesem Punkt aber eine Ausnahme erreichen und zwar fuer Schwangere, die krank werden. Sie sollen weiterhin den vollen Lohn bekommen, so die Ministerin fuer Bundesangelegenheiten Maenle. Ueber dieses Gesetz des Freistaates entschied der Bundesrat heute aber noch nicht endgueltig.


Deutsch-tschechische Versoehnungserklaerung noch dieses Jahr

Noch in diesem Jahr soll die deutsch-tschechische Versoehnungserklaerung verabschiedet werden. Das betonten heute fuehrende Koalitionspolitiker nach einem Spitzentreffen im Bundeskanzleramt. Allerdings muessten in einigen wenigen Punkten noch Praezisierungen vorgenommen werden. Aussenminister Klaus Kinkel wurde beauftragt, darueber nochmals mit der tschechischen Seite zu verhandeln. Der bayerische Ministerpraesident Edmund Stoiber nannte nach der Konferenz Einzelheiten: "Wir hoffen, dass wir es so erreichen, dass Menschen, die einen familiaeren Bezugspunkt zu ihrer frueheren Heimat haben, dass die auch ein unbuerokratisch einzuraeumendes Aufenthaltsrecht von der tschechischen Regierung bekommen. Was die Frage der Vertreibung anbelangt ist ein sehr sehr wichtiger Fortschritt, dass die tschechische Seite jetzt auch die Vertreibung als Unrecht ansieht und auch bedauert, was alles aus dieser Vertreibung fuer unschuldige Menschen entstanden ist." In dem Spitzengespraech mit der Bonner Regierungskoalition setzte die CSU darueber hinaus durch, dass die Vertriebenenverbaende noch vor Abschluss des Vertrages in die Gespraeche darueber einbezogen werden. Man koenne, meinte Stoiber, wie von Bundeskanzler Kohl gestern angekuendigt, Ende des Jahres mit dem Vertrag fertig sein. Er fuegte jedoch hinzu, dass man nicht unter Zeitdruck stehe.


Gespraeche bei Kohl zur Lehrstellensituation

Bundeskanzler Kohl ist heute mit den Spitzenverbaenden der gewerblichen Wirtschaft und Vertretern der freien Berufe zur dritten Gespraechsrunde ueber die Lehrstellensituation zusammen gekommen. Dabei sollte nach Wegen gesucht werden, wie den Jugendlichen in Zukunft genuegend Ausbildungsplaetze garantiert werden koennen. An dem Treffen im Bonner Kanzleramt nahmen auch Wirtschaftsminister Rexrodt, Bildungsminister Ruettgers und Familienministerin Nolte teil. In der vergangenen Woche hatte Kohl die Industrie- und Handelskammern sowie das Handwerk empfangen. Nach Angaben der Bundesanstalt fuer Arbeit haben zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch 20.000 Jugendliche noch keine Lehrstelle. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte hingegen von einer doppelt so hohen Zahl gesprochen.


Tarifkonflikt bei der Bahn formell beigelegt

Der Tarifkonflikt bei der Bahn ist nun auch formell beigelegt. Arbeitgeber und Gewerkschaften stimmten am Nachmittag in Frankfurt am Main dem am Wochenende ergangenen Schlichterspruch zu. Die Unternehmensfuehrung der Deutschen Bahn hatte zuvor den Vorschlag als Angebot in die Verhandlungen eingebracht. Danach erhalten die rund 180.000 Arbeiter und Angestellten vom 1. Mai naechsten Jahres an 1.3 Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie einmalig 300 DM. Fuer Ostdeutschland wurde zudem eine zusaetzliche Einmalzahlung von 250 DM vereinbart. Auch sollen in den neuen Laendern die Loehne und Gehaelter von 1998 an auf 86 Prozent des Westniveaus erhoeht werden.


Bruessel und Bonn verklagen sich gegenseitig

Bruessel und Bonn verklagen sich wegen der umstrittenene Subventionen Sachsens an VW gegenseitig. Die Europaeische Kommission reichte beim Europaeischen Gerichtshof in Luxemburg Klage ein. Diese richtet sich gegen die Bundesrepublik, da sie fuer die Einhaltung der EU-Richtlinien verantwortlich ist. Daraufhin teilte das Bundeswirtschaftsministerium in Bonn mit, dass die Regierung ebenfalls klagen werde, um den Streit um die Beihilfen grundsaetzlich zu klaeren. Das Land Sachsen hatte 91 Millionen DM an Volkswagen gezahlt, obwohl die Europaeische Kommission diese nicht genehmigt hatte.


Paket explodiert in Koelner Postamt

In einem Koelner Postamt ist heute ein Paket explodiert. Ein 49 Jahre alter Postmitarbeiter erlitt leichte Verbrennungen und einen Schock. Er hatte das Paket geoeffnet, nachdem der Adressat in Niedersachsen die Annahme verweigert hatte und der Absender nicht ermittelt werden konnte. Die Ueberreste der Postsendung sollen im Landeskriminalamt in Duesseldorf untersucht werden. Hinweise auf einen politischen Hintergrund der Tat liegen der Polizei nicht vor.


Fussball

1. FC Kaiserslautern - Roter Stern Belgrad 1:0


Das Wetter

Die Vorhersage: von Nord nach Sued Durchzug eines Regengebietes, nachfolgend Uebergang zu Schauerwetter, zum Teil Gewitter, an den Nordraendern der Gebirge besonders ergiebig. Schneefallgrenze in den Alpen morgen auf 1000m sinkend. Hoechsttemperaturen morgen nur noch 17 Grad. Die weiteren Aussichten: Am Samstag weiterhin sehr kuehles Schauerwetter, am Sonntag von Westen her zoegernd freundlicher, aber kaum waermer.


Quellen

B5    17:30 MESZ
DLF    18:00 MESZ