GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Sa, 18.09.1999



* Aussenminister Fischer fordert Ruecktritt der Vorstandssprecherinnen
* Umweltminister Trittin sieht Fortschritte beim Atomausstieg
* EU-Kommission tritt zu erster Arbeitssitzung zusammen
* Weiter Streit um Kurs der SPD
* Neues NATO-Corps ins Leben gerufen
* Vor der Landtagswahl in Sachsen
* "Ozapft is! - Auf eine friedliche Wiesn 1999!"
* Fussballbundesliga



Aussenminister Fischer fordert Ruecktritt der Vorstandssprecherinnen

Der gruene Bundesaussenminister Fischer fordert angeblich den Ruecktritt der beiden Vorstandssprecherinnen Gunda Roestel und Antje Radke. Wie das Nachrichtemagazin "Der Spiegel" meldet, soll er dies als eine seiner Bedingungen dafuer genannt haben, dass er sich mehr in der Partei engagiert. Offenbar will Fischer sich wieder mehr in die Parteipolitik der Gruenen einmischen. Ein Indiz dafuer ist, dass er am Montag unbedingt selbst bei den Beratungen der gruenen Spitze ueber den Ausgang der Sachsenwahl dabei sein will und deswegen seinen Flug nach New York zur UNO verschoben hat. Ein weiteres, noch deutlicheres Indiz ist, was der Spiegel verbreitet. Nach dessen Informationen will Fischer seiner Partei anbieten, in den kommenden Jahren weit mehr als bisher zu Wahlkampf- und Werbezwecken zur Verfuegung zu stehen. Neben den Ruecktrittsforderungen fordert Fischer, dass ein Sonderparteitag die Trennung von Amt und Mandat bei den Gruenen aufheben soll. Darueberhinaus will er einen Generalsekretaer, der die inhaltliche, personelle und strukturelle Reform der Gruenen einleiten soll, sowie eine aus dem Parteiapparat ausgegliederte Wahlkampfzentrale nach dem Vorbild des Koalitionspartners SPD.


Umweltminister Trittin sieht Fortschritte beim Atomausstieg

Das Streben nach einem baldigen Ausstieg aus der Atomkraft hat nach Auffassung von Bundesumweltminister Trittin neuen Schwung bekommen. Trittin und Bundesaussenminister Fischer trafen sich gestern Abend mit den Chefs von vier Stromkonzernen. Danach hiess es, ein weiteres Treffen sei vereinbart worden und Fortschritte habe es auch gegeben. Beide Seiten waren zufrieden mit dem Verlauf des Gespraechs. Von einer sehr konstruktiven Atmosphaere war die Rede. Trittin: "Wir haben keine der strittigen Fragen, Endlagerung, Wiederaufarbeitung, Begrenzung von Laufzeiten ausgelassen, da hat es in vielen Bereichen konstruktive Ideen gegeben. Und das ist der Grund, warum wir das fortsetzen werden." Auf den Tisch kam auch die Streitfrage um den Atommuelltransport. Bundesregierung und Industrie verhandeln seit laengerem darueber, wann der strahlende Muell wieder befoerdert werden darf. Nach einem Bericht der "Sueddeutschen Zeitung" droht sechs Kernkraftwerken in den naechsten Monaten die Stilllegung, wenn der Atommuell nicht abtransportiert werden kann. Das Blatt beruft sich dabei auf den vertraulichen Statusbericht, den Trittin diese Woche dem Kanzleramt zugeleitet habe. Nuklearmuellfuhren wird es nach dem Bericht aber erst dann wieder geben, wenn sichergestellt ist, dass waehrend der Transporte die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden. Die Kraftwerksbetreiber haetten es jedoch versaeumt, die dazu notwendigen Unterlagen rechtzeitig vorzulegen, heisst es weiter. Trittin sieht jedoch alternative Moeglichkeiten. "Es gibt da ein Problem das wir haben in einer Reihe von Anlagen, wenn die weitere betrieben werden sollen - da haben die Betreiber im Zweifel einen Rechtsanspruch dran - muss es eine Loesung geben. Die muss nicht in Transporten liegen, die kann auch in technischen Loesungen in dem einen oder anderen Fall liegen. Diese Probleme werden wir loesen." Bis Herbst, so Trittin weiter, werde eine Loesung vorliegen.


EU-Kommission tritt zu erster Arbeitssitzung zusammen

Die neue EU-Kommission ist zu ihrer ersten Arbeitssitzung zusammengetreten. Unter Leitung von EU-Kommissionpraesident Prodi diskutierten die Kommissare ueber Verhaltensregeln - schon deshalb, weil die alte Regulierungsmannschaft des Luxemburgers Santer wegen Korruptionsvorwuerfen und Mismanagement abtreten musste. Die vor drei Tagen vom Europaeischen Parlament bestaetigten Kommissare und ihr Praesident, Romano Prodi, wollen ein Zeichen setzen, um das bei vielen Buergern verlorene Vertrauen in die Bruesseler Behoerde zurueckzugewinnen. Der Verhaltenskodex, der Interessenskonflikte verhindern soll, verbietet Kommissaren nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt, Insiderwissen an Firmen weiterzugeben. Nimmt ein Kommissar zum Beispiel innerhalb eines Jahres nach Verlassen seines EU-Sessels einen bezahlten Posten an, wird ein Ethik-Kommitee eingeschaltet. Damit soll ein Fall wie der von Martin Bangemann vermieden werden, der Anfang Juni nahtlos in die Privatwirtschaft wechseln wollte. Die Kommissare hatten bereits vor ihrer Befragung durch das Parlament schriftlich Auskunft ueber Aktien und Grundbesitz gegeben. Eine bezahlte Nebentaetigkeit untersagt der Kodex den Kommissaren ebenso, wie die Beschaeftigung von Familienangehoerigen im eigenen Verantwortungsbereich. Die EU-Manager haben ihrem Praesidenten ebenfalls versprochen, zurueckzutreten, falls er das fuer geboten haelt.


Weiter Streit um Kurs der SPD

Bei den Sozialdemokraten geht der Streit um den Kurs der Partei weiter und das trotz der Gespraeche beider Parteifluegel mit Bundeskanzler Schroeder diese Woche. Heute haben sich die SPD-Linken zu Wort gemeldet und sie haben indirekt damit gedroht, dass einige ihrer Abgeordneten im Bundestag dem Sparpaket die Zustimmung verweigern koennten. Der "Frankfurter Kreis" bleibt sich treu, inklusive aller dazugehoerigen SPD-Parlamentarier von Andrea Nales bis Detlef von Leicher. Die Parteilinken wollen dem Sparpaket auch weiterhin so nicht zustimmen. Trotz aller Fluegelgespraeche beim Kanzler sieht von Leicher die endgueltige Zustimmung im Bundestag fuer den Eichel-Plan noch nicht als gesichert an. "Ich waere nicht so sicher, ob das wirklich klappt. Weil der Wunsch, Veraenderungen herbeizufuehren, der ist, wie sie wissen, sehr gross in der Fraktion." Konkret fordern die Linken eine Abkehr von der fuer alle Ministerien gleich geltenden Sparquote, sehen vor allem beim Arbeitsminister keine Luft mehr fuer Streichungen in kommenden Jahren. Und der Frankfurter Kreis beharrt darauf, die Reichen zur Kasse zu bitten. Wenn der Bundesrat keine Vermoegenssteuer wolle, soll der Bundestag eine befristete Vermoegensabgabe beschliessen. 210 Milliarden DM sollen so zusaetzlich in die leeren Staatskassen fliessen.


Neues NATO-Corps ins Leben gerufen

Polen, Daenen und Deutsche bilden 60 Jahre nach dem Beginn des zweiten Weltkrieges eine gemeinsame Militaereinheit. Das Corps soll an Friedens- und Rettungsmissionen der NATO teilnehmen. Es besteht aus drei Panzerdivisionen und 140 Offizieren. In Stettin ist die neue Truppe heute mit einer offiziellen Zeremonie ins Leben gerufen worden. Nach einem oekomenischen Gottesdienst und einer Militaerparade durch die Stadt uebergab der polnische Praesident dem kommandierenden General die Flagge mit dem Wappen des neuen Corps: Drei blaue Wellen und drei Schwerter als Symbol fuer die drei beteiligten Staaten. Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping machte in seiner Rede deutlich, dass das neue Corps gegen niemanden gerichtet sei. Es sei vielmehr ein Ausdruck fuer Integration in Europa und nicht Ausschluss. Denn ein freies und ganzes Europa duerfe nicht an der oestlichen Grenze enden. Das neue Corps ist auf der seit Jahren bestehenden und bewaehrten deutsch-daenischen Zusammenarbeit aufgebaut und soll zur Buendnisverteidigung, aber auch zur Kriesenbewaeltigung und fuer friedenserhaltende Massnahmen eingesetzt werden. Die Stationierung dieses multinationalen Corps auf polnischem Gebiet habe eine besondere Bedeutung, sagte der polnische Praesident, denn es zeige, dass Polen nicht nur von der NATO-Mitgliedschaft profitieren, sondern fuer den Frieden in Europa aktiv beitrage.


Vor der Landtagswahl in Sachsen

In Sachsen gehen morgen die Buerger zur Urne und werden, wenn die Umfragen nicht truegen, die Serie der SPD-Wahlschlappen verlaengern. Seit neun Jahren regiert in Dresden die CDU von Kurt Biedenkopf und sie muss um ihre absolute Mehrheit allem Anschein nach nicht fuerchten. Weit ueber 80% Zustimmung im Direktvergleich mit SPD-Spitzenkandidat Karl-Heinz Kunkel, das macht Biedenkopf keiner nach. Bei allen Kompetenzbereichen liegt der Ministerpraesident weit vorne, er hat sogar unter den SPD-Anhaengern einen soliden Vorsprung. Die CDU wird also in Sachsen gewinnen, daran gibt es keinen Zweifel. Vielleicht rueckt sogar die 2/3-Mehrheit in erreichbare Naehe. Dagegen muss sich die SPD auf einen neuerlichen Wahlschock einrichten. Beim letzten Mal waren es in Saschen nur gut 16%, diesmal koennte es mit etwas Pech sogar ein Ergebnis um die 10% werden. Der PDS wird jedenfalls ganz klar der zweite Platz hinter der CDU vorausgesagt. Die Alleinregierung der CDU will kaum jemand beendet sehen. Noch offen ist die Frage, ob die rechtsextreme NPD in den Landtag kommt. Sie haette den Umfragen zufolge jedenfalls mehr Chancen als die Gruenen und die FDP. Die Sachsen sehen sich mit deutlicher Mehrheit als Gewinner der Einheit und sind in diesem Punkt viel optimistischer als zum Beispiel die Thueringer oder Brandenburger.


"Ozapft is! - Auf eine friedliche Wiesn 1999!"

So soll er sein, der Oktoberfeststart. Sonnenschein ueber Muenchen, bis auf den letzten Platz gefuellte Bierzelte und ein Muenchner Oberbuergermeister, der Punkt 12:00 Uhr auch im beruechtigten verflixten siebten Jahr souveraen seine, wie es oft heisst, wichtigste Aufgabe erledigte: "Ozapft is! - Auf eine friedliche Wiesn 1999!" Drei Schlaege, dann hatte Christian Ude das erste Fass Wiesenbier angezapft, erhielt Ministerpraesident Stoiber die erste Mass ueberreicht. Die Erwartungen sind hoch vor der 166. Ausgabe des groessten Volksfestes der Welt. Erstmals seit 1985 koennte die 7-Millionen-Besucher-Grenze wieder ueberschritten werden. Die Hotelbetten in Muenchen und die Sitzplaetze in den Bierhallen sind jedenfalls ausgebucht. 250 Schausteller, 400 Marktkaufleute und 64 Gastronomiebetriebe werden auf der Muenchner Theresienwiese 16 Tage lang fuer das leibliche und sinnliche Wohl der erwarteten 7 Millionen Besucher sorgen. Rund 5.5 Millionen Mass Bier werden - gutes Wetter vorausgesetzt - wieder durch die Zapfhaehne in die Masskruege fliessen. Es wird ein Absatz von ueber einer Million Brathendl erwartet und die Andenken-, Suesswaren- und Fischsemmelverkaeufer duerfen mit ihrem traditionell gutem Jahresgeschaeft rechnen, ebenso die Taxifahrer. An Neuigkeiten hat die diesjaehrige Wiesn vergleichsweise wenig zu bieten. Neben den Loppings, Achter- und Geisterbahnen sowie den Traditionsfahrgeschaeften wie Schiffschaukel und Kettenkarusells sind nur drei neue Attraktionen vertreten: Die Bayernrallye und das Maerchenschloss, zwei Fahrgeschaefte fuer Kinder sowie der Hexentanz. Das ist ein Karusell fuer Jung und Alt bei dem 24 Gondeln in sieben Metern Hoehe an Auslegearmen um eine 16 Meter hohe Flammensaeule fliegen. Die Mass Wiesnbier kostet in diesem Jahr zwischen 10.70 DM und 11.80 DM.


Fussballbundesliga

SSV Ulm 1846        - Arminia Bielefeld    2:0
Hertha BSC Berlin   - Bayer Lerverkusen    0:0
Schalke 04          - SpVgg Unterhaching   1:0
VFB Stuttgart       - MSV Duisburg         4:2
Eintracht Frankfurt - Bayern Muenchen      1:2
TSV 1860 Muenchen   - Borussia Dortmund    0:2  (Fr)
Freiburg            - Hansa Rostock        5:0  (Fr)

Kuriosum des heutigen Spieltages: Beim Spiel der Muenchner Bayern in
Frankfurt fielen Oliver Kahn und der fuer ihn ins Spiel gekommene
Bernd Dreher verletzungsbedingt aus. Ab der 64. Spielminute wurde
das Muenchner Tor von Mittelfeldspieler Michael Tarnat gehuetet.



Quellen

B5    11:00 MESZ    23:00 MESZ
B3    18:00 MESZ