GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 19.01.1994



* Haushaltsausschuss nimmt Sparplaene der Bundesregierung zur Kenntnis
* Nachbesserungen am Wirtschaftsprogramm gefordert
* Diskussion ueber Entwuerfe zum Abtreibunsparagraphen 218
* 4.000 Studenten demonstrieren in Stuttgart
* Bundeslaender entscheiden unterschiedlich ueber Abschiebung
* Bundesverband der Industrie ruft zur tarifpolitischen Vernunft auf
* Jagoda kritisiert Plaene der Bundesregierung
* Bayerische Gasversorgungunternehmen muessen Preise senken



Haushaltsausschuss nimmt Sparplaene der Bundesregierung zur Kenntnis

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat die von der Koalition beschlossenen Sparmassnahmen in Hoehe von 5 Mrd. DM zur Kenntnis ge- nommen. Das teilte Finanzminister Waigel nach den Ausschussberatungen mit. Einer foermlichen Zustimmung habe es nicht bedurft, weil das Gremium die Kuerzungen nicht ausdruecklich belegen muesse. Die SPD Mitglieder des Ausschusses protestierten scharf gegen das Verfahren. Waigel habe mit seinem Programm keine Sparmassnahmen eingeleitet, sondern Luftblasen abgesondert. Nach Ansicht der Sozialdemokraten waren die Beratungen eine Farce.


Nachbesserungen am Wirtschaftsprogramm gefordert

Der Vositzende der CDU/CSU Mittelstandsvereinigung Bregger hat Nachbesserungen am Wirtschaftsprogramm der Regierungskoalition gefordert. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk verlangte Bregger, dass mittel- staendische Unternehmen staerker gefoerdert werden muessten. Er schlug vor, Firmengewinne geringer zu versteuern, wenn sie wieder investiert wuerden. Dagegen lehnte Bregger die Forderung der FDP nach einer generellen Senkung des Spitzensteuersatzes ab. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Mittelstands- vereinigung der Union muessen nicht Spitzenverdiener sondern Unternehmen entlastet werden, um Arbeitsplaetze zu schaffen.


Diskussion ueber Entwuerfe zum Abtreibunsparagraphen 218

Koalition und SPD Opposition werfen sich gegenseitig vor, in ihren neuen Entwuerfen zur Abtreibungsreform die Belange der Frau zu vernach- laessigen. Die von CDU/CSU und FDP geplante Beratungsregelung gebe Mass- staebe fuer den Abbruch vor und uebe so Druck auf die Schwangeren aus, kritisierte die SPD. Das Bundesverfassungsgericht habe aber die Ergebnis- offenheit der Beratung verlangt. Die FDP Sozialexpertin Wuerfel sagte dagegen, der Koalitionsentwurf enthalte sehr wohl eine offene Beratung. Die SPD riskiere aber eine neue Klage in Karlsruhe, weil sie die Vorgaben des Verfassungsgerichts teilweise nicht beachte. Dadurch entstehe eine Rechtsunsicherheit fuer die Frauen.


4.000 Studenten demonstrieren in Stuttgart

Rund 4.000 Studenten haben am Mittag in der Landeshauptstadt gegen die geplante Studienreform der Landesregierung demonstriert. Die Aktion richtete sich vor allem gegen die Einfuehrung von Studiengebuehren und die Begrenzung der Studienzeit. Solche Plaene foerderten eine Elitebildung und ein Zweiklassenstudium an den Universitaeten, betonten Studentenver- treter. Lange Studienzeiten und hohe Abbruchquoten ergeben sich aus ver- fehlten Studieninhalten und Personalmangel. Die Landesregierung sei unfaehig, solche zentralen Probleme zu loesen.


Bundeslaender entscheiden unterschiedlich ueber Abschiebung

In der Frage der Abschiebung kroatischer Buergerkriegsfluechtlinge ver- treten die Bundeslaende keine einheitliche Linie. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Zuber SPD, regte eine Verlaengerung des Abschiebestops fuer Buergerkriegsfluechtlinge an. Dagegen hiess es in den Innenministerien der Laender Hessen, Bayern und Brandenburg, es gebe keinen Anlass, den auf der Innenministerkonferenz im vergangenen Herbst beschlossenen Termin hinauszuschieben. Am 31.Januar laufen die Aufenthaltsgenehmigungen fuer die in Deutschland lebenden rund 100.000 kroatischen Kriegsfluechtlinge ab. Bis Ende April sollen die Fluechtlinge noch geduldet und danach abgeschoben werden. Im Bundesinnenministerium hiess es dazu ergaenzend, derzeit werde noch an einer besonderen Haertefallregelung gearbeitet, die die Abschiebung vor allem von Jugendliche verhindern soll, die in Deutschland vor allem bei Verwandten untergekommen sind und deren Eltern tot sind.


Bundesverband der Industrie ruft zur tarifpolitischen Vernunft auf

Der Bundesverband der deutschen Industrie ruft zur tarifpolitischen Vernunft auf. Industriepraesident Necker erklaerte bei einer Tagung in Magdeburg, die ueberhoehten Abschluesse der letzten Jahre haetten besonders in der Metallindustrie zu verheerenden Folgen und Arbeitsplatzverlusten gefuehrt. Als Schritt in die richtige Richtung bezeichnete Necker den Tarifabschluss fuer die chemische Industrie. Fuer diesen Bereich waren Einkommensverbesserungen von 2%, eine flexiblere Arbeitszeit und ein geringerer Lohn fuer Berufsanfaenger vereinbart worden.


Jagoda kritisiert Plaene der Bundesregierung

Der Praesident der Nuernberger Arbeitsanstalt Jagoda hat die Plaene der Bundesregierung kritisiert, in ganz Deutschland die private Arbeits- vermittlung zuzulassen. Am Fehlen von Arbeitsplaetzen koennten auch Privat- vermittler nichts aendern, sagte Jagoda dem Koelner Express. Er warnte davor, dass sich die privaten Arbeitsvermittler besonders um leicht ver- mittelbare weil qualifiziertere Arbeitnehmer bemuehen wuerden, waehrend aeltere und schwerbehinderte Menschen weiterhin die oeffentliche Arbeits- vermittlung aufsuchten. Jagoda woertlich: "Bei Klein- und Mittelbetrieben wird es Heulen und Zaehneknirschen geben, wenn ihnen ihre besten Mitarbeiter abgeworben werden." Der Zentralverband des Deutschen Handwerks befuerchtet indessen keine Abwerbung von Beschaeftigten in die Industrie. Handwerks- praesident Spaet schlug jedoch vor, die private Arbeitsvermittlung zunaechst nur befristet und auf wenige Regionen beschraenkt zu erproben.


Bayerische Gasversorgungunternehmen muessen Preise senken

In Bayern muessen sechs Gasversorgungsunternehmen ihre Preise senken. Das bayerische Wirtschaftsministerium hat angeordnet, dass die Gasversorger ihre Preise fuer Haushalte und sonstige Kleinverbraucher um vier bis elf Prozent senken muessen. Die Landeskartellbehoerde hatte zuvor die Preise der Unter- nehmen beanstandet, weil sie die Angebote benachbarter Versorgungsunternehmen betraechtlich ueberstiegen. Es ist das erste Mal in Deutschland, das Gas- versorgungsunternehmen im Rahmen der Missbrauchsaufsicht zu Preissenkungen verpflichtet werden.


Quellen

SWF 3    12:00 MEZ
SDR 3    10:00 MEZ    17:00 MEZ