GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 20.03.1996



* Absage an Buendnis fuer Arbeit
* Reaktion auf die Aeusserungen Stumpfes
* Verfassungsschutz rechnet mit Kurdenkrawallen
* Herzog appeliert an Bulgaren, die Reformen fortzusetzen
* Koschnik-Nachfolge in Mostar offenbar geklaert
* Bundesregierung sagt Korruption den Kampf an
* Zentrum fuer Alternsforschung eroeffnet
* Telekom startet Kampagne fuer ihren Boersengang im Herbst
* Versicherungsfremde Leistungen betrugen 1994 mehr als 197 Milliarden DM
* Haftbefehl gegen Rechtsradikalen in Magdeburg erlassen
* Libanese bleibt in Untersuchungshaft
* 50.000 Kinder verungluecken jaehrlich auf Deutschlands Strassen
* 5.000 Obdachlose in Baden-Wuerttemberg
* Fussball



Absage an Buendnis fuer Arbeit

Als erster Arbeitgeberverband hat Gesamtmetall dem Buendnis fuer Arbeit eine klare Absage erteilt. Gesamtmetallchef Werner Stumpfe: "Das Buendnis fuer Arbeit, so wie es Herr Zwickel vorgeschlagen hat, ist, ich glaube, da stellt man das ganz nuechtern fest, tot." Auch das bei Kanzler Kohl verabredete Buendnis fuer Arbeit und zur Standortsicherung werde die Erwartungen einer Halbierung der Arbeitslosigkeit nicht erfuellen, meinte Stumpfe. Er steht damit offensichtlich im Gegensatz zu anderen Wirtschafts- und Arbeitgeberverbaenden, die sich nach wie vor in den Kanzlergespraechen um eine Einigung bemuehen. Gesamtmetall praesentierte heute ein eigenes Konzept zur Bekaempfung der Arbeitslosigkeit, zentraler Punkt ist eine Senkung der Arbeitskosten um 20 Prozent. Fuer den Fall, dass das nicht mit Politik und IG Metall zu vereinbaren ist, bereitet Gesamtmetall die Gruendung eines zweiten Arbeitgeberverbandes unter seinem Dach vor. Dieser Verband bietet die selben Serviceleistungen, hat fuer die Unternehmen aber den Vorteil, dass sie nicht an Tarifvertraege gebunden sind und deshalb Loehne und Sozialleistungen selber senken koennen. Zehn Prozent der Arbeitskostenreduzierung wollen die Metallunternehmen durch bessere Organisation der Betriebsablaeufe und der Arbeitszeiten erbringen, unter anderem durch regelmaessige Arbeit auch an Samstagen und an Sonntagen. Fuenf Prozent soll der Staat beitragen, indem er die Sozialversicherungen von Fremdlasten befreit. Insgesamt bedeutet dies nur eine geringfuegige Senkung der Nettoeinkommen, die fuer die Arbeitsplatzsicherheit zumutbar sei, meinte Stumpfe.


Reaktion auf die Aeusserungen Stumpfes

In Bonn will man von einem Abgesang auf das Buendnis fuer Arbeit noch nichts wissen. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt verteidigte das Programm und verwies auf die ersten Erfolge bei der Umsetzung. Bundesarbeitsminister Bluem ergaenzte, man duerfe nicht die Flinte ins Korn werfen, bevor man richtig begonnen habe. Auch der Sprecher der Metallgewerkschaft, Bartschenski (sp?), widersprach den Aeusserungen des Gesamtmetallpraesidenten Stumpfe. Bei der IG-Metall verweist man auf die Buendnisgespraeche auf regionaler Ebene. Dort gebe es Fortschritte. Ausserdem koenne der Geschaeftsfuehrer von Gesamtmetall die Gespraeche gar nicht fuer tot erklaeren, weil er nach eigener Aussage von den Mitgliedern des Arbeitgeberverbandes gar keinen Auftrag habe, ueber ein Buendnis fuer Arbeit zu verhandeln. Unterdessen gibt es tatsaechlich Fortschritte bei den regionalen Buendnisverhandlungen. In Baden-Wuerttemberg bot heute die IG-Metall nach zweieinhalbstuendigen Gespraechen mit den Arbeitgebern eine Aenderung des Manteltarifvertrages zu ihren Lasten in einem Punkt an. Dieter Hund, der Chef der Metallarbeitgeber im Suedwesten, kommentierte, das Angebot gehe qualitativ in die richtige Richtung. In Duesseldorf unterzeichneten Arbeitgeber und Gewerkschaft fuer die Textil- und Bekleidungsindustrie Nordrhein-Westfalens schon das erste branchenweite Buendnis fuer Arbeit. Fuer die Sicherung der 225.000 Arbeitsplaetzen erklaerte sich die Textilgewerkschaft mit Lohnzuwaechsen in Hoehe der Inflation, also mit einer Anhebung um 1.5 Prozent einverstanden.


Verfassungsschutz rechnet mit Kurdenkrawallen

Hamburg. Der Verfassungsschutz rechnet mit weiteren gewalttaetigen Demonstrationen von Anhaengern der in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Der Praesident der Behoerde, Geiger, sagte in einem Interview, PKK-Anhaenger koennten angesichts des morgigen kurdischen Neujahrsfestes weitere Demonstrationen und Fackelzuege veranstalten. Nach den Ausschreitungen vom vergangenen Wochenende wurden in mehreren deutschen Staedten Neujahrsdemonstrationen verboten. Auch der hessische Innenminister aeusserte sich diesbezueglich im ARD Morgenmagazin. Es gebe Hinweise, dass die PKK klare Weisung an ihre Funktionaere in Deutschland gegeben habe, jede Moeglichkeit fuer PKK-Aktionen zu nutzen und dabei Verbote zu ignorieren. Dies seien klare Erkenntnisse und da muesse der Staat reagieren. Nach den gewalttaetigen Kurdenkrawallen vor zwei Jahren in Augsburg sind auch die Sicherheitsbehoerden in Schwaben in Alarmbereitschaft versetzt worden. Das Polizeipraesidium Schwaben erklaerte, man sei kraeftemaessig vorbereitet und werde bei Aktionen mit niedriger Einschreitschwelle vorgehen.


Herzog appeliert an Bulgaren, die Reformen fortzusetzen

Sofia. Bundespraesident Herzog hat an die Bulgaren appeliert, den Weg des demokratischen Aufbaus und der Reformen entschlossen fortzusetzen, um die Voraussetzungen fuer eine Aufnahme in die Europaeische Union zu schaffen. Ohne Bulgarien sei die EU unvollstaendig. In einer Rede vor dem Parlament in Sofia sagte Herzog, Deutschland sei weiterhin bereit, Bulgarien bei seinen Bemuehungen zu unterstuetzen. Doch koenne es dabei nur um Hilfe zur Selbsthilfe gehen.


Koschnik-Nachfolge in Mostar offenbar geklaert

Bruessel. Die Nachfolge des scheidenden EU-Verwalters von Mostar, Hans Koschnik, ist offenbar geklaert. Wie aus spanischen Diplomatenkreisen in Bruessel verlautete, soll der ehemalige Buergermeister von Valencia, Peres Cassado, das Amt in der herzegowinischen Provinzhauptstadt uebernehmen. Die Wahl muss noch im EU-Aussenministerrat am Montag kommenden Woche formal bestaetigt werden. Koschniks Amtszeit laeuft zwar erst im Juni aus, sein Nachfolger wird ihn voraussichtlich aber schon Anfang April abloesen. Es gilt auch als sicher, dass das ebenfalls im Juni ablaufende EU-Mandat fuer Mostar um ein halbes Jahr verlaengert wird.


Bundesregierung sagt Korruption den Kampf an

Die Bundesregierung hat der Korruption im oeffentlichen Dienst den Kampf angesagt. Innenminister Kanther und Justizminister Schmidt-Jortzig haben in Bonn ein Aktionsprogramm vorgelegt, mit dem korrupten Staatsdienern und schmiergeldzahlenden Unternehmern zu Leibe gerueckt werden soll. Innenminister Kanther sagte, Korruption im oeffentlichen Dienst sei zwar kein Massendelikt, sorge aber fuer volkswirtschaftlichen Schaden und fuer Misstrauen in der Bevoelkerung. Kanther woertlich: "Korruption ist ein Delikt, das die Menschen besorgt macht, weil sie die Sauberkeit der Staatsverwaltung und das Vertrauen der Buerger in ihren Staat tangieren kann." Mit einem ganzen Massnahmenkatalog soll der Korruption nun begegnet werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Praevention. So sollen in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Vergabe oeffentlicher Bauauftraege, die Kontrollmoeglichkeiten deutlich erhoeht werden. Geschehen soll dies unter anderem durch eine Verstaerkung der behoerdeninteren Revision sowie durch Personalrotation. Den Staatsdienern soll zudem verdeutlicht werden, dass jede Annahme von Belohnungen oder Geschenken grundsaetzlich verboten ist, sagte Kanther weiter. Und wer nicht hoert, der muss fuehlen - so wird das Disziplinarrecht verschaerft. Auch in der freien Wirtschaft gelten kuenftig veraenderte und erweiterte Strafrechtsbestimmungen. So koennen nach der Vorstellung der Koalition wettbewerbsbeschraenkende Absprachen bei Ausschreibungen strafrechtlich verfolgt werden. In besonders schweren Faellen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit drohen in Zukunft Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren, kuendigte Justizminister Schmidt-Jortzig an.


Zentrum fuer Alternsforschung eroeffnet

Heidelberg. Nach jahrelangen Verhandlungen ist in Heidelberg das Deutsche Zentrum fuer Alternsforschung eroeffnet worden. Die bundesweit einmalige Einrichtung soll fachuebergreifend Grundlagenforschung ueber das Altern betreiben und einen Beitrag zur politischen Beratung leisten. Leiterin des neuen Zentrums wird die ehemalige Bundesfamilienministerin Ursula Lehr.


Telekom startet Kampagne fuer ihren Boersengang im Herbst

Die Deutsche Telekom hat heute ihre Kampagne fuer den Boersengang im Herbst gestartet. Vorstandsvorsitzender Ron Sommer gab zusammen mit zwei Mitgliedern der Bundesregierung einige Einzelheiten ueber die kuenftige Telekomaktie bekannt. Davon sollen ab November in Etappen bis 1999 eine Milliarde Stueck auf den Markt kommen. Die Telekom will es aber offenbar so spannend wie moeglich machen. Auf die wirklich interessanten Fragen jedenfalls gab es weder heute Antworten, als nicht weniger als zwei Minster, naemlich Postminister Boetsch und Finanzminister Waigel, sowie Telekomchef Sommer den offiziellen Startschuss fuer den Boersengang des ehrgeizigen Unternehmens gaben, noch ist mit diesen Informationen in der nahen Zukunft zu rechnen. So wurde Sommer vorgerechnet, dass ein Familienbesuch im Kino wohl etwa 60 DM koste. Soviel, hatte Sommer kuerzlich einmal orakelt, werde man fuer eine Telekomaktie in etwa bezahlen muessen. Da 60 Mark aber vielleicht ein Viertel dessen waere, was die Telekom im November fuer jede der dann an deutschen und auslaendischen Boersen zum Verkauf kommenden 50-Mark Aktien erloesen will, fluechtete sich Sommer geistesgegenwaertig in die Erlaeuterung, er habe sich bewusst so ausdruecken wollen, dass niemand den Ausgabekurs daraus entnehmen koenne. Der soll erst kurz vor dem Tag X im November festgelegt werden. Auch keine Antworten gab es auf Fragen nach Sozialrabatten und anderen familienfreundlichen Massnahmen. Aber Beteuerungen, dass die groesste Privatisierungsaktion der deutschen Wirtschaftsgeschichte den Boersenplatz Deutschland staerken soll. An Selbstvertrauen fehlt es der Telekom also nicht.


Versicherungsfremde Leistungen betrugen 1994 mehr als 197 Milliarden DM

Koeln. Die versicherungsfremden Leistungen von Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungen in Deutschland haben 1994 mehr als 197 Milliarden DM betragen. Das ergab eine Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Zu den versicherungsfremden Leistungen zaehlt beispielsweise die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehoerigen in der Krankenkasse. Wuerden diese Leistungen auf den Staatshaushalt umgeschichtet koennten die Sozialversicherungsbeitraege um rund acht bis neun Prozent gesenkt werden, rechnete das Institut vor. Die Arbeitskosten wuerden dadurch um 3.5 Prozent sinken. Gleichzeitig kaemen Arbeitnehmer in den Genuss einer Nettoeinkommenserhoehung von fast sechs Prozent.


Haftbefehl gegen Rechtsradikalen in Magdeburg erlassen

Magdeburg. Nach dem brutalen Ueberfall auf einen Afrikaner in Magdeburg wurde heute gegen den 20jaehrigen Hauptverdaechtigen Haftbefehl erlassen. Das teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Rechtsradikale sitzt seit gestern Abend in Untersuchungshaft. Der 20jaehrige soll dem Sudanesen aus naechster Naehe mit einer Schreckschusspistole gegen den Kopf geschossen haben. Der Sudanese befindet sich noch im Krankenhaus.


Libanese bleibt in Untersuchungshaft

Luebeck. Der als Brandstifter in einem Luebecker Asylbewerberheim verdaechtigte Libanese bleibt in Untersuchungshaft. Das entschied ein Richter beim ersten Haftpruefungstermin. Es bestehe weiterhin dringender Tatverdacht. Dem Libanesen wird vorgeworfen, am 18. Januar Feuer in dem Luebecker Asylbewerberheim gelegt und damit den Tod von zehn Menschen verschuldet zu haben. Der 21jaehrige bestreitet die Tat.


50.000 Kinder verungluecken jaehrlich auf Deutschlands Strassen

Bonn. Mehr als in jedem anderen Land der Europaeischen Union sind in der Bundesrepublik Kinder durch den Strassenverkehr gefaehrdert. Ueber 50.000 Kinder verungluecken jaehrlich auf deutschen Strassen, fast 14.000 werden durch Unfaelle schwer verletzt und mehr als 400 Kinder sterben. Auf diese Zahlen verwiesen der Verkehrsclub Deutschland und der deutsche Kinderschutzbund heute in Bonn. Sie forderten in Uebereinstimmung mit dem deutschen Staedtetag die Einfuehrung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Staedten und Ortschaften. Tempo 50 solle nur noch auf den Hauptstrassen gelten.


5.000 Obdachlose in Baden-Wuerttemberg

Stuttgart. In Baden-Wuerttemberg leben 5.000 Menschen staendig auf der Strasse. Das teilte das Sozialministerium mit. 12.000 alleinstehende Menschen seien zeitweise ohne Wohnung. Trotz erheblicher Anstrengungen im Bereich der oeffentlichen Wohnungsbaufoerderung durch die Landesregierung bestehe nach wie vor ein grosser Wohnungsbedarf fuer sozial Schwache.


Fussball

UEFA - Pokal

  Nottingham F.   1-5   Bayern Muenchen (Di, 19.Mar.96)

  (0:1 Ziege (30),  0:2 Strunz (44),    0:3 Klinsmann (65)
   0:4 Papin (73),  0:5 Klinsmann (80), 1:5 Stone     (85))

Champions League

  Ajax Amsterdam  1:0   Borussia Dortmund (Mi, 20.Mar.96)

  (1:0 Musampa (75))

Fussballbundesliga

       Uerdingen  3-4   VfB Stuttgart    (Di, 19.Mar.96)(18. Runde)
      Leverkusen  2-0   Hansa Rostock    (Di, 19.Mar.96)(18. Runde)
    Hamburger SV  0-0   1. FC Koeln      (Di, 19.Mar.96)(20. Runde)



Quellen

DLF    9:00 MEZ    14:00 MEZ    18:00 MEZ
SDR3    10:00 MEZ    14:00 MEZ    17:00 MEZ
Radio 7    12:00 MEZ    17:00 MEZ