Rededuell Scharping - Kohl in der Haushaltsdebatte |
Bonn. Bei der heutigen Fortsetzung der Haushaltsdebatte hat SPD-Fraktions-
chef Klose der Koalition vorgeworfen, sie habe die Gesellschaft entsolidari-
siert. Klose sagte, die Zwei-Drittel-Gesellschaft sei Realitaet geworden,
verbunden mit Ruecksichtslosigkeit und schrankenlosem Egoismus. Es entstehe
ein soziales Klima, das katastrophale Folgen haben koenne. Kriminalitaet
und Extremismus haetten auch materielle Ursachen. Klose forderte Bundeskanz-
ler Kohl ausserdem auf, die Plaene der Unionsfraktion fuer ein "Kerneuropa"
zurueckzuziehen; diese seien ganz und gar abwegig und schaedlich.
Kohl und sein Herausforderer Scharping lieferten sich ein scharfes Wortge-
fecht. Kohl hob in seiner Rede zunaechst die aussenpolitischen Erfolge sei-
ner zwoelfjaehrigen Regierungszeit hervor. In der deutschen Geschichte habe
es noch nie eine Zeit gegeben, in der die Beziehungen zum Ausland derart ex-
zellent gewesen seien. In Deutschland gehe es wieder aufwaerts, bei der Ge-
staltung der Einheit sei Grossartiges geleistet worden. Die SPD betreibe nur
Miesmacherei und nehme im Gegensatz zu den Buergern die Erfolge der Stabili-
taetspolitik nicht zur Kenntnis. Die politische Union Europas sei weiterhin
das klare Ziel seiner Politik. Neue Denkanstoesse, wie sie etwa Unions-Frak-
tionschef Schaeuble eingebracht habe, koennten aber laut Kohl durchaus
diskutiert werden.
SPD-Spitzenkandidat Scharping warf dem Kanzler in diesem Punkt Fuehrungs-
schwaeche vor. Kohl habe es versaeumt, sich klar von Schaeubles Vorstel-
lungen bezueglich eines finanzstarken "Kerneuropa" zu distanzieren. Im
uebrigen druecke sich der Kanzler davor, konkrete Antworten auf draengende
Zukunftsfragen zu geben. Scharping sagte, auch die selbstgefaellige Insze-
nierung Kohls koenne die inhaltliche Leere seiner Politik nicht laenger ver-
decken. Diese Selbstgefaelligkeit koenne aber nicht darueber hinwegtaeuschen,
dass in Deutschland sechs Millionen Arbeitslose, immer mehr Sozialhilfe-
empfaenger und Hunderttausende von Kindern lebten, die ohne richtiges Dach
ueber dem Kopf aufwachsen muessten. Der Kanzler und seine Regierung betrieben
einen Sozialabbau, naehmen die Menschen nur noch ameisenhaft wahr.
FDP-Chef und Bundesaussenminister Kinkel verwies auf das Misstrauen, mit dem
das Ausland das Erstarken der SED-Nachfolgepartei PDS sehe. Zu den "Kern-
europa"-Thesen Schaeubles sagte Kinkel, es koenne nur ein Europa der Zwoelf
und spaeter der Sechzehn geben.
Im familienpolitischen Teil der Haushaltsdebatte haben Regierung und SPD ihre
unterschiedlichen Konzepte zum finanziellen Ausgleich fuer die Kinderer-
ziehung bekraeftigt. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Fuchs warf
der Bundesregierung einen Verfassungsbruch beim Familienlastenausgleich vor.
Viele junge Menschen wollten mit Kindern leben, allerdings muessten dafuer
die Rahmenbedingungen verbessert werden, so Fuchs. Die SPD werde das Kinder-
geld fuer alle Kinder einheitlich auf DM 250 anheben.
Bundesfamilienministerin Roensch, CDU, erklaerte, die CDU werde an dem Rechts-
anspruch auf einen Kindergartenplatz festhalten. |
Kompromiss im Abtreibungsrecht gescheitert |
Bonn. Die Reform im Abtreibungsrecht ist vorerst gescheitert. Der Vermitt-
lungsausschuss brach in der letzten Nacht die Beratungen zum Paragraphen
218 ergebnislos ab. Streitpunkte waren bis zuletzt die Gestaltung der Pflicht-
beratung vor einem moeglichen Schwangerschaftsabbruch und die Strafandrohung
gegen Angehoerige, die die Schwangere zu einem Schwangerschaftsabbruch
draengen. Ein neuer Gesetzentwurf soll nach der Bundestagswahl in den Bun-
destag eingabracht werden.
Die Parteien reagierten mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Die FDP-Expertin Uta Wuerfel aeusserte sich tief enttaeuscht. Die SPD habe
offensichtlich gar nicht darauf gezielt, zu einem Ergebnis zu kommen.
Der Parlamentarische Geschaeftsfuehrer der SPD, Struck, bezeichnete die Ableh-
nung als grossen Erfolg. Der Gesetzentwurf der Koalition sei nun vom Tisch.
Nach der Bundestagswahl werde die SPD mit anderen Mehrheiten eine bessere
Loesung fuer die Frauen finden. Nach den Worten der SPD-Frauenpolitikerin
Hanna Wolf war es nicht moeglich, mit der Union zu einer Loesung zu kommen,
die die Eigenverantwortlichkeit der Frau respektiere.
Der Vermittlungsausschuss tritt am 19. September noch einmal zusammen, um un-
ter anderem ueber das umstrittene Verbrechensbekaempfungsgesetz und das
Rabattgesetz zu beraten. |
Bericht des AIDS-Untersuchungsausschusses erst im November |
Bonn. Der AIDS-Untersuchungsausschuss des Bundestages will seinen Abschluss-
bericht erst im November vorlegen. Mit den Ergebnissen soll sich der neuge-
waehlte Bundestag beschaeftigen. Nach Angaben des SPD-Abgeordneten Schmid-
bauer (sp?) hat die Beweisaufnahme bisher ergeben, dass im Skandal um HIV-
verseuchte Blutpraeparate nicht nur Pharmakonzerne und Aerzte versagt haben,
sondern auch das Bundesgesundheitsamt. Der CSU-Abgeordnete Scheu kritisierte,
dass die betroffenen Firmen jede Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsausschuss
verweigert haetten. |
Jutta Limbach wird neue BVG-Praesidentin |
Bonn. Jutta Limbach wird neue Praesidentin des Bundesverfassungsgerichtes.
Der Richterwahlausschuss des Bundestags waehlte die 60-jaehrige Juristin zur
Nachfolgerin des jetzigen Bundespraesidenten Herzog. Wie der SPD-Politiker
Hans-Jochen Vogel mitteilte, einigte sich der Ausschuss ausserdem darauf,
Evelyn Haas, bisher Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Berlin, als
Nachfolgerin Herzogs fuer dessen freigewordene Richterstelle zu berufen. |
Mielke-Prozess: Befangenheitsantrag gegen Richter Braeutigam |
Berlin. Im Prozess gegen den frueheren Stasi-Chef Mielke ist unklar, wer
kuenftig den Vorsitz des Verfahrens innehat. Das Landgericht teilte mit,
es habe in dieser Frage noch keine Entscheidung getroffen. Die Verteidigung
hatte einen weiteren Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter
Braeutigam gestellt. Dieser hatte eingeraeumt, zwei Journalisten ins Landge-
richt bestellt zu haben, weil ihm deren Berichterstattung nicht gefiel.
Die Verteidigung lehnte auch den Beisitzenden Richter ab. Dieser haette der
Verteidigung keine Zeit gelassen, ihr Misstrauen gegen Braeutigam zu begruen-
den.
Erich Mielke muss sich wegen der Toetung von Fluechtlingen an der innerdeut-
schen Grenze verantworten. |
Ermittlungen gegen sechs Beamte in der Wolfratshausener Korruptionsaffaere |
Muenchen. In der Korruptionsaffaere im oberbayerischen Finanzamt Wolfratshau-
sen wird jetzt gegen sechs Beamte ermittelt. Das bestaetigte die Staatsan-
waltschaft in Muenchen. Die Steuerbeamten sollen in Teamarbeit Steuererklae-
rungen fuer Arbeitnehmer erstellt und danach auch selbst bearbeitet haben.
Zudem wird ihnen vorgeworfen, dafuer Honorare kassiert zu haben. Drei der
beschuldigten Beamten sind nach den Angaben der Staatsanwaltschaft gestaen-
dig. |
Klarstellung Gorbatschows zum Thema Bodenreform |
Bonn. Der fruehere sowjetische Ministerpraesident Gorbatschow hat nach Angaben
der Bundesregierung klargestellt, dass die Sowjetunion die Ergebnisse der
Bodenreform in der ehemaligen DDR festschreiben wollte. Von 1945 bis 1949 wa-
ren bei der sog. Bodenreform in der sowjetischen Besatzungszone viele Grund-
besitzer enteignet worden. Diese Enteignungen wurden nach der deutschen Ver-
einigung nicht rueckgaengig gemacht. Die Bundesregierung hatte dies damit er-
klaert, dass die Sowjetunion den Fortbestand der Enteignungen zur Bedingung
fuer die deutsche Einheit gemacht habe. Unklarheiten waren dadurch entstanden,
nachdem Gorbatschow kuerzlich erklaert hatte, eine solche Bedingung habe es
nicht gegeben. |
Niedersachsen verbietet groesstem Gefluegelhalter Legehennenhaltung |
Hannover. Das niedersaechsische Landwirtschaftsministerium hat dem groessten
europaeischen Gefluegelhalter, Anton Pohlmann (sp?), die Haltung von Lege-
hennen verboten. Pohlmann habe ueber 200.000 Legehennen qualvoll verenden
lassen, anstatt sie tierschutzgerecht zu toeten, erklaerte Landwirtschafts-
minister Funke, SPD. Der Landkreis Osnabrueck sei daher angewiesen worden,
gegen den Unternehmer sofort ein Tierhaltungsverbot durchzusetzen. Pohlmann
selbst kuendigte an, er werde mit allen rechtlichen Mitteln gegen das Verbot
vorgehen. |
Streik in nordrhein-westfaelischer Bierindustrie |
Duesseldorf. Beim Streik in der nordrhein-westfaelischen Brauereiindustrie
haben sich die Fronten weiter verhaertet. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss
Gaststaetten kuendigte fuer morgen eine Ausweitung des Arbeitskampfes von
sechs auf sechzehn Betriebe an. Die Arbeitgeber planen noch fuer diese Woche
erste Aussperrungen. Mit dem Streik will die Gewerkschaft ihrer Forderung
nach einem Ausgleich der Inflationsrate, arbeitsplatzsichernden Massnahmen
sowie flexibler Arbeitszeit Nachdruck verleihen. |
Boerse: Knapp behauptet, schwache Umsaetze |
Frankfurt/Muenchen: An den Boersen gab es heute nur schwache Umsaetze. Die Baisse auf dem Rantenmarkt strahlte auf die Aktien ab. Insgesamt gab es nur geringe Kursschwankungen. DAX 2.163 (- 2) Umlaufrendite 7,29 (+ 0,04) US-$ 1,5435 |
Sport: Russland - Deutschland 0-1 |
Fussball: Laenderspiel Deutschland - Russland 0-1
(0-1 Stefan Kuntz, 7.Min)
Schwimmen: 2 x Bronze fuer den DSV:
fuer die 4 x 100m Freistil-Staffel der Damen
und im Turmspringen der Frauen vom 3m-Brett
Formel 1: Disqualifikation gegen Schumacher in Spa wurde bestaetigt.
Benetton wird aber nicht fuer die Tankaffaere bestraft. |
Wetter: Truebe und regnerisch in Deutschland |
Am Mittwoch zeigte das Wetter in Deutschland deutlich herbstliche Zuege:
Ausser in Holstein lag noerdlich der Donau den ganzen Tag lang eine dichte
Wolkensuppe. Spaeter schob Tief Erika auch Regen vom Rhein immer weiter
ins Land, der abends die Elbe erreichte und oertlich mehr als 15 Liter
pro Quadratmeter brachte. Lichtblicke gab's nachmittags nur in Suedbayern,
und dort war's mit bis zu 25 Grad auch angenehm warm. In den uebrigen
Teilen Deutschlands regierte kuehle Luft mit 12 bis 17 Grad. Am Donners-
tag haben die Bayern anfangs noch Glueck mit etwas Sonne, ansonsten kommt
wieder viel Feuchtes vom Himmel. |
Quellen |
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