GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Di, 01.08.1995



* Wieder Brandanschlag auf Wohnhaus von Tuerken
* Kurdendemonstration in Berlin
* Bundesbehoerden widersprechen niedersaechsischem Verfassungsschutz
* Kritik der GdP an der Ozonverordnung
* Bonn fordert Kroatien-Urlauber zur Heimkehr auf
* Diskussion um Militaereinsaetze bei den GRUENEN
* Wieder Streit um bayerische Biergartenverordnung
* Starke Laermbelastungen im Rhein-Neckar-Gebiet
* Moerderin des kleinen Kevin muss in Psychatrie
* Mutmasslicher Becker-Erpresser gefasst
* Bald Ozonalarm in Baden-Wuerttemberg ?
* Michael Schumacher verschiebt standesamtliche Trauung
* Kommentar: Wer fuerchtet sich vor Gerhard Schroeder?
* Kommentar: Teures Kranksein im Alter
* Boerse: behauptet



Wieder Brandanschlag auf Wohnhaus von Tuerken

Bochum. Auf ein von Tuerken bewohntes Haus in der Innenstadt von Bochum ist in der vergangenen Nacht ein Brandanschlag veruebt worden. Nach Angaben der Polizei wurde eine Frau mit leichter Rauchvergiftung in ein Krankenhaus gebracht. Der Brand brach gegen 1:00 MESZ aus. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr hatten die Bewohner den Brand bereits geloescht. Offenbar war das Feuer im Erdgeschoss durch einen sog. Brandbeschleuniger entstanden, der durch ein Fenster ins Haus geschleudert wurde. In der Naehe des Hauses wurde eine verdaechtige Person festgenommen.


Kurdendemonstration in Berlin

Berlin. Mit einem Trauermarsch haben ueber 10.000 Kurden gegen die Verfolgung ihrer Landsleute in der Tuerkei demonstriert. Der Zug wurde von einem Wagen mit dem Sarg einer 41jaehrigen Kurdin angefuehrt, die vergangene Woche an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben war. In Sprechchoeren und auf Transparenten kritisierten die Teilnehmer die deutsche Unterstuetzung fuer den NATO-Partner Tuerkei und die tuerkische Kurdenpolitik. Die Polizei hielt sich bei dem Trauermarsch und der anschliessenden Kundgebung an der Gedaechtniskirche im Hintergrund, obwohl Symbole der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK gezeigt wurden. Insgesamt waren rund 3.000 Polizisten im Einsatz. Die Demonstration verlief ruhig, es gab nur vereinzelte Festnahmen. In Deutschland protestieren zur Zeit einige Hundert Kurden mit Hungerstreiks gegen die Zustaende in der Tuerkei. Die 41 Jahre alte Guelnaz Baghistani war am Donnerstag an Herzversagen gestorben. Die Mutter von fuenf Kindern wird bereits von einigen kurdischen Aktivisten als Maertyrerin bezeichnet. Auch vor Botschaften Deutschlands im Ausland kam es zu Protesten. So demonstrierten in Bruessel und Athen je etwa 100 Kurden vor der deutschen Botschaft gegen die Tuerkeipolitik Deutschlands und gegen die Inhaftierung von Kurden in Deutschland.


Bundesbehoerden widersprechen niedersaechsischem Verfassungsschutz

Wiesbaden. Die Sicherheitsbehoerden des Bundes haben offenbar Zweifel an der Darstellung des niedersaechsischen Verfassungsschutzes, dass Aktivisten der verbotenen PKK gezielte Anschlaege auf Polizeibeamte vorhaetten. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur, die sich auf ein internes Schreiben des Bundeskriminalamtes bezieht, haelt das Bundesamt fuer Verfassungsschutz einen organisierten Einsatz kurdischer Scharfschuetzen fuer unwahrscheinlich. Der niedersaechsische Verfassungsschutz blieb bei seiner Warnung, raeumte aber ein, dass es keine konkreten Hinweise auf gezielte Anschlaege gebe. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erhob heute Anklage gegen einen mutmasslichen Spitzenfunktionaer der PKK. Der 24jaehrige muss sich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten. Er soll fuer den Raum Mannheim und Umgebung zustaendig gewesen sein. Als Gebietsfunktionaer der PKK habe er Mordanschlaege auf Abweichler gebilligt und militante Aktionen mitgetragen, so die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft.


Kritik der GdP an der Ozonverordnung

Hannover. Die Gewerkschaft der Polizei hat die neue Ozonverordnung scharf kritisiert. GdP-Chef Lutz sagte in einem Zeitungsinterview, so wie das Gesetz angelegt sei, werde ein Ozonalarm die absolute Ausnahme bleiben. Er glaube, dass die Politiker gar keine wirkungsvolle Verordnung wollten. In Polizeikreisen werde das Ozongesetz bereits als so woertlich "Lachgasverordnung" verspottet. Fuer duerchfuehrbar und effektiv haelt der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft nur ein Tempolimit. Die jetzige Fahrverbotsregelung mit ihren vielen Ausnahmen sei nicht zu kontrollieren.


Bonn fordert Kroatien-Urlauber zur Heimkehr auf

Bonn. Die Bundesregierung hat deutsche Urlauber in Kroatien zum Verlassen des Landes aufgefordert. Das Auswaertige Amt erklaerte zur Begruendung, es bestehe die Gefahr, dass die Kampfhandlungen in Bosnien-Herzegowina sich auf Kroatien ausweiteten. Den Angaben zufolge ist die Festlandkueste entlang der Linie Rieka-Czadar-Split-Dubrovnik sowie die Inseln zwischen Split und Dubrovnik besonders gefaehrdet. Auch die groesseren Staedte einschliesslich der Hauptstadt Zagreb koennten betroffen sein.


Diskussion um Militaereinsaetze bei den GRUENEN

Bonn. Nach Fraktionschef Fischer hat nun auch Bundestagsvizepraesidentin Antje Vollmer von Buendnis 90/Die Gruenen Militaereinsaetze zur Verteidigung der UNO-Schutzzonen in Bosnien fuer gerechtfertigt erklaert. Vollmer sprach sich damit ebenfalls fuer ein Ueberdenken der aussenpolitischen Positionen der Partei aus. Fischer hatte ein aussenpolitisches Bosnien-Papier veroeffentlicht, in dem er das Prinzip der Gewaltfreiheit in Frage stellt. Damit stellt Fischer sich gegen die Beschlusslage des Parteitages vom Oktober 1993. Damals hatten die Delegierten Militaereinsaetze - selbst bei schweren Menschenrechtsverletzungen - mit ueber neunzigprozentiger Mehrheit abgelehnt.


Wieder Streit um bayerische Biergartenverordnung

Muenchen. Der bayerische Minsterpraesident Stoiber haelt die Biergartenverordnung auch nach dem Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts fuer rechtens. Seiner Ansicht nach koenne die Verordnung nur durch ein Bundesgericht wie das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben werden. Das Augsburger Verwaltungsgericht hatte in einer Eilentscheidung die am 30. Juni in Kraft getretene Biergartenverordnung fuer nichtig erklaert. Sie sei viel zu pauschal und beruecksichtige die unterschiedlichen Wohnverhaeltnisse zu wenig.


Starke Laermbelastungen im Rhein-Neckar-Gebiet

Stuttgart. Die Menschen im Rhein-Neckar-Gebiet leiden immer staerker an Laermbelastungen. Das berichtete die baden-wuerttembergische Landesanstalt fuer Umweltschutz. Als einer der wesentlichen Gruende wird das Verkehrsaufkommen genannt, das seit 1975 um rund 70 % gestiegen sei. Ausserdem sei der Anteil unbebauter Flaechen fuer die Einrichtung ruhiger Wohngebiete im Grossraum Mannheim/Heidelberg um ein Viertel zurueckgegangen.


Moerderin des kleinen Kevin muss in Psychatrie

Koeln. Die 19jaehrige Moerderin des kleinen Kevin muss lebenslang in eine Psychatrie. Das Landgericht erklaerte sie wegen Schizophrenie fuer schuldunfaehig. Sie hatte im Juli 1994 den Dreijaehrigen bestialisch ermordet.


Mutmasslicher Becker-Erpresser gefasst

Muenchen. Die Polizei hat den mutmasslichen Erpresser von Boris Becker gefasst. Der 28jaehrige soll die Familie Beckers mindestens 20 mal telefonisch bedroht haben. Er verlangte dabei, dass bei der samstaeglichen Lottoziehung die von ihm angegebenen Zahlen gezogen werden. Anderenfalls drohte er mit Anschlaegen. Auf die Spur kam ihm die Polizei durch die Rueckverfolgung von Telefonaten und Aufnahmen der Stimme des Erpressers. Der Mann war polizeibekannt und hatte auch andere Personen mit Drohanrufen belaestigt. Ein Stimmenvergleich ergab Uebereinstimmung.


Bald Ozonalarm in Baden-Wuerttemberg ?

Stuttgart. In Baden-Wuerttemberg wird es moeglicherweise bald Ozonalarm geben. Damit kaeme es erstmals seit Inkrafttreten des Sommersmoggesetzes zu Fahrverboten. Laut dem Stuttgarter Umweltministerium wird eventuell heute oder morgen der Grenzwert von 240 ug/cbm Ozon erreicht.


Michael Schumacher verschiebt standesamtliche Trauung

Kerpen. Wegen des Presserummels hat Formel 1-Weltmeister Michael Schumacher seine fuer heute geplante standesamtliche Trauung abgesagt. Den Termin fuer die kirchliche Hochzeit am Samstag will er jedoch nicht verschieben.


Kommentar: Wer fuerchtet sich vor Gerhard Schroeder?

Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 31.07.1995 zu den Querelen in der SPD um die Frage nach Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur: Das politische Sommertheater hat in diesem Jahr die SPD fuer sich gepachtet. Die "Haut-Scharping-Show" laeuft offensichtlich nach der Devise "wer hat noch nicht, wer will noch mal?". Gerhard Schroeder darf sogar, so oft er will. Das Interesse an dem Stueck ist gross, der Beifall allerdings nicht. Nach der juengsten Emnid-Umfrage wuerden an naechsten Sonntag nur noch 32 Prozent aller Befragten die SPD waehlen. Und wenn der Bundeskanzler direkt gewaehlt werden koennte, wuerden sich 55 Prozent fuer Kohl entscheiden, und nur 35 Prozent fuer den SPD-Mann. Rudolf Scharping hat auf der Beliebtheitsskala fuen Prozentpunkte verloren. Kein Wunder, dass man von Helmut Kohl nichts hoert. Er und seine Partei befinden sich eindeutig im Aufwind. Mit einem Plus von sieben Prozent in der Juli-Umfrage ist Kohl sogar in die Spitzengruppe der beliebtesten Politiker vorgestossen. Da kann er im Urlaub am Wolfgangsee ruhig ein paar Pfunde abhungern und der SPD neidlos die Buehne ueberlassen. Nicht einmal der Applaus fuer Superstar Gerhard Schroeder muss ihm den Schlaf rauben. Erstens zerreisst der die SPD und zweitens muss der streitlustige Niedersachse noch drei lange Jahre ueberstehen, bevor er gegen Kohl antreten koennte. Da fliesst noch viel Wasser die Leine herunter. Wer wie Kohl Strauss ueberlebt hat, muss sich vor Schroeder nicht gleich fuerchten. Anders Scharping. Er hat nicht den Rueckhalt, den Kohl damals gegen Strauss hatte. Liesse er dem Niedersachsen den Vortritt, haette er seine Chance verspielt, bevor er sie wahrnehmen koennte. Aber seine Verteidigung ist schwach. Geht das Sommertheater bis 1998 weiter, kann Kohl den Dauermietvertrag im Kanzleramt schon jetzt verlaengern.


Kommentar: Teures Kranksein im Alter

Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 01.08.1995 zur Absicht der privaten Krankenversicherungen, mit Verweis auf die gestiegene Lebenserwartung die Praemien um bis zu 10 % zu erhoehen: Fuer die privaten Krankenversicherer ist der Vorgang ganz normal. Weil die Menschen heute laenger leben als noch vor zehn, fuenfzehn Jahren und im Alter ihre Versicherung zunehmend kostentraechtiger in Anspruch nehmen, muessen sie hoehere Beitraege zahlen. Der Verband der privaten Krankenversicherer (PKV) spricht von "mehr Vorsorge fuers Alter" und hofft, dass dies die Betroffenen nicht als boese Ueberraschung verstehen. Nun ist die Lebenserwartung in Deutschland nicht ueber Nacht gestiegen. Deshalb ist zu fragen, warum die Branche nicht schon frueher auf die Veraenderung reagiert hat. Der Verdacht liegt nahe, dass sie aus Konkurrenzgruenden diesen Schritt allzu lange scheute. Denn im Wettbewerb mit der gesetzlichen Krankenversicherung vor allem um "Besserverdienende" stellen dich die "Privaten" gern als besonders kostenguenstig hin. Niedrige Beitraege in jungen Jahren sind ihr bevorzugtes Werbeargument. Von den Tarifen fuer aeltere Versicherte wird nicht geredet, denn diese sind in den vergangenen Jahren zum Teil exorbitant gestiegen. Kritiker werden denn auch der PKV-Branche vor, seit Jahren junge Menschen bewusst mit untertarifierten Praemien gelockt zu haben und ihnen erst im Alter die Rechnung dafuer zu praesentieren. Die privaten Krankenversicherer haben diesen Vorwurf stets bestritten. Doch konnten sie damit nicht so recht ueberzeugen. Immerhin wollte 1994 der Gesetzgeber, dass die Beitraege fuer junge PKV-Mitglieder um etwa vierzig Prozent angehoben werden, um die Alterstarife zu entlasten. Dies wusste die Branchen-Lobby zu verhindern. Jetzt soll bis Herbst eine Regierungskommission die Praemienkalkulation der "Privaten" begutachten. Auf ihr Fazit darf man gespannt sein.


Boerse: behauptet

Die deutschen Wertpapierboersen schlossen heute bei minimalen Umsaetzen und
fehlenden Impulsen behauptet.

DAX      2.220  (+ 1)
Umlaufr. 6,44 % (- 0,03)
1 US-$   1,3854 DM, in New York gegen 17:00 MESZ 1,3805 DM



Quellen

SDR3    08:00 MESZ    11:00 MESZ    16:00 MESZ
B5    15:15 MESZ    17:45 MESZ
SWF3    18:00 MESZ
Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 31.07.1995
Kommentar der Sueddeutschen Zeitung Muenchen vom 01.08.1995