GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 09.11.1994



* Lafontaine wieder zum Ministerpraesidenten des Saarlandes gewaehlt
* Bubis will nationalen Gedenktag, der an die Ermordung der Juden erinnert
* Gedenkfeier fuer Opfer der innerdeutschen Grenze in Berlin
* Herzog ueber Behandlung politischer Straftaten in der DDR
* DDR-Unterhaendler Vogel weist erneut Vorwurf der Erpressung zurueck
* Noch keine Einigung ueber Bundestags-Vizepraesidenten
* Naechsten Dienstag Wahl des Bundeskanzlers, Schwaetzer zurueckgetreten
* Oberbaumbruecke in Berlin wieder fuer den Autoverkehr freigegeben
* Alcatel SEL plant Abbau von rund 5300 Stellen
* Neonazi Althans in Muenchen verhaftet
* Richtungsweisender Manteltarifvertrag in Niedersachesns Metallindustrie
* Europaeische Kommission verbietet Medien-Gemeinschaftsprojekt



Lafontaine wieder zum Ministerpraesidenten des Saarlandes gewaehlt

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Lafontaine ist am Vormittag vom saarlaendischen Landtag erneut zum Ministerpraesidenten des Landes gewaehlt worden. In der konstituierenden Sitzung des Landesparlaments in Saarbruecken erhielt er in geheimer Wahl 27 Stimmen. Das entspricht der Staerke der SPD-Fraktion. Gegen Lafontaine stimmten 21 Abgeordnete, 3 enthielten sich. Lafontaine ist seit 1985 Ministerpraesident des Saarlandes.


Bubis will nationalen Gedenktag, der an die Ermordung der Juden erinnert

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Bubis, hat sich fuer einen nationalen Gedenktag zur Erinnerung an die Ermordung der europaeischen Juden ausgesprochen. Anlaesslich des 56. Jahrestages der Progromnacht sagte Bubis heute vor der SPD-Bundestagsfraktion im Berliner Reichstag, der Anstoss dazu koenne nicht von juedischer Seite kommen, sondern muesse von der demokratischen Gesellschaft ausgehen. Bubis unterstrich, dass der 9. November wegen seiner historischen Vielschichtigkeit nicht in Frage kaeme. Der 27. Januar sei dagegen geeignet, um an die Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz zu erinnern. Am 9. November 1938 hatten Banden der SA in der sogenannten "Reichskristallnacht" damit begonnen, juedische Geschaefte zu zerstoeren und damit die systematische Verfolgung und Vernichtung von Juden eingeleitet.


Gedenkfeier fuer Opfer der innerdeutschen Grenze in Berlin

Zum Gedenken der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze haben Berlins Regierender Buergermeister Diepken und die Praesidentin des Abgeordnetenhauses Laurin heute am Reichstagsgebaeude Kraenze niedergelegt. Auch Vertreter der uebrigen Fraktionen einschliesslich der PDS gedachten der Toten. Diepken forderte in einer kurzen Ansprache zum 5. Jahrestag der Maueroeffnung eine unnachsichtige Verfolgung des von frueheren DDR-Machthabern veruebten Unrechts, soweit Straftatbestaende zu ahnden seien.


Herzog ueber Behandlung politischer Straftaten in der DDR

Fuer politische Straftaten in der DDR sollte es nach Ansicht von Bundespraesident Herzog keine Amnestie geben. Dem Ersten Deutschen Fernsehen sagte Herzog am Abend, es habe sich in einer Demokratie noch nie als segensreich erwiesen, Dinge einfach auszuklammern oder zu tabuisieren. Sie koennten in einem ungeeigneten Zeitpunkt wieder hochkommen, warnte der Bundespraesident. Zugleich aeusserte er Verstaendnis fuer gewisse Enttaeuschungen in Ostdeutschland ueber die mit der Wiedervereinigung verbundenen Schwierigkeiten. Er wolle auch um Verstaendnis dafuer werben, das, so Herzog, die Westdeutschen sich die Sache natuerlich etwas billiger vorgestellt haetten und jetzt doch merkliche Opfer bringen muessten. Sie sollten jedoch getragen werden und seien auch insgesamt berechtigt, betonte der Bundespraesident.


DDR-Unterhaendler Vogel weist erneut Vorwurf der Erpressung zurueck

Der fruehere DDR-Unterhaendler Vogel hat erneut den Anklagevorwurf der Erpressung von ausreisewilligen Mandanten zurueckgewiesen. Vor der 6. Strafkammer des Berliner Landgerichts sagte Vogel heute, er habe niemandem schaden wollen und keinen geschaedigt. Die DDR-Behoerden haetten ausreisewilligen keine Alternative gelassen, wenn sie ihr Haus veraeussern wollten. Vogel wies ausserdem darauf hin, dass die Grundstueckswerte durch den Staat ermittelt worden seien. Dem ehemaligen DDR-Beauftragten fuer humanitaere Angelegenheiten wird vorgeworfen, Mandanten in 21 Faellen zur Herausgabe von Immobilien erpresst zu haben. Ausserdem soll der 69jaehrige Gelder veruntreut und einen Meineid geschworen haben.


Noch keine Einigung ueber Bundestags-Vizepraesidenten

Auch einen Tag vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages gibt es noch keine Einigung ueber die kuenftige Zusammensetzung des Parlamentspraesidiums. Die CSU hat den bisherigen Vizepraesidenten des Parlaments, Hans Klein, erneut fuer diesen Posten nominiert. Klein setzte sich in einer Kampfabstimmung gegen Michaela Geiger durch. Die SPD will die Zahl der Bundestags-Vizepraesidenten von 4 auf 5 erhoehen, um auch den Gruenen einen Platz zuzugestehen. Die CSU lehnt dies ab. Fuer das Amt des Bundestagspraesidenten haben die Unionsparteien erneut Frau Suessmuth vorgeschlagen. Fuer die SPD bewerben sich fuer die Vizepraesidenten-Aemter die Parlamentarier Fuchs und Klose, und fuer Buendnis 90 / Die Gruenen Frau Vollmer. Die Freien Demokraten nominierten den Rechtsexperten Hirsch, der sich in einer internen Abstimmung der nordrhein-westfaelischen Landesgruppe gegen Irmgard Schwaetzer durchsetzte.


Naechsten Dienstag Wahl des Bundeskanzlers, Schwaetzer zurueckgetreten

Bundeskanzler Kohl wird sich am Dienstag kommender Woche zur Wiederwahl als Regierungschef stellen. Das teilte Fraktionschef Schaeuble mit. Schaeuble wurde am Nachmittag mit grosser Mehrheit in seinem Amt bestaetigt. Unterdessen steht fest, dass nach Familienministerin Roensch, CDU, auch Bauministerin Schwaetzer, FDP, aus der Bundesregierung ausscheidet. Schwaetzers Versuch, fuer das Amt eines Vizepraesidenten des Bundestages nominiert zu werden, scheiterte. Stattdessen wurde Burkhart Hirsch benannt. Irmgard Schwaetzer legte aus Enttaeuschung ihr Amt als stellvertretende FDP-Vorsitzende nieder. Parteichef Kinkel hatte ihr zuvor mitgeteilt, dass das Ressort des Bauministers fuer sie und die FDP nicht mehr zur Verfuegung stehe.


Oberbaumbruecke in Berlin wieder fuer den Autoverkehr freigegeben

Begleitet von Protesten ist in Berlin die im Krieg zerstoerte Oberbaumbruecke wieder fuer den Autoverkehr freigegeben worden. Sie verbindet die Bezirke Kreuzberg und Friedrichshain. Die Eroeffnung war umstritten, weil in diesem Gebiet eine Verkehrslawine befuerchtet wird.


Alcatel SEL plant Abbau von rund 5300 Stellen

Der krisengeschuettelte Elektronik-Konzern Alcatel SEL AG will bis Ende 1995 rund 5300 Stellen abbauen. Das erklaerte der Vorstand heute nach einer Aufsichtsratssitzung. 2300 Arbeitsplaetze sollen noch in diesem Jahr eingespart werden. Die Schliessung des Mannheimer Werkes des Elektronik-Konzerns ist nach Angaben von Mannheims Oberbuergermeister Widder beschlossene Sache. Widder sagte in Stuttgart, der Unternehmensbereich werde auf andere Standorte verlagert. In dem Mannheimer SEL-Werk sind derzeit 550 Mitarbeiter beschaeftigt. Am Morgen hatten etwa 3000 SEL-Mitarbeiter zahlreicher Standorte vor der Stuttgarter Hauptverwaltung gegen die geplante Stellenstreichung protestiert. Der Baden-Wuerttembergische Wirtschaftsminister Spoeri, SPD, sagte den Mannheimer SEL-Mitarbeitern zu, alles fuer den Erhalt ihrer Arbeitsplaetze zu tun. Das-SEL Werk in Rochlitz soll ebenfalls geschlossen werden.


Neonazi Althans in Muenchen verhaftet

Der Neonazi Behler Ewald Althans ist heute wegen der Verbreitung der sogenannten "Auschwitz-Luege" in dem umstrittenen Film "Beruf Neonazi" verhaftet worden. Grundlage ist ein Haftbefehl des Berliner Landgerichts. Das teilte ein Justizsprecher mit. Die Festnahme des 28jaehrigen Journalisten erfolgte gestern abend in Muenchen. Dort muss sich Althans vor dem Landgericht unter anderem wegen Aufstachelung zum Rassenhass verantworten. Er soll Videos mit Nazi-Propaganda angeboten haben.


Richtungsweisender Manteltarifvertrag in Niedersachesns Metallindustrie

Ein neuer und bisher bundesweit einmaliger Manteltarifvertrag stellt in der niedersaechsischen Metallindustrie erstmals Arbeiter und Angestellte gleich. Die am 1. Dezember inkraft tretende Vereinbarung nannten Gewerkschaftssprecher heute richtungweisend. Der Manteltarifvertrag sieht unter anderem gleiche Kuendigungsfristen vor. Ausserdem erhalten Arbeiter kuenftig statt eines Stundenlohns ein festes Monatseinkommen.


Europaeische Kommission verbietet Medien-Gemeinschaftsprojekt

Die europaeische Kommission hat heute das von den Medienkonzernen Bertelsmann und Kirch in Zusammenarbeit mit der Telecom geplante Gemeinschaftsprojekt fuer Abonnement-Fernsehen untersagt. Mit der Gruendung der Media Service GmbH haetten die drei Unternehmen fuer lange Zeit jegliche Konkurrenz in einem zukunftstraechtigen Markt im Keim erstickt und ein Monopol festgeschrieben, erlaeuterte EU-Kommissar Van Miet (sp?) das Nein aus Bruessel. Ein Telecom-Sprecher kritisierte dagegen, dass so die Chance vertan werde, Deutschland zu einem fuehrenden Markt fuer Telekommunikationsdienste auszubauen.


Quellen

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