Bundesregierung plant Nachtragshaushalt |
Schon lange Zeit ist nicht mehr die Rede von "der grossen Steuerreform", die
ab 1999 das System vereinfachen helfe und alle entlaste. Angesichts der
riesigen Haushaltsloecher will die Koalition schon im kommenden Jahr
Steueraenderungen vornehmen - und die gehen sogar zu Lasten grosser
Unternehmen. Fuer das laufende Jahr hat jetzt Kanzleramtsminister Bohl auch
noch Etat-Nachbesserungen angekuendigt.
Im Rahmen eines Nachtragshaushaltes will die Bundesregierung in diesem Jahr
noch hoehere Kredite aufnehmen als bisher vorgesehen. Diese Ankuendigung von
Kanzleramtsminister Friedrich Bohl wird im Finanzministerium ergaenzt mit dem
Eingestaendnis, dass anders die Luecken im Haushalt des laufenden Jahres
nicht geschlossen werden koennen. Ueber die Hoehe der zusaetzlichen
Schuldenaufnahme gibt es zwar noch keine Angaben, doch beabsichtigt die
Bundesregierung aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit eine sogenannte Stoerung
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen zu lassen und sich
damit die Moeglichkeit zu verschaffen, mehr Kredite aufzunehmen als an
Investitionen im Etat dieses Jahres vorgesehen sind. Der Finanzausschuss des
Bundestages hatte zuvor mit der Mehrheit der Koalition Beschluesse gefasst,
die dazu beitragen sollen, eine aehnliche Situation im Wahljahr 1998 zu
vermeiden. Durch eine Verschlechterung der Regelungen fuer Verlust, Rueck-
und Vortraege, eine Beschraenkung der steuerfreien Ruecklagen der
Kernkraftwerksbetreiber und weitere Massnahmen zu Lasten der Wirtschaft will
der Bund etwa vier Milliarden DM zusaetzlich an Steuern einnehmen. Die
mittelstaendische Wirtschaft soll durch entsprechende Schwellenwerte jedoch
vor einer Schlechterstellung bewahrt werden. Vorschlaege, den
Sparerfreibetrag schon 1998 zu halbieren und nicht erst 1999, lehnte der
Ausschuss ebenso ab, wie die Einfuehrung einer Steuer auf
Lebensversicherungen im Rahmen schon der Steuerreform 1998. Die SPD hat
angekuendigt, diese Plaene abzulehnen. In Regierungskreisen hofft man jedoch
darauf, die sozialdemokratische Ablehnungsfront im Bundesrat aufbrechen zu
koennen. |
Diskussion ueber das Transplantationsgesetz |
Am kommenden Mittwoch wird der Bundestag ueber das Transplantationsgesetz
entscheiden. Heute haben Vertreter aller Fraktionen einen Antrag vorgelegt,
der nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Seehofer zur
Zwei-Klassenmedizin fuehren werde, weil nach Annahme des Antrages noch mehr
Organe fehlen wuerden und nur Vermoegendere koennten sich dadurch helfen,
dass sie die Operationen im Ausland vornehmen liessen.
Rechtssicherheit und Vertrauen kann es nur geben, wenn der Wille des
Organspenders im Mittelpunkt steht. Da sind sich die Verfechter des
Gruppenantrages zum neuen Transplantationsgesetz einig. Sie kommen aus allen
Bundestagsfraktionen und wollen, wie Gerald Hefner vom Buendnis 90 / Die
Gruenen erklaert, den Ausfall der Hirnfunktionen nicht mit dem Tod eines
Menschen gleichsetzen. "Sterben ist ein Prozess und nicht ein punktueller
Vorgang. Und niemand von uns weiss, was im Sterbenden und mit ihm vorgeht."
Deshalb, so Hefner, duerfe der Gesetzgeber die umstrittene Gleichsetzung vom
sogenannten Hirntod mit dem Tod nicht festschreiben. Edzard Schmidt-Jortzig,
FDP-Abgeordneter, Rechtsprofessor und Bundesjustizminister ist der gleichen
Meinung. "Wenn dem so ist, dass der Ganzheitstod des Menschen, das
endgueltige Ende seines Lebens, noch nicht mit dem Hirntod eingetreten ist,
dann kann es nach meiner, nach unserer Auffassung nur so sein, dass er
selbst im Sinne seines Selbstbestimmungsrechts, im Sinne seines
Persoenlichkeitsrechts ueber diese Phase bestimmen kann, die Phase zwischen
Hirntod und Ganzheitstod." Wie aber ein potentieller Spender seinen Willen
dartun soll, ob hoechstpersoenlich und schriftlich oder unter Zeugen, da sind
die Antragssteller verschiedener Meinung. Deshalb ist noch unklar, wie der
Bundestag in der kommenden Woche darueber abstimmen wird. Die Gegenseite ist
parteipolitisch ebenfalls bunt gemischt. Parlamentarier von CSU, SPD und FDP
sehen im Hirntod den Tod des Menschen. Ihrer Meinung nach duerfen auch
Angehoerige ueber die Organentnahme bei einem Familienmitglied entscheiden. |
Vor dem G8-Gipfel in Denver |
In Denver beginnt am Abend der erste G8-Gipfel. Noch ist zwar nicht geklaert,
ob Russland offiziell in den Reigen der fuehrenden Wirtschaftsnationen
aufgenommen wird, die russische Delegation ist jedoch diesmal bei fast allen
Gespraechsrunden dabei. Die deutsche Position ist - nach Wirtschaftskriterien
gemessen - derzeit nicht gerade die staerkste. Das Wachstum liegt unter dem
Duchschnitt, die Arbeitslosenrate weit ueber dem Durchschnitt der G7-Laender.
Selbst fuer erfahrene Gipfelteilnehmer wie Bundeskanzler Helmut Kohl ist
diesmal alles etwas anders als sonst. Russland ist erstmals von Anfang an
dabei und Kohl machte bei seiner Ankunft in Denver klar, dass dies auch
kuenftig so bleiben solle. Ueber Boris Jelzins Teilnahme am Wirtschaftsgipfel
freuen sich nicht alle so sehr wie der Kanzler. Die Japaner stemmen sich
gegen eine dauerhafte Gipfelbeteiligung Russlands und verweisen auf die immer
noch ungeloesten Nachkriegsprobleme zwischen beiden Laendern. Die Deutschen
wollen in Denver vor allem die Umwelt zum Thema machen. Kohl moechte, dass
der vor allem in den USA noch immer exorbitante Ausstoss an Kohlendioxid, das
die Erdathmosphaere schaedigt, deutlich verringert wird. Und er will sich
fuer eine Waldkonvention stark machen, denn ein halbes Jahrzehnt nach dem
grossen UN-Umweltgipfel von Rio wird weltweit immer noch eine Waldflaeche von
der Groesse Griechenlands pro Jahr abgeholzt. Die Deutschen muessen bei
diesen Themen allerdings mit Gegenwind rechnen, die USA und Japan halten die
Vorschlaege aus Bonn fuer ueberzogen. |
Evangelischer Kirchentag in Leipzig |
Der evangelische Kirchentag in Leipzig befasste sich heute mit Oekumene und
interreligioesem Dialog. Aber es ging auch um die sozialen Fragen, die zur
Zeit in Deutschland aktuell sind. Dazu gehoerten die hohe Arbeitslosigkeit,
die Ost-West-Spaltung und auch die Funktion der Medien. Der Kirchentag dauert
noch bis Sonntag, es nehmen rund 106.000 Christen daran teil.
Viel Beifall gab es zu Beginn fuer einen, der reichlich wenig von der
schoenen neuen Medienwelt haelt. Der Kabarettist Dieter Hildebrandt hat diese
neue Welt auf die scharfe Schippe genommen, die weit weniger schoen, dafuer
eher armselig und auch gefaehrlich fuer das gesellschaftliche Miteinander
daherkomme. Medien werden unsere Welt veraendern, darueber sind sich auf dem
Podium alle einig, nur ueber das "wie" wird gestritten. Sind es Segnungen die
da kommen und neue Chancen der Kommunikation bieten oder kommt es zur
Endindividualisierung, entsteht so etwas wie ein Unterhaltungsproletariat.
Die Mechanismen der neuen Medienlandschaft, die sieht zumindest der
Friedenspreistraeger Friedrich Schormlemmer gefahrvoll. "Das Schielen nach
der Quote ist Hauptbeschaeftigung von Medienmachern und da wird die
Billigmethode immer wichtiger als der Sachinhalt. Was wird aus dem Menschen
der immer mehr und mehr zum bloedgemachten bildgesteuerten Werbeobjekt wird,
das seinen Sinn erfuellt hat, wenn es zum Kaeufer wird. Was soll denn werden,
wenn die Medien immer mehr und mehr privat werden und ihre Zuschauer versus
Quotenbringer sich immer mehr privatisieren und der Primitivisierungsprozess
unaufhaltsam vorangetrieben wird ?" |
Daimler stellt in Sindelfingen 400 Arbeitnehmer ein |
Daimler Benz stellt wegen der hohen Nachfrage nach Mercedes-PKW zusaetzliche
Mitarbeiter ein. Wie das Unternehmen heute in Stuttgart mitteilte sollen im
Werk Sindelfingen rund 400 Menschen einen befristeten Arbeitsvertrag
erhalten. Vor allem Beschaeftigungslose sollen eine Chance bekommen. Zudem
werden 550 bislang mit Zeitvertrag Beschaeftigte unbefristet uebernommen. |
IG Metall gegen generelle Oeffnungsklauseln |
Die IG Metall lehnt generelle Oeffnungsklauseln in Tarifvertraegen ab. Der
Gewerkschaftsvorsitzende Zwickel sagte in Hannover, mit der Forderung nach
Oeffnungsklauseln versuchten die Arbeitgeber moeglichst alle Entscheidungen
in die Betriebe zu verlagern um direkt mit den Betriebsraeten verhandeln zu
koennen. Diese haetten im Gegensatz zu den Gewerkschaften kein Streikrecht.
Allerdings sei die IG Metall bereit, sich kuenftig bei der Gestaltung von
Flaechentarifvertraegen flexibler zu verhalten, so Zwickel weiter.
Wahlmoeglichkeiten in den Vereinbarungen koennten zielgenauer den
wirtschaftlichen Erfordernissen und den Arbeitnehmerwuenschen Rechnung
tragen. Auch zeitliche befristete Abweichungen von Tarifvertraegen seien
moeglich, fuehrte Zwickel aus, wenn damit Unternehmen aus Schwierigkeiten
herausgeholt werden koennten. |
Boerse |
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Quellen |
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