FDP-Bundesparteitag in Mainz |
Die Delegierten des FDP-Parteitages in Mainz haben es abgelehnt, den neuen
Parteichef schon heute zu waehlen. Morgen Vormittag faellt die Entscheidung,
wer Nachfolger von Klaus Kinkel wird. Der scheidende FDP-Chef selbst warnte
in seiner Abschiedsrede nachdruecklich vor Richtungskaempfen. Nach zwei
Jahren im Amt wurde der scheidende Parteivorsitzende Klaus Kinkel am Ende
geradezu sentimental. Der Abschied falle ihm schwer und er sei traurig
darueber, dass sich seine Partei in einer solch schwierigen Lage befinde.
Die Schuld dafuer gab er nicht der Basis, sondern der Parteifuehrung. Unter
dem Druck des Wahlmarathons im vergangenen Jahr sei man zu sehr zu einer
Funktionspartei geworden, zu einer Partei, der man aus Vernunftsgruenden
seine Zweitstimme gebe. Sich selbst bescheinigte er, in zwei schwierigen
Aemtern das Beste gegeben zu haben. Er gehe nicht, weil er sich aus der
Verantwortung stehlen wolle, sondern weil es fuer die Partei besser sei, mit
einer neuen Person an der Spitze einen neuen Anfang zu versuchen. Scharf
kritisierte er das Auftreten der FDP in der Oeffentlichkeit. Nicht
Selbstmitleid und gegenseitige Schuldzuweisungen seien jetzt angebracht,
sondern eine demokratische Streitkultur im Inneren der Partei. Zu der
Diskussion um einen moeglichen Rechtsruck erklaerte Kinkel, man duerfe sich
nicht von aussen eine rechts-links Diskussion aufzwingen lassen. Auch die
Nationalliberalen haetten schon immer ihre Heimat in der FDP gehabt.
Allerdings sollte die Partei nun ihre ganze Kraft darauf konzentrieren, ihre
Position in der Mitte zu staerken. Eine liberale Innen- und Rechtspolitik sei
notwendiger denn je. In diesem Zusammenhang wandte sich Kinkel ausdruecklich
gegen den Abbau von Buergerrechten und gegen den sogenannten grossen
Lauschangriff. Auch wenn es in diesen Sachfragen unterschiedliche
Auffassungen gebe duerften sie nicht zu Schicksalsfragen hochstilisiert
werden. In seiner mit grossem Beifall bedachten Rede beschwor Kinkel die
Delegierten zum Festhalten an der Koalition mit CDU und CSU in Bonn.
Zum Auftakt der Beratungen hatte Generalsekretaer Westerwelle die Delegierten
vor Fluegelkaempfen gewarnt. Der Platz der FDP sei weder rechts noch links.
Sie muesse vielmehr wieder als die einzige liberale Partei in Deutschland
erkennbar werden, unterstrich Westerwelle.
Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Solms sprach sich gegen ein, wie er
formulierte, "Abrasieren von Spitzenpolitkern der FDP" aus. Er selbst musste
sich wegen seiner Amtsfuehrung gegen Kritik aus den Reihen der Delegierten
verteidigen. Solms erklaerte, als Fratkionschef wolle er zwar auch liberales
Profil, doch muesse er in der Koalition Kompromisse herbeifuehren.
Starken Zuspruch erhielt auch Bundesjustizministerin Leutheuser -
Schnarrenberger, die gegen eine nationalliberale Neuorientierung der FDP
argumentierte und ihre Ablehnung des sogenannten grossen Lauschangriffs
bekraeftigte. |
Toepfer fordert Reform des Mietrechts |
Bundsbauminister Toepfer hat eine Reform des Mietrechts gefordert. Der
CDU-Politiker sagte heute auf dem 55. Deutschen Mietertag in Hannover, die
derzeitigen Bestimmungen seien sozial ungerecht und so kompliziert, dass sie
lediglich von Fachanwaelten verstanden wuerden. Ein besseres Mietrecht wuerde
allen Beteiligten einen Vorteil bringen, weil auch private Kapitalanleger zu
mehr Wohnungsbau angeregt werden koennten. Toepfer setzte sich im uebrigen
fuer eine groessere Eigentumsquote ein. Der niedersaechsische
Ministerpraesident Schroeder erklaerte vor den Delegierten, der Mieterschutz
duerfe nicht aufgeweicht werden, solange es an preiswertem Wohnraum mangele. |
SPD fordert Weiterfuehrung der Wirtschaftsfoerderung fuer Ostdeutschland |
Eine Weiterfuehrung der Wirtschaftsfoerderung fuer Ostdeutschland hat die SPD
verlangt. In einer heute verabschiedeten Magdeburger Resolution der
wirtschaftspolitischen Sprecher von Bund und Laendern heisst es, in einem
mittelfristig angelegten Programm muessten die Mittel auf dem derzeitgen
Niveau festgeschrieben werden. Zugleich sollte die Vielzahl der
Foerderinstrumente begrenzt werden. Dazu gehoerten die Investitionszulage,
der Investitionszuschuss, Liquiditaets- und Markterschliessungshilfen sowie
die Qualifizierung. |
Genscher fuer Vollmitgliedschaft der Tschechischen Republik in der EU |
Der fruehere Bundesaussenminister Genscher hat sich fuer eine baldige
Vollmitgliedschaft der Tschechischen Republik in der Europaeischen Union
ausgesprochen. In einem Beitrag fuer die Nordseezeitung in Bremerhaven
schrieb Genscher, Bonn muesse dafuer eintreten, dass ein festes Datum fuer
die Aufnahme entsprechender Verhandlungen genannt werde. Man duerfe Prag
nicht laenger warten lassen. Der FDP-Politiker plaedierte ferner dafuer,
tschechischen Opfern des Nazi-Terrors schnellstmoeglich materielle
Entschaedigungen zukommen zu lassen. |
NATO will "Partnerschaft fuer den Frieden" ausweiten |
Die NATO will ihre Zusammenarbeit mit den osteuropaeischen Laendern konkreter
als bisher gestalten. Die Manoever mit diesen Staaten haetten in der ersten
Zeit vor allem politisch-symbolischen Charakter gehabt, sagte
Bundesverteidigungsminister Ruehe heute in Bruessel auf der Fruehjahrstagung
des Buendnisses. Kuenftig wolle man die militaerische Effizienz staerker
beachten. Im Rahmen der "Partnerschaft fuer den Frieden" sind 1995 elf
gemeinsame Manoever geplant. Im August soll erstmals eine Militaeruebung mit
osteuropaeischer Beteiligung in den USA stattfinden. |
IG Metall forderte gesetzliche Regelungen angesichts Lehrstellenmangels |
Angesichts fehlender Lehrstellen haelt die Industriegewerkschaft Metall
gesetzliche Regelungen fuer noetig. Nach ihren Vorstellungen sollen
Unternehmen entweder eine bestimmte Zahl von Lehrlingen ausbilden oder eine
Abgabe zahlen. Gute Worte und Appelle allein koennten das Problem nicht
loesen. Die Wirtschaft halte ihre Selbstverpflichtung, dieses Jahr die Zahl
der Lehrstellen um 10 % zu erhoehen nicht ein. Zu diesem Ergebnis kommt die
IG Metall aufgrund einer Blitzumfrage in ueber 1.000 Betrieben. IG
Metall-Chef Klaus Zwickel forderte deshalb die Einfuehrung eines gesetzlichen
Umlageverfahrens. "Wer nicht oder zu wenig ausbildet soll wenigstens zahlen.
Das Geld soll fuer mehr und eine bessere Ausbildung verwandt werden."
Besorgt ueber den Rueckgang von Lehrstellen aeusserte sich heute auch die
Bundesregierung. Der Geschaeftsfuehrer von Gesamtmetall, Rudolf Gehr, zeigte
sich hingegen zuversichtlich, dass auch in diesem Jahr wieder jeder Bewerben
einen Ausbildungsplatz finden werde. Die gewerkschaftliche Forderung lehnte
er ab mit der Begruendung: "Eine Umlage ist ein Angebot an die Betriebe, sich
auch durch Zahlung einer Abstandssumme aus der kostenintensiven
Facharbeiterausbildung verabschieden zu koennen. Wer das will, der legt
praktisch die Axt an das Fundament der deutschen Facharbeiterausbildung."
Einig sind sich alle Experten, dass der Lehrstellenmangel in den neuen
Laendern nur mit Hilfe eines staatlichen Programmes ueberbrueckt werden kann. |
Tarifabschluss im ostdeutschen Einzelhandel |
Nach offenbar schwierigen Verhandlungen haben sich die Tarifparteien des
ostdeutschen Einzelhandels heute auf einen Kompromiss geeinigt. In drei
Jahren, am 1. Oktober 1998 erreichen die Loehne und Gehaelter der
Beschaeftigten in Brandenburg, Thueringen und Sachsen-Anhalt Westniveau.
Der Stufenplan, den die Tarifparteien heute in Dessau ausgearbeitet haben
sieht nach Aussagen der Gewerksschaft HBV folgendermassen aus: Noch in diesem
Jahr -genau ab 1.Juli- werden die Loehne und Gehaelter der rund 250.000
ostdeutschen Beschaeftigten von derzeit 87 % auf 90 % des Westniveaus
angehoben. Ein Jahre spaeter dann auf 91.5 % und ab 1997 auf 94 %. Der letzte
Schritt zur vollstaendigen Angleichung wird dann im Oktober 1998 erfolgen.
Ausserdem soll ab 1998 die woechentliche Arbeitszeit von 39 auf 38 Stunden
verkuerzt werden. HBV und DAG aeusserten sich zufrieden. Beide Gewerkschaften
bewerteten den Abschluss als tragfaehigen Kompromiss, der den Beschaeftigten
klare und ueberschaubare Schritte zur voelligen Angleichung an das Westniveau
sichere. Ohne die Streiks von tausenden von Beschaeftigten, so die
Verhandlungsfuehrer, haette dieses Ziel nicht erreicht werden koennen. Der
Tarifabschluss wird laut Gewerkschaftssprecherin Susanne Anger wahrscheinlich
auch fuer Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern uebernommen. |
Briefbombenattentat auf Arabella Kiesbauer vom Privatsender PRO7 |
Eine Redakteurin des privaten Fernsehsenders PRO7 ist heute mittag bei einem
Briefbombenanschlag im Gesicht verletzt worden. Nach den juengsten Angaben
der Aerzte schwebt die 26jaehrige Frau aber nicht in Lebensgefahr. Das
bayerische Landeskriminalamt vermutet, dass die Tat einen rechtsextremen
Hintergrund hatte, weil das Paket fuer eine dunkelhaeutige Fernsehmoderatorin
bestimmt war. Die Briefbombe kam aus Wien. Sie war adressiert an die
TV-Moderatorin Arabella Kiesbauer mit dem Zusatz "persoenlich". Der Brief mit
der Bombe war mit Bluemchen dekoriert, sie ging hoch, als eine junge
Redaktionsassistentin den offenbar als Fanbrief dekorierten Brief oeffnete.
Nach den bisherigen Ermittlungen muss der Anschlag in Zusammenhang gesehen
werden mit zwei Briefbombenserien in Oesterreich im Dezember 93 und im
Oktober 94. In den Resten des explodierten Briefes fanden sich zwei
Absendernahmen. Es waren die Namen "Andreas Hofer" und "Graf von Starenberg".
Diese Namen fanden sich ebenfalls auf Bekennerschreiben zu den
Briefbombenanschlaegen in Oesterreich. Graf Ruediger von Starenberg war 1683
Militaerkommandant in Wien und hatte dort erfolgreich die Stadt gegen die
Tuerken verteidigt. Man muss also von einem eindeutigen rechtsradikalen
Hintergrund dieses Briefbombenanschlages ausgehen.
Auch ein zweiter Briefbombenanschlag heute in Linz auf zwei auslaendische
Mitarbeiterinnen einer Partnervermittlung koennte in diesem rechtsradikalen
Taeterkreis seine Urheber haben, so der Staatsschutzchef des bayerischen
Landeskriminalamtes. |
Brandanschlaege auf Polizeiwachen |
Stuttgart. Bisher unbekannte Taeter haben in der Nacht Brandanschlaege auf
zwei Polizeiwachen in der Stuttgarter Innenstadt veruebt. In einem Fall
entstand nach Angaben der Polizei erheblicher Sachschaden. Personen wurden
nicht verletzt. Anschlaege gab es fast zeitgleich auch in Ludwigshafen,
Nuernberg und Kiel. Hinweise auf die Motive gibt es noch nicht. |
Boerse |
Frankfurt am Main. Die deutschen Aktienmaerkte tendierten heute schwaecher.
Der DAX gab um 9 Punkte nach und wurde mit einem Wert von 2122 notiert. Auch
der Rentenmarkt war ruecklaeufig. Der US-Dollar gab um 1.25 Pfennig nach und
stand beim Fixing bei etwas mehr als DM 1.40 . |
Quellen |
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