GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 26.06.1995



* Bundeskabinett beschliesst Teilnahme an schneller Eingreiftruppe in Bosnien
* Verheugen bekraeftigt ablehnende Haltung der SPD zum Bosnien-Einsatz
* Kinkel ueber EU-Gipfel in Cannes
* Praesident des EU-Parlaments ueber EU-Gipfel in Cannes
* EU-Kommisarin Wulff-Matthis zu Unterstuetzungsgeldern an Entwicklungslaender
* Verhandlungen ueber Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen
* Einigung ueber neues Abtreibungsrecht
* Erfolgreiche Verhandlungen ueber Regierungskoalition in Bremen
* Hessischer Ministerpraesident zum neuen OB in Frankfurt am Main
* Weizsaecker wirft USA Missbrauch der UNO fuer nationale Zwecke vor
* Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Druckindustrie in 4. Verhandlungsrunde
* Erster Tag im Prozess gegen Baederunternehmer Johannes Zwick
* Tornado der Bundeswehr auf Hamburger Flughafen notgelandet
* Waigel ueber EU-Gipfel in Cannes
* Verbesserung der Arbeitsangebote Wissenschaftler gefordert



Bundeskabinett beschliesst Teilnahme an schneller Eingreiftruppe in Bosnien

Das Bundeskabinett hat am Vormittag in Bonn beschlossen, die schnelle Eingreiftruppe der UNO in Bosnien mit deutschen Sanitaetern und Kampfflugzeugen zu unterstuetzen. Wie Aussenminister Kinkel nach der Sondersitzung mitteilte, zeigt Deutschland auf diese Weise Solidaritaet mit seinen Partnern und Freunden. Der Bundestag wird am kommenden Freitag endgueltig ueber die Entsendung deutscher Soldaten beschliessen. Es soll sich um rund 1500 Mann handeln. Verteidigungsminister Ruehe hatte bekannt gegeben, die Einheiten koennten spaetestens im August zur Verfuegung stehen. Aussenminister Kinkel und Verteidigungsminister Ruehe erlaeuterten nach der Kabinettssitzung, dass neben Aufklaerungs- und Transportmaschinen auch Tornado- Kampfflugzeuge abkommandiert werden sollen. Diese Kampfflugzeuge koennten gegebenenfalls Stellungen von Flugabwehrraketen zerstoeren. Ausserdem werden deutsche Sanitaeter zusammen mit Franzosen in Split ein Lazarett aufbauen und unterhalten. Kinkel unterstrich, dass es sich nicht um einen Einsatz mit Kampfauftrag handele. Ebenso wie Ruehe warb er um Unterstuetzung fuer den Kabinettsbeschluss. Die Debatte im Bundestag am Freitag werde von den Verbuendeten sehr genau beobachtet, mahnte Kinkel. Der Bundesgeschaeftsfuehrer der Sozialdemokraten Verheugen kuendigte einen eigenen Antrag der SPD zum Bundeswehreinsatz im ehemaligen Jugoslawien an.


Verheugen bekraeftigt ablehnende Haltung der SPD zum Bosnien-Einsatz

SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Verheugen hat die ablehnende Haltung seiner Partei zu dem Einsatz deutscher Tornados ueber Bosnien bekraeftigt. Verheugen sagte heute im norddeutschen Rundfunk, aus sozialdemokratischer Sicht stelle die Entsendung solcher Maschinen ein Problem dar. Er betonte aber zugleich, dass die Bundestagsabgeordneten der SPD bei ihrem Votum am Freitag im Parlament frei seien. Partei- und Fraktionsfuehrung bemuehten sich allerdings weiter um eine einheitliche Position, erklaerte Verheugen. Parteichef Scharping betonte, dass die SPD alles ablehne, was Deutschland faktisch zum Truppensteller mache. Aehnlich aeusserten sich Buendnis 90/Die Gruenen.


Kinkel ueber EU-Gipfel in Cannes

Im Vorfeld des heute beginnenden EU-Gipfels im franzoesischen Cannes geht Bundesaussenminister Kinkel davon aus, dass die Teilnehmer die Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe unterstuetzen. Kinkel sagte heute frueh im Deutschlandfunk, er erwarte einen entsprechenden Beschluss der 15 Staats- und Regierungschefs. Zugleich hoffe er, dass der Bundestag in Bonn am Freitag ebenso entscheide. Neben dem Thema Bosnien werde sich der EU-Gipfel auch mit der geplanten europaeischen Kriminalpolizei Europol, der Waehrungsunion und der Bekaempfung der Arbeitslosigkeit beschaeftigen, erklaerte Kinkel weiter.


Praesident des EU-Parlaments ueber EU-Gipfel in Cannes

Der Praesident des europaeischen Parlaments Hensch hat die geplante Modernisierung der transeuropaeischen Verkehrsnetze angemahnt. Auch wenn die Finanzierung noch nicht endgueltig gesichert sei, muesse dieses Thema im Mittelpunkt des zweitaegigen EU-Gipfels in Cannes stehen, sagte der SPD-Politiker heute frueh im Deutschlandfunk. Fuer ebenso wichtig halte er die europaeische Kriminalpolizei Europol und die Finanzierung der gemeinsamen Aussenpolitik. Mit Blick auf die europaeische Waehrungsunion betonte Hensch, er favorisiere die Einfuehrung im Jahr 1999, da die meisten Laender die Stabilitaetskriterien bisher nicht erfuellten. Der Vertrag von Maastricht sieht als fruehestes Datum das Jahr 1997 vor.


EU-Kommisarin Wulff-Matthis zu Unterstuetzungsgeldern an Entwicklungslaender

Die Menschen in den Entwicklungslaendern sind nach den Worten der deutschen EU-Kommisarin Wulff-Matthis entaeuscht darueber, dass weniger Unterstuetzungsgelder aus der Europaeischen Union in ihre Staaten floessen als urspruenglich erwartet. Sie haetten geglaubt, dass sie weitaus mehr von der sogenannten Friedensdividende profitieren koennten, sagte Frau Wulff-Matthis heute frueh im Deutschlandradio Berlin. Allerdings gebe es ueberall Verstaendnis dafuer, dass vor allem die Deutschen etwas fuer die mittel- und osteuropaeischen Nationen tun muessen, deren Demokratie gefestigt und deren Wirtschaft stabilisiert werden muesse. Diese Laender muessten schrittweise an den Standard Westeuropas herangefuehrt werden. Andererseits haetten aber auch die Deutschen einzusehen, betonte die Kommisarin, dass fuer andere EU-Mitglieder und damit fuer die gesamte Gemeinschaft der Mittelmeerraum besonders wichtig sei.


Verhandlungen ueber Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen

Die Verhandlungen ueber die Bildung einer Regierungskoalition mit den Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen sind nach Einschaetzung des Sprechers von Buendnis 90/Die Gruenen Vespar sehr schwierig. Nach der Unterbrechung der Gespraeche in der vergangenen Nacht kuendigte Vespar heute frueh in der ARD an, dass die Beratungen nunmehr morgen Abend beendet werden sollen. Nach wie vor gebe es in der Frage der geplanten Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II noch keinerlei Annaeherung der Standpunkte. Auch in anderen Bereichen, so Vespar, bestuenden nach wie vor Probleme. Die Verhandlungsfuehrer von Buendnis 90/Die Gruenen und den Sozialdemokraten haben am Abend in Bonn ihre Verhandlungen im kleinen Kreis fortgesetzt. Der Delegationsleiter der Gruenen, Vespar, sagte kurz vor Beginn der Beratungen, die Gespraeche koennten sich bis in die Nacht ziehen. Moeglicherweise werde eine Entscheidung ueber den Braunkohletagebau Garzweiler II fallen.


Einigung ueber neues Abtreibungsrecht

Gut zwei Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Paragraph 218 haben sich die Experten von Koalition und SPD auf ein neues Abtreibungsrecht geeinigt. Danach soll Ziel der Beratung einer Schwangeren der Schutz des ungeborenen Lebens sein, die Frau aber nicht bevormundet werden. Neu ist, dass eine Abtreibung wegen zu erwartender Behinderung eines Kindes nicht mehr grundsaetzlich straffrei ist. Die Regelung soll noch in dieser Woche vom Bundestag verabschiedet werden. SPD-Verhandlungsfuehrerin Wettig-Danielmeier wertete die Einigung als tragfaehigen Kompromiss. Es gebe zwar weiterhin Meinungsverschiedenheiten, doch mache es keinen Sinn, diese immer wieder dem Verfassungsgericht als Schiedsrichter vorzulegen. Auch die FDP zeigte sich zufrieden. Ihr Fraktionsexperte Lanfermann (sp?) erklaerte, Belehrung und Bevormundung bei der Beratung der Schwangeren wuerden kuenftig verhindert. CDU-Unterhaendler Goehner aeusserte sich zuversichtlich, dass der Kompromiss den Vorgaben der Karlsruher Richter entspreche, auch wenn ihm einige Abgeordnete seiner Fraktion vorwarfen, eingeknickt zu sein.


Erfolgreiche Verhandlungen ueber Regierungskoalition in Bremen

In Bremen sollen die Verhandlungen ueber ein Regierungsbuendnis von SPD und CDU am Nachmittag weitergehen. Sie wurden gestern nach Unstimmigkeiten ueber die kuenftige Wirtschaftspolitik und ueber die Ressortverteilung unterbrochen. Die CDU beabsichtigt den Wirtschaftssenator zu stellen und ihm die Verfuegungsgewalt ueber Mittel zur Wirtschaftsfoerderung zu uebertragen. Die Sozialdemokraten wollen dagegen eine dezentrale Vergabe der Gelder. Als offen galten bis zum Mittag ausserdem Probleme der Verkehrs- und Schulpolitik. Am Abend einigten sich CDU und SPD auf eine Regierungskoalition. Das Land Bremen wird kuenftig von einer grossen Koalition regiert. Nach Angaben ihrer Verhandlungsfuehrer Schaerf und Noelle einigten sich die SPD und CDU am Nachmittag in der Hansestadt auf einen Koalitionsvertrag. In einem Spitzengespraech hatten sie zuvor den Konflikt um das Wirtschaftsressort beigelegt, der noch gestern eine Vereinbarung verhindert hatte. Der Vertrag muss nun noch vom Landesausschuss der CDU, dem hoechsten Gremium zwischen den Parteitagen, sowie am naechsten Samstag vom SPD-Landesparteitag gebilligt werden. Die CDU waere dann erstmals seit 36 Jahren wieder an der Regierung des kleinsten Bundeslandes beteiligt.


Hessischer Ministerpraesident zum neuen OB in Frankfurt am Main

Die SPD in Frankfurt am Main muss sich nach Ansicht des hessischen Ministerpraesidenten Eichel nach der Niederlage der Oberbuergermeisterwahl auf einen Neuanfang konzentrieren. Seine Partei habe ein zerstrittenes Bild geboten und dadurch Vertrauen verloren, sagte der SPD-Politiker heute frueh im Deutschlandfunk. Er gehe aber davon aus, dass das Wahlergebnis keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Landespolitik haben werde. Er halte die rot-gruene Regierungskoalition in Wiesbaden fuer stabil, erklaerte Eichel. Die Frankfurter Buerger hatten die CDU-Politikerin Roth gestern mit 51,9 % zur Oberbuergermeisterin gewaehlt. Der bisherige sozialdemokratische Amtsinhaber von Schoeler unterlag mit 45,9 % der Stimmen.


Weizsaecker wirft USA Missbrauch der UNO fuer nationale Zwecke vor

Der fruehere Bundespraesident von Weizsaecker hat den USA vorgeworfen, die UNO fuer nationale Zwecke missbraucht zu haben. Im ARD-Morgenmagazin fuehrte der CDU-Politiker den Golfkrieg und den Koreakrieg in den 50er Jahren als Beispiele an. Die USA muessten wieder verstaerktes Interesse an den Vereinten Nationen zeigen. Zugleich forderte von Weizsaecker die Regierung in Washington dazu auf, ihre Beitraege endlich wieder zu bezahlen. Ausserdem warnte er davor, das Wirken der UNO nur an militaerischem Denken auszurichten. Der fruehere Bundespraesident hat in einer Kommission zur Reform der Weltorganisation mitgearbeitet, die jetzt ihr 50jaehriges Bestehen feiert.


Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Druckindustrie in 4. Verhandlungsrunde

Duesseldorf. Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Druckindustrie verhandeln wieder ueber einen neuen Manteltarifvertrag fuer die Branche. Es ist die vierte Verhandlungsrunde. Fuer die Gewerkschaft IG Medien stehen Regelungen fuer den Vorruhestand fuer Schicht- und Nachtarbeiter im Zentrum. Ausserdem geht es um den Gesundheitsschutz, Mitspracherechte und die Frauengleichstellung. Der Bundesverband Druck hat die Vorruhestandsregelung der IG Medien als nicht tragbar abgelehnt. Beide Seiten gehen von langwierigen Verhandlungen aus.


Erster Tag im Prozess gegen Baederunternehmer Johannes Zwick

Der erste Tag im Landshuter Prozess gegen den Arzt und Baederunternehmer Johannes Zwick ist nach nur 1 1/2 Stunden zuende gegangen. Nach Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft gab die Verteidigung Zwicks eine Erklaerung ab. Darin wurde der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, dass die Anklage sowohl formal als auch inhaltlich voellig mangelhaft sei. Zwick selbst, dem Betrug und Steuerhinterziehung in Millionenhoehe vorgeworfen werden, aeusserte sich vor Gericht nicht. Der Prozess wird morgen fortgesetzt.


Tornado der Bundeswehr auf Hamburger Flughafen notgelandet

Hamburg. Ein Tornado der Bundeswehr ist auf dem Hamburger Flughafen Fuhlsbuettel notgelandet. Nach Angaben der Flughafenpressestelle war ein Triebwerk des Marinejets ausgefallen. Der Pilot hatte zunaechst von einem Feuersignal im Cockpit berichtet. Bei der Notlandung hat es nach offiziellen Angaben keine Probleme gegeben.


Waigel ueber EU-Gipfel in Cannes

Cannes. Die europaeische Einheitswaehrung wird 1997 noch nicht kommen. Bundesfinanzminister Waigel sagte nach Gespraechen der Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Cannes, der realistische Zeitpunkt fuer den Beginn der Waehrungsunion sei der 1. Januar 1999. Grund fuer die Verzoegerung sei, dass 1997 eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten die Kriterien fuer solide Finanzen nicht erfuelle. Die 15 Teilnehmer des EU-Gipfels einigten sich darauf, der gemeinsamen Waehrung noch in diesem Jahr einen Namen zu geben. Dabei steht fest, dass der Begriff ECU sowie Kunstnamen keine Chancen haben. Die Aussenminister der EU haben sich nach Agenturberichten ueber die Aufteilung der Hilfen fuer Osteuropa und den Mittelmeerraum geeinigt. Einen neuen Aktionsplan fuer Bosnien hat Frankreich angekuendigt.


Verbesserung der Arbeitsangebote Wissenschaftler gefordert

Bonn. Eine deutliche Verbesserung der Arbeitsangebote fuer deutsche Wissenschaftler, die im Ausland arbeiten, hat die Bund-Laender-Kommision fuer Bildungsplanung und Forschungsfoerderung BLK gefordert. Die BLK-Vorsitzende Brunn aeusserte sich besorgt darueber, dass aufgrund der schlechten Bedingungen viele deutschen Nachwuchswissenschaftler nach Aufenthalten im Ausland nicht mehr in die Bundesrepublik zurueckkehren. Die Bundesrepublik verliere auch fuer auslaendische Wissenschaftler immer mehr an Attraktivitaet, so die BLK-Vorsitzende.


Quellen

DLF    10:00 MESZ    12:00 MESZ    20:00 MESZ
SWF3    11:00 MESZ    13:00 MESZ    21:00 MESZ