Koalition bietet Opposition Zusammenarbeit in mehreren Bereichen an |
Bonn. Im Bundestag ist heute bei der dritten Debattenrunde ueber die
Regierungserklaerung Kohls sowohl von Seiten der Koalition als auch der
Opposition Interesse an enger Zusammenarbeit in mehreren Bereichen
geaeussert worden. Vor allem bei Forschung und Bildung wurde dies deutlich,
aber auch bei der Wohnungsbaupolitik hielt sich die SPD an Kritik am neuen
Ressortchef Toepfer zurueck. Der wiederum bot den Oppositionsparteien
Kooperation an. Ebenso der neue Verkehrsminister Wissmann, der sich offen
fuer "intelligente Anregungen" zeigte. Das hat sich die Opposition
allerdings nicht zweimal sagen lassen.
Mit einem Streit zwischen Bundesregierung und Opposition ueber die
Verkehrspolitik ging die dreitaegige Debatte ueber die Regierungserklaerung
im Bundestag zu Ende. Verkehrsminister Mathias Wissmann will sechs
Milliarden DM in Verkehrsleitsysteme investieren und die Verkehrswege
ausbauen. Die SPD sprach von Betonpolitik und Flickschusterei.
Zuvor hatte Wohnungsbauminister Klaus Toepfer angekuendigt, er wolle sich
kuenftig dafuer einsetzen, dass junge Familien leichter zu den eigenen vier
Waenden kommen koennen. Toepfer regte eine Aenderung der steuerlichen
Foerdereung des Wohnungsbaus an, vermied aber Einzelheiten. Die Opposition
wies darauf hin, dass in Deutschland zwei Millionen bezahlbare Wohnungen
fehlten, die Regierung habe versagt.
Am Vormittag hatte Juergen Ruettgers seine erste Rede als neuer
Zukunftsminister gehalten. Dabei bekraeftigte er, die Regierung wolle bei
den Zukunftsinvestitionen im Forschungs und im Bildungsbereich
ueberproportionale Steigerungen durchsetzen. Fuer die SPD signalisierte
Peter Glotz Kooperationsbereitschaft, mahnte allerdings einen Neuanfang in
der Forschungspolitik an.
Allgemein beklagt wurde von den Politikern, dass Grossbetriebe die
kostspielige Facharbeiterausbildung einschraenken und stattdessen lieber
Fachhochschulabsolventen einstellen. |
Fluechtlingen droht Abschiebung |
Magdeburg. Die SPD-regierten Laender haben sich bei der konferrenz der
Innenminister nicht mit ihrer Bitte nicht durchsetzen koennen,
grundsaetzlich Fluechtlingen aus dem tuerkischen Kurdengebiet und dem
Balkan bis auf weiteres das Gastrecht einzuraemen. Bundesinnenminister
Kanther war der Meinung, das gesamte Asylrecht wuerde unterlaufen, falls
der entsprechende Abschiebestopp in den betreffenden Bundeslaendern
verlaengert wird. Grundlage bei der Beurteilung eines Fluechtlings muesse
schliesslich die Einzelfallpruefung sein und nicht die Zugehoerigkeit
seiner Volksgruppe, so Kanther in Magdeburg.
Es geben Hindernisse in der Weltlage, die eine Abschiebung abgelehnter
Asylbewerber erschweren. Am Prinzip, kein Bleiberecht fuer abzuschiebende
werde aber festgehalten. So machte Bundesinnenminister Kanther seine
Auffassung zum wichtigsten Thema der Magdeburger Konferrenz deutlich. Nach
Restjugoslavien sollen zunaechst Straftaeter abgeschoben werden.
Kriegsfluechtlinge oder Desateure, deren Bleiberecht in Deutschland
bestritten wird, muessen einzeln selbst glaubhaft machen, dass ihnen
Verfolgung, Strafen oder Folter bei Rueckkehr in ihr Heimatland drohen, wie
es Menschenrechtsorganisationen sagen.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferrenz, Brandenburgs Minister Ziel
(sp.?), kritisierte eine unklare Informationslage ueber die tatsaechlichen
Gefahren in verschiedenen Laendern. Deutsche Botschaften meldeten haeuffig
keine politische Verfolgung, waehrend Menschenrechtsorganisationen vielfach
sehr detailliert genau das Gegenteil an Einzelbeispielen belegen.
Schleswig-Holsteins Innenminister Bull appellierte deshalb an die
Bundesregierung, Garantien zu schaffen, dass Abgeschobene nach Rueckkehr
anstaendig behandelt werden. |
Haushalt '95 fuer die Bundesanstalt fuer Arbeit hoeher als geplant |
Bonn. Der Haushalt '95 fuer die Bundesanstalt fuer Arbeit in Nuernberg ist
nun doch um rund 2,5 Milliarden DM hoeher als urspruenglich geplant. Der
Verwaltungsrat hat am Nachmittag einen Jahresetat von 103,8 Milliarden DM
beschlossen, davon kommen rund 14,6 Milliarden als Zuschuss vom Bund. Die
Geldspritze aus Bonn betrug dieses Jahr noch rund 17,6 Milliarden DM.
Mit diesem Haushalt geht die Selbstverwaltung der Bundesanstalt fuer Arbeit
ueber bisherige Entwuefe hinaus. Ausschlaggebend dafuer ist die Forderung
nach mehr Fortbildung, Umschulung und Arbeitsbeschaffung, die von den
Gewerkschaftsvertretern im Verwaltungsrat erhoben wird.
Christiane Bretz (sp.?) DGB-Cheffin fuer Berlin/Brandenburg:
"Wir sind der Auffassung, dass die Arbeitsbeschaffungsmassnahmen und die
Fort- und Weiterbildung auch deswegen noch einmal ausgeweitet werden
sollen, weil erstens es einen Teil von Arbeitslosen gibt, die sehr wenig
Chancen haben - das sind die, die aelter sind -, unter anderem auch aus der
Sorge heraus, dass, wenn Langzeitarbeitslosigkeit und auch kaum noch neue
Arbeitsplaetze gerade auch fuer laenger arbeitslose Menschen da sind, dass
wir hier mit den ABM-Massnahmen aus ein Stueck noch Lebensperspektive fuer
sie anbieten koennen, und sie nicht dann in die dann in die Sozialhilfe
vielleicht auch noch abgleiten. Das war unser Wunsch, und das war
eigentlich auch unsere Intension, warum wir hier noch einmal sozusagen eins
nachgelegt haben, um hier diese Massnahmen aufzustocken."
Angeschlossen haben sich dieser Forderung die SPD-gefuehrten Bundeslaender
und die Kommunen, nicht dagegen die Vertreter der Bundesregierung und der
Arbeitgeber. Das letzte Wort ueber den Haushalt der Bundesanstalt fuer
Arbeit hat Bundesarbeitsminister Bluem. Er hatte sich im vergangenen Jahr
ueber aehnliche Mehrheitsforderungen in Nuernberg hinweggesetzt. |
Fahrverbot bei Smog fuer PKW und Motorraeder ohne Katalysator |
Kemniz. Kuenftig darf man beim sogenannten Sommersmog, also wenn die
Ozonwerte zu hoch sind, nicht mehr mit Autos ohne geregelten Katalysator
fahren. Auch Diesel- oder Kraftraddreckschleudern muessen stehen bleiben,
so der Beschluss der Umweltminister heute in Kemniz. Die Laender wollen
damit Fahrverbote in den betroffenen Gebieten auf eine gesetzliche
Grundlage stellen. Dazu soll jetzt eine Arbeitsgruppe aus Bund und Laendern
einheitliche Ozongrenzwerte festlegen. Das Bundesumweltministerium betonte,
dass sie diese Entscheidung der Laender unterstuetzt.
Autofahrer hergehoert, es koennte jeden zweiten unter Ihnen treffen: mit
einem Fahrverbot naemlich. Und das schon im kommenden Sommer. Bund und
Laender sind sich einig, sie unterstuetzen eine entsprechende Initiative
des Landes Nordrhein-Westfalen. Und dessen Umweltminister, Klaus Mattissen,
uebrigens dienstaeltester deutscher Umweltminister, erlaeuterte:
"Kern unserer Initiative und unserer Vereinbarung zwischen den
Umweltministern ist dies, dass wir in Sommersmoglagen Fahrverbote
verhaengen wollen fuer PKW und Kraftraeder ohne geregelten Katalysator und
fuer nichtschadstoffarme Diesel-PKW. Das ist eine unglaublich wirksame
Massnahme, denn die Autos, die noch keinen Kat haben, sind mit fast 70 % an
den Schadstoffen beteiligt, die als Vorlaeuferstufe ja spaeter dann das
Ozon bilden, durch Sonneneinstrahlung." |
EU will sich am Wiederaufbau Ruandas beteiligen |
Bruessel. Die Europaeische Union will sich am Wiederaufbau Ruandas
beteiligen. Die Minister fuer Entwicklungszusammenarbeit beschlossen heute
in Bruessel insgesamt 106 Millionen DM fuer das vom Buergerkrieg zerstoerte
Land bereitzustellen. Die Politikerrunde unter Leitung des Bonner
Entwicklungsministers Spranger bewilligt damit erstmals eine Aufbauhilfe
fuer das zentralafrikanische Land. Bislang hatte die EU ausschliesslich
humanitaere Hilfe im Gesamtwert von fast einer Milliarde DM zur Verfuegung
gestellt. |
Prozess um den Anschlag auf die Luebecker Synagoge |
Schleswig. Vor dem Oberlandesgericht Schleswig muessen sich derzeit vier
junge Maenner verantworten, die laut Anklage im Maerz dieses Jahres
Brandsaetze in die Luebecker Synagoge geworfen haben. Vor dem Gericht
beschrieben die vier Angeklagten heute ihre persoenliche Geschichte. Eine
gestoerte Kindheit und familiere sowie berufliche Probleme in ihrer Jugend
haben alle vier gemeinsam.
Mit Vernehmungen der vier Angeklagten zur Person ging der Prozess um den
Brandanschlag auf die Luebecker Synagoge heute weiter. Vor dem zweiten
Strafsenat des Oberlandesgerichts in Schleswig schilderten der 25jaehrige
Steffan W., der 22jaehrige Dirk B. und die beiden 20 Jahre alten Vico T.
und Boris H. ihre Kindheit und Jugend, die sie durchweg in schwierigen
Familienverhaeltnissen verbrachten. Waehrend Dirk B. von seiner
Spielleidenschaft aus der Bahn geworfen wurde und heute rund 50.000 DM
Schulden hat, fingen die anderen schon mit 13 oder 14 Jahren an, Alkohol in
grossen Mengen zu trinken. Bei allen reichte es nur fuer die Sonderschule,
und irgendeine abgeschlossene Berufsausbildung hat keiner.
Der zweite Verhandlungstag begann mit einem Befangenheitsantrag gegen den
Senat, durch Luebecker Anwaeltin Heike Steeb-Lojaschke (sp.?). Sie warf dem
Gericht vor, von Verabredungen wegen des Prozessverlaufs abgewichen zu
sein. Oberstaatsanwalt Klaus Pflieger (sp.?) von der Bundesanwaltschaft
dazu: die Anwaeltin sei damit nur schwer ernst zu nehmen. Der Prozess wird
am naechsten Mittwoch fortgesetzt. |
VW kommt wieder in die schwarzen Zahlen |
Wolfsburg. Nach verlustreichen Jahren erwartet der Volkswagenkonzern fuer
das laufende Jahr wieder Gewinne. Das Unternehmen fuehrt das darauf
zurueck, dass die Kosten gesenkt worden seien und die Automobilnachfrage
steige. Der VW-Aufsichtsrat in Wolfsburg wuerdigte dennoch die Leistungen
des Vorstandes bei der wie es hiess grundlegenden Umgestaltung des
Konzerns. Mit Kritik am Konzernchef Ferdinant Piech (sp.?) hielt sich der
Aufsichtsrat allerdings zurueck. Gestern hatte es schliesslich noch
geheissen, der Vorstandsvorsitzende werde sich wegen seines Fuehrungsstils
harten Diskussionen stellen muessen.
Der Eklat bei Volkswagen blieb aus, Angriffe auf VW-Chef Piech ebenso. Der
Aufsichtsrat stellte sich, wie nicht anders zu erwarten war, wiedereinmal
demonstrativ hinter VW-Chef Ferdinant Piech wie schon bei der Kriese um den
der Industriespionage verdaechtigten Supermanager Lupes (sp.?) - ein
Zeichen dafuer, dass die Piech-Befuerworter wie der niedersaechsische
Ministerpraesident Schroeder wieder die Oberhand im Aufsichtsrat behalten
haben. Schroeder, der im Aufrag des Mehrheitsaktionaers Niedersachsen im
Aufsichtsrat sitzt, hatte sich noch gestern vor Piech gestellt und ihm
seine Unterstuetzung zugesagt.
Es hatte aber auch in den letzten Tagen ganz andere Stimmen gegeben und
zwar nicht wie sonst nur von der Kapital-, sondern auch von der
Arbeitnehmerseite. Sie hatten gefordert, dem Porscheenkel endlich mal die
Leviten zu lesen und ihn in die Schranken zu weisen. Ausloeser fuer diesen
Unmut war ein Interview von Piech gewesen, in dem er direkt seine
Fuehrungskraefte angegriffen hatte. Offensichtlich sucht der Aufsichtsrat
jetzt aber den weniger auffaelligen Weg. In der letzten Woche hatte es ein
Vier-Augen-Gespraech zwischen Aufsichtsratschef Liesen (sp.?) und Piech
gegeben, in dem Liesen Piech wohl um moderatere Toene gebeten hatte.
Heute schlug Liesen freundlichere Toene an. Wie die Pressestelle verlautete
dankte er Piech fuer dessen schnelle Sarnierungserfolge. Und zumindest dazu
haben die Herren aus ddem Aufsichtsrat allen Grund. Denn wie VW heute
mitteilt, wird der Konzern mit seinen Marken Audi, VW, Seat und Skoda in
diesem Jahr zum ersten Mal seit fuenf Jahren aus den roten Zahlen fahren.
Fuer VW selbst erwartet Piech sogar einen saftigen Gewinn. Noch im letzten
Jahr hatte der Konzern zwei Milliardan DM Schulden zu verkraften gehabt.
Schuld daran war die Kriese bei der tief verschuldeten spanischen Tochter
Seat. Meldungen ueber einen noch hoeheren Gewinn, der heute die Boerse in
arge Turbolenzen brachte, wollte der Konzern nicht bestetigen.
Abgesegnet hat VW heute ausserdem die Investitionsplanungen fuer die
naechsten fuenf Jahre. Danach werden die Investitionen um zehn Milliarden
DM auf 59 Milliarden gekuerzt. Entgueltig ist jetzt wohl auch, dass VW
seine Kooperation mit Ford in Portugal - wenn auch abgespeckt -
weiterfuehrt. Dort sind jetzt die Planzahlen erheblich zurueckgeschraubt
worden. |
Dollarwechselkurs |
1 US-$ = 1.5574 DM DAX = 2052 Punkte (-4) |
Quellen |
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