GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 08.05.1995



* Staatsakt zum 8. Mai in Berlin
* Bedingungslose Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945
* Bundesfamilienministerin Nolte wuerdigt Truemmerfrauen
* Bubis erinnert an Vorschlag fuer Gedenktag an Opfer des Nationalsozialismus
* Kommentar zu Ausgang der Praesidentschaftswahlen in Frankreich
* Gewerkschaftsvorsitzender fordert neues Gesetz fuer den Vorruhestand
* Bayerns Innenausschuss tagt ueber Plutoniumaffaire
* Vorsitzender der CSU-Fraktion des Stadtrates Muenchen zurueckgetreten
* Brandenburgs Umweltministerium genehmigt Abriss des KKW Reinsberg
* In Daenemark inhaftierter Neonazi legt Beschwerde gegen Ausweisung ein
* Zwei Vietnamesen in Berlin-Lichtenberg erschossen
* Ministerpraesident Teufel auf Gedenkveranstaltung zum Kriegsende
* Prozess gegen Flaemich wegen Spionage fuer die Stasi eroeffnet
* Luebecker Buergermeister fordert Anstrengungen gegen rechtsradikalen Terror
* Statistik zur Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland



Staatsakt zum 8. Mai in Berlin

In Berlin beginnt am fruehen Abend im Konzerthaus am Gendarmenmarkt der Staatsakt der Bundesrepublik Deutschland zum 8. Mai. Bundespraesident Herzog und Vertreter der vier Siegermaechte halten Ansprachen. Am Morgen wurden der amerikanische Vizepraesident Gore, der britische Premier Major, Frankreichs Staatschef Mitterand und der russische Regierungschef Tschernomyrdin erwartet. Am Nachmittag hatten fuehrende Vertreter aus Kirche, Politik und Gesellschaft mit einem oekumenischen Gottesdienst in der Hauptstadt des Kriegsendes gedacht. Zur Erinnerung an die Opfer des zweiten Weltkrieges laeuteten die Glocken aller Berliner Kirchen. In Berlin haben Bundespraesident Herzog und hochrangige Vertreter der vier Siegermaechte beim Staatsakt zum fuenfzigsten Jahrestag des Kriegsendes eine friedliche Zukunft Europas beschworen. Vor 1400 Gaesten im Schauspielhaus wuerdigte Herzog am Abend den 8. Mai 1945 als Tag, der das Tor in eine neue Zukunft geoeffnet habe. Die Insel des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes zu der Westeuropa geworden sei, muesse unbedingt nach Osten ausgedehnt werden. Besonders die Deutschen seien den Menschen in Mittel- und Osteuropa noch viel schuldig, betonte der Bundespraesident. Der russische Ministerpraesident Tschernomyrdin forderte, der 50. Jahrestag des Kriegsendes muesse der Beginn des Aufbaus eines gesamteuropaeischen Systems der Sicherheit auf blockfreier Grundlage sein. Fuer Russland und Deutschland gebe es keine Alternative zur engen Partnerschaft. Darin liege das wichtigste Unterpfand eines stabilen europaeischen Friedens begruendet, sagte Tschernomyrdin. Der britische Premierminister Major rief dazu auf, Frieden und Freiheit in staendiger Wachsamkeit zu verteidigen. Europa stehe heute vor einem neuen Zeitalter der Vernunft und habe die Chance, die Vision des ewigen Friedens zu verwirklichen. US-Vizepraesident Gore bezeichnete den 8. Mai 1945 als Tag des Sieges fuer Europa. Die Niederlage Hitler-Deutschlands sei der Triumph des Guten ueber das Boese gewesen. Gore dankte allen deutschen Bundeskanzlern fuer ihre Verdienste um Freiheit und Demokratie. Frankreichs Staatspraesident Mitterand nannte das Kriegsende einen Sieg der Europaeer ueber sich selbst. Am 8. Mai 1945 habe man dem Gesetz des Staerkeren und der Gewalt abgeschworen. Der Feind von gestern sei der Freund von heute geworden unterstrich Mitterand.


Bedingungslose Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945

Am 8. Mai 1945 schwiegen im voellig zerstoerten Deutschland die Waffen. Der Chef des Wehrmachtfuehrungsstabes, Generaloberst Jodl, hatte am 7. Mai um 2:41 Uhr auf Weisung des Hitler-Nachfolgers Doenitz im alliierten Hauptquartier in Reims die bedingungslose deutsche Gesamtkapitulation unterzeichnet. Auf Verlangen Moskaus wurde die Zeremonie am 9. Mai um 0:16 Uhr im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst vom Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Keitl, wiederholt. Im Pazifik endete der zweite Weltkrieg nach dem Abwurf von 2 Atombomben auf das mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbuendete Japan erst am 2. September 1945 mit der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde auf dem amerikanischen Schlachtschiff Missouri in der Tokiobucht.


Bundesfamilienministerin Nolte wuerdigt Truemmerfrauen

Bundesfamilienministerin Nolte hat heute in Dresden die aussergewoehnlichen Leistungen der Truemmerfrauen beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg gewuerdigt. Sie haetten in der Stunde Null die Hoffnung nicht aufgegeben und ihr Leben in den Dienst des Landes gestellt. Die CDU-Politikerin unterstrich, dass der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung gewesen sei, auch wenn er nicht das Ende des Leides durch den Krieg bedeutet habe. Das Datum markiere zugleich den Beginn des Friedens zu dem die Truemmerfrauen einen bedeutenden Beitrag geleistet haetten.


Bubis erinnert an Vorschlag fuer Gedenktag an Opfer des Nationalsozialismus

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland Bubis hat seinen Vorschlag erneuert, in der Bundesrepublik einen Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus zu schaffen. Der 8. Mai waere aber dafuer nicht das richtige Datum sagte Bubis heute frueh im Deutschlandfunk. Nach seiner Ansicht kaemen eher der 20. Januar, der Tag der Wannseekonferenz ueber die sogenannte Endloesung der Judenfrage, oder der 27. Januar, der Tag der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz, in Frage. Die Diskussion ueber die Bewertung des 8. Mai 1945 nannte Bubis nuetzlich. Jeder habe seine eigenen Empfindungen, die nicht miteinander verglichen werden koennten.


Kommentar zu Ausgang der Praesidentschaftswahlen in Frankreich

Der Ausgang der Praesidentschaftswahlen in Paris wird nach Ansicht von Bundesaussenminister Kinkel keinerlei Auswirkungen auf die Qualitaet der deutsch-franzoesischen Beziehungen haben. Das Verhaeltnis werde genausogut, konstruktiv und freundschaftlich bleiben betonte Kinkel heute frueh im Deutschlandfunk. Nach dem vorlaeufigen amtlichen Endergebnis entfielen 52,6 % der Stimmen auf den Neo-Gaullisten Chirac, der Sozialist Jospin kam auf 47,3 %, die Wahlbeteiligung lag bei knapp 80 Prozent. Bundespraesident Herzog hat den kuenftigen franzoesischen Praesident Chirac aufgefordert, die gute Zusammenarbeit zwischen Bonn und Paris fortzusetzen. Chirac werde nicht nur Frankreich in das naechste Jahrhundert fuehren, sondern auch die Zukunft der deutsch-franzoesischen Beziehungen und damit das Schicksal kuenftiger Generationen wesentlich mitgestalten, schrieb Herzog in seinem Glueckwunschtelegramm.


Gewerkschaftsvorsitzender fordert neues Gesetz fuer den Vorruhestand

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststaetten Moellenberg fordert ein neues Gesetz fuer den Vorruhestand. Gegenueber der BILD Zeitung regte Moellenberg an, Frauen sollten von 56 bis 60 Jahren und Maenner von 56 bis 63 Jahren in den Vorruhestand treten koennen. Dadurch wuerden rund eine Million Arbeitsplaetze fuer junge Menschen und Erwerbslose freigemacht, meinte der Gewerkschaftschef. Arbeitnehmer sollten bis zum endgueltigen Ruhestand ein Uebergangsgeld von 75 % des bisherigen Einkommens erhalten. Diese Summe muesste zu 65 % vom Arbeitgeber getragen werden. 35 % sollten aus den Steuerkassen der oeffentlichen Hand kommen. Dies haette den Vorteil, so Moellenberg, dass die Bundesanstalt fuer Arbeit (BfA) in Nuernberg nicht wie im Falle der Fruehpensionierung mit der Zahlung von Arbeitslosengeld belastet werde.


Bayerns Innenausschuss tagt ueber Plutoniumaffaire

Der bayerische Innenminister Beckstein hat erneut Vorwuerfe gegen das Landeskriminalamt zurueckgewiesen, wonach die Behoerde im vergangenen Sommer gezielt Plutonium aus russischen Atomanlagen geschleust haben soll. Unmittelbar vor Beginn einer Sitzung des Innenausschusses im bayerischen Landtag zur Plutoniumaffaire erklaerte Beckstein, bei dem Scheingeschaeft sei lediglich vagabundierendes Material aus dem Verkehr gezogen worden. Die zustaendigen Stellen haetten nichts zu verschweigen. Der Fraktionssprecher von Buendnis 90/Die Gruenen Fleischer erneuerte hingegen seine Forderung nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die bayerische SPD sieht am Abend die Sicherheitsbehoerden in der Plutoniumaffaire weitgehend entlastet. Die Hauptschuld liege offenbar beim Bundesnachrichtendienst (BND) und beim Bundeskriminalamt erklaerte der SPD-Experte Ganzer heute nach einer fast sechsstuendigen Sitzung des Landtagsinnenausschusses in Muenchen. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sei nicht gerechtfertigt.


Vorsitzender der CSU-Fraktion des Stadtrates Muenchen zurueckgetreten

Der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Stadtrat von Muenchen, Bletschacher (sp?), ist zurueckgetreten. Er zog damit die Konsequenzen aus Vorwuerfen, 4,8 Millionen DM Spendengelder als zinsloses Darlehen fuer seine Privatfirma abgezweigt zu haben. Der CSU-Politiker will allerdings sein Stadtratsmandat behalten.


Brandenburgs Umweltministerium genehmigt Abriss des KKW Reinsberg

Das brandenburgische Umweltministerium hat nach dreijaehrigem Verfahren den Abriss des Kernkraftwerks Reinsberg genehmigt. Eine Gefaehrdung von Mensch und Umwelt bei den rund 15 Jahre dauernden Abbrucharbeiten sei ausgeschlossen teilte ein Sprecher des Ministeriums heute in Potsdam mit. Die radioaktiven Abfaelle des 1990 vom Netz genommenen Kraftwerks sollen zwischengelagert und spaeter ins Endlager Morsleben gebracht werden.


In Daenemark inhaftierter Neonazi legt Beschwerde gegen Ausweisung ein

Der in Daenemark inhaftierte Neonazi Laug hat Beschwerde gegen seine geplante Ausweisung nach Deutschland eingelegt. Das teilte das Justizministerium im Kopenhagen mit. Der US-Amerikaner soll ueber 2 Jahrzehnte lang rechtsextremistisches Propagandamaterial in die Bundesrepublik geschmuggelt haben. Laug war am 20. Maerz in Daenemark festgenommen worden. Heute hatten die Behoerden entschieden, den Mann nach Deutschland zu ueberstellen.


Zwei Vietnamesen in Berlin-Lichtenberg erschossen

In Berlin-Lichtenberg sind gestern abend zwei Vietnamesen erschossen worden und ein weiterer schwer verletzt worden. Nach Angaben der Polizei waren die unbekannten Taeter auf den Innenhof eines Auslaenderheims gestuermt und hatten zehn Schuesse auf die Opfer abgefeuert. Die Behoerden schliessen einen Zusammenhang mit blutigen Auseinandersetzungen innerhalb der sogenannten Zigaretten-Mafia nicht aus.


Ministerpraesident Teufel auf Gedenkveranstaltung zum Kriegsende

Baden-Wuerttembergs Ministerpraesident Teufel hat den Nationalsozialismus als Verhaengnis fuer ganz Europa bezeichnet. Bei der zentralen Gedenkveranstaltung des Landes zum Kriegsende in Stuttgart bekannte sich Teufel klar zur Verantwortung Deutschlands. Zum 50. Jahrestag des Kriegsendes in Europa fanden in ganz Baden-Wuerttemberg Gottesdienste, Konzerte, Lesungen und Festveranstaltungen statt. In vielen Kirchen des landes laeuteten die Glocken. Tausende versammelten sich zum Gebet und gedachten der Opfer des Nazi-Terrors und des Krieges.


Prozess gegen Flaemich wegen Spionage fuer die Stasi eroeffnet

In Abwesenheit des Angeklagten hat heute vor der Staatsschutzkammer des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main der Prozess gegen den frueheren SPD-Bundestagsabgeordneten Flaemich begonnen. Der 73jaehrige, dem der Generalbundesanwalt Spionage fuer die Stasi in besonders schwerem Falle vorwirft, blieb der Verhandlung wegen seines schlechten Gesundheitszustandes fern. Die Richter wollen nach der Anhoerung eines Sachverstaendigen zur Ueberpruefung der Verhandlungsfaehigkeit des Angeklagten ueber den Fortgang des Verfahrens entscheiden.


Luebecker Buergermeister fordert Anstrengungen gegen rechtsradikalen Terror

Luebeck. Neue Anstrengungen im Kampf gegen rechtsradikalen Terror hat der Luebecker Buergermeister Buttejei gefordert. Der erneute Brandanschlag auf die Synagoge in der Hansestadt zeige, dass das Engagement der Bevoelkerung noch verstaerkt werden muesse. Buttejei forderte eine neue Politik, die das untere Drittel der Gesellschaft in den Mittelpunkt des sozialen Handelns stellen muesse. Deshalb sollten die Gelder fuer Jugend- und Sozialpolitik aufgestockt werden. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die die Ermittlungen uebernommen hat, verfolgt noch keine konkrete Spur zu den Taetern, die in der Nacht zum Sonntag einen Anbau der Synagoge in Schutt und Asche gelegt hatten.


Statistik zur Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland

Das Defizit in der Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den ersten beiden Monaten dieses Jahres leicht verringert. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes in Wiesbaden betrug es 3,6 Milliarden DM. Fuer Januar und Februar 1994 waren 5,7 Milliarden DM errechnet worden. Den Gesamtwert der Ausfuhren geben die Statistiker mit 113,1 Milliarden DM, den Wert der Importe mit 98,2 Milliarden DM an. Damit erhoehten sich die Exporte im Jahresvergleich um 12,2 Prozent, die Einfuhren um 9 Prozent.


Quellen

DLF    9:00 Uhr MESZ    10:00 Uhr MESZ    12:00 Uhr MESZ    13:00 Uhr MESZ    20:04 Uhr MESZ
SDR1    21:00 Uhr MESZ