GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 29. 09. 2004



* Neue Rekordneuverschuldung des Bundes
* Mitarbeiterversammlungen bei Karstadt
* Mehdorn und Bundestag gehen aufeinander zu
* Bulmahn zieht positive Bilanz des Ganztagsschul-Programms
* Kulturausschuss diskutiert ueber Musikquote
* Rot-Gruen bringt Zahnersatz-Versicherung auf den Weg
* Geplante Auffanglager in Nordafrika verteidigt
* DIHK wirft auch Wirtschaft Mitnahme-Mentalitaet vor
* Kirchen in der Pfalz verhaengen Haushaltssperren
* Verwaltungsreform bei der bayerischen Polizei verteidigt
* Lernmittelfreiheit in Bayern bleibt erhalten
* Siemens-Verhandlungen zur Arbeitsplatzsicherung ergebnislos beendet
* LBBW schluckt LRP
* Radsport: Michael Rich wird Vizeweltmeister im Zeitfahren
* Boerse



Neue Rekordneuverschuldung des Bundes

Der Bund wird sich nach Worten von Bundesfinanzminister Hans Eichel im laufenden Jahr mit gut 43 Milliarden Euro drastisch hoeher neuverschulden als geplant. "Der Nachtragshaushalt wird etwa auf dem Niveau des Vorjahres liegen", sagte Eichel in Berlin. Dieses Vergleichsniveau des vorjaehrigen Nachtragshaushalt bezifferte er mit 43,4 Milliarden Euro. Der Nachtragshaushalt solle in der naechsten Woche im Kabinett beraten werden.Bisher ist fuer 2004 eine Neuverschuldung und Nettokreditaufnahme von 29,3 Milliarden Euro geplant. Eichel hatte aber schon im Fruehjahr von zusaetzlichen Risiken zwischen zehn und elf Milliarden Euro gesprochen, die notfalls per Nachtragsetat im Herbst aufgefangen werden muessten. Eichel widersprach nachdruecklich der These, dass er eine neue Rekordverschuldung vorweisen werde. Er argumentierte, der fruehere Finanzminister Theo Waigel (CSU) habe 1996 eine Neuverschuldung von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausweisen muessen, waehrend er nur bei zwei Prozent liege.


Mitarbeiterversammlungen bei Karstadt

Rund 180 Warenhaeuser des KarstadtQuelle-Konzerns, darunter auch das Berliner Flaggschiff KaDeWe, blieben heute auf Grund von Betriebsversammlungen voruebergehend geschlossen. Die Gewerkschaft ver.di und die Betriebsraete hatten die rund 100.000 Karstadt-Mitarbeiter bundesweit zu Betriebsversammlungen eingeladen, um sie ueber bevorstehende drastische Sanierungsmassnahmen und den Umbau des Konzerns zu informieren. Ver.di sprach von einer dem Konzern "offensichtlich auch von den Banken aufgezwungenen Kahlschlagpolitik" und kuendigte Widerstand an. Mit dem geplanten Verkauf von kleineren Warenhaeusern werde die Zukunft der Warenhaussparte eher gefaehrdet als stabilisiert, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Franziska Wiethold der "Berliner Zeitung". "Wir werden die Belegschaften mobilisieren, damit die Haeuser unter dem Karstadt-Dach bleiben." Die Gewerkschaft befuerchtet den Verlust von bis zu 10.000 Arbeitsplaetzen.

KarstadtQuelle hatte gestern die radikalsten Einschnitte in der Geschichte des Unternehmens verkuendet. Zur Sicherung der Existenz des angeschlagenen Traditionskonzerns sollen mindestens 77 der 180 Warenhaeuser moeglichst schnell verkauft oder in einer Auffanggesellschaft fortgefuehrt werden. Auch die Textilketten SinnLeffers und Wehmeyer sowie die Logistikbetriebe und die Karstadt-Fitness-Center stehen zum Verkauf. Im Versandhandel soll es ebenfalls einen Kurswechsel geben. In den beiden naechsten Jahren plant KarstadtQuelle mit seinen Versandtoechtern Neckermann und Quelle die Expansion in 14 Laendern vor allem in Mittel- und Ost-Europa. Auch das Online-Geschaeft und der Spezialversand sollen ausgebaut werden. KarstadtQuelle hofft, mit dem radikalsten Umbauprogramm seiner Geschichte schon im kommenden Jahr wieder schwarze Zahlen zu schreiben und die Verschuldung merklich zu senken.

Angesichts des drohenden Verlust tausender Arbeitsplaetze bei der Sanierung des Handelskonzerns KarstadtQuelle hat sich die Bundesregierung eingeschaltet. Bundeswirtschaftsminister Clement sagte, man habe Gespraeche mit dem Unternehmen aufgenommen. Zugleich sprach Clement von einem offensichtlich unvermeidbaren Umgestaltungsprozess, der sehr tief greifend sei. Clement rechnet nicht mit sofortigen Standort-Schliessungen. Moegliche Staatshilfen lehnte SPD-Generalsekretaer Benneter aber ab.


Mehdorn und Bundestag gehen aufeinander zu

Berlin. Bahnchef Mehdorn ist nach dem heftigen Streit um die geplatzten Boersenplaene auf die Verkehrspolitiker des Bundestags zugegangen. Nach einem Treffen mit Mitgliedern des Verkehrsausschusses sagte Mehdorn, es sei nicht gewollt, die Parlamentarier zu verprellen, zu missachten oder zu umgehen. Mehdorn sagte weiter, trotz mancher Meinungsverschiedenheiten gebe es auf dem Kurs der Bahn-Modernisierung durchaus schon Erfolge. Auch der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Oswald, setzt auf einen Neubeginn im Verhaeltnis mit der Bahn. Nach dem Treffen sagte Oswald, aus Fehlern solle gelernt werden, wichtig sei in Zukunft der Umgang miteinander.


Bulmahn zieht positive Bilanz des Ganztagsschul-Programms

Bundesbildungsministerin Bulmahn hat eine positive Zwischenbilanz des Ganztagsschul-Programms gezogen. Nach einer Kabinettssitzung sagte sie, alle Laender nutzten die bereitgestellten Foerdermittel. Fuer das begonnene Schuljahr stuenden 3000 neue Ganztagsschulen zur Verfuegung, ueberwiegend seien es Grundschulen. Bulmahn wertete dies als Beitrag fuer die notwendige fruehe Foerderung. Die Bundesregierung foerdert bis 2007 den Ausbau von Ganztagsschulen mit vier Mrd. Euro. Bis dahin sollen rund 10.000 neue Angebote geschaffen sein.


Kulturausschuss diskutiert ueber Musikquote

Der Kulturausschuss des Bundestages hat sich mit der Forderung nach mehr deutscher Musik im Radio beschaeftigt. Bei einer Anhoerung uebergaben Kuenstler eine von 500 Musikern unterstuetzte Petition, die eine gesetzliche Quote fordert. Auch Frankreichs Ex-Kultusminister Toubon sprach sich in Berlin fuer eine einheimische Quote wie in Frankreich aus. Die politische Debatte blieb unterdessen kontrovers: Waehrend sich Kulturstaatsministerin Weiss und Wirtschaftsminister Clement gegen eine staatliche Vorgabe aussprachen, forderte Bundestags-Vizepraesidentin Vollmer eine Quote


Rot-Gruen bringt Zahnersatz-Versicherung auf den Weg

Die rot-gruene Koalition hat ihr Modell zur Zahnersatzes-Versicherung offiziell auf den Weg gebracht. Der Bundestags-Gesundheitsausschuss stimmte dem Plan zu, statt eines Pauschalbeitrages ab Juli 2005 von gesetzlich Versicherten einen einkommensabhaengigen Sonderbeitrag von 0,4 % des Gehalts zu erheben. Damit kann die Aenderung der Gesundheitsreform am Freitag im Bundestag beschlossen werden. Auch die nachgebesserte Pflege-Reform wurde abgesegnet. Danach muessen Arbeitslose den Kinderlosen-Zuschlag ab 2005 nicht mehr zahlen.


Geplante Auffanglager in Nordafrika verteidigt

Innenminister Schily hat seinen Vorschlag verteidigt, in Nordafrika Auffanglager fuer Fluechtlinge einzurichten. Es gehe darum, Menschen daran zu hindern, auf illegale Weise nach Europa zu gelangen, sagte er vor dem Bundestag. Unterstuetzt wird Schily vom innenpolitische Sprecher der SPD, Wiefelspuetz. Dieser sagte, man muesse "den unhaltbaren Zustaenden im Mittelmeer begegnen". Kritik kam dagegen von den Gruenen. Deren innenpolitischer Sprecher Beck sagte, Schilys Plaene seien nicht schluessig. Die Gruenen lehnten Einschnitte bei Fluechtlingsrecht ab.


DIHK wirft auch Wirtschaft Mitnahme-Mentalitaet vor

Berlin. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat auch der Wirtschaft eine Mitnahme-Mentalitaet vorgeworfen. DIHK-Praesident Braun nannte als Beispiel die vielfaeltigen Foerdermoeglichkeiten fuer Unternehmen in Ostdeutschland. Braun sagte, nicht selten bekaemen Firmen Zuschuesse fuer unrentable oder zweifelhafte Projekte. Dem koenne der Staat am besten begegnen, in dem er Subventionen abbaue. Die Debatte um eine ausgepraegte Mitnahmementalitaet hatte kuerzlich Bundeskanzler Schroeder ausgeloest. Er meinte, ein Sozialstaat koenne sich das nicht leisten.


Kirchen in der Pfalz verhaengen Haushaltssperren

Speyer. Die beiden grossen Kirchen in der Pfalz wollen wegen ruecklaeufiger Kirchensteuereinnahmen Kosten sparen. Deshalb haben die Evangelische Kirche der Pfalz und das katholische Bistum Speyer Haushaltssperren erlassen. Die evangelische Landeskirche habe bis Ende August 14,5 Prozent oder etwa 7,6 Millionen Euro weniger Steuern eingenommen als geplant, teilte Finanzdezernent Adolf Zeitler mit. Deshalb seien zahlreiche Sparmassnahmen beschlossen worden. So werde die Sanierung der Tagungshaeuser in Enkenbach und Bad Duerkheim gestoppt. Zudem solle das Internat des Trifels-Gymnasiums in Annweiler moeglicherweise verkauft werden. Nicht sparen will die Kirche laut Zeitler an den Kindertagesstaetten. Hier wurden die Gemeinden jedoch aufgefordert, sich durch Sponsoren an den Kosten fuer Sanierungen zu beteiligen. Ausserdem solle der bereits begonnene Umbau der Zentralen Ausbildungsstaette in Landau zum Ende des Jahres abgeschlossen werden.Im Bistum Speyer muss jetzt jede Ausgabe ueber 1.000 Euro genehmigt werden. Finanzdirektor Franz Zieger sprach von einer "reinen Vorsichtsmassnahme", da die Kirchensteuereinnahmen um 9,5 Prozent oder rund sieben Millionen Euro gesunken seien. Betroffen sei in erster Linie die Verwaltung, so Zieger. Bei den Pfarreien erstrecke sich die Sperre nur auf den Baubereich.


Verwaltungsreform bei der bayerischen Polizei verteidigt

Muenchen. Im Innenausschuss des Bayerischen Landtags hat der zustaendige Minister Beckstein seine geplante Polizeireform verteidigt. Polizeipraesidien und Direktionen sollen zusammengelegt werden, ueber Stellenstreichungen wollte Beckstein noch nichts sagen.


Lernmittelfreiheit in Bayern bleibt erhalten

Muenchen. Die Lernmittelfreiheit in Bayern soll nun doch erhalten bleiben. Nach den Protesten in den vergangenen Tagen hat die CSU-Fraktion eingelenkt. Ihr Vorsitzender Herrmann sagte dem Bayerischen Rundfunk, man habe die Wirkung der angekuendigten Abschaffung der Lernmittelfreiheit nicht ganz richtig eingeschaetzt. Im Gespraech ist nun die Einfuehrung eines Buechergelds, das nach Angaben des Kultusministeriums eventuell 30 Euro pro Kind und Jahr an Grundschulen und 50 Euro an weiterfuehrenden Schulen betragen soll. Herrmann sagte, hinzu kaemen vielleicht ein Pauschalbetrag des Freistaats und der Kommunen. Das Geld solle den Schulen bereitgestellt werden, die dann darueber verfuegen koennen.


Siemens-Verhandlungen zur Arbeitsplatzsicherung ergebnislos beendet

Bruchsal. Die Verhandlungen zur Arbeitsplatzsicherung im Siemens-Werk Bruchsal (Kreis Karlsruhe) sind am Mittwoch ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Am Donnerstag sollen die Gespraeche zwischen Unternehmensleitung, Betriebsrat und der IG Metall fortgesetzt werden. Nachdem es zum Auftakt zunaechst eine Standortbestimmung zwischen den Gespraechspartnern gegeben habe, werde man am Donnerstag mit den Details beginnen, erklaerte ein Mitglied des Betriebsrates. Bei den Verhandlungen geht es um 300 Arbeitsplaetze in der Fertigung von elektronischen Waehlsystemen.In Bruchsal sind insgesamt 1.400 Mitarbeiter beschaeftigt. Nach Angaben des Betriebsrats soll ueber Einsparungen von 20 Prozent bei den Fertigungs-Mitarbeitern verhandelt werden. Sollte es zu keiner Einigung kommen, werde die Produktion von Bruchsal nach China verlagert. Der IG-Metall Bezirksleiter Joerg Hofmann hat der Konzernleitung daher Erpressung vorgeworfen. Die Belegschaft sei zwar zu Zugestaendnissen bereit, allerdings nur, wenn auch die Firmenleitung Entgegenkommen zeige. So koennten etwa Teile der zukunftstraechtigen Produktion fuer den Mobilfunk in Bruchsal angesiedelt werden, um den Standort langfristig zu sichern.


LBBW schluckt LRP

Stuttgart. Die Landesbank Baden-Wuerttemberg (LBBW) wird die Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) zu Beginn kommenden Jahres uebernehmen. Dadurch steigt die LBBW in Stuttgart zur viertgroessten Geschaeftsbank in Deutschland mit einer Bilanzsumme von 400 Milliarden Euro auf. Die Landesbank Rheinland-Pfalz und die Baden-Wuerttembergische Bank (BW-Bank) werden hundertprozentige Toechter der Landesbank Baden-Wuerttemberg. Die neue Struktur wurde durch den Ausstieg der Duesseldorfer WestLB aus dem Eigentuemerkreis der LRP moeglich. Nach Angaben des baden-wuerttembergischen Ministerpraesidenten Erwin Teufel (CDU) haben sich die beiden Kreditinstitute auf ein Geschaeftsmodell und die kuenftigen Anteilsverhaeltnisse geeinigt. Teufel lobte die Neuordnung als wichtigen Beitrag bei der Konsolidierung der Landesbanken zu groesseren Einheiten. LBBW-Chef Hans Dietmar Sauer erklaerte, dass die LBBW und die BW-Bank im Privat- und Firmenkundengeschaeft ihre Kraefte buendeln wuerden und die LBBW ihren Fokus auf das kapitalmarktorientierte Geschaeft richte. Die LRP werde von Mainz aus als eigenstaendige Tochter gefuehrt. Ihr Kernmarkt soll weiterhin das Land Rheinland-Pfalz sein. Dort soll sie auch die Zentralbank fuer die Sparkassen bleiben und sich insgesamt als gehobene Mittelstandsbank positionieren.


Radsport: Michael Rich wird Vizeweltmeister im Zeitfahren

Bardolino. Michael Rich aus Emmendingen ist zum dritten Mal Vizeweltmeister im Zeitfahren. Der Rad-Profi belegte im italienischen Bardolino den zweiten Platz hinter dem Australier Michael Rogers, Alexander Winokurow belegte Rang drei.


Boerse

Einige Kurse:
US-Dollar (1 US_$) 0.8126 Euro
Kanada (1 $) 0.6381 Euro
England (1 Pfund) 1.4671 Euro
Schweiz (100 sfr) 64.432 Euro
Japan (100 Yen) 0.7327 Euro
Schweden (100 skr) 11.049 Euro
Suedafrika (100 R) 12.554 Euro
 
Einige Indizes:
Dax: 3920.36 ( aktuell )
Dow-Jones-Index: 10069.28 ( Stand 17:00 MESZ )
Nikkei-Index: 10798.87
 
(Alle Angaben ohne Gewaehr)



Quellen

DLF    12:00 MESZ    18:00 MESZ
BR5    06:00 MESZ    12:00 MESZ    18:00 MESZ
SWR3    12:00 MESZ    18:00 MESZ