GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Fr, 16.09.1994



* Aufraeumarbeiten nach der Berliner Bombenexplosion
* Treffen der EU-Frauenbeauftragten
* Nachfolger fuer zurueckgetretenen Hamburger Innensenator Hackmann
* Arbeitgeber und Gewerkschaften treten fuer mehr Teilzeitarbeit ein
* Neues Arbeitsbeschaffungsprojekt fuer Sozialhilfeempfaenger
* Kohl spricht fuer mehr ostdeutsche Erzeugnisse im Handel
* Strafverfahren um Johannes Zwick
* Verfahren gegen Erich Mielke wegen Beihilfe zu RAF-Anschlaegen eingestellt
* Erster kompletter Schiffsverband von West- nach Ostdeutschland verlegt
* Schirinovski darf nicht nach Deutschland einreisen
* Zollbeamte wegen Koerperverletzung vor Gericht
* Grossbrand in Kuchheim
* Dollarwechselkurs



Aufraeumarbeiten nach der Berliner Bombenexplosion

Berlin. Experten der Berliner Polizei haben damit begonnen, die schwere Bombenexplosion im Bezirk Friedrichshein aufzuklaeren. Die Behoerden teilten mit, die technischen Untersuchungen wuerden mehrere Tage dauern. Die Berliner Bauverwaltung erklaerte unterdessen, dass das Unglueck moeglicherweise haette verhindert werden koennen. Der Bauherr, so hiess es, habe es versaeumt das Gelaende auf moegliche Blindgaenger untersuchen zu lassen. Auf Antrag sei dies in Berlin kostenlos. Inzwischen ermittelt die Kriminalpolizei, ob moeglicherweise Fahrlaessigkeit mit im Spiel ist. Auch am Tag nach der Explosion sieht es in der Pettenkoverstrasse (sp.?) aus wie nach einem Bombenangriff, auch wenn die meterhoch auflodernde Flamme aus einem aufgebrochenen Gasrohr inzwischen geloescht ist. Das Gebiet ist weitraeumig abgesperrt. Noch im weiten Umfeld finden sich Lehm und Steintruemmer, die die Explosion weggeschleudert hat. Direkt am Ungluecksort stehen noch die zerstoerten Autos und Baufahrzeuge. Das meterhohe Loch in der Brandwand zum Nachbarhaus gibt auch heute noch den Blick frei auf ein Gewirr von zerstoerten Moebeln und Dachstuhltruemmern. Den Anwohnern sitzt noch die Angst im Nacken. Es war wir Krieg, erinnern sich die aelteren, und eine Frau meint: "Wir konnten es momentan ueberhaupt nicht erklaeren. Jeder hat was anderes gedacht. Ich dachte, ein Flugzeug stuerzt ab, eine Kollegin dachte, es ist ein Erdbeben. Also, ich hab' die Nacht von getraeumt. Ja wir haben das alles noch nicht richtig verkraftet, muss ich sagen." Ein Heer von Fachleuten ist inzwischen am Explosionsort unterwegs, um Spuren zu sichern. Erste Erkenntnis der Polizeitechniker: Es soll sich bei der Bombe um eine Sprengbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gehandelt haben, die Jahrzehnte lang im Boden gelegen hatte. Bei den Bohrarbeiten wurde sie zur Explosion gebracht. Nach wie vor geht die Polizei von drei Toten und 17 Verletzten aus. Sieben davon konnten inzwischen die Krankenhaeuser verlassen. Vermisst wird zur Stunde niemand mehr.


Treffen der EU-Frauenbeauftragten

Berlin. Die Probleme vor allem fuer berufstaetige Frauen sind nach wie vor gewaltig. Es fehlt an Hort- und Kindergatenplaetzen, an Teilzeitarbeitsstellen und an finanziellen Mitteln. Ueber diese und andere Probleme sprachen gestern in Berlin die fuer Frauenfragen zustaendigen Vertreter der zwoelf EU-Staaten. Heute trat Bundesfrauenministerin Angela Merkel vor die Presse und gab die Ergebnisse bekannt. Nach ihren Worten war man sich einig, dass innerhalb der Europaeischen Union die Frauenpolitik zukuenftig ein staerkeres Gewicht bekommen soll. Die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt, Teilzeitarbeit und die Vereinbarung von Beruf und Fammilie, das waren die zentralen Themen auf dem Treffen der EU-Frauenministerinnen und -Minister in Berlin. Mit dabei waren auch die Vertreter der Beitrittslaender Oesterreich, Schweden, Finnland und Norwegen. Gerade die skandinavischen Laender verfolgten die Diskussion mit grossem Interesse, wie Bundesfrauenministerin Angela Merkel heute erklaerte. Denn sie sind, was Frauenpolitik angeht, den EU-Mitgliedern um einiges voraus, und viele Frauen in Skandinavien befuerchten, dass frauenpolitische EU-Richtlinien fuer sie ein Rueckschritt sind. Dazu Angela Merkel: "Viele Frauen in Finnland und Schweden sind der Meinung, was das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie anbelangt, werden sie eher Verschlechterungen erwarten, wenn sie Mitglied der Europaeischen Union sind. Und das Treffen gestern hat doch geholfen, glaube ich, zu zeigen, dass die Situation nicht so truebe ist." Auch sie, Angela Merkel, habe mitgeholfen diese Bedenken zu zerstreuen. Sie habe zum Beispiel darauf hingewiesen, dass in den neuen Bundeslaendern jedem Kind ein Kindergartenplatz zustehe. Aber mit dem Kindergartenplatz allein ist es noch nicht getan, um Frauen den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern. Haeftig debattiert wurden auf dem Treffen, laut Ministerin Merkel auch die Moeglichkeiten von Teilzeitarbeit, und zwar Teilzeitarbeit fuer Maenner wie fuer Frauen. Und dies muesse sich, so Angela Merkel auch auf der Leitungsebene durchsetzen. Ihr Ministerium gehe da mit gutem Beispiel voran: "Ich hab' zum Beispiel bei mir im Ministerium ein Ehepaar, wo Mann und Frau in gleicher Weise teilzeitbeschaeftigt sind. Also, es ist durchaus so, dass in den alten Bundeslaendern die Bereitschaft im wachsen ist. Das wissen wir auch aus vielen Umfragen, dass auch Maenner bereit sind - ich sag mal - zeitweise zurueckzustecken." Doch dass Maenner zurueckstecken und den in einer EU-Richtlinie geplanten Elternurlaub in Anspruch nehmen, ist nicht allen EU-Laendern genehm. Vor allem Grossbritannien legte sich bei dieser Diskussion um Beruf und Familie quer. Problematisch dabei sei, so Angela Merkel, "dass Grossbritannien zum Beispiel ein Land ist, was sich sehr schwer tut mit all den Dingen, die - sag ich mal - aus britischer Sicht eigentlich in die Privatsphaere hineingehen. Und Familie ist aus britischer Sicht zum Beispiel ein 'Privatissimum', wo sich der Staat weitgehenst heraushalten sollte." Im Bereich Frauenpolitik muesse viel Kopfarbeit geleistet werden, erklaerte Bundesfrauenministerin Angela Merkel abschliessend, denn Richtlinien und Paragraphen allein koennten nicht viel aendern.


Nachfolger fuer zurueckgetretenen Hamburger Innensenator Hackmann

Hamburg. Anfang der Woche war in Hamburg Innensenator Hackmann zurueckgetreten. Der Grund waren die auslaenderfeindlichen Uebergriffe der Polizei in der Hansestadt. Auslaenderfeindliche Uebergriffe von Polizeibeamten sind seiner Meinung nach keine Ausnahmen, sondern Systemimanent. Mit seinem Ruecktritt wollte er ein Zeichen setzen. Heute nun praesentierte Buergermeister Foscherau (sp.?) seinen Kandidaten fuer die Nachfolge von Hackmann. Der neue Hamburger Innensenator heisst Hartmut Wrocklage (sp.?). Er ist in der Hamburger Politik kein Unbekannter. Dennoch ist seine Berufung eine Ueberraschung. Derzeit ist Wrocklage noch Staatsrat der Finanzbehoerde. Dort ist er dafuer gefuerchtet, die Haushaltswuensche der einzelnen Ressorts gnadenlos zu zerpfluecken und Einsparmoeglichkeiten aufzudecken. Mit dem Bereich der inneren Sicherheit ist der studierte Jurist bislang noch nicht in Beruehrung gekommen. Die zweite wichtige Entscheidung, die Buergermeister Henning Foscherau heute bekannt gab, betrifft den derzeitigen Staatsrat der Innenbehoerde Dirk Reimers (sp.?). Er wird in die Finanzbehoerde versetzt. Ganz offensichtlich soll er wegen seiner Entscheidung fuer die einstweilige Suspendierung von 27 Polizisten des Einsatzzuges Mitte aus der Schusslinie genommen werden. Seine Entscheidung fuer Wrocklage als neuen Innensenator begruendete der Buergermeister damit, dass Wrocklage sofort am ersten Tag im neuen Amt Regierungskompetenz beweisen werde, dass er ein hohes politisches, aber nicht unbedingt parteipolitisches Ansehen in der Stadt geniesse und dass er integer, geradlinig und unbestechlich sei.


Arbeitgeber und Gewerkschaften treten fuer mehr Teilzeitarbeit ein

Koeln. Arbeitgeber und Gewerkschaften in Deutschland haben einen gemeinsamen Vorstoss fuer mehr Teilzeitarbeit unternommen. In einer Erklaerung werden private und oeffentliche Arbeitgeber aufgefordert, mehr sozialabgesicherte Teilzeitstellen zu schaffen. Es wird darauf verwiesen, dass fast 300.000 Arbeitslose derzeit eine Teilzeitbeschaeftigung suchen. Ausserdem wuerden viele Vollzeitkraefte gerne auf eine Teilzeitstelle wechseln.


Neues Arbeitsbeschaffungsprojekt fuer Sozialhilfeempfaenger

Straubing. In Bayern soll schon bald fuer jeden arbeitsfaehigen Sozialhilfeempfaenger eine Arbeitsgelegenheit geschaffen werden. Das versprach Sozialminister Gebhart Glueck bei der Vorstellung des Modellprojekts SINUS, d.h. 'Straubinger INitiative fuer Umweltorientierte Sozialarbeit', in Straubing. Glueck versicherte, auch wenn fuer die Kommunen die Bereitstellung solcher gemeinnuetziger Arbeitsplaetze nicht einfach sei, werde die Staatsregierung hier nicht locker lassen.


Kohl spricht fuer mehr ostdeutsche Erzeugnisse im Handel

Magdeburg. Bundeskanzler Kohl hat die Handelsunternehmen in Westdeutschland aufgefordert, mehr ostdeutsche Erzeugnisse in ihr Angebot aufzunehmen. Kohl sprach bei der Eroeffnung eines Versandt- und Drogistigzentrums, das der Hamburger Otto-Versandt in Heidensleben (sp.?) in Sachsen-Anhalt errichtet hat. Das Zentrum hat 400 Millionen DM gekostet und beschaeftigt 1000 Mitarbeiter.


Strafverfahren um Johannes Zwick

Landshut. Das Strafverfahren gegen den Fuessinger Baederunternehmer Johannes Zwick koennte sich nach Einschaetzung der Landshuter Staatsanwaltschaft bis ins naechste Jahrtausend hinziehen. Wie ein Sprecher der Behoerde mitteilte, wird es wahrschenlich im Oktober zu einer ersten Anklageerhebung kommen; unter anderem geht es um Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Johannes Zwick war im Mai gegen 45 Millionen DM Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Johannes Zwick darf seinen Wohnort Bad Fuessingen nicht verlassen und muss sich woechendlich einmal bei der Polizei melden. Und in Kuerze koennte der mit Spannung erwartete Prozess gegen den 38jaehrigen Baederunternehmer beginnen. Noch im Oktober wird die Staatsanwaltschaft beim Landsgericht Landshut Anklage gegen Zwick erheben. Dann muss die Wirtschaftsstrafkammer pruefen, ob das auf 160 Aktenordner angewachsene Beweismaterial gegen den prominenten Beschuldigten ausreicht, um ihm einen Prozess zu machen, der sich dann ueber Jahre hinziehen koennte und weiterhin viel Aufsehen machen wird. Die Ermittungsbehoerden werfen Johannes Zwick unter anderem Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Beitreibungsverfahren gegen seinen Vater Eduart Zwick vor, der sich in die Schweiz abgesetzt hat. Zwick Senior schuldet dem Staat mit Zinsen und Saeumniszuschlaegen rund 74 Millionen DM. Zwick Junior war im Mai nach 123 Tagen Untersuchungshaft gegen die Hinterlegung einer Kaution in Hoehe von 45 Millionen DM in Form einer gesicherten Bankbuergschaft aus dem Gefaengnis entlassen worden - vorlaeufig.


Verfahren gegen Erich Mielke wegen Beihilfe zu RAF-Anschlaegen eingestellt

Karlsruhe. Die Bundesanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen Erich Mielke und sechs Mitarbeiter seines DDR-Ministeriums fuer Staatssicherheit wegen Beihilfe zu RAF-Anschlaegen eingestellt. Die Behoerde teilte mit, die Angelegenheit koenne wegen Verjaehrung nicht weiter verfolgt werden. In Karlsruhe war man davon ausgegangen, dass die Stasi die Terroristen Klar, Schulz, Fied (sp.?) und Pohl in der DDR mehrere Wochen lang im Umgang mit Sprengstoff ausgebildet hat. Unklar ist aber, ob dieses Training vor dem Bombenanschlag auf den Luftwaffenstuetzpunkt Ramstein im August 1981 und vor dem gescheiterten Attentat auf NATO-General Krosen (sp.?) in Heidelberg im selben Jahr durchgefuehrt worden war.


Erster kompletter Schiffsverband von West- nach Ostdeutschland verlegt

Rostock. Die Bundesmarine hat erstmals einen kompletten Schiffsverband von West nach Ostdeutschland verlegt. Das zweite Schnellbootgeschwarder mit 550 Mann zog von Kappe (sp.?) in Schlesswig-Holstein nach Rostock um. Bundesverteidigungsminister Ruehe kuendigte bei einem millitaerischen Zeremoniell in Rostock an, dass weitere Bundeswehreinheiten nach Ostdeutschland verlegt werden.


Schirinovski darf nicht nach Deutschland einreisen

Bonn. Der russische Rechtsextremist Schirinovski darf nicht zu einem Kongress der rechtsextremen Deutschen Volksunion in die Bundesrepublik einreisen. Das Auswaertige Amt lehnte die Visumantraege von Schirinovski und weiteren 19 Abgeordneten seiner Liberal Demokratischen Partei ab. In der Begruendung heisst es, dass Schirinovski bei seinen bisherigen Auslandsreisen wiederholt durch nicht hinnehmbare Ausfaelle und Drohungen aufgefallen sei. Schirinovski und seine Gruppe wollten eine Veranstaltung der Deutschen Volksunion am Samstag naechster Woche in Passau besuchen.


Zollbeamte wegen Koerperverletzung vor Gericht

Frankfurt/Oder. Wegen Koerperverletzung im Amt und Beleidigung stehen zwei Zollbeamte vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, einen 53jaehrigen aegyptischen Geschaeftsmann bei der Einreise aus Polen geschlagen und beschimpft zu haben. Mit den Worten, "Den mach' ich fertig! Wieder ein Auslaender weniger.", soll eine Zollbeamtin dem Mann eine Plastiktuete gefuellt mit Lebensmitteln ins Gesicht geschleudert haben. Ihr mitangeklagter Kollege wird verdaechtigt, er habe den Aegypter mit Faustschlaegen traktiert. Der aegyptische Geschaeftsmann, der einen deutschen Pass besitzt, gibt an, noch heute unter Schmerzen zu leiden. Gegen die beiden Beamten sind schon mehrfach Anzeigen wegen aehnlicher Delikte erstattet worden.


Grossbrand in Kuchheim

Fuerstenfeldbruck. Die oberbayrische Gemeinde Kuchheim ist nur knapp einer Brandkatastrophe entgangen. Bei einem Grossbrand in einem Supermarkt konnte die Feuerwehr ein Uebergreifen der Flammen auf angrenzende Hoch- und Reihenhaeuser gerade noch verhindern. Ein Feuerwehrmann und ein Anwohner erlitten Rauchvergiftungen. Das Feuer war in einem Altpapierstapel ausserhalb des Supermarktes ausgebrochen. Die Polizei schliesst deshalb Brandstiftung als Ursache nicht aus. Bei dem Grossbrand entstand Sachschaden in Hoehe von 10 Millionen DM.


Dollarwechselkurs

1 US-$   =   1.5494 DM
DAX      =   2118 Punkte



Quellen

B5    14:15 Uhr MESZ    14:30 Uhr MESZ    14:45 Uhr MESZ    15:00 Uhr MESZ
B5    15:15 Uhr MESZ
SWF3    15:00 Uhr MESZ    16:00 Uhr MESZ