GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
So, 17.03.1996



* Reaktion von Politikern auf Kurdenproteste
* Wertungen zur Fortsetzung der Rot/Gruenen Koalition in Nordrhein-Westfalen
* Buendnis/Gruenen fordern gerechtere Verteilung der Ausbildungslasten
* Trettin warnt vor zu hohen Erwartungen in oekologische Steuerreform
* CDU/CSU weist Spekulationen um Anhebung der Mehrwertsteuer zurueck
* Kritik an IG-Metall Vorsitzenden Zwickel
* Kritik an Chinas Drohgebaerden gegen Taiwan
* Neuer Praesident des Bundesnachrichtendienstes
* Toepfer fordert Beilegung des Konflikts um Mindestlohn im Baugewerbe
* Wahl der Kirchengemeinderaete in der Dioezese Rottenburg-Stuttgart
* Tag der offenen Tuer im ehemaligen Stasi-Archiv
* "Neues Forum" will auch im alten Bundesgebiet Landesverbaende gruenden



Reaktion von Politikern auf Kurdenproteste

Bonn/Dortmund. Nach den teilweise gewaltsamen Kurdenprotesten an diesem Wochenende in Nordrhein-Westfalen hat Bundesaussenminister Kinkel (FDP) verlangt, die Raedelsfuehrer umgehend abzuschieben. Ihr Verhalten und das anderer Gewalttaeter komme einer Kriegserklaerung an dem deutschen Rechtsstaat gleich. Wer sein Gastrecht missbrauche, habe sein Aufenthaltsrecht verspielt, sagte Kinkel. Aehnlich aeusserten sich verschiedene CDU-Politiker. Nordrhein-Westfalens Innenminister Kniola (sp?) erklaerte, die kurdische Arbeiterpartei (PKK) manoevriere sich mit derartigen Ausschreitungen ins Abseits. Kniola warnte jedoch davor, alle Kurden mit militanten PKK-Anhaengern gleichzusetzen. Die PKK vertrete nicht die Interessen der in der Bundesrepublik lebenden 500000 Kurden. Die Polizei zog heute eine Bilanz der Krawalle, bei denen es ueber dreihundert Verletzte gab, darunter knapp 40 Polizisten. Insgesamt nahm die Polizei am gestrigen Tag rund 2400 Personen in Gewahrsam, davon allein 1500 in Dortmund. Inzwischen befinden sie sich fast alle wieder auf freiem Fuss. In einer Pressekonferenz zeigte sich Dortmunds Polizeipraesident zufrieden mit dem Verlauf der Polizeiaktion. Sie haetten das Demonstrationsverbot mit Augenmass und Konsequenz durchgesetzt. In Dortmund waren 3000 Beamte von Polizei und Bundesgrenzschutz im Einsatz, landesweit ueber 8000. Waehrend es in Dortmund nur wenig Zwischenfaelle mit gewaltbereiten Kurden gab, war das landesweit anders. Am deutsch-belgischen Grenzuebergang Aachen-Lichtenbusch und auf der A2 bei Emmerich blockierten Anhaenger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) die Fahrbahn und lieferten sich Pruegeleien mit der Polizei. In Emmerich wurden zwei Beamte schwer verletzt, ihre Waffen entwendet.


Wertungen zur Fortsetzung der Rot/Gruenen Koalition in Nordrhein-Westfalen

Bonn/Duesseldorf. Der nordrhein-westfaelische Ministerpraesident Rau sieht die Koalitionskrise in Duesseldorf als beendet an. Im "Westdeutschen Rundfunk" sagte Rau, nach dem Beschluss des gruenen Koalitionspartners, das Buendnis fortzufuehren, bestehe nun die wirkliche Chance, nun wieder stabil und verlaesslich in der Regierung zu arbeiten. Jetzt muesse man sich um die wirklichen Probleme der Menschen in Nordrhein-Westfalen kuemmern. Der Streit in der Verkehrspolitik habe zu sehr Symbolcharakter angenommen, kritisierte Rau. Buendnis 90/Die Gruenen hatten gestern Abend auf ihrem Parteitag in Hamm mit grosser Mehrheit einen Leitantrag gebilligt, der ein Festhalten an dem Buendnis mit der SPD befuerwortet. Die Fortsetzung der Rot/Gruenen Koalition in Nordrhein-Westfalen wertet der Bundesvorstand der Buendnis-Gruenen als Signal gegen eine Grosse Koalition in Bonn. Die Bundesvorstandssprecherin Saga betonte im "Norddeutschen Rundfunk", es habe sich gezeigt, dass man ihre Partei nicht in die Rolle des unsicheren Kantonisten stecken koenne. Gleichzeitig sei den Sozialdemokraten klar geworden, dass bei den Gruenen in Nordrhein-Westfalen die Schmerzgrenze erreicht sei. Trettin sagte, die Entscheidung des Landesparteitags unterstreiche den Willen der Gruenen, Union und FDP in Bonn abzuloesen. Auch bei den drei Landtagswahlen am kommenden Sonntag bestehe eine realistische Chance, Mehrheiten fuer eine soziale und oekologisch orientierte Reformpolitik zu erreichen. Der Vorsitzende der SPP-Fraktion im Bundestag Scharping sagte im ZDF, beide Partner muessten nun die Herausforderungen der Wirtschafts- und Sozialpolitik mit den oekologischen Notwendigkeiten verbinden. Durch die Ueberwindung der Krise bleibe Rot-Gruen eine Perspektive fuer einen Machtwechsel in Bonn. CDU-Generalsekretaer Hintze erklaerte dagegen erneut, Rot-Gruen sei ein Buendnis gegen Arbeit.


Buendnis/Gruenen fordern gerechtere Verteilung der Ausbildungslasten

Zum Abschluss des Parteitages in Hamm forderten die Delegierten heute die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafuer einzusetzen, dass die finanziellen Lasten der Ausbildung zwischen den Betrieben gerechter verteilt werden. Hierzu solle eine Berufsbildungsabgabe eingefuehrt werden, wobei die Unternehmen die zu zahlende Summe durch eigene Aufwendungen fuer die Ausbildung reduzieren koennten.


Trettin warnt vor zu hohen Erwartungen in oekologische Steuerreform

Der Vorstandssprecher von Buendnis 90/Die Gruenen Trettin hat vor zu hohen Erwartungen in eine oekologische Steuerreform gewarnt. Eine solche Reform alleine koenne das Problem der Arbeitslosigkeit nicht loesen, sagte Trettin im "Hessischen Rundfunk". Dies koenne nur erreicht werden, wenn zusaetzlich die Arbeit neu verteilt werde und eine Grundsicherung fuer die Bezieher kleiner Einkommen eingefuehrt werde.


CDU/CSU weist Spekulationen um Anhebung der Mehrwertsteuer zurueck

Der parlamentarische Geschaeftsfuehrer der CDU/CSU Bundestagsfraktion Hoerster hat neue Spekulationen um eine Anhebung der Mehrwertsteuer zurueckgewiesen. Eine solche Erhoehung sei nicht geplant, heisst es in einer heute frueh verbreiteten Erklaerung. Ziel der Bonner Regierungskoalition sei vielmehr, die Steuer- und Abgabenlast fuer die Buerger zu senken. Kanzleramtsminister Bohl sagte im "ZDF", die Regierung wolle und werde die Steuer nicht erhoehen. Das gelte fuer die gesamte Legislaturperiode. Dem gegenueber hatte die "Welt am Sonntag" berichtet, Finanzminister Waigel sei bereit, die Mehrwertsteuer von derzeit 15 auf 16 Prozent zu erhoehen. Einzige Bedingung sei, dass die Mehreinnahmen von rund 18 Milliarden DM benutzt wuerden, um Fortbildungs- und Umschulungsmassnahmen fuer Arbeitslose zu finanzieren.


Kritik an IG-Metall Vorsitzenden Zwickel

Der Vorsitzende der IG-Metall Zwickel ist heute von den Arbeitgeberverbaenden scharf kritisiert worden. Der Praesident des deutschen Industrie- und Handelstages Stihl sagte der "Bildzeitung", Zwickel sei Schuld, falls das Buendnis fuer Arbeit scheitern solle. Die IG-Metall habe bislang noch keinen Beitrag fuer dieses Buendnis geleistet. Statt dessen sei sie mit verantwortungslosen Tarifabschluessen im Jahr 1995 zum Arbeitsplatzvernichter geworden. Auch der Praesident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Henkel griff Zwickel scharf an und warf ihm Vokabeln des Klassenkampfes vor.


Kritik an Chinas Drohgebaerden gegen Taiwan

Der Bundesminister fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit Spranger hat China vorgeworfen, mit den Drohgebaerden gegen Taiwan die Beziehungen zu den westlichen Staaten erheblich zu belasten. Deutschland koenne es nicht stillschweigend hinnehmen, dass die Volksrepublik die anstehenden freien Wahlen in Taiwan behindere, sagte Spranger heute im "Sueddeutschen Rundfunk". Der CDU-Politiker begruesse die Haltung der USA und trat dafuer ein, dass die Bundesregierung die Amerikaner dabei unterstuetzt.


Neuer Praesident des Bundesnachrichtendienstes

Der 58 Jahre alte Admiral Gerhardt Guellich wird nach Angaben der Deutschen Presseagentur am 1. April die Fuehrung des Bundesnachrichtendienstes uebernehmen. Dies sei der DPA in Bonn bestaetigt worden, heisst es in der Meldung. Guellich war bereits seit September 1994 kommissarisch Vize-Praesident des BND.


Toepfer fordert Beilegung des Konflikts um Mindestlohn im Baugewerbe

Bonn. Bundesbauminister Toepfer hat die Tarifparteien im Baugewerbe aufgefordert, den Konflikt um einen Mindestlohn fuer auslaendisch Beschaeftigte schnell beizulegen. Der Frankfurter allgemeinen Sonntagszeitung sagte Toepfer, die Situation in der Baubranche sei so dramatisch, dass kurzfristiges Handeln dringend geboten sei. Angesichts von mehr als 300000 arbeitslosen deutschen Bauarbeitern muesse der gesetzliche Rahmen ausgeschoepft und dafuer gesorgt werden, dass der saisonale Aufschwung der Bauwirtschaft im Fruehjahr nicht am Arbeitsmarkt vorbeigehe. Das Entsendegesetz zum Schutz der deutschen Baubranche vor Billiglohnanbietern aus dem Ausland war zwar Anfang dieses Monats in Kraft getreten, aber die Tarifverhandlungen zu einem Mindestlohn fuer Beschaeftigte aus anderen EU-Staaten waren in der vergangenen Woche gescheitert.


Wahl der Kirchengemeinderaete in der Dioezese Rottenburg-Stuttgart

Stuttgart. In Wuerttemberg sind heute mehr als 1,7 Millionen Katholiken aufgerufen, die Kirchengemeinderaete in den gut 1000 Pfarreien der Dioezese Rottenburg-Stuttgart zu waehlen. Wahlberechtigt sind Kirchenmitglieder ueber 16 Jahre, darunter auch 210000 Auslaender.


Tag der offenen Tuer im ehemaligen Stasi-Archiv

Berlin. Die Tage der offenen Tuer im ehemaligen Stasi-Archiv haben unerwartet grosses Interesse gefunden. Mindestens 10000 Menschen nutzten am Wochenende die erste offizielle Moeglichkeit, das Stasiarchiv zu besichtigen. Der Bundesbeauftragte fuer die Stasi-Akten Gauck sagte, mit so einem Ansturm habe die Behoerde nicht gerechnet. Die grosse Resonanz zeige, wie stark das Beduerfnis der Menschen noch immer sei, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.


"Neues Forum" will auch im alten Bundesgebiet Landesverbaende gruenden

Die aus der DDR-Buergerrechtsbewegung hervorgegangene Organisation "Neues Forum" will auch im alten Bundesgebiet Landesverbaende gruenden. Die Initiative dazu gehe vom Neuen Forum Thueringens aus, sagte Bundessprecher Buechner heute in Mellingen bei Weimar. Auf einer Bundestagung Ende April solle darueber entschieden werden.


Quellen

DLF    10:00 MEZ    16:00 MEZ
S4    10:00 MEZ
SWF3    11:00 MEZ
SDR3    18:00 MEZ
HR3    15:00 MEZ