GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mi, 15.05.1996



* Bundesweite Warnstreiks im Oeffentlichen Dienst
* Steuerschaetzung: 88 Mrd. DM Defizit bis 1997
* Trotz Sparpaketes: Rentenbeitraege steigen auf fast 20 Prozent
* Flughafenkatastrophe Duesseldorf: Brennende Regenrinne vermutlich Ausloeser
* EU-Kommission: Deutschland wird die Konvergenzkriterien verfehlen
* Peter Frisch neuer Praesident des Verfassungsschutzes
* Erneut drei Vietnamesen in Berlin erschossen
* Warnstreiks bei Mercedes-Benz
* BUND fordert sofortiges Amalgam-Verbot
* Tennis: Graf und Huber in Berlin weiter



Bundesweite Warnstreiks im Oeffentlichen Dienst

Stuttgart/Muenchen. Die Gewerkschaften des Oeffentlichen Dienstes haben heute ihre Warnstreiks bundesweit ausgedehnt. Nach Gewerkschaftsangaben legten rund 50.000 Bedienstete voruebergehend die Arbeit nieder. Betroffen waren vor allem staedtische Verwaltungen, Krankenhaeuser und Nahverkehr. Am Flughafen Muenchen fielen fuenf Fluege wegen eines voruebergehenden Ausstandes des Bodenpersonals aus. Die Gewerkschaft Oeffentliche Dienste, Transport und Verkehr OeTV will ihre Warnstreiks Anfang naechster Woche noch verstaerken, bevor am Mittwoch und Donnerstag die vierte Verhandlungsrunde fuer den Oeffentlichen Dienst stattfindet. Die OeTV fordert 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt; die Arbeitgeber streben eine Nullrunde an. Die OeTV stellt sich auf ein Scheitern der Tarifverhandlungen ein. OeTV-Chef Mayer sagte, er erwarte, dass die Verhandlungen scheitern und dass die Arbeitgeber in die Schlichtung gehen werden. Er bezeichnete die Forderungen der Arbeitgeber nach Nullrunde, laengerer Arbeitszeit sowie Kuerzungen bei Weihnachts- und Urlaubsgeld als Lohnraub.


Steuerschaetzung: 88 Mrd. DM Defizit bis 1997

Bonn. Die Steuereinnahmen von Bund, Laendern und Gemeinden fallen geringer aus als bisher angenommen. Nach der juengsten Steuerschaetzung des Arbeitskreises Steuerschaetzung fehlen dieses Jahr rund 22 und im naechsten Jahr rund 66 Mrd. DM. Grund sind das schwache Wirtschaftswachstum, die hohe Arbeitslosigkeit und die Auswirkungen des Jahressteuergesetzes. Im Mai 1995 wurde fuer 1996 noch von Steuereinnahmen von gut 900 Mrd. DM ausgegangen, diese Zahl war bereits im Oktober auf 828 Mrd. DM korrigiert worden. Die heute veroeffentlichte Schaetzung geht nur noch von rund 807 Mrd. DM aus, also insgesamt fast 100 Mrd. DM weniger als vor einem Jahr veranschlagt. Bundesfinanzminister Waigel erklaerte, die juengsten Zahlen stellten die Finanz- und Steuerpolitik nicht vor eine neue Situation. Die Bundesregierung habe die Einbussen bereits antizipiert und Vorsorge getroffen, einmal durch die Haushaltssperre, vor allem aber durch die Sparbeschluesse. Diese muessten jetzt ohne Abstriche verwirklicht werden. Die SPD nannte die Zahlen einen "Offenbarungseid fuer die staatliche Finanzpolitik" und verlangte einen Nachtragshaushalt. Die Staatsfinanzen seien in einem dramatischen Zustand. Der SPD-Wirtschaftsexperte Schwanhold warnte die Regierung davor, die Konjunktur durch neue Kuerzungsplaene abzuwuergen. Der Gruenen-Abgeordnete Metzger meinte, es sei hoechste Zeit, die Steuerhinterziehung einzudaemmen, durch die dem Staat jaehrlich 150 Mrd. DM verloren gingen. Wenige Stunden vor der Bekanntgabe der offiziellen Steuerschaetzung teilte die SPD mit, sie rechne in diesem und im kommenden Jahr mit Mindereinnahmen bei den oeffentlichen Haushalten in Hoehe von insgesamt ueber 227 Mrd. DM. Die SPD beruft sich auf den sogenannten "Schaetzvorschlag" des Ministeriums, der die Differenzen gegenueber der letzten Steuerschaetzung vom Mai 1995 auflistet. Die Ministerpraesidenten der Laender rechnen fuer das kommende Jahr mit Mindereinnahmen in Hoehe von 75 Mrd. DM.


Trotz Sparpaketes: Rentenbeitraege steigen auf fast 20 Prozent

Bonn. Nach neuesten Berechnungen der Rentenversicherung werden die Beitraege zur gesetzlichen Altersvorsorge im kommenden Jahr trotz des geplanten Sparpaketes auf fast 20 Prozent ansteigen. Der Vorsitzende des Verbandes der Rentenversicherungstraeger Juergen Husmann begruesste auf der Jahrestagung des Verbands die Sparvorschlaege der Bundesregierung. Ohne diese Abstriche wuerde der Beitragssatz im kommenden Jahr kurzfristig auf mindestens 20,5 % steigen. Als Grund fuer den deutlichen Anstieg nannte Husmann die nach unten korrigierten Annahmen der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung. Mitverantwortlich sei aber auch der fuer dieses Jahr zu niedrig angesetzte Beitragssatz. Eine steuerfinanzierte Grundrente lehnte Husmann ebenso ab wie Bundesarbeitsminister Bluem. Dieser sagte, das jetzige Rentensystem koenne weiterentwickelt werden, ohne das Haus einzureissen. Der SPD-Sozialexperte Dressler forderte unterdessen junge Leute auf, private Vorsorge zu treffen. Ein Rentenniveau von derzeit 70 Prozent des Nettoeinkommens sei im Jahre 2020 voraussichtlich nicht mehr bezahlbar.


Flughafenkatastrophe Duesseldorf: Brennende Regenrinne vermutlich Ausloeser

Duesseldorf. Ursache fuer das verheerende Feuer auf dem Duesseldorfer Flughafen war vermutlich eine in Brand geratene Regenrinne. Das geht aus dem vorlaeufigen Untersuchungsergebnissen der Brandsachverstaendigen hervor, die heute in Ausschuessen des Duesseldorfer Landtags vorgelegt wurden. Offenbar sei die PVC-Regenrinne bei Schweissarbeiten an einer darueberliegenden Fuge in Brand geraten. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlaessigen Brandstiftung, fahrlaessigen Toetung sowie der fahrlaessigen Koerperverletzung sind deshalb nach Angaben des zustaendigen Ministers auf den verantwortlichen Architekten sowie weitere leitende Mitarbeiter des Duesseldorfer Flughafen ausgeweitet worden Bei der Brandkatastrophe waren 16 Menschen erstickt und 59 weitere verletzt worden.


EU-Kommission: Deutschland wird die Konvergenzkriterien verfehlen

Bruessel. Deutschland wird nach Einschaetzung der EU-Kommission die Kriterien fuer die Teilnahme an der geplanten Europaeischen Waehrungsunion nicht rechtzeitig erfuellen. Die Staatsverschuldung werde im Stichjahr 1997 ueber der vorgegebenen Obergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes liegen. Das geht aus einer heute veroeffentlichten Wirtschaftsprognose der Kommission hervor. Beim Haushaltsdefizit wird Deutschland den Schaetzungen zufolge mit 2,9 Prozent unter der Obergrenze von 3 Prozent bleiben. Trotz der schlechten Konjunkturaussichten in der EU hat sich Bundeskanzler Kohl fuer ein Festhalten an den Konvergenzkriterien des Maastricht-Vertrages ausgesprochen. Bei einem Besuch der EU-Kommission in Bruessel sagte Kohl, Deutschland werde alles tun, um die ab 1999 geplante Waehrungsunion durchzusetzen. Kohl verwies auf die Sparmassnahmen der Bundesregierung. Gleichzeitig rief er die Laender der EU zu einem strikten Sparkurs auf.


Peter Frisch neuer Praesident des Verfassungsschutzes

Bonn. Neuer Praesident des Bundesamtes fuer Verfassungsschutz wird dessen bisheriger Vizechef Peter Frisch. Er tritt die Nachfolge fuer Hans-Joerg Geiger an, der zum Bundesnachrichtendienst wechselt.


Erneut drei Vietnamesen in Berlin erschossen

Berlin. In Berlin sind erneut drei Vietnamesen getoetet worden. Die Leichen wurden neben einem Bahndamm im Bezirk Lichtenberg entdeckt. Nach ersten Ermittlungen wurden die Maenner mit Kopfschuessen foermlich "hingerichtet". Die Polizei vermutet, dass die Vietnamesen bei Auseinandersetzungen rivalisierender Zigarettenschmuggler ermordet wurden. Bereits am Sonntag waren die Leichen von sieben Vietnamesen im Raum Berlin gefunden worden. Auch sie sollen Kontakt zur sogenannten "Zigarettenmafia" gehabt haben. Der Berliner Innensenator Schoenbohm (sp?) schloss weitere Gewalttaten nicht aus. Er forderte, die Rueckfuehrung der Vietnamesen in ihre Heimat muesse vorangebracht werden. Nach Angaben der Deutschen Presseagentur wurden in den vergangenen vier Jahren in Ostdeutschland bei Fehden unter Vietnamesen 60 Menschen getoetet.


Warnstreiks bei Mercedes-Benz

Stuttgart. Bei Mercedes-Benz in Sindelfingen haben heute 16.000 Mitarbeiter zeitweise die Arbeit niedergelegt. Bei einer Protestkundgebung wandten sich Gewerkschaftsvertreter gegen das Sparpaket der Bundesregierung und gegen Rationalisierungsplaene der Mercedes-Fuehrung. Der Betriebsrat sieht mehrere tausend Arbeitsplaetze am Standort Sindelfingen in Gefahr. Die Betriebsleitung will aus Kostengruenden unter anderem tarifvertraglich festgelegte Arbeitspausen und Schichtzulagen streichen. Anderenfalls droht sie, einen Teil der Produktion ins Ausland zu verlagern. Dadurch wuerden 12.000 der 35.000 Arbeitsplaetze in Sindelfingen gefaehrdet.


BUND fordert sofortiges Amalgam-Verbot

Stuttgart. Der Bund fuer Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND hat ein sofortiges Verbot von Amalgam als Zahnfuellung verlangt. Der BUND beruft sich auf den Feldversuch der Universitaet Tuebingen, dessen Ergebnisse auf eine erhoehte Quecksilberbelastung des Koerpers durch Amalgamfuellungen hindeuten. Die Bundeszahnaerztekammer und die Kassenaerztliche Bundesvereinigung kritisieren allerdings die Methoden der Untersuchung.


Tennis: Graf und Huber in Berlin weiter

Berlin. Bei den German Open der Damen in Berlin hat Steffi Graf mit einem glatten Zweisatzsieg gegen Jajuk Basuki (sp ?) das Viertelfinale erreicht. Zuvor hatte sich Anke Huber muehsam gegen die US-Amerikanerin Lindsay Lee durchgesetzt und steht damit im Achtelfinale.


Quellen

SDR3    09:00 MESZ    11:00 MESZ    17:00 MESZ    18:00 MESZ    19:00 MESZ
B5    09:45 MESZ    16:15 MESZ    18:45 MESZ