GERMAN NEWS
DEUTSCHE AUSGABE
Mo, 20.02.1995



* Landtagswahl in Hessen
* Urabstimmung bei IG Metall in Bayern
* Verleihung der goldenen und silbernen Baeren in Berlin
* Schwerer Unfall auf der A81 Stuttgart-Wuerzburg
* Vermisste deutsche Touristen an der Adria sind ermordet aufgefunden worden
* Ermittlungen wegen mehrfachem Saeuglingstod in Klinik
* Prozess gegen Buergermeister von Breitenberg
* Mehr Demokratie in Bayern
* Aktienkurse in Deutschland



Landtagswahl in Hessen

In Hessen koennen SPD und Gruene weiter regieren. Nach dem vorlaeufigen amtlichen Zwischenergebnis, das 54 der insgesamt 55 Wahlkreise beruecksichtigt, kam die SPD auf 38 Prozent der abgegebenen Stimmen. Damit baut die rot/gruene Landesregierung in Hessen absolute Mehrheit leicht aus. Die Gruenen erreichten 11,2 Prozent, die FDP 7,4 Prozent und die CDU 39,2 Prozent. Damit ist die Union staerkste Fraktion im neuen hessischen Landtag. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,6 Prozent. Der Spitzenkandidat der SPD, der hessische Ministerpraesident Hans Eichel, hat seinen Wahlkreis an CDU-Fraktions-Chef Roland Koch verloren. Vor allem in den Staedten musste die SPD auf Kosten der Gruenen starke Verluste hinnehmen, die vielerorts bis zu 16 Prozent erreichten. In Frankfurt legten die Gruenen um vier Prozent zu; auch hier spielten Stimmen aus dem SPD-Lager eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund ist es der geschwaechten SPD selbst in einigen Hochburgen nicht mehr gelungen, Direktkandidaten zu platzieren. Lachender Dritter war die CDU. Jetzt muss die SPD mit einem gestaerkten gruenen Koalitionspartner leben, der sich selbstbewusster geben will als in der ablaufenden Legislaturperiode. Auch die CDU hat Stimmen abgeben muessen, vor allem an die FDP. Ihre Spitzenkandidatin Ruth Wagner hat offenbar ihr Ziel erreicht, indem sie auch gezielt um Zweitstimmen aus dem Unionslager geworben hat. Und nur die Zweitstimme entscheidet in Hessen ueber das Kraefteverhaeltnis der Parteien im Landtag. Eine Niederlage haben alle Landtagsparteien gleichermassen einstecken muessen: bei der Frage, ob das Waehlbarkeitsalter fuer Landtagsabgeordnete von 21 auf 18 Jahre gesenkt werden soll. Im Landtag war das schon beschlossene Sache, mit den Stimmen aller Parteien. Weil damit die Landesverfassung geaendert wird, musste per Volksabstimmung entschieden werden. Die Hessen entschieden mehrheitlich dagegen. Die Gewichte innerhalb der rot-gruenen Koalition haben sich verschoben. Das hessische Wahlergebnis ist Rueckenwind fuer die Bonner Opposition, so die Einschaetzung von SPD-Bundesgeschaeftsfuehrer Verheugen. Die Verluste der SPD in Hessen fuehrte er auf die niedrige Wahlbeteiligung zurueck. CDU-Generalsekretaer Hinze bezeichnete den Erfolg von Rot-Gruen in Hessen als unverdient. Das hessische Regierungsbuendnis habe vom Wirtschaftsaufschwung profitiert, den die Bundesregierung bewirkt habe. Hinze meinte wie auch FDP-Generalsekretaer Westerwelle, die Bonner Koalition werde durch den Wiedereinzug der FDP in den hessischen Landtag gestaerkt. "Die FDP ist wieder da.", so Westerwelle. Das Abschneiden in Hessen bedeute eine Trendwende, das Ergebnis sei solide. Juergen Trettin, Bundesvorstandssprecher der Gruenen meinte, Rot-Gruen habe sich als zukunftsfaehiges Modell auch fuer Bonn erwiesen. Das Hessen-Ergebnis sei die eindrucksvolle Bestaetigung oekologischer und sozialer Reformpolitik. Die Gruenen haben nach ihrem Wahlerfolg die SPD aufgefordert, sie solle ihren bundespolitischen Kurs ueberpruefen. Trettin erklaerte am Mittag, das hessische Wahlergebnis sei eine Absage an die von SPD-Chef Scharping betriebene Politik der Anpassung gegenueber der Bundesregierung. Seine Sprecherkollegin Saager betonte, in der SPD werde es nun eine neue Diskussion um den Kurs in Bonn geben muessen. CSU-Chef Waigel sagte vor einer Praesidiumssitzung seiner Partei, das rot-gruene Buendnis werde die Langzeitwirkung einer innerpolitischen Bombe haben. Die SPD koenne mit den erstarkten Gruenen keine eigenstaendige Politik mehr machen; die traditionelle Waehlerschaft der SPD werde deshalb zunehmend wuetend, dass sie von den Gruenen bevormundet werde. Vor einer Praesidiumssitzung der CDU auesserten sich fuehrende Christdemokraten erfreut darueber, dass ihre Partei in Hessen wieder staerkste Kraft wurde. SPD Chef Scharping sieht in dem Ergebnis einen Erfolg fuer seine Partei. Scharping sagte, vor sechs Wochen habe noch niemand mit einer Bestaetigung der rot-gruenen Regierungskoalition in Hessen gerechnet. Wegen der deutlichen Gewinne von Buendnis90/Die Gruenen konnte die Koalition trotz klarer SPD-Verluste ihre Mehrheit im Landtag auf vier Sitze ausbauen. Als eindeutige Wahlgewinner wollen die Gruenen nun bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD in Hessen eine noch staerkere Einbettung des Umweltschutzes in die Regierungspolitik erreichen. Dass wie beim Aufheben des PVC-Verbotes Wirtschaftsargumente die Oekologie vom Tisch fegen koennen, soll nicht mehr sein, meinte Umweltminister Plottnitz. SPD-Ministerpraesident Eichel bot den Gruenen sogleich Koaltionsverhandlungen an. In seiner Analyse fuehrte er die Verluste der Sozialdemokraten auf die geringe Wahlbeteiligung und darauf zurueck, dass es in einigen Staedten noch gewisse Probleme gaebe. Dass die CDU das Ziel des Regierungswechsels nicht geschafft hatte, lag fuer deren Fraktions-Chef Roland Koch nicht am Spitzenkandidaten Kanther, sondern an der Neid-Kampagne, die die SPD im Zusammenhang mit dem Solidaritaetsbeitrag entfacht habe. Eichel kuendigte ausserdem eine rasche Regierungsbildung bis April an.


Urabstimmung bei IG Metall in Bayern

165 000 Mitglieder der IG Metall stimmen seit Beginn der Fruehschicht in Bayern in ueber 600 Betrieben ueber einen Streik in der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie ab. Voraussetzung fuer einen regulaeren Streik ist, dass mindestens 75 Prozent der stimmberechtigten Gewerkschaftsmitglieder dafuer stimmen; dann koennte der Streik bereits am Freitag beginnen. Die IG Metall ist ueberzeugt, dass diese Quote leicht erreicht wird. In den vergangenen Wochen hatte die Gewerkschaft den Arbeitgebern mit kurzzeitigen Warnstreiks erst die gelbe Karte gezeigt, jetzt will die IG Metall die rote Karte ziehen. Die Gewerkschafter sind sauer, dass die Arbeitgeber noch immer kein Lohnangebot fuer die rund 3,5 Millionen westdeutschen Metallbeschaeftigten vorgelegt haben. Die IG Metall hat deshalb den Tarifbezirk Bayern als Streikregion ausgewaehlt, um ihre Forderung nach sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt durchzusetzen. Das Ergebnis der Urabstimmung wird erst am kommenden Mittwoch ab 14.00 Uhr vorliegen. Bei einer Mehrheit fuer einen Arbeitskampf sieht der Fahrplan der IG Metall vor, dass die grosse Streikwelle in Bayern bereits am kommenden Freitag beginnt. Seit 6.00 Uhr morgens sind die Wahllokale fuer die Urabstimmung beispielsweise in Schweinfurt geoeffnet und keiner vor den Werktoren sagt, dass er gegen den Streik stimmen wird. Schweinfurt ist eines der wichtigen Zentren, auf das sich die IG Metall bei der Tarifauseinandersetzung in Bayern stuetzen will. Die IG Metall in Schweinfurt steht schon in der Streikvorbereitung. Man will die Betriebe ab Freitag mit Streiks moeglichst hart treffen. Auch auf volle Auftragsbuecher nach der Krise in Schweinfurt soll keine Ruecksicht genommen werden. Ein Gewerkschaftssprecher der Zentrale in Muenchen sprach am Mittag von einer regen Beteiligung. In einigen Betrieben wie beim Maschinenbauer MTU standen die Menschen schon am fruehen Morgen Schlange vor den Wahlkabinen. Die Arbeitgeber sind nur dann zu Lohnerhoehungen bereit, wenn gleichzeitig Kostenentlastungen an anderer Stelle vereinbart werden. Sie erklaerten nochmals, das Festhalten der IG Metall an einer reinen Lohnrunde machen alle Beteiligten zu Verlierern. Viele Betriebe koennten das nicht verkraften.


Verleihung der goldenen und silbernen Baeren in Berlin

Mit der Verleihung der goldenen und silbernen Baeren gingen heute abend die 45. internationalen Filmfestspiele in Berlin zu Ende. Um die Auszeichnung bewarben sich 23 Filme.


Schwerer Unfall auf der A81 Stuttgart-Wuerzburg

Der Fahrer und Beifahrer eines polnischen Sattelzuges sind am Morgen auf der A81 Stuttgart-Wuerzburg toedlich verunglueckt. Laut Mitteilung der Polizei fuhr der Lastzug bei Tauberbischofsheim zu schnell in eine Autobahnausfahrt und ueberschlug sich. Andere Fahrzeuge seien an dem Unfall nicht beteiligt gewesen.


Vermisste deutsche Touristen an der Adria sind ermordet aufgefunden worden

Die beiden seit mehreren Wochen an der kroatischen Adriakueste vermissten deutschen Touristen sind offenbar tot. Wie eine Zeitung in Rijeka berichtet, fand die Polizei in einem Waldstueck zwei Leichen, die offenbar einem Raubmord zum Opfer gefallen sind. Letzte Sicherheit soll die heutige Obduktion erbringen, ob es sich wirklich um die zwei vermissten bayrischen Urlauber handelt. Der 25-jaehrige und seine 23-jaehrige Freundin waren im Januar aus Bad Kissingen zu einem Kurzurlaub an die Adria-Kueste gefahren. Am Wochenende wurde im Sueden Bosniens ein Mann festgenommen, der den Wagen der beiden Vermissten fuhr und den Wagen zum Verkauf angeboten hatte. Der Mann konnte zunaechst glaubhaft versichern, dass er mit dem Tod der zwei Urlauber nichts zu tun habe; vielmehr sei ihm der Wagen von drei der Polizei bekannten Maennern zum Kauf angeboten worden. Diese drei Maenner stammen aus der Stadt, in dessen Naehe in einem Waldstueck die zwei Leichen gefunden wurden. Die Familien der beiden hatten die kroatische Polizei eingeschaltet, nachdem beide nicht zum vereinbarten Termin nach Deutschland zurueckgekehrt waren.


Ermittlungen wegen mehrfachem Saeuglingstod in Klinik

Die Polizei in Hannover ermittelt im Zusammenhang mit dem Tod mehrerer Kinder einer Intensivstation. In Beatmungsgeraeten waren Ablagerungen gefunden worden. Mysterioese Todesfaelle soll es auf der Kinder-Intensivstation der Medizinischen Hochschule Hannover gegeben haben. Die Zeitung "Neue Presse" spekuliert, neun kleine Patienten seien an den Folgen verunreinigter Druckluft aus dem Beatmungssystem gestorben. Das Personal der Uniklinik wusste demnach von nichts, wurde aber erst misstrauisch, als in einer Nacht- und Nebel-Aktion Zusatzfilter in das Druckluftsystem eingebaut wurden. Die MHH dementierte bereits: zwar seien weisse Ablagerungen in Geraeten und einem Druckluftschlauch gefunden worden, diese haben aber nichts mit dem Tod der Kinder zu tun. Die Kriminalpolizei Hannover ermittelt inzwischen wegen der Todesfaelle. Die weisse Substanz, so ein Polizeisprecher, sei vermutlich durch eine chemische Verbindung in den Atmungsschlaeuchen entstanden. Genaue Ergebnisse der Laboruntersuchung sollen am Nachmittag vorliegen. Eine Obduktion soll ausserdem die genaue Todesursache der Babys klaeren.


Prozess gegen Buergermeister von Breitenberg

Vor dem Amtsgericht Passau beginnt heute der Prozess gegen den Breitenberger Buergermeister Ascher, CSU. Dem 56-jaehrigen Rathaus-Chef der Bayreuth-Gemeinde wird sexuelle Noetigung vorgeworfen. Bei einer 72-jaehrigen Rentnerin und bei einer 40-jaehrigen Witwe soll der Buergermeister in mindestens 25 Faellen seine Buergernaehe in strafbarer Weise ueberschritten haben. In der kleinen Gemeinde haengt seit Bekanntwerden des Falles der Ortsfrieden schief. Fuer einen Grossteil der Einwohner ist es undenkbar, dass sich ihr Gemeindeoberhaupt vergriffen haben koennte, und den beiden Frauen, die im Prozess als Zeugen vernommen werden, wird im Ort wenig Verstaendnis zuteil. Der Buergermeister fuehlt sich von den Medien vorverurteilt und findet die Vorwuerfe gegen ihn grund- und haltlos.


Mehr Demokratie in Bayern

Die Buergeraktion "Mehr Demokratie in Bayern" war offenbar erfolgreich. Nach der Schnellauszaehlung von gut einem Viertel aller bayrischen Gemeinden wurde am Mittag eine erste Hochrechnung bekanntgegeben. Danach haben sich etwa 1,2 Millionen Buerger fuer die Durchfuehrung eines Volksentscheides ausgesprochen, in dem dann ueber die Einfuehrung von Buergerentscheiden in Kommunen abgestimmt wird. Fuer das Aktionsbuendnis ist das Volksbegehren gelaufen und zwar erfolgreich. Die zehn Prozent Huerde sei landesweit ueberschritten und zwar deutlich, stellte Vertrauensmann Thomas Maier zum Ausgang des Volksbegehrens fest. Das entscheidende Wort sprach heute nachmittag der Landeswahlleiter, als er das vorlaeufige amtliche Endergebnis bekanntgab. Falls es beim Erfolg bleibt, hat der bayrische Landtag das Wort: er muss innerhalb von drei Monaten zum Volksbegehren Stellung nehmen, also bis spaetestens zum 20. Mai. Binnen weiterer drei Monate muss dann der Volksentscheid ueber das Buergerbegehren stattfinden. Der letzte Stand des Statistischen Landesamtes ergab, dass 13,7 Prozent der Wahlberechtigten ihre Unterschrift fuer die Ziele des Volksbegehrens abgegeben haben.


Aktienkurse in Deutschland

Der DAX verlor 15 Punkte oder 0,73 Prozent auf den neuen Zaehlerstand von 2101 Punkten. Kleiner Trost: die wichtige 2100er Marke hat gehalten. Aktuell notiert wurde der Dollar mit 1,4742 DM.


Quellen

SWF3    9:00 MEZ    11:00 MEZ    15:00 MEZ
HR3    17:00 MEZ